Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SO 1332/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2915/12 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Geeignetheit und Erforderlichkeit einer Montessori-Einzeltheraphie, um der Klägerin den Besuch der 1. Klasse in der Grundschule im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu erleichtern oder zu ermöglichen (hier bejaht).
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Oktober 2008 wie folgt abgeändert und teilweise neugefasst: Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 verurteilt, der Klägerin Kosten für die bereits durchgeführte Montessori-Therapie in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 in Höhe von 1.181,50 Euro zu erstatten.
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte erstattet der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten einer Montessori-Therapie in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 im Wege der Eingliederungshilfe.
Die 1998 in Vietnam geborene Klägerin kam im Alter von drei Monaten als Adoptivkind nach Deutschland. Sie besuchte zunächst den Regelkindergarten und erhielt wegen ihrer sprachlichen Schwierigkeiten seit Juni 2001 Logopädie und zusätzlich ambulante Sprachtherapie im Sprachheilzentrum R. In der Zeit vom 14. Juli 2003 bis zum Ende der Kindergartenzeit gewährte der Beklagte der Klägerin Eingliederungshilfe für eine Stunde Montessori-Einzeltherapie pro Woche zu einem Stundensatz von 38,50 EUR (Bescheid vom 17. März 2004 für die Zeit bis zum 31. Juli 2004; Bescheid vom 1. Juli 2004 für das Kindergartenjahr 2004/2005) Die Therapiestunden wurden von der Dipl.-Montessori-Therapeutin A. erbracht, die ihre Leistungen direkt gegenüber dem Beklagten abrechnete.
Mit Schreiben vom 14. Juli 2005 beantragten die Eltern der Klägerin die Fortführung der Therapie auch über den Eintritt in die Grundschule in V, einer Regelschule, zum Schuljahr 2005/2006 hinaus bei erhöhter wöchentlicher Stundenzahl sowie durch Begleitung der Klägerin durch die Montessori-Therapeutin im Unterricht. In diesem Zusammenhang wurden dem Beklagten mehrere Unterlagen vorgelegt: Nach einem Bericht der Fachschulrätin F. vom Sprachheilzentrum R. vom 29. September 2004 bestand bei der Klägerin eine Sprachentwicklungsverzögerung, wobei die semantische, phonetisch-phonologische Ebene und der Bereich der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung besonders betroffen seien. Auch im Bereich der Konzentrationsfähigkeit, Anstrengungsbereitschaft und des Durchhaltevermögens seien Auffälligkeiten vorhanden. Die kognitiven Leistungen lägen gerade noch im Normbereich. Die Klägerin benötige für einen erfolgreichen Schulanfang eine Umgebung, die auf Sprechen und Hören ausgerichtet sei; zudem sei auch eine intensive Lernbegleitung notwendig. In dem Bericht von Prof. Dr. J. und Dipl.-Psych. H. von der Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (Sektion Phoniatrie/Pädaudiologie) in U. vom 25. Mai 2005 wurde bei der Klägerin eine ausgeprägte Sprachentwicklungsverzögerung, rezeptiv und expressiv, sowie eine auditive Gedächtnisschwäche diagnostiziert. Die Klägerin sei nach dortiger Sicht ein Kind für die Sprachheilschule; eine Regeleinschulung könne nur unter der Maßgabe befürwortet werden, dass dort (durch eine zusätzliche Lehrkraft/Integrationskraft, durch Inselunterricht und Binnendifferenzierung) für sie eine intensive, auf ihre spezifischen Förderbedürfnisse abgestimmte Lernumgebung geschaffen werden könne. Diese solle nicht nur sonderpädagogische, sondern auch spezifisch sprachfördernde Aspekte enthalten und das Lernen auf möglichst vielen Wahrnehmungskanälen ermöglichen. Nach dem Abschlussbericht der Dipl. Montessori-Therapeutin A. vom 4. August 2005 lagen die Schwierigkeiten bei der Klägerin im auditiven Bereich. Sie könne ihre auditive Aufmerksamkeit schwer lenken und über einen angemessenen Zeitraum aufrechterhalten. Infolge einer stark eingeschränkten Hörmerkspanne verstehe sie nur kurze Arbeitsaufträge im konkreten Handlungsrahmen. Dies bedeute, dass sie zur Aufnahme und Verarbeitung von Inhalten Unterstützung durch konkretes Material und Visualisierungsangebote benötige und die anderen Sinne und auch Bewegung zur Unterstützung und Kompensation ihrer auditiven Probleme einsetzen können müsse. Die systematische Arbeitsweise nach Montessori-Prinzipien und das strukturierte Montessori-Material seien für sie eine wichtige Hilfe im Lernprozess. In dem zugleich erstellten "Förderplan" wurde eine weitere systematische Förderung nach Montessori-Prinzipien empfohlen. Das Angebot der Montessori-Therapie werde gezielt auf den Aufbau der auditiven Wahrnehmungsleistung abgestimmt.
Nach der ärztlichen Beurteilung von Obermedizinalrat Dr. M. vom Gesundheitsamt des Beklagten vom 30. August 2005 lag bei der Klägerin vor diesem Hintergrund eine nicht nur vorübergehende wesentliche (Sprach-)Behinderung i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) bzw. eine drohende wesentliche Behinderung i.S.d. § 53 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGB XII vor. Aus medizinischer Sicht könnten keine Aussagen über den geeigneten Förderort gemacht werden; dies sei Aufgabe des Schulamtes. Sicher sei, dass die Klägerin eine entsprechende Förderung brauche, wie sie z.B. in einer Sprachheilschule gewährleistet sei. Mit entsprechenden Zusatzförderungen könne vermutlich auch eine Einschulung in eine Regelschule stattfinden. Mit E-Mail vom 13. September 2005 plädierte er für eine Weitergewährung der Hilfen für eine Übergangszeit bis zum Ende des Jahres 2005, um der Klägerin den Übergang in die Schule zu erleichtern.
Mit Bescheid vom 30. September 2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin weitere Leistungen der Eingliederungshilfe für die Zeit vom 19. September bis maximal 31. Dezember 2005 in Form der Übernahme der Kosten für eine Stunde Montessori-Einzeltherapie pro Woche. Generell handle es sich bei der Montessori-Therapie um eine pädagogische Maßnahme, die für Schulkinder nicht gewährt werden könne, weil der pädagogische Bereich durch die Schule abgedeckt werde. Aufgrund der speziellen Situation der Klägerin habe man sich aber entschieden, die Kosten für einen begrenzten Zeitraum weiter zu übernehmen, um ihr den Übergang in die Schule zu erleichtern. Eine Teilnahme der Montessori-Therapeutin am Unterricht sei nach Auskunft des Schulamtes nicht möglich.
Hiergegen legten die Eltern der Klägerin am 12. Oktober 2005 Widerspruch ein, soweit die Übernahme der Kosten für die Montessori-Therapie über den 31. Dezember 2005 hinaus abgelehnt wurde. Es werde akzeptiert, dass es nicht möglich sei, eine begleitende Hilfe durch die Montessori-Therapeutin im Schulunterricht zu gewähren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2006 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für Schüler nur für begleitende Hilfen in Betracht komme. Pädagogische Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrags fielen in den Verantwortungsbereich der Schule.
Hiergegen erhob die Klägerin am 15. Mai 2006 beim Sozialgericht Konstanz (SG) mit der Begründung Klage, dass die Montessori-Therapie weit über eine pädagogische Maßnahme hinausgehe und geeignet und erforderlich sei, die Folgen ihrer Behinderung zumindest zu mildern. In der ersten Jahreshälfte 2006 hätten 29 Sitzungen mit Gesamtkosten in Höhe von 1.181,50 Euro stattgefunden. Die Kosten seien von den Eltern der Klägerin beglichen worden.
Die Klägerin legte u.a. die Stundennachweise, den Bericht der Dipl.-Therapeutin A.vom 24. August 2006 sowie den Schulbericht der Grundschule V. vom 28. Juli 206 vor; auf Bl. 59/61, 41/44 und 68 der SG-Akten wird Bezug genommen.
Seit dem 18. September 2006 besuchte die Klägerin die in privater Trägerschaft stehende "Freie Schule A.", bei der es sich ebenfalls um eine Regelschule handelt. Seit Februar 2007 erhielt sie keine Montessori-Therapie mehr.
Das SG beauftragte den Diplom-Psychologen Josef B. vom Sozialpädiatrischen Zentrum der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin U. mit der gutachterlichen Untersuchung der Klägerin. In seinem Gutachten vom 16. Juli 2008 stellte er bei der Klägerin eine Störung der sprachbezogenen Funktionen fest, wobei vor allem das Sprachverständnis, die auditive Merkfähigkeit, die auditiv-sequenzielle Verarbeitung, die phonologische Bewusstheit und das Leseverständnis betroffen seien. Trotz insgesamt unterdurchschnittlicher Leistungen bei der Kaufman-Assessment-Battery for Children sei seines Erachtens von einer normalen Intelligenz auszugehen, weil die Leistungen im Bereich des logischen Denkens im unteren Durchschnittsbereich lägen und sich Schwächen vor allem in den sprachbezogenen Aspekten (Sprachverständnis, sequenzielle Verarbeitung) zeigten. Beim Sprachverständnis seien Defizite sowohl hinsichtlich der sprachbezogenen Intelligenz als auch beim Textverständnis festzustellen gewesen. Schwächen zeigten sich auch im Bereich der expressiven Sprache mit Formulierungsschwierigkeiten und Wortfindungsproblemen sowie beim Satzbau. Aufgrund dieser Behinderungen sei davon auszugehen, dass sich Schwierigkeiten beim Erwerb des Lesens und Rechtschreibens zeigten, das längerfristige Speichern von auditiv wahrgenommenen Inhalten erschwert und insgesamt die sprachliche Kommunikation beeinträchtigt sei. Dadurch verlangsame sich auch das Lerntempo und es bedürfe gezielter Unterstützung, um diese Defizite im Hinblick auf das schulische Lernen auszugleichen. Vom Klassenlehrer der Freien Schule A. sei berichtet worden, dass bei der Klägerin anfangs auditive Gedächtnisprobleme vorhanden gewesen und Leistungsprobleme in Deutsch und Mathematik aufgetreten seien; sie habe in beiden Fächern jedoch erhebliche Fortschritte gemacht und die Lücken geschlossen, so dass sie jetzt in allen Bereichen auf dem geforderten Stand sei. Sie benötige spezifische Formen des Lernens, um ihre Defizite kompensieren zu können. Nach dem Eindruck ihrer Klassenlehrerin in der ersten Klasse sei die Montessori-Therapie ein wichtiger Baustein bei der Überwindung der Schwierigkeiten gewesen, die sich aus ihren erheblichen Problemen bei der rezeptiven und expressiven Sprache, bei der auditiven Wahrnehmung und beim auditiven Gedächtnis ergeben hätten. Durch die erschwerte verbale Kommunikation hätten sich auch immer wieder Frustrations- und Misserfolgserlebnisse mit der Gefahr des sozialen Rückzugs und von Verhaltensauffälligkeiten ergeben. Der Klägerin sei es damals schwer gefallen, sich in den Klassenverband zu integrieren. Sie habe auch der Unterstützung beim Aufbau eines angemessenen Lern- und Arbeitsverhaltens bedurft. Durch die Montessori-Therapie habe sie selbständig Bewältigungsstrategien für Problemsituationen im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe erworben. Zwischen der Schule und der Montessori-Therapeutin sei eine enge Kooperation erfolgt. Der Sachverständige B. gelangte vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis, dass ein Vergleich der Situation zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung mit der Zeit der ersten Klasse der Grundschule zeige, dass die Klägerin mittlerweile eine ausdauernde Arbeitshaltung, eine gute Konzentration und großes Durchhaltevermögen bei schwierigen Anforderungen zeige. Somit sei davon auszugehen, dass die Montessori-Therapie eine geeignete und erforderliche Maßnahme zu ihrer Unterstützung gewesen sei. Bei der Montessori-Therapie handle es sich um eine begleitende, nicht um eine pädagogische Hilfe.
Das SG verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 21. Oktober 2008, der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 Eingliederungshilfe für die durchgeführte Montessori-Therapie in Höhe von 590,75 Euro zu gewähren, wies die Klage im Übrigen ab und ließ die Berufung zu. Die Montessori-Therapie sei nicht als rein therapeutisch zu qualifizieren, weil sie in wesentlichem Umfang auch pädagogische Hilfe bei Leistungsproblemen erfasse. Allerdings gehe die Therapie auch weit über eine (sonder-)pädagogische Maßnahme hinaus, indem sie unter Einbeziehung medizinischer, psychologischer und physiologischer Aspekte der Behandlung der aus der Behinderung in Verbindung mit den schulischen Leistungsproblemen resultierenden psychischen Probleme der Klägerin im neuen Schulumfeld diene. Da keine der Komponenten der Maßnahmen einen vernachlässigbaren Umfang habe, werde der der Eingliederungshilfe unterfallende Anteil der Maßnahme in freier richterlicher Würdigung aller Umstände, wie es dem Verfahren des § 287 der Zivilprozessordnung entspreche, festgelegt und auf 50 Prozent geschätzt. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 5. Dezember und dem Beklagten am 8. Dezember 2008 zugestellt.
Hiergegen haben der Beklagte am 30. Dezember 2008 und die Klägerin am 5. Januar 2009 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt (L 7 SO 6090/08). Die Klägerin hat zur Begründung angeführt, dass die Montessori-Therapie in Anbetracht ihrer hochgradigen Entwicklungsstörung mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen im Lernen und im Verhalten unerlässlich gewesen sei. Ohne die krankheitsbedingten Störungen im Lernen und im Verhalten hätten pädagogische Maßnahmen der Schulen ausgereicht; die krankheitsbedingten Störungen seien vielmehr ausschlaggebend für die Erforderlichkeit der Montessori-Therapie gewesen. Vor diesem Hintergrund könne es nicht rechtens sein, den Kostenaufwand in zwei Teile aufzuspalten. Für die vom SG vorgenommene Schätzung des Anteils der begleitenden und der pädagogischen Hilfe an der Montessori-Therapie fehlten gesicherte Anhaltspunkte.
Der Beklagte hat zur Begründung seiner Berufung eine Stellungnahme des Arztes für Öffentliches Gesundheitswesen/Sozialmedizin Dr. M. seines Gesundheitsamts vorgelegt, wonach der Einschätzung des Sachverständigen B. nicht gefolgt werden könne. Die Begriffe der begleitenden und der pädagogischen Therapie fänden zur Differenzierung von integrativen Hilfen für Kinder mit Behinderung Anwendung, die Regelkindergärten oder Regelschulen besuchten. In diesem Zusammenhang bedeute begleitende Hilfe die Übernahme einfacher Assistenztätigkeiten durch Begleitpersonal, z.B. beim Toilettengang, beim An- und Ausziehen, bei Mahlzeiten oder auf dem Schulweg. Eine begleitende Hilfe könne nur in der Schule oder auf dem Schulweg stattfinden. Demgegenüber dienten pädagogische Maßnahmen dazu, dem Kind eine altersgemäße und zunehmend selbständige Teilnahme am Gruppengeschehen und am Schulunterricht zu ermöglichen. Dieser Begriff sei deutlich weiter und erfasse nicht nur "Nachhilfeunterricht", sondern auch sämtliche Maßnahmen, die dem Kind helfen würden, am Gruppengeschehen und am Schulunterricht teilzunehmen. Maßnahmen, die über diese (sonder-)pädagogischen Maßnahmen hinausgingen, z.B. psychotherapeutische oder verhaltenstherapeutische Maßnahmen, seien wiederum Maßnahmen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V); Kostenträger dieser Maßnahmen seien die Krankenkassen. Nach dieser Definition könne es sich bei der Montessori-Therapie nicht um eine begleitende Therapie bei integrativer Beschulung handeln, weil die Tätigkeit weder in der Schule noch auf dem Schulweg stattfinde und es sich nicht um eine Begleitung im engeren Sinne handle. Vielmehr liege eine (sonder-)pädagogische Maßnahme vor.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen B. zu der Frage eingeholt, ob die vorliegende Montessori-Therapie als (sonder-)pädagogische oder als begleitende therapeutische Hilfe einzustufen ist. Auf seine Stellungnahme vom 25. April 2009 wird Bezug genommen (Bl. 27/31 der Senatsakten L 7 SO 6090/08).
Der Senat hat mit Urteil vom 18. November 2010 auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Oktober 2008 abgeändert und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 verurteilt, der Klägerin Kosten für die bereits durchgeführte Montessori-Therapie in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 in Höhe von 1.181,50 Euro zu erstatten, sowie die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Klägerin stehe für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die durchgeführte Montessori-Therapie zu. Sie gehöre aufgrund der bei ihr diagnostizierten ausgeprägten Sprachentwicklungsverzögerung, rezeptiv und expressiv (ICD 10 F 80.9) mit auditiver Gedächtnisschwäche zum Kreis der nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII leistungsberechtigten Personen. Die durchgeführte Montessori-Therapie stelle eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII dar. Die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne dieser Vorschrift umfassten nach § 12 Nr. 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglVO)) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1975 (BGBl. I S. 433), zuletzt geändert durch Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022, 3059) auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die von der Klägerin durchgeführte Montessori-Therapie sei als heilpädagogische oder sonstige Maßnahme geeignet und erforderlich, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt ihrer Einschulung noch erhebliche Probleme bei der rezeptiven und expressiven Sprache, bei der auditiven Wahrnehmung und beim auditiven Gedächtnis aufgewiesen. Es sei ihr schwer gefallen, sich in den Klassenverband zu integrieren und sie habe auch der Unterstützung beim Aufbau eines angemessenen Lern- und Arbeitsverhaltens bedurft. Die Klägerin habe zur Aufnahme und Verarbeitung von Inhalten aufgrund ihrer stark eingeschränkten Hörmerkspanne Unterstützung durch konkretes Material und Visualisierungsangebote benötigt. Die systematische Arbeitsweise nach Montessori-Prinzipien und das strukturierte Montessori-Material seien für sie eine wichtige Hilfe im Lernprozess. Die Selbstbildung durch Eigenaktivität mit intrinsischer Motivation fördere ihr Vertrauen in ihre Stärken und ebenso ihre Bereitschaft, mit Schwierigkeiten und Fehlern gelassener umzugehen. Gezielte Übungen und Tätigkeiten in ganzheitlichen Arbeitsfeldern sollten ihre rezeptiven und expressiven sprachlichen Fähigkeiten verbessern und sie bei den schulischen Lerninhalten unterstützen.
Der Erstattung der Kosten für die Montessori-Therapie stehe auch nicht der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 1 SGB XII entgegen. Zwar sei die pädagogische Förderung der Schüler in erster Linie Aufgabe der Schule, jedoch seien ergänzende Leistungen der Eingliederungshilfe nicht vollständig ausgeschlossen. Eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Übernahme von Kosten sei für Maßnahmen ausgeschlossen, die zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit des Lehrers gehören. Für Hilfen außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit könne dagegen ein ergänzender Eingliederungsbedarf bestehen. Die Erstattung der Kosten für die streitige Montessori-Therapie sei nicht bereits deshalb durch den Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe ausgeschlossen, weil diese auch pädagogische Elemente enthalte. Dies ergebe sich daraus, dass § 12 Nr. 1 EinglVO ausdrücklich auch heilpädagogische Maßnahmen als Form der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung i.S.v. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII aufführt, die schon begrifflich dem Bereich der Pädagogik zuzurechnen seien. Maßgebend sei vielmehr, dass die Montessori-Therapie vorliegend nicht dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit des Lehrers im Sinne des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule zuzuordnen sei, sondern sich in der Gesamtschau als flankierende Maßnahme darstelle. Unmittelbares Ziel der Montessori-Therapie sei nicht die konkrete Vermittlung von Wissen und bestimmter Fähigkeiten im Sinne des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule gewesen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Lehrer zuzuordnen sei, sondern die Förderung der Gesamtentwicklung mit dem Ziel, die Klägerin an ein selbständiges Lernen heranzuführen. Der Beklagte könne dem auch nicht entgegenhalten, dass die Klägerin eine andere Art von (Sonder-)Schule - hier z.B. eine Sprachheilschule - besuchen könne, um so die Gewährung von Eingliederungshilfe überflüssig zu machen. Die Entscheidung darüber, ob ein schulpflichtiges Kind eine Sonderschule (und gegebenenfalls welche Art von Sonderschule) besucht (besuchen muss), obliege der Schulaufsichtsbehörde (vgl. § 82 Abs. 2 SchulG). Solange die zuständige Schulbehörde der Meinung sei, ein schulpflichtiger Hilfesuchender sei geeignet, eine bestimmte Art von Schule zu besuchen, müsse dies der Träger der Sozialhilfe hinnehmen. Dies gelte auch dann, wenn der Besuch einer integrativ unterrichtenden Grundschule durch die zuständige Schulbehörde lediglich als eine mögliche Form der Beschulung eröffnet worden sei. Der Beklagte habe daher seinen Hilfeumfang an dem Besuch einer (Regel-)Grundschule zu orientieren.
Auf die Revision des Beklagten hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 22. März 2012 (B 8 SO 30/10 R) das Senatsurteil vom 18. November 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Es fehlten ausreichende Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für ein abschließendes Urteil. Eine Beiladung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse, eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe und der Therapeutin sei nicht erforderlich. Insbesondere gehörte die durchgeführte Maßnahme nicht zum Leistungskatalog des Sozialgesetzbuch (SGB V) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), sodass die Beiladung der Krankenkasse ausscheide. Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung durch den zuständigen (§ 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ) Beklagten sei § 15 Abs. 1 Satz 4 2. Alt SGB IX. Danach seien selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Ob der Beklagte die Übernahme der Kosten für die durchgeführte Therapie ab 1. Januar 2006 "zu Unrecht" abgelehnt hat, lasse sich allerdings anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Grundlage dafür sei § 19 Abs. 3 SGB XII (hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII und § 12 Abs. 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO. Hilfen nach § 19 Abs. 3 SGB XII würden unter den besonderen Voraussetzungen der Vorschriften des Fünften und Neunten Kapitels geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten sei. Die Klägerin erfülle die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift würden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht seien, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht bestehe, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden könne. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 SGB IX seien erfüllt, wenn - soweit einschlägig - die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei. Nach den Tatsachenfeststellungen des LSG liege eine Behinderung im bezeichneten Sinn bei der Klägerin vor, die an einer geistigen Leistungsstörung, nämlich einer ausgeprägten rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche, gelitten habe; diese geistige Behinderung sei auch wesentlich gewesen. Nicht abschließend entschieden werden könne, ob die im Jahre 2006 durchgeführte Therapie geeignet und erforderlich gewesen sei, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, ob also i.S. des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestanden habe, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnte. Diese allgemeine Voraussetzung konkretisierend bezeichne § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII als Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Nach § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO umfasse die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet seien, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern. Wie bereits § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verdeutliche ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liege § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII iV.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde. Eine Unterscheidung der Maßnahmen nach ihrer Art, etwa nach pädagogischen oder nichtpädagogischen bzw. begleitenden, sei rechtlich nicht geboten, weil grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht kämen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich seien, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Deshalb könnten von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören. Ausgeschlossen seien allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen seien, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimme. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liege nach Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB XII gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers. Nach diesen Maßstäben könne die durchgeführte Maßnahme eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung sein, weil sie - wie das LSG zutreffend ausgeführt habe - jedenfalls nicht den Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit berühre, ohne dass dieser genau bestimmt werden müsste. Die durchgeführte Therapie, die nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG den Prinzipien der Montessori-Therapie gefolgt sei, weise den Charakter einer nur unterstützenden und außerhalb des schulischen Betriebs stattfindenden Hilfe auf. Soweit das LSG in seiner Entscheidung die Ausführungen des Sachverständigen und die Äußerungen der früheren Klassenlehrerin der Klägerin zur Geeignetheit und Erforderlichkeit der Therapie wiedergegeben und verwertet sowie ausgeführt habe, dass die Therapie "nach dem Förderplan der Montessori-Therapeutin gezielt auf den Aufbau der auditiven Wahrnehmungsleistung abgestimmt" gewesen sei, reiche dies jedoch für eine Beurteilung der individuellen Geeignetheit und Erforderlichkeit der durchgeführten Therapie nicht aus. Erforderlich seien vielmehr konkrete Feststellungen dazu, wie die Klägerin betreut worden sei und wie sich dies im Einzelnen auf die individuelle Lernfähigkeit der Klägerin unter prognostischer Sicht - abgestellt auf den Zeitpunkt der Entscheidung - habe auswirken sollen. Allgemein gehaltene Bewertungen der Montessori-Therapie, ihrer Ziele und Methoden, könnten diese Beurteilung nicht ersetzen. Im Rahmen der Erforderlichkeit der Hilfe werde das LSG auch die Anzahl der Therapiestunden zu überprüfen haben. Schließlich werde es anhand der schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Therapeutin die Höhe der der Klägerin (bzw. ihren Eltern) entstandenen und damit übernahme- und erstattungsfähigen Kosten zu ermitteln haben, wobei ohne Bedeutung sei, ob mit der Therapeutin Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGB XII geschlossen seien und - wenn ja - welche Vergütung darin für die Therapiestunden vorgesehen gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Beklagten stehe einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin § 2 Abs. 1 SGB XII (sog. Nachranggrundsatz) nicht entgegen. Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule sei in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie hier - eine entsprechende Hilfe nicht gewähre, ja sogar darauf verweise, sie nicht erbringen zu können. Ob sie dazu verpflichtet sei, sei unerheblich. Dem Kostenerstattungsanspruch stehe schließlich nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzten zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gelte allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt habe und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten müsse.
Der Senat hat das Verfahren unter dem Aktenzeichen L 7 SO 2915/12 ZVW fortgeführt.
Der Senat hat die Dipl. Montessori-Therapeutin A. als Zeugin schriftlich befragt. Weiterhin hat der Berichterstatter diese in der nichtöffentlichen Sitzung vom 8. März 2013 als Zeugin einvernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Schreiben der Dipl. Montessori-Therapeutin A. vom 29. Oktober 2012 (Bl. 19/26 der Senatsakten) sowie auf die Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung vom 8. März 2013 (Bl. 45/51 der Senatsakten) Bezug genommen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Oktober 2008 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 zu verurteilen, der Klägerin weitere Kosten für die bereits durchgeführte Montessori-Therapie in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 in Höhe von 590,75 Euro zu erstatten sowie die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Oktober 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten selbständigen Berufungen der Klägerin und des Beklagten sind zulässig und auch im Übrigen kraft Gesetzes statthaft (§ 143 SGG), nachdem das SG die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen hat und der Senat an die Zulassung der Berufung gebunden ist (§ 144 Abs. 3 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist dahingehend abzuändern und neuzufassen, dass der Beklagte unter Abänderung seines Bescheides vom 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 zu verurteilen ist, der Klägerin die Kosten für die bereits durchgeführte Montessori-Therapie in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 in Höhe von 1.181,50 Euro zu erstatten. Die Berufung des Beklagten ist dagegen unbegründet.
1. Gegenstand des Verfahrens bildet der Bescheid des Beklagten vom 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2006 (§ 95 SGG), soweit darin die Übernahme von Kosten (1.181,50 Euro) für die in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 durchgeführte Montessori-Einzeltherapie abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 56 SGG.
2. Der Klägerin steht für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 gegen den Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die bei der Dipl. Montessori-Therapeutin A. durchgeführte Montessori-Therapie in Höhe von insgesamt 1.181,50 Euro zu.
a. Nach dem im vorliegenden Rechtsstreit ergangenen Urteil des BSG vom 22. März 2012, dessen rechtliche Beurteilung der Senat zugrunde zu legen hat (§ 170 Abs. 5 SGG), bildet § 15 Abs. 1 Satz 4 2. Alt SGB IX Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung durch den zuständigen (§ 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ) Beklagten. Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für die im oben genannten Zeitraum durchgeführte Therapie in Höhe von 1.181,50 Euro zu Unrecht abgelehnt.
b. Die Klägerin hat gem. § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII und § 12 Abs. 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO einen Anspruch auf Leitungen der Eingliederungshilfe in Form der Montessori-Einzeltherapie. Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift werden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 SGB IX sind erfüllt, wenn - soweit einschlägig - die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Bei der Klägerin liegt eine Behinderung im bezeichneten Sinn vor, nämlich eine ausgeprägte rezeptive und expressive Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche. Diese geistige Behinderung war auch wesentlich.
Die in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 durchgeführte Montessori-Einzeltherapie ist geeignet und erforderlich gewesen, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern. Der Senat ist davon überzeugt, dass i.S. des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestanden hat, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnte.
Nach den im Urteil des BSG vom 22. März 2012 aufgestellten Maßstäben stellt die durchgeführte Maßnahme eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung, weil sie jedenfalls nicht den Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit berührt. Die durchgeführte Therapie, die den Prinzipien der Montessori-Therapie gefolgt ist, weist den Charakter einer nur unterstützenden und außerhalb des schulischen Betriebs stattfindenden Hilfe auf. Der Senat ist auch von der individuellen Geeignetheit und Erforderlichkeit der durchgeführten Therapie überzeugt. Die in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 von der Dipl. Montessori-Therapeutin A. durchgeführte Montessori-Therapie in einem Umfang von 29 Sitzungen ist geeignet und erforderlich gewesen, der Klägerin den Besuch der Grundschule V. im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die Klägerin hatte im Zeitpunkt der Einschulung in die Grundschule V. erhebliche Schwierigkeiten im auditiven und emotionalen Bereich. Ausweislich der glaubhaften Aussage der Zeugin A., der behandelnden Therapeutin, vom 29. Oktober 2012 und 8. März 2013 konnte die Klägerin ihre auditive Aufmerksamkeit schwer lenken und über einen angemessenen Zeitraum schwer aufrechterhalten. Bei ihr bestand eine stark eingeschränkte Hörmerkspanne sowie ein eingeschränktes Hörgedächtnis mit der Folge, dass sie nur kurze Arbeitsaufträge in einem konkreten Handlungsrahmen verstand. Auch wies die Klägerin wegen der auditiven Wahrnehmungsstörung ein verlangsamtes Arbeitstempo auf und kam nicht wie die anderen Kinder im Unterricht mit. Weil die Klägerin lernbegierig und motiviert war, bereiteten ihr schulische Misserfolge Probleme. Die Zeugin A. hat glaubhaft bekundet, dass nach den Herbstferien 2005, als das Tempo in der Schule stark angezogen hatte, bei der Klägerin deutliche Stresssymptome (Bauchschmerzen, Einkoten) festzustellen waren und die Gefahr bestand, dass sie wieder in einen Erstarrungszustand mit "autistischen Zügen" einschließlich Lernblockaden zurückfällt. Diese aktuelle Beschreibung des Zustandes der Klägerin durch die Zeugin Ende des Jahres 2005 und Anfang des Jahres 2006 deckt sich mit dem in den Berichten der Zeugin A. vom 4. August 2005 und 24. Juni 2006 dokumentierten Befund. So ist in dem Bericht vom 4. August 2005 u.a. verzeichnet, dass bei der Klägerin eine rezeptive und expressive Sprachenzwicklungsverzögerung mit einer auditiven Gedächtnisschwäche vorlag, sie ihre auditive Aufmerksamkeit schwer lenken und aufrechterhalten konnte und alte Verhaltensmuster wie Widerstand, Verweigerung sowie innerer Rückzug in Situationen auftraten, die ihr unbekannt waren oder in denen sie unter Leistungsdruck geraten war. In dem Bericht vom 24. August 2006 beschreibt die Zeugin A., dass die Klägerin im mathematischen Bereich zum Begreifen nicht nur konkretes Material, sondern auch längere Zeit der Auseinandersetzung und Wiederholung als der Klassendurchschnitt benötigte. Die auditive Wahrnehmungsstörung erschwerte es ihr, Inhalte rein über das Gehör aufzunehmen; sie war im expressiven Sprachgebrauch sowie im Sprachverständnis entwicklungsverzögert. Weiterhin werden die Auswirkungen der auditiven Wahrnehmungsstörung im Schulbereich anschaulich im Bericht der Grundschule vom 28. Juli 2006 beschrieben. Danach äußerte sich die auditive Wahrnehmungsschwäche v.a. im Bereich der Merkfähigkeit. Die Klägerin brauchte noch viel Zeit, sich auf neue Unterrichtsinhalte einzustellen, sich diese zu merken und wiederzugeben bzw. anzuwenden. Sie war deshalb lediglich in der Lage, in dem ihr eigenen Tempo im Unterricht zu arbeiten. Nach den nachvollziehbarer und plausiblen Feststellungen des Dipl.-Psychologen B. in seinem für das SG erstatten Gutachtens vom 16. Juli 2008, das der Senat im Wege der Urkundenbeweises verwertet, zeigte sich bei der Klägerin eine Störung der sprachbezogenen Funktionen, von der v.a. das Sprachverständnis, die auditive Merkfähigkeit, die auditiv-sequenzielle Verarbeitung, die phonologische Bewusstheit und das Leseverständnis betroffen waren. Aufgrund der festgestellten Behinderung war aus Sicht des Dipl.-Psychologen B. mit Schwierigkeiten beim schulischen Lernen (Schwierigkeiten beim Erwerb des Lesens und Rechtsschreibens, beim Speichern auditiv wahrgenommener Inhalte, Beeinträchtigung der sprachlichen Kommunikation, verlangsamtes Lerntempo) zu rechnen und eine gezielte Unterstützung zum Ausgleich der Defizite notwendig.
Mit dem Ziel, die dargestellten Defizite der Klägerin und deren Auswirkungen im Schulbereich zu verringern, führte die Zeugin A. nach ihren Bekundungen in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 29 Sitzungen Montessori-Einzeltherapie durch. Im Einzelnen sollte die Therapie u.a. eine differenzierte auditive Wahrnehmungsleistung entwickeln, die intermodale Verarbeitung ausbauen, die auditive Aufmerksamkeitslenkung verbessern, die Merkfähigkeit fördern, die rezeptive und expressive Sprachfähigkeit ausbauen, die emotionale Stabilität und Belastungsfähigkeit unterstützen, das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl stärken, die Anstrengungsbereitschaft weiter entwickeln, die Konzentration und Ausdauer vertiefen, explorierendes und selbständiges Arbeiten ausbauen und die Selbständigkeit erweitern. Im Rahmen der Montessori-Therapie unternahm die Zeugin A. eine systematische Förderung in Abstimmung auf die dargestellten spezifischen Förderbedürfnisse der Klägerin. So setzte sie gezielte Übungen in der Montessori-Umgebung ein, um die rezeptiven und expressiven sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern somit ihre Fähigkeiten zum Erfassen und Bearbeiten von schulischen Lerninhalten zu stärken. Dabei setzte sie Fördermittel aus verschieden Montessori-Bereichen und kreative Tätigkeiten wie Zeichen, Malen, Bastelarbeiten, Tonen und Kneten ein und rundete das Förderprogramm mit Liedern, Gedichten, Geschichten, Finger- und Bewegungsspielen und Entspannungstechniken ab. Im Rahmen der nichtöffentlichen Sitzung vom 8. März 2013 hat die Zeugin A. anschaulich den typischen Ablauf einer Therapiestunde beschrieben. Danach arbeitete die Klägerin nach einer Begrüßungs- und Ankommensphase mit Montessori-Materialen, um das strukturierte Arbeiten zu schulen und die auditive Wahrnehmungsfähigkeit zu verbessern. In diesem Zusammenhang erteilte die Zeugin der Klägerin konkrete Aufgaben und Aufträge, um die Spanne der auditiven Wahrnehmung zu verlängern, und trainierte die Anstrengungsbereitschaft und die Frustrationstoleranz. Mit Zuspruch und Zuwendung vermittelte ihr die Zeugin, dass sie die ihr gestellten Aufgaben und Aufträge erfüllen kann und verschaffte ihr so positive Erfahrungen (bspw. in den Bereichen Hören, Verstehen, Lernen). Weiter hat die Zeugin berichtet, dass bei Anzeichen von Erschöpfung und für eine reduzierte Aufnahmebereitschaft u.a. Entspannungsübungen durchgeführt worden waren, um der Klägerin positive Erfahrungen, Stabilität und Stärke zu vermitteln.
Die durchgeführte Therapie der Dipl. Montessori-Therapeutin A. auf Grundlage der systematischen Arbeitsweise nach Montessori-Prinzipien und unter Verwendung des strukturierten Montessori-Materials hat sich unter prognostischer Sicht im Zeitpunkt der Entscheidung (Bescheid vom 30. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2006) zur Überzeugung des Senats auf die individuelle Lernfähigkeit der Klägerin dahingehend ausgewirkt, insbesondere die auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsleistung zu erhöhen und die auditive, kognitive und soziale Entwicklung zu unterstützen sowie zu verhindern, dass die Klägerin in Stress- und Überforderungssituationen wieder in einen Erstarrungszustand mit psychosomatischen Symptomen und Widerstand, Verweigerung und innerem Rückzug gerät. Dies folgt für den Senat aus den glaubhaften Bekundungen der Zeugin A., die mit den in ihren Berichten vom 4. August 2005 und 24. Juni 2006 niedergelegten Förderzielen in Einklang stehen. So hat die Zeugin A. mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 u.a. dargelegt, dass wegen der Teilleistungsprobleme im auditiven Bereich und der emotionalen Instabilität die weitere intensive Förderung auf die Verbesserung der rezeptiven und expressiven sprachlichen Fähigkeiten sowie der Fähigkeit zum zeitlich angemessenen Erfassen und Bearbeiten schulischer Lerninhalte und auf die emotionale Stabilisierung und eine Stressresistenz zielte. In der nichtöffentlichen Sitzung am 8. März 2013 vor dem Berichterstatter hat die Zeugin des Weiteren betont, dass die Montessori-Therapie - neben der Schulung der auditiven Wahrnehmung, des logischen Denkens und der Aufmerksamkeit sowie der Erhöhung des Arbeitstempos - der Klägerin in ihrem neuen Lebensabschnitt einen konstanten Rahmen verschaffen und sie vor Stress- und Überforderungssituationen mit der Gefahr wieder auftretender nicht schulisch, sondern lebensgeschichtlich begründeter Erstarrungszustände mit "autistischen Zügen" schützen sollte. Weiter hat die Zeugin plausibel dargelegt, dass im Hinblick auf die besondere Lebensgeschichte der Klägerin und die bisherigen Therapieerfahrungen festzustellen war, dass diese noch nicht die Stabilität und Stärke hatte, mit negativen Erfahrungen aus dem Schulbereich selbständig umzugehen, und deshalb Hilfe benötigte, um den Besuch der Regelschule zu bewerkstelligen. So traten bei der Klägerin nach den Herbstferien 2005, als das Lerntempo deutlich angezogen hatte und sie wegen der auditiven Wahrnehmungsstörung nicht wie die anderen Kinder im Unterricht mitkam, psychosomatische Symptome wie Bauchschmerzen und Einkoten auf und es bestand die Gefahr von Lernblockaden. Vor diesem Hintergrund war die Montessori-Einzeltherapie zur Überzeugung des Senats aus prognostischer Sicht geeignet und erforderlich, um der Klägerin den Besuch der 1. Klasse der Grundschule V. in der Zeit vom 1. Januar bis zum 21. Juli 2006 zu ermöglichen. Dabei kann bei der gerichtlichen Überprüfung der vorzunehmenden prognostischen Beurteilung der spätere Geschehensablauf nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 7 AL 18/99 R - juris Rdnr. 19 m.w.N.). Vorliegend hat die Klägerin die 1. Klasse erfolgreich absolviert, wie sich dem Zeugnis der Grundschule V. vom 28. Juli 2006 unschwer entnehmen lässt. Danach arbeitete die Klägerin u.a. aufmerksam, konzentriert, kontinuierlich und in ihrem Tempo an den ihr gestellten Aufgaben und erwarb Grundkenntnisse im Lesen, Schreiben, Rechnen und im Englischunterricht. Auch der Sachverständige Dipl.-Psychologe B. ist in seinem Gutachten vom 25. April 2009 auf Basis einer ausführlichen Anamnese und einer eingehenden Untersuchung der Klägerin zu der Einschätzung gelangt, dass die Montessori-Therapie ein wichtiger und notwendiger Baustein bei der Überwindung der oben dargestellten Schwierigkeiten im Rahmen des Schulbesuchs war. Dabei ist der Senat auch davon überzeugt, dass die durchgeführten 29 Therapiestunden, die in einem wöchentlichen Rhythmus abgehalten wurden, erforderlich waren. Insofern hat die Zeugin A. für den Senat plausibel und überzeugend ausgeführt, dass zwei Therapiestunden pro Woche besser gewesen wären und ein größerer Behandlungsabstand nicht möglich war. Zur Gewährleistung eines effektiven und kontinuierlichen therapeutischen Arbeitens war eine wöchentliche Behandlungsfrequenz notwendig.
c. Die zu Unrecht erfolgte Ablehnung seitens des Beklagten war ursächlich für die bei der Klägerin eingetretene Kostenlast. Diese (bzw. ihre Eltern) war aufgrund der mit Dipl. Montessori-Therapeutin A. geschlossenen schuldrechtlichen Vereinbarung verpflichtet, für die bis zum 19. Januar 2006 absolvierten Therapiestunden einen Vergütungssatz von 38,50 Euro (3 - 38,50 Euro = 115,50 Euro) und für die Zeit ab 26. Januar 2006 einen solchen von 41,- Euro (26 - 41,- Euro = 1.066,- Euro) zu entrichten. Insofern hat die Zeugin A. bekundet, dass sie durch die Eltern der Klägerin nach der Beendigung der Finanzierung durch den Beklagten Ende 2005 mit der Fortführung der Therapie zu den mit dem Landratsamt vereinbarten Vergütungssätzen, die sich auf 38,50 Euro und 41,- Euro beliefen, beauftragt worden war. Sie rechnete die erbrachten Leistungen gegenüber der Familie der Klägerin ab. Die Eltern der Klägerin haben die Vergütung entrichtet. Die Kosten stellen sich auch als angemessen dar, da sie den zwischen dem Beklagten und der Dipl. Montessori-Therapeutin A. vereinbarten Sätzen entsprechen.
d. Dem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin steht nicht § 2 Abs. 1 SGB XII (sog. Nachranggrundsatz) entgegen. Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie hier - eine entsprechende Hilfe nicht gewähre, ja sogar darauf verweist, sie nicht erbringen zu können. Ob sie dazu verpflichtet ist, ist unerheblich. Dem Kostenerstattungsanspruch steht schließlich nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte erstattet der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten einer Montessori-Therapie in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 im Wege der Eingliederungshilfe.
Die 1998 in Vietnam geborene Klägerin kam im Alter von drei Monaten als Adoptivkind nach Deutschland. Sie besuchte zunächst den Regelkindergarten und erhielt wegen ihrer sprachlichen Schwierigkeiten seit Juni 2001 Logopädie und zusätzlich ambulante Sprachtherapie im Sprachheilzentrum R. In der Zeit vom 14. Juli 2003 bis zum Ende der Kindergartenzeit gewährte der Beklagte der Klägerin Eingliederungshilfe für eine Stunde Montessori-Einzeltherapie pro Woche zu einem Stundensatz von 38,50 EUR (Bescheid vom 17. März 2004 für die Zeit bis zum 31. Juli 2004; Bescheid vom 1. Juli 2004 für das Kindergartenjahr 2004/2005) Die Therapiestunden wurden von der Dipl.-Montessori-Therapeutin A. erbracht, die ihre Leistungen direkt gegenüber dem Beklagten abrechnete.
Mit Schreiben vom 14. Juli 2005 beantragten die Eltern der Klägerin die Fortführung der Therapie auch über den Eintritt in die Grundschule in V, einer Regelschule, zum Schuljahr 2005/2006 hinaus bei erhöhter wöchentlicher Stundenzahl sowie durch Begleitung der Klägerin durch die Montessori-Therapeutin im Unterricht. In diesem Zusammenhang wurden dem Beklagten mehrere Unterlagen vorgelegt: Nach einem Bericht der Fachschulrätin F. vom Sprachheilzentrum R. vom 29. September 2004 bestand bei der Klägerin eine Sprachentwicklungsverzögerung, wobei die semantische, phonetisch-phonologische Ebene und der Bereich der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung besonders betroffen seien. Auch im Bereich der Konzentrationsfähigkeit, Anstrengungsbereitschaft und des Durchhaltevermögens seien Auffälligkeiten vorhanden. Die kognitiven Leistungen lägen gerade noch im Normbereich. Die Klägerin benötige für einen erfolgreichen Schulanfang eine Umgebung, die auf Sprechen und Hören ausgerichtet sei; zudem sei auch eine intensive Lernbegleitung notwendig. In dem Bericht von Prof. Dr. J. und Dipl.-Psych. H. von der Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (Sektion Phoniatrie/Pädaudiologie) in U. vom 25. Mai 2005 wurde bei der Klägerin eine ausgeprägte Sprachentwicklungsverzögerung, rezeptiv und expressiv, sowie eine auditive Gedächtnisschwäche diagnostiziert. Die Klägerin sei nach dortiger Sicht ein Kind für die Sprachheilschule; eine Regeleinschulung könne nur unter der Maßgabe befürwortet werden, dass dort (durch eine zusätzliche Lehrkraft/Integrationskraft, durch Inselunterricht und Binnendifferenzierung) für sie eine intensive, auf ihre spezifischen Förderbedürfnisse abgestimmte Lernumgebung geschaffen werden könne. Diese solle nicht nur sonderpädagogische, sondern auch spezifisch sprachfördernde Aspekte enthalten und das Lernen auf möglichst vielen Wahrnehmungskanälen ermöglichen. Nach dem Abschlussbericht der Dipl. Montessori-Therapeutin A. vom 4. August 2005 lagen die Schwierigkeiten bei der Klägerin im auditiven Bereich. Sie könne ihre auditive Aufmerksamkeit schwer lenken und über einen angemessenen Zeitraum aufrechterhalten. Infolge einer stark eingeschränkten Hörmerkspanne verstehe sie nur kurze Arbeitsaufträge im konkreten Handlungsrahmen. Dies bedeute, dass sie zur Aufnahme und Verarbeitung von Inhalten Unterstützung durch konkretes Material und Visualisierungsangebote benötige und die anderen Sinne und auch Bewegung zur Unterstützung und Kompensation ihrer auditiven Probleme einsetzen können müsse. Die systematische Arbeitsweise nach Montessori-Prinzipien und das strukturierte Montessori-Material seien für sie eine wichtige Hilfe im Lernprozess. In dem zugleich erstellten "Förderplan" wurde eine weitere systematische Förderung nach Montessori-Prinzipien empfohlen. Das Angebot der Montessori-Therapie werde gezielt auf den Aufbau der auditiven Wahrnehmungsleistung abgestimmt.
Nach der ärztlichen Beurteilung von Obermedizinalrat Dr. M. vom Gesundheitsamt des Beklagten vom 30. August 2005 lag bei der Klägerin vor diesem Hintergrund eine nicht nur vorübergehende wesentliche (Sprach-)Behinderung i.S.d. § 53 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) bzw. eine drohende wesentliche Behinderung i.S.d. § 53 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGB XII vor. Aus medizinischer Sicht könnten keine Aussagen über den geeigneten Förderort gemacht werden; dies sei Aufgabe des Schulamtes. Sicher sei, dass die Klägerin eine entsprechende Förderung brauche, wie sie z.B. in einer Sprachheilschule gewährleistet sei. Mit entsprechenden Zusatzförderungen könne vermutlich auch eine Einschulung in eine Regelschule stattfinden. Mit E-Mail vom 13. September 2005 plädierte er für eine Weitergewährung der Hilfen für eine Übergangszeit bis zum Ende des Jahres 2005, um der Klägerin den Übergang in die Schule zu erleichtern.
Mit Bescheid vom 30. September 2005 bewilligte der Beklagte der Klägerin weitere Leistungen der Eingliederungshilfe für die Zeit vom 19. September bis maximal 31. Dezember 2005 in Form der Übernahme der Kosten für eine Stunde Montessori-Einzeltherapie pro Woche. Generell handle es sich bei der Montessori-Therapie um eine pädagogische Maßnahme, die für Schulkinder nicht gewährt werden könne, weil der pädagogische Bereich durch die Schule abgedeckt werde. Aufgrund der speziellen Situation der Klägerin habe man sich aber entschieden, die Kosten für einen begrenzten Zeitraum weiter zu übernehmen, um ihr den Übergang in die Schule zu erleichtern. Eine Teilnahme der Montessori-Therapeutin am Unterricht sei nach Auskunft des Schulamtes nicht möglich.
Hiergegen legten die Eltern der Klägerin am 12. Oktober 2005 Widerspruch ein, soweit die Übernahme der Kosten für die Montessori-Therapie über den 31. Dezember 2005 hinaus abgelehnt wurde. Es werde akzeptiert, dass es nicht möglich sei, eine begleitende Hilfe durch die Montessori-Therapeutin im Schulunterricht zu gewähren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2006 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für Schüler nur für begleitende Hilfen in Betracht komme. Pädagogische Maßnahmen im Sinne des Bildungsauftrags fielen in den Verantwortungsbereich der Schule.
Hiergegen erhob die Klägerin am 15. Mai 2006 beim Sozialgericht Konstanz (SG) mit der Begründung Klage, dass die Montessori-Therapie weit über eine pädagogische Maßnahme hinausgehe und geeignet und erforderlich sei, die Folgen ihrer Behinderung zumindest zu mildern. In der ersten Jahreshälfte 2006 hätten 29 Sitzungen mit Gesamtkosten in Höhe von 1.181,50 Euro stattgefunden. Die Kosten seien von den Eltern der Klägerin beglichen worden.
Die Klägerin legte u.a. die Stundennachweise, den Bericht der Dipl.-Therapeutin A.vom 24. August 2006 sowie den Schulbericht der Grundschule V. vom 28. Juli 206 vor; auf Bl. 59/61, 41/44 und 68 der SG-Akten wird Bezug genommen.
Seit dem 18. September 2006 besuchte die Klägerin die in privater Trägerschaft stehende "Freie Schule A.", bei der es sich ebenfalls um eine Regelschule handelt. Seit Februar 2007 erhielt sie keine Montessori-Therapie mehr.
Das SG beauftragte den Diplom-Psychologen Josef B. vom Sozialpädiatrischen Zentrum der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin U. mit der gutachterlichen Untersuchung der Klägerin. In seinem Gutachten vom 16. Juli 2008 stellte er bei der Klägerin eine Störung der sprachbezogenen Funktionen fest, wobei vor allem das Sprachverständnis, die auditive Merkfähigkeit, die auditiv-sequenzielle Verarbeitung, die phonologische Bewusstheit und das Leseverständnis betroffen seien. Trotz insgesamt unterdurchschnittlicher Leistungen bei der Kaufman-Assessment-Battery for Children sei seines Erachtens von einer normalen Intelligenz auszugehen, weil die Leistungen im Bereich des logischen Denkens im unteren Durchschnittsbereich lägen und sich Schwächen vor allem in den sprachbezogenen Aspekten (Sprachverständnis, sequenzielle Verarbeitung) zeigten. Beim Sprachverständnis seien Defizite sowohl hinsichtlich der sprachbezogenen Intelligenz als auch beim Textverständnis festzustellen gewesen. Schwächen zeigten sich auch im Bereich der expressiven Sprache mit Formulierungsschwierigkeiten und Wortfindungsproblemen sowie beim Satzbau. Aufgrund dieser Behinderungen sei davon auszugehen, dass sich Schwierigkeiten beim Erwerb des Lesens und Rechtschreibens zeigten, das längerfristige Speichern von auditiv wahrgenommenen Inhalten erschwert und insgesamt die sprachliche Kommunikation beeinträchtigt sei. Dadurch verlangsame sich auch das Lerntempo und es bedürfe gezielter Unterstützung, um diese Defizite im Hinblick auf das schulische Lernen auszugleichen. Vom Klassenlehrer der Freien Schule A. sei berichtet worden, dass bei der Klägerin anfangs auditive Gedächtnisprobleme vorhanden gewesen und Leistungsprobleme in Deutsch und Mathematik aufgetreten seien; sie habe in beiden Fächern jedoch erhebliche Fortschritte gemacht und die Lücken geschlossen, so dass sie jetzt in allen Bereichen auf dem geforderten Stand sei. Sie benötige spezifische Formen des Lernens, um ihre Defizite kompensieren zu können. Nach dem Eindruck ihrer Klassenlehrerin in der ersten Klasse sei die Montessori-Therapie ein wichtiger Baustein bei der Überwindung der Schwierigkeiten gewesen, die sich aus ihren erheblichen Problemen bei der rezeptiven und expressiven Sprache, bei der auditiven Wahrnehmung und beim auditiven Gedächtnis ergeben hätten. Durch die erschwerte verbale Kommunikation hätten sich auch immer wieder Frustrations- und Misserfolgserlebnisse mit der Gefahr des sozialen Rückzugs und von Verhaltensauffälligkeiten ergeben. Der Klägerin sei es damals schwer gefallen, sich in den Klassenverband zu integrieren. Sie habe auch der Unterstützung beim Aufbau eines angemessenen Lern- und Arbeitsverhaltens bedurft. Durch die Montessori-Therapie habe sie selbständig Bewältigungsstrategien für Problemsituationen im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe erworben. Zwischen der Schule und der Montessori-Therapeutin sei eine enge Kooperation erfolgt. Der Sachverständige B. gelangte vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis, dass ein Vergleich der Situation zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung mit der Zeit der ersten Klasse der Grundschule zeige, dass die Klägerin mittlerweile eine ausdauernde Arbeitshaltung, eine gute Konzentration und großes Durchhaltevermögen bei schwierigen Anforderungen zeige. Somit sei davon auszugehen, dass die Montessori-Therapie eine geeignete und erforderliche Maßnahme zu ihrer Unterstützung gewesen sei. Bei der Montessori-Therapie handle es sich um eine begleitende, nicht um eine pädagogische Hilfe.
Das SG verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 21. Oktober 2008, der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 Eingliederungshilfe für die durchgeführte Montessori-Therapie in Höhe von 590,75 Euro zu gewähren, wies die Klage im Übrigen ab und ließ die Berufung zu. Die Montessori-Therapie sei nicht als rein therapeutisch zu qualifizieren, weil sie in wesentlichem Umfang auch pädagogische Hilfe bei Leistungsproblemen erfasse. Allerdings gehe die Therapie auch weit über eine (sonder-)pädagogische Maßnahme hinaus, indem sie unter Einbeziehung medizinischer, psychologischer und physiologischer Aspekte der Behandlung der aus der Behinderung in Verbindung mit den schulischen Leistungsproblemen resultierenden psychischen Probleme der Klägerin im neuen Schulumfeld diene. Da keine der Komponenten der Maßnahmen einen vernachlässigbaren Umfang habe, werde der der Eingliederungshilfe unterfallende Anteil der Maßnahme in freier richterlicher Würdigung aller Umstände, wie es dem Verfahren des § 287 der Zivilprozessordnung entspreche, festgelegt und auf 50 Prozent geschätzt. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 5. Dezember und dem Beklagten am 8. Dezember 2008 zugestellt.
Hiergegen haben der Beklagte am 30. Dezember 2008 und die Klägerin am 5. Januar 2009 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt (L 7 SO 6090/08). Die Klägerin hat zur Begründung angeführt, dass die Montessori-Therapie in Anbetracht ihrer hochgradigen Entwicklungsstörung mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen im Lernen und im Verhalten unerlässlich gewesen sei. Ohne die krankheitsbedingten Störungen im Lernen und im Verhalten hätten pädagogische Maßnahmen der Schulen ausgereicht; die krankheitsbedingten Störungen seien vielmehr ausschlaggebend für die Erforderlichkeit der Montessori-Therapie gewesen. Vor diesem Hintergrund könne es nicht rechtens sein, den Kostenaufwand in zwei Teile aufzuspalten. Für die vom SG vorgenommene Schätzung des Anteils der begleitenden und der pädagogischen Hilfe an der Montessori-Therapie fehlten gesicherte Anhaltspunkte.
Der Beklagte hat zur Begründung seiner Berufung eine Stellungnahme des Arztes für Öffentliches Gesundheitswesen/Sozialmedizin Dr. M. seines Gesundheitsamts vorgelegt, wonach der Einschätzung des Sachverständigen B. nicht gefolgt werden könne. Die Begriffe der begleitenden und der pädagogischen Therapie fänden zur Differenzierung von integrativen Hilfen für Kinder mit Behinderung Anwendung, die Regelkindergärten oder Regelschulen besuchten. In diesem Zusammenhang bedeute begleitende Hilfe die Übernahme einfacher Assistenztätigkeiten durch Begleitpersonal, z.B. beim Toilettengang, beim An- und Ausziehen, bei Mahlzeiten oder auf dem Schulweg. Eine begleitende Hilfe könne nur in der Schule oder auf dem Schulweg stattfinden. Demgegenüber dienten pädagogische Maßnahmen dazu, dem Kind eine altersgemäße und zunehmend selbständige Teilnahme am Gruppengeschehen und am Schulunterricht zu ermöglichen. Dieser Begriff sei deutlich weiter und erfasse nicht nur "Nachhilfeunterricht", sondern auch sämtliche Maßnahmen, die dem Kind helfen würden, am Gruppengeschehen und am Schulunterricht teilzunehmen. Maßnahmen, die über diese (sonder-)pädagogischen Maßnahmen hinausgingen, z.B. psychotherapeutische oder verhaltenstherapeutische Maßnahmen, seien wiederum Maßnahmen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V); Kostenträger dieser Maßnahmen seien die Krankenkassen. Nach dieser Definition könne es sich bei der Montessori-Therapie nicht um eine begleitende Therapie bei integrativer Beschulung handeln, weil die Tätigkeit weder in der Schule noch auf dem Schulweg stattfinde und es sich nicht um eine Begleitung im engeren Sinne handle. Vielmehr liege eine (sonder-)pädagogische Maßnahme vor.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen B. zu der Frage eingeholt, ob die vorliegende Montessori-Therapie als (sonder-)pädagogische oder als begleitende therapeutische Hilfe einzustufen ist. Auf seine Stellungnahme vom 25. April 2009 wird Bezug genommen (Bl. 27/31 der Senatsakten L 7 SO 6090/08).
Der Senat hat mit Urteil vom 18. November 2010 auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Oktober 2008 abgeändert und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 verurteilt, der Klägerin Kosten für die bereits durchgeführte Montessori-Therapie in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 in Höhe von 1.181,50 Euro zu erstatten, sowie die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Klägerin stehe für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die durchgeführte Montessori-Therapie zu. Sie gehöre aufgrund der bei ihr diagnostizierten ausgeprägten Sprachentwicklungsverzögerung, rezeptiv und expressiv (ICD 10 F 80.9) mit auditiver Gedächtnisschwäche zum Kreis der nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII leistungsberechtigten Personen. Die durchgeführte Montessori-Therapie stelle eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII dar. Die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne dieser Vorschrift umfassten nach § 12 Nr. 1 der Verordnung nach § 60 SGB XII (Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglVO)) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1975 (BGBl. I S. 433), zuletzt geändert durch Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022, 3059) auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die von der Klägerin durchgeführte Montessori-Therapie sei als heilpädagogische oder sonstige Maßnahme geeignet und erforderlich, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt ihrer Einschulung noch erhebliche Probleme bei der rezeptiven und expressiven Sprache, bei der auditiven Wahrnehmung und beim auditiven Gedächtnis aufgewiesen. Es sei ihr schwer gefallen, sich in den Klassenverband zu integrieren und sie habe auch der Unterstützung beim Aufbau eines angemessenen Lern- und Arbeitsverhaltens bedurft. Die Klägerin habe zur Aufnahme und Verarbeitung von Inhalten aufgrund ihrer stark eingeschränkten Hörmerkspanne Unterstützung durch konkretes Material und Visualisierungsangebote benötigt. Die systematische Arbeitsweise nach Montessori-Prinzipien und das strukturierte Montessori-Material seien für sie eine wichtige Hilfe im Lernprozess. Die Selbstbildung durch Eigenaktivität mit intrinsischer Motivation fördere ihr Vertrauen in ihre Stärken und ebenso ihre Bereitschaft, mit Schwierigkeiten und Fehlern gelassener umzugehen. Gezielte Übungen und Tätigkeiten in ganzheitlichen Arbeitsfeldern sollten ihre rezeptiven und expressiven sprachlichen Fähigkeiten verbessern und sie bei den schulischen Lerninhalten unterstützen.
Der Erstattung der Kosten für die Montessori-Therapie stehe auch nicht der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 1 SGB XII entgegen. Zwar sei die pädagogische Förderung der Schüler in erster Linie Aufgabe der Schule, jedoch seien ergänzende Leistungen der Eingliederungshilfe nicht vollständig ausgeschlossen. Eine Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zur Übernahme von Kosten sei für Maßnahmen ausgeschlossen, die zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit des Lehrers gehören. Für Hilfen außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit könne dagegen ein ergänzender Eingliederungsbedarf bestehen. Die Erstattung der Kosten für die streitige Montessori-Therapie sei nicht bereits deshalb durch den Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe ausgeschlossen, weil diese auch pädagogische Elemente enthalte. Dies ergebe sich daraus, dass § 12 Nr. 1 EinglVO ausdrücklich auch heilpädagogische Maßnahmen als Form der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung i.S.v. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII aufführt, die schon begrifflich dem Bereich der Pädagogik zuzurechnen seien. Maßgebend sei vielmehr, dass die Montessori-Therapie vorliegend nicht dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit des Lehrers im Sinne des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule zuzuordnen sei, sondern sich in der Gesamtschau als flankierende Maßnahme darstelle. Unmittelbares Ziel der Montessori-Therapie sei nicht die konkrete Vermittlung von Wissen und bestimmter Fähigkeiten im Sinne des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule gewesen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Lehrer zuzuordnen sei, sondern die Förderung der Gesamtentwicklung mit dem Ziel, die Klägerin an ein selbständiges Lernen heranzuführen. Der Beklagte könne dem auch nicht entgegenhalten, dass die Klägerin eine andere Art von (Sonder-)Schule - hier z.B. eine Sprachheilschule - besuchen könne, um so die Gewährung von Eingliederungshilfe überflüssig zu machen. Die Entscheidung darüber, ob ein schulpflichtiges Kind eine Sonderschule (und gegebenenfalls welche Art von Sonderschule) besucht (besuchen muss), obliege der Schulaufsichtsbehörde (vgl. § 82 Abs. 2 SchulG). Solange die zuständige Schulbehörde der Meinung sei, ein schulpflichtiger Hilfesuchender sei geeignet, eine bestimmte Art von Schule zu besuchen, müsse dies der Träger der Sozialhilfe hinnehmen. Dies gelte auch dann, wenn der Besuch einer integrativ unterrichtenden Grundschule durch die zuständige Schulbehörde lediglich als eine mögliche Form der Beschulung eröffnet worden sei. Der Beklagte habe daher seinen Hilfeumfang an dem Besuch einer (Regel-)Grundschule zu orientieren.
Auf die Revision des Beklagten hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 22. März 2012 (B 8 SO 30/10 R) das Senatsurteil vom 18. November 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Es fehlten ausreichende Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für ein abschließendes Urteil. Eine Beiladung der für die Klägerin zuständigen Krankenkasse, eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe und der Therapeutin sei nicht erforderlich. Insbesondere gehörte die durchgeführte Maßnahme nicht zum Leistungskatalog des Sozialgesetzbuch (SGB V) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), sodass die Beiladung der Krankenkasse ausscheide. Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung durch den zuständigen (§ 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ) Beklagten sei § 15 Abs. 1 Satz 4 2. Alt SGB IX. Danach seien selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Ob der Beklagte die Übernahme der Kosten für die durchgeführte Therapie ab 1. Januar 2006 "zu Unrecht" abgelehnt hat, lasse sich allerdings anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen. Grundlage dafür sei § 19 Abs. 3 SGB XII (hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat) i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII und § 12 Abs. 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO. Hilfen nach § 19 Abs. 3 SGB XII würden unter den besonderen Voraussetzungen der Vorschriften des Fünften und Neunten Kapitels geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten sei. Die Klägerin erfülle die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift würden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht seien, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht bestehe, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden könne. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 SGB IX seien erfüllt, wenn - soweit einschlägig - die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei. Nach den Tatsachenfeststellungen des LSG liege eine Behinderung im bezeichneten Sinn bei der Klägerin vor, die an einer geistigen Leistungsstörung, nämlich einer ausgeprägten rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche, gelitten habe; diese geistige Behinderung sei auch wesentlich gewesen. Nicht abschließend entschieden werden könne, ob die im Jahre 2006 durchgeführte Therapie geeignet und erforderlich gewesen sei, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, ob also i.S. des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestanden habe, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnte. Diese allgemeine Voraussetzung konkretisierend bezeichne § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII als Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Nach § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO umfasse die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet seien, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern. Wie bereits § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verdeutliche ("nach der Besonderheit des Einzelfalles"), liege § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII iV.m. § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO ein individualisiertes Förderverständnis zugrunde. Eine Unterscheidung der Maßnahmen nach ihrer Art, etwa nach pädagogischen oder nichtpädagogischen bzw. begleitenden, sei rechtlich nicht geboten, weil grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht kämen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich seien, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Deshalb könnten von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören. Ausgeschlossen seien allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen seien, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimme. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liege nach Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB XII gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers. Nach diesen Maßstäben könne die durchgeführte Maßnahme eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung sein, weil sie - wie das LSG zutreffend ausgeführt habe - jedenfalls nicht den Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit berühre, ohne dass dieser genau bestimmt werden müsste. Die durchgeführte Therapie, die nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des LSG den Prinzipien der Montessori-Therapie gefolgt sei, weise den Charakter einer nur unterstützenden und außerhalb des schulischen Betriebs stattfindenden Hilfe auf. Soweit das LSG in seiner Entscheidung die Ausführungen des Sachverständigen und die Äußerungen der früheren Klassenlehrerin der Klägerin zur Geeignetheit und Erforderlichkeit der Therapie wiedergegeben und verwertet sowie ausgeführt habe, dass die Therapie "nach dem Förderplan der Montessori-Therapeutin gezielt auf den Aufbau der auditiven Wahrnehmungsleistung abgestimmt" gewesen sei, reiche dies jedoch für eine Beurteilung der individuellen Geeignetheit und Erforderlichkeit der durchgeführten Therapie nicht aus. Erforderlich seien vielmehr konkrete Feststellungen dazu, wie die Klägerin betreut worden sei und wie sich dies im Einzelnen auf die individuelle Lernfähigkeit der Klägerin unter prognostischer Sicht - abgestellt auf den Zeitpunkt der Entscheidung - habe auswirken sollen. Allgemein gehaltene Bewertungen der Montessori-Therapie, ihrer Ziele und Methoden, könnten diese Beurteilung nicht ersetzen. Im Rahmen der Erforderlichkeit der Hilfe werde das LSG auch die Anzahl der Therapiestunden zu überprüfen haben. Schließlich werde es anhand der schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Therapeutin die Höhe der der Klägerin (bzw. ihren Eltern) entstandenen und damit übernahme- und erstattungsfähigen Kosten zu ermitteln haben, wobei ohne Bedeutung sei, ob mit der Therapeutin Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGB XII geschlossen seien und - wenn ja - welche Vergütung darin für die Therapiestunden vorgesehen gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Beklagten stehe einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin § 2 Abs. 1 SGB XII (sog. Nachranggrundsatz) nicht entgegen. Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule sei in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie hier - eine entsprechende Hilfe nicht gewähre, ja sogar darauf verweise, sie nicht erbringen zu können. Ob sie dazu verpflichtet sei, sei unerheblich. Dem Kostenerstattungsanspruch stehe schließlich nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzten zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gelte allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt habe und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten müsse.
Der Senat hat das Verfahren unter dem Aktenzeichen L 7 SO 2915/12 ZVW fortgeführt.
Der Senat hat die Dipl. Montessori-Therapeutin A. als Zeugin schriftlich befragt. Weiterhin hat der Berichterstatter diese in der nichtöffentlichen Sitzung vom 8. März 2013 als Zeugin einvernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Schreiben der Dipl. Montessori-Therapeutin A. vom 29. Oktober 2012 (Bl. 19/26 der Senatsakten) sowie auf die Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung vom 8. März 2013 (Bl. 45/51 der Senatsakten) Bezug genommen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Oktober 2008 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 zu verurteilen, der Klägerin weitere Kosten für die bereits durchgeführte Montessori-Therapie in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 in Höhe von 590,75 Euro zu erstatten sowie die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Oktober 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegten selbständigen Berufungen der Klägerin und des Beklagten sind zulässig und auch im Übrigen kraft Gesetzes statthaft (§ 143 SGG), nachdem das SG die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen hat und der Senat an die Zulassung der Berufung gebunden ist (§ 144 Abs. 3 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist auch begründet. Das angefochtene Urteil des SG ist dahingehend abzuändern und neuzufassen, dass der Beklagte unter Abänderung seines Bescheides vom 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2006 zu verurteilen ist, der Klägerin die Kosten für die bereits durchgeführte Montessori-Therapie in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 in Höhe von 1.181,50 Euro zu erstatten. Die Berufung des Beklagten ist dagegen unbegründet.
1. Gegenstand des Verfahrens bildet der Bescheid des Beklagten vom 30. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2006 (§ 95 SGG), soweit darin die Übernahme von Kosten (1.181,50 Euro) für die in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 durchgeführte Montessori-Einzeltherapie abgelehnt worden ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 56 SGG.
2. Der Klägerin steht für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 gegen den Beklagten ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die bei der Dipl. Montessori-Therapeutin A. durchgeführte Montessori-Therapie in Höhe von insgesamt 1.181,50 Euro zu.
a. Nach dem im vorliegenden Rechtsstreit ergangenen Urteil des BSG vom 22. März 2012, dessen rechtliche Beurteilung der Senat zugrunde zu legen hat (§ 170 Abs. 5 SGG), bildet § 15 Abs. 1 Satz 4 2. Alt SGB IX Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung durch den zuständigen (§ 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ) Beklagten. Danach sind selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Der Beklagte hat die Übernahme der Kosten für die im oben genannten Zeitraum durchgeführte Therapie in Höhe von 1.181,50 Euro zu Unrecht abgelehnt.
b. Die Klägerin hat gem. § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m. §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII und § 12 Abs. 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO einen Anspruch auf Leitungen der Eingliederungshilfe in Form der Montessori-Einzeltherapie. Die Klägerin erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift werden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 SGB IX sind erfüllt, wenn - soweit einschlägig - die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Bei der Klägerin liegt eine Behinderung im bezeichneten Sinn vor, nämlich eine ausgeprägte rezeptive und expressive Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche. Diese geistige Behinderung war auch wesentlich.
Die in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 durchgeführte Montessori-Einzeltherapie ist geeignet und erforderlich gewesen, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern. Der Senat ist davon überzeugt, dass i.S. des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestanden hat, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnte.
Nach den im Urteil des BSG vom 22. März 2012 aufgestellten Maßstäben stellt die durchgeführte Maßnahme eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung, weil sie jedenfalls nicht den Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit berührt. Die durchgeführte Therapie, die den Prinzipien der Montessori-Therapie gefolgt ist, weist den Charakter einer nur unterstützenden und außerhalb des schulischen Betriebs stattfindenden Hilfe auf. Der Senat ist auch von der individuellen Geeignetheit und Erforderlichkeit der durchgeführten Therapie überzeugt. Die in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 von der Dipl. Montessori-Therapeutin A. durchgeführte Montessori-Therapie in einem Umfang von 29 Sitzungen ist geeignet und erforderlich gewesen, der Klägerin den Besuch der Grundschule V. im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Die Klägerin hatte im Zeitpunkt der Einschulung in die Grundschule V. erhebliche Schwierigkeiten im auditiven und emotionalen Bereich. Ausweislich der glaubhaften Aussage der Zeugin A., der behandelnden Therapeutin, vom 29. Oktober 2012 und 8. März 2013 konnte die Klägerin ihre auditive Aufmerksamkeit schwer lenken und über einen angemessenen Zeitraum schwer aufrechterhalten. Bei ihr bestand eine stark eingeschränkte Hörmerkspanne sowie ein eingeschränktes Hörgedächtnis mit der Folge, dass sie nur kurze Arbeitsaufträge in einem konkreten Handlungsrahmen verstand. Auch wies die Klägerin wegen der auditiven Wahrnehmungsstörung ein verlangsamtes Arbeitstempo auf und kam nicht wie die anderen Kinder im Unterricht mit. Weil die Klägerin lernbegierig und motiviert war, bereiteten ihr schulische Misserfolge Probleme. Die Zeugin A. hat glaubhaft bekundet, dass nach den Herbstferien 2005, als das Tempo in der Schule stark angezogen hatte, bei der Klägerin deutliche Stresssymptome (Bauchschmerzen, Einkoten) festzustellen waren und die Gefahr bestand, dass sie wieder in einen Erstarrungszustand mit "autistischen Zügen" einschließlich Lernblockaden zurückfällt. Diese aktuelle Beschreibung des Zustandes der Klägerin durch die Zeugin Ende des Jahres 2005 und Anfang des Jahres 2006 deckt sich mit dem in den Berichten der Zeugin A. vom 4. August 2005 und 24. Juni 2006 dokumentierten Befund. So ist in dem Bericht vom 4. August 2005 u.a. verzeichnet, dass bei der Klägerin eine rezeptive und expressive Sprachenzwicklungsverzögerung mit einer auditiven Gedächtnisschwäche vorlag, sie ihre auditive Aufmerksamkeit schwer lenken und aufrechterhalten konnte und alte Verhaltensmuster wie Widerstand, Verweigerung sowie innerer Rückzug in Situationen auftraten, die ihr unbekannt waren oder in denen sie unter Leistungsdruck geraten war. In dem Bericht vom 24. August 2006 beschreibt die Zeugin A., dass die Klägerin im mathematischen Bereich zum Begreifen nicht nur konkretes Material, sondern auch längere Zeit der Auseinandersetzung und Wiederholung als der Klassendurchschnitt benötigte. Die auditive Wahrnehmungsstörung erschwerte es ihr, Inhalte rein über das Gehör aufzunehmen; sie war im expressiven Sprachgebrauch sowie im Sprachverständnis entwicklungsverzögert. Weiterhin werden die Auswirkungen der auditiven Wahrnehmungsstörung im Schulbereich anschaulich im Bericht der Grundschule vom 28. Juli 2006 beschrieben. Danach äußerte sich die auditive Wahrnehmungsschwäche v.a. im Bereich der Merkfähigkeit. Die Klägerin brauchte noch viel Zeit, sich auf neue Unterrichtsinhalte einzustellen, sich diese zu merken und wiederzugeben bzw. anzuwenden. Sie war deshalb lediglich in der Lage, in dem ihr eigenen Tempo im Unterricht zu arbeiten. Nach den nachvollziehbarer und plausiblen Feststellungen des Dipl.-Psychologen B. in seinem für das SG erstatten Gutachtens vom 16. Juli 2008, das der Senat im Wege der Urkundenbeweises verwertet, zeigte sich bei der Klägerin eine Störung der sprachbezogenen Funktionen, von der v.a. das Sprachverständnis, die auditive Merkfähigkeit, die auditiv-sequenzielle Verarbeitung, die phonologische Bewusstheit und das Leseverständnis betroffen waren. Aufgrund der festgestellten Behinderung war aus Sicht des Dipl.-Psychologen B. mit Schwierigkeiten beim schulischen Lernen (Schwierigkeiten beim Erwerb des Lesens und Rechtsschreibens, beim Speichern auditiv wahrgenommener Inhalte, Beeinträchtigung der sprachlichen Kommunikation, verlangsamtes Lerntempo) zu rechnen und eine gezielte Unterstützung zum Ausgleich der Defizite notwendig.
Mit dem Ziel, die dargestellten Defizite der Klägerin und deren Auswirkungen im Schulbereich zu verringern, führte die Zeugin A. nach ihren Bekundungen in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2006 29 Sitzungen Montessori-Einzeltherapie durch. Im Einzelnen sollte die Therapie u.a. eine differenzierte auditive Wahrnehmungsleistung entwickeln, die intermodale Verarbeitung ausbauen, die auditive Aufmerksamkeitslenkung verbessern, die Merkfähigkeit fördern, die rezeptive und expressive Sprachfähigkeit ausbauen, die emotionale Stabilität und Belastungsfähigkeit unterstützen, das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl stärken, die Anstrengungsbereitschaft weiter entwickeln, die Konzentration und Ausdauer vertiefen, explorierendes und selbständiges Arbeiten ausbauen und die Selbständigkeit erweitern. Im Rahmen der Montessori-Therapie unternahm die Zeugin A. eine systematische Förderung in Abstimmung auf die dargestellten spezifischen Förderbedürfnisse der Klägerin. So setzte sie gezielte Übungen in der Montessori-Umgebung ein, um die rezeptiven und expressiven sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern somit ihre Fähigkeiten zum Erfassen und Bearbeiten von schulischen Lerninhalten zu stärken. Dabei setzte sie Fördermittel aus verschieden Montessori-Bereichen und kreative Tätigkeiten wie Zeichen, Malen, Bastelarbeiten, Tonen und Kneten ein und rundete das Förderprogramm mit Liedern, Gedichten, Geschichten, Finger- und Bewegungsspielen und Entspannungstechniken ab. Im Rahmen der nichtöffentlichen Sitzung vom 8. März 2013 hat die Zeugin A. anschaulich den typischen Ablauf einer Therapiestunde beschrieben. Danach arbeitete die Klägerin nach einer Begrüßungs- und Ankommensphase mit Montessori-Materialen, um das strukturierte Arbeiten zu schulen und die auditive Wahrnehmungsfähigkeit zu verbessern. In diesem Zusammenhang erteilte die Zeugin der Klägerin konkrete Aufgaben und Aufträge, um die Spanne der auditiven Wahrnehmung zu verlängern, und trainierte die Anstrengungsbereitschaft und die Frustrationstoleranz. Mit Zuspruch und Zuwendung vermittelte ihr die Zeugin, dass sie die ihr gestellten Aufgaben und Aufträge erfüllen kann und verschaffte ihr so positive Erfahrungen (bspw. in den Bereichen Hören, Verstehen, Lernen). Weiter hat die Zeugin berichtet, dass bei Anzeichen von Erschöpfung und für eine reduzierte Aufnahmebereitschaft u.a. Entspannungsübungen durchgeführt worden waren, um der Klägerin positive Erfahrungen, Stabilität und Stärke zu vermitteln.
Die durchgeführte Therapie der Dipl. Montessori-Therapeutin A. auf Grundlage der systematischen Arbeitsweise nach Montessori-Prinzipien und unter Verwendung des strukturierten Montessori-Materials hat sich unter prognostischer Sicht im Zeitpunkt der Entscheidung (Bescheid vom 30. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. April 2006) zur Überzeugung des Senats auf die individuelle Lernfähigkeit der Klägerin dahingehend ausgewirkt, insbesondere die auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsleistung zu erhöhen und die auditive, kognitive und soziale Entwicklung zu unterstützen sowie zu verhindern, dass die Klägerin in Stress- und Überforderungssituationen wieder in einen Erstarrungszustand mit psychosomatischen Symptomen und Widerstand, Verweigerung und innerem Rückzug gerät. Dies folgt für den Senat aus den glaubhaften Bekundungen der Zeugin A., die mit den in ihren Berichten vom 4. August 2005 und 24. Juni 2006 niedergelegten Förderzielen in Einklang stehen. So hat die Zeugin A. mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 u.a. dargelegt, dass wegen der Teilleistungsprobleme im auditiven Bereich und der emotionalen Instabilität die weitere intensive Förderung auf die Verbesserung der rezeptiven und expressiven sprachlichen Fähigkeiten sowie der Fähigkeit zum zeitlich angemessenen Erfassen und Bearbeiten schulischer Lerninhalte und auf die emotionale Stabilisierung und eine Stressresistenz zielte. In der nichtöffentlichen Sitzung am 8. März 2013 vor dem Berichterstatter hat die Zeugin des Weiteren betont, dass die Montessori-Therapie - neben der Schulung der auditiven Wahrnehmung, des logischen Denkens und der Aufmerksamkeit sowie der Erhöhung des Arbeitstempos - der Klägerin in ihrem neuen Lebensabschnitt einen konstanten Rahmen verschaffen und sie vor Stress- und Überforderungssituationen mit der Gefahr wieder auftretender nicht schulisch, sondern lebensgeschichtlich begründeter Erstarrungszustände mit "autistischen Zügen" schützen sollte. Weiter hat die Zeugin plausibel dargelegt, dass im Hinblick auf die besondere Lebensgeschichte der Klägerin und die bisherigen Therapieerfahrungen festzustellen war, dass diese noch nicht die Stabilität und Stärke hatte, mit negativen Erfahrungen aus dem Schulbereich selbständig umzugehen, und deshalb Hilfe benötigte, um den Besuch der Regelschule zu bewerkstelligen. So traten bei der Klägerin nach den Herbstferien 2005, als das Lerntempo deutlich angezogen hatte und sie wegen der auditiven Wahrnehmungsstörung nicht wie die anderen Kinder im Unterricht mitkam, psychosomatische Symptome wie Bauchschmerzen und Einkoten auf und es bestand die Gefahr von Lernblockaden. Vor diesem Hintergrund war die Montessori-Einzeltherapie zur Überzeugung des Senats aus prognostischer Sicht geeignet und erforderlich, um der Klägerin den Besuch der 1. Klasse der Grundschule V. in der Zeit vom 1. Januar bis zum 21. Juli 2006 zu ermöglichen. Dabei kann bei der gerichtlichen Überprüfung der vorzunehmenden prognostischen Beurteilung der spätere Geschehensablauf nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 7 AL 18/99 R - juris Rdnr. 19 m.w.N.). Vorliegend hat die Klägerin die 1. Klasse erfolgreich absolviert, wie sich dem Zeugnis der Grundschule V. vom 28. Juli 2006 unschwer entnehmen lässt. Danach arbeitete die Klägerin u.a. aufmerksam, konzentriert, kontinuierlich und in ihrem Tempo an den ihr gestellten Aufgaben und erwarb Grundkenntnisse im Lesen, Schreiben, Rechnen und im Englischunterricht. Auch der Sachverständige Dipl.-Psychologe B. ist in seinem Gutachten vom 25. April 2009 auf Basis einer ausführlichen Anamnese und einer eingehenden Untersuchung der Klägerin zu der Einschätzung gelangt, dass die Montessori-Therapie ein wichtiger und notwendiger Baustein bei der Überwindung der oben dargestellten Schwierigkeiten im Rahmen des Schulbesuchs war. Dabei ist der Senat auch davon überzeugt, dass die durchgeführten 29 Therapiestunden, die in einem wöchentlichen Rhythmus abgehalten wurden, erforderlich waren. Insofern hat die Zeugin A. für den Senat plausibel und überzeugend ausgeführt, dass zwei Therapiestunden pro Woche besser gewesen wären und ein größerer Behandlungsabstand nicht möglich war. Zur Gewährleistung eines effektiven und kontinuierlichen therapeutischen Arbeitens war eine wöchentliche Behandlungsfrequenz notwendig.
c. Die zu Unrecht erfolgte Ablehnung seitens des Beklagten war ursächlich für die bei der Klägerin eingetretene Kostenlast. Diese (bzw. ihre Eltern) war aufgrund der mit Dipl. Montessori-Therapeutin A. geschlossenen schuldrechtlichen Vereinbarung verpflichtet, für die bis zum 19. Januar 2006 absolvierten Therapiestunden einen Vergütungssatz von 38,50 Euro (3 - 38,50 Euro = 115,50 Euro) und für die Zeit ab 26. Januar 2006 einen solchen von 41,- Euro (26 - 41,- Euro = 1.066,- Euro) zu entrichten. Insofern hat die Zeugin A. bekundet, dass sie durch die Eltern der Klägerin nach der Beendigung der Finanzierung durch den Beklagten Ende 2005 mit der Fortführung der Therapie zu den mit dem Landratsamt vereinbarten Vergütungssätzen, die sich auf 38,50 Euro und 41,- Euro beliefen, beauftragt worden war. Sie rechnete die erbrachten Leistungen gegenüber der Familie der Klägerin ab. Die Eltern der Klägerin haben die Vergütung entrichtet. Die Kosten stellen sich auch als angemessen dar, da sie den zwischen dem Beklagten und der Dipl. Montessori-Therapeutin A. vereinbarten Sätzen entsprechen.
d. Dem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin steht nicht § 2 Abs. 1 SGB XII (sog. Nachranggrundsatz) entgegen. Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie hier - eine entsprechende Hilfe nicht gewähre, ja sogar darauf verweist, sie nicht erbringen zu können. Ob sie dazu verpflichtet ist, ist unerheblich. Dem Kostenerstattungsanspruch steht schließlich nicht entgegen, dass die Eltern der Klägerin die angefallenen Kosten bereits getragen haben. Sozialhilfeleistungen setzen zwar vom Grundgedanken her einen aktuellen Bedarf voraus; dies gilt allerdings aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz) nicht bei einer rechtswidrigen Ablehnung der Hilfegewährung und zwischenzeitlicher Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder Hilfe Dritter, wenn der Hilfesuchende innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf eingelegt hat und im Rechtsbehelfsverfahren die Hilfegewährung erst erstreiten muss.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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