L 1 KA 13/10

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 27 KA 135/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KA 13/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 21. April 2010 wird der Beschluss des Beklagten vom 4. Juli 2007 vollständig aufgehoben. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selber tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Schadensregress wegen Mängel einer zahnprothetischen Versorgung.

Die Klägerin ist Zahnärztin und nimmt im Bezirk der Beigeladenen zu 3 an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Aufgrund des Heil- und Kostenplans Nr. 2568/4307 vom 22. Mai 2006 gliederte sie der 1957 geborenen Beigeladenen zu 1 am 9. Mai 2006 im Ober- und Unterkiefer kombinierten festsitzenden/herausnehmbaren Zahnersatz ein. Da der Heil- und Kostenplan nachträglich korrigiert wurde, trägt er nunmehr ein Datum nach dem Tag der Eingliederung. Die Beigeladene zu 1 nahm nach der Eingliederung jedenfalls noch sechs Termine bei der Klägerin war, nämlich am 10. Mai, 6. und 22. Juni, 12. Juli, 28. August sowie 4. September 2006. Auf die Behandlungsdokumentation der Klägerin wird vollumfänglich Bezug genommen.

Die Beigeladene zu 1 war seinerzeit bei der Beigeladenen zu 2 krankenversichert, die einen Festkostenzuschuss in Höhe von 3.302,54 EUR leistete. Auf deren Veranlassung hin führte die Beigeladene zu 3 ein Gutachterverfahren durch. Der Gutachter, Herr Dr. M., kam nach Untersuchung der Beigeladenen zu 1 und Sichtung von Röntgenaufnahmen zum Schluss, die eingesetzte Arbeit entspreche dem Heil- und Kostenplan, sei aber nicht voll funktionstüchtig. Mindestens die Kronen der Teleskope 22 und 43, die nicht sauber auf den Stümpfen sitzen würden, müssten erneuert werden. Ebenso sei ein sauberes Einschleifen erforderlich (Gutachten vom 31. Oktober 2006). Die Gutachtergebühr betrug 118,11 EUR.

Die Beigeladene zu 2 teilte der Klägerin das Ergebnis der Begutachtung mit und forderte sie auf, zum Vertragsrücktritt Stellung zu nehmen (Schreiben vom 4. Dezember 2006). Die Klägerin antwortete, sie sei zu der empfohlenen Nachbesserung auf ihre Kosten bereit. Lediglich gegenüber einer Neuanfertigung des Teleskops 22 brachte sie vor: Dieser Zahn sei um 90 Grad gedreht und es sei nicht sicher gewesen, ob er sich in eine Teleskopkronenkonstruktion eingliedern lasse; hierüber habe sie die Beigeladene zu 1 auch aufgeklärt. Sie, die Klägerin, würde diesen Zahn daher jetzt entfernen und mit Prothesenkunststoff auffüllen. Sofern auf einer Neuanfertigung des Teleskops 22 bestanden werde, werde sie zwar die Kosten tragen, die Arbeit wegen der medizinischen Bedenken aber nicht selbst ausführen. Insoweit sei sie mit der Behandlung durch einen Kollegen einverstanden, zumal das Vertrauensverhältnis zur Beigeladenen zu 1 belastet sei. Einem vollständigen Vertragsrücktritt "widerspreche" sie (Schreiben vom 12. Dezember 2006).

Mit Schreiben vom 12. Februar 2007 rief die Beigeladene zu 2 den Prothetik-Einigungs- ausschuss bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung H. (im Folgenden: Prothetik- Einigungsausschuss) an. Sie führte aus, die Klägerin wolle aufgrund des gestörten Vertrauensverhältnisses eine Kollegenhilfe einschalten und auch die Beigeladene zu 1 lehne eine Weiterbehandlung durch die Klägerin ab.

Der Prothetik-Einigungsausschuss kam in seiner Verhandlung am 7. März 2007, zu der sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene zu 1 erschienen waren und in der letztere durch die zahnärztlichen Ausschussmitglieder untersucht wurde, zum Ergebnis, der eingegliederte Zahnersatz sei im Wesentlichen funktionstüchtig. Es seien jedoch geringfügige Nachbesserungen nötig. Die Okklusion sei einzuschleifen; bei Zahn 11 müsse wegen des Verdachts auf eine Pulpitis eventuell eine Wurzelbehandlung durchgeführt werden; die Primärkrone auf Zahn 43 solle erneuert werden. Die Klägerin erklärte sich bereit, die Nachbesserungsarbeiten durchzuführen, auch wenn sie bezweifelte, die Beigeladene zu 1 zufriedenstellen zu können. Der Prothetik-Einigungsausschuss setzte daraufhin seine Entscheidung aus.

Jedenfalls mit Schreiben vom 1. April 2007 teilte die Beigeladene zu 1 der Beigeladenen zu 2 mit, sie lehne eine Weiterbehandlung ab. Sie habe das Vertrauen in die Praxis der Klägerin verloren, was sie bereits in der Sitzung des Prothetik-Einigungsausschusses deutlich gemacht habe. Mit dem 30. April 2007 endete die Krankenversicherung der Beigeladenen zu 1 bei der Beigeladenen zu 2.

In der erneuten Verhandlung vor dem Prothetik-Einigungsausschusses am 2. Mai 2007, zu der wiederum die Klägerin und die Beigeladene zu 1 erschienen waren, lehnte letztere erneut eine Fortsetzung der Behandlung ab. Sie habe das Vertrauen in die Klägerin verloren. Der Prothetik-Einigungsausschuss setzte daraufhin den von der Klägerin zu erstattenden Betrag auf 206,90 EUR fest. Das entspreche dem Kassenanteil für die Krone auf Zahn 43, deren Randgestaltung mangelhaft sei. Die übrigen notwendigen Maßnahmen würden nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Die Beigeladene zu 1 habe ihre Mitwirkungspflicht nicht erfüllt.

Gegen diese Entscheidung rief nur die Beigeladene zu 2 den Beklagten an. Der Beigeladenen zu 1 sei es nicht zumutbar gewesen, mit den festgestellten Frühkontakten und der Nonokklusion zu leben. Eine Weiterbehandlung sei selbst im Rahmen der Kollegenhilfe unzumutbar, nachdem auch die Klägerin das Vertrauensverhältnis als gestört bezeichnet habe. Zudem habe der Prothetik-Einigungsausschuss die weiteren Mängel der Teleskopkronen 22 und 43 nicht berücksichtigt.

In der Verhandlung vor dem Beklagten am 20. Juni 2007, zu der sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene zu 1 erschienen waren, erhob der Ausschuss nach Befragung und Untersuchung der Beigeladenen zu 1 durch die zahnärztlichen Ausschussmitglieder den Befund, die Bisshöhe liege leicht über der Ruhe-/Schwebelage; die Ästhetik sei ohne Befund; in den Regionen Zahn 42 und 43 sowie Zahn 16 liege eine parodontale Situation vor. Es sei eine Nachbehandlung erforderlich, um im Labor den Biss um etwa 1 bis 2 mm abzusenken. Zudem sei gemäß der Feststellung des Prothetik-Einigungsausschusses die Primärteleskopkrone auf Zahn 43 zu erneuern. Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene zu 1 äußerten Bedenken gegenüber einer Fortführung der Behandlung. Nach Vermittlung des Beklagten erklärten sich beide aber hierzu bereit.

Im Anschluss teilte die Klägerin dem Beklagten mit, sie sei doch nicht zu einer Weiterbehandlung der Beigeladenen zu 1 bereit. Sie habe sich hierzu in der Ausschusssitzung nur unter dem empfundenen Druck einverstanden erklärt. Nach eingehender Überlegung wolle sie daran nicht festhalten (Schreiben vom 21. Juni 2007). Diese Entscheidung ließ die Klägerin auch der Beigeladenen zu 1 mitteilen, die zwecks Terminvereinbarung in der Praxis angerufen hatte.

Der Beklagte beschloss in seiner Sitzung am 4. Juli 2007 nach Aktenlage, dem Widerspruch der Beigeladenen zu 2 abzuhelfen und setzte den von der Klägerin zu zahlenden Schadensregress auf 3.302,54 EUR fest. Der Zahnersatz sei in der jetzigen Form funktionsuntüchtig. Die Klägerin habe eine Weiterbehandlung nunmehr abgelehnt, während die Beigeladene zu 1 hierzu bereit sei.

Die Beschlussausfertigung für die Klägerin ging dieser am 7. August 2007 zu. Auf ihre hiergegen am 21. August 2007 erhobene Klage hin hat das Sozialgericht mit Urteil vom 21. April 2010 den Beschluss aufgehoben, soweit der festgesetzte Regress den Betrag von 2.201,69 EUR übersteigt; im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der eingegliederte Zahnersatz sei von Anfang an mangelhaft gewesen; die Krone auf Zahn 43 habe nur durch Neuanfertigung zu beseitigende Mängel aufgewiesen und die Bisshöhe sei mangelhaft gewesen. Die Verantwortung für das Scheitern der Arzt-Patienten-Beziehung liege zum Teil bei der Beigeladenen zu 1, die nach dem 4. September 2006 zu keinen weiteren Terminen erschienen sei, obwohl ihr eine Weiterführung der Behandlung zu diesem Zeitpunkt noch zuzumuten gewesen sei. Teilweise liege die Verantwortung allerdings bei der Klägerin, die in ihrem Schreiben vom 12. Dezember 2006 Bedenken gegen eine Weiterbehandlung geäußert und damit wesentlich zum endgültigen Zerwürfnis beigetragen habe. Der Verantwortungsanteil der Klägerin überwiege bei einer Gesamtbetrachtung und werde mit zwei Dritteln angesetzt; der Regress sei daher auf zwei Drittel des entstandenen Schadens zu begrenzen.

Das Urteil ist der Klägerin am 18. Mai 2010 zugestellt worden. Am 10. Juni 2010 hat sie dagegen Berufung eingelegt. Sie habe keinen Anteil am Behandlungsabbruch, insbesondere habe sie mit ihrem Schreiben vom 12. Dezember 2006 lediglich medizinische Bedenken vorgebracht. Diese hätten sich im Übrigen bestätigt, denn weder vom Prothetik-Einigungsausschuss noch von der Beklagten sei ein Nachbesserungsbedarf am Zahn 22 festgestellt worden. Der Behandlungsabbruch sei allein von der Beigeladenen zu 1 zu verantworten, deren schon zuvor unzuverlässige Terminwahrnehmung zur Ausweitung der Probleme geführt habe. Zu den einzelnen Terminen trägt die Klägerin vor, im Kontrolltermin am 10. Mai 2006 habe die Beigeladene zu 1 sich sehr zufrieden gezeigt und man habe besprochen, dass zur Bissanhebung ein schrittweises Einschleifen erforderlich sei. Am 6. Juni 2007 sei eine kleine Druckstelle versorgt worden. Den anschließend für den 12. Juni 2006 vorgesehenen Kontrolltermin habe die Beigeladene zu 1 nicht wahrgenommen. Der Termin am 22. Juni 2006 habe allein dazu gedient, eine weitere Röntgenaufnahme zur Korrektur des ursprünglichen Heil- und Behandlungsplan zu erstellen. Beschwerden seien bei dieser Gelegenheit von der Beigeladenen zu 1 nicht geäußert worden. Am 12. Juli 2006 sei wiederum eine Druckstelle versorgt worden. Die Beigeladene zu 1 habe sich wiederum sehr zufrieden mit dem Behandlungsergebnis gezeigt. Am 28. August 2006 habe die Beigeladene zu 1 sich erstmals mit einem entzündeten Zahnfleisch- randsaum vorgestellt, die Mundhygiene sei in der Zwischenzeit massiv vernachlässigt worden. Sie, die Klägerin, habe auf Kulanz die stark verunreinigte Prothese in ihrem Praxislabor gesäubert und zudem die stark von Plaque befallenen Zähne gereinigt. Da die Beigeladene zu 1 an diesem Tag nicht auf die Prothese habe verzichten wollen, sei der Sprung lediglich geglättet worden. Am 4. September 2006 sei der Sprung dann wie vereinbart im Praxislabor der Klägerin beseitigt worden, zudem sei erneut eine Prothesen- und Zahnreinigung durchgeführt worden, all dies auf Kulanz. Die Beigeladene zu 1 sei gebeten worden, sich nach 14 Tagen wieder vorzustellen, bei Beschwerden auch früher. Stattdessen habe diese sich dann an die Beigeladene zu 2 gewandt.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 21. April 2010 den Beschluss des Beklagten vom 4. Juli 2007 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte stellt auf die in seiner letzten Sitzung erreichte Einigung ab. Diese sei einseitig von der Klägerin aufgekündigt worden. Die Beigeladene zu 1 sei zu diesem Zeitpunkt wieder zur Fortsetzung der Behandlung bereit gewesen.

Die Beigeladene zu 1, die zwischenzeitlich durch einen anderen Zahnarzt versorgt worden ist, trägt vor, sie sei nach dem Kontrolltermin am 10. Mai 2006 zu jedem vereinbarten Termin erschienen und habe jeweils Beschwerden geäußert. Sie sei auch am 12. Juni 2006 erschienen. Ihr sei stets gesagt worden, die Beschwerden und insbesondere die starken Schmerzen seien normal und könnten bis zu sechs Monate anhalten. Nur aufgrund dieser Auskunft der Klägerin habe sie keine häufigeren Termine gemacht, sondern zunächst versucht die Beschwerden auszuhalten. Teilweise habe sie auch keine früheren Termine bekommen. Beim letzten Behandlungstermin am 4. September 2006 sei das Verhältnis zur Klägerin bereits stark gestört gewesen, diese habe sie nicht gegrüßt. Zudem sei ihr von einer Angestellten mitgeteilt worden, dass die vorher vereinbarte Möglichkeit der Ratenzahlung nicht länger bestehe und sie den restlichen Eigenanteil sofort überweisen solle. Ihr sei weiter mitgeteilt worden, dass bis zur vollständigen Bezahlung keine weitere Behandlung stattfinden werde.

Die Beigeladene zu 2 stellt darauf ab, dass die Klägerin bereits mit ihrem Schreiben vom 12. Dezember 2006 und damit vor dem ersten Termin vor dem Prothetik-Einigungsaus- schuss eine Weiterbehandlung ausgeschlossen habe. Die Beigeladene zu 3 hat sich nicht zur Sache geäußert. Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden.

II. Sie hat in der Sache Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht teilweise abgewiesen.

1. Klagegegenstand ist allein der Beschluss des Beklagten vom 4. Juli 2007. Dieser hat als Widerspruchsbehörde in einem Verfahren zur Festsetzung eines Schadensersatzes wegen mangelhafter Prothetik entschieden, vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 der zwischen der Beigeladenen zu 3 und den Landesverbänden der Primärkassen in H. geschlossenen Vereinbarung über das Prothetik-Einigungsverfahren (im Folgenden: Landesvereinbarung). In diesem Verfahren gelten die für die Wirtschaftlichkeitsprüfung geltenden Grundsätze zum Streitgegenstand entsprechend (vgl. BSG 27.6.2012 – B 6 KA 35/11 R – Juris).

2. Die Klage ist als reine Anfechtungsklage zulässig, weil die Klägerin mit dieser ihr Rechtsschutzziel vollständig erreichen kann. Im Obsiegensfall wird der angegriffene Beschluss aufgehoben, wodurch der Widerspruch der Beigeladenen zu 2 gegen den Beschluss des Prothetik-Einigungsausschusses vom 2. Mai 2007 neu beschieden werden muss. Schon das verpflichtet den Beklagten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Widerspruch zu entscheiden, ohne dass es hierzu einer ausdrücklichen gerichtlichen Verpflichtung bedarf (vgl. BSG 24.11.1993 – 6 RKa 20/91 – Juris). Allerdings kann der Beklagte bei seiner erneuten Entscheidung keinen geringeren Regress als 206,90 EUR festsetzen. Zwar trifft er eine eigenständige Entscheidung, die den Beschluss des Prothetik-Einigungsausschusses vollständig ersetzt. Doch träfe der Beklagte aus Sicht der Beigeladenen zu 2 eine verbösernde Entscheidung, wenn er als nachfolgendes Prüfgremium einen niedrigeren Regress als der Prothetik-Einigungsaus- schuss festsetzen würde. Das wäre nur möglich, wenn auch die Klägerin einen Rechtsbehelf gegen die Regressfestsetzung eingelegt hätte (vgl. BSG 18.8.2010 – B 6 KA 14/09 R – Juris; 15.8.2012 – B 6 KA 27/11 R – Juris; st. Rspr.). Die Klägerin ging indes nicht gegen den Beschluss des Prothetik-Einigungssausschuss‘ vor. Insoweit wurde dessen Regressfestsetzung daher bestandskräftig.

3. Die Klage ist begründet. Der angegriffene Beschluss des Beklagten vom 4. Juli 2007 ist rechtswidrig, so dass die Klägerin durch ihn im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert ist. a. Die einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Schadensregresses ergibt sich auch im hier betroffenen Primärkassenbereich aus dem Gesamtzusammenhang der Vorschriften der §§ 23 ff. Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) hinsichtlich der Pflichten der Vertragszahnärzte bei der prothetischen Versorgung der Versicherten. Danach ist die Klägerin verpflichtet, der Beklagten den Schaden zu ersetzen, der dieser entsteht, wenn sie der Beigeladenen zu 1 erneut eine prothetische Versorgung gewähren muss, weil die prothetische Erstversorgung mangelhaft war (vgl. BSG 27.6.2012 – B 6 KA 35/11 R – Juris). Es ist unschädlich, dass die Beigeladene zu 1 keine Nachbesserung oder Neuanfertigung zu Lasten der Beklagten verlangte, sondern die Neuversorgung als Mitglied einer anderen Krankenkasse durchführen ließ. Denn die Beklagte kann als Mindestschaden einen Betrag in Höhe des für den streitbefangenen Zahnersatz gezahlten Kassenanteils geltend machen (vgl. grundlegend BSG 16.1.1991 – 6 RKA 25/89 – Juris; 11.12.2002 – B 6 KA 51/02 B – Juris; st. Rspr. Dass die Beigeladene zu 2 ihre Leistungspflicht gegenüber der Beigeladenen zu 1 mit der Gewährung eines Festzuschusses erfüllte, steht der Regressfestsetzung nicht entgegen (vgl. BSG 28.4.2004 – B 6 KA 64/03 R – Juris – m.w.N., st. Rspr.). Inhaltliche Voraussetzung der Ersatzpflicht ist eine schuldhafte Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die insbesondere darin liegen kann, dass eine prothetische Versorgung dem zahnärztlichen Standard nicht genügt (vgl. BSG 3.12.1997 – 6 RKa 40/96 – Juris; BSG 28.4.2004 – B 6 KA 64/03 R – Juris; BSG 29.11.2006 – B 6 KA 21/06 R – Juris; st. Rspr.). Zudem muss eine Nachbesserung – wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses – nicht möglich und/oder eine Nachbesserung bzw. Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Vertragszahnarzt nicht zumutbar sein (vgl. BSG 16.1. 1991 – 6 RKa 25/89 – Juris; 2.12.1992 – 14a/6 RKa 43/91- Juris; 29.11.2006 – B 6 KA 21/06 R – Juris; st. Rspr.). Nach der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung auf Landesebene entscheidet der Beklagte über Widersprüche gegen die Entscheidungen des Prothetik-Einigungsausschusses, der wiederum nach Durchführung des Gutachterverfahrens über Mängelansprüche bei prothetischen Leistungen entscheidet; er setzt einen Regress fest, wenn und soweit die Beanstandung begründet ist und nicht behoben werden kann, vgl. § 2 Abs. 3 BMV-Z i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1, § 5 seiner Anlage 12 sowie § 1 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe b, § 1 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 6 Satz 1 und 3 der Landesvereinbarung.

b. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar entsprach die von der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 durchgeführte prothetische Versorgung hinsichtlich der Bisshöhe nicht dem zahnärztlichen Standard, so dass sowohl der Ober- als auch der Unterkieferzahnersatz mangelhaft waren. Das ergibt sich für den sachverständig mit einer Zahnärztin und einer Krankenkassenbeschäftigten besetzten Senat überzeugend aus dem Ergebnis der Untersuchung durch die zahnärztlichen Mitglieder des Beklagten. Es besteht keinerlei Anlass, an der zahnmedizinischen Richtigkeit des erhobenen Befunds zu zweifeln, zumal bereits im zeitnah durchgeführten Gutachterverfahren ein sauberes Einschleifen für erforderlich gehalten wurde. Auch die Klägerin bestreitet die Mangelhaftigkeit der Versorgung insoweit nicht. Offen bleiben kann, ob die prothetische Versorgung zudem hinsichtlich der Krone auf Zahn 43 ungenügend war, denn wie ausgeführt wurde der vom Prothetik-Einigungsausschuss darauf gestützte Regress bestandskräftig. Ebenso wenig braucht entschieden zu werden, ob die Versorgung hinsichtlich der Teleskopkrone auf Zahn 22 mangelhaft war, denn hierauf stützte sich der Beklagte nicht, ohne dass dies von der Beigeladenen zu 2 angegriffen wurde. Indes lag keine Situation vor, in der eine Nachbesserung wegen Unbrauchbarkeit des bisherigen Arbeitsergebnisses nicht möglich und/oder durch die Klägerin nicht zumutbar war. Zu berücksichtigen ist der Behandlungsabbruch, wobei die Besonderheit hier darin besteht, dass die Beigeladene zu 1 erst eine Fortführung der Behandlung ablehnte, sich dann wieder damit einverstanden erklärte, kurz darauf aber die Klägerin die Weiterbehandlung ablehnte.

aa. Anders als die Beigeladene zu 2 meint, lehnte die Kläger in ihrem Schreiben vom 12. Dezember 2006 noch nicht die Weiterbehandlung der Beigeladenen zu 1 ab. Sie sprach sich wegen medizinischer Einwände lediglich gegen eine Neuanfertigung des Primärteleskops auf Zahn 22 aus ("übernehme ich auch dafür die Kosten, doch kann ich dann die Behandlung an 22, da ich Bedenken habe, nicht selbst ausführen. Ich habe dann insoweit nichts dagegen, wenn sie sich in die Hände eines Kollegen begibt "). Da sie die Nachbesserung im Übrigen erkennbar durchführen wollte ("einem vollständigen Rücktritt vom Vertrag wiederspreche ich"), kann darin kein vollständiger Behandlungsabbruch gesehen werden. Wie es rechtlich zu würdigen ist, wenn ein Vertragsarzt nur zur Durchführung eines Teils der erforderlichen Nachbesserungen bereit ist, braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden. Die von der Klägerin abgelehnte Neuversorgung des Zahns 22 ist bezogen auf die streitige Regressfestsetzung keine erforderliche Nachbesserung, denn der Beklagte stützte den Regress wie erwähnt nicht auf einen etwaigen Mangel am Zahn 22.

bb. Erklärt wurde der Behandlungsabbruch hingegen von der Beigeladenen zu 1, die jedenfalls mit ihrem Schreiben vom 1. April 2007 eine weitere Behandlung durch die Klägerin ablehnte. Diese war zu diesem Zeitpunkt weiterhin zur Behandlung bereit. Für die öffentlich-rechtliche Schadenersatzverpflichtung der Klägerin ist es unerheblich, ob die Beigelade zu 1 ihr gegenüber zivilrechtlich zur Kündigung des Behandlungsvertrags berechtigt war oder ob dieser zivilrechtliche Gewährleistungsansprüche zustanden (vgl. BSG 29.11.2006 – B 6 KA 21/06 R – Juris; 27.6.2012 – B 6 KA 35/11 R – Juris). Denn die Beigeladene zu 1 konnte nach dem Grundsatz der freien Arztwahl, § 76 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), frei unter den zugelassenen Vertragszahnärzten wählen. In Anlehnung an den Gedanken des § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB V, wonach ein Zahnarztwechsel innerhalb eines Quartals nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erfolgen soll, ist ein Behandlungsabbruch bei nicht erfolgreicher Prothetikbehandlung jedoch nur dann zu akzeptieren, wenn eine Nachbesserung – wegen Unbrauchbarkeit des Arbeitsergebnisses – nicht möglich und/oder wenn eine Nachbesserung bzw. Neuanfertigung durch den bisher behandelnden Vertragszahnarzt nicht zumutbar ist (vgl. BSG 29.11.2006 – B 6 KA 21/06 R – Juris – m.w.N., st. Rspr.). Dann wäre die Beigeladene zu 2 verpflichtet gewesen, für die erneute Behandlung einen Festzuschuss zu leisten (vgl. BSG 28.4.2004 – B 6 KA 64/03 R – Juris), was sich in der Schadensatzverpflichtung der Klägerin spiegeln würde. Eine solche Konstellation lag im Zeitpunkt des Behandlungsabbruchs durch die Beigeladene zu 1 jedoch nicht vor. Da nach der insoweit übereinstimmenden Einschätzung des Gutachters sowie der zahnärztlichen Mitglieder des Prothetik-Einigungsausschusses und des Beklagten eine Nachbesserung ausgereicht hätte, kommt allein in Betracht, dass deren weitere Durchführung durch die Klägerin unzumutbar gewesen wäre. Das ist nicht zu erkennen. Insbesondere kann dies nicht allein aus der Zahl der Nachbehandlungstermine gefolgert werden. Jedenfalls im konkreten Einzelfall erscheint es nicht ungewöhnlich, dass die Behandlung auch nach sechs Folgeterminen noch nicht abgeschlossen war: Ausweislich der Behandlungsdokumentation handelte es sich um die erstmalige Eingliederung von komplexem Zahnersatz, nachdem die Beigeladene zu 1 über viele Jahre und aus ihrer Sicht unzureichend versorgt worden war. Zudem war wegen der Bisshöhe ein stufenweises Einschleifen erforderlich, was bei schonender Durchführung eben eine mehrmalige Vorstellung erfordert.

Auch aus den von der Beigeladenen zu 1 erhobenen Vorwürfen ergibt sich zur Überzeugung des Senats weder bei isolierter noch bei kumulierter Betrachtung, dass eine Weiterbehandlung durch die Klägerin für die Beigeladene zu 1 unzumutbar war. Sollte die Klägerin der Beigeladenen zu 1 tatsächlich gesagt haben, die Beschwerden und insbesondere die starken Schmerzen seien normal und könnten bis zu sechs Monaten anhalten, wäre dies im Rahmen der hier vorgenommenen komplexen Prothetikbehandlung eine sachlich zutreffende Information gewesen. Dass die Beigeladene zu 1 versucht habe, ihre Beschwerden über längere Phasen zu ertragen, war ihre eigene Entscheidung; sie trägt selbst nicht vor, ihr seien Nachsorgetermine verweigert worden. Ihr Vorwurf, sie habe teilweise keinen früheren Termin bei der Klägerin bekommen, ist zu pauschal, um eine Unzumutbarkeit zu begründen; im Übrigen gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie wegen der aus ihrer Sicht bestehenden Notwendigkeit einer Sofortbehandlung dann einen anderen Zahnarzt aufsuchte. Der Vorwurf, die Klägerin habe am 4. September 2006 eine Weiterbehandlung bis zur vollständigen Bezahlung verweigert, deckt sich nicht mit den Angaben in der Behandlungsdokumentation, an deren inhaltlicher Richtigkeit zu zweifeln hier kein Anlass besteht. Danach akzeptierte die Klägerin bei Rechnungsstellung am 13. Juli 2006 eine Ratenzahlung. Da die Beigeladene zu 1 bis zum 28. August 2007 noch keinerlei Zahlungen geleistet hatte, wurde sie mündlich zur Zahlung aufgefordert. Am 4. September 2006 zahlte sie dann 200 EUR. Aus Sicht der Klägerin war der Zahlungsrhythmus zu lang, so dass sie nunmehr auf der Zahlung des restlichen Gesamtbetrags bestand, der Beigeladenen zu 1 eine schriftliche Mahnung aushändigte und sie über das Angebot einer Kreditanbieters informierte. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Beigeladene zu 1 "in 14 Tagen wiederkomme" solle, "wenn Probleme eher". Die einseitige Beendigung der Ratenzahlungsvereinbarung durch die Klägerin, die im Übrigen nicht offensichtlich unwirksam und schon gar nicht rechtsmissbräuchlich erscheint, stand der Weiterbehandlung demnach gerade nicht entgegen.

Schließlich enthält das Schreiben der Klägerin vom 12. Dezember 2006 nichts, was eine Fortsetzung der Behandlung für die Beigeladene zu 1 inakzeptabel gemacht haben könnte. Im Übrigen ist nicht einmal zu erkennen, dass die Beigeladene zu 1 vor dem Behandlungsabbruch Kenntnis von diesem an die Beigeladene zu 2 gerichteten Schreiben erlangte. Darin bezeichnete die Klägerin die Behandlung an zwei Stellen als "äußert schwierig". Abgesehen von der medizinischen Komplexität der Behandlung begründete sie dies damit, dass sie nicht habe erkennen können, "welcher Art meiner Maßnahmen zu einer schmerzfreien Behandlung führen" und dass sie kein "differenziertes Feedbag (sic)" erhalten habe. Weiter führte sie aus, das schrittweise Einschleifen sei besprochen worden; die Beigeladene zu 1 habe den am 4. September 2006 angeordneten weiteren Kontroll- und Behandlungstermin aber nicht mehr wahrgenommen. Insgesamt bedauerte sie es sehr, "die Erwartungen der Patientin nicht vollständig befriedigen" zu können. Das sind keine unsachlichen oder sonst unangemessenen Bemerkungen. Die Klägerin streitet auch nicht etwa den Nachbesserungsbedarf ab, sondern äußert wie ausgeführt lediglich Bedenken gegenüber einer bestimmten Form der Nachbesserung. In ihrer abschließenden Feststellung, dass "das Vertrauensverhältnis ohnehin erheblich belastet ist und war", vermag der Senat für sich genommen keinen nachvollziehbaren Grund für einen Behandlungsabbruch durch die Beigeladene zu 1 zu erkennen. Andere Vorfälle, die der Klägerin Anlass zu dieser Bemerkung gegeben haben könnten, sind von keinem Beteiligten substantiiert dargelegt worden, so dass insoweit auch kein Anlass für weitere Ermittlungen besteht.

cc. Zu keinem anderen Ergebnis führt es, dass die Beigeladene zu 1 sich vor dem Beklagten wieder zu einer Fortsetzung der Behandlung bei der Klägerin bereit erklärte und es dann diese war, die eine Weiterbehandlung ablehnte. Bei der Vermittlung des Beklagten handelte es sich um den Versuch einer einvernehmlichen Konfliktlösung. Die von beiden Seiten erklärte Absicht, weiterhin – so die Klägerin – bzw. jetzt wieder – so die Beigeladene zu 1 – zu einer Behandlungsfortsetzung bereit zu sein, macht nicht den zeitlich zuvor erfolgten Behandlungsabbruch durch die Beigeladene zu 1 ungeschehen, der die Klägerin wie ausgeführt nicht zum Schadensersatz verpflichtete. Würde hingegen durch den Einigungsversuch vor dem Beklagten alles "auf Null gesetzt" und nunmehr allein auf den zweiten Behandlungsabbruch – diesmal durch die Klägerin – abgestellt, hätte diese ihre Rechtsposition erheblich verschlechtert, indem sie sich trotz des zunächst von der Beigeladenen zu 1 erklärten Behandlungsabbruchs zu einer Weiterbehandlung bereit zeigte. Das erscheint nicht angezeigt, insbesondere weil es die Bereitschaft der Vertragszahnärzte unterlaufen würde, sich vor den Prüfgremien auf den Versuch einer gütlichen Einigung einzulassen. Es widerspräche auch dem Rechtsgedanken des § 5 Abs. 1 der Landesvereinbarung, wonach sich die Vertragszahnärzte und die Kassen um eine Einigung bemühen sollen und der Verhandlung vor dem Prothetik-Widerspruchsausschuss zu diesem Zweck ein Einigungsversuch vorgeschaltet ist. Für eine Quotelung nach Verantwortungsteilen, wie sie im Ergebnis vom Sozialgericht gewählt worden ist, ist im Rahmen einer streitigen Entscheidung kein Raum. Unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens lässt sich nur die Verantwortung für den Mangel aufteilen, wenn beispielsweise eine eingegliederte Prothese auch deswegen nicht passgenau sitzt, weil der Patient sie nicht regelmäßig trägt. Denn das für die Schadensersatzpflicht erforderliche Verschulden bezieht sich auf die Mangelhaftigkeit der prothetischen Versorgung und nicht auf die Gründe, an denen eine Nachbesserung durch den Erstbehandler scheitert. Hinsichtlich der Nachbesserung kommt es vielmehr auf die Zumutbarkeit ihrer Durchführung durch den bisherigen Behandler an. Diese ist entweder gegeben oder nicht gegeben; die Annahme einer "teilweisen" Zumutbarkeit erscheint nicht sachgerecht.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG für erstattungsfähig erklärt worden, weil diese jeweils keinen eigenen Antrag gestellt haben.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved