L 3 R 834/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 13 R 473/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 834/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 08. Juni 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab August 2007.

Die 1975 geborene Klägerin absolvierte von 1993 bis 1996 eine Ausbildung zur Bankkauffrau und berufsbegleitend von 1996 bis 1999 zur Bankfachwirtin. Sie war seit Februar 1996 in ihrem Ausbildungsberuf bei der Landesbank B als Individualberaterin Vermögensbildung tätig. Das weiterhin bestehende Arbeitsverhältnis ruht aufgrund der Geburt ihres Sohnes am 09. Januar 2011 bis einschließlich 08. Januar 2014 von der Klägerin in Anspruch genommenen Elternzeit.

Seit dem 29. August 2005 ist bei der Klägerin fortlaufend Arbeitsunfähigkeit attestiert worden. Sie befand sich wiederholt in stationärer Behandlung, insbesondere zur Diagnostik bei ihr bestehender multiplen Beschwerden (vgl. Entlassungsberichte der Klinik E vom 09. August 2006, C C M Rheumatologische und Klinische Immunologie vom 04. Oktober 2006 (Diagnosen: IgG4-Subklassenmangel – aktuell keine Substitutionspflichtigkeit, kein objektiver Anhalt für eine rheumatische Erkrankung, Somatisierungsstörung), des Universitätsklinikums L, Klinik für Innere Medizin, vom 08. Dezember 2006, des A-Krankenhauses vom 11. Januar 2007, des H Klinikums Bad S vom 02. Oktober 2006 (Diagnosen: kein Anhalt für eine hämatologische Systemerkrankung oder Tumor bzw. eine therapiepflichtige lymphoproliferate Erkrankung oder Sarkoidose, ausgeprägte Somatisierung), vom 19. März 2007 und 11. Mai 2007 (Diagnosen: chronische Cholezystitis bei -lithisiasis, Ovarialzysten bds., peritoneals Adhäsionen, axiale Hernie, V. a. Kollagenose, unspezifische zervikale Lymphadenopathie; diagnostische Lapraskopie und Cholezystektomie am 08. Mai 2007) sowie des J-Krankenhauses T [Rheumazentrum des Landes Brandenburg] vom 08. Mai 2007 (Diagnosen: Fibromyalgie, superfizielle Dermatitis; keine Validisierung einer Kollagenose, eines Lupus erythematodes, einer Spondyloarthritis bei HLA-B27-Positivität, eines Lymphoms oder einer Sarkoidose, kein Anhalt für eine Reaktivierung der Infektion mit Epstein-Barr-Viren [EBV])).

Am 03. August 2007 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen der bei ihr seit Juli 2004 bestehenden multiplen Beschwerden und Infektionen mit Verdacht auf Vorliegen einer Systemerkrankung. Die Beklagte zog die Unterlagen des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit Potsdam bei, u. a. das für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) von Dr. J erstellte Gutachten vom 15. September 2006 über die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit, das für die Bundesagentur für Arbeit erstellte Gutachten der Ärztin von P vom 08. Juni 2007, die zuvor genannten Klinikberichte, einen ausführlichen Bericht der die Klägerin behandelnden Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. M vom 23. März 2007 über die bereits erfolgten Untersuchungen und den Verlauf der Erkrankungen, erstellt für das J-Krankenhaus, sowie Arztbriefe der Dialysepraxis Fürstenwalde (Dr. F) vom 28. November 2006 und des Internisten und Pneumologen Dr. E vom 31. Dezember 2006.

Auf Veranlassung der Beklagten stellte sich die Klägerin am 02. September 2007 bei dem Internisten Dr. K und am 18. September 2007 bei der Psychiaterin M zur Begutachtung vor. Dr. K stellte in seinem Gutachten vom 15. September 2007 als Diagnosen: Verdacht auf Fibromyalgiesyndrom, Verdacht auf rezidivierende Gastritis, Verdacht auf sekundär-neurotische Fehlentwicklung, Merkmalsträger HLA-B 27. Gegenwärtig lägen keine Befunde vor, die auf eine schwerwiegende Erkrankung der Klägerin hinweisen würden. Insbesondere finde sich derzeit kein Anhalt für eine floride entzündliche rheumatische Erkrankung oder sonstige Allgemeinerkrankung. Ursächlich für die angegebenen Beschwerden sei eine dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnende Erkrankung, eine sogenannte Somatisierungsstörung. Bei Berücksichtigung der das internistische Fachgebiet tangierenden Befunde sei die Klägerin in ihrer Erwerbsfähigkeit möglicherweise eingeschränkt, keinesfalls jedoch so schwer, dass eine Erwerbstätigkeit von wirtschaftlichem Wert im erlernten oder in vergleichbaren Berufen nicht möglich wäre. Die Klägerin sei in ihrer letzten Tätigkeit wie auch für leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen, in Tagesschicht drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig. Dem Gutachter lagen weitere von der Klägerin eingereichte medizinische Unterlagen, wie der Entlassungsbericht des H Klinikum Bad S vom 11. September 2007 (Diagnosen: Fibromyalgiesyndrom mit somatoformer Schmerzstörung, Z. n. Cholezystektomie; Ausschluss einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung) sowie diverse Untersuchungsbefunde (Laborwerte, Röntgen- und Sonografieberichte) aus der Zeit von März 2007 bis Juli 2007 vor.

Die Psychiaterin M führte in ihrem Gutachten vom 07. Oktober 2007 aus, bei der Klägerin liege eine Somatisierungsstörung vor. Dem Antrag auf Rente solle derzeit nicht stattgegeben werden, vielmehr seien die ambulanten Möglichkeiten bei weitem nicht ausgeschöpft und eine medizinische Rehabilitation wie auch eine ambulante tiefenpsychologisch fundierte Therapie zu empfehlen. In ihrer Tätigkeit als Bankkauffrau wie auch für körperlich mittelschwere Arbeiten sei die Klägerin noch 6 Stunden und mehr arbeitstäglich einsetzbar.

Nach Einholung einer Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. A vom 17. Oktober 2007 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. November 2007 den Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung ab. Bei der Klägerin bestehe eine Somatisierungsstörung mit Fibromyalgiesyndrom ohne schwerwiegende Leistungseinschränkung für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Danach könne sie noch mindestens im Umfang von 6 Stunden täglich regelmäßig Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben. Des Weiteren bot die Beklagte der Klägerin Leistungen zur medizinischen (psychosomatischen) Rehabilitation an.

Am 02. Januar 2008 erhob die Klägerin Widerspruch und führte aus, sie stehe dem Arbeitsmarkt auch nicht für mindestens 3 Stunden täglich zur Verfügung. Bei ihr bestehe weiterhin der Verdacht auf eine Systemerkrankung mit autoimmuner Komponente, da Atemwegsbeschwerden sowie organische Störungen von Nieren/Leber/Galle/Darm im Vordergrund stünden. Offensichtlich sei lediglich auf den Entlassungsbericht der Rheumaklinik in T abgestellt worden. Dort habe man trotz mehrfacher Bronchoskopien ihrer Lungenproblematik keine weiterführende Beachtung geschenkt. Seit Sommer 2006 befinde sie sich freiwillig in psychotherapeutischer Behandlung, jedoch sei von dem Psychologen keine gravierende psychische Störung attestiert, sondern nachdrücklich eine Behandlung der organischen Beschwerden gefordert worden. Ihr Arbeitgeber würde ihre gesundheitliche Situation kennen und nach einer Genesung das Beschäftigungsverhältnis gerne wieder aufleben lassen, auch unter veränderten Bedingungen (ohne direkten Kundenkontakt wegen der hohen Infektanfälligkeit). Beigefügt waren weitere medizinische Unterlagen, insbesondere Laborbefunde aus dem Jahre 2007, der Entlassungsbericht des J-Krankenhauses T vom 02. August 2007 (u. a.: aktuell kein Anhalt für eine Kollagenose, kein Anhalt für glomeruläre oder tubulo-interstitielle Schädigung, Kriterien für ein M. Reiter-Syndrom seien nie erfüllt gewesen, die im CT-Thorax sich zeigenden minimalen Herde von 1 bis 2 mm Größe seien von Natur unspezifisch) sowie Arztbriefe des Internisten und Pneumologen Dr. E vom 28. August, 28. September und 31. Dezember 2006 sowie vom 16. Januar und 11. Februar 2008.

Vom 26. Februar bis zum 25. März 2008 befand sich die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in Bad W, aus der sie mit den Diagnosen: "Somatisierungsstörung, infektiöse oder parasitäre Krankheiten in der Eigenanamnese, Bronchiolitis, Fibromyalgie: mehrere Lokalisationen, allergische Rhinopathie" als arbeitsunfähig entlassen wurde. Das Leistungsvermögen der Klägerin wurde als vollschichtig für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Diplombankfachwirtin sowie für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes beurteilt. Lediglich Nachtschicht wie auch Tätigkeiten mit Publikumsverkehr seien auszuschließen (Entlassungsbericht vom 28. März 2008).

Nach Auswertung des Entlassungsberichts der Reha-Klinik wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juni 2008 als unbegründet zurück.

Mir ihrer am 08. Juli 2008 beim Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Rentenbegehren weiterverfolgt und sich auf die Leistungsbeurteilung im Gutachten der Bundesagentur für Arbeit vom 08. Juni 2007 bezogen. Zum Nachweis ihrer vielfältigen Beschwerden wie auch gestellter Diagnosen hat sie sich auf den ergänzten Verlaufsbericht ihrer Hausärztin Dr. M vom 22. September 2008 gestützt. Sie hat aktuelle Laborwerte und Ergebnisse von Lungenfunktionsprüfungen aus dem Jahre 2008 sowie den Bericht der Charité C M, Ambulantes Gesundheitszentrum, vom 08. Mai 2008 vorgelegt.

Das SG hat ein Vorerkrankungsverzeichnis der S Betriebskrankenkasse vom 08. September 2009, Befundberichte (BB) der die Klägerin behandelnden Ärzte sowie Berichte über Krankenhausbehandlungen beigezogen: - BB der Internistin/Pneumologin Dr. K vom 03. September 2009 nebst Untersuchungsbericht vom 08. Februar 2007, - BB des HNO-Arztes Dr. G vom September 2009 nebst Entlassungsbericht des J-Krankenhaus T vom 21. Januar 2004, Bericht des Klinikum E HNO-Klinik vom 28. November 2007 sowie Kurzbericht der C HNO-Klinik vom 04. Februar 2008 nebst pathologisch-anatomischen Gutachten vom 01. Februar 2008, - BB der Allgemeinmedizinerin Dr. M vom 04. September 2009 nebst Laborergebnissen von Januar 2009, - BB des Internisten, Hämatologen und Onkologen Dr. F vom 08. September 2009, - BB der Internistin Dr. L vom 04. September 2009, - Bericht des H Klinikum B , Dr. D, vom 09. Oktober 2007, - BB der Augenärztin Dr. V vom 10. September 2009, - Radiologische und sonografische Befunde der Ärzte für Radiologie Dres. med. N et al. vom 06. Februar 2007, 26. August 2009 und 31. August 2009, - BB des Internisten und Nephrologen Dr. B, Nachfolger von Dr. S, vom 18. September 2009, - BB von Dr. D vom Institut für Tropenmedizin B vom 21. September 2009 nebst Arztbrief vom 02. April 2007, - BB der Gynäkologin Dr. S vom 09. September 2009 nebst Arztbrief vom 08. Juli 2008, - BB des Endokrinologen Dr. B vom 09. September 2009 nebst Arztbrief vom 10. September 2007, - Bericht der C HNO-Klinik vom 04. Februar 2008, - BB des Urologen DM B vom 12. September 2009, - BB des Internisten und Nephrologen Dr. F vom 19. September 2009 nebst Arztbriefen vom 21. August und 28. November 2006, - BB des Internisten und Pneumologen Dr. E vom 05. September 2009, - BB der Internisten und Nephrologen Dres. med. B-R et al. vom 17. September 2009, - BB der Rheumatologin Dr. M vom 25. September 2009, - Arztbericht der C Immundefektsprechstunde vom 16. April 2008, - BB des Zahnarztes Dipl.-Stom. W vom 28. September 2009, - BB des HNO-Arztes Dr. G vom 01. Oktober 2009 nebst Bericht über Untersuchungsergebnisse im K-Klinikum N (HNO-Klinik), H vom 30. September 2009, - BB des Gynäkologen Dr. O vom 12. Oktober 2009, - BB der C HNO-Klinik vom 15. Oktober 2009, - BB des Allgemeinmediziners Dr. R vom 30. Oktober 2009, - BB der Ergotherapeutin W vom 25. November 2009 über die Behandlung von Oktober 2007 bis Januar 2008, - BB der C Gynäkologische Ambulanz vom 25. November 2009, - BB des Facharztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. J vom 30. November 2009.

Das SG hat sodann ein medizinisches Sachverständigengutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C vom 12. Juli 2010 eingeholt. Dr. C ist nach Untersuchung der Klägerin am 06. Juli 2010 zu dem Ergebnis gelangt, dass sich bei der aktuell im vierten Monat schwangeren Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet keine positive Diagnose stellen lasse. Die Klägerin wirke psychopathologisch eher unauffällig, möglicherweise sei dies auch durch die Schwangerschaft mitbedingt. Ansonsten bestehe eine erhöhte Infektanfälligkeit sowie ein chronisches Schmerzsyndrom, welches derzeit überwiegend im Brustkorb lokalisiert werde, aber teilweise auch die Extremitäten mit umfasse. Dies sei teilweise als Fibromyalgie beschrieben worden. Der Höhepunkt dieser Störung habe in den Jahren 2005 bis 2007 bestanden. Danach sei es langsam zu einer Beruhigung der Situation gekommen. Aus psychiatrischer Sicht könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten und geistig mittelschwierige Arbeiten ausführen. Auszuschließen sei Nachtschicht sowie Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck. Häufiger Publikumsverkehr sei aus psychiatrischer Sicht möglich. Die Leistungsminderung habe schon zum Zeitpunkt der Antragstellung bestanden.

Entsprechend der Empfehlung von Dr. C hat das SG anschließend ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten von dem Facharzt für Innere Medizin Dr. F vom 30. Oktober 2010 eingeholt. Dr. F hat nach Untersuchung der Klägerin am 06. Oktober 2010 als Diagnosen gestellt: - V. a. Autoimmunerkrankung unklarer Zuordnung, selektiver IgG4-Subklassenmangel - Z. n. Ausschluss einer rheumatologischen Grunderkrankung oder Kollagenose - Chronische Bronchitis bei erhöhter Infektanfälligkeit ohne aktuelle Lungenfunktionsminderung - Fibromyalgiesyndrom mit rezidivierender Arthritis im rechten Sprunggelenk und wechselndem Beschwerdebild - Pos. HLA-B27-Befund ohne klinischen Anhalt für Morbus Bechterew - Zustand nach Epstein-Barr-Virus-Infektion - Aktuelle Schwangerschaft in der 24. Woche. Die Klägerin könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten sowie geistig mittelschwere Arbeiten, ohne Dauergehen oder Dauerstehen, mit Tragen und Bewegen von Lasten bis fünf Kilogramm, kurzfristig auch 10 Kilogramm, sechs Stunden täglich verrichten. Wegen der anhaltend erhöhten Infektanfälligkeit seien aber nur noch Arbeiten in geschlossenen temperierten Räumen zumutbar, häufiger Publikumsverkehr sei zu vermeiden. Arbeiten in Nachtschicht und unter besonderem Zeitdruck wie Akkord oder am Fließband seien ebenfalls nicht zumutbar. Nach anfänglicher Leistungsunfähigkeit (die Klägerin sei ab dem 20. August 2005 arbeitsunfähig krank gewesen), habe sich durch die Reha-Maßnahme in W im Februar/März 2008 das Leistungsvermögen soweit gebessert, dass seither von dem nunmehr vorliegenden Leistungsvermögen ausgegangen werden könne. Er stimme mit dem Inhalt des Reha-Entlassungsberichtes aus W vom 28. März 2008 im Wesentlichen überein.

Auf die im Detail erhobene Kritik der Klägerin hat der Sachverständige Dr. F am 23. März 2011 Stellung genommen. So sei die Klägerin in ihrem Leistungsvermögen zweifelsohne eingeschränkt, jedoch seien die Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes nicht so ausgeprägt bzw. hätten sich soweit gebessert, dass die Klägerin eine leichte berufliche Tätigkeit mit den bereits genannten qualitativen Einschränkungen ausüben könne. Der Verdacht auf eine Erkrankung, eine gesicherte Diagnosestellung oder auffällige Laborwerte würden nicht zwangsläufig zu einer Aufhebung des Leistungsvermögens führen. Soweit in seinem Sonografiebefund eine normale Gallenblase beschrieben worden sei, obwohl diese - wie auf Seite 4 des Gutachtens dargestellt - operativ entfernt gewesen sei, handele es sich um einen Übertragungsfehler im Schreibbüro.

Das SG hat durch Urteil vom 08. Juni 2011 die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. C und Dr. F sowie der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Internisten Dr. K und der Psychiaterin M sowie dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik B W vom 28. März 2008 verfüge die Klägerin noch über ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich. Im Hinblick auf die Beurteilung des Sachverständigen Dr. F komme auch keine Zeitrentengewährung für zurückliegende Zeiten in Betracht. So könne mit Blick auf die zeitnah im Jahr 2007 getroffenen Feststellungen des Internisten Dr. K und der Psychiaterin M ein in rentenrechtlich relevantem Maße aufgehobenes Leistungsvermögen von (prognostisch) mindestens sechsmonatiger Dauer nicht mit für an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit dergestalt im Sinne eines Vollbeweises als nachgewiesen angesehen werden, als dass vernünftige Zweifel schwiegen. Einer weiteren rheumatologischen Begutachtung habe es nicht bedurft, da Dr. F nachvollziehbar das Vorliegen einer rheumatischen Grunderkrankung ausgeschlossen habe.

Gegen das ihr am 12. Juli 2012 zugestellte Urteil richtet sich die Klägerin mit ihrer am 10. August 2011 eingelegten Berufung. Der Sachverständige Dr. F habe sich unzureichend mit der bei ihr bestehenden Familienanamnese bzgl. rheumatischer Erkrankungen sowie einer bei ihr bestehenden Autoimmunerkrankung und dem positiven HLA-B27-Befund auseinander gesetzt.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin/Rheumatologie R vom 08. Dezember 2012 eingeholt. Bei der Untersuchung am 06. Juli 2012 hat die Klägerin dem Sachverständigen neben den bereits in den Akten befindlichen medizinischen Unterlagen aktuelle Unterlagen vorgelegt: - Berichte der C Immundefekt-Ambulanz vom 19. Dezember 2011 und 27. Februar 2012 (Diagnosen: IgG4-Subklassenmangel mit gehäuften Infekten der oberen Luftwege, Vitamin-D-Mangel, V. a. allergische Diathese; bei identischer Befundkonstellation wie in der Vordiagnostik 03/2008 im Hinblick auf die von der Klägerin geschilderte Infekthäufung nunmehr Empfehlung des Versuchs einer regelmäßigen Immunglobulinsubstitution für einen probatorischen Zeitraum von sechs Monaten), - Bericht der C Ambulantes Gesundheitszentrum vom 08. März 2012, - Bericht des I Krankenhaus B vom 18. April 2012 über eine stationäre Behandlung (Diagnosen u.a.: Arthralgien und Myalgien unklarer Genese, aktuell kein Anhalt für Spondyloarthritis, Kollagenose oder reaktive Arthritis, IgG4-Subklassenmangel, bekannte normozytäre Anämie, kleine axiale Hernie, erosive Gastritis), - Bericht des Tropeninstituts B vom 08. März 2006 (kein Nachweis einer tropenspezifischen Erkrankung) sowie - Bericht des Klinikum B vom 28. Juli 2005.

Der Sachverständige R hat als Diagnosen gestellt:

1. Psoriasis-Arthritis, HLA B27 positiv, mit a. Nagelpsoriasis b. Psoriasis in der Familienanamnese b. Asymmetrischer Oligoarthritis e. Wahrscheinlich assoziierte eosinophiler Kolitis f. Möglicherweise assoziierte Fatique-Symptomatik g. Unspezifischen Antinukleären Antikörpern als immunologisch messbares Begleitphänomen 2. Chronisch-rezidivierende Gastritis 3. IgG4-Subklassenmangel 4. Anamnestische Angabe gehäufter Infekte der oberen Luftwegen mit a. Mehrfachen Bronchoskopien und wiederholter b. Wertung als neutrophile Bronchiolitis

Der Sachverständige hat ausgeführt, die Diagnose einer Psoriasis-Arthritis mit Nagelpsoriasis beruhe im Wesentlichen auf einer neuen Gewichtung bereits bekannter Befunde, auf geringgradigen Veränderungen an einem Fingernagel und einem Daumennagel, wie sie für einen Schuppenflechtenbefall typisch seien, und einer Erhebung der Familienanamnese bzgl. einer Schuppenflechte. Der Aktivitätsgrad der Psoriasis-Arthritis sei bei der Klägerin nach seiner Einschätzung mäßig, das Schädigungsausmaß am knöchernen Teil des Bewegungsapparates gering. So habe er bei seiner Untersuchung von 76 Gelenken eine Schwellung an einem Gelenk (links zwischen Brustbein und Schlüsselbein) beobachtet, sowie bei 36 von 78 Gelenken die Angabe einer Druckschmerzhaftigkeit erhalten. In der Ultraschalluntersuchung von fünf Gelenken habe er an zwei Gelenken eine Flüssigkeitsvermehrung gefunden, wie sie einem gering entzündlichen Gelenkerguss entspreche, und eine Sehnenscheide habe entzündet gewirkt. Die Wirbelsäule habe einige Bewegungseinschränkungen aufgewiesen und sei in der ganzen Länge druckschmerzhaft gewesen. Bei Voruntersuchungen sei das rechte Sprunggelenk wiederholt als geschwollen beschrieben und in Laboruntersuchungen wiederholt geringe Erhöhungen einiger Entzündungsmarker festgestellt worden. Außerdem sei ein Marker für entzündlich-rheumatische Erkrankungen festgestellt worden, der mit einer Psoriasis-Arthritis assoziiert sei (HLA-B27).

Eine reaktive Arthritis als Folge auf eine bakterielle oder virale Infektion halte er angesichts der zahlreichen diesbezüglichen Befunde für so weitgehend ausgeschlossen, wie es die Methode hergebe. Ein Morbus Bechterew liege ausweislich der Auswertung der Röntgenbilder des Beckens von Juni 2005 definitionshalber nicht vor. Die Auswertung der MRT-Bilder der Wirbelsäule von April 2012 ergebe auch keine andere aktive Spondyloarthritis gemäß den ASAS-Kriterien. Eine Kollagenose sei bei einem grenzwertig niedrigen Titer und einem unspezifischen Muster auszuschließen. Die antinukleären Antikörper in wechselnder Höhe deute er eher als immunologisches Begleitphänomen der Psoriasis-Arthritis. Ein Morbus Wegener liege bei fehlender diesbezüglicher Klinik und fehlenden antizytoplasmatischen Antikörpern ebenfalls nicht vor. Soweit nunmehr hinsichtlich des bei der Klägerin diagnostizierten IgG4-Subklassenmangels von den Ärzten der Immundefektsprechstunde erstmals im Dezember 2011 eine Behandlung angedacht werde, ohne dass sich die Befundkonstellation erkennbar geändert habe, könne dies nur als ein individueller Heilversuch begriffen werden. Im Hinblick auf die in Kauf zu nehmenden Risiken müsse dies sehr sorgfältig abgewogen werden. Weder aus den Angaben der Klägerin noch der Aktenlage sei ein schwerer Immundefekt oder eine Häufung schwerer bakterieller Infekte zu entnehmen. Zumal die in diesem Zusammenhang wiederholt diagnostisch erfolgten Lymphknotenentnahmen allesamt nur Veränderungen aufwiesen, die auf keinen besonderen Schweregrad an Infekten oder auf andere Erkrankungen hinweisen würden. Die von der Klägerin geschilderten Beschwerden beträfen ein beeinträchtigtes Allgemeinbefinden im Sinne einer raschen Erschöpfbarkeit, wie sie bei entzündlichen rheumatischen Erkrankungen oft vorkomme. Die geschilderten Magen-Darm-Beschwerden würden zu den Ergebnissen der häufigen endoskopischen Diagnostik mit Magenschleimhautentzündungen und Darmschleimhautentzündungen mit unspezifischem bzw. eosinophilem Charakter passen.

Durch die festgestellten Erkrankungen sei die Klägerin in ihrer Leistungsfähigkeit erheblich gemindert. Ein Wechsel der Körperhaltung sollte regelmäßig durchführbar sein. Zu vermeiden seien Arbeiten im Freien, regelhaft einseitige körperliche Belastungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an Maschinen mit Rotationen und Rüttelungen und anderen gefährlichen Abläufen, im nassen oder feuchten Milieu sowie mit chemisch irritierenden Substanzen. Die Leistungsfähigkeit sei auch quantitativ eingeschränkt und zwar auf unter sechs Stunden arbeitstäglich. Nach Gewichtung der Befunde nebst Beschwerdepräsentation halte er eine stärkere Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf unter drei Stunden jedoch nicht für gegeben.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, ihr Immundefekt und die daraus abzuleitenden erheblichen Beeinträchtigungen ihres Allgemeinbefindens mit rascher Erschöpfbarkeit etc. werde von den Sachverständigen wie auch von der Beklagten nicht hinreichend gewürdigt. Auch führten Schwangerschaft und Kind zu einer weiteren Verschlechterung ihres Immunzustandes. Der erhöhte IgG2-Subklassentiter und ein erhöhter IgA-Titer würden zudem auf chronische bakterielle Infekte und Abwehrreaktionen des Körpers hinweisen. Ihre schmerzhafte Morgensteifigkeit von 30 Minuten und mehr führe zu einer erheblichen Leistungseinbuße. Auch wenn die Morgensteifigkeit vergehe, blieben noch die massiven Schmerzen in sämtlichen Gelenken, so dass sie kaum irgendetwas bewegen und machen könne. Nach dem Beginn der Schwangerschaft im Frühsommer 2010 seien noch weitere entzündliche Schübe aufgetreten, was durch die ambulanten Behandlungen und Blutuntersuchungen zu belegen sei. In den Gutachten würden nicht alle von ihr aufgelisteten Erkrankungen bzw. Diagnosen berücksichtigt.

Die Klägerin beantragt,

ein immunologisches Gutachten einzuholen sowie

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 08. Juni 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Juni 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. August 2007 eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen R könne im Hinblick auf fehlende Funktionseinschränkungen, die ein rentenrechtlich relevantes Ausmaß hätten, nicht gefolgt werden. Der Sachverständige gehe wegen einer gefundenen Nagelveränderung von einer möglichen Psoriasis-Arthritis aus, eine stärkere entzündliche Aktivität sei nicht nachweisbar. Weder bestünden Deformitäten noch nennenswerte röntgenologische Veränderungen und auch keine Funktionsbehinderungen der Gelenke.

Der Senat hat vom erstinstanzlich gehörten Sachverständigen Dr. F eine ergänzende Stellungnahme vom 12. März 2013 eingeholt. Dr. F hat darauf hingewiesen, dass die vom Sachverständigen R mitgeteilten somatischen Befunde nicht wesentlich von den von ihm erhobenen Befunden abwichen. Soweit der Sachverständige R nunmehr an einem Fingernagel und einem Daumennagel Zeichen einer Nagelschuppenflechte in geringem Ausmaß gefunden habe, seien diese bei seiner Untersuchung im Jahr 2010 noch nicht auffällig gewesen. Aus der nunmehrigen Diagnosestellung einer Psoriasis-Arthritis ergebe sich keinesfalls eine zusätzliche Leistungslimitierung. Zwar sei es möglich, dass es innerhalb der seit seiner Begutachtung vergangenen zwei Jahre, in der die Klägerin u. a. auch ihr Kind entbunden habe, zu einem erhöhten Leistungsmangel gekommen sei, dieser lasse sich jedoch aus den vorhandenen Befunden auch unter Berücksichtigung der Akten nicht mit Sicherheit bestätigen.

Die Beklagte hat einen Versicherungsverlauf vom 20. März 2013 vorgelegt und mit Schreiben vom 04. Juni 2013 erklärt, dass auch für die Zeit von Januar 2011 bis Dezember 2012 Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II durch das zuständige Jobcenter maschinell übermittelt worden seien.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten (3 Bände) sowie der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01. August 2007.

Gemäß § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 43 Abs. 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nicht erwerbsgemindert ist dagegen, wer unter den genannten Bedingungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI).

Bei der Klägerin sind keine andauernden Funktionseinschränkungen feststellbar, die ab dem 01. August 2007 eine Einschränkung ihres Leistungsvermögens für körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne häufigen Publikumsverkehr auf unter sechs Stunden arbeitstäglich zu begründen vermögen. Insbesondere ist ihr eine Bürotätigkeit, wie z.B. in ihrem erlernten Beruf als Bankkauffrau in einem Arbeitsbereich ohne häufigen Kundenkontakt, noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich.

Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats (§ 128 SGG) aus den bereits erstinstanzlich eingeholten Gutachten des Internisten Dr. F und des Neurologen und Psychiater Dr. C, den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Internisten Dr. K und der Psychiaterin M sowie dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Bad W vom 28. März 2008. Die hierbei erhobenen Befunde belegen noch ein Leistungsvermögen der Klägerin für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich.

Soweit Dr. C aufgrund seiner im Juli 2010 erfolgten Untersuchung keine ausgeprägte psychische Erkrankung, insbesondere in Form einer Somatisierungsstörung, mehr feststellen konnte, ist dies – worauf er selbst hinweist – wohl einer zwischenzeitlichen Stabilisierung der Klägerin sowie den positiven Auswirkungen der Schwangerschaft geschuldet. Bei der Begutachtung durch Dr. K Anfang September 2007 hatte die Klägerin noch in erheblichem Maße psychisch alteriert gewirkt, so dass von dem Gutachter eine fachspezifische Begutachtung als erforderlich angesehen wurde. Die Somatisierungsstörung, die im September 2007 von der Psychiaterin M und bereits wiederholt im Rahmen von stationären Behandlungen in den Jahren 2006 und 2007 (vgl. Entlassungsberichte der Klinik E vom 09. August 2006, Charité C M Rheumatologische und Klinische Immunologie vom 04. Oktober 2006, H Klinikum Bad S vom 02. Oktober 2006, A-Krankenhaus vom 11. Januar 2007) bei der Klägerin diagnostiziert worden war, hat nach dem von Dr. C erhobenen Befund offensichtlich ihre Intensität und damit ihre Krankheitswertigkeit verloren. Dies spiegelt sich in einem Rückgang der stationären Aufenthalte der Klägerin im Vergleich zu der Zeit vor der Reha-Maßnahme in Bad W im Februar/März 2008. Die Gutachterin M hatte mit Blick auf die festgestellte Somatisierungsstörung zwar ebenfalls eine Reha-Empfehlung ausgesprochen, jedoch bei der Klägerin diesbezüglich noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für die Tätigkeit als Bankkauffrau und für mittelschwere körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bejaht.

Soweit vom Sachverständigen Dr. F bei der Klägerin ein selektiver IgG4-Subklassenmangel, ein positiver HLA-B27-Befund, eine abgelaufene EBV-Infektion, eine chronische Bronchitis bei erhöhter Infektanfälligkeit ohne aktuelle Lungenfunktionsminderung sowie ein Fibromyalgiesyndrom mit rezidivierender Arthritis im rechten Sprunggelenk und wechselndem Beschwerdebild festgestellt worden sind, führen diese Leiden zwar zu erheblichen qualitativen jedoch nicht zu rentenrechtlich bedeutsamen quantitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens. So hat die klinische Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. F einen körperlich völlig unauffälligen Befund ergeben. Die Blutzuckerwerte wie auch die leber- und nierenspezifischen Laboruntersuchungen haben sämtlich im Normalbereich gelegen. Die Ultraschall-Untersuchung der Nieren und Harnwege hat keine krankhaften Abweichungen ergeben. Der Auskultationsbefund über den Lungen ist trotz berichteter chronischer Bronchitis physiologisch gewesen. Die ruhespirographische Untersuchung hat einen Normalbefund gezeigt. Von Seiten der früher geklagten abdominellen Beschwerdesymptomatik sind von der Klägerin keine Beschwerden mehr angegeben worden. Hinsichtlich der Wirbelsäule hat sich nur eine geringe Druck- und Klopfempfindlichkeit ohne Verspannung der paravertebralen Muskulatur und ohne wesentliche Beweglichkeitseinschränkung ergeben. Auch von Seiten der Gelenke haben keine wesentlichen Beschwerden oder Bewegungseinschränkungen vorgelegen. Das Erinnerungs- und Konzentrationsvermögen der Klägerin ist nicht vermindert erschienen. Bereits dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik Bad W vom 28. März 2008 ist ein im Wesentlichen unauffälliger körperlicher Befund zu entnehmen. Auch dort haben die Laborwerte und Untersuchungsergebnisse mit Ausnahme einer diskreten Eiweißausscheidung weitgehend im Referenzbereich gelegen. Trotz der bekannten Infektanfälligkeit ist bei der Klägerin während des Aufenthalts auch unter den Bedingungen einer Reha-Maßnahme keine Exazerbation aufgetreten. Die Gelenke haben bei freier Beweglichkeit weder eine Rötung noch eine Schwellung aufgewiesen. Nichts anderes lässt sich dem Gutachten von Dr. K vom 08. September 2007 entnehmen, der einen unauffälligen klinischen und sonografischen Befund, insbesondere bzgl. der inneren Organe und des Halte- und Bewegungsapparates beschreibt. Da die von ihm gleichwohl vorgenommene Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin auf drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich nicht durch den von ihm erhobenen Befund gedeckt ist, kann dies nur als Begründung für die von ihm ausgesprochene Reha-Empfehlung gewertet werden. Im Übrigen haben auch die die Klägerin längerfristig behandelnden Ärztinnen und Ärzte, soweit sie diesbezüglich Angaben machten bzw. machen konnten, den Diagnosen und der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin in dem Entlassungsbericht der Reha-Klinik B vom 28. März 2008, der ihnen jeweils in vollständiger Kopie übersandt worden war, ausdrücklich im Wesentlichen zugestimmt (z.B. BB von Dr. M, Dr. L, Dr. F, Dr. E, Dr. J).

Soweit der nach § 109 SGG angehörte Sachverständige R von einem untervollschichtigen Leistungsvermögen der Klägerin ausgeht, vermag dies dagegen nicht zu überzeugen. Dabei kann es letztlich dahinstehen, ob die von der Klägerin beklagten Beschwerden des Bewegungsapparates als F-Syndrom (so der Sachverständige Dr. F, vgl. auch die Berichte des HELIOS Klinikums Bad S vom 11. September 2007 und des Johanniter-Krankenhaus T vom 08. Mai 2007), als Arthralgien und Myalgien unklarer Genese (so Bericht des I Krankenhaus B vom 18. April 2012) oder als Psoriasis-Arthritis (so der Sachverständige R) zu klassifizieren sind. Hinsichtlich der vom Sachverständigen R gestellten Diagnose einer rheumatischen Erkrankung i. S. einer Psoriasis-Arthritis, die er im Wesentlichen mit von ihm erstmals festgestellten geringgradigen "charakteristischen" Veränderungen an einem Fingernagel und an einem Daumennagel begründet hat, bestehen erhebliche Zweifel. Die pauschale Angabe von "charakteristischen" Veränderungen steht in deutlichem Widerspruch zu dem von ihm bei der allgemein-internistischen Untersuchung erhobenen Befund der Nägel der Klägerin, wonach sich weder Ölflecken, Tüpfelungen noch Ablösungen fanden. Typische Zeichen der Psoriasis sind jedoch Tüpfelnägel, d. h. kleine Grübchen, Ölnägel, d. h. gelbliche Flecken, die einem Öltröpfchen ähneln (Ölflecken), und Splitterblutungen, d.h. feine längsgerichtete bräunliche Streifen innerhalb der Nagelmatrix (vgl. Psychrembel, Klinisches Wörterbuch, 257. Aufl., S. 1262 bzw. 260. Aufl., S. 1503; Dörfler/Eisenmenger/Lippert/Wandl, Medizinische Gutachten, 2008, S. 296). Vom Sachverständigen werden lediglich hinsichtlich des Nagels des linken Mittelfingers Weißflecken und auf dem rechten Daumennagel eine Querrille beschrieben, für die andere Ursachen, wie z. Bsp. kleine Verletzungen, Stöße oder Manikürefehler in Betracht kommen. Eine differentialdiagnostische Abwägung wird jedoch vom Sachverständigen R nicht durchgeführt. Bemerkenswert ist zudem, dass auch bei der nur wenige Monate zuvor erfolgten stationären Behandlung des auf rheumatische Erkrankungen spezialisierten I Krankenhaus B kein Anhalt für eine Psoriasis-Arthritis gesehen wurde und auch der hautärztliche Befund bezüglich einer Psoriasis bisher negativ war (vgl. BB des Facharztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. J vom 30. November 2009). Selbst wenn es sich bei der von der Klägerin geschilderten Beschwerdesymptomatik (Morgensteifigkeit, Schmerzen in den Gelenken etc.) um Symptome einer Psoriasis-Arthritis statt eines Fibromyalgiesyndroms handeln sollte, rechtfertigt der vom Sachverständigen R im Gutachten vom 08. Dezember 2012 erhobene Befund keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden arbeitstäglich. Dem sich im Wesentlichen mit dem von Dr. F erhobenen Befund deckenden Befund sind Funktionsbeeinträchtigungen nur in geringem Maße zu entnehmen. Wie schon die Vorgutachter hat auch der Sachverständigen R eine fast uneingeschränkte Beweglichkeit des Wirbelsäule und der Gelenke, keine Einschränkungen in der Kraft, keine Verschmächtigung der Muskulatur und, bis auf das Gelenk zwischen Schlüssel- und Brustbein links, keinerlei Deformierungen oder Schwellungen an den Gelenken gefunden. Bei der Ultraschalluntersuchung hat sich nur ein geringer – erstgradiger - Erguss im linken Handgelenk und im rechten Sprunggelenk feststellen lassen. Die von der Klägerin vorgelegten MRT-Aufnahmen von Hals-, Brust und Lendenwirbelsäule incl. Iliosakralgelenk vom 23. April 2012 zeigen einen weitgehend unauffälligen Skelettbefund. Von daher sind auch die seit Jahren vorgebrachten Beschwerden der Klägerin, dass sie wegen andauernden Schmerzen wie auch Steifigkeit in Gelenken und Muskulatur an erheblichen Bewegungseinschränkungen leide, nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass alle gutachtlich erhobenen Befunde keine relevanten Bewegungseinschränkungen zeigen, fehlt es auch an einem über die Jahre durch tatsächlichen Mindergebrauch hervorgerufenen Muskelschwund.

Ebenso wenig kann das für die Bundesagentur für Arbeit erstellte Gutachten der Ärztin von P vom 08. Juni 2007 für den Nachweis eines quantitativ eingeschränkten Leistungsvermögens herangezogen werden. So wies die Ärztin von P selbst daraufhin, dass die umfangreich geklagten Beschwerden der Klägerin im Widerspruch zu den wenigen, in ihrer Untersuchung objektivierbaren Befunden stünden und ihr eine klare Einschätzung des Leistungsvermögens nicht möglich sei.

Die Einwände der Klägerin, alle Gutachter und Sachverständigen würden nicht sämtliche Diagnosen bei der Beurteilung ihres Gesundheitszustandes berücksichtigen, vermögen nicht zu greifen. Die von ihr zur Begründung herangezogenen, bei den Akten befindlichen medizinischen Unterlagen enthalten eine Vielzahl von Verdachtsdiagnosen, die in mannigfachen fachspezifischen Untersuchungen nicht bestätigt werden konnten. Z.B. konnte das Vorliegen eines Morbus Reiter, als Nebendiagnose aufgeführt in dem Bericht des Klinikums B vom 28. Juli 2005, ohne dass hierin eine spezifische Diagnostik diesbezüglich beschrieben wird, vom J-Krankenhauses T (Bericht vom 02. August 2007) ausdrücklich ausgeschlossen werden. Nach den Feststellungen der Fachklinik sind die Kriterien für ein Morbus Reiter-Syndrom nie erfüllt gewesen. Eine Kollagenose, eine Spondyloarthritis, ein Morbus Bechterew oder eine andere Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis bzw. eine systemische Erkrankung hat sich bei den umfangreichen Untersuchungen in den spezialisierten Rheumakliniken, dem J-Krankenhauses T und dem I-Krankenhaus B, nicht bestätigen lassen. Auch der Sachverständige R weist darauf hin, dass - bis auf die von ihm erstmals diagnostizierte Psoriasis-Arthritis - keine Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis zu sichern sei. Ausgangspunkt für eine Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin können jedoch nur leistungsmindernde Erkrankungen sein, die im Vollbeweis gesichert sind. Hinzukommen muss, dass es sich nicht um vorübergehende, behandelbare Erkrankungen handelt. So ist z. B. ein festgestellter Selen-, Zink-, Eisen- oder Vitamin-D-Mangel durch entsprechende Substitution behandelbar und damit kein andauernder Zustand. Eine Reaktivierung der EBV-Infektion war nach dem Bericht des J-Krankenhauses T vom 08. Mai 2007 nicht festzustellen. Die die Klägerin behandelnden bzw. untersuchenden Urologen und Nephrologen schlossen eine relevante Nierenerkrankung aus (vgl. BB der Internisten und Nephrologen Dr. B vom 18. September 2009 und Dr. F vom 19. September 2009). Die immer wieder auftretende geringgradige Proteinurie hat keinerlei Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin (vgl. BB des Internisten und Nephrologen Dr. F vom 19. September 2009). Im Übrigen sind die bei der Begutachtung durch den Sachverständigen R ermittelten Urinwerte wie auch die Blutwerte dies- sowie bezüglich der sonstigen Nieren-, Leber- und Schilddrüsenfunktion völlig unauffällig gewesen. Die bei der Klägerin bestehende chronische Gastritis hat keine relevanten Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit. Eine chronisch entzündliche Darmerkrankung konnte ausgeschlossen werden (vgl. Berichte des H Klinikums Bad S vom 11. September 2007 und 09. Oktober 2007). Wegen der von der Gallenblase herrührenden Beschwerden ist bereits im Mai 2007 eine operativen Behandlung erfolgt (vgl. Bericht des H Klinikums Bad S vom 11. Mai 2007), entsprechende Oberbauchbeschwerden sind von der Klägerin bei der Begutachtung durch Dr. F nicht mehr geschildert worden. Ein Adrenogenitales Syndrom konnte bei den spezifischen Untersuchungen (Molekulardiagnostik) ausgeschlossen werden (vgl. BB der Gynäkologin Dr. S vom 09. September 2009). Zudem ließ sich eine signifikante hormonelle Dysbalance bei der Klägerin nicht feststellen (vgl. BB des Endokrinologen Dr. B vom 09. September 2009).

Die Klägerin verkennt zudem, dass einzelne auffällige Labor- bzw. Titerwerte noch keine Diagnosen darstellen. Hierbei handelt es sich um Einzelbefunde, die erst in einer Gesamtschau mit anderen klinischen und bildgebenden Befunden von hierfür kompetenten Medizinern zur Stellung von konkreten Diagnosen entsprechend den allgemeingültigen Definitionen von Erkrankungen herangezogen werden. Dem wiederholt festgestellten IgG4-Subklassenmangel, dessen klinische Relevanz umstritten ist, da ca. sechs Prozent der gesunden Normalbevölkerung einen IgG4-Mangel ohne klinische Symptomatik hat (vgl. Berichte der C Immundefekt-Ambulanz vom 16. April 2008, 19. Dezember 2011 und 27. Februar 2012), ist im Hinblick auf die vom behandelnden Pneumologen Dr. E (BB vom 05. September 2009) bestätigten gehäuften Infekte der oberen Luftwege bzw. die vom Urologen Dr. B (BB vom 12. September 2009) sowie von den Internisten und Nephrologen Dres. B-R et al. (BB vom 17. September 2009) bestätigten rezidivierenden Harnwegsinfekte durch qualitative Leistungseinschränkungen (Arbeiten in geschlossenen Räumen und ohne häufigen Publikumsverkehr) hinreichend Rechnung getragen worden. Einen schweren Immundefekt oder eine Häufung schwerer bakterieller Infekte vermochte auch der Sachverständige R aus den Angaben der Klägerin und der umfangreichen medizinischen Aktenlage nicht zu erkennen. Zumal die in diesem Zusammenhang wiederholt diagnostisch erfolgten Lymphknotenentnahmen allesamt nur Veränderungen zeigten, die auf keinen besonderen Schweregrad an Infekten oder auf andere Erkrankungen hinweisen würden (vgl. z. Bsp. Bericht der C HNO-Klinik vom 04. Februar 2008 nebst pathologisch-anatomischem Gutachten vom 01. Februar 2008 bzgl. der Lymphknotenexstirpation cervikal; Bericht des A-Krankenhauses vom 11. Januar 2007 bzgl. der Beckenkammbiopsie). Im Übrigen sind bei den erfolgten Begutachtungen bei der Klägerin keine Zeichen einer verstärkten Erschöpfbarkeit oder eines verminderten Konzentrationsvermögens festgestellt worden.

Bei dieser Sachlage, insbesondere im Hinblick auf die in den vielfältigen medizinischen Unterlagen dokumentierte umfangreiche Diagnostik, die von den Sachverständigen kompetent ausgewertet worden ist, sah der Senat keinen Anlass für die Einholung eines weiteren, von der Klägerin beantragten immunologischen Gutachtens von Amts wegen, zumal einer aus dem IgG4-Subklassenmangel folgenden erhöhten Infektanfälligkeit bereits durch qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens Rechnung getragen wird. Daher kann dahinstehen, ob der in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2013 von der Klägerin gestellte Antrag überhaupt den Anforderungen eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 403 Zivilprozessordnung (ZPO) entspricht, da weder ein Sachverständiger noch ein Beweisthema konkret benannt worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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