Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 P 34/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 34/13 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Antrag auf Übernahme der Kosten für ein Gutachten auf die Staatskasse
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 27. März 2012 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) wendet sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Übernahme der durch die Beauftragung des Dr. K. entstandenen Kosten auf die Staatskasse.
Der Kläger und Bf., der von seinen Eltern vertreten wurde, wandte sich in dem Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg gegen den Entzug der Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab 1. Dezember 2009 durch Bescheid der Beklagten vom 27. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2010. Dem lagen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Bayern vom 23. November 2009 und 9. Februar 2010 zugrunde, die zu einem zeitlichen Bedarf in der Grundpflege von 8 bzw. 10 Minuten gelangten. Demgegenüber hatte der MDK in dem Gutachten vom 10. September 2007 den Grundpflegebedarf noch auf 47 Minuten geschätzt.
Das Sozialgericht hat u.a. ein Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 24. Juni 2011 eingeholt, die den zeitlichen Bedarf im Bereich der Grundpflege auf neun Minuten täglich einschätzte, im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung auf 60 Minuten. Insgesamt bestätigte die Sachverständige die vorangegangenen Einschätzungen des MDK. Der Pflegebedarf habe sich pflegerelevant verringert.
Demgegenüber gelangte der auf Antrag des Bf. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. in dem Gutachten vom 5. Februar 2012 zu einem Hilfebedarf in der Grundpflege von 50 Minuten täglich. Hierbei entfielen 15 Minuten auf eine allgemeine Kontrolle und Anleitung bei fast allen alltäglichen Verrichtungen. Im Bereich der Ernährung hat der Gutachter fünf Minuten pro Tag Hilfebedarf für das Streichen von Broten für die Schule und das Abendessen angesetzt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. März 2012 abgewiesen und sich zur Begründung insbesondere auf das Gutachten der Dr. A. gestützt. In dem Gutachten des Dr. K. seien zu Unrecht 15 Minuten für die allgemeine Beaufsichtigung des Antragstellers und fünf Minuten für die Zubereitung der Schulbrote und des Abendbrotes im Rahmen der Grundpflege angerechnet. Mit Beschluss vom 27. März 2012 hat es den Antrag auf Übernahme der Kosten für das Gutachten des Dr. K. auf die Staatskasse abgelehnt. Das Gutachten des Dr. K. sei nicht geeignet, Anhaltspunkte aufzuzeigen, dass keine stufenrelevante Änderung des Pflegebedarfs eingetreten sei. Letztlich beruhe die von Dr. K. vertretene Auffassung, dass nach wie vor ein Grundpflegebedarf von 50 Minuten bestehe, auf einer zu Unrecht erfolgten Anrechnung von Zeiten der allgemeinen Beaufsichtigung und Betreuung und von Zeiten für das Schmieren von Broten im Rahmen der Grundpflege. Das Gutachten habe daher nicht wesentlich zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde (ursprüngliches Az.: L 2 P 31/12 B) hat der Bf. ausgeführt, dass die Ausführungen des Sachverständigen auch für das Gericht entscheidungserheblich gewesen seien. Auch in diesem Gutachten seien die entsprechenden gesundheitlichen Einschränkungen ebenso aufgeführt, ggf. auch näher dargelegt. Mit Beschluss vom 18. Oktober 2012 hat der Senat das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Die Parteien haben in der nichtöffentlichen Sitzung vom 10. April 2013 einen gerichtlichen Vergleich - Leistungen der Pflegestufe I bis einschließlich 30. November 2010 - geschlossen, der zur Erledigung des Berufungsverfahrens geführt hat.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Kosten einer Begutachtung nach § 109 SGG von dem Antragsteller zu tragen sind, steht im Ermessen des Gerichts. Die Ermessensentscheidung ist im Beschwerdeverfahren beschränkt darauf nachprüfbar, ob die Voraussetzungen und die Grenzen des Ermessens richtig bestimmt und eingehalten sind.
Die Übernahme der für ein Gutachten nach § 109 SGG verauslagten Kosten auf die Staatskasse im Wege einer "anderen Entscheidung" ist gerechtfertigt, wenn das Gutachten die Aufklärung objektiv gefördert hat und somit Bedeutung für die gerichtliche Entscheidung gewonnen hat bzw. hätte. Dabei spielt weder der Ausgang des Verfahrens noch die Frage eine Rolle, ob das Gutachten die Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil gefördert und damit dem Rechtsfrieden gedient hat. Entscheidend ist vielmehr, ob durch das Gutachten beispielsweise neue beweiserhebliche Gesichtspunkte zu Tage getreten sind oder die Leistungsbeurteilung auf eine wesentlich breitere und für das Gericht und die Prozessbeteiligten überzeugendere Grundlage gestellt wurde.
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Gutachten des Dr. K. nicht vor. Maßgeblich ist vorliegend, ob eine Änderung der Sach- oder Rechtslage im Sinne des § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) eingetreten ist, die zur Einstellung der Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung berechtigt. Hierbei ist nicht vordergründig auf die diagnostizierte Erkrankung, sondern auf die tatsächliche Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14, 15 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI) abzustellen. Zwar gelangte hierbei Dr. K. mit 50 Minuten zu einem deutlich höheren Hilfebedarf in der Grundpflege, so dass danach weiterhin die Voraussetzungen der Pflegestufe I gegeben wären. Demgegenüber beurteilten der MDK sowie Dr. A. mit einem Hilfebedarf zwischen 8 und 10 Minuten den täglichen Grundpflegebedarf deutlich geringer. Dabei setzte Dr. K. jedoch 15 Minuten pro Tag für einen allgemeinen Beaufsichtigungs- und Betreuungsbedarf an, der im Rahmen der §§ 14, 15 SGB XI nicht als Grundpflegebedarf anrechenbar ist (siehe hierzu bereits Bundesssozialgericht, Beschluss vom 8. Mai 2001, Az.: B 3 P 4/01 B). Ob Zeiten für das Schmieren von Butterbroten z.B. für die Schulpause anzuerkennen sind, ist rechtlich zumindest fragwürdig. Wie der Berichterstatter auch in der nichtöffentlichen Sitzung bereits ausgeführt hat, liegen die Voraussetzungen der Pflegestufe I deshalb aus rechtlichen Gründen auch dann nicht vor, wenn man die tatsächlichen Feststellungen des Dr. K. als richtig unterstellt.
Durch das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten der Dr. A. war der Sachverhalt somit hinreichend aufgeklärt. Die Einholung eines weiteren Gutachtens war damit lediglich mit Rücksicht auf die aus § 109 SGG folgenden prozessualen Rechte des Bf. erforderlich. Für eine eventuelle gerichtliche Entscheidung hätte das Gutachten des Dr. K. aller Voraussicht nach aus den dargelegten Gründen keine Bedeutung gewonnen. Auch im Hinblick auf die Festlegung des Zeitpunktes, seit dem ein geringerer Pflegebedarf vorgelegen hat, war das Gutachten des Dr. K. nicht maßgeblich. Vielmehr führte, ausweislich der Niederschrift, das Offenlassen durch die Sachverständige Dr. A. zu dem Vergleichsabschluss.
Die Kosten für das Gutachten waren daher nicht auf die Staatskasse zu übernehmen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar und ergeht kostenfrei (§ 183 SGG).
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) wendet sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Übernahme der durch die Beauftragung des Dr. K. entstandenen Kosten auf die Staatskasse.
Der Kläger und Bf., der von seinen Eltern vertreten wurde, wandte sich in dem Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg gegen den Entzug der Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab 1. Dezember 2009 durch Bescheid der Beklagten vom 27. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2010. Dem lagen Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in Bayern vom 23. November 2009 und 9. Februar 2010 zugrunde, die zu einem zeitlichen Bedarf in der Grundpflege von 8 bzw. 10 Minuten gelangten. Demgegenüber hatte der MDK in dem Gutachten vom 10. September 2007 den Grundpflegebedarf noch auf 47 Minuten geschätzt.
Das Sozialgericht hat u.a. ein Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 24. Juni 2011 eingeholt, die den zeitlichen Bedarf im Bereich der Grundpflege auf neun Minuten täglich einschätzte, im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung auf 60 Minuten. Insgesamt bestätigte die Sachverständige die vorangegangenen Einschätzungen des MDK. Der Pflegebedarf habe sich pflegerelevant verringert.
Demgegenüber gelangte der auf Antrag des Bf. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. in dem Gutachten vom 5. Februar 2012 zu einem Hilfebedarf in der Grundpflege von 50 Minuten täglich. Hierbei entfielen 15 Minuten auf eine allgemeine Kontrolle und Anleitung bei fast allen alltäglichen Verrichtungen. Im Bereich der Ernährung hat der Gutachter fünf Minuten pro Tag Hilfebedarf für das Streichen von Broten für die Schule und das Abendessen angesetzt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. März 2012 abgewiesen und sich zur Begründung insbesondere auf das Gutachten der Dr. A. gestützt. In dem Gutachten des Dr. K. seien zu Unrecht 15 Minuten für die allgemeine Beaufsichtigung des Antragstellers und fünf Minuten für die Zubereitung der Schulbrote und des Abendbrotes im Rahmen der Grundpflege angerechnet. Mit Beschluss vom 27. März 2012 hat es den Antrag auf Übernahme der Kosten für das Gutachten des Dr. K. auf die Staatskasse abgelehnt. Das Gutachten des Dr. K. sei nicht geeignet, Anhaltspunkte aufzuzeigen, dass keine stufenrelevante Änderung des Pflegebedarfs eingetreten sei. Letztlich beruhe die von Dr. K. vertretene Auffassung, dass nach wie vor ein Grundpflegebedarf von 50 Minuten bestehe, auf einer zu Unrecht erfolgten Anrechnung von Zeiten der allgemeinen Beaufsichtigung und Betreuung und von Zeiten für das Schmieren von Broten im Rahmen der Grundpflege. Das Gutachten habe daher nicht wesentlich zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde (ursprüngliches Az.: L 2 P 31/12 B) hat der Bf. ausgeführt, dass die Ausführungen des Sachverständigen auch für das Gericht entscheidungserheblich gewesen seien. Auch in diesem Gutachten seien die entsprechenden gesundheitlichen Einschränkungen ebenso aufgeführt, ggf. auch näher dargelegt. Mit Beschluss vom 18. Oktober 2012 hat der Senat das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Die Parteien haben in der nichtöffentlichen Sitzung vom 10. April 2013 einen gerichtlichen Vergleich - Leistungen der Pflegestufe I bis einschließlich 30. November 2010 - geschlossen, der zur Erledigung des Berufungsverfahrens geführt hat.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet.
Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Kosten einer Begutachtung nach § 109 SGG von dem Antragsteller zu tragen sind, steht im Ermessen des Gerichts. Die Ermessensentscheidung ist im Beschwerdeverfahren beschränkt darauf nachprüfbar, ob die Voraussetzungen und die Grenzen des Ermessens richtig bestimmt und eingehalten sind.
Die Übernahme der für ein Gutachten nach § 109 SGG verauslagten Kosten auf die Staatskasse im Wege einer "anderen Entscheidung" ist gerechtfertigt, wenn das Gutachten die Aufklärung objektiv gefördert hat und somit Bedeutung für die gerichtliche Entscheidung gewonnen hat bzw. hätte. Dabei spielt weder der Ausgang des Verfahrens noch die Frage eine Rolle, ob das Gutachten die Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil gefördert und damit dem Rechtsfrieden gedient hat. Entscheidend ist vielmehr, ob durch das Gutachten beispielsweise neue beweiserhebliche Gesichtspunkte zu Tage getreten sind oder die Leistungsbeurteilung auf eine wesentlich breitere und für das Gericht und die Prozessbeteiligten überzeugendere Grundlage gestellt wurde.
Diese Voraussetzungen liegen bei dem Gutachten des Dr. K. nicht vor. Maßgeblich ist vorliegend, ob eine Änderung der Sach- oder Rechtslage im Sinne des § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) eingetreten ist, die zur Einstellung der Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung berechtigt. Hierbei ist nicht vordergründig auf die diagnostizierte Erkrankung, sondern auf die tatsächliche Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14, 15 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI) abzustellen. Zwar gelangte hierbei Dr. K. mit 50 Minuten zu einem deutlich höheren Hilfebedarf in der Grundpflege, so dass danach weiterhin die Voraussetzungen der Pflegestufe I gegeben wären. Demgegenüber beurteilten der MDK sowie Dr. A. mit einem Hilfebedarf zwischen 8 und 10 Minuten den täglichen Grundpflegebedarf deutlich geringer. Dabei setzte Dr. K. jedoch 15 Minuten pro Tag für einen allgemeinen Beaufsichtigungs- und Betreuungsbedarf an, der im Rahmen der §§ 14, 15 SGB XI nicht als Grundpflegebedarf anrechenbar ist (siehe hierzu bereits Bundesssozialgericht, Beschluss vom 8. Mai 2001, Az.: B 3 P 4/01 B). Ob Zeiten für das Schmieren von Butterbroten z.B. für die Schulpause anzuerkennen sind, ist rechtlich zumindest fragwürdig. Wie der Berichterstatter auch in der nichtöffentlichen Sitzung bereits ausgeführt hat, liegen die Voraussetzungen der Pflegestufe I deshalb aus rechtlichen Gründen auch dann nicht vor, wenn man die tatsächlichen Feststellungen des Dr. K. als richtig unterstellt.
Durch das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten der Dr. A. war der Sachverhalt somit hinreichend aufgeklärt. Die Einholung eines weiteren Gutachtens war damit lediglich mit Rücksicht auf die aus § 109 SGG folgenden prozessualen Rechte des Bf. erforderlich. Für eine eventuelle gerichtliche Entscheidung hätte das Gutachten des Dr. K. aller Voraussicht nach aus den dargelegten Gründen keine Bedeutung gewonnen. Auch im Hinblick auf die Festlegung des Zeitpunktes, seit dem ein geringerer Pflegebedarf vorgelegen hat, war das Gutachten des Dr. K. nicht maßgeblich. Vielmehr führte, ausweislich der Niederschrift, das Offenlassen durch die Sachverständige Dr. A. zu dem Vergleichsabschluss.
Die Kosten für das Gutachten waren daher nicht auf die Staatskasse zu übernehmen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar und ergeht kostenfrei (§ 183 SGG).
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