Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 40 U 279/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 12/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist im Überprüfungsverfahren die Anerkennung einer Heilentgleisung (CRPS – Sudeck) als Folge eines Arbeitsunfalls und hiervon ausgehend die Gewährung einer Verletztenrente.
Der am xxxxx 1951 geborene Kläger erlitt am 2. März 1999 einen Arbeitsunfall, als er während der Arbeit in seinem Beschäftigungsbetrieb, der Werft B., aus etwa 3 m Höhe rückwärts von einem Gerüst fiel und auf den Dockboden aufschlug. Hierbei erlitt er eine HWS-Distorsion, eine Schädelprellung sowie eine Absprengung des Prozessus styloideus radii (Griffelfortsatz am distalen Ende der Speiche) rechts. Nach Entlassung aus der stationären Behandlung wurde er zunächst von dem Chirurgen Dr. E. behandelt, der wegen der Folgen des Unfalls Arbeitsunfähigkeit bis zum 19. April 1999 bescheinigte. Am 20. April 1999 nahm der Kläger die Arbeit wieder auf, meldete sich aber sogleich wegen Kopfschmerz, Schwindel und Nasenbluten krank und suchte am 21. April 1999 den Durchgangsarzt Dr. S1 auf, demgegenüber er auch eine Kraftlosigkeit der rechten Hand demonstrierte und auch eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit angab. Nachdem die Beschwerden in der rechten Hand weiterhin angegeben wurden, leitete Dr. S1 am 10. August 1999 besondere berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung bei bestehender Arbeitsfähigkeit ein, weil "eine Streckschwäche mit Verdacht auf Läsion der Strecksehne des Daumens" imponiere, "weswegen eventuell eine Operation erforderlich sei". Dr. S1 veranlasste eine Vorstellung in der Handchirurgie des Krankenhauses S ... Bei der dort am 16. August 1999 durchgeführten klinischen Untersuchung fand man (Bericht vom 23. August 1999) ein äußerlich unauffälliges rechtes Handgelenk ohne Fehlstellung, ohne Schwellungen und ohne sichere Zeichen einer chronischen Schonung der Hand. Palpatorisch fand sich ein deutlicher Druckschmerz auf der palmaren Seite des rechten Kahnbeins. Auch im Bereich des 1. Strecksehnenfächers wurde ein Druckschmerz angegeben. Die Sehnen des 1. Strecksehnenfächers rechts waren nicht tastbar, während sie links einwandfrei vorhanden waren. Daraus resultiere – so heißt es weiter – eine deutliche Einschränkung der radialen, in geringerem Maße auch der palmaren Abduktion im rechten Daumensattelgelenk. Die Adduktion sowie die Reposition des rechten Daumens in die Ebene der Mittelhandknochen war seitengleich nicht gestört, die Beweglichkeit des Handgelenks selbst geringfügig gegenüber links gemindert, die Unterarmumwendung eben so wenig beeinträchtigt wie das Beugen und Strecken sowie das An- und Abspreizen der Langfinger. Im Vordergrund der jetzt geklagten Beschwerden stehe – so der genannte Bericht – sicherlich der funktionelle Ausfall des 1. Strecksehnenfächers. Nach Einsichtnahme in die Unterlagen des berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses B1 rieten die Ärzte der Handchirurgie des Krankenhauses S. zu einer operativen Versorgung des Sehnenausfalls. Als Termin für den Eingriff wurde der 17. September 1999 festgesetzt. Dies teilte der Kläger dem Sachbearbeiter der Beklagten telefonisch am 16. September 1999 mit, welcher noch am selben Tage mit dem Operateur Dr. F. telefonierte. Letzterer erläuterte das geplante Vorgehen dahingehend, dass die Beschwerden als Unfallfolge bewertet würden, weil sie durchgehend bestanden hätten. Dr. F. hielt deswegen eine Begutachtung nicht für erforderlich. Der am 17. September 1999 bei der Beklagten eingegangene Zwischenbericht der Handchirurgie vom 15. September 1999 bestätigte die Diagnose des Ausfalls der Sehnen des ersten Strecksehnenfaches und die geplante Operation. Auf dem Bericht findet sich der handschriftliche Vermerk des Sachbearbeiters der Beklagten vom 27. Oktober 1999 "Nach Rücksprache mit dem Beratungsarzt Unfallzusammenhang möglich. OP-Bericht anf. und Wiedervorl".
Im Zwischenbericht des Krankenhauses vom 8. November heißt es zu der letztlich am 20. September 1999 durchgeführten Operation:
" Nach Abrasieren der starken Behaarung am rechten Handgelenk fand sich eine früher nicht sichtbare, alte, schrägverlaufende Narbe auf der radialen Seite des rechten Handgelenks. Nach weiterer Eröffnung des 1. Strecksehnenfaches zeigte sich eine vollständige Durchtrennung aller Sehnen des 1. SSF, wobei diese Sehnen weit nach proximal zurückgerutscht waren und auch nach Mobilisierung über keinen Arbeitsweg mehr verfügten. Aufgrund dieser Situation wurde intraoperativ festgestellt, dass es sich um eine alte Schnittverletzung der Sehnen des 1. SSF handelt und nicht im Zusammenhang mit dem Unfall vom 2.3.1999 zu sehen ist. ( ) Als wesentliche Zusammenfassung für die Frage eines Unfallzusammenhanges ist somit festzustellen, dass es sich im Zusammenhang mit der lokalen Hautnarbe und der vollständigen Sehnendurchtrennung um eine alte Schnittverletzung der Hand handelt und somit nicht um Folgen des Unfalls vom 2.3.1999."
Zeitlich nach dieser Operation entwickelte sich bei dem Kläger ein chronisch regionales Schmerzsyndrom (CRPS, Sudecksche Reflexdystrophie) der rechten Hand, die im Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus vom 15. bis 17. Februar 2000 stationär behandelt wurde. Im Entlassungsbericht vom 18. Februar 2000 heißt es:
"Ausgeprägte Sudeck´sche Dystrophie rechte Hand nach Rekonstruktion der Abduktor pollicis longus-Sehne durch den Palmaris longus am 20.09.99. ( )
Wir haben den Patienten in Unkenntnis des gesamten Sachverhaltes am 15.02.00 in unsere stationäre Behandlung aufgenommen. Im weiteren Verlauf und nach Anforderung des Aktenmaterials aus dem AK S. wurde jedoch ersichtlich, dass der am 20.09.99 durchgeführte Eingriff am rechten Handgelenk zur Rekonstruktion des Abduktor pollicis longus durch die Palmaris longus-Sehne nicht auf den Unfall vom 02.03.99 zurückzuführen ist". ( )
Nach Einholung eines handchirurgischen Gutachtens der Dres. E2/S2 vom 15. Juli 2001, welche die rechte Hand als völlig funktionsuntüchtig beschrieben, jedoch zu der Einschätzung gelangten, dass durch den Unfall allein der Bruch des Griffelfortsatzes der Speiche verursacht worden sei, weil der intraoperative Befund gegen eine erst ein halbes Jahr zurückliegende Durchtrennung der im ersten Strecksehnenfach verlaufenden Sehnen spreche, so dass es sich insoweit um eine weit ältere und länger zurückliegende Verletzung handele, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. August 2000 die Anerkennung der Sehnenerkrankung im Bereich des rechten Daumens als Folge des am 2. März 1999 eingetretenen Arbeitsunfalls ab. Ein Anspruch auf Entschädigung wegen des unfallbedingt eingetretenen Griffelfortsatzabbruches der rechten Speiche habe bis zum 25. Juli 1999 bestanden. Rente werde nicht gewährt. Es werde die Auffassung der Ärzte geteilt, dass es sich um eine alte Schnittverletzung handele, die mit dem Unfall nicht im Zusammenhang stehe. Widerspruch, Klage (S 24 U 184/01) und Berufung (L 3 U 44/04) blieben erfolglos. In seiner Entscheidung vom 1. November 2005 ging das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger zwar einen Arbeitsunfall erlitten hat, als er während versicherter Tätigkeit abstürzte, auf den Rücken fiel und sich hierbei unter anderem an der rechten Hand verletzte, dass sich aber nicht feststellen lasse, dass der noch bestehende Gesundheitsschaden an der rechten Hand, dessen Entschädigung begehrt werde, ursächlich, d.h. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, auf den Sturz zurückzuführen ist, weil alle im Verfahren tätig gewesenen medizinischen Sachverständigen davon ausgingen, dass für die Durchtrennung der Sehnen des 1. Strecksehnenfächers nicht der Unfall, sondern ein weit davor liegendes Ereignis ursächlich sei. Damit stehe aber fest, dass die durchgeführte Operation nicht im Hinblick auf die bei dem Unfall erlittene Verletzung an der Hand erforderlich war, sondern vielmehr versucht wurde, einen Gesundheitsschaden zu bessern, der nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall am 2. März 1999 stehe. Die von dem Kläger gegen diese Entscheidung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundessozialgericht (B 2 U 33/06) durch Beschluss vom 29. März 2006 mangels Begründung als unzulässig verworfen.
Durch – rechtskräftiges – Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. Oktober 2008 wurde die gegen den Operateur und das behandelnde Krankenhaus gerichtete Schadensersatzklage des Verletzten abgewiesen. Ein Behandlungsfehler habe nicht vorgelegen. Es habe eine Indikation für die durchgeführte Operation bestanden. Denn der Kläger habe über fortbestehende Beschwerden geklagt und den Krankheitsverlauf so geschildert, dass vor dem Arbeitsunfall gerade keinerlei Beschwerden auch bei schwersten Arbeiten aufgetreten seien. Die geschilderten Beschwerden aber wären nach sachverständiger Einschätzung durch die angewandte Operationsmethode zu beheben gewesen. Es sei für einen behandelnden Arzt auch eher fern liegend, die Angaben eines Patienten zur Vorgeschichte in Zweifel zu ziehen und zu prüfen, ob eventuell die Vorgeschichte unzutreffend dargestellt wurde. Die postoperativ eingetretene Gesundheitsstörung gehöre zu den Operationsrisiken; sie könne nach jedem Trauma unabhängig von dessen Schwere auftreten. Auch sei noch nicht einmal sicher, ob sie auf der Operation beruhe. Den ihm obliegenden Beweis habe der Kläger nicht erbracht.
Mit Schreiben vom 18. November 2008 bat der Kläger die Beklagte um Überprüfung ihrer Entscheidung. Bisher sei die Auffassung vertreten worden, dass die Sudeck´sche Reflexdystrophie infolge der durchgeführten Operation postoperativ entstanden sei. Dies habe sich nach der Entscheidung des Landgerichts als unrichtig herausgestellt. Die durchgeführte Operation sei nicht ursächlich für das Entstehen der Reflexdystrophie. Aus dem Gesamtzusammenhang folge vielmehr, dass das Sudeck-Syndrom ohne den versicherten Unfall nicht entstanden wäre.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2009 und Widerspruchsbescheid vom 11. September 2009 lehnte die Beklagte die Aufhebung der mit Bescheid vom 17. August 2000 getroffenen Entscheidung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ab, weil weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden sei. Nach allen zutage getretenen Umständen sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Sudeck´sche Dystrophie auf den erlittenen Arbeitsunfall zurückzuführen ist, vielmehr sei diese Folge der Sehnen-Operation.
Daraufhin hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben. Das Sozialgericht hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens des Chirurgen-Unfallchirurgen Dr. T., der unter dem 8. November 2010 die Auffassung vertreten hat, dass der Arbeitsunfall für die erlittene Gesundheitsstörung an der rechten Hand nicht ursächlich ist, weil die Sehnenstörung nicht als Unfallfolge zu bewerten sei. Deshalb könne die Heilentgleisung nicht dem versicherten Ereignis kausal zugeordnet werden. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. E1 eingeholt. Dr. E1 gelangt ebenfalls zu der Einschätzung, dass der Unfall nicht ursächlich für die erlittene Sehnenstörung und eben so wenig für die Heilentgleisung ist, weil erstere eine alte Verletzung und letztere eine Folge der wegen einer nicht unfallbedingten Störung durchgeführten Operation sei. Zwischen März 1999 und August 1999 habe nach Auswertung des Bildmaterials ein CRPS nicht bestanden. Vielmehr sei dieses erst nach dem operativen Eingriff ab September 1999 aufgetreten. In einem weiteren vom Sozialgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten schloss sich Dr. T. dieser Auffassung an. Klinisch lasse sich ein CRPS erst für den Zeitraum nach der am 20. September 1999 durchgeführten Operation feststellen. Diese sei hierfür wesentliche Teilursache. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde ab 2004 mit 30 vom Hundert eingeschätzt. Auf der Grundlage dieser gutachterlichen Einschätzung hat das Sozialgericht die Beklagte wie geschehen verurteilt und zur Begründung ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wie sie in der Entscheidung vom 5. Juli 2011 (B 2 U 17/10 R) zum Ausdruck komme, sei das CRPS nach der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) als Unfallfolge anzusehen, weil es infolge einer gemäß §§ 26 ff. SGB VII durchgeführten berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung entstanden sei. Die Risikozurechnung der Operation begründe die Haftung der Beklagten. Es komme nach dieser Entscheidung nicht (mehr) darauf an, ob objektiv Unfallfolgen behandelt worden seien. Der Einschätzung der MdE durch Dr. T. schließe sich die Kammer an.
Gegen das ihr am 08. März 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. März 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, es habe sich tatsächlich, d.h. "aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Betrachters", bei dem operativen Eingriff vom 20. September 1999 nicht um eine Heilbehandlungsmaßnahme im Sinne des SGB VII gehandelt. Zwar habe der Operateur präoperativ geglaubt, er werde voraussichtlich Unfallfolgen behandeln und das Sozialgericht habe gemeint, allein diese subjektive und individuelle Risikozurechnung könne die Haftung der Beklagten als mittelbare Unfallfolge im weiteren Sinne auslösen. Dies könne aber nicht Ziel des § 11 SGB VII sein. Das Bundessozialgericht habe in der vom Sozialgericht herangezogenen Entscheidung sehr auf einen möglichen Zwang des Versicherten abgestellt, den Anweisungen des Unfallversicherungsträgers bzw. seines Beauftragten zu folgen. Hier sei es aber geboten, auf die tatsächlichen Gegebenheiten abzustellen. Immerhin habe es sich bei der Operation nicht um eine duldungspflichtige Maßnahme gehandelt, der Versicherte habe folglich keinem Zwang unterlegen. Vielmehr sei die Operation ausschließlich zur Behebung oder Linderung von Beschwerden indiziert gewesen. Aus eben diesem Grunde habe der Betroffene in die Maßnahme eingewilligt. Wolle man der Auffassung des Sozialgerichts bzw. des Bundessozialgerichts folgen, dann ergäben sich in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Es könne doch keinen Unterschied machen, ob eine Operation nach dem SGB VII oder nach dem Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen werde. Schließlich stehe im gegliederten System der Sozialversicherung jede Solidargemeinschaft für ihren Risikobereich ein. Wenn sich herausstelle, dass im konkreten Falle einzig und allein eine Erkrankung behandelt wurde, die nachweislich nicht in Bezug zum Erstschaden stand, dann müsse dafür die Solidargemeinschaft der Gesetzlichen Krankenversicherung aufkommen. Was habe hiermit der Unternehmer als Alleinbeitragszahlender zu tun? Worin bestehe seine Schuld, für die er haftpflichtig gemacht werden soll? Zwar wolle man letztlich nicht an der Einschätzung von Dr. T. rütteln. Allerdings müsse die Frage gestellt werden, was an der Operation rechtlich hinreichend wahrscheinlich wesentlich die CRPS-Erkrankung verursacht habe und hierzu müsse insbesondere die Frage beantwortet werden, ob dies bereits der eröffnende Schnitt des Unterarmes gewesen sei. Mit dieser Differenzierung, welche nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts aber wesentlich sei, habe sich der Sachverständige nicht auseinandergesetzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. März 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen und vertritt die Auffassung, es reiche aus, wenn ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung die Maßnahme veranlasst habe, wobei die entsprechende Anordnung nicht durch den Unfallversicherungsträger selbst, sondern auch durch einen Durchgangsarzt erfolgen könne. Im Übrigen habe der medizinische Sachverständige Dr. T. im Rahmen der Erkenntnisse über die Entstehung des CRPS ausgeführt, dass der Eingriff vom 20. September 1999 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Teilursache für das CRPS darstelle. Nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen komme es nur darauf an, dass eine Operation erfolgt sei. Die Differenzierung, welche das Bundessozialgericht in dem entschiedenen Fall vorgenommen habe, betreffe einen gänzlich anderen Eingriff.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten (§§ 143, 144, 151 SGG) ist unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, dass das bei dem Kläger an der rechten Hand aufgetretene CRPS Folge des Unfallereignisses vom 2. März 1999 und als solche Folge von der Beklagten mit einer Verletztenrente unter Beachtung der Frist des § 44 Abs. 4 SGB X zu entschädigen ist.
Dies folgt aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, auf welche Vorschrift sich das Sozialgericht ebenfalls zutreffend bezogen hat. Danach ist Folge eines Versicherungsfalls auch ein Gesundheitsschaden infolge der Durchführung einer Heilbehandlung. Hierdurch wird ein Gesundheitsschaden, der in einem ursächlichen Zusammenhang mit ("infolge") der Heilbehandlung steht, in den bereits wegen eines Versicherungsfalls gewährten Versicherungsschutz einbezogen. So liegt es hier.
Der Kläger hat während versicherter Tätigkeit Verletzungen und damit einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII erlitten. Dieser Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 7 Abs. 1 SGB VII) ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Auch ist wegen dieses Versicherungsfalls eine Heilbehandlung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, d.h. eine berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung durchgeführt worden. Dies ergibt die Auswertung der Verwaltungsakte der Beklagten. Denn nachdem Dr. S1 mit Blick auf das Unfallereignis vom 2. März 1999 und die von dem Versicherten deswegen geklagten Beschwerden als Durchgangsarzt besondere berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung nach den §§ 26 - 34 SGB VII i.V.m. § 11 des Vertrages gemäß § 34 Abs. 3 SGB VII zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin, dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-SpV), Kassel, einerseits und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, K.d.ö.R., Berlin, andererseits über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger) eingeleitet hatte, war die Operation im Rahmen dieser Behandlung mit Kenntnis und Billigung der Beklagten erfolgt. Dies ergibt der entsprechende Vermerk in der Verwaltungsakte der Beklagten. Davon, dass die Behandlung und namentlich der operative Eingriff auf Veranlassung der Beklagten stattfand, musste vor allem der Kläger ausgehen, nachdem er die Operation bei dem zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten angekündigt, dieser Rücksprache mit dem Operateur genommen hatte und die Operation dann absprachegemäß am 20. September 1999 zu Lasten der Beklagten durchgeführt wurde.
Wie sich aus der durch Dr. T. durchgeführten Begutachtung ergibt, welche insoweit in Übereinstimmung steht mit dem Gutachten des Dr. E1, ist das CRPS auch zweifelsfrei erst im Gefolge des am 20. September 1999 durchgeführten operativen Eingriffs eingetreten und dieser ursächlich für dessen Entstehung im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB VII. Dies deckt sich mit der Einschätzung der Ärzte des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses. Auch gehört ein solches Krankheitsbild zu den zwar seltenen, aber doch immerhin in etwa 1 Prozent der Fälle auftretenden Komplikationen des vorgenommenen Eingriffs. Ohne die durchgeführte Maßnahme wäre es nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht aufgetreten. Gleichzeitig steht aber fest, dass die bei dem Eingriff vorgefundene und im Zuge dieses Eingriffs rekonstruierte Sehnendurchtrennung nicht Folge des am 2. März 1999 erlittenen Arbeitsunfalls war. Vielmehr handelte sich hierbei um einen älteren Schaden. Gleichwohl ist das CRPS als Folge des Versicherungsfalls nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII anzusehen, weil es auf den ausschließlich mit Blick auf den Versicherungsfall durchgeführten Eingriff zurückzuführen ist.
Allerdings wird zu dieser Vorschrift vertreten, dass eine mittelbare Unfallfolge im Rahmen von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dann nicht anzunehmen ist, wenn irrtümlich oder gezielt ein nicht durch den Versicherungsfall bedingtes Leiden behandelt wurde (BSG, Urt. vom 30.10.1991 – 2 RU 41/90; Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, § 11 Rn. 10 m.N.; Wagner in juris-PK-SGB VII, § 11 Rn. 23 m.N.; Schmitt, SGB VII, 3. Aufl. 2008, § 11 Rn. 8), weil bei einer solchen Konstellation das Unfallereignis zwar im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne Ursache auch des der Heilbehandlung nachfolgenden Gesundheitsschadens ist, es jedoch bei einer nach der Theorie der wesentlichen Ursache vorzunehmenden wertenden Betrachtung nicht als Folge des Versicherungsfalls angesehen werden kann. Diese Sichtweise ist auch Grundlage der zwischen den Beteiligten ergangenen Entscheidung des erkennenden Gerichts vom 1. November 2005 gewesen. Sie kann mit Blick auf die Entscheidung des BSG vom 05.07.2011 – B 2 u 17/10 R – aber nicht mehr aufrechterhalten werden. Vielmehr muss im Rahmen des § 11 Abs. 1 SGB VII die auf Veranlassung der Beklagten erfolgte Durchführung des Eingriffs als berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung nach den §§ 26 ff. SGB VII zur Zurechnung eventueller Folgen auch dann führen, wenn sich ex post betrachtet herausstellt, dass die geklagten Beschwerden nicht auf Unfallfolgen beruhten (BSG a.a.O. Rn. 38). Maßgeblich hierfür ist die Überlegung, dass der Versicherte, der bei einem Versicherungsfall Gesundheitsschäden davongetragen hat und deswegen in berufsgenossenschaftlicher Heilbehandlung ist, dem Behandlungsregime des Trägers der Unfallversicherung unterworfen ist, der die Behandlung durch seine Vertragsärzte durchführen lässt (BSG vom 05.07.2011, a.a.O. Rn. 40 ff.). Mit der Entscheidung vom 05.07.2011 hat das BSG der Sache nach seine bereits in der Entscheidung vom 24.06.1981 – 2 RU 87/80 – noch zu der Vorläufervorschrift des § 555 Reichsversicherungsordnung entwickelte Rechtsprechung wieder aufgegriffen, wonach Versicherungsschutz für mittelbare Unfallfolgen in einem solchen Falle des Fehlens objektiver Unfallfolgen auch dann besteht, wenn der Versicherte von seinem Standpunkt aus der Auffassung sein konnte, dass die Heilbehandlung, zu deren Durchführung er sich begeben hat, geeignet ist, der Beseitigung oder Erkennung von durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsstörungen zu dienen und dies in den objektiv gegebenen Verhältnissen seine Stütze findet (a.a.O. Rn. 28). Auch dies war hier nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens der Fall. Diente doch der Eingriff der operativen Versorgung des ärztlich festgestellten Sehnenausfalls, welcher wiederum ärztlicherseits wegen der anamnestischen Angaben des Versicherten mit dem erlittenen Unfall in Zusammenhang gebracht wurde.
Die Überlegungen der Beklagten zur Lastenverteilung zwischen den verschiedenen Trägern der Sozialversicherung vermögen diese nicht zu entlasten. Ihr hätte es nämlich oblegen, vor Durchführung der Operation weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts zu ergreifen. Diese waren auch angezeigt, wie sich aus der Einschaltung des Beratungsarztes noch vor Durchführung des Eingriffs ergibt. Denn es war schon seinerzeit durchaus zweifelhaft, ob die geklagten Beschwerden ursächlich auf Unfallfolgen zurückzuführen waren. Auch der Beratungsarzt hielt einen solchen Zusammenhang seinerzeit nur für "möglich". In dieser Situation durfte die Beklagte nicht das Ergebnis der von ihr veranlassten Operation abwarten und dann gegebenenfalls eine negative Entscheidung treffen, wie dies der Vermerk des Sachbearbeiters vom 27. Oktober 1999 anzeigt. Bereits hierdurch setzte sie sich dem Haftungsrisiko des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aus. Hiervon ausgehend gehen die – letztlich schicksalhaften – Folgen des Eingriffs zu ihren Lasten, obwohl der Eingriff selbst zur Behebung von Unfallfolgen nicht erforderlich gewesen wäre.
Nach dem Gutachten des Dr. T. besteht auch kein Zweifel daran, dass der Eingriff nicht nur mindestens wesentlich teilursächlich für das Entstehen der CRPS war, sondern auch eine MdE von 30 verursacht hat. Auch die Beklagte erhebt hiergegen keine Einwendungen. Der Senat legt diese Einschätzung deshalb seiner Entscheidung zugrunde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Im Streit ist im Überprüfungsverfahren die Anerkennung einer Heilentgleisung (CRPS – Sudeck) als Folge eines Arbeitsunfalls und hiervon ausgehend die Gewährung einer Verletztenrente.
Der am xxxxx 1951 geborene Kläger erlitt am 2. März 1999 einen Arbeitsunfall, als er während der Arbeit in seinem Beschäftigungsbetrieb, der Werft B., aus etwa 3 m Höhe rückwärts von einem Gerüst fiel und auf den Dockboden aufschlug. Hierbei erlitt er eine HWS-Distorsion, eine Schädelprellung sowie eine Absprengung des Prozessus styloideus radii (Griffelfortsatz am distalen Ende der Speiche) rechts. Nach Entlassung aus der stationären Behandlung wurde er zunächst von dem Chirurgen Dr. E. behandelt, der wegen der Folgen des Unfalls Arbeitsunfähigkeit bis zum 19. April 1999 bescheinigte. Am 20. April 1999 nahm der Kläger die Arbeit wieder auf, meldete sich aber sogleich wegen Kopfschmerz, Schwindel und Nasenbluten krank und suchte am 21. April 1999 den Durchgangsarzt Dr. S1 auf, demgegenüber er auch eine Kraftlosigkeit der rechten Hand demonstrierte und auch eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit angab. Nachdem die Beschwerden in der rechten Hand weiterhin angegeben wurden, leitete Dr. S1 am 10. August 1999 besondere berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung bei bestehender Arbeitsfähigkeit ein, weil "eine Streckschwäche mit Verdacht auf Läsion der Strecksehne des Daumens" imponiere, "weswegen eventuell eine Operation erforderlich sei". Dr. S1 veranlasste eine Vorstellung in der Handchirurgie des Krankenhauses S ... Bei der dort am 16. August 1999 durchgeführten klinischen Untersuchung fand man (Bericht vom 23. August 1999) ein äußerlich unauffälliges rechtes Handgelenk ohne Fehlstellung, ohne Schwellungen und ohne sichere Zeichen einer chronischen Schonung der Hand. Palpatorisch fand sich ein deutlicher Druckschmerz auf der palmaren Seite des rechten Kahnbeins. Auch im Bereich des 1. Strecksehnenfächers wurde ein Druckschmerz angegeben. Die Sehnen des 1. Strecksehnenfächers rechts waren nicht tastbar, während sie links einwandfrei vorhanden waren. Daraus resultiere – so heißt es weiter – eine deutliche Einschränkung der radialen, in geringerem Maße auch der palmaren Abduktion im rechten Daumensattelgelenk. Die Adduktion sowie die Reposition des rechten Daumens in die Ebene der Mittelhandknochen war seitengleich nicht gestört, die Beweglichkeit des Handgelenks selbst geringfügig gegenüber links gemindert, die Unterarmumwendung eben so wenig beeinträchtigt wie das Beugen und Strecken sowie das An- und Abspreizen der Langfinger. Im Vordergrund der jetzt geklagten Beschwerden stehe – so der genannte Bericht – sicherlich der funktionelle Ausfall des 1. Strecksehnenfächers. Nach Einsichtnahme in die Unterlagen des berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses B1 rieten die Ärzte der Handchirurgie des Krankenhauses S. zu einer operativen Versorgung des Sehnenausfalls. Als Termin für den Eingriff wurde der 17. September 1999 festgesetzt. Dies teilte der Kläger dem Sachbearbeiter der Beklagten telefonisch am 16. September 1999 mit, welcher noch am selben Tage mit dem Operateur Dr. F. telefonierte. Letzterer erläuterte das geplante Vorgehen dahingehend, dass die Beschwerden als Unfallfolge bewertet würden, weil sie durchgehend bestanden hätten. Dr. F. hielt deswegen eine Begutachtung nicht für erforderlich. Der am 17. September 1999 bei der Beklagten eingegangene Zwischenbericht der Handchirurgie vom 15. September 1999 bestätigte die Diagnose des Ausfalls der Sehnen des ersten Strecksehnenfaches und die geplante Operation. Auf dem Bericht findet sich der handschriftliche Vermerk des Sachbearbeiters der Beklagten vom 27. Oktober 1999 "Nach Rücksprache mit dem Beratungsarzt Unfallzusammenhang möglich. OP-Bericht anf. und Wiedervorl".
Im Zwischenbericht des Krankenhauses vom 8. November heißt es zu der letztlich am 20. September 1999 durchgeführten Operation:
" Nach Abrasieren der starken Behaarung am rechten Handgelenk fand sich eine früher nicht sichtbare, alte, schrägverlaufende Narbe auf der radialen Seite des rechten Handgelenks. Nach weiterer Eröffnung des 1. Strecksehnenfaches zeigte sich eine vollständige Durchtrennung aller Sehnen des 1. SSF, wobei diese Sehnen weit nach proximal zurückgerutscht waren und auch nach Mobilisierung über keinen Arbeitsweg mehr verfügten. Aufgrund dieser Situation wurde intraoperativ festgestellt, dass es sich um eine alte Schnittverletzung der Sehnen des 1. SSF handelt und nicht im Zusammenhang mit dem Unfall vom 2.3.1999 zu sehen ist. ( ) Als wesentliche Zusammenfassung für die Frage eines Unfallzusammenhanges ist somit festzustellen, dass es sich im Zusammenhang mit der lokalen Hautnarbe und der vollständigen Sehnendurchtrennung um eine alte Schnittverletzung der Hand handelt und somit nicht um Folgen des Unfalls vom 2.3.1999."
Zeitlich nach dieser Operation entwickelte sich bei dem Kläger ein chronisch regionales Schmerzsyndrom (CRPS, Sudecksche Reflexdystrophie) der rechten Hand, die im Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus vom 15. bis 17. Februar 2000 stationär behandelt wurde. Im Entlassungsbericht vom 18. Februar 2000 heißt es:
"Ausgeprägte Sudeck´sche Dystrophie rechte Hand nach Rekonstruktion der Abduktor pollicis longus-Sehne durch den Palmaris longus am 20.09.99. ( )
Wir haben den Patienten in Unkenntnis des gesamten Sachverhaltes am 15.02.00 in unsere stationäre Behandlung aufgenommen. Im weiteren Verlauf und nach Anforderung des Aktenmaterials aus dem AK S. wurde jedoch ersichtlich, dass der am 20.09.99 durchgeführte Eingriff am rechten Handgelenk zur Rekonstruktion des Abduktor pollicis longus durch die Palmaris longus-Sehne nicht auf den Unfall vom 02.03.99 zurückzuführen ist". ( )
Nach Einholung eines handchirurgischen Gutachtens der Dres. E2/S2 vom 15. Juli 2001, welche die rechte Hand als völlig funktionsuntüchtig beschrieben, jedoch zu der Einschätzung gelangten, dass durch den Unfall allein der Bruch des Griffelfortsatzes der Speiche verursacht worden sei, weil der intraoperative Befund gegen eine erst ein halbes Jahr zurückliegende Durchtrennung der im ersten Strecksehnenfach verlaufenden Sehnen spreche, so dass es sich insoweit um eine weit ältere und länger zurückliegende Verletzung handele, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. August 2000 die Anerkennung der Sehnenerkrankung im Bereich des rechten Daumens als Folge des am 2. März 1999 eingetretenen Arbeitsunfalls ab. Ein Anspruch auf Entschädigung wegen des unfallbedingt eingetretenen Griffelfortsatzabbruches der rechten Speiche habe bis zum 25. Juli 1999 bestanden. Rente werde nicht gewährt. Es werde die Auffassung der Ärzte geteilt, dass es sich um eine alte Schnittverletzung handele, die mit dem Unfall nicht im Zusammenhang stehe. Widerspruch, Klage (S 24 U 184/01) und Berufung (L 3 U 44/04) blieben erfolglos. In seiner Entscheidung vom 1. November 2005 ging das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger zwar einen Arbeitsunfall erlitten hat, als er während versicherter Tätigkeit abstürzte, auf den Rücken fiel und sich hierbei unter anderem an der rechten Hand verletzte, dass sich aber nicht feststellen lasse, dass der noch bestehende Gesundheitsschaden an der rechten Hand, dessen Entschädigung begehrt werde, ursächlich, d.h. mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, auf den Sturz zurückzuführen ist, weil alle im Verfahren tätig gewesenen medizinischen Sachverständigen davon ausgingen, dass für die Durchtrennung der Sehnen des 1. Strecksehnenfächers nicht der Unfall, sondern ein weit davor liegendes Ereignis ursächlich sei. Damit stehe aber fest, dass die durchgeführte Operation nicht im Hinblick auf die bei dem Unfall erlittene Verletzung an der Hand erforderlich war, sondern vielmehr versucht wurde, einen Gesundheitsschaden zu bessern, der nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall am 2. März 1999 stehe. Die von dem Kläger gegen diese Entscheidung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundessozialgericht (B 2 U 33/06) durch Beschluss vom 29. März 2006 mangels Begründung als unzulässig verworfen.
Durch – rechtskräftiges – Urteil des Landgerichts Hamburg vom 17. Oktober 2008 wurde die gegen den Operateur und das behandelnde Krankenhaus gerichtete Schadensersatzklage des Verletzten abgewiesen. Ein Behandlungsfehler habe nicht vorgelegen. Es habe eine Indikation für die durchgeführte Operation bestanden. Denn der Kläger habe über fortbestehende Beschwerden geklagt und den Krankheitsverlauf so geschildert, dass vor dem Arbeitsunfall gerade keinerlei Beschwerden auch bei schwersten Arbeiten aufgetreten seien. Die geschilderten Beschwerden aber wären nach sachverständiger Einschätzung durch die angewandte Operationsmethode zu beheben gewesen. Es sei für einen behandelnden Arzt auch eher fern liegend, die Angaben eines Patienten zur Vorgeschichte in Zweifel zu ziehen und zu prüfen, ob eventuell die Vorgeschichte unzutreffend dargestellt wurde. Die postoperativ eingetretene Gesundheitsstörung gehöre zu den Operationsrisiken; sie könne nach jedem Trauma unabhängig von dessen Schwere auftreten. Auch sei noch nicht einmal sicher, ob sie auf der Operation beruhe. Den ihm obliegenden Beweis habe der Kläger nicht erbracht.
Mit Schreiben vom 18. November 2008 bat der Kläger die Beklagte um Überprüfung ihrer Entscheidung. Bisher sei die Auffassung vertreten worden, dass die Sudeck´sche Reflexdystrophie infolge der durchgeführten Operation postoperativ entstanden sei. Dies habe sich nach der Entscheidung des Landgerichts als unrichtig herausgestellt. Die durchgeführte Operation sei nicht ursächlich für das Entstehen der Reflexdystrophie. Aus dem Gesamtzusammenhang folge vielmehr, dass das Sudeck-Syndrom ohne den versicherten Unfall nicht entstanden wäre.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2009 und Widerspruchsbescheid vom 11. September 2009 lehnte die Beklagte die Aufhebung der mit Bescheid vom 17. August 2000 getroffenen Entscheidung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ab, weil weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden sei. Nach allen zutage getretenen Umständen sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die Sudeck´sche Dystrophie auf den erlittenen Arbeitsunfall zurückzuführen ist, vielmehr sei diese Folge der Sehnen-Operation.
Daraufhin hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben. Das Sozialgericht hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens des Chirurgen-Unfallchirurgen Dr. T., der unter dem 8. November 2010 die Auffassung vertreten hat, dass der Arbeitsunfall für die erlittene Gesundheitsstörung an der rechten Hand nicht ursächlich ist, weil die Sehnenstörung nicht als Unfallfolge zu bewerten sei. Deshalb könne die Heilentgleisung nicht dem versicherten Ereignis kausal zugeordnet werden. Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. E1 eingeholt. Dr. E1 gelangt ebenfalls zu der Einschätzung, dass der Unfall nicht ursächlich für die erlittene Sehnenstörung und eben so wenig für die Heilentgleisung ist, weil erstere eine alte Verletzung und letztere eine Folge der wegen einer nicht unfallbedingten Störung durchgeführten Operation sei. Zwischen März 1999 und August 1999 habe nach Auswertung des Bildmaterials ein CRPS nicht bestanden. Vielmehr sei dieses erst nach dem operativen Eingriff ab September 1999 aufgetreten. In einem weiteren vom Sozialgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten schloss sich Dr. T. dieser Auffassung an. Klinisch lasse sich ein CRPS erst für den Zeitraum nach der am 20. September 1999 durchgeführten Operation feststellen. Diese sei hierfür wesentliche Teilursache. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde ab 2004 mit 30 vom Hundert eingeschätzt. Auf der Grundlage dieser gutachterlichen Einschätzung hat das Sozialgericht die Beklagte wie geschehen verurteilt und zur Begründung ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wie sie in der Entscheidung vom 5. Juli 2011 (B 2 U 17/10 R) zum Ausdruck komme, sei das CRPS nach der besonderen Zurechnungsnorm des § 11 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) als Unfallfolge anzusehen, weil es infolge einer gemäß §§ 26 ff. SGB VII durchgeführten berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung entstanden sei. Die Risikozurechnung der Operation begründe die Haftung der Beklagten. Es komme nach dieser Entscheidung nicht (mehr) darauf an, ob objektiv Unfallfolgen behandelt worden seien. Der Einschätzung der MdE durch Dr. T. schließe sich die Kammer an.
Gegen das ihr am 08. März 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. März 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, es habe sich tatsächlich, d.h. "aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Betrachters", bei dem operativen Eingriff vom 20. September 1999 nicht um eine Heilbehandlungsmaßnahme im Sinne des SGB VII gehandelt. Zwar habe der Operateur präoperativ geglaubt, er werde voraussichtlich Unfallfolgen behandeln und das Sozialgericht habe gemeint, allein diese subjektive und individuelle Risikozurechnung könne die Haftung der Beklagten als mittelbare Unfallfolge im weiteren Sinne auslösen. Dies könne aber nicht Ziel des § 11 SGB VII sein. Das Bundessozialgericht habe in der vom Sozialgericht herangezogenen Entscheidung sehr auf einen möglichen Zwang des Versicherten abgestellt, den Anweisungen des Unfallversicherungsträgers bzw. seines Beauftragten zu folgen. Hier sei es aber geboten, auf die tatsächlichen Gegebenheiten abzustellen. Immerhin habe es sich bei der Operation nicht um eine duldungspflichtige Maßnahme gehandelt, der Versicherte habe folglich keinem Zwang unterlegen. Vielmehr sei die Operation ausschließlich zur Behebung oder Linderung von Beschwerden indiziert gewesen. Aus eben diesem Grunde habe der Betroffene in die Maßnahme eingewilligt. Wolle man der Auffassung des Sozialgerichts bzw. des Bundessozialgerichts folgen, dann ergäben sich in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Es könne doch keinen Unterschied machen, ob eine Operation nach dem SGB VII oder nach dem Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen werde. Schließlich stehe im gegliederten System der Sozialversicherung jede Solidargemeinschaft für ihren Risikobereich ein. Wenn sich herausstelle, dass im konkreten Falle einzig und allein eine Erkrankung behandelt wurde, die nachweislich nicht in Bezug zum Erstschaden stand, dann müsse dafür die Solidargemeinschaft der Gesetzlichen Krankenversicherung aufkommen. Was habe hiermit der Unternehmer als Alleinbeitragszahlender zu tun? Worin bestehe seine Schuld, für die er haftpflichtig gemacht werden soll? Zwar wolle man letztlich nicht an der Einschätzung von Dr. T. rütteln. Allerdings müsse die Frage gestellt werden, was an der Operation rechtlich hinreichend wahrscheinlich wesentlich die CRPS-Erkrankung verursacht habe und hierzu müsse insbesondere die Frage beantwortet werden, ob dies bereits der eröffnende Schnitt des Unterarmes gewesen sei. Mit dieser Differenzierung, welche nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts aber wesentlich sei, habe sich der Sachverständige nicht auseinandergesetzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. März 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen und vertritt die Auffassung, es reiche aus, wenn ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung die Maßnahme veranlasst habe, wobei die entsprechende Anordnung nicht durch den Unfallversicherungsträger selbst, sondern auch durch einen Durchgangsarzt erfolgen könne. Im Übrigen habe der medizinische Sachverständige Dr. T. im Rahmen der Erkenntnisse über die Entstehung des CRPS ausgeführt, dass der Eingriff vom 20. September 1999 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Teilursache für das CRPS darstelle. Nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen komme es nur darauf an, dass eine Operation erfolgt sei. Die Differenzierung, welche das Bundessozialgericht in dem entschiedenen Fall vorgenommen habe, betreffe einen gänzlich anderen Eingriff.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten (§§ 143, 144, 151 SGG) ist unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt, dass das bei dem Kläger an der rechten Hand aufgetretene CRPS Folge des Unfallereignisses vom 2. März 1999 und als solche Folge von der Beklagten mit einer Verletztenrente unter Beachtung der Frist des § 44 Abs. 4 SGB X zu entschädigen ist.
Dies folgt aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, auf welche Vorschrift sich das Sozialgericht ebenfalls zutreffend bezogen hat. Danach ist Folge eines Versicherungsfalls auch ein Gesundheitsschaden infolge der Durchführung einer Heilbehandlung. Hierdurch wird ein Gesundheitsschaden, der in einem ursächlichen Zusammenhang mit ("infolge") der Heilbehandlung steht, in den bereits wegen eines Versicherungsfalls gewährten Versicherungsschutz einbezogen. So liegt es hier.
Der Kläger hat während versicherter Tätigkeit Verletzungen und damit einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII erlitten. Dieser Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 7 Abs. 1 SGB VII) ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Auch ist wegen dieses Versicherungsfalls eine Heilbehandlung im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, d.h. eine berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung durchgeführt worden. Dies ergibt die Auswertung der Verwaltungsakte der Beklagten. Denn nachdem Dr. S1 mit Blick auf das Unfallereignis vom 2. März 1999 und die von dem Versicherten deswegen geklagten Beschwerden als Durchgangsarzt besondere berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung nach den §§ 26 - 34 SGB VII i.V.m. § 11 des Vertrages gemäß § 34 Abs. 3 SGB VII zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin, dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-SpV), Kassel, einerseits und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, K.d.ö.R., Berlin, andererseits über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger) eingeleitet hatte, war die Operation im Rahmen dieser Behandlung mit Kenntnis und Billigung der Beklagten erfolgt. Dies ergibt der entsprechende Vermerk in der Verwaltungsakte der Beklagten. Davon, dass die Behandlung und namentlich der operative Eingriff auf Veranlassung der Beklagten stattfand, musste vor allem der Kläger ausgehen, nachdem er die Operation bei dem zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten angekündigt, dieser Rücksprache mit dem Operateur genommen hatte und die Operation dann absprachegemäß am 20. September 1999 zu Lasten der Beklagten durchgeführt wurde.
Wie sich aus der durch Dr. T. durchgeführten Begutachtung ergibt, welche insoweit in Übereinstimmung steht mit dem Gutachten des Dr. E1, ist das CRPS auch zweifelsfrei erst im Gefolge des am 20. September 1999 durchgeführten operativen Eingriffs eingetreten und dieser ursächlich für dessen Entstehung im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB VII. Dies deckt sich mit der Einschätzung der Ärzte des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses. Auch gehört ein solches Krankheitsbild zu den zwar seltenen, aber doch immerhin in etwa 1 Prozent der Fälle auftretenden Komplikationen des vorgenommenen Eingriffs. Ohne die durchgeführte Maßnahme wäre es nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht aufgetreten. Gleichzeitig steht aber fest, dass die bei dem Eingriff vorgefundene und im Zuge dieses Eingriffs rekonstruierte Sehnendurchtrennung nicht Folge des am 2. März 1999 erlittenen Arbeitsunfalls war. Vielmehr handelte sich hierbei um einen älteren Schaden. Gleichwohl ist das CRPS als Folge des Versicherungsfalls nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII anzusehen, weil es auf den ausschließlich mit Blick auf den Versicherungsfall durchgeführten Eingriff zurückzuführen ist.
Allerdings wird zu dieser Vorschrift vertreten, dass eine mittelbare Unfallfolge im Rahmen von § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII dann nicht anzunehmen ist, wenn irrtümlich oder gezielt ein nicht durch den Versicherungsfall bedingtes Leiden behandelt wurde (BSG, Urt. vom 30.10.1991 – 2 RU 41/90; Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, § 11 Rn. 10 m.N.; Wagner in juris-PK-SGB VII, § 11 Rn. 23 m.N.; Schmitt, SGB VII, 3. Aufl. 2008, § 11 Rn. 8), weil bei einer solchen Konstellation das Unfallereignis zwar im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne Ursache auch des der Heilbehandlung nachfolgenden Gesundheitsschadens ist, es jedoch bei einer nach der Theorie der wesentlichen Ursache vorzunehmenden wertenden Betrachtung nicht als Folge des Versicherungsfalls angesehen werden kann. Diese Sichtweise ist auch Grundlage der zwischen den Beteiligten ergangenen Entscheidung des erkennenden Gerichts vom 1. November 2005 gewesen. Sie kann mit Blick auf die Entscheidung des BSG vom 05.07.2011 – B 2 u 17/10 R – aber nicht mehr aufrechterhalten werden. Vielmehr muss im Rahmen des § 11 Abs. 1 SGB VII die auf Veranlassung der Beklagten erfolgte Durchführung des Eingriffs als berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung nach den §§ 26 ff. SGB VII zur Zurechnung eventueller Folgen auch dann führen, wenn sich ex post betrachtet herausstellt, dass die geklagten Beschwerden nicht auf Unfallfolgen beruhten (BSG a.a.O. Rn. 38). Maßgeblich hierfür ist die Überlegung, dass der Versicherte, der bei einem Versicherungsfall Gesundheitsschäden davongetragen hat und deswegen in berufsgenossenschaftlicher Heilbehandlung ist, dem Behandlungsregime des Trägers der Unfallversicherung unterworfen ist, der die Behandlung durch seine Vertragsärzte durchführen lässt (BSG vom 05.07.2011, a.a.O. Rn. 40 ff.). Mit der Entscheidung vom 05.07.2011 hat das BSG der Sache nach seine bereits in der Entscheidung vom 24.06.1981 – 2 RU 87/80 – noch zu der Vorläufervorschrift des § 555 Reichsversicherungsordnung entwickelte Rechtsprechung wieder aufgegriffen, wonach Versicherungsschutz für mittelbare Unfallfolgen in einem solchen Falle des Fehlens objektiver Unfallfolgen auch dann besteht, wenn der Versicherte von seinem Standpunkt aus der Auffassung sein konnte, dass die Heilbehandlung, zu deren Durchführung er sich begeben hat, geeignet ist, der Beseitigung oder Erkennung von durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsstörungen zu dienen und dies in den objektiv gegebenen Verhältnissen seine Stütze findet (a.a.O. Rn. 28). Auch dies war hier nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens der Fall. Diente doch der Eingriff der operativen Versorgung des ärztlich festgestellten Sehnenausfalls, welcher wiederum ärztlicherseits wegen der anamnestischen Angaben des Versicherten mit dem erlittenen Unfall in Zusammenhang gebracht wurde.
Die Überlegungen der Beklagten zur Lastenverteilung zwischen den verschiedenen Trägern der Sozialversicherung vermögen diese nicht zu entlasten. Ihr hätte es nämlich oblegen, vor Durchführung der Operation weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts zu ergreifen. Diese waren auch angezeigt, wie sich aus der Einschaltung des Beratungsarztes noch vor Durchführung des Eingriffs ergibt. Denn es war schon seinerzeit durchaus zweifelhaft, ob die geklagten Beschwerden ursächlich auf Unfallfolgen zurückzuführen waren. Auch der Beratungsarzt hielt einen solchen Zusammenhang seinerzeit nur für "möglich". In dieser Situation durfte die Beklagte nicht das Ergebnis der von ihr veranlassten Operation abwarten und dann gegebenenfalls eine negative Entscheidung treffen, wie dies der Vermerk des Sachbearbeiters vom 27. Oktober 1999 anzeigt. Bereits hierdurch setzte sie sich dem Haftungsrisiko des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aus. Hiervon ausgehend gehen die – letztlich schicksalhaften – Folgen des Eingriffs zu ihren Lasten, obwohl der Eingriff selbst zur Behebung von Unfallfolgen nicht erforderlich gewesen wäre.
Nach dem Gutachten des Dr. T. besteht auch kein Zweifel daran, dass der Eingriff nicht nur mindestens wesentlich teilursächlich für das Entstehen der CRPS war, sondern auch eine MdE von 30 verursacht hat. Auch die Beklagte erhebt hiergegen keine Einwendungen. Der Senat legt diese Einschätzung deshalb seiner Entscheidung zugrunde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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