Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 830/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 600/12
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom
22. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der im November 1968 geborene Kläger hat von August 1983 bis Juli 1986 eine Berufsausbildung als Elektroniker absolviert und war anschließend drei Jahre im erlernten Beruf tätig. Von Mai 1991 bis Juni 2008 war er als Logistiker versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Antrag vom 4. Juli 2008 begehrte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten unter Hinweis auf psychosomatische Störungen. Er halte sich seit 1. Mai 1994 für erwerbsgemindert.
Die Beklagte zog einen Reha-Entlassungsbericht vom 16. Juni 2008 der psychosomatischen Klinik B. bei, aus der sich folgende Gesundheitsstörungen ergeben:
1. Gemischte Angststörung mit dissotiativen Anteilen
2. Somatoforme autonome Funktionsstörung
3. Benigne essenzielle Hypertonie
4. Penetrierende Wunde des Augapfels (Iris) mit Fremdkörper.
Der Kläger sei noch in der Lage, 6 Stunden und mehr als Logistiker sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte und mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Auch in Bezug auf den letzten Arbeitsplatz ergäben sich keine wesentlichen Leistungseinschränkungen.
Der von der Beklagten mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Neurologe und Psychiater Dr. S. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 22. September 2008 eine Angststörung mit körperbezogener Ausgestaltung, psychovegetative Störungen, einen Bluthochdruck sowie einen Nikotinmissbrauch. Es bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag durch angefochtenen Bescheid vom
6. Oktober 2008 ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, nach einem Durchgangsbericht des Krankenhauses B. sei er im Zeitraum 30. Juni bis 1. Juli 2008 aufgrund einer akuten Panikattacke stationär behandelt worden. Auch aus den Arztberichten Dr. F. vom 24. Oktober 2007 und dem Bericht der Universität B-Stadt vom 24. Mai 2007 ergebe sich, dass der Kläger seit 10 Jahren unter Angststörungen leide. Panikattacken würden zum Teil zweimal täglich auftreten und sich in Herzrasen, Zittern und Schwindel äußern.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2008 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und zur Begründung auf die Nebenwirkungen der verabreichten Medikamente, die Panikstörung mit Agoraphobie und die chronische Angstneurose verwiesen.
Das SG hat gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. G. vom 17. Mai 2010. Der Sachverständige hat dem Kläger ein psychovegetatives Syndrom sowie eine Angststörung bescheinigt. Er sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten ohne Stressbelastung, Akkord- und Wechselschichtbedingungen zu verrichten.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG ein weiteres nervenärztliches Gutachten durch Dr. K. vom 10. Februar 2011 eingeholt. Der Sachverständige hat beim Kläger eine schwere, chronifizierte depressive Störung mit Angst und Panikattacken, eine somatoforme Schmerzstörung sowie eine klassische Migräne festgestellt. Der Kläger sei nicht in der Lage, das Haus alleine zu verlassen. Aufgrund des stark verminderten Antriebs könne er auch keine regelmäßigen häuslichen Pflichten übernehmen, was zu gravierenden partnerschaftlichen Problemen geführt habe. Das habe zu einer weiteren Verschlechterung der psychischen Gesamtsituation beigetragen und chronische Insuffizienzgefühle hervorgerufen. Eine weitere Besserung erscheine unwahrscheinlich, ambulante und stationäre therapeutischen Möglichkeiten seien ausgeschöpft. Der Kläger sei zum jetzigen Zeitpunkt und aller Wahrscheinlichkeit nach auch in Zukunft nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Tätigkeit über drei Stunden täglich durchzuführen.
Das Leistungsbild bestehe mindestens seit 4. Juli 2008, eventuell sei die Belastbarkeit bereits vorher reduziert gewesen. Dies könne jedoch nicht mehr beurteilt werden, da der Kläger versucht habe, dennoch seinen beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Auch sei die Wegefähigkeit wegen der schmerzhaften Verspannungen in der Wirbelsäule und der ständig vorhandenen Schmerzen in den Gelenken eingeschränkt.
Die Beklagte hat auf gravierende Unterschiede im psychopathologischen Befund bei den beiden nervenärztlichen Gutachten von Dr. G. und Dr. K. hingewiesen. Eine ergänzende Stellungnahme von Dr. K. sei erforderlich.
Dr. K. hat in dieser unter dem 21.12.2011 erklärt, Dr. G. habe eine unzutreffende Familien-Anamnese erhoben. Die Angaben des Klägers sprächen für das Vorliegen ausgeprägter phobischer Ängste und auch innerer Zwänge. Zumindest bei seiner Untersuchung seien Auffassungs- und Konzentrationsstörungen deutlich ersichtlich gewesen, auch lägen eine chronische Schmerzstörung sowie eine Migräne vor. Dr. G. gehe nicht auf die Beschwerden an der Wirbelsäule und den Gelenken ein, auch nicht auf die stationären psychiatrischen Aufnahmen, einige Diagnosen (somatoforme Schmerzstörung, Migräne) seien nicht berücksichtigt worden. Der Kläger befinde sich seit 15 Jahren in neurologisch- psychiatrischer Behandlung, habe sich stationär im Bezirkskrankenhaus aufnehmen lassen, auch sei eine psychosomatische Reha-Maßnahme über mehrere Wochen hin durchgeführt worden. Dies weise auf eine schwere psychiatrische Erkrankung hin.
Daraufhin hat die Beklagte ein Vergleichsangebot abgegeben, wonach der Kläger seit 16. Dezember 2010 voll erwerbsgemindert sei. Anspruch auf volle Erwerbsminderung bestehe vom 1. Juli 2011 an befristet bis 30. November 2013. Die Rente sei auf Zeit zu leisten, da nicht unwahrscheinlich sei, dass die Erwerbsminderung behoben werden könne.
Das SG hat mit Urteil vom 22. Februar 2012 die Beklagte entsprechend ihrem Vergleichsangebot zur Zahlung von Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Juli 2011 bis 30. November 2013 verurteilt, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen.
Dagegen hat der Kläger Berufung mit Hinweis auf das Gutachten von Dr. K. eingelegt. Das Gutachten von Dr. G. leide unter Mängeln. Die vorliegenden Befundberichte würden nicht einmal erwähnt. Auf die jahrzehntelang nachgewiesene depressive Problematik gehe er nicht ein. Es sei eindeutig ersichtlich, dass beim Kläger Auffassungsstörungen vorliegen würden. Dr. K. habe völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger seit mindestens 15 Jahren unter einer depressiven Störung leide. Er sei auf die stationären Klinikaufenthalte in den Jahren 2007 und 2008 eingegangen und habe auf die Einschätzung der psychosomatischen Klinik B. verwiesen. Hier sei der Kläger in arbeitsunfähigem Zustand entlassen worden. Dem Kläger sei daher Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 4. Juli 2008 auf Dauer zu gewähren.
Im Rahmen eines Erörterungstermins wurde den Beteiligten vom Gericht ein Vergleichsvorschlag unterbreitet, wonach die Beklagte sich bei Berufungsrücknahme im Übrigen bereit erklärt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juli 2011 befristet bis 30. Juni 2014 zu zahlen. Dieser Vorschlag wurde von der Beklagten, nicht jedoch vom Kläger angenommen.
Der Senat hat daraufhin nach Beiziehung weiterer Befundberichte gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. E ... Diese hat in ihrem Gutachten vom 5. März 2013 beim Kläger eine Panikstörung sowie eine Somatisierungsstörung mit Anteilen einer dissotiativen Störung diagnostiziert.
Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne seit Juli 2008 vollschichtig körperlich leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien und in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten. Ab Dezember 2010 könnten unter ausschließlicher Zugrundelegung des Gutachtens Dr. K. weniger als 3 Stunden täglich Arbeiten verrichtet werden. Das Leistungsvermögen sei längstens bis 30. November 2013 in diesem Ausmaß vermindert.
Der Kläger hat in seiner Stellungnahme hierzu auf das Gutachten von Dr. K. verwiesen und ein Attest des behandelnden Nervenarztes Dr. P. vorgelegt, wonach beim Kläger eine psychosomatische Störung vorliege mit entsprechender medikamentöser Behandlung, außerdem eine Migräne und ein Wirbelsäulensyndrom. Der Kläger sei wegen der Störungen in seiner psychophysischen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 22. Februar 2012 und unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 6. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2008 zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 6. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2008 abgewiesen, soweit der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer ab Antragstellung begehrt. Über den vom SG zugesprochenen Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. November 2013 hinaus steht dem Kläger keine Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI zu. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1, 2 SGB VI scheidet von vornherein aus, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist.
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass der Kläger trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen bis 30. Juni 2011 sowie erneut ab 1. Dezember 2013 in der Lage war bzw. ist, mindestens 6 Stunden täglich zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Gutachten von Dr. G. und Dr. S.-K ... Der hiervon abweichenden Einschätzung von Dr. K. vermag der Senat nicht zu folgen.
Ein Rentenanspruch für die Zeit ab Antragstellung bis 30. Juni 2011 kommt nicht in Betracht. Dr. G. hat in seinem Gutachten nachvollziehbar für diesen Zeitraum keine quantitative oder rentenrelevante qualitative Leistungseinschränkung beim Kläger feststellen können. Eine tiefergreifende Depression, kognitive oder mnestische Einbußen oder psychotisches Erleben waren nach den Angaben von Dr. G. beim Kläger nicht zu finden, der neurologische Untersuchungsbefund war unauffällig.
Die auch für diesen Zeitraum abweichende Einschätzung von Dr. K. konnte den Senat nicht überzeugen.
Auch Dr. K. hat einen unauffälligen internistischen sowie einen im Wesentlichen unauffälligen neurologischen Befund erhoben, abgesehen von Verspannungen im Bereich der gesamten Wirbelsäulenmuskulatur. Der Kläger war wach und voll orientiert. Formale oder inhaltliche Denkstörungen waren auch von Dr. K. nicht festzustellen, die Gedächtnisfunktion war intakt. Der Kläger war vom Affekt schwer depressiv ausgelenkt und gab massive Ängste an. Er wirkte unruhig, nervös, angespannt und unkonzentriert.
Dr. K. gab an, die Gedächtnisleistungen seien wegen der vorhandenen Konzentrationsstörungen eingeschränkt, der Antrieb sei reduziert und die Belastbarkeit deutlich herabgesetzt.
Diese Feststellungen können jedenfalls nicht eine Berentung des Klägers für den Zeitraum bis 30. Juni 2011 tragen. Denn Dr. K. setzt sich in keiner Weise mit den Feststellungen der Vorgutachter auseinander. Nach den Ausführungen des Nervenarztes Dr. S., dessen Gutachten der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet hat, war der Kläger zum Zeitpunkt seiner Untersuchung in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand. Wesentliche kardiopulmonale Funktionsstörungen und schwerwiegende Funktionsminderungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates konnte Dr. S. ebenso wenig positivieren wie neurologisch bedingte wesentliche Funktionsstörungen. Die Stimmung des Klägers war nur leicht gedrückt, die affektive Schwingungsfähigkeit nur mäßiggradig eingeschränkt bei psychomotorisch leichter Verlangsamung. Auch der Antrieb war nur leicht vermindert. Hinweise auf ein Psychosyndrom oder eine Psychose konnte Dr. S. nicht finden. Dr. S. hat hieraus für den Senat nachvollziehbar abgeleitet, dass der psychischen Störung des Klägers durch qualitative Leistungseinschränkungen gerecht werden könne.
Die vom Kläger geltend gemachten Ängste können jedenfalls in diesem Zeitraum eine Berentung ebenfalls nicht rechtfertigen. Aus dem Klinikbericht der medizinischen Einrichtungen des Bezirks A-Stadt vom 24. Mai 2007 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 4. bis 16. Mai 2007 ergibt sich eine deutliche Abnahme der Panikattacken und der inneren Unruhe unter Medikation. Im Rahmen des Aufenthalts in B. vom 30. Juni bis 1. Juli 2008 wird ebenfalls von einer Beschwerdebesserung nach Einnahme von Alprazolan berichtet
Für den Senat ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger behauptet, er habe schon immer Ängste gehabt. Seit 1995 leide er an ausgeprägten Panikattacken, die teilweise mit Sehstörungen im Sinne von Verschwommensehen einhergehen und ihn daran hindern würden, das Haus zu verlassen. Bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im Oktober 2007 war er jedoch mit diesen Ängsten durchgehend versicherungspflichtig beschäftigt.
Dr. K. macht nicht deutlich, warum sich an diesem Zustand ab Rentenantragstellung etwas durchgreifend geändert haben soll.
Darüber hinaus beruht die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung von Dr. K. im Wesentlichen auf den Angaben des Klägers, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil bereits im Entlassungsbericht der Klinik B. auf Verdeutlichungstendenzen hingewiesen wird. Nach der Auffassung der damals behandelnden Ärzte war beim Kläger ein Leidensdruck eher weniger spürbar, Antrieb und Psychomotorik waren nicht erkennbar beeinträchtigt. Affektive Schwingungsfähigkeit und Resonanzfähigkeit waren ebenfalls nicht eingeschränkt, die Intelligenz lag im Durchschnittsbereich bei inhaltlich und formal geordnetem Gedankengang. Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentration im Aufnahmegespräch waren nicht erkennbar beeinträchtigt. Der Kläger wurde regulär in ausreichend stabilen körperlichen und psychischen Zustand entlassen, die Entlassung als arbeitsunfähig erfolgte nur im Hinblick auf eine stufenweise Wiedereingliederung.
Nach der Einschätzung der Klinik B. war der Kläger für Tätigkeiten als Logistiker und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von 6 Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten leistungsfähig. Dies wurde von Dr. K. in keiner Weise gewürdigt. Von ihm wurde auch nicht angegeben, aufgrund welcher Tests oder Methoden er zu seiner Auffassung gelangt ist, beim Kläger liege eine Reduzierung von Konzentration und Gedächtnis vor. Eine testpsychologische Untersuchung wurde ersichtlich nicht durchgeführt.
Auch die Annahme von Dr. K., es sei von einer Progredienz mit Verschlechterung des Befindens und der Leistungsfähigkeit auszugehen, beruht allein auf den Angaben des Klägers. Dr. K. versäumt es - ungeachtet der aktenkundigen Verdeutlichungstendenzen - auch, die widersprüchlichen Angaben des Klägers gegenüber Dr. G. und Dr. K. zu hinterfragen. Gegenüber Dr. G. hatte der Kläger von einer guten Ehe gesprochen. Nerven- und Gemütserkrankungen seitens der Eltern wurden nicht angegeben, die Mutter habe er schon lange nicht mehr gesehen. Gegenüber Dr. K. machte er demgegenüber Depressionen der Mutter geltend und erklärte, dass seine Ehe in einer kritischen Phase sei. Eine plausible Erklärung für diese unterschiedlichen Angaben gibt es nicht. Die bloße Behauptung, Dr. G. habe eine falsche Anamnese durchgeführt, hat für den Senat keine Überzeugungskraft, zumal der Kläger selbst gegen die Angaben im Gutachten des Dr. G. keine Einwendungen erhoben hat.
Eine quantitative Leistungsminderung bzw. rentenrelevante qualitative Leistungsminderungen des Klägers bis zum 30. Juni 2011 kann der Senat damit nicht feststellen. Dies entspricht auch den Feststellungen von Dr. E., die ausdrücklich für diesen Zeitraum noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit des Klägers bestätigt hat.
Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob im Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. November 2013 tatsächlich die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vorgelegen haben, da die Beklagte - auch angesichts ihres Vergleichsangebots - das Urteil des SG insoweit nicht angefochten hat.
Die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer und damit über den 30. November 2013 kommt nicht in Betracht, da jedenfalls ab 1. Dezember 2013 nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. E. die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht mehr gegeben sind. Die bei Zugrundelegung der Annahmen von Dr. K. vorliegende passagere Zustandsverschlechterung ist spätestens ab 30. November 2013 wieder beendet. Bei der somatisch-neurologischen Untersuchung konnte die erfahrene Gerichtssachverständige Dr. E. im Bereich Schädel und Hirnnerven keine krankhaften Befunde nachweisen. An Armen und Beinen lagen keine Reflexdifferenzen oder Kraftminderungen vor. Die Koordination war regelgerecht. Relevante Schäden peripherer Nerven oder Nervenwurzeln bzw. zentral-nervöse Ausfälle konnte Dr. E. nicht objektivieren. Insgesamt war nach den Ausführungen der Sachverständigen der somatisch-neurologische Befund - in Übereinstimmung mit den früheren Gutachten - objektiv nicht auffällig.
In psychischer Hinsicht konnte Dr. E. keine gedrückte Stimmung des Klägers feststellen. Die affektive Schwingungsfähigkeit war gegeben. Trotz berichteter Ängste war eine ängstliche Anspannung während der Exploration nicht erkennbar. Die vom Kläger demonstrierte Einnahme einer Tablette Alprazolam war aufgrund des im Hinblick auf Ängste und Anspannung unauffälligen Verhaltens für die Sachverständige schlichtweg nicht nachvollziehbar. Sie konnte nach der Einnahme der Tablette auch keine Änderung des Verhaltens feststellen.
Der Antrieb des Klägers war unauffällig, er war weder besonders erregt noch verunsichert oder leicht ablenkbar. Antriebsminderungen oder Ermüdungserscheinungen konnte die Sachverständige nicht erkennen. Beeinträchtigungen der Kognition konnten nicht objektiviert werden, da vom Kläger Testuntersuchungen teilweise abgebrochen worden. Aus den bis dahin vom Kläger erstellten Unterlagen ergibt sich jedoch, dass er nicht optimal mitgearbeitet hat. Dies ist nach Angaben der Sachverständigen ein Hinweis auf Verdeutlichungstendenzen.
Dr. E. hat auch klargestellt, dass sich im Hinblick auf die behaupteten Ängste deutliche Widersprüche in den Aussagen des Klägers ergeben haben. So hat er immer wieder betont, dieses oder jenes nicht zu wissen, im weiteren Gesprächsverlauf aber genau diese Aussage dann getätigt. Auch hat er angegeben, nichts zu unternehmen wegen seiner Ängste, das Haus zu verlassen. Dies steht aber in deutlicher Diskrepanz zu seinen tatsächlich durchgeführten Alltagsaktivitäten. Nach seinen Angaben fährt er nach Kroatien, wo er auch sein Auto stehen hat. Auch geht er zu Fuß zum Essen zu seiner Frau und besucht seine Cousine.
Dr. E. hat betont, dass zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung in keinem Fall ein Befund zu erheben war, der weiterhin eine chronifizierte schwere depressive Episode belegte. Ihre Untersuchung weicht im Ergebnis nicht wesentlich von denjenigen von Dr. S. und Dr. G. ab. Jedenfalls ist eine Besserung eingetreten.
Damit steht für den Senat fest, dass der Kläger jedenfalls ab 1. Dezember 2013 wieder in der Lage ist, körperlich leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien und in geschlossenen Räumen vollschichtig zu verrichten. Zu vermeiden sind nach den Ausführungen von Dr. E. nur das ständige Heben und Tragen schwerer Lasten, Akkord- und Schichtarbeit. Da aufgrund dieser geringfügigen qualitativen Leistungseinschränkungen auch sicher keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, kommt die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht.
An diesem Ergebnis vermag auch der nachgereichte Befundbericht von Dr. P. nichts zu ändern. Über neue Gesundheitsstörungen oder eine rentenrelevante Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers wird hierin nicht berichtet. Mit den von Dr. P. angegebenen Diagnosen hat sich Dr. E. eingehend auseinandergesetzt.
Der Kläger hat auch nicht für den Zeitraum 1. Dezember 2013 bis 30. Juni 2014 einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, weil die Beklagte das gerichtliche Vergleichsangebot angenommen hat. Hierin liegt kein Teilanerkenntnis der Beklagten.
Ein Teileranerkenntnis stellt - im Unterschied zu der einseitigen Annahme eines Vergleichsangebots - den Kläger klaglos, ohne dass er es annehmen müsste. Er muss sich alleine entscheiden, ob er es annimmt, so dass sich der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt (§ 101 Abs. 2 SGG), oder ob er den Erlass eines Teilanerkenntnisurteils (§ 202 SGG i.V.m. § 307 ZPO) beantragt. Das Anerkenntnis setzt voraus, dass der Anerkennende ohne Einschränkung erklärt, "die Ableitung der Rechtsfolge aus dem vom Kläger behaupteten Tatbestand werde ohne Drehen und Wenden zugegeben". Es ist gekennzeichnet durch den unbedingten Bindungswillen des Anerkennenden und zwar auch für den Fall, dass das Anerkenntnis nicht angenommen wird. Der Anerkennende ist an den Inhalt seines Anerkenntnisses gebunden, auch wenn es nicht angenommen wird. Dabei ist nicht erforderlich, dass es ausdrücklich als solches bezeichnet wird. Ob ein Anerkenntnis vorliegt oder nicht, ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei kommt es auf den objektiven Empfängerhorizont an. Zu fragen ist, ob der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte die Willenserklärung als uneingeschränktes Zugestehen verstehen durfte. Ist dies der Fall, liegt ein (Teil)Anerkenntnis vor (vgl. zum Ganzen Masuch/Blüggel, Das Angebot auf Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs im Sozialgerichtsverfahren, SGb 2005, 613 m.w.N.).
In dem Erörterungstermin am 7. Dezember 2012 wurde den Beteiligten vom Gericht der Vorschlag unterbreitet, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juli 2011 befristet bis 30. Juli 2014 zu zahlen. Dieser Vorschlag ging zurück auf den Umstand, dass üblicherweise Renten wegen Erwerbsminderung auf Zeit für einen Zeitraum von 3 Jahren befristet werden (vgl. § 102 Abs. 2 S. 2 SGB VI), es sei denn, es liegen medizinisch nachvollziehbare Gründe für eine kürzere Frist vor. Da bis zum Zeitpunkt des Erörterungstermins keine Gründe erkennbar waren, von der üblichen Dreijahresfrist abzuweichen, wurde den Beteiligten dieser Vergleichsvorschlag unterbreitet. Dieser Vergleichsvorschlag nahm aber, wie sich aus der Niederschrift ergibt, Bezug auf den "derzeitigen Streitstand". Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass von Seiten des Senats noch keine Beweiserhebung in Form der Einholung eines Gutachtens erfolgt war. Die Annahme des - nicht von der Beklagten selbst gemachten, sondern vom Gericht unterbreiteten - Vergleichsvorschlags erfolgte also unter der Prämisse, dass sich nicht aus einer weiteren Beweiserhebung eine andere medizinische Situation ergibt. Auf der Basis der damals verfügbaren medizinischen Erkenntnisse hat sich die Beklagte im Wege des gegenseitigen Nachgebens bereit erklärt, zwar keine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer, die befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch ein halbes Jahr länger zu gewähren. Nach dem objektiven Empfängerhorizont konnte angesichts dieser Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte hierzu auch dann noch bereit ist, wenn sich im Wege einer Beweiserhebung, die aufgrund der Ablehnung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags durch den Kläger erforderlich geworden ist, herausstellt, dass eine Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den bisherigen Wegfallzeitpunkt hinaus aus medizinischen Gründen nicht angezeigt ist. Es liegt daher nur die Annahme eines Vergleichsangebots, nicht die Abgabe eines Teilanerkenntnisses vor. Da der Kläger das gerichtliche Vergleichsangebot abgelehnt hat, ist der Vergleich nicht zu Stande gekommen. Eine Bindung der Beklagten an Inhalt des Vergleichs ist nicht gegeben.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die beide Instanzen umfassende Kostenentscheidung (§ 197 SGG) trägt dem Umstand Rechnung, dass der Kläger im ersten Rechtszug etwa zur Hälfte erfolgreich war, im Berufungsverfahren jedoch erfolglos geblieben ist. Daraus ergibt sich für das Gesamtverfahren eine Quote von einem Viertel.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
22. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der im November 1968 geborene Kläger hat von August 1983 bis Juli 1986 eine Berufsausbildung als Elektroniker absolviert und war anschließend drei Jahre im erlernten Beruf tätig. Von Mai 1991 bis Juni 2008 war er als Logistiker versicherungspflichtig beschäftigt.
Mit Antrag vom 4. Juli 2008 begehrte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten unter Hinweis auf psychosomatische Störungen. Er halte sich seit 1. Mai 1994 für erwerbsgemindert.
Die Beklagte zog einen Reha-Entlassungsbericht vom 16. Juni 2008 der psychosomatischen Klinik B. bei, aus der sich folgende Gesundheitsstörungen ergeben:
1. Gemischte Angststörung mit dissotiativen Anteilen
2. Somatoforme autonome Funktionsstörung
3. Benigne essenzielle Hypertonie
4. Penetrierende Wunde des Augapfels (Iris) mit Fremdkörper.
Der Kläger sei noch in der Lage, 6 Stunden und mehr als Logistiker sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte und mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Auch in Bezug auf den letzten Arbeitsplatz ergäben sich keine wesentlichen Leistungseinschränkungen.
Der von der Beklagten mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Neurologe und Psychiater Dr. S. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 22. September 2008 eine Angststörung mit körperbezogener Ausgestaltung, psychovegetative Störungen, einen Bluthochdruck sowie einen Nikotinmissbrauch. Es bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag durch angefochtenen Bescheid vom
6. Oktober 2008 ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, nach einem Durchgangsbericht des Krankenhauses B. sei er im Zeitraum 30. Juni bis 1. Juli 2008 aufgrund einer akuten Panikattacke stationär behandelt worden. Auch aus den Arztberichten Dr. F. vom 24. Oktober 2007 und dem Bericht der Universität B-Stadt vom 24. Mai 2007 ergebe sich, dass der Kläger seit 10 Jahren unter Angststörungen leide. Panikattacken würden zum Teil zweimal täglich auftreten und sich in Herzrasen, Zittern und Schwindel äußern.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2008 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und zur Begründung auf die Nebenwirkungen der verabreichten Medikamente, die Panikstörung mit Agoraphobie und die chronische Angstneurose verwiesen.
Das SG hat gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. G. vom 17. Mai 2010. Der Sachverständige hat dem Kläger ein psychovegetatives Syndrom sowie eine Angststörung bescheinigt. Er sei noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten ohne Stressbelastung, Akkord- und Wechselschichtbedingungen zu verrichten.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat das SG ein weiteres nervenärztliches Gutachten durch Dr. K. vom 10. Februar 2011 eingeholt. Der Sachverständige hat beim Kläger eine schwere, chronifizierte depressive Störung mit Angst und Panikattacken, eine somatoforme Schmerzstörung sowie eine klassische Migräne festgestellt. Der Kläger sei nicht in der Lage, das Haus alleine zu verlassen. Aufgrund des stark verminderten Antriebs könne er auch keine regelmäßigen häuslichen Pflichten übernehmen, was zu gravierenden partnerschaftlichen Problemen geführt habe. Das habe zu einer weiteren Verschlechterung der psychischen Gesamtsituation beigetragen und chronische Insuffizienzgefühle hervorgerufen. Eine weitere Besserung erscheine unwahrscheinlich, ambulante und stationäre therapeutischen Möglichkeiten seien ausgeschöpft. Der Kläger sei zum jetzigen Zeitpunkt und aller Wahrscheinlichkeit nach auch in Zukunft nicht in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Tätigkeit über drei Stunden täglich durchzuführen.
Das Leistungsbild bestehe mindestens seit 4. Juli 2008, eventuell sei die Belastbarkeit bereits vorher reduziert gewesen. Dies könne jedoch nicht mehr beurteilt werden, da der Kläger versucht habe, dennoch seinen beruflichen Tätigkeiten nachzugehen. Auch sei die Wegefähigkeit wegen der schmerzhaften Verspannungen in der Wirbelsäule und der ständig vorhandenen Schmerzen in den Gelenken eingeschränkt.
Die Beklagte hat auf gravierende Unterschiede im psychopathologischen Befund bei den beiden nervenärztlichen Gutachten von Dr. G. und Dr. K. hingewiesen. Eine ergänzende Stellungnahme von Dr. K. sei erforderlich.
Dr. K. hat in dieser unter dem 21.12.2011 erklärt, Dr. G. habe eine unzutreffende Familien-Anamnese erhoben. Die Angaben des Klägers sprächen für das Vorliegen ausgeprägter phobischer Ängste und auch innerer Zwänge. Zumindest bei seiner Untersuchung seien Auffassungs- und Konzentrationsstörungen deutlich ersichtlich gewesen, auch lägen eine chronische Schmerzstörung sowie eine Migräne vor. Dr. G. gehe nicht auf die Beschwerden an der Wirbelsäule und den Gelenken ein, auch nicht auf die stationären psychiatrischen Aufnahmen, einige Diagnosen (somatoforme Schmerzstörung, Migräne) seien nicht berücksichtigt worden. Der Kläger befinde sich seit 15 Jahren in neurologisch- psychiatrischer Behandlung, habe sich stationär im Bezirkskrankenhaus aufnehmen lassen, auch sei eine psychosomatische Reha-Maßnahme über mehrere Wochen hin durchgeführt worden. Dies weise auf eine schwere psychiatrische Erkrankung hin.
Daraufhin hat die Beklagte ein Vergleichsangebot abgegeben, wonach der Kläger seit 16. Dezember 2010 voll erwerbsgemindert sei. Anspruch auf volle Erwerbsminderung bestehe vom 1. Juli 2011 an befristet bis 30. November 2013. Die Rente sei auf Zeit zu leisten, da nicht unwahrscheinlich sei, dass die Erwerbsminderung behoben werden könne.
Das SG hat mit Urteil vom 22. Februar 2012 die Beklagte entsprechend ihrem Vergleichsangebot zur Zahlung von Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. Juli 2011 bis 30. November 2013 verurteilt, im Übrigen die Klage jedoch abgewiesen.
Dagegen hat der Kläger Berufung mit Hinweis auf das Gutachten von Dr. K. eingelegt. Das Gutachten von Dr. G. leide unter Mängeln. Die vorliegenden Befundberichte würden nicht einmal erwähnt. Auf die jahrzehntelang nachgewiesene depressive Problematik gehe er nicht ein. Es sei eindeutig ersichtlich, dass beim Kläger Auffassungsstörungen vorliegen würden. Dr. K. habe völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger seit mindestens 15 Jahren unter einer depressiven Störung leide. Er sei auf die stationären Klinikaufenthalte in den Jahren 2007 und 2008 eingegangen und habe auf die Einschätzung der psychosomatischen Klinik B. verwiesen. Hier sei der Kläger in arbeitsunfähigem Zustand entlassen worden. Dem Kläger sei daher Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 4. Juli 2008 auf Dauer zu gewähren.
Im Rahmen eines Erörterungstermins wurde den Beteiligten vom Gericht ein Vergleichsvorschlag unterbreitet, wonach die Beklagte sich bei Berufungsrücknahme im Übrigen bereit erklärt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juli 2011 befristet bis 30. Juni 2014 zu zahlen. Dieser Vorschlag wurde von der Beklagten, nicht jedoch vom Kläger angenommen.
Der Senat hat daraufhin nach Beiziehung weiterer Befundberichte gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens von Dr. E ... Diese hat in ihrem Gutachten vom 5. März 2013 beim Kläger eine Panikstörung sowie eine Somatisierungsstörung mit Anteilen einer dissotiativen Störung diagnostiziert.
Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger könne seit Juli 2008 vollschichtig körperlich leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien und in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten. Ab Dezember 2010 könnten unter ausschließlicher Zugrundelegung des Gutachtens Dr. K. weniger als 3 Stunden täglich Arbeiten verrichtet werden. Das Leistungsvermögen sei längstens bis 30. November 2013 in diesem Ausmaß vermindert.
Der Kläger hat in seiner Stellungnahme hierzu auf das Gutachten von Dr. K. verwiesen und ein Attest des behandelnden Nervenarztes Dr. P. vorgelegt, wonach beim Kläger eine psychosomatische Störung vorliege mit entsprechender medikamentöser Behandlung, außerdem eine Migräne und ein Wirbelsäulensyndrom. Der Kläger sei wegen der Störungen in seiner psychophysischen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 22. Februar 2012 und unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 6. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2008 zu verurteilen, dem Kläger ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 6. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Dezember 2008 abgewiesen, soweit der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer ab Antragstellung begehrt. Über den vom SG zugesprochenen Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. November 2013 hinaus steht dem Kläger keine Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI zu. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 Abs. 1, 2 SGB VI scheidet von vornherein aus, da der Kläger nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist.
Gem. § 43 Abs. 1, 2 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für den Senat fest, dass der Kläger trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen bis 30. Juni 2011 sowie erneut ab 1. Dezember 2013 in der Lage war bzw. ist, mindestens 6 Stunden täglich zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Gutachten von Dr. G. und Dr. S.-K ... Der hiervon abweichenden Einschätzung von Dr. K. vermag der Senat nicht zu folgen.
Ein Rentenanspruch für die Zeit ab Antragstellung bis 30. Juni 2011 kommt nicht in Betracht. Dr. G. hat in seinem Gutachten nachvollziehbar für diesen Zeitraum keine quantitative oder rentenrelevante qualitative Leistungseinschränkung beim Kläger feststellen können. Eine tiefergreifende Depression, kognitive oder mnestische Einbußen oder psychotisches Erleben waren nach den Angaben von Dr. G. beim Kläger nicht zu finden, der neurologische Untersuchungsbefund war unauffällig.
Die auch für diesen Zeitraum abweichende Einschätzung von Dr. K. konnte den Senat nicht überzeugen.
Auch Dr. K. hat einen unauffälligen internistischen sowie einen im Wesentlichen unauffälligen neurologischen Befund erhoben, abgesehen von Verspannungen im Bereich der gesamten Wirbelsäulenmuskulatur. Der Kläger war wach und voll orientiert. Formale oder inhaltliche Denkstörungen waren auch von Dr. K. nicht festzustellen, die Gedächtnisfunktion war intakt. Der Kläger war vom Affekt schwer depressiv ausgelenkt und gab massive Ängste an. Er wirkte unruhig, nervös, angespannt und unkonzentriert.
Dr. K. gab an, die Gedächtnisleistungen seien wegen der vorhandenen Konzentrationsstörungen eingeschränkt, der Antrieb sei reduziert und die Belastbarkeit deutlich herabgesetzt.
Diese Feststellungen können jedenfalls nicht eine Berentung des Klägers für den Zeitraum bis 30. Juni 2011 tragen. Denn Dr. K. setzt sich in keiner Weise mit den Feststellungen der Vorgutachter auseinander. Nach den Ausführungen des Nervenarztes Dr. S., dessen Gutachten der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet hat, war der Kläger zum Zeitpunkt seiner Untersuchung in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand. Wesentliche kardiopulmonale Funktionsstörungen und schwerwiegende Funktionsminderungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates konnte Dr. S. ebenso wenig positivieren wie neurologisch bedingte wesentliche Funktionsstörungen. Die Stimmung des Klägers war nur leicht gedrückt, die affektive Schwingungsfähigkeit nur mäßiggradig eingeschränkt bei psychomotorisch leichter Verlangsamung. Auch der Antrieb war nur leicht vermindert. Hinweise auf ein Psychosyndrom oder eine Psychose konnte Dr. S. nicht finden. Dr. S. hat hieraus für den Senat nachvollziehbar abgeleitet, dass der psychischen Störung des Klägers durch qualitative Leistungseinschränkungen gerecht werden könne.
Die vom Kläger geltend gemachten Ängste können jedenfalls in diesem Zeitraum eine Berentung ebenfalls nicht rechtfertigen. Aus dem Klinikbericht der medizinischen Einrichtungen des Bezirks A-Stadt vom 24. Mai 2007 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 4. bis 16. Mai 2007 ergibt sich eine deutliche Abnahme der Panikattacken und der inneren Unruhe unter Medikation. Im Rahmen des Aufenthalts in B. vom 30. Juni bis 1. Juli 2008 wird ebenfalls von einer Beschwerdebesserung nach Einnahme von Alprazolan berichtet
Für den Senat ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger behauptet, er habe schon immer Ängste gehabt. Seit 1995 leide er an ausgeprägten Panikattacken, die teilweise mit Sehstörungen im Sinne von Verschwommensehen einhergehen und ihn daran hindern würden, das Haus zu verlassen. Bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im Oktober 2007 war er jedoch mit diesen Ängsten durchgehend versicherungspflichtig beschäftigt.
Dr. K. macht nicht deutlich, warum sich an diesem Zustand ab Rentenantragstellung etwas durchgreifend geändert haben soll.
Darüber hinaus beruht die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung von Dr. K. im Wesentlichen auf den Angaben des Klägers, ohne diese kritisch zu hinterfragen. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil bereits im Entlassungsbericht der Klinik B. auf Verdeutlichungstendenzen hingewiesen wird. Nach der Auffassung der damals behandelnden Ärzte war beim Kläger ein Leidensdruck eher weniger spürbar, Antrieb und Psychomotorik waren nicht erkennbar beeinträchtigt. Affektive Schwingungsfähigkeit und Resonanzfähigkeit waren ebenfalls nicht eingeschränkt, die Intelligenz lag im Durchschnittsbereich bei inhaltlich und formal geordnetem Gedankengang. Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentration im Aufnahmegespräch waren nicht erkennbar beeinträchtigt. Der Kläger wurde regulär in ausreichend stabilen körperlichen und psychischen Zustand entlassen, die Entlassung als arbeitsunfähig erfolgte nur im Hinblick auf eine stufenweise Wiedereingliederung.
Nach der Einschätzung der Klinik B. war der Kläger für Tätigkeiten als Logistiker und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von 6 Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten leistungsfähig. Dies wurde von Dr. K. in keiner Weise gewürdigt. Von ihm wurde auch nicht angegeben, aufgrund welcher Tests oder Methoden er zu seiner Auffassung gelangt ist, beim Kläger liege eine Reduzierung von Konzentration und Gedächtnis vor. Eine testpsychologische Untersuchung wurde ersichtlich nicht durchgeführt.
Auch die Annahme von Dr. K., es sei von einer Progredienz mit Verschlechterung des Befindens und der Leistungsfähigkeit auszugehen, beruht allein auf den Angaben des Klägers. Dr. K. versäumt es - ungeachtet der aktenkundigen Verdeutlichungstendenzen - auch, die widersprüchlichen Angaben des Klägers gegenüber Dr. G. und Dr. K. zu hinterfragen. Gegenüber Dr. G. hatte der Kläger von einer guten Ehe gesprochen. Nerven- und Gemütserkrankungen seitens der Eltern wurden nicht angegeben, die Mutter habe er schon lange nicht mehr gesehen. Gegenüber Dr. K. machte er demgegenüber Depressionen der Mutter geltend und erklärte, dass seine Ehe in einer kritischen Phase sei. Eine plausible Erklärung für diese unterschiedlichen Angaben gibt es nicht. Die bloße Behauptung, Dr. G. habe eine falsche Anamnese durchgeführt, hat für den Senat keine Überzeugungskraft, zumal der Kläger selbst gegen die Angaben im Gutachten des Dr. G. keine Einwendungen erhoben hat.
Eine quantitative Leistungsminderung bzw. rentenrelevante qualitative Leistungsminderungen des Klägers bis zum 30. Juni 2011 kann der Senat damit nicht feststellen. Dies entspricht auch den Feststellungen von Dr. E., die ausdrücklich für diesen Zeitraum noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit des Klägers bestätigt hat.
Der Senat kann es dahingestellt sein lassen, ob im Zeitraum 1. Juli 2011 bis 30. November 2013 tatsächlich die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zahlung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vorgelegen haben, da die Beklagte - auch angesichts ihres Vergleichsangebots - das Urteil des SG insoweit nicht angefochten hat.
Die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer und damit über den 30. November 2013 kommt nicht in Betracht, da jedenfalls ab 1. Dezember 2013 nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. E. die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht mehr gegeben sind. Die bei Zugrundelegung der Annahmen von Dr. K. vorliegende passagere Zustandsverschlechterung ist spätestens ab 30. November 2013 wieder beendet. Bei der somatisch-neurologischen Untersuchung konnte die erfahrene Gerichtssachverständige Dr. E. im Bereich Schädel und Hirnnerven keine krankhaften Befunde nachweisen. An Armen und Beinen lagen keine Reflexdifferenzen oder Kraftminderungen vor. Die Koordination war regelgerecht. Relevante Schäden peripherer Nerven oder Nervenwurzeln bzw. zentral-nervöse Ausfälle konnte Dr. E. nicht objektivieren. Insgesamt war nach den Ausführungen der Sachverständigen der somatisch-neurologische Befund - in Übereinstimmung mit den früheren Gutachten - objektiv nicht auffällig.
In psychischer Hinsicht konnte Dr. E. keine gedrückte Stimmung des Klägers feststellen. Die affektive Schwingungsfähigkeit war gegeben. Trotz berichteter Ängste war eine ängstliche Anspannung während der Exploration nicht erkennbar. Die vom Kläger demonstrierte Einnahme einer Tablette Alprazolam war aufgrund des im Hinblick auf Ängste und Anspannung unauffälligen Verhaltens für die Sachverständige schlichtweg nicht nachvollziehbar. Sie konnte nach der Einnahme der Tablette auch keine Änderung des Verhaltens feststellen.
Der Antrieb des Klägers war unauffällig, er war weder besonders erregt noch verunsichert oder leicht ablenkbar. Antriebsminderungen oder Ermüdungserscheinungen konnte die Sachverständige nicht erkennen. Beeinträchtigungen der Kognition konnten nicht objektiviert werden, da vom Kläger Testuntersuchungen teilweise abgebrochen worden. Aus den bis dahin vom Kläger erstellten Unterlagen ergibt sich jedoch, dass er nicht optimal mitgearbeitet hat. Dies ist nach Angaben der Sachverständigen ein Hinweis auf Verdeutlichungstendenzen.
Dr. E. hat auch klargestellt, dass sich im Hinblick auf die behaupteten Ängste deutliche Widersprüche in den Aussagen des Klägers ergeben haben. So hat er immer wieder betont, dieses oder jenes nicht zu wissen, im weiteren Gesprächsverlauf aber genau diese Aussage dann getätigt. Auch hat er angegeben, nichts zu unternehmen wegen seiner Ängste, das Haus zu verlassen. Dies steht aber in deutlicher Diskrepanz zu seinen tatsächlich durchgeführten Alltagsaktivitäten. Nach seinen Angaben fährt er nach Kroatien, wo er auch sein Auto stehen hat. Auch geht er zu Fuß zum Essen zu seiner Frau und besucht seine Cousine.
Dr. E. hat betont, dass zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung in keinem Fall ein Befund zu erheben war, der weiterhin eine chronifizierte schwere depressive Episode belegte. Ihre Untersuchung weicht im Ergebnis nicht wesentlich von denjenigen von Dr. S. und Dr. G. ab. Jedenfalls ist eine Besserung eingetreten.
Damit steht für den Senat fest, dass der Kläger jedenfalls ab 1. Dezember 2013 wieder in der Lage ist, körperlich leichte Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen im Freien und in geschlossenen Räumen vollschichtig zu verrichten. Zu vermeiden sind nach den Ausführungen von Dr. E. nur das ständige Heben und Tragen schwerer Lasten, Akkord- und Schichtarbeit. Da aufgrund dieser geringfügigen qualitativen Leistungseinschränkungen auch sicher keine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegt, kommt die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht.
An diesem Ergebnis vermag auch der nachgereichte Befundbericht von Dr. P. nichts zu ändern. Über neue Gesundheitsstörungen oder eine rentenrelevante Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers wird hierin nicht berichtet. Mit den von Dr. P. angegebenen Diagnosen hat sich Dr. E. eingehend auseinandergesetzt.
Der Kläger hat auch nicht für den Zeitraum 1. Dezember 2013 bis 30. Juni 2014 einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, weil die Beklagte das gerichtliche Vergleichsangebot angenommen hat. Hierin liegt kein Teilanerkenntnis der Beklagten.
Ein Teileranerkenntnis stellt - im Unterschied zu der einseitigen Annahme eines Vergleichsangebots - den Kläger klaglos, ohne dass er es annehmen müsste. Er muss sich alleine entscheiden, ob er es annimmt, so dass sich der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt (§ 101 Abs. 2 SGG), oder ob er den Erlass eines Teilanerkenntnisurteils (§ 202 SGG i.V.m. § 307 ZPO) beantragt. Das Anerkenntnis setzt voraus, dass der Anerkennende ohne Einschränkung erklärt, "die Ableitung der Rechtsfolge aus dem vom Kläger behaupteten Tatbestand werde ohne Drehen und Wenden zugegeben". Es ist gekennzeichnet durch den unbedingten Bindungswillen des Anerkennenden und zwar auch für den Fall, dass das Anerkenntnis nicht angenommen wird. Der Anerkennende ist an den Inhalt seines Anerkenntnisses gebunden, auch wenn es nicht angenommen wird. Dabei ist nicht erforderlich, dass es ausdrücklich als solches bezeichnet wird. Ob ein Anerkenntnis vorliegt oder nicht, ist durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei kommt es auf den objektiven Empfängerhorizont an. Zu fragen ist, ob der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte die Willenserklärung als uneingeschränktes Zugestehen verstehen durfte. Ist dies der Fall, liegt ein (Teil)Anerkenntnis vor (vgl. zum Ganzen Masuch/Blüggel, Das Angebot auf Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs im Sozialgerichtsverfahren, SGb 2005, 613 m.w.N.).
In dem Erörterungstermin am 7. Dezember 2012 wurde den Beteiligten vom Gericht der Vorschlag unterbreitet, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juli 2011 befristet bis 30. Juli 2014 zu zahlen. Dieser Vorschlag ging zurück auf den Umstand, dass üblicherweise Renten wegen Erwerbsminderung auf Zeit für einen Zeitraum von 3 Jahren befristet werden (vgl. § 102 Abs. 2 S. 2 SGB VI), es sei denn, es liegen medizinisch nachvollziehbare Gründe für eine kürzere Frist vor. Da bis zum Zeitpunkt des Erörterungstermins keine Gründe erkennbar waren, von der üblichen Dreijahresfrist abzuweichen, wurde den Beteiligten dieser Vergleichsvorschlag unterbreitet. Dieser Vergleichsvorschlag nahm aber, wie sich aus der Niederschrift ergibt, Bezug auf den "derzeitigen Streitstand". Dieser war dadurch gekennzeichnet, dass von Seiten des Senats noch keine Beweiserhebung in Form der Einholung eines Gutachtens erfolgt war. Die Annahme des - nicht von der Beklagten selbst gemachten, sondern vom Gericht unterbreiteten - Vergleichsvorschlags erfolgte also unter der Prämisse, dass sich nicht aus einer weiteren Beweiserhebung eine andere medizinische Situation ergibt. Auf der Basis der damals verfügbaren medizinischen Erkenntnisse hat sich die Beklagte im Wege des gegenseitigen Nachgebens bereit erklärt, zwar keine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer, die befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung jedoch ein halbes Jahr länger zu gewähren. Nach dem objektiven Empfängerhorizont konnte angesichts dieser Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte hierzu auch dann noch bereit ist, wenn sich im Wege einer Beweiserhebung, die aufgrund der Ablehnung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags durch den Kläger erforderlich geworden ist, herausstellt, dass eine Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung über den bisherigen Wegfallzeitpunkt hinaus aus medizinischen Gründen nicht angezeigt ist. Es liegt daher nur die Annahme eines Vergleichsangebots, nicht die Abgabe eines Teilanerkenntnisses vor. Da der Kläger das gerichtliche Vergleichsangebot abgelehnt hat, ist der Vergleich nicht zu Stande gekommen. Eine Bindung der Beklagten an Inhalt des Vergleichs ist nicht gegeben.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die beide Instanzen umfassende Kostenentscheidung (§ 197 SGG) trägt dem Umstand Rechnung, dass der Kläger im ersten Rechtszug etwa zur Hälfte erfolgreich war, im Berufungsverfahren jedoch erfolglos geblieben ist. Daraus ergibt sich für das Gesamtverfahren eine Quote von einem Viertel.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
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