Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 U 15/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 235/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2011 wird zurückgewiesen. Die Beklagte erstattet der Klägerin ein Drittel ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine höhere Verletztenrente.
Die 1964 geborene Klägerin erlitt am 14. Juli 2006 einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als sie beim Hintergehen einer Treppe mit dem Fuß umknickte und etwa fünf Stufen hinab stürzte, vgl. Unfallanzeige vom 19. Juli 2006. Hierbei zog sie sich eine Ellenbogenluxationsfraktur rechts zu, vgl. Durchgangsarztbericht von Dr. BVK – Klinik für Chirurgie - vom 17. Juli 2006. Die Klägerin wurde stationär aufgenommen, und es fand am 14. Juli 2006 zunächst eine geschlossene Reposition, am 17. Juli 2006 eine offene Reposition der Gelenkluxation am Humeroulnargelenk und der Mehrfragmentfraktur im Bereich des proximalen Radius mit einer Osteosynthese mittels einer Platte und einer Schraube statt, vgl. Operationsbericht vom 24. Juli 2006 und Zwischenbericht von Dr. B vom 31. Juli 2006. Postoperativ zeigte sich eine Sensibilitätsstörung im Bereich des Nervus ulnaris mit Kribbelparästhesien im vierten und fünften Finger sowie eine Schwäche der Kleinfingermuskulatur, vgl. Dr. Bs Bericht vom 24. Juli 2006.
Es wurde in der Folgezeit keine knöcherne Durchbauung der Radiusköpfchen- und –halsfraktur festgestellt und der Verdacht auf eine Pseudarthrosenbildung geäußert, vgl. radiologisches Zusatzgutachten des radiologischen Instituts des Klinikums vom 28. Dezember 2006. Dr. B erstellte unter Einbeziehung des vorgenannten radiologischen Zusatzgutachtens für die Beklagte das Erste Rentengutachten vom 15. Januar 2007. Neurologisch sei eine schwere Schädigung des Ellennerven rechts bei erhaltener Kontinuität festgestellt worden, eine knöcherne Durchbauung bei regelrechter Lage der Implantate noch nicht eingetreten. Klinisch habe sich eine deutliche Besserung der Beweglichkeit und Kraftentwicklung seit der Operation und der ambulanten Physiotherapie gezeigt, so dass die Arbeitsunfähigkeit am 23. Oktober 2007 habe beendet werden können. Die Klägerin beklage fast ständige Beschwerden bei Belastung des rechten Ellenbogengelenk, welche bis in den ellenbogennahen Oberarm und zum Handgelenk zögen. Verstärkt seien die Beschwerden bei Bewegung im Ellenbogengelenk; in Ruhe habe sie fast keine Beschwerdesymptomatik. Bei seitengleich ausgebildeter Armmuskulatur finde sich eine verminderte Sensibilität entlang des ellenseitigen Unterarms sowie des Klein- und Ringfingers ohne komplette Aufhebung der Sensibilität. Eine komplette Streckung im rechten Ellenbogen sei nicht möglich; die Beugung sei annähernd gleich zu links (0-10-130° gegenüber 0-10-140°). Deutlich eingeschränkt seien die Pro- und Supinationsbewegungen (60-0-45° gegenüber 90-0-90°), geringgradig die Beweglichkeit des rechten Handgelenks gegenüber links (40-0-40° gegenüber 60-0-60°). Die Handspanne rechts sei deutlich gegenüber links vermindert (15-0-10° gegenüber 30-0-25°). Die grobe Kraft werde rechts vermindert gegenüber links vorgeführt. Bei der Feinmotorik falle die Unsicherheit beim Schreiben auf, welches die Klägerin sehr bedächtig vorführe. Der Spitz- und Schlüsselgriff seien möglich, jedoch ohne volle Kraftentfaltung gegenüber links. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei derzeit auf 40 vom Hundert (v.H.), nach Ablauf von drei Jahren seit dem Unfall voraussichtlich auf 30 v.H. einzuschätzen.
Die Beklagte gewährte der Klägerin nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. P vom 09. Februar 2007 der Klägerin mit Bescheid vom 15. Februar 2007 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 30 v.H. ab 24. Oktober 2006. Sie erkannte als Arbeitsunfallfolgen an: &61550; fehlende knöcherne Konsolidierung des Speichenköpfchens und des Speichenhalses &61550; Falschgelenkbildung des Speichenhalses &61550; Noch liegendes Osteosynthesematerial &61550; Einschränkung der Unterarmdrehung, der Handgelenk-, Ellenbogen- und Daumenbeweglichkeit rechts &61550; Minderung der groben Kraft der rechten Hand &61550; Minderung der Handspanne &61550; Sensibilitätsminderung des ellenseitigen Unterarms sowie des Klein- und Ringfingers.
Die Klägerin erhob am 16. März 2007 Widerspruch mit dem Begehren einer höheren Rentengewährung. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2007 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 20. Juni 2007 zum Sozialgericht Berlin (SG) S 25 U 609/07 (später S 67 U 15/08) erhobenen Klage weiter verfolgt.
Bei einer MRT-Untersuchung des rechten Handgelenks am 02. November 2007 wurde eine intakte Knochenbinnenstruktur ohne Nachweis posttraumatischer Deformierung des Os naviculare im Rahmen einer Fraktur und ohne Hinweis für das Vorliegen einer stattgehabten Handwurzelfraktur festgestellt. Ulnarer und radialer Kapselbandapparat stellten sich unauffällig dar; es finde sich eine initiale muzinöse degenerative Veränderung des Discus triangularis ulnae ohne Nachweis einer Ruptur oder Fragmentation des Faserknorpelkomplexes, vgl. Bericht der Radiologen Dres. B u.a. vom 04. November 2007.
Das SG hat den Arzt für Orthopädie Dr. E mit der Erstellung des schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 03. Dezember 2007 beauftragt, in welchem er u.a. eine unfallbedingte posttraumatische Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks nach Osteosynthese einer Radiusköpfchenfraktur mit Pseudarthrosenbildeung bei Plattenbruch und eine Läsion des Nervus ulnaris festgestellt hat. Er hat die Bewegungsausmaße am rechten Arm wie folgt festgestellt: - Ellenbogenbeugung/ -streckung 130-20-0 ° rechts (endgradig schmerzhaft) gegenüber 150-0-10° links - Unterarmdrehung auswärts/ einwärts 30-0-80° rechts (endgradig schmerzhaft) gegenüber 90-0-90° links - Hand dorsal/ volar rechts 75-0-70° (endgradig schmerzhaft) gegenüber 75-0-70° links - Hand radial/ ulnar 30-0-35° rechts gegenüber 45-0-45° links. Dr. E hat im Hinblick auf die bei der Klägerin vorliegenden Dauerschmerzen – belastungsabhängig verstärkt -, die Blockierungen bei der Streckung und bei der Außendrehbewegung im Ellenbogen und das Bewegungsknacken durch Verschiebung der Frakturfragmente nach dem Osteosynthesematerialbruch sowie auf die Gefühlsstörungen am rechten Unterarm und an der rechten Hand entsprechend dem Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris mit einer motorischen Teilparese die MdE auf insgesamt 40 v.H. eingeschätzt, wofür auch der röntgenologisch am 26. Oktober 2007 festgestellte Bruch des Osteosynthesematerials bedeutsam sei, welcher bei ansonsten im Wesentlichen gleich bleibenden Funktionsausmaßen eine deutlich höhere Minderbelastbarkeit der rechten oberen Extremität bedinge. Dr. E ist in seiner unter dem 02. Februar 2008 erstellten ergänzenden Stellungnahme im Wesentlichen bei seiner Einschätzung geblieben.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 21. Mai 2008 die Rente als vorläufige Entschädigung ab 26. Oktober 2007 unter Zugrundelegung einer MdE von 40 v.H. neu fest. Aufgrund eines Bruchs des Osteosynthesematerials mit Verschiebung der Bruchfragmente liege seit dem 26. Oktober 2007 eine verstärkte Minderbelastbarkeit des rechten Armes vor.
Die Klägerin hat geltend gemacht, bereits ab 14. Dezember 2006 bestünden durchgehend Unfallfolgen, die eine MdE von 40 v.H. rechtfertigten.
Das SG hat daraufhin das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W vom 07. April 2009 eingeholt. Dieser hat bei der Klägerin folgende am rechten Arm folgende Bewegungsausmaße festgestellt: - Flexion/ Extension rechts 130-10-0° gegenüber 150-0-10° links - Handinnenrand-/ -außenrandhebung rechts 80-0-40° gegenüber 90-0-90° links - Handhebung/ -senkung 70-0-70° rechts und links - Radiale/ ulnare Abkippung 40-0-40° rechts gegenüber 50-0-40° links. Bei der Überprüfung der Fingerbeweglichkeit wiesen die Finger I bis III auf der rechte Seite und die Finger I bis V auf der linken Seite keine Bewegungsstörungen auf. Rechtsseitig zeigten sich leichte Bewegungsstörungen am vierten und fünften Finger bei der Beugung im Grundgelenk. Der Fingerkuppen-Hohlhand-Abstand habe 0,5 cm betragen. Ansonsten habe der Faustschluss komplett vorgetragen werden und mit lediglich leichter Kraftabschwächung auf der rechten Seite gegen Widerstand gehalten werden können. Dr. W hat die MdE unter Einbeziehung der traumatologischen und neurologischen Folgen ab 24. Oktober 2006 durchgehend auf 30 v.H. eingeschätzt.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Neurologen Dr. R vom 02. April 2009 vorgelegt, derzufolge die Klägerin unfallbedingt durch die Lähmung der vom Nervus ulnaris versorgten kleinen Handmuskeln, die unwillkürliche dystone Fehlstellung der rechten Hand, den Tremor der ulnaren Finger und die Sensibilitätsstörung eingeschränkt sei. Im ebenfalls von der Beklagten vorgelegten Zweiten Rentengutachten vom 17. März 2009 hat der Facharzt für Chirurgie Dr. G die Unfallfolgen wie folgt festgestellt: - Muskelverschmächtigung im Bereich des rechten Schulterreliefs und des rechten Oberarms - Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk und im rechten Schultergelenk - Zwei sensible 10 cm lange Operationsnarben am rechten Ellenbogengelenk - Neurogene Schädigung des Nervus ulnaris rechts - Neurogene Schädigung im Musculus abductor digiti minimi - Neurogene Schädigung im Muskelreflexor carpi unlaris - Röntgenologisch nachweisbare Radiusköpchenfraktur mit Gelenkbeteiligung, Pseudarthrosenbildung, Lockerung des Osteosynthesematerials - Ausgeprägte Sekundärarthrose und Periarthritis - Calc. - Verminderung des Kalksalzgehaltes - Chronische Schmerzen im rechten Ellenbogengelenk, rechten Arm, Wetterfühligkeit, neurogne Schädigung am rechten Unterarm mit deutlicher Minterbalestbarkeit.
Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 18. Juni 2009 an Stelle der bisherigen Rente als vorläufiger Entschädigung ab 01. Juli 2009 eine Rente auf unbestimmte Zeit unter Zugrundelegung einer MdE von 30 v.H. und bezog sich zur Begründung auf das schriftliche Sachverständigengutachten von Dr. W.
Das SG hat die zuletzt auf eine ab 24. Oktober 2006 durchgehend höhere Rente unter Zugrundelegung einer MdE von 40 v.H. gerichtete Klage mit Urteil vom 19. August 2011 als unbegründet abgewiesen und sich der medizinischen Bewertung von Dr. W angeschlossen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 28. September 2011 zugestellte Urteil am 17. Oktober 2011 Berufung erhoben. Dr. W stehe mit seiner MdE-Einschätzung in Widerspruch zu Dr. B in dessen Erstem Rentengutachten, zu Dr. E in dessen schriftlichem Sachverständigengutachten, zu Dr. G in dessen Zweitem Rentengutachten und Dr. R in dessen Befundbericht vom 02. April 2009. Es fehle an der Einholung eines neurologischen Zusatzgutachtens. So habe das SG die neurologischen Funktionsstörungen an der rechten Hand nicht berücksichtigt. Auch sei der herabgesetzten Belastbarkeit des rechten Arms nicht Rechnung getragen worden. Zur Untermauerung ihres Vorbringens verweist die Klägerin auf die fachchirurgische Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgen Dr. H vom 20. Februar 2012. Ausdrücklich stelle Dr. H fest, dass die von der Klägerin vorgebrachte Beschwerdesymptomatik am rechten Schultergelenk nachvollziehbar und aufgrund der vermehrten Inanspruchnahme des rechten Schultergelenks als mittelbare Unfallfolge zu Lasten der Beklagten zu behandeln sei.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15. Februar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2007 und des Bescheids vom 21. Mai 2008 sowie unter Abänderung des Bescheids vom 18. Juni 2009 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. Juli 2006 durchgehend ab dem 24. Oktober 2006 eine Rente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und tritt der Berufung u.a. mit einem Zwischenbericht des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie J vom 28. Februar 2012 entgegen, wonach die Klägerin sich in der zweiten Staffel Physiotherapie befinde und über eine deutliche Verbesserung der Beschwerdelage insgesamt berichte, insbesondere von einer Verbesserung der Beweglichkeit der rechten Schulter und einer Schmerzreduktion für den Ellenbogen; auch das Ausstrahlen in die Finger sei deutlich weniger geworden. Die Beklagte hat zudem einen MRT-Bericht bzgl. der rechten Schulter vom 12. April 2012 vorgelegt.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 28. Januar und 29. Mai 2013 einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats im Wege schriftlicher Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltliche Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide, zu denen gemäß § 96 SGG auch der Rentenbescheid vom 18. Juni 2009 gehört (vgl. etwa Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Oktober 2011 – L 10 U 4346/08 -, zitiert nach juris Rn. 22), sind, soweit mit ihnen eine Verletztenrente unter Zugrundelegung einer MdE von mehr als 30 v.H. abgelehnt wird, rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht. Sie hat keinen weitergehenden Anspruch auf Verletztenrente aus der hierfür einzig in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage aus § 56 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII).
Nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar liegt ein Arbeitsunfall vor. Die bei der Klägerin festgestellten Funktionseinbußen und krankhaften Veränderungen "infolge" des Arbeitsunfalls begründen jedoch keine MdE von mehr als 30 v.H.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Versicherte Tätigkeit ist u. a. auch das zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a. a. O.). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris).
Hieran gemessen bestehen keine Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsunfalls, welchen die Beklagte zutreffend anerkannt hat.
Auch bestehen keine Zweifel an der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem Unfallerstschaden und den persistierenden, im Kern von allen mit dem Fall befassten Gutachtern übereinstimmend festgestellten Unfallfolgen, im Wesentlichen die fehlende knöcherne Konsolidierung des Speichenköpfchens und des Speichenhalses, Falschgelenkbildung des Speichenhalses, noch liegendes Osteosynthesematerial, Einschränkung der Unterarmdrehung, der Handgelenk-, Ellenbogen- und Daumenbeweglichkeit rechts, Minderung der groben Kraft der rechten Hand, Minderung der Handspanne und Sensibilitätsminderung des ellenseitigen Unterarms sowie des Klein- und Ringfingers. Dass auch die an der rechten Schulter bestehenden Funktionsstörungen rechtlich wesentlich auf das Unfallgeschehen zurückzuführen sein sollen, ist nicht bewiesen. Weder Dr. E noch Dr. W haben in ihren schriftlichen Sachverständigengutachten insoweit einen wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen erkannt. Selbst Dr. H, welcher in seiner fachchirurgischen Stellungnahme vom 20. Februar 2012 die an der Schulter bestehende Beschwerdesymptomatik (geringe bis mäßige Bewegungseinschränkung infolge einer vermehrten Inanspruchnahme mir daraus resultierender schmerzhafter Muskelverspannung (muskuläre Dysbalance)) als mittelbare Unfallfolge bezeichnet, beschreibt ebendort bereits nach Absolvieren einer Staffel Physiotherapie Rückläufigkeit und nur kurzfristige Behandlungsbedürftigkeit ohne rentenrechtliche Bedeutung. Zudem beschreibt er in diesem Zusammenhang nicht nur rechts, sondern auch links palpatorisch im Bereich der Schulter-/ Nackenmuskulatur einen Muskelhartspann, so dass die rechts etwas ausgeprägteren Beschwerden sich kaum als wesentliche Unfallfolge wahrscheinlich machen lassen. Dr. G stellt in seinem Zweiten Rentengutachten vom 17. März 2009 die Schulterbeschwerden ohne kritische Diskussion lediglich – mithin kaum überzeugend – als Unfallfolgen fest.
Soweit sich hiernach eine haftungsausfüllende Kausalität annehmen lässt, rechtfertigen die hierauf beruhenden Funktionsbehinderungen keine höhere als schließlich von der Beklagten zugestandene MdE.
Nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII werden bei der Bemessung der MdE Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R -, zitiert nach juris Rn. 12). Für eine Art "Risikozuschlag" oder "Gefährdungs-MdE" wegen der Prognoseunsicherheiten hinsichtlich der Entwicklung der Krankheit ist in der auf die verminderten Arbeitsmöglichkeiten bezogenen MdE-Schätzung in der gesetzlichen Unfallversicherung kein Raum, weil auf die Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und erst in Zukunft möglicherweise eintretende Schäden grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Allerdings ist eine schon bestehende Rückfallgefahr, die bereits vor dem Eintritt des eigentlichen Rückfalls die Erwerbsfähigkeit mindert, bei der Bemessung der gegenwärtigen MdE zu berücksichtigen (BSG a.a.O., Rn. 18).
Hiervon ausgehend ist der Senat nicht im nach § 128 Abs. 1 S. 1 SGG erforderlichen Maße überzeugt, dass bei der Klägerin infolge des Arbeitsunfalls Unfallfolgen vorliegen, welche überhaupt eine MdE von mehr als 30 v.H. rechtfertigen könnten. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird zunächst abgesehen, weil die Berufung aus den zutreffenden gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 SGG.
Im Übrigen ist auch das Berufungsvorbringen nicht geeignet, zu einer für die Klägerin günstigeren MdE-Bewertung zu gelangen. Hierfür ist zunächst auf die Verfügung des Berichterstatters vom 04. Dezember 2012 zu verweisen. Darüberhinaus geben auch die von den Beteiligten eingeführten ärztlichen Äußerungen nichts für eine höhere MdE her. Soweit Dr. H in seiner für die Beklagte erstellten fachchirurgischen Stellungnahme vom 20. Februar 2012 von aktuell anhaltenden – mittelbar unfallbedingten - schmerzhaften Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenks berichtet, weist er – wie schon zuvor zur haftungsausfüllenden Kausalität ausgeführt - zugleich darauf hin, dass diese Beschwerden bereits nach einer Staffel Physiotherapie rückläufig und nur kurzfristig behandlungsbedürftig ist. Abgesehen davon, dass Dr. H nur von kurzfristigen geringen bis mäßigen Beschwerden der Schulter berichtet, hat bereits Dr. W anlässlich der von ihm durchgeführten Begutachtung die Beschwerdesymptomatik als Unfallfolge diskutiert (vgl. Gutachten S. 9), ohne hierüber – eine Unfallverursachung unterstellt – zu einer höheren MdE gelangt zu sein. Zudem stellte sich der neurologische Befund an der rechten Hand bei Dr. H offenbar sogar besser dar als noch bei Dr. W dar, der noch einen Fingerkuppen-Hohlhand-Abstand von 0,5 cm festgestellt hat, wohingegen Dr. H einen vollständigen Faustschluss beschreibt. Auch stellt sich der neurologische Befund an der rechten Hand bei Dr. H auch etwa gegenüber dem von Dr. R erhobenen deutlich milder dar. Dr. R zufolge, vgl. Bericht vom 02. April 2009, war die Klägerin unfallbedingt durch die Lähmung der vom Nervus ulnaris versorgten kleinen Handmuskeln, die unwillkürliche dystone Fehlstellung der rechten Hand, den Tremor der ulnaren Finger und die Sensibilitätsstörung eingeschränkt. Dies sind zum Einen Feststellungen, welche nur anlässlich einer EMG-Untersuchung vom 27. März 2009, mithin ohne eingehende Befunderhebung getroffen wurden. Zum Anderen vermitteln weder der bereits wenige Tage später, am 06. April 2009 bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. W noch der später von Dr. H erhobene Befund derart schwere Einschränkungen der rechten Hand.
Soweit die Klägerin meint, die neurologischen Defizite und die eingeschränkte Belastungsfähigkeit seien von Dr. W nicht hinreichend gewürdigt worden, trifft dies nicht zu. Vielmehr hat Dr. W in seine MdE-Bewertung ausdrücklich die von ihm als geringgradig eingestuften neurologischen (motorischen und sensiblen) Defizite am IV. und V. Finger bei der Beugung im Grundgelenk bzw. beim Fingerkuppen-Hohlhand-Abstand mit einbezogen. Auch hat er bei der MdE-Bewertung der herabgesetzten Belastungsfähigkeit in Form einer leichten Bewegungsverzögerung und einer endgradig schmerzhaften Innenrotation und Abduktion der rechten Schulter – eine haftungsausfüllende Kausalität insoweit unterstellend - sowie einer leichtgradigen Kraftminimierung beim Faustschluss und beim Anspannen der Hand- und Unterarmmuskulatur rechts Rechnung getragen. Dass Dr. W die Beeinträchtigungen insgesamt als nur leichtgradig einstuft, findet darin Bestätigung, dass er am Schultergürtel keine Formveränderungen, am rechten Oberarm einen gegenüber links nur gering verminderten Umfang und am Unterarmbereich eine normale Muskulatur ohne auffällige Atrophien, Verkürzungen oder Verfestigungen festgestellt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte, indem sie das Ergebnis der o.g. Begutachtung durch Dr. E mit Bescheid vom 21. Mai 2008 umsetzte und die Rente als vorläufige Entschädigung ab 26. Oktober 2007 unter Zugrundelegung einer MdE von 40 v.H. gewährte, die Klägerin teilweise klaglos gestellt hat.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine höhere Verletztenrente.
Die 1964 geborene Klägerin erlitt am 14. Juli 2006 einen von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als sie beim Hintergehen einer Treppe mit dem Fuß umknickte und etwa fünf Stufen hinab stürzte, vgl. Unfallanzeige vom 19. Juli 2006. Hierbei zog sie sich eine Ellenbogenluxationsfraktur rechts zu, vgl. Durchgangsarztbericht von Dr. BVK – Klinik für Chirurgie - vom 17. Juli 2006. Die Klägerin wurde stationär aufgenommen, und es fand am 14. Juli 2006 zunächst eine geschlossene Reposition, am 17. Juli 2006 eine offene Reposition der Gelenkluxation am Humeroulnargelenk und der Mehrfragmentfraktur im Bereich des proximalen Radius mit einer Osteosynthese mittels einer Platte und einer Schraube statt, vgl. Operationsbericht vom 24. Juli 2006 und Zwischenbericht von Dr. B vom 31. Juli 2006. Postoperativ zeigte sich eine Sensibilitätsstörung im Bereich des Nervus ulnaris mit Kribbelparästhesien im vierten und fünften Finger sowie eine Schwäche der Kleinfingermuskulatur, vgl. Dr. Bs Bericht vom 24. Juli 2006.
Es wurde in der Folgezeit keine knöcherne Durchbauung der Radiusköpfchen- und –halsfraktur festgestellt und der Verdacht auf eine Pseudarthrosenbildung geäußert, vgl. radiologisches Zusatzgutachten des radiologischen Instituts des Klinikums vom 28. Dezember 2006. Dr. B erstellte unter Einbeziehung des vorgenannten radiologischen Zusatzgutachtens für die Beklagte das Erste Rentengutachten vom 15. Januar 2007. Neurologisch sei eine schwere Schädigung des Ellennerven rechts bei erhaltener Kontinuität festgestellt worden, eine knöcherne Durchbauung bei regelrechter Lage der Implantate noch nicht eingetreten. Klinisch habe sich eine deutliche Besserung der Beweglichkeit und Kraftentwicklung seit der Operation und der ambulanten Physiotherapie gezeigt, so dass die Arbeitsunfähigkeit am 23. Oktober 2007 habe beendet werden können. Die Klägerin beklage fast ständige Beschwerden bei Belastung des rechten Ellenbogengelenk, welche bis in den ellenbogennahen Oberarm und zum Handgelenk zögen. Verstärkt seien die Beschwerden bei Bewegung im Ellenbogengelenk; in Ruhe habe sie fast keine Beschwerdesymptomatik. Bei seitengleich ausgebildeter Armmuskulatur finde sich eine verminderte Sensibilität entlang des ellenseitigen Unterarms sowie des Klein- und Ringfingers ohne komplette Aufhebung der Sensibilität. Eine komplette Streckung im rechten Ellenbogen sei nicht möglich; die Beugung sei annähernd gleich zu links (0-10-130° gegenüber 0-10-140°). Deutlich eingeschränkt seien die Pro- und Supinationsbewegungen (60-0-45° gegenüber 90-0-90°), geringgradig die Beweglichkeit des rechten Handgelenks gegenüber links (40-0-40° gegenüber 60-0-60°). Die Handspanne rechts sei deutlich gegenüber links vermindert (15-0-10° gegenüber 30-0-25°). Die grobe Kraft werde rechts vermindert gegenüber links vorgeführt. Bei der Feinmotorik falle die Unsicherheit beim Schreiben auf, welches die Klägerin sehr bedächtig vorführe. Der Spitz- und Schlüsselgriff seien möglich, jedoch ohne volle Kraftentfaltung gegenüber links. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei derzeit auf 40 vom Hundert (v.H.), nach Ablauf von drei Jahren seit dem Unfall voraussichtlich auf 30 v.H. einzuschätzen.
Die Beklagte gewährte der Klägerin nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. P vom 09. Februar 2007 der Klägerin mit Bescheid vom 15. Februar 2007 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 30 v.H. ab 24. Oktober 2006. Sie erkannte als Arbeitsunfallfolgen an: &61550; fehlende knöcherne Konsolidierung des Speichenköpfchens und des Speichenhalses &61550; Falschgelenkbildung des Speichenhalses &61550; Noch liegendes Osteosynthesematerial &61550; Einschränkung der Unterarmdrehung, der Handgelenk-, Ellenbogen- und Daumenbeweglichkeit rechts &61550; Minderung der groben Kraft der rechten Hand &61550; Minderung der Handspanne &61550; Sensibilitätsminderung des ellenseitigen Unterarms sowie des Klein- und Ringfingers.
Die Klägerin erhob am 16. März 2007 Widerspruch mit dem Begehren einer höheren Rentengewährung. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2007 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 20. Juni 2007 zum Sozialgericht Berlin (SG) S 25 U 609/07 (später S 67 U 15/08) erhobenen Klage weiter verfolgt.
Bei einer MRT-Untersuchung des rechten Handgelenks am 02. November 2007 wurde eine intakte Knochenbinnenstruktur ohne Nachweis posttraumatischer Deformierung des Os naviculare im Rahmen einer Fraktur und ohne Hinweis für das Vorliegen einer stattgehabten Handwurzelfraktur festgestellt. Ulnarer und radialer Kapselbandapparat stellten sich unauffällig dar; es finde sich eine initiale muzinöse degenerative Veränderung des Discus triangularis ulnae ohne Nachweis einer Ruptur oder Fragmentation des Faserknorpelkomplexes, vgl. Bericht der Radiologen Dres. B u.a. vom 04. November 2007.
Das SG hat den Arzt für Orthopädie Dr. E mit der Erstellung des schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 03. Dezember 2007 beauftragt, in welchem er u.a. eine unfallbedingte posttraumatische Bewegungseinschränkung des rechten Ellenbogengelenks nach Osteosynthese einer Radiusköpfchenfraktur mit Pseudarthrosenbildeung bei Plattenbruch und eine Läsion des Nervus ulnaris festgestellt hat. Er hat die Bewegungsausmaße am rechten Arm wie folgt festgestellt: - Ellenbogenbeugung/ -streckung 130-20-0 ° rechts (endgradig schmerzhaft) gegenüber 150-0-10° links - Unterarmdrehung auswärts/ einwärts 30-0-80° rechts (endgradig schmerzhaft) gegenüber 90-0-90° links - Hand dorsal/ volar rechts 75-0-70° (endgradig schmerzhaft) gegenüber 75-0-70° links - Hand radial/ ulnar 30-0-35° rechts gegenüber 45-0-45° links. Dr. E hat im Hinblick auf die bei der Klägerin vorliegenden Dauerschmerzen – belastungsabhängig verstärkt -, die Blockierungen bei der Streckung und bei der Außendrehbewegung im Ellenbogen und das Bewegungsknacken durch Verschiebung der Frakturfragmente nach dem Osteosynthesematerialbruch sowie auf die Gefühlsstörungen am rechten Unterarm und an der rechten Hand entsprechend dem Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris mit einer motorischen Teilparese die MdE auf insgesamt 40 v.H. eingeschätzt, wofür auch der röntgenologisch am 26. Oktober 2007 festgestellte Bruch des Osteosynthesematerials bedeutsam sei, welcher bei ansonsten im Wesentlichen gleich bleibenden Funktionsausmaßen eine deutlich höhere Minderbelastbarkeit der rechten oberen Extremität bedinge. Dr. E ist in seiner unter dem 02. Februar 2008 erstellten ergänzenden Stellungnahme im Wesentlichen bei seiner Einschätzung geblieben.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 21. Mai 2008 die Rente als vorläufige Entschädigung ab 26. Oktober 2007 unter Zugrundelegung einer MdE von 40 v.H. neu fest. Aufgrund eines Bruchs des Osteosynthesematerials mit Verschiebung der Bruchfragmente liege seit dem 26. Oktober 2007 eine verstärkte Minderbelastbarkeit des rechten Armes vor.
Die Klägerin hat geltend gemacht, bereits ab 14. Dezember 2006 bestünden durchgehend Unfallfolgen, die eine MdE von 40 v.H. rechtfertigten.
Das SG hat daraufhin das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W vom 07. April 2009 eingeholt. Dieser hat bei der Klägerin folgende am rechten Arm folgende Bewegungsausmaße festgestellt: - Flexion/ Extension rechts 130-10-0° gegenüber 150-0-10° links - Handinnenrand-/ -außenrandhebung rechts 80-0-40° gegenüber 90-0-90° links - Handhebung/ -senkung 70-0-70° rechts und links - Radiale/ ulnare Abkippung 40-0-40° rechts gegenüber 50-0-40° links. Bei der Überprüfung der Fingerbeweglichkeit wiesen die Finger I bis III auf der rechte Seite und die Finger I bis V auf der linken Seite keine Bewegungsstörungen auf. Rechtsseitig zeigten sich leichte Bewegungsstörungen am vierten und fünften Finger bei der Beugung im Grundgelenk. Der Fingerkuppen-Hohlhand-Abstand habe 0,5 cm betragen. Ansonsten habe der Faustschluss komplett vorgetragen werden und mit lediglich leichter Kraftabschwächung auf der rechten Seite gegen Widerstand gehalten werden können. Dr. W hat die MdE unter Einbeziehung der traumatologischen und neurologischen Folgen ab 24. Oktober 2006 durchgehend auf 30 v.H. eingeschätzt.
Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Neurologen Dr. R vom 02. April 2009 vorgelegt, derzufolge die Klägerin unfallbedingt durch die Lähmung der vom Nervus ulnaris versorgten kleinen Handmuskeln, die unwillkürliche dystone Fehlstellung der rechten Hand, den Tremor der ulnaren Finger und die Sensibilitätsstörung eingeschränkt sei. Im ebenfalls von der Beklagten vorgelegten Zweiten Rentengutachten vom 17. März 2009 hat der Facharzt für Chirurgie Dr. G die Unfallfolgen wie folgt festgestellt: - Muskelverschmächtigung im Bereich des rechten Schulterreliefs und des rechten Oberarms - Bewegungseinschränkung im rechten Ellenbogengelenk und im rechten Schultergelenk - Zwei sensible 10 cm lange Operationsnarben am rechten Ellenbogengelenk - Neurogene Schädigung des Nervus ulnaris rechts - Neurogene Schädigung im Musculus abductor digiti minimi - Neurogene Schädigung im Muskelreflexor carpi unlaris - Röntgenologisch nachweisbare Radiusköpchenfraktur mit Gelenkbeteiligung, Pseudarthrosenbildung, Lockerung des Osteosynthesematerials - Ausgeprägte Sekundärarthrose und Periarthritis - Calc. - Verminderung des Kalksalzgehaltes - Chronische Schmerzen im rechten Ellenbogengelenk, rechten Arm, Wetterfühligkeit, neurogne Schädigung am rechten Unterarm mit deutlicher Minterbalestbarkeit.
Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 18. Juni 2009 an Stelle der bisherigen Rente als vorläufiger Entschädigung ab 01. Juli 2009 eine Rente auf unbestimmte Zeit unter Zugrundelegung einer MdE von 30 v.H. und bezog sich zur Begründung auf das schriftliche Sachverständigengutachten von Dr. W.
Das SG hat die zuletzt auf eine ab 24. Oktober 2006 durchgehend höhere Rente unter Zugrundelegung einer MdE von 40 v.H. gerichtete Klage mit Urteil vom 19. August 2011 als unbegründet abgewiesen und sich der medizinischen Bewertung von Dr. W angeschlossen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 28. September 2011 zugestellte Urteil am 17. Oktober 2011 Berufung erhoben. Dr. W stehe mit seiner MdE-Einschätzung in Widerspruch zu Dr. B in dessen Erstem Rentengutachten, zu Dr. E in dessen schriftlichem Sachverständigengutachten, zu Dr. G in dessen Zweitem Rentengutachten und Dr. R in dessen Befundbericht vom 02. April 2009. Es fehle an der Einholung eines neurologischen Zusatzgutachtens. So habe das SG die neurologischen Funktionsstörungen an der rechten Hand nicht berücksichtigt. Auch sei der herabgesetzten Belastbarkeit des rechten Arms nicht Rechnung getragen worden. Zur Untermauerung ihres Vorbringens verweist die Klägerin auf die fachchirurgische Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgen Dr. H vom 20. Februar 2012. Ausdrücklich stelle Dr. H fest, dass die von der Klägerin vorgebrachte Beschwerdesymptomatik am rechten Schultergelenk nachvollziehbar und aufgrund der vermehrten Inanspruchnahme des rechten Schultergelenks als mittelbare Unfallfolge zu Lasten der Beklagten zu behandeln sei.
Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15. Februar 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 2007 und des Bescheids vom 21. Mai 2008 sowie unter Abänderung des Bescheids vom 18. Juni 2009 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 14. Juli 2006 durchgehend ab dem 24. Oktober 2006 eine Rente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und tritt der Berufung u.a. mit einem Zwischenbericht des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie J vom 28. Februar 2012 entgegen, wonach die Klägerin sich in der zweiten Staffel Physiotherapie befinde und über eine deutliche Verbesserung der Beschwerdelage insgesamt berichte, insbesondere von einer Verbesserung der Beweglichkeit der rechten Schulter und einer Schmerzreduktion für den Ellenbogen; auch das Ausstrahlen in die Finger sei deutlich weniger geworden. Die Beklagte hat zudem einen MRT-Bericht bzgl. der rechten Schulter vom 12. April 2012 vorgelegt.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 28. Januar und 29. Mai 2013 einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats im Wege schriftlicher Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltliche Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide, zu denen gemäß § 96 SGG auch der Rentenbescheid vom 18. Juni 2009 gehört (vgl. etwa Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Oktober 2011 – L 10 U 4346/08 -, zitiert nach juris Rn. 22), sind, soweit mit ihnen eine Verletztenrente unter Zugrundelegung einer MdE von mehr als 30 v.H. abgelehnt wird, rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht. Sie hat keinen weitergehenden Anspruch auf Verletztenrente aus der hierfür einzig in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlage aus § 56 Abs. 1 S. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII).
Nach § 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar liegt ein Arbeitsunfall vor. Die bei der Klägerin festgestellten Funktionseinbußen und krankhaften Veränderungen "infolge" des Arbeitsunfalls begründen jedoch keine MdE von mehr als 30 v.H.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Versicherte Tätigkeit ist u. a. auch das zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a. a. O.). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris).
Hieran gemessen bestehen keine Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsunfalls, welchen die Beklagte zutreffend anerkannt hat.
Auch bestehen keine Zweifel an der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen dem Unfallerstschaden und den persistierenden, im Kern von allen mit dem Fall befassten Gutachtern übereinstimmend festgestellten Unfallfolgen, im Wesentlichen die fehlende knöcherne Konsolidierung des Speichenköpfchens und des Speichenhalses, Falschgelenkbildung des Speichenhalses, noch liegendes Osteosynthesematerial, Einschränkung der Unterarmdrehung, der Handgelenk-, Ellenbogen- und Daumenbeweglichkeit rechts, Minderung der groben Kraft der rechten Hand, Minderung der Handspanne und Sensibilitätsminderung des ellenseitigen Unterarms sowie des Klein- und Ringfingers. Dass auch die an der rechten Schulter bestehenden Funktionsstörungen rechtlich wesentlich auf das Unfallgeschehen zurückzuführen sein sollen, ist nicht bewiesen. Weder Dr. E noch Dr. W haben in ihren schriftlichen Sachverständigengutachten insoweit einen wesentlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen erkannt. Selbst Dr. H, welcher in seiner fachchirurgischen Stellungnahme vom 20. Februar 2012 die an der Schulter bestehende Beschwerdesymptomatik (geringe bis mäßige Bewegungseinschränkung infolge einer vermehrten Inanspruchnahme mir daraus resultierender schmerzhafter Muskelverspannung (muskuläre Dysbalance)) als mittelbare Unfallfolge bezeichnet, beschreibt ebendort bereits nach Absolvieren einer Staffel Physiotherapie Rückläufigkeit und nur kurzfristige Behandlungsbedürftigkeit ohne rentenrechtliche Bedeutung. Zudem beschreibt er in diesem Zusammenhang nicht nur rechts, sondern auch links palpatorisch im Bereich der Schulter-/ Nackenmuskulatur einen Muskelhartspann, so dass die rechts etwas ausgeprägteren Beschwerden sich kaum als wesentliche Unfallfolge wahrscheinlich machen lassen. Dr. G stellt in seinem Zweiten Rentengutachten vom 17. März 2009 die Schulterbeschwerden ohne kritische Diskussion lediglich – mithin kaum überzeugend – als Unfallfolgen fest.
Soweit sich hiernach eine haftungsausfüllende Kausalität annehmen lässt, rechtfertigen die hierauf beruhenden Funktionsbehinderungen keine höhere als schließlich von der Beklagten zugestandene MdE.
Nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VII werden bei der Bemessung der MdE Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22. Juni 2004 – B 2 U 14/03 R -, zitiert nach juris Rn. 12). Für eine Art "Risikozuschlag" oder "Gefährdungs-MdE" wegen der Prognoseunsicherheiten hinsichtlich der Entwicklung der Krankheit ist in der auf die verminderten Arbeitsmöglichkeiten bezogenen MdE-Schätzung in der gesetzlichen Unfallversicherung kein Raum, weil auf die Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und erst in Zukunft möglicherweise eintretende Schäden grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Allerdings ist eine schon bestehende Rückfallgefahr, die bereits vor dem Eintritt des eigentlichen Rückfalls die Erwerbsfähigkeit mindert, bei der Bemessung der gegenwärtigen MdE zu berücksichtigen (BSG a.a.O., Rn. 18).
Hiervon ausgehend ist der Senat nicht im nach § 128 Abs. 1 S. 1 SGG erforderlichen Maße überzeugt, dass bei der Klägerin infolge des Arbeitsunfalls Unfallfolgen vorliegen, welche überhaupt eine MdE von mehr als 30 v.H. rechtfertigen könnten. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird zunächst abgesehen, weil die Berufung aus den zutreffenden gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, § 153 Abs. 2 SGG.
Im Übrigen ist auch das Berufungsvorbringen nicht geeignet, zu einer für die Klägerin günstigeren MdE-Bewertung zu gelangen. Hierfür ist zunächst auf die Verfügung des Berichterstatters vom 04. Dezember 2012 zu verweisen. Darüberhinaus geben auch die von den Beteiligten eingeführten ärztlichen Äußerungen nichts für eine höhere MdE her. Soweit Dr. H in seiner für die Beklagte erstellten fachchirurgischen Stellungnahme vom 20. Februar 2012 von aktuell anhaltenden – mittelbar unfallbedingten - schmerzhaften Bewegungseinschränkungen des rechten Schultergelenks berichtet, weist er – wie schon zuvor zur haftungsausfüllenden Kausalität ausgeführt - zugleich darauf hin, dass diese Beschwerden bereits nach einer Staffel Physiotherapie rückläufig und nur kurzfristig behandlungsbedürftig ist. Abgesehen davon, dass Dr. H nur von kurzfristigen geringen bis mäßigen Beschwerden der Schulter berichtet, hat bereits Dr. W anlässlich der von ihm durchgeführten Begutachtung die Beschwerdesymptomatik als Unfallfolge diskutiert (vgl. Gutachten S. 9), ohne hierüber – eine Unfallverursachung unterstellt – zu einer höheren MdE gelangt zu sein. Zudem stellte sich der neurologische Befund an der rechten Hand bei Dr. H offenbar sogar besser dar als noch bei Dr. W dar, der noch einen Fingerkuppen-Hohlhand-Abstand von 0,5 cm festgestellt hat, wohingegen Dr. H einen vollständigen Faustschluss beschreibt. Auch stellt sich der neurologische Befund an der rechten Hand bei Dr. H auch etwa gegenüber dem von Dr. R erhobenen deutlich milder dar. Dr. R zufolge, vgl. Bericht vom 02. April 2009, war die Klägerin unfallbedingt durch die Lähmung der vom Nervus ulnaris versorgten kleinen Handmuskeln, die unwillkürliche dystone Fehlstellung der rechten Hand, den Tremor der ulnaren Finger und die Sensibilitätsstörung eingeschränkt. Dies sind zum Einen Feststellungen, welche nur anlässlich einer EMG-Untersuchung vom 27. März 2009, mithin ohne eingehende Befunderhebung getroffen wurden. Zum Anderen vermitteln weder der bereits wenige Tage später, am 06. April 2009 bei der gutachterlichen Untersuchung durch Dr. W noch der später von Dr. H erhobene Befund derart schwere Einschränkungen der rechten Hand.
Soweit die Klägerin meint, die neurologischen Defizite und die eingeschränkte Belastungsfähigkeit seien von Dr. W nicht hinreichend gewürdigt worden, trifft dies nicht zu. Vielmehr hat Dr. W in seine MdE-Bewertung ausdrücklich die von ihm als geringgradig eingestuften neurologischen (motorischen und sensiblen) Defizite am IV. und V. Finger bei der Beugung im Grundgelenk bzw. beim Fingerkuppen-Hohlhand-Abstand mit einbezogen. Auch hat er bei der MdE-Bewertung der herabgesetzten Belastungsfähigkeit in Form einer leichten Bewegungsverzögerung und einer endgradig schmerzhaften Innenrotation und Abduktion der rechten Schulter – eine haftungsausfüllende Kausalität insoweit unterstellend - sowie einer leichtgradigen Kraftminimierung beim Faustschluss und beim Anspannen der Hand- und Unterarmmuskulatur rechts Rechnung getragen. Dass Dr. W die Beeinträchtigungen insgesamt als nur leichtgradig einstuft, findet darin Bestätigung, dass er am Schultergürtel keine Formveränderungen, am rechten Oberarm einen gegenüber links nur gering verminderten Umfang und am Unterarmbereich eine normale Muskulatur ohne auffällige Atrophien, Verkürzungen oder Verfestigungen festgestellt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst. Hierbei war zu berücksichtigen, dass die Beklagte, indem sie das Ergebnis der o.g. Begutachtung durch Dr. E mit Bescheid vom 21. Mai 2008 umsetzte und die Rente als vorläufige Entschädigung ab 26. Oktober 2007 unter Zugrundelegung einer MdE von 40 v.H. gewährte, die Klägerin teilweise klaglos gestellt hat.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
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