S 33 EG 12/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
33
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 EG 12/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 30.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2011 in Gestalt des Bescheids vom 20.10.2011 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

Der verheiratete Kläger ist der Vater des am XX.XX.2010 geborenen Kindes C ... C. ist das zweite Kind des Klägers nach D. (geboren am XX.XX.2007). Der Kläger ist selbstständiger Landwirt. Ein weiteres Kind wurde am XX.XX.2012 geboren.

Mit Antrag vom 30.07.2010 beantragten beide Elternteile die Bewilligung von Elterngeld für C., wobei die Ehefrau des Klägers Elterngeld im ersten und zweiten Lebensmonat, der Kläger im dritten bis vierzehnten Lebensmonat beanspruchen wollte. Der Ehefrau des Klägers wurde mit Bescheid vom 01.09.2010 antragsgemäß Elterngeld in Höhe des Mindestbetrags zuzüglich Geschwisterbonus in Höhe von 375,00 Euro bewilligt.

Zum Nachweis seines Einkommens im Bemessungszeitraum legte der Kläger eine Bescheinigung des Steuerberaters E. vor, wonach sich im Kalenderjahr 2009 ein vorläufiger Gewinn in Höhe von 71.100,00 Euro ergab. Außerdem teilte der Steuerberater des Klägers mit, dass der Kläger im Bezugszeitraum keinen Gewinn erwirtschaften werde. Der Kläger habe am 01.07.2010 mit seiner Ehefrau eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GBR) gegründet. Die Ehefrau als Gesellschafterin werde im Bezugszeitraum des Klägers dessen Erwerbstätigkeit übernehmen. Des Weiteren erzielt der Kläger Einkommen aus Gewerbebetrieb (Photovoltaikanlage).

Der Beklagte bewilligte mit vorläufigem Bescheid vom 30.11.2010 dem Kläger Elterngeld für den dritten bis zwölften Lebensmonat lediglich in Höhe des Mindestbetrags von 300,00 Euro monatlich. Zur Begründung führte er aus, dass im Bezugszeitraum Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft anzurechnen sei. Die Gründung der GBR und die Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag, wonach der Ehefrau des Klägers der Gewinn aus dem landwirtschaftlichen Betrieb alleine zuzurechnen sei, stelle eine missbräuchliche Rechtsausübung dar. Für diese Gestaltung seien keine nachvollziehbaren Gründe vorgebracht worden. Über den Elterngeldantrag habe daher entschieden werden müssen, wie wenn diese Vereinbarung nicht getroffen worden wäre. Ein Anspruch auf Elterngeld für den dreizehnten und vierzehnten Lebensmonat (= Zeitraum 18.06.2011 bis 17.08.2011) bestehe nicht, da die für die Inanspruchnahme der zwei weiteren Lebensmonate notwendige Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG nicht vorliege.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 20.12.2010 Widerspruch ein und trug vor, dass die GBR aufgrund der aktiven Mitarbeit seiner Frau gegründet worden sei. Nach langjähriger Mitarbeit in der Landwirtschaft könne diese die anfallenden Tätigkeiten in der Landwirtschaft während des Elterngeldbezugszeitraums ohne Weiteres aus-üben.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2011 zurück. Er verwies darauf, dass der Kläger neben seiner Arbeitskraft zusätzlich umfangreiche Bei-träge (Inventar, Eigentums-, Pachtflächen, Gebäude) in die Gesellschaft eingebracht ha-be, während dessen Ehefrau lediglich ihre Arbeitskraft einbringe. Der Kläger habe bisher als Alleineigentümer im Kalenderjahr 2008 Einkünfte von 64.292,00 Euro erzielt. Zwei Wochen nach Geburt sei die GBR mit seiner Ehefrau gegründet worden.

Mit seiner am 08.02.2011 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage begehrt der Kläger weiterhin Elterngeld für zwölf Lebensmonate sowie die Außerachtlassung von Ein-kommen im Bezugszeitraum aus der Landwirtschaft. Er habe die GBR gegründet, da er seine Tochter aus eigenem Interesse erziehen und die Landwirtschaft nicht deswegen aufgeben wollte.

Nach Vorlage des Steuerbescheids für das Kalenderjahr 2009 entschied der Beklagte mit Bescheid vom 20.10.2011 bezüglich des Einkommens im Bemessungszeitraum endgültig über den Elterngeldanspruch des Klägers, wobei es bei dem Elterngeldanspruch in Höhe von 300,00 Euro monatlich verblieb. Der Bescheid wurde gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens.

In der Sitzung trägt der Kläger vor, dass der Gesellschaftsvertrag zum 01.07. geschlossen worden sei, da auch das Wirtschaftsjahr zum 01.07. zu laufen beginne. Sein Betrieb bestehe aus einer Milchviehwirtschaft (90 Kühe plus Nachzucht, insgesamt 200 Stück), 40 ha Ackerland zum Anbau von Mais (auch als Futtermittel) und Getreide sowie aus 20 Hektar Wiese. Den Betrieb habe er 2003 von seinen Eltern übernommen, die auch nach wie vor im Betrieb mitarbeiten würden. Die Hauptarbeit bezüglich der Milchviehwirtschaft bestehe aus der Beobachtung des Viehs, da ein Melkroboter benutzt werde. Die Motivation, eine GBR zu gründen, sei darauf zurückzuführen, dass eigentlich jeder, den er kenne, eine GBR habe und damit der Gewinn an die Frau ginge. Nur so habe er die Möglichkeit, sein Kind selbst zu erziehen. Anlässlich der Heirat 2007 habe er einen Ehevertrag geschlossen, in dem vor allem geregelt sei, dass der landwirtschaftliche Betrieb und die da-zugehörenden Flächen in seinem Eigentum blieben. Die Regelung entspreche im Wesentlichen der, die auch im GBR-Vertrag enthalten ist. Betriebswirtschaftlich habe die Gründung der GBR für ihn keine Vorteile.

Sein Sohn D. sei ab September 2010 in den Kindergarten gegangen, so dass er sich faktisch nur um C. kümmern musste. C. wurde nicht gestillt, daher habe er die Flasche vor-bereitet und das Kind gefüttert. Den Haushalt habe er sich mit seiner Frau mehr oder weniger geteilt. Am XX.XX.2012 sei sein drittes Kind geboren worden. In der Zeit ab Mitte Juni 2011 bis zur Geburt des dritten Kindes seien die Arbeitsstunden zwischen seiner Frau und ihm zu ca. 50% aufgeteilt gewesen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 30.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2011 in Gestalt des Bescheids vom 20.10.2011 zu verurteilen, für das am XX.XX.2010 geborene Kind C. Elterngeld für den dritten bis vierzehnten Lebensmonat ohne Anrechnung von Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft im Bezugszeitraum zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, insbesondere auf die Anlagen zum GBR-Vertrag und die Sitzungsniederschrift, sowie der beigezogenen Akten, insbesondere den GBR-Vertrag, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht (§§ 87, 90, 92 Sozialgerichtsgesetz - SGG) beim zuständigen Sozialgericht München erhoben und ist zulässig. Der Bescheid des Beklagten vom 20.10.2011 ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden, da dieser den angefochtenen Bescheid vom 30.11.2010 bezüglich der Feststellung der Höhe des Einkommens im Bemessungszeitraum abgeändert hat.

In der Sache erweist sich die Klage jedoch als unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30.11.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2011 in Gestalt des Bescheids vom 20.10.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat zu Recht Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft im Bezugszeitraum angerechnet und mangels Einkommensverlust einen Anspruch auf Elterngeld im dreizehnten und vierzehnten Lebensmonat abgelehnt.

I. Der vom Kläger verfolgte Anspruch auf Elterngeld für seine am XX.XX.2010 geborene Tochter C. richtet sich nach dem BEEG in der ab 24.01.2009 (BGBl I 61, Gesetz vom 17.01.2009) bis zum 31.12.2011 gültigen Fassung.

II. Nach § 1 Abs. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 BEEG), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BEEG), dieses Kind selbst betreut und erzieht (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BEEG) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 6 BEEG).

Zur Überzeugung der Kammer bestehen keinerlei Zweifel, dass der Kläger dem Grunde nach diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, da er gemäß seinen eigenen Angaben im Elterngeldantrag und in der mündlichen Verhandlung und im Übrigen unstreitig im Bezugszeitraum seinen Wohnsitz in Deutschland hatte, mit seiner Tochter C. in einem Haushalt lebte, diese selbst betreute und erzog und im Bezugszeitraum nicht voll erwerbstätig gewesen ist.

III. Die Höhe des Elterngeldanspruchs ergibt sich sodann aus § 2 BEEG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt.

Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 anzusetzen.

Nach § 2 Abs. 3 BEEG wird für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist, als das nach § 2 Abs. 1 BEEG berücksichtigte, Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs. 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlichen erzielten monatlichen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist dabei höchstens der Betrag von 2.700,00 Euro anzusetzen.

1) Das durchschnittliche Monatseinkommen des Klägers vor der Geburt beträgt ausgehend von dem durch Steuerbescheid für das Kalenderjahr 2009 nachgewiesenen Gewinn in Höhe von 42.518,00 Euro aus Land- und Forstwirtschaft sowie einem mit 0 Euro anzusetzenden Verlust aus Gewerbebetrieb (Photovoltaikanlage) nach eigener Überprüfung, wie vom Beklagten im Bescheid vom 20.10.2011 errechnet, 3.543,17 Euro monatlich. Zutreffenderweise hat der Beklagte als Bemessungszeitraum gemäß § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG das Kalenderjahr 2009 festgelegt, da der Kläger sowohl in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt (Juni 2009 bis Mai 2010) als auch im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt (Kalenderjahr 2010) als selbstständiger Landwirt erwerbstätig gewesen ist.

2) Im Bezugszeitraum dritter bis zwölfter Lebensmonat (= Zeitraum 18.08.2010 bis 17.06.2011) hat der Kläger Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, so dass § 2 Abs. 3 BEEG zur Anwendung kommt.

a) Dabei handelt es sich zum einen um zu berücksichtigende Einkünfte aus der Photovoltaikanlage gemäß der vorgelegten Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG in Höhe von 3.675,64 Euro im Kalenderjahr 2010 bzw. 1.698,53 Euro Verlust im Ka-enderjahr 2011.

b) Des Weiteren sind Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft anzurechnen. Zwar entfallen die im Steuerbescheid für das Kalenderjahr 2010 vom Kläger erzielten Einkünfte als Einzelunternehmer in Höhe von 24.643,00 Euro gemäß den Angaben des Klägers auf den Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 30.06.2010 und die Einkünfte aus Beteiligungen an der GBR bzw. laut gesonderter Feststellung in Höhe von 2.509,00 Euro auf den Zeitraum vom 01.07.2010 bis 31.07.2010 und sind damit vor dem Bezugszeitraum (ab 18.08.2010) erzielt. Allerdings muss sich der Kläger den ab dem 18.08.2010 bis zum 17.06.2011 erzielten Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft zurechnen lassen. Die Gründung einer GBR mit seiner Ehefrau zum 01.07.2010 und die im Gesellschaftsvertrag getroffene Vereinbarung, wonach der Gewinn nach den geleisteten Arbeitsstunden zwischen den Ehepartnern aufzuteilen sei, sind als rechtsmißbräuchliche Gestaltung und damit als unbeachtlich anzusehen. Der Gewinn aus der Land- und Forstwirtschaft im Bezugszeitraum ist dem Kläger allein zuzurechnen.

Die Rechtsfigur des Rechtsmissbrauchs hat, wie z. B. auch die Verwirkung einer Forde-rung, zur Folge, dass der Berechtigte das ihm formal zustehende Recht nicht ausüben darf. Sie ist eine Ausprägung des die gesamte Rechtsordnung beherrschenden, in § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für das Verhalten des Schuldners im Rahmen zivilrechtlicher Schuldverhältnisse geregelten Grundsatzes von Treu und Glauben. Dieser geht auf römisch-rechtliche Wurzeln zurück und hat auch in anderen Normen des BGB seinen Niederschlag gefunden. Er enthält einen allgemeinen Rechtsgedanken mit umfassendem Anwendungsbereich. Rechtsgebiete, in denen er generell ausgeschlossen wäre, gibt es nicht. Allgemeine Anwendungsvoraussetzung ist das Bestehen einer rechtlichen Sonderbeziehung. Eine derartige Beziehung besteht insbesondere bei Existenz eines vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnisses, das nicht nur zivilrechtlicher, sondern auch öffentlich-rechtlicher Natur sein kann (vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom B 10 EG 3/08 R, juris, Rn. 25 m. w. N.). Rechtsmissbräuchliches Verhalten ist danach in allen Rechtsgebieten unzulässig. Individueller Rechtsmissbrauch wird nach gebräuchlicher Definition angenommen, wenn der Berechtigte kein schutzwürdiges Eigeninteresse verfolgt oder überwiegende schutzwürdige Interessen der Gegenpartei entgegenstehen und die Rechtsausübung im Einzelfall zu einem grob unbilligen und mit der Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis führen würde (vgl. BSG, a. a. O., juris, Rn. 26).

Nach der Rechtsprechung des BSG ist daher ebenfalls anerkannt, dass ein Recht auf eine Sozialleistung nicht geltend gemacht werden kann, wenn dies sozial unangemessen geschieht und wenn es der rechtsethischen Funktion des Rechts widerspricht. Der Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs orientiert sich am Schutzbereich der Norm, wobei grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Berechtigte den ihm zustehenden Anspruch im gesetzlichen Rahmen mit legalen Mitteln ausschöpfen kann (vgl. BSG, a. a. O., juris, Rn. 27 m. w. N.).

Der Schutzbereich der Norm, Sinn und Zweck des Rechts und damit auch seine rechts-ethische Funktion wird in erster Linie durch den Gesetzgeber selbst bestimmt. Bei gesetzlich begründeten Ansprüchen auf Sozialleistungen (vgl. § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I) bleibt es also nicht den rechtsethischen Anschauungen des Rechtsanwenders überlassen festzulegen, wann ein Missbrauch vorliegt.

Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (vgl. BT-Drucks. 16/1889 S. 22, 15; BT-Drucks. 16/2454 S. 2; BT-Drucks. 16/2785 S. 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl. BT-Drucks 16/1889 S 2, 15; BT-Drucks 16/2454 S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl. Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG, BT-Drucks. 16/10770 S. 5 f.). Dabei geht es erkennbar um die Sicherung eines wirtschaftlichen Dauerzustandes, möglichst unab-hängig von staatlichen Fürsorgeleistungen (vgl. BT-Drucks. 16/1889 S 15; BT-Drucks. 16/2785 S. 2). Mit der Gewährung des Mindestbetrags in Höhe von 300,00 Euro werden auch die Eltern begünstigt, die vor der Geburt des Kindes nicht erwerbstätig gewesen sind oder keine zu berücksichtigenden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 BEEG erzielt haben. Diesem Mindestbetrag kommt offensichtlich der Zweck einer einheitlichen Honorierung der Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2011, Az. B 10 EG 17/09 R, juris, Rn. 57 m. w. N.).

Das Elterngeld ist damit eine familienpolitische Förderleistung eigener Art, mit der - im Gegensatz etwa zu "regulären" kurzfristigen Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld, Streikgeld, Insolvenzgeld zur Aufrechterhaltung des individuellen Lebensstandards in sozialen Notlagen - vielfältige Ziele verfolgt werden. Zum einen soll sie der Stagnation der Geburtenzahlen in Deutschland entgegenwirken und deswegen Erwerbstätigen einen wirtschaftlichen Anreiz bieten, sich trotz der finanziellen Einbußen, die mit einer Einschränkung der beruflichen Arbeit zwecks Kindererziehung verbunden sind, für ein Kind zu entscheiden. Zugleich verfolgt der Gesetzgeber mit dem derart ausgestalteten Elterngeld weitergehende Ziele, unter anderem die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der gleichberechtigten Kindererziehung von Mann und Frau, der Gewährung eines finanziellen Schonraums für junge Familien bei einer betreuungsbedingten Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit der Elternteile und eine Kompensation der Betreuungskosten für das Kind (BT-Drucks. 16/1889 S. 1 f., 14 f.; vgl. zu Vorstehendem: BSG, Urteil vom 17.02.2011, a. a. O., juris, Rn. 83, m. w. N.).

Mit der Vorschrift des § 2 Abs. 3 BEEG, der eine Berücksichtung des im Bezugszeitraum erzielten Einkommens regelt, sieht der Gesetzgeber jedoch vor, dass – über den Mindestbetrag hinaus - Elterngeld nur gezahlt wird, sofern durch die Einschränkung der Er-werbstätigkeit auch tatsächlich ein Einkommensverlust eingetreten und eine Leistung zur Sicherung der Lebensgrundlage erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 16/1889 S. 20). Diese gesetzgeberische Entscheidung wird auch durch die Rechtsprechung des BSG bestätigt. Danach ist § 2 Abs. 3 BEEG elterngeldmindernd selbst dann anwendbar, wenn bei im Bezugszeitraum tatsächlich nicht erwerbstätigen Selbstständigen Einkommen aus einer vor dem Bezugszeitraum erbrachten Leistung zufließt (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2012, Az. B 10 EG 10/11 R und BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az. B 10 EG 18/11 R). Die Lebensgrundlage ist in diesen Fällen durch die Einkommenserzielung insoweit gesichert (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2012, Az. B 10 EG 10/11 R, juris, R. 32).

Flankiert wird diese gesetzgeberische Entscheidung außerdem durch die Anrechnungsvorschrift des § 3 BEEG. Danach kann sich der Elterngeldanspruch sogar auf 0 Euro re-duzieren, wenn nach der Geburt eines Kindes eine gleichartige andere Leistung aus Anlass der Geburt, wie beispielsweise das Mutterschaftsgeld, oder eine andere Hilfe zur Si-cherung der Lebensgrundlage, wie beispielsweise der Bezug von Arbeitslosengeld (vgl. BT-Drucks. 16/1889 S. 22 zu § 3 BEEG) zur Verfügung steht und die deshalb auf den Elterngeldanspruch anzurechnen ist.

Vor diesem Hintergrund des Sinns und Zwecks des Elterngelds ist eine bloße Optimierung des Elterngeldanspruchs beispielsweise durch die Ausübung steuerlicher Gestaltungsrechte oder im Rahmen der Privatautonomie vorgenommene vertragliche Gestaltungen nicht per se als rechtsmißbräuchlich anzusehen. Ein rechtsmißbräuchliches Vorgehen liegt jedoch dann besonders nahe, wenn (1) eine Gestaltung zeitnah vor oder im Bemessungs- bzw. Bezugszeitraum erfolgt, (2) diese Gestaltung sich begünstigend auf die Höhe des Elterngeldanspruchs auswirkt und (3) für die Gestaltung keine nachvollziehbaren Gründe des Elterngeldberechtigten vorliegen und / oder (4) die Gestaltung zwar formal-rechtlich, aber nicht faktisch vollzogen wird.

Vorliegend sind zur Überzeugung des Gerichts die Voraussetzungen (1) und (2) ohne jeden Zweifel erfüllt. Der Kläger und seine Ehefrau gründeten ihre GBR ausweislich des vorliegenden GBR-Vertrags mit Vertragsabschluss vom 25.06.2010 mit Wirkung zum 01.07.2010, also sieben Tage nach der Geburt ihres zweiten Kindes C ... Die Gestaltung unter § 9 Nr. 2 des Vertrags, wonach für die Gewinnverteilung zwischen den beiden Ehe-leuten als Gesellschafter die im Betrieb geleisteten Arbeitsstunden maßgeblich sein sollten, wirkt sich begünstigend auf die Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers aus. Denn durch diese Regelung wird gewährleistet, dass der im Bezugszeitraum zufließende Gewinn aus dem landwirtschaftlichen Betrieb allein der Ehefrau des Klägers zugerechnet wird, wenn er selbst im Bezugszeitraum seine Arbeitsleistung auf Null reduziert. Wäre der Kläger dagegen Einzelunternehmer wie vor der Gründung der GBR geblieben, hätte er sich selbst im Falle der Einstellung seiner tatsächlichen Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum, wie oben bereits dargelegt (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2012, Az. B 10 EG 10/11 R und BSG, Urteil vom 29.08.2012, Az. B 10 EG 18/11 R), gleichwohl erzielten Gewinn elterngeldmindernd gemäß § 2 Abs. 3 BEEG anrechnen lassen müssen.

Nach Auffassung des Gerichts ist auch die Voraussetzung (3) gegeben. Für die Gründung der GBR und die damit verbundene Ausgestaltung, insbesondere auch im Hinblick auf die Gewinnverteilung nach Arbeitsstunden, gibt es keine nachvollziehbaren Gründe. Zur Beurteilung, ob die – vorliegend im Rahmen der Privatautonomie ohne Weiteres zulässige - vertragliche Gestaltung anerkannt werden kann, kann wegen der vergleichbaren Interessenlage und unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Rechtsordnung als Anhaltspunkt auf die Rechtsprechung der Finanzgerichtsbarkeit im Steuerrecht zum Fremdvergleich zurückgegriffen werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die steuerrechtliche Anerkennung von Vertragsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen unter anderem davon ab-hängig, dass die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die tatsächliche Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (sogenannter Fremdvergleich; vgl. BFH, Urteil vom 07.06.2006, Az. IX R 4/04, BFHE 214, 173, BStBl II 2007, 294, m. w. N.; BFH, Urteil vom 31.07.2007, Az. IX R 8/07, juris, Rn. 13).

Die Anforderungen der finanzgerichtlichen Rechtsprechung an die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gründen auf der Überlegung, dass es innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem Interessengegensatz mangelt und somit zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht werden können (vgl. Bundesverfassungsgericht, BVerfG, Beschluss vom 07.11.1995, Az. 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34; BFH, Urteil vom 31.07.2007, a. a. O., juris, Rn. 13). Im Interesse einer effekti-ven Missbrauchsbekämpfung sei es daher geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16.07.1991, Az. 2 BvR 769/90, BFH, Urteil vom 31.07.2007, a. a. O., juris, Rn. 14 m. w. N.). Der Fremdvergleich ermögliche aufgrund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch unter Angehörigen stattgefunden hat, ob aufgrund eines den Tatbestand einer Einkunftsart erfüllenden Vertrages oder aus privaten, familiären Gründen und daran anschließend die steuerrechtliche Bewertung, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben oder aber um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt (BFH, Urteil vom 31.07.2007, a. a. O., juris, Rn. 15 m. w. N.).

Die vertragliche Gestaltung des Klägers und seiner Ehefrau halten zur Überzeugung des Gerichts einem Fremdvergleich nicht stand. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger den GBR-Vertrag vom 25.06.2010 mit einem fremden Dritten in dieser Form abgeschlossen hätte. So mag zwar die Regelung in § 9 Nr. 2 des Vertrags, wonach die Gewinnverteilung nach geleisteten Arbeitsstunden zu erfolgen hat, für sich genommen auch mit einem fremden Dritten abgeschlossen werden. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass der Kläger, wenn es sich nicht um seine Ehefrau als Vertragspartnerin handeln würde, neben seiner Arbeitskraft gemäß § 7 des Vertrags enorme Werte in Form von Sacheinlagen (§ 5 des Vertrags i. V. m. Anlage 1) zu Eigentum sowie Eigentums- und Pachtflächen und Gebäude (§ 6 des Vertrags i. V. m. Anlagen 2 und 3) zur Nutzung in die Ge-sellschaft einbringen würde, ohne einen Ausgleich dafür zu erhalten. Bei den Sacheinlagen handelt es sich unter anderem um bauliche Anlagen (Güllegruben, Fahrsilo, Hofbefestigung), technische Anlagen und Maschinen / Betriebsvorrichtungen (Melkanlage, Melkstand, Milchkühlung, Melkroboter), Maschinen und Geräte (Fräse, Güllerührwerk, Güllepumpe, Mähdrescher, Heuwender, Getreidequetsche, Hochdruckreiniger, Maishäcksler, Kreiselegge, Volldrehpflug) sowie andere Anlagen / Betriebsausstattung wie Kipper, Schlepper und Computer. Die Ehefrau des Klägers als Vertragspartnerin bringt demgegenüber "nur" ihre Arbeitskraft gemäß § 7 des Vertrags ein. Es herrscht also ein massives Ungleichgewicht in den Pflichten der beiden Gesellschafter. Es hätte bei einem Vertrag mit einem fremden Dritten nahegelegen, dieses Ungleichgewicht beispielsweise zumindest in der Anfangsphase der GBR durch eine Erhöhung des Gewinnanteils des Klägers auszugleichen. Zwar wird der Kapitalanteil des Klägers durch die eingebrachten Anlagen, Flächen und Gebäude nach § 5 und § 6 des Vertrags erhöht. Dies wirkt sich je-doch erst im Rahmen einer Auseinandersetzung der Gesellschaft zugunsten des Klägers aus, da die stillen Reserven anhand der Kapitalanteile verteilt werden sollen (vgl. §§ 10, 18 des Vertrags).

Der Kläger hat auch keine nachvollziehbaren Gründe geschildert, die die vertragliche Regelung in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger eingeräumt, dass die Gründung der GBR ihm betriebswirtschaftlich keine Vorteile bringe. Im anlässlich der Heirat 2007 geschlossenen Ehevertrag war bereits vereinbart worden, dass der landwirtschaftliche Betrieb und die dazugehörenden Flächen in seinem Eigentum verbleiben sollten. Die Regelung im GBR-Vertrag führt diese Rege-lung fort. Die Aussage, die Gründung der GBR beruhe darauf, dass seine Ehefrau eine Gegenleistung für ihre Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb und eine Motivation zur Er-bringung der Arbeitsleistung erhalten sollte, während er beim zweiten Kind die Betreuungs- und Erziehungsarbeit übernehmen wollte, überzeugt nicht. Es ist nicht verständlich, dass die Ehefrau des Klägers ihre Motivation zur Einbringung ihrer Arbeitsleistung daraus beziehen soll, dass – letztlich nur – im Steuerbescheid der Gewinn ihr zugeordnet wird. Denn auch wenn sie ihre Arbeitsleistung in den in Einzelunternehmerschaft durch ihren Ehemann geführten landwirtschaftlichen Betrieb eingebracht hätte, hätte sie von dem Betriebsergebnis profitiert, weil aus diesem der Lebensunterhalt der Familie sowieso bestritten worden wäre. Die Gründung der GBR ist für beide Eheleute im Wesentlichen nur mit mehr "Bürokratie" verbunden, ohne ihnen rechtliche, wirtschaftliche oder tatsächliche Vorteile zu bieten.

Schließlich kann das Gericht auch nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Vertrag faktisch dergestalt vollzogen worden ist, dass der Kläger keinerlei Arbeitsleistung im Bezugszeitraum erbracht haben soll (4).

Die Einschätzung des Gerichts beruht ausgehend von den eigenen Angaben des Klägers und den in den Akten vorliegenden Angaben auf folgenden Tatsachen:

- Der Kläger ist selbstständiger Landwirt und hat 2003 den landwirtschaftlichen Be-rieb von seinen Eltern übernommen. Seine Ehefrau ist ausgebildete Erzieherin und erst seit 2007 auf dem landwirtschaftlichen Betrieb "angelernt" worden.

- Der landwirtschaftliche Betrieb umfasst 40 ha Ackerland, 20 ha Wiese und eine Milchviehwirtschaft mit 90 Milchkühen und ca. 110 Stück Nachzucht. Es handelt sich damit dabei um einen – bezogen auf die bewirtschaftete Fläche – mindestens durchschnittlich großen Betrieb (Durchschnittsgröße eines landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebs: 48,6 ha; vgl. Studie der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft vom Mai 2011, veröffentlicht im Internet unter: www.lfl.bayern.de/publikationen/daten/informationen/p 41901.pdf).

- Das ältere Kind D. ging ab September 2010, also mindestens ab dem zweiten Bezugsmonat des Klägers in den Kindergarten.

- Der Haushalt ist von dem Kläger und seiner Ehefrau gemeinsam erledigt worden.

- Das neugeborene Kind C. hat der Kläger gefüttert und gewickelt. Im Übrigen hat es "viel geschlafen".

Es ist für das Gericht schlichtweg nicht nachvollziehbar, dass der Kläger sich im gesamten zehnmonatigen Bezugszeitraum in keinster Weise an der Betriebsführung, sei es durch körperliche Mitarbeit, Übernahme administrativer Aufgaben (Anträge stellen, Telefonate mit Abnehmern, ggf. Lieferanten, ggf. Tierarzt führen; Vermarktung der Produkte u. s. w.), beteiligt haben will und nahezu die komplette Arbeit seiner – im Verhältnis zu ihm im landwirtschaftlichen Betrieb noch unerfahreneren und – insbesondere zwei Monate nach der Geburt des zweiten Kindes - naturgemäß körperlich schwächeren Ehefrau überlassen haben will.

Ein landwirtschaftlicher Betrieb dieser Größe – flächenbezogen immerhin gut dem Durch-schnitt eines im Haupterwerb betriebenen landwirtschaftlichen Betriebs entsprechend – mit verschiedenen Betriebszweigen – Milchviehwirtschaft und Ackerbau – erfordert nach der allgemeinen Lebenserfahrung und aufgrund eigener landwirtschaftlicher Erfahrung von Teilen des Spruchkörpers einen hohen Arbeitseinsatz, um gewinnbringend arbeiten zu können. Aus diesem Grund ist es in der Landwirtschaft bis heute noch üblich und meist unerlässlich, dass alle Familienangehörigen mitarbeiten bzw. mithelfen. Diesem Umstand trägt auch die eigens für landwirtschaftliche Unternehmer gebildete Landwirtschaftliche Sozialversicherung, bestehend aus der landwirtschaftlichen Alterskasse, den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und den landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekassen, Rechnung, in der mitarbeitende Familienangehörige in der Regel mitversichert sind.

Es mag zwar sein, dass durch den Einsatz von Maschinen und die Automatisierung in der Landwirtschaft Arbeitsgänge – körperlich – leichter und gegebenenfalls auch schneller zu bewältigen sind. Der Einsatz eines Melkroboters kann, wie vom Kläger vorgetragen, daher durchaus dazu führen, dass sich der Melkvorgang als solches auf ein Beobachten der Tiere und lediglich gelegentliche Unterstützungshandlungen beschränkt, und daher die Ehefrau des Klägers diese Aufgabe ohne Weiteres übernehmen konnte. Mit dem Melken alleine ist die Versorgung der Tiere jedoch noch lange nicht abgeschlossen. So müssen beispielsweise bei der vom Kläger vorgehaltenen Laufstallhaltung die Kühe gefüttert und getränkt werden. Die Versorgung der Kälber (Nachzucht vorliegend rd. 100 Stück) stellt weitere Anforderungen an Haltung, Fütterung und Pflege.

Hinzu kommt dann noch der Ackerbaubetrieb. Schon anhand der in den Inventarlisten des GBR-Vertrags (Anlage 1 und 2) aufgeführten baulichen und technischen Anlagen und Maschinen lässt sich die Vielfalt der Aufgaben und Anforderungen an den Landwirt ersehen. Das Gericht vermag nicht zu glauben, dass die Ehefrau des Klägers in knapp drei Jahren, in denen sie überdies mit der Betreuung und Erziehung des ersten Kindes beschäftigt und dann mit dem zweiten Kind schwanger war, so viele Fertigkeiten erworben haben soll, dass sie die Arbeitskraft des Klägers dergestalt ersetzen konnte, dass dieser keinerlei Arbeitsleistung im Bezugszeitraum erbringen musste. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Ehefrau des Klägers zusätzlich zu der Arbeit auf dem Hof (unterstützend wurde lediglich Herr A. auf geringfügiger Basis mit einem Gesamteinkommen von 2.400,00 Euro im Zeitraum 01.09.2010 bis 31.08.2011 beschäftigt) den Haushalt (geteilt mit dem Kläger) geführt hat. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger sich, wenn-gleich in einem reduzierten zeitlichen Umfang wegen der Betreuung seines Kindes C., an der Arbeit auf dem Hof beteiligt hat.

In Anbetracht der Gesamtumstände kommt das Gericht nicht umhin, die Einschätzung des Beklagten zu teilen, dass vorliegend eine rechtsmißbräuchliche Vertragsgestaltung gegeben ist, die zur Unbeachtlichkeit der Vereinbarung und damit zu einer Berücksichtigung des im Bezugszeitraum erzielten Gewinns beim Kläger führt.

Zu betonen ist, dass es dem Kläger und seiner Ehefrau selbstverständlich unbenommen bleibt, entgegen der früheren tradierten Arbeitsteilung der "klassischen Familie" die Betreuung und Erziehung des Kindes C. im Wesentlichen dem Kläger und seiner Ehefrau in dieser Zeit die Erwerbstätigkeit zu übertragen. Denn unter anderem ist genau dies – eine stärkere Einbeziehung der Väter in die Erziehungsarbeit - wie oben bereits dargelegt, mit der Einführung des BEEG bezweckt worden. Auch bleibt es dem Kläger überlassen, seine Ehefrau durch die Gründung der GBR rechtlich am Gewinn aus dem landwirtschaftlichen Betrieb zu beteiligen. Der vorliegenden Gestaltung stehen jedoch überwiegende schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit entgegenstehen. Die Rechtsausübung führt in diesem Einzelfall zu einem grob unbilligen und mit der Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis. Denn es wären die Steuerzahler, die das letztlich ideelle Motiv des Klägers, seine Ehefrau am Gewinn zu beteiligen, durch ein deutlich höheres Elterngeld – der Kläger hätte ohne Anrechnung des Gewinns einen monatlichen Anspruch von 1.800,00 Euro – zu bezahlen hätten.

c) Der zuzurechnende Gewinn aus der Land- und Forstwirtschaft beträgt ausweislich der vorliegenden Unterlagen im Zeitraum 01.08.2010 bis 31.12.2010 12.550,00 Euro (anteilig auf den Bezugszeitraum ab 18.08.2010 umgerechnet: 12.550,00 Euro:5 Monate = 2.510,00 Euro/Monat; kalendertäglich im August: 2.510,00 Euro:31= 80,96 Euro. 14 Tage x 80,96 Euro/Tag = 1.133,44 Euro, zuzüglich 4 Monate x 2.510,00 Euro/Monat = 10.040,00 Euro; gesamt: 11.173,44 Euro) und im Zeitraum 01.01.2011 bis 30.06.2011 15.059,00 Euro (anteilig auf den Bezugszeitraum bis 17.06.2011 umgerechnet: 15.059,00 Euro:6 Monate = 2.509,83 Euro; kalendertäglich im Juni: 2.509,83 Euro:30= 83,66 Euro. 17 Tage x 83,66 Euro/Tag = 1.422,22 Euro, zuzüglich 5 Monate x 2.509,83 Euro/Monat= 12.549,15 Euro; gesamt: 13.971,37 Euro), insgesamt im Bezugszeitraum in Höhe von 25.144,81 Euro. Somit ergibt sich ein monatliches Durchschnittseinkommen in Höhe von 2.514,48 Euro.

Damit errechnet sich unter Berücksichtigung des gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 BEEG auf 2.700,00 Euro "gedeckelten", durchschnittlichen vorgeburtlichen Einkommens lediglich der Mindestbetrag in Höhe von 300,00 Euro (67 % aus der Differenz, 2.700,00 Euro-2.514,48 Euro; aufgestockt auf den Mindestbetrag). Der angefochtene Bescheid ist daher nicht zu beanstanden.

Im Rahmen der wie im Bescheid vom 20.10.2011 angekündigten, noch zu treffenden endgültigen Feststellung wird der Beklagte ausgehend von diesem Einkommen im Bezugszeitraum ebenfalls lediglich einen Elterngeldanspruch in Höhe des Mindestbetrags von 300,00 Euro monatlich im Bezugszeitraum feststellen können.

III. Ein Anspruch des Klägers auf Bewilligung von Elterngeld für den dreizehnten und vier-zehnten Lebensmonat (= Zeitraum 18.06.2011 bis 17.08.2011) besteht nicht. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 haben Eltern insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG haben sie Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge (sogenannte "Partnermonate"), wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbs-tätigkeit erfolgt. Da die Ehefrau des Klägers auf Grundlage des Bescheides des Beklagten vom 01.09.2009 für zwei Lebensmonate Elterngeld in Anspruch genommen hat, kann der Kläger nur dann für insgesamt zwölf Lebensmonate Elterngeld in Anspruch nehmen, wenn die weitere Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Satz 3 BEEG vorliegt und eine Minderung des Einkommens im Vergleich zum vorgeburtlichen Einkommen gegeben ist. Dabei ist zwar unerheblich, bei welchem Partner die Einkommensminderung vorliegt (vgl. BT-Drs. 16/1889, S. 23), da die Ehefrau des Klägers vor der Geburt von C. jedoch kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielte, kann bei ihr ein Einkommensverlust wegen Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum nicht eintreten. Beim Kläger ist ebenfalls kein Einkommensverlust wegen Unterbrechung oder Reduzierung der Erwerbstätigkeit entstanden.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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