L 22 R 128/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 5 R 485/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 128/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. Januar 2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung. Der 1953 geborene Kläger absolvierte von 1967 bis 1970 eine Ausbildung zum Zerspanungsfacharbeiter. Anschließend arbeitete er von 1970 bis 1988 als Dreher und Schleifer. Von 1988 bis 1991 war er als Lagerarbeiter tätig. Seit Juli 1992 bis Juli 2004 arbeitete er als Blechschlosser. Im Jahr 2003 beantragte er bei der Beklagten vergeblich die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Klage (S 5 RJ 324/04) und Berufung (L 27 R 272/05) waren nicht erfolgreich. Mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 beantragte der Kläger am 10. Dezember 2008 erneut Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. April 2009 ab, weil schon eine teilweise Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorlägen. Sie bezog sich auf das von ihr eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten vom 23. März 2009 (Dr. G), wonach trotz koronarer 3-Gefäßerkrankung, Hypertonus, Erhöhung des Ruhepulses, zervikozephalem Syndrom, Gichtanfall, Verdacht auf nutritiv-toxisch bedingter Hepatopathie noch leichte Arbeiten ohne Überkopfarbeiten mindestens sechs zumutbar seien. Dagegen wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 28. April 2009. Er sei nicht in der Lage, seine berufliche Arbeit und leichte sitzende Tätigkeiten länger als ein bis zwei Stunden auszuüben. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2009, zurück. Wegen der Begründung des Widerspruchsbescheides wird auf diesen entsprechend § 136 Abs 2 SGG Bezug genommen. Mit seiner Klage vom 10. November 2009 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er leide unter einer koronaren Dreigefäßerkrankung und einem Hypertonus. Er hat erstinstanzlich beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 2. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat die Befundberichte der behandelnden Internistin/Pneumologin Dr. W, der Internistin/Kardiologin Dr. E, des Chirurgen Dr. S, der internistischen Hausärztin Dr. S, des HNO-Arztes Dr. H sowie das internistische Gutachten bei Prof. Dr. A vom 25. August 2010 und dessen ergänzende Stellungnahmen vom 20. Oktober 2010 und 20. August 2011 sowie das pulmologische Gutachten bei Dr. S vom 1. August 2011 eingeholt. Wegen der Einzelheiten der ärztlichen Äußerungen wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Urteil vom 11. Januar 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ein derartiges Leistungsvermögen ergebe sich zur Überzeugung der Kammer aus den beiden eingeholten gerichtlichen Gutachten. Eine Einschränkung des Leistungsvermögens durch das Herz bestehe nicht. Lediglich Arbeiten mit ständigen, längeren bzw. häufigen oder gelegentlich einseitigen körperlichen Belastungen seien nicht mehr zumutbar, auch Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Wechsel- oder Nachtschicht sowie unter besonderem Zeitdruck seien zu vermeiden. Eine Beeinträchtigung der Wegefähigkeit liege nicht vor. Auch eine Minderung der Leistungsfähigkeit von pulmonaler Seite finde sich weder in Ruhe noch unter Belastung. Die Gutachter hätten das vom Kläger angeführte Schlafapnoesyndrom gewürdigt. Ihre Ausführungen seien plausibel und würden anerkannten Bewertungsmaßstäben entsprechen. Der Kläger sei als angelernter Arbeiter einzustufen und könne mit dem verbliebenen Leistungsvermögen sozial zumutbar auf die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Der Kläger verfolgt sein Begehren mit der vor dem Sozialgericht Neuruppin am 31. Januar 2012 eingelegten Berufung weiter. Er verwies auf seine früheren Begründungen. Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. Januar 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 2. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Dezember 2008 zu gewähren und die höhere Rente zu leisten.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat im vorbereitenden Verfahren die Befundberichte der behandelnden internistischen Hausärztin Dr. S, des HNO-Arztes Dr. H, der Internistin/Kardiologin Dr. E des Orthopäden A und der Internistin/Pulmologin Dr. W sowie die gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. A vom 15.September 2012 eingeholt. Wegen der Ergebnisse dieser Beweiserhebungen wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten S 5 RJ 324/04 vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der mit der Klage angefochtene Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 2. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 2009 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Der Kläger hat schon keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §§ 43 Abs 1, 240 SGB VI, denn nach Auffassung des Senats liegt bei ihm Berufsunfähigkeit im Sinne von § 240 Abs 2 SGB VI nicht vor.

Gemäß § 240 Abs 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (Satz 3). Der Rahmen der danach zu bestimmenden zumutbaren Tätigkeiten (Verweisungstätigkeiten) wird in ständiger Rechtsprechung nach dem Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts untersucht. Dabei sind Verweisungstätigkeiten sozial unzumutbar, wenn der Versicherte in die Gruppe der Facharbeiter/Fachangestellten einzuordnen ist und auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden soll. Als zumutbar wird eine Tätigkeit in diesen Fällen angesehen, wenn sie mindestens der Ebene der angelernten Berufe mit einer über dreimonatigen Anlernzeit/Berufsausbildung zuzuordnen ist. Nach ständiger Rechtsprechung kann auf eine Tätigkeit hinsichtlich ihrer Vorkenntnisse nicht verwiesen werden, wenn eine Einarbeitung über drei Monate hinaus erforderlich wäre, weil sie dann nicht mehr mit der bisherigen Tätigkeit hinreichend vergleichbar ist. Für ungelernte oder angelernte Arbeiten mit einer Einarbeitungsphase von unter einem Jahr sind stets auch ungelernte Tätigkeiten sozial zumutbar.

Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht erfüllt. Bezugstätigkeit ist für den Kläger mit seiner Arbeit als Blechschlosser von Juli 1992 bis Juli 2004 eine Tätigkeit des angelernten Bereichs, die auch für Ungelernte eine Einarbeitung von weniger als einem Jahr erforderte. Er ist damit sozial zumutbar auch auf ungelernte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verweisen. Dies ist bereits im früheren Verfahren vor dem Landessozialgericht (L 27 R 272/05) zutreffend geklärt worden. Dieses hatte richtig festgestellt, dass für die Beurteilung des Berufsschutzes die vor 1992 vom Kläger ausgeübten beruflichen Tätigkeiten unbeachtlich seien, weil diese vom Kläger nicht gesundheitsbedingt aufgegeben worden seien. Dass der Kläger sodann mit seiner Arbeit als Blechschlosser eine Tätigkeit verrichtet habe, die allenfalls der Anlernebene des unteren Bereiches mit einer Anlernzeit von weniger als einem Jahr zuzuordnen sei, ergebe sich einerseits aus dessen eigener Einschätzung, dass die Einarbeitungszeit für einen Berufsfremden etwa ein halbes Jahr gedauert hätte. Diese Bewertung durch den Kläger selbst gegenüber dem 27. Senat wurde auch durch den Arbeitgeber in dessen Äußerungen im Verwaltungsverfahren wie auch gegenüber dem Sozialgericht und durch den vom 27. Senat herangezogenen berufskundlichen Sachverständigen in dessen Gutachten vom 21. September 2006 geteilt. Soweit der 27. Senat der Auffassung war, mit der Einschätzung als Anlerntätigkeit des unteren Bereiches stehe im Einklang auch die Höhe der Entlohnung, die der Arbeitgeber mit einem Betrag von 7,27 EUR/Stunde (brutto) angegeben hatte, ist dem zu folgen. Günstigeren Berufsschutz hat der Kläger zwischenzeitlich nicht erlangt, weil er höher qualifizierte Tätigkeiten nicht mehr ausgeübt hat. Damit sind für den Kläger auch ungelernte Tätigkeiten sozial zumutbar und damit der gesamte allgemeine Arbeitsmarkt einschließlich seiner leichten und einfachen Arbeiten.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) ist der Kläger noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.

Dabei geht der Senat davon aus, dass der Kläger mindestens sechs Stunden arbeitstäglich leichte bis mittelschwere und jedenfalls mittelschwierige Arbeiten unter Ausschluss solcher Arbeiten mit ständigen, längeren bzw. häufigen oder gelegentlich einseitigen körperlichen Belastungen (z. B. Überkopfarbeiten, auf Leitern und Gerüsten, in Zwangshaltungen - Knien, Hocken, Bücken), nicht in Wechsel- oder Nachtschicht oder unter besonderem Zeitdruck und ohne häufigem Publikumsverkehr verrichten kann. Derartige einfache bis mittelschwere und mittelschwierige Tätigkeiten kann der Kläger, ohne auf Kosten seiner Gesundheit zu arbeiten, noch täglich vollschichtig, jedenfalls mindestens sechs Stunden pro Werktag ausüben. Eine Beeinträchtigung der Wegefähigkeit liegt nicht vor. Dies ergibt sich aus sämtlichen vom Sozialgericht und durch den Senat eingeholten Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen.

Der Senat folgt insbesondere der zuletzt von Prof. Dr. A abgegebenen Beurteilung der Einschränkungen des Arbeitsvermögens. Dieser hatte folgende Gesundheitsstörungen des Klägers festgestellt:

- ein leichtes Lungenemphysem ohne Einschränkung der Lungenfunktion, - ein unter CPAP-Behandlung gut eingestelltes Schlaf-Apnoe-Syndrom, - eine koronare Dreigefäßerkrankung, - einen arteriellen Hypertonus, - eine Hyperlipidämie sowie - degenerative Veränderungen der Wirbelsäule.

Die daraus vom Sachverständigen abgeleiteten einzelnen Gesundheitsstörungen wurden eingehend und genau differenzierend hinsichtlich der mit ihnen verbundenen Leistungseinschränkungen gewürdigt. Die von ihm vorgenommenen Bewertungen, dass weitergehende Funktionsstörungen und Leistungseinschränkungen nicht vorliegen, sind deshalb vollumfänglich nachvollziehbar.

Der Senat konnte sich vom Sachverständigen insbesondere davon überzeugen lassen, dass die koronare 3-Gefäß-Erkrankung mit einer ungestörten Pumpleistung des Herzens einhergeht. Denn Stenosen dieses Grades führten nach seinen Ausführungen in der Regel nicht zu einer Beeinträchtigung der Herzpumpleistung. Die erfolgten Untersuchungen hätten dementsprechend auch beim Kläger eine normale Herz-Funktion gezeigt. Aufgrund von thorakalen Beschwerden sei im Rahmen der kardiologischen Untersuchungen durch Herzkatheter (12.02.2003 sowie 03.12.2003) formal eine koronare 3-Gefäß-Erkrankung mit jeweils einer 50 %-Stenose an 3 Koronararterien (LAD, CX, RCA) festgestellt worden. Stenosen dieses Grades führten in der Regel nicht zu einer Beeinträchtigung der Herzpumpleistung. Bei den genannten Untersuchungen sei eine normale linksventrikuläre Funktion bestätigt worden. Der Sachverständige wies deshalb ausdrücklich darauf hin, dass die Stenosen nicht als Ursache für die vom Kläger geschilderten Beschwerden anzusehen seien. Als übergeordnete Untersuchung habe durch die Herzkatheteruntersuchungen auch der in den anfänglichen Stressecho-Untersuchungen beobachtete Befund grenzwertiger ST-Streckensenkungen in V5 und V6 sowie der Verdacht auf eine Hypokinesie (Muskelbewegungsstörung) im Bereich der Herzspitze als Hinweis auf Durchblutungsstörungen an den Herzkranzgefäßen entkräftet werden können. Dementsprechend habe sich auch in den späteren Stressecho-Kontrolluntersuchungen vom 17.10.2008 sowie vom 04.06.2009 ein völlig normaler Befund ohne Hinweis auf Durchblutungsstörungen an den Herzkranzgefäßen gezeigt. Bei allen Kontrolluntersuchungen sei von Anfang an bis in die Gegenwarte eine normale Pumpleistung des Herzens festzustellen gewesen. Somit könne eine Einschränkung des Leistungsvermögens im Rahmen dieser formalen mäßiggradigen 3-Gefäß-Erkrankung ausgeschlossen werden. Die Einschätzung des Gutachters, aufgrund des Ausschlusses einer Beeinträchtigung der Herzpumpleistung sei das Leistungsvermögen des Klägers durch das Herz weiterhin nicht eingeschränkt, ist daher überzeugend. Nach den Darstellungen des internistischen Sachverständigen ist auch der arterielle Hypertonus medikamentös eingestellt, ohne wesentliche Funktionseinschränkungen zu verursachen. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck (Akkord, Fließband) sollten aufgrund der Hochdruckerkrankung jedoch gemieden werden. Bei Arbeiten mit häufigem Publikumsverkehr sei ebenfalls Stress für den Kläger aufgrund seiner Hochdruckerkrankung zu vermeiden. Die Hyperlipidämie sei nicht mit Funktionseinschränkungen verbunden. Das in 7/2009 diagnostizierte Schlafapnoe-Syndrom bei noch unauffälliger Lungenfunktionsprüfung sei durch nächtliche CPAP-Maskenbeatmung befriedigend behandelt. Arbeiten in Wechselschicht – insbesondere auch Arbeiten in Nachtschicht – seien aufgrund der Schlafapnoe nicht zumutbar. Auch dies erscheint nachvollziehbar. Soweit der Sachverständige wegen der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule nur noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten für möglich erachtete, ist dies zwar nicht ganz nachvollziehbar. Denn er führte dazu aus, dass zur Abklärung der offensichtlich nicht durch das Herz verursachten thorakalen Beschwerden 22.08.2006 sowie am 14.11.2006 orthopädische Untersuchungen erfolgt seien. Hierbei seien auch Reizungen und degenerative Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich (L4/5 rechts sowie L5/S1) und Blockierungen im Halswirbelsäulenbereich diagnostiziert worden. Diese Beschwerden hätten indes durch chirotherapeutische Mobilisation, durch Infiltration der Irritationspunkte C5-C7 sowie durch die Anwendung des TENS-Gerätes erfolgreich behandelt werden können, so dass seit diesem Zeitpunkt später keine weiteren Beschwerden aktenkundig geworden seien. Somit seien diese Gesundheitsstörungen nur als vorübergehend einzustufen. Aus nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen lässt sich indes nicht folgerichtig auf dauerhafte Funktionsstörungen schließen. Zuzugeben ist allerdings, dass degenerative Veränderungen, auch wenn sie nicht zu akuten Beschwerden führen, zumindest bestimmte qualitative Leistungseinschränkungen bedingen können. So meint der Sachverständige, dass für den Kläger Arbeiten mit ständigen, längeren bzw. häufigen oder gelegentlichen einseitigen körperlichen Belastungen (z. B. Überkopfarbeiten) bzw. Zwangshaltungen (Knien, Hocken, Bücken) aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen nicht mehr zumutbar seien. Ebenso seien Arbeiten auf Leitern und Gerüsten wegen der degenerativen Wirbelsäulenveränderungen zu vermeiden. Ob die festgestellten degenerativen Veränderungen generell diese Einschränkungen bewirken oder beim Kläger in einem Ausmaß vorhanden sind, diese Einschränkungen zu erfordern, bleibt nach dem Gutachten offen. Allerdings kommt es letztlich hierauf nicht an, weil selbst bei Annahme der vom Sachverständigen insofern gesehenen Leistungseinschränkungen die Verweisbarkeit des Klägers als Angelernter des unteren Bereiches auf mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht ausgeschlossen ist, weshalb der Senat diese orthopädisch begründeten Leistungseinschränken mit dem Sachverständigen zugunsten des Klägers annehmen darf. Zudem besteht klinisch wie auch röntgenologisch gesichert zur Überzeugung des Senats ein Lungenemphysem. Soweit dem internistischen Sachverständigen im Belastungs-EKG eine Einschränkung der Belastbarkeit bis zu einer maximalen Belastung von 75 Watt aufgefallen war, die er einerseits muskulärer Erschöpfung, andererseits belastungsabhängiger Luftnot zuordnete, hat er das Lungenemphysem (Lungenüberblähung) mit der damit verbundenen Einschränkung der Sauerstoffaustauschfläche der Lungenbläschen zunächst als bleibende Einschränkung der Leistungsfähigkeit angesehen. Er meinte zunächst, durch das 7/2009 diagnostizierte Lungenemphysem sei die tägliche Arbeitsbelastbarkeit eingeschränkt, so dass nur tägliche Arbeitsbelastungen von mindestens 4 Stunden zumutbar seien. Er änderte seine Auffassung mit seinem "Zusatzgutachten" vom 20. August 2011 nachvollziehbar unter Berücksichtigung der Ergebnisse des zwischenzeitlich vorliegenden lungenfachärztlichen Gutachtens. Dazu führte er aus, dass dieses Gutachten ein Lungenemphysem als Folge jahrelangen Nikotinabusus’ bestätigt habe. Dieses habe jedoch bisher abgesehen von einer leichten Lungenüberblähung mit einer leichten Erhöhung des Residualvolumens nicht zu einer Einschränkung der Lungenfunktion geführt. Der Sachverständige veränderte unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das lungenfachärztliche Gutachtachten deshalb seine Einschätzung der Leistungsfähigkeit dahingehend, dass er die tägliche zumutbare Arbeitsbelastung als uneingeschränkt einstufe und eine sechsstündige tägliche Arbeitszeit für zumutbar halte. Dies erscheint nachvollziehbar, denn seine geänderte Bewertung entspricht der Beurteilung des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. T S Dieser konnte keinerlei Einschränkung der Lungenfunktion feststellen - weder für den Zeitpunkt seiner Untersuchung noch für die vorangegangene Zeit. Er verwies darauf, dass auch die der Akte beiliegenden älteren Befunde völlig normale Werte gezeigt hätten. Er führte in seinem Gutachten vom 1. August 2011 für den Senat nachvollziehbar aus, dass von bronchopulmonaler Seite zusammenfassend hervorgehoben werden müsse, dass bei dem Kläger keine chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung besteht. Es bestehe keinerlei Einschränkung der Lungenfunktion zum jetzigen Zeitpunkt, auch die der Akte beiliegenden älteren Befunde zeigten völlig normale Werte. Anhand der jetzigen Bodyplethysmographie finde sich lediglich eine leichte Lungenüberblähung. Dieser Befund stehe in guter Übereinstimmung mit dem radiologischen Zeichen eines leichten Lungenemphysems. Die Spiroergometrie habe eine leichte Einschränkung des Belastungsverhaltens nachweisen können, von pulmonaler Seite habe sich jedoch keine Limitierung gefunden, die Blutgase unter Belastung seien deutlich besser als der Ruhewert gewesen. Das Belastungsverhalten sei nicht durch pulmonale Faktoren limitiert. Aufgrund der pulmonalen Situation würden sich keine Einschränkung des Belastungsverhaltens und keine Minderung der Leistungsfähigkeit finden. Eine vollschichtige, mindestens sechsstündige tägliche Arbeitszeit sei dem Kläger zuzumuten. Von pulmonaler Seite seien keine weiteren Einschränkungen der Arbeitsbelastung erforderlich. Nach den von beiden Sachverständigen dargestellten und plausibel gewürdigten Erkrankungen und den damit einher gehenden Funktionseinschränkungen ist ihr Schluss, dem Kläger sei es zuzumuten, täglich viermal Wegstrecken von mehr als 500 m in jeweils weniger als 20 Minuten zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen bzw. ein Kraftfahrzeug zu steuern, ebenfall einleuchtend. Dies gilt auch hinsichtlich der Einschätzungen des internistischen Gutachtens, dass die geistige Leistungsfähigkeit des Klägers durch die genannten Gesundheitsstörungen nicht beeinträchtigt sei. Somit seien geistig mittelschwierige Arbeiten im Rahmen seines Ausbildungsstandes möglich. Auch Arbeiten wechselweise im Gehen und Stehen und/oder Sitzen seien durch die genannten degenerativen Wirbelsäulenveränderungen nicht beeinträchtigt. Gleiches gelte für Arbeiten im Freien sowie im Freien unter Witterungsschutz. Die genannten Gesundheitsstörungen hätten auch auf die Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit keinen Einfluss, so dass Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen dieser Art uneingeschränkt möglich seien. Betriebsunübliche Pausen während der Arbeit seien aufgrund von Gesundheitsstörungen nicht erforderlich. Derartige Leistungseinschränkungen hat auch der lungenfachärztliche Gutachter nicht festgestellt. Das im Verwaltungsverfahren eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten kommt nicht zu abweichenden Ergebnissen. Der Senat hat keinen Anlass, an diesen differenzierenden Beurteilungen der Gutachter weitergehend zu zweifeln. Die Sachverständigen, insbesondere der internistische Sachverständige des Senats, haben kritisch die bisherige Behandlung und die jeweiligen Vorgutachten gewürdigt und die Vorbefunde einbezogen. Sie stehen wesentlich in Übereinstimmung mit den vorliegenden Befundberichten. Die behandelnden Ärzte haben von den Sachverständigen abweichende Leistungsbeurteilungen weitgehend nicht vorgenommen. Die behandelnde Pulmologin hatte bereits im Gerichtsverfahren zur Frage des zeitlichen Leistungsvermögens darauf hingewiesen, dass sie dazu keine Untersuchungen angestellt habe und die Beweisfrage nicht weiter beantwortet. Abweichende Befunde hat sie nicht erhoben. Sie hat zu den Beschwerden des Klägers zuletzt im Befundbericht vom 20. Juni 2012 mitgeteilt, dieser habe angegeben, unter dem CPAP-Gerät gehe es besser, er müsse nicht mehr zuviel schlafen. Die Schleimhäute seien nur manchmal trocken – der HNO-Arzt Dr. H habe Befeuchter angeregt, dies möchte der Kläger noch nicht. Aus dem an sie gerichteten Arztbrief von Dr. D vom 27.01.2010 ist zu entnehmen, dass der Kläger keine Beschwerden habe; seitdem er mit Heimbeatmung bei Schlafapnoesyndrom behandelt werde, fühle er sich wesentlich besser. "Im CT des Thorax vom Januar 2010 gleicher Befund wie im Juni 2009." Dr. D sehe damit keine Indikation zur Mediastinoskopie. Eine Röntgenkontrolle des Thorax einmal jährlich sehe er als ausreichend an. Diese Befunde sind vom internistischen Sachverständigen berücksichtigt worden. Sie schließen eine Verschlechterung gegenüber der Befundlage im sozialgerichtlichen Verfahren aus.

Die behandelnde Kardiologin und Internistin hatte bereits gegenüber dem Sozialgericht wie der gerichtliche Sachverständige ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten in einem arbeitstäglichen Umfang von mindestens sechs Stunden angenommen. Sie hat zudem vermerkt, dass aus Herzkreislaufsicht unter der aktuellen Dauermedikation vom Kläger ihr gegenüber zuletzt Wohlbefinden angegeben worden sei. Sie verwies auf einen HK-Befund vom 03.12.02 (Klinikum W), welcher ebenfalls die formale koronare Dreigefäßerkrankung (LAD 50%, CX M1 50% RCA prox. 50%) mit normaler LV-Funktion bei Koronaranomalie (Abgang aller Koronargefäße recht) mitteilte. Neben der KHK sei eine arterielle Hypertension bekannt. Stressechokardiografie-Kontrollen vom 17.10.08 sowie 04.06.09, erhoben am Klinikum W, hätten derzeit keinen eindeutigen Ischämienachweis ergeben; 6/09 sei nach erhobenen Stressechokardiografiebefund keine Indikation für eine erneute invasive Koronardiagnostik gesehen worden. Adäquate Verlaufskontrolle seien vereinbart worden, ggf. sofortige Wiedervorstellung bei neu auftretender AP-verdächtiger Beschwerdesymptomatik. In ihrem Arztbericht an Frau Dr. S vom 21. Mai 2012 GA 175 teilte sie mit, bei Vorstellung in ihrer Praxis am 26.04.2012 hätten sich klinisch kardio-pulmonal kompensierte Verhältnisse gefunden. "Transthorakale Echokardiografie vom 26.04.2012: Linker Vorhof dilatiert (LAD 4,59 cm), weitere Herzhöhlen von regelrechter Größe. Keine Kinetikstörungen unter Ruhe, leichte konzentrische LH-Hypertrophie (IVSs 1,05 cm), leichte diastolische Relaxationsstörung, normale systolische LV-Globalfunktion, EF aktuell 77%. Herzklappen morphologisch und funktionell unauffällig. Echokardiografisch kein hinreichender Anhalt für ein florides entzündliches kardiales Geschehen." Sie hat damit keine weiteren als die bereits auch vom internistischen Sachverständigen gewürdigten Befunde und Diagnosen angegeben. Am 20. Juni 2012 teilte sie gegenüber dem Senat mit, es bestehe keine wesentliche Befundänderung aus Herzkreislaufsicht; auch zwischenzeitlich habe der Kläger Wohlbefinden aus Herz-/Kreislaufsicht angegeben. Die Befundberichte der weiteren Ärzte stehen einem Leistungsvermögen von 6 Stunden nicht entgegen. Beim Orthopäden Dr. A war der Kläger letztmalig im Februar 2007, also vor Antragstellung des vorliegenden Verfahrens vorstellig. Die vom Facharzt für HNO Dr. H im Arztbrief an Dr. W vom 07. Januar 2010 und in seinen Befundberichten gegenüber dem Sozialgericht und dem Senat mitgeteilten Befunde wurden von Prof. Dr. A ebenso ausgewertet wie die übrigen Befunde vom 15. September 2012. Sie ergaben keine wesentlichen Änderungen. Soweit die internistische Hausärztin Dr. S die Frage nach einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden verneinte, begründete sie dies damit, dass der Kläger schon unter leichter körperlicher Arbeit nach einer Stunde über Beschwerden klage, die ihn am Weiterarbeiten hinderten und dass dann längere Pausen erforderlich seien. Damit teilt sie indes keinerlei medizinische Gründe mit, die ihre Einschätzung stützen würden, sondern gibt lediglich die eigene – notwendig nichtmedizinische - Bewertung ihres Patienten unkritisch wieder. Ihre Beurteilung des zeitlichen Leistungsvermögens hat daher keinen Erkenntniswert. Von den gerichtlichen Sachverständigen des Sozialgerichts abweichende Befunde oder Erkrankungen hat sie nicht mitgeteilt. Dies gilt auch hinsichtlich der kardiologischen, pulmologischen und weiteren internistischen Erkrankungen des Klägers. Als erhobene Befunde hat sie nur Blutdruckwerte mitgeteilt und im Übrigen auf die Anlagen verwiesen. Dabei handelte es sich um die Arztbriefe von Dr. D vom 27. Januar 2010, der Beschwerdefreiheit nach Einsatz der Schlafmaske mitteilte, und der K-Kliniken vom 4. Juni 2009, die mitteilten: Aktuell ist der Patient kardiopulmonal unverändert überwiegend beschwerdefrei." Im Befundbericht gegenüber dem Senat hat die Hausärztin "keine wesentliche Änderung" mitgeteilt. Aus den von ihr mitgeteilten Befunden lassen sich daher nicht ansatzweise weitergehende Leistungseinschränkungen als die bereits vom internistischen Sachverständigen des Gerichts berücksichtigten ableiten.

Der Senat hat unter diesen Umständen keinen Anlass zu Zweifeln an der Beurteilung des dem Kläger trotz seiner Erkrankungen verbliebenen restlichen Leistungsvermögens durch die medizinischen Sachverständigen. Weitere Ermittlungen waren daher nicht veranlasst.

Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen beim Kläger mit den benannten qualitativen Leistungseinschränkungen nicht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist im Falle einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung eine zumutbare Verweisungstätigkeit zu benennen (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, GS 2/95, JURIS-RdNr 37). Beispiele, welche Einschränkungen jedenfalls nicht zu einer konkreten Benennung veranlassen, hat der Große Senat des BSG aufgelistet: Ausschluss von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind; Ausschluss von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen; Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen (BSG ebd). Die für den Kläger von den Sachverständigen festgestellten Einschränkungen sind davon sämtlich erfasst oder sind jedenfalls den genannten Einschränkungen vergleichbar, weil sie nicht ungewöhnlich oder spezifisch leistungsbehindernd sind. Die Wegefähigkeit des Klägers ist erhalten.

Ist der Kläger schon nicht berufsunfähig, hat er auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung nach §§ 43 Abs 2, 102 Abs 2 SGB VI setzt voraus, dass der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Dabei kommt es nicht auf das konkrete Berufsleben des Betroffenen an, sondern darauf, ob überhaupt noch irgendeine Erwerbstätigkeit von wirtschaftlicher Relevanz ausgeübt werden kann. Anspruch auf eine solche Rente besteht auch dann, wenn das Restleistungsvermögen für Arbeiten von wirtschaftlichem Wert zwar mindestens drei Stunden, jedoch nicht mehr sechs Stunden arbeitstäglich erreicht und eine entsprechende Teilzeitbeschäftigung dem Versicherten nicht nachgewiesen werden kann (st Rspr des BSG).

Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht erfüllt. Er ist noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Insoweit, als für den Kläger nicht nachvollziehbar erscheint, dass er noch vollschichtig einsetzbar ist, sei darauf hingewiesen, dass er für die Voraussetzungen der von ihm begehrten Rente beweisbelastet ist und er den Nachweis erbringen müsste, dass er nur noch weniger als drei Stunden pro Tag tätig werden kann. Die vorhandenen Beweise sprechen schon dagegen, dass sein Restleistungsvermögen weniger als sechs Stunden täglich umfassen würde. Ihm ist deshalb auch keine Teilzeittätigkeit nachzuweisen.

Wegen des verbliebenen vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten steht dem Kläger auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt die Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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