Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 33 KR 1241/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 88/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Kostenerstattung für eine einmalige Untersuchung mittels Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie (PET/CT) in Höhe von 1.187,64 EUR.
Der 1940 geborene Kläger, der während seines aktiven Berufslebens als Rechtsanwalt tätig war, ist bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied krankenversichert. Im April 2008 wurde bei ihm eine Lymphogranulomatose (Morbus Hodgkin) diagnostiziert, das ist eine Form von bösartiger Lymphknotenvergrößerung. Die Erkrankung befand sich bereits im Stadium III B (Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells oder lokalisierte extranodale Herde auf beiden Seiten des Zwerchfells mit B-Symptomen: unerklärliches Fieber, massiver Nachtschweiß, ungewollter Gewichtsverlust von mehr als zehn Prozent des Körpergewichtes innerhalb von sechs Monaten). Es bestand Verdacht auf ein Stadium IV B (verbreiteter Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne Befall von Lymphknoten mit B-Symptomen).
Der Kläger unterzog sich beginnend mit dem 9. Juni 2008 einer Polychemotherapie nach dem Therapieschema BEACOPP-14. BEACOPP ist das Akronym einer Wirkstoffkombination aus sieben Bestandteilen (Bleomycin, Etoposid(phosphat), Adriamycin, Cyclophosphamid, Vincristin – Arzneimittelname: Oncovin® –, Procarbazin, Prednison), die in der Basisversion in 21-tägigen Intervallen verabreicht wird. Unter dem beim Kläger angewandten Therapieschema BEACOPP-14 werden die Intervalle bei unveränderter Wirkstoffdosierung auf 14 Tage verkürzt.
Die behandelnden Hämatologen/Onkologen beabsichtigten eine PET/CT-Untersuchung nach dem zweiten Therapiezyklus durchführen zu lassen, um sodann über eine Intensivierung oder eine Reduktion der ursprünglich auf acht Zyklen angelegten Therapie zu entscheiden. Die PET/CT ist ein komplexes bildgebendes Verfahren, das die Möglichkeiten des nuklearmedizinischen Diagnoseverfahrens PET, das mittels zugeführter radioaktiver Markersubstanzen Stoffwechselvorgänge im Organismus sichtbar macht, mit den Möglichkeiten der radiologischen CT kombiniert.
Am 11. Juni 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten, die er unter Vorlage eines entsprechenden Kostenvoranschlags des PET/CT Zentrums H. mit 1.232,82 EUR angab. Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) N. mit Bescheid vom 2. Juli 2008 ab. Die PET/CT-Untersuchung sei keine anerkannte Untersuchungsmethode. Ein Ausnahmefall, in dem die Kosten gleichwohl zu übernehmen seien, sei nicht gegeben, denn mit dem BEACOPP-Basistherapieschema über acht Zyklen stehe eine Standardbehandlung zur Verfügung.
Nach Abschluss des zweiten Zyklus wurde am 3. Juli 2008 eine PET/CT-Untersuchung beim Kläger durchgeführt. Mit seinem Widerspruch machte dieser geltend, aufgrund seines fortgeschrittenen Alters gebe es für ihn keine Standardbehandlung. Um die wegen der kurzen Therapieintervalle besonders belastende Chemotherapie nicht länger als nötig durchzuführen, sei er frühzeitig mittels PET/CT untersucht worden. Es habe sich gezeigt, dass bereits die ersten beiden Zyklen erfolgreich gewesen seien, so dass die Behandlung auf insgesamt sechs Zyklen verkürzt werden könne.
Ende August 2008 wurde die Chemotherapie nach insgesamt sechs Zyklen beendet. Der Kläger ist bis heute tumorfrei.
Die Beklagte wies den Widerspruch nach erneuter Einschaltung des MDK N. mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2008 zurück. Bei der PET/CT handle es sich um eine unkonventionelle Untersuchungsmethode, für die Kosten nur nach einer positiven Bewertung des G-BA übernommen würden. Die Feststellung des G-BA, dass sich die PET weiterhin im Stadium der Erprobung befinde, so dass eine Kostenübernahme unabhängig von der Diagnose nicht in Betracht komme, sei für die Beklagte bindend. Ebenso scheide eine ausnahmsweise zulässige Kostenübernahme bei lebensbedrohlicher Erkrankung aus. Denn mit dem BEACOPP-Basisschema stehe eine Therapiealternative zur Verfügung, für die signifikante Überlebens- und Heilungsraten nachgewiesen seien. Die beim Kläger vorgenommene Therapieänderung sei Gegenstand von Studien, sichere Daten zur Verbesserung des Behandlungsergebnisses würden allerdings nicht vorliegen.
Am 23. Oktober 2008 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben und die ihm entstandenen Kosten auf 1.187,64 EUR beziffert. Das Sozialgericht hat von Amts wegen ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin, Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie, Dr. U.M. eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 14. August 2009, auf das im Übrigen vollumfänglich Bezug genommen wird, ausgeführt, für den Kläger habe als Standardtherapie eine Chemotherapie nach dem Schema ABVD (Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin) zur Verfügung gestanden. Dieses werde sowohl von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie als auch von der Deutschen Hodgkin-Studien-gruppe für ältere Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien empfohlen. Das BEACOPP-14-Schema für ältere Patienten sei Gegenstand von Diskussionen, hierzu gebe es jedoch weder einen Konsens noch eine Empfehlung. Selbst unter dem hier angewandten Therapieschema sei zur erforderlichen Verlaufskontrolle eine konventionelle Computertomographie des Brust- und Bauchraums nach vier Zyklen ausreichend und vor allem sicherer gewesen. Denn es sei unbekannt, ob nach zwei Zyklen BEACOPP-14-Therapie eine zuverlässige Aussage über den bereits eingetretenen Therapieerfolg und eine Abschätzung des verbliebenden Therapiebedarfs möglich sei. Die Behandler hätten sich mit Art und Zeitpunkt der Kontrolluntersuchung an die HD18-Therapiestudie angelehnt, die allerdings erst 2017 abgeschlossen werde. Zudem würden nach dem dortigen Setting mindestens 42 Tage bis zur Frühbeurteilung vergehen, während der Kläger schon 24 Tagen nach Therapiebeginn mittels PET/CT untersucht worden sei. In der älteren HD15-Studie habe die PET/CT nicht der Verlaufskontrolle gedient, sondern sei Grundlage der Entscheidung gewesen, ob nach abgeschlossener Chemotherapie auf eine nachfolgende Bestrahlung verzichten werden könne.
Mit Schriftsätzen vom 6. und 20. Oktober 2009 trat der Kläger den Ausführungen des Sachverständigen entgegen und legte diverse (Studien-) Unterlagen vor. Mit ergänzender Stellungnahme vom 28. Dezember 2009, auf die vollumfänglich Bezug genommen wird, blieb der Sachverständige auch eingedenk der Ausführungen des Klägers bei seiner Einschätzung. Er hob hervor, die PET/CT-Untersuchung habe beim Kläger ein "positives" Ergebnis gehabt. Sie habe damit zwar eine interessante, aber letztlich entbehrliche Zwischeninformation über den Krankheitsverlauf geliefert. Die komplette Remission habe sich erst in der nach Therapieabschluss durchgeführten konventionellen CT vom 28. Oktober 2008 gezeigt. Nachdem ein weiterer Schriftsatz des Klägers vom 9. November 2009 nebst Anlagen an ihn weitergeleitet worden war, teilte der Sachverständige mit Schreiben vom 25. Januar 2010 mit, auch insoweit ergebe sich keine Änderung seiner Stellungnahme.
Mit Urteil vom 13. Mai 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung, weil die PET/CT-Untersuchung nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehöre. Der G-BA habe bislang keine Empfehlung über ihren Nutzen bei Morbus Hodgkin abgegeben. Ein Fall des Systemversagens sei ebenso wenig gegeben wie ein Ausnahmetatbestand nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Kläger mit einer Chemotherapie nach dem ABVD-Schema behandelt werden können, so dass ihm eine anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode zur Verfügung gestanden habe, bei der eine PET/CT-Untersuchung nicht erforderlich gewesen wäre. Zwar hätte dann nach vier Zyklen eine Kontrolluntersuchung durchgeführt werden müssen. Hierfür hätte sich aber eine CT-Untersuchung des Brust- und Bauchraums angeboten.
Das Urteil des Sozialgerichts ist dem Kläger am 21. Juni 2011 zugestellt worden. Am 19. Juli 2011 hat er dagegen Berufung eingelegt. Er beantragt, ein weiteres Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen, und trägt vor, für ihn als Patienten über 65 Jahren mit einer Krankheitsstufe III B oder IV B habe eine Therapie nach dem ABVD-Schema nicht zur Verfügung gestanden. Diese hätte wegen zu geringer Toxizität in seinem Fall mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Totalremission aller Lymphome geführt. Es treffe nicht zu, dass seine behandelnden Ärzte sich erst nach der CT-Unter-suchung vom 28. Oktober 2008 zu einer Reduktion der BEACOPP-14-Therapie auf sechs Behandlungszyklen entschieden hätten. Die frühzeitige PET/CT-Untersuchung sei erforderlich gewesen, um eine geeignete Grundlage für die Therapieverkürzung zu gewinnen. All diese Aspekte habe der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. Dezember 2009 nicht berücksichtigen können, weil ihm der entsprechende klägerische Schriftsatz erst danach zugeleitet worden sei. Im Übrigen habe die PET/CT-Untersuchung der Beklagten die Kosten für die sonst erforderlichen zwei weiteren Zyklen BEACOPP-14 erspart, die sich auf über 10.000 EUR belaufen hätten. Zumindest habe die Beklagte die Kosten für eine Zwischenuntersuchung mittels konventioneller CT gespart.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Mai 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 1.187,64 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend. Sie hebt hervor, dem Kläger habe die Standardbehandlung zur Verfügung gestanden, auch wenn sich der im Rahmen eines individuellen Heilversuchs gewählte abweichende Therapieansatz im Nachhinein als richtig herausgestellt haben sollte. Bei Durchführung der Standard-Therapie wären in keinem Fall Kosten für eine PET/CT-Untersuchung angefallen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben worden.
II. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage, die als Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig ist, zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten keine Kostenerstattung für die durchgeführte PET/CT-Untersuchung beanspruchen.
1. Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs kommt allein § 13 Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Betracht. Nach dieser Vorschrift besteht ein Kostenerstattungsanspruch, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch einem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Da der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reicht als ein entsprechender Sachleistungsanspruch, setzt er voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. grundlegend BSG 24.9.1996 – 1 RK 33/95 – Juris; aus jüngerer Zeit etwa BSG 12.9.2012 – B 3 KR 20/11 R – Juris, m.w.N.; st. Rspr.).
2. Dies ist nicht der Fall. Wie das Sozialgericht mit zutreffender Begründung, auf die uneingeschränkt Bezug genommen wird, entschieden hat, gehört die am 3. Juli 2008 durchgeführte PET/CT nicht zu den von der Beklagten im Rahmen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen.
a. Neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind im hier betroffenen Bereich der ambulanten Versorgung nur dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn und soweit der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über deren diagnostischen und therapeutischen Nutzen abgegeben hat (vgl. BSG 26.9.2006 – B 1 KR 3/06 R – Juris, m.w.N.). Bei Durchführung der streitbefangenen PET/CT galt die Richtlinie des G-BA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) vom 17. Januar 2006 (BAnz 2006, S. 1523, Nr. 48) in der Fassung vom 13. März 2008 (BAnz 2008, S. 1950, Nr. 80). Nach deren Ziffer 39 der Anlage II war die PET ausdrücklich von der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommen, sofern nicht ausnahmsweise eine der in Ziffer 14 der Anlage I aufgeführten, hier nicht einschlägigen Indikation gegeben war. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der grundsätzliche Ausschluss der PET/CT bei allen anderen Indikationen auf einem Systemversagen beruhte (so bereits LSG Hamburg 3.8.2011 – L 1 KR 55/09 – Juris, bezogen auf eine initiale Stadienbestimmung bei Morbus Hodgkin; LSG Baden-Württemberg 15.5.2012 – L 11 KR 816/11 – Juris, bezogen auf die Abklärung einer Krebserkrankung im Bereich der Bauchorgane; LSG Nordrhein-Westfalen 29.8.2012 – L 1 KR 616/11 – Juris, bezogen auf die Abklärung eines Rundherds in der Lunge bei möglicher Diagnosestellung mittels invasiver Diagnostik).
b. Eine Leistungspflicht der Beklagten ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wie sie mit Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – begründet worden und inzwischen in den zum 1. Januar 2012 eingeführten § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V eingeflossen ist. Hiernach ist es mit dem Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren, einen gesetzlich Krankenversicherten, der unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit leidet, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlichen Behandlung auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Es ist nicht von vorneherein ausgeschlossen, diese Rechtsprechung auf Fälle anzuwenden, in denen wie hier eine neue Methode ausdrücklich vom G-BA ausgeschlossen worden ist (vgl. BVerfG 29.11.2007 – 1 BvR 2496/07 – Juris). Allerdings ist fraglich, ob die zu Behandlungsmethoden entwickelte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf Untersuchungsmethoden wie die streitbefangene PET/CT anzuwenden ist. Das kann aber dahin stehen, weil für eine Kontrolluntersuchung unter der beim Kläger durchgeführten Chemotherapie jedenfalls eine anerkannte Untersuchungsmethode zur Verfügung stand. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme, die das Sozialgericht zutreffend gewürdigt hat, bot sich als Standard eine konventionelle CT des Brust- und Bauchraums an. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese beim Kläger nicht durchführbar gewesen oder zu unbrauchbaren Ergebnissen geführt hätte. In Gegenteil: Eine derartige Untersuchung wurde – allerdings erst zwei Monate nach Behandlungsabschluss – am 28. Oktober 2008 durchgeführt und zeigte eine Vollremission.
Für den Kläger folgt nichts Günstigeres daraus, dass sich seine Behandler für das BEACOPP-14-Schema entschieden hatten. Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich überzeugend, dass schon dies nicht der Standardtherapie entsprach. Der Kläger gehörte bei Behandlungsbeginn zur Gruppe der älteren Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium, für die eine Therapie nach dem ABVD-Schema über acht Doppelzyklen empfohlen wurde; diese können auf sechs Doppelzyklen reduziert werden, wenn nach vier Doppelzyklen eine komplette Remission erreicht ist. Es ist nicht erkennbar, dass dieses Behandlungsschema im Falle des Klägers nicht ausreichend gewesen wäre. Soweit er auf sein Alter und das seinerzeit bereits fortgeschrittene Krankheitsstadium abstellt, gilt, dass diese Kriterien gerade der Grund sind, warum in seinem Fall eine Therapie nach dem ABVD-Behandlungsschema als Standard galt. Soweit der Kläger vorbringt, in seinem Fall habe nur eine Behandlung unter dem tatsächlich auch angewandten BEACOPP-14-Schema über ausreichende Toxidität bei vertretbarer Belastung verfügt, finden sich hierfür keine ausreichenden, objektiv nachvollziehbaren Belege. Wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, wurde dieser Ansatz diskutiert; es gab bei Durchführung der Behandlung aber weder einen entsprechenden Konsens noch Empfehlungen. Angemerkt sei, dass bis heute bei Patienten, die älter als 60 Jahre sind, eine stadienadaptierte Behandlung nach dem ABVD- Schema mit zwei, vier bzw. sechs bis acht Zyklen empfohlen wird; bei Kontraindikationen gegen einzelne Bestandteile des ABVD-Regimes kann auf eine medikamentöse Tumortherapie ausgewichen werden (vgl. Leitlinie "Hodgkin-Lymphome" der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen, Stand: Juli 2012, S. 10).
Im Übrigen kommt es für die Leistungsplicht der Beklagten nicht darauf an, ob für den Kläger das BEACOPP-14-Therapieschema indiziert war. Denn auch unter diesem stand für die hier allein streitige Kontrolluntersuchung eine Standarduntersuchung zur Verfügung. Der Senat stellt nicht in Abrede, dass unter dem besonders belastenden BEACOPP-14-Schema einer Therapieverkürzung nochmals gesteigerte Bedeutung zukam. Nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen hätte über eine Verkürzung aber anhand einer nach vier Zyklen durchzuführenden konventionellen CT entschieden werden können. Es ist nicht ersichtlich, welchen überragenden Nutzen eine bereits nach zwei Zyklen durchgeführte PET/CT für die Festlegung der Gesamttherapiedauer gehabt haben soll. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht vielmehr fest, dass mit der konventionellen CT selbst unter dem bislang nicht als Standard geltenden BEACOPP-14-Schema für die Verlaufskontrolle grundsätzlich eine Untersuchungsmethode zu Verfügung stand, die für sich genommen allgemein anerkannt war und dem medizinischen Standard entsprach.
Der Behandlungsfall des Klägers gibt zu keiner abweichenden Einschätzung Anlass. Eine Entscheidung zur Verkürzung auf sechs Chemotherapiezyklen hätte sich auch hier anhand einer nach dem vierten Zyklus durchgeführte konventionelle CT treffen lassen. Insbesondere stellten seine Ärzte nach der streitbefangenen PET/CT-Untersuchung gerade keine vollständige Remission fest, was bereits der Sachverständige hervorgehoben hat. Anders als der Kläger meint, kann allein das Ergebnis der PET/CT daher nicht Anlass für die Therapieverkürzung gewesen sein. Im Arztbrief der behandelnden Hämatologen/On-kologen vom 3. Februar 2009 heißt es insoweit lediglich: " PET/CT 03.07.08 sehr gute Teilremission." Bei Behandlungsabschluss war der Behandlungserfolg noch durch kein bildgebendes Verfahren bestätigt worden. Eine Vollremission ergab sich, nachdem eine am 17. September 2008 durchgeführte Stanzbiopsie ohne Nachweis vitaler Tumorzellen geblieben war, erstmals aus der im Oktober 2008 durchgeführten konventionellen CT ("10/08 CT-Thorax und Abdomen Vollremission."; vgl. auch in der zusammenfassenden Beurteilung: "Nach sechs Zyklen liess sich 10/08 eine Vollremission erreichen.").
Ergänzend berücksichtigt der Senat, dass sich der G-BA inzwischen in einem durch Beschluss vom 21. Oktober 2010 abgeschlossenen Beratungsverfahren gemäß § 135 Abs. 1 SGB V ausführlich mit der Bewertung des Nutzens und der medizinischen Notwendigkeit der PET und PET/CT bei malignen Lymphomen befasst hat. Ergebnis der Auswertung der bis dahin vorhandenen Studien ist, dass ein Nutzen für Morbus Hodgkin-Patienten im fortgeschrittenen Stadium beim Restaging und Nachweis von Restgewebe von 2,5 cm oder mehr nach abgeschlossener Chemotherapie vorliegt, wenn entschieden werden soll, ob eine Strahlentherapie folgen soll oder nicht. Demgegenüber heißt es zum Nutzen der – hier im Streit stehenden – PET bzw. PET/CT zur Therapieanpassung nach zwei bis vier Zyklen Chemotherapie, es werde gegenwärtig in Studien untersucht, ob dies zu den für den Patienten verbesserten Behandlungsergebnissen führe (vgl. Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Positronenemissionstomographie (PET) und PET/Computertomographie (CT) bei malignen Lymphomen vom 21. Oktober 2010, S. 4). Der G-BA hat gleichwohl schon jetzt festgehalten, dass die PET bzw. PET/CT nicht als Ersatz für die bisher im Rahmen der Versorgung eingesetzten diagnostischen Verfahren anzusehen sei. Auch die aktuelle Leitlinie verweist lediglich darauf, dass die Frage der PET-gesteuerten Therapieadaption im Rahmen von Studien untersucht werde (vgl. Leitlinie "Hodgkin-Lymphome" der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen, Stand: Juli 2012, S. 10).
c. Es gibt keinerlei Hinweise auf im Klageverfahren unberücksichtigt gebliebene Aspekte. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat seine Einschätzung auf Basis aller in den Akten befindlichen medizinischen Unterlagen abgegeben. Ihm haben insbesondere die vom Kläger in den Prozess eingeführten medizinischen Unterlagen vollständig vorgelegen, unter anderem diejenigen zur HD15- sowie zur HD18-Therapiestudie. Zwar ist ihm der Schriftsatz des Klägers vom 9. November 2009 nebst Anlagen versehentlich erst am 23. Januar 2010 geschickt worden, so dass ihm dieser bei Erstellung der ergänzenden Stellungahme vom 28. Dezember 2009 tatsächlich noch nicht vorgelegen hat. Auf Anfrage des Gerichts hat Herr Dr. M. jedoch mit Schreiben vom 25. Januar 2010 mitgeteilt, auch daraus ergebe sich keine abweichende Einschätzung. Es ist bereits erschöpfend Beweis über die Frage erhoben worden, ob für den Kläger eine als medizinischer Standard geltende Untersuchungsmethode zur Verfügung stand, so dass der Senat von weiteren Ermittlungen, insbesondere der Einholung eines Sachverständigengutachtens, absehen kann.
3. Da ein Erstattungsanspruch des Klägers schon wegen der grundsätzlich nicht gegebenen Leistungspflicht der Beklagten ausscheidet, kann dahin stehen, ob ihm durch die selbst beschaffte PET/CT-Untersuchung Kosten entstanden sind oder er sich einer Forderung ausgesetzt sieht. Eine Rechnung liegt nicht vor; lediglich der Kostenvoranschlag vom 12. Juni 2008.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf dem Rechtsgedanken des § 197 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger unterliegt und die Aufwendungen der Beklagten nicht erstattungsfähig sind.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Kostenerstattung für eine einmalige Untersuchung mittels Positronen-Emissions-Tomographie/Computertomographie (PET/CT) in Höhe von 1.187,64 EUR.
Der 1940 geborene Kläger, der während seines aktiven Berufslebens als Rechtsanwalt tätig war, ist bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied krankenversichert. Im April 2008 wurde bei ihm eine Lymphogranulomatose (Morbus Hodgkin) diagnostiziert, das ist eine Form von bösartiger Lymphknotenvergrößerung. Die Erkrankung befand sich bereits im Stadium III B (Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells oder lokalisierte extranodale Herde auf beiden Seiten des Zwerchfells mit B-Symptomen: unerklärliches Fieber, massiver Nachtschweiß, ungewollter Gewichtsverlust von mehr als zehn Prozent des Körpergewichtes innerhalb von sechs Monaten). Es bestand Verdacht auf ein Stadium IV B (verbreiteter Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne Befall von Lymphknoten mit B-Symptomen).
Der Kläger unterzog sich beginnend mit dem 9. Juni 2008 einer Polychemotherapie nach dem Therapieschema BEACOPP-14. BEACOPP ist das Akronym einer Wirkstoffkombination aus sieben Bestandteilen (Bleomycin, Etoposid(phosphat), Adriamycin, Cyclophosphamid, Vincristin – Arzneimittelname: Oncovin® –, Procarbazin, Prednison), die in der Basisversion in 21-tägigen Intervallen verabreicht wird. Unter dem beim Kläger angewandten Therapieschema BEACOPP-14 werden die Intervalle bei unveränderter Wirkstoffdosierung auf 14 Tage verkürzt.
Die behandelnden Hämatologen/Onkologen beabsichtigten eine PET/CT-Untersuchung nach dem zweiten Therapiezyklus durchführen zu lassen, um sodann über eine Intensivierung oder eine Reduktion der ursprünglich auf acht Zyklen angelegten Therapie zu entscheiden. Die PET/CT ist ein komplexes bildgebendes Verfahren, das die Möglichkeiten des nuklearmedizinischen Diagnoseverfahrens PET, das mittels zugeführter radioaktiver Markersubstanzen Stoffwechselvorgänge im Organismus sichtbar macht, mit den Möglichkeiten der radiologischen CT kombiniert.
Am 11. Juni 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten, die er unter Vorlage eines entsprechenden Kostenvoranschlags des PET/CT Zentrums H. mit 1.232,82 EUR angab. Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) N. mit Bescheid vom 2. Juli 2008 ab. Die PET/CT-Untersuchung sei keine anerkannte Untersuchungsmethode. Ein Ausnahmefall, in dem die Kosten gleichwohl zu übernehmen seien, sei nicht gegeben, denn mit dem BEACOPP-Basistherapieschema über acht Zyklen stehe eine Standardbehandlung zur Verfügung.
Nach Abschluss des zweiten Zyklus wurde am 3. Juli 2008 eine PET/CT-Untersuchung beim Kläger durchgeführt. Mit seinem Widerspruch machte dieser geltend, aufgrund seines fortgeschrittenen Alters gebe es für ihn keine Standardbehandlung. Um die wegen der kurzen Therapieintervalle besonders belastende Chemotherapie nicht länger als nötig durchzuführen, sei er frühzeitig mittels PET/CT untersucht worden. Es habe sich gezeigt, dass bereits die ersten beiden Zyklen erfolgreich gewesen seien, so dass die Behandlung auf insgesamt sechs Zyklen verkürzt werden könne.
Ende August 2008 wurde die Chemotherapie nach insgesamt sechs Zyklen beendet. Der Kläger ist bis heute tumorfrei.
Die Beklagte wies den Widerspruch nach erneuter Einschaltung des MDK N. mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2008 zurück. Bei der PET/CT handle es sich um eine unkonventionelle Untersuchungsmethode, für die Kosten nur nach einer positiven Bewertung des G-BA übernommen würden. Die Feststellung des G-BA, dass sich die PET weiterhin im Stadium der Erprobung befinde, so dass eine Kostenübernahme unabhängig von der Diagnose nicht in Betracht komme, sei für die Beklagte bindend. Ebenso scheide eine ausnahmsweise zulässige Kostenübernahme bei lebensbedrohlicher Erkrankung aus. Denn mit dem BEACOPP-Basisschema stehe eine Therapiealternative zur Verfügung, für die signifikante Überlebens- und Heilungsraten nachgewiesen seien. Die beim Kläger vorgenommene Therapieänderung sei Gegenstand von Studien, sichere Daten zur Verbesserung des Behandlungsergebnisses würden allerdings nicht vorliegen.
Am 23. Oktober 2008 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben und die ihm entstandenen Kosten auf 1.187,64 EUR beziffert. Das Sozialgericht hat von Amts wegen ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin, Schwerpunkt Hämatologie und Internistische Onkologie, Dr. U.M. eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 14. August 2009, auf das im Übrigen vollumfänglich Bezug genommen wird, ausgeführt, für den Kläger habe als Standardtherapie eine Chemotherapie nach dem Schema ABVD (Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin) zur Verfügung gestanden. Dieses werde sowohl von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie als auch von der Deutschen Hodgkin-Studien-gruppe für ältere Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien empfohlen. Das BEACOPP-14-Schema für ältere Patienten sei Gegenstand von Diskussionen, hierzu gebe es jedoch weder einen Konsens noch eine Empfehlung. Selbst unter dem hier angewandten Therapieschema sei zur erforderlichen Verlaufskontrolle eine konventionelle Computertomographie des Brust- und Bauchraums nach vier Zyklen ausreichend und vor allem sicherer gewesen. Denn es sei unbekannt, ob nach zwei Zyklen BEACOPP-14-Therapie eine zuverlässige Aussage über den bereits eingetretenen Therapieerfolg und eine Abschätzung des verbliebenden Therapiebedarfs möglich sei. Die Behandler hätten sich mit Art und Zeitpunkt der Kontrolluntersuchung an die HD18-Therapiestudie angelehnt, die allerdings erst 2017 abgeschlossen werde. Zudem würden nach dem dortigen Setting mindestens 42 Tage bis zur Frühbeurteilung vergehen, während der Kläger schon 24 Tagen nach Therapiebeginn mittels PET/CT untersucht worden sei. In der älteren HD15-Studie habe die PET/CT nicht der Verlaufskontrolle gedient, sondern sei Grundlage der Entscheidung gewesen, ob nach abgeschlossener Chemotherapie auf eine nachfolgende Bestrahlung verzichten werden könne.
Mit Schriftsätzen vom 6. und 20. Oktober 2009 trat der Kläger den Ausführungen des Sachverständigen entgegen und legte diverse (Studien-) Unterlagen vor. Mit ergänzender Stellungnahme vom 28. Dezember 2009, auf die vollumfänglich Bezug genommen wird, blieb der Sachverständige auch eingedenk der Ausführungen des Klägers bei seiner Einschätzung. Er hob hervor, die PET/CT-Untersuchung habe beim Kläger ein "positives" Ergebnis gehabt. Sie habe damit zwar eine interessante, aber letztlich entbehrliche Zwischeninformation über den Krankheitsverlauf geliefert. Die komplette Remission habe sich erst in der nach Therapieabschluss durchgeführten konventionellen CT vom 28. Oktober 2008 gezeigt. Nachdem ein weiterer Schriftsatz des Klägers vom 9. November 2009 nebst Anlagen an ihn weitergeleitet worden war, teilte der Sachverständige mit Schreiben vom 25. Januar 2010 mit, auch insoweit ergebe sich keine Änderung seiner Stellungnahme.
Mit Urteil vom 13. Mai 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung, weil die PET/CT-Untersuchung nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehöre. Der G-BA habe bislang keine Empfehlung über ihren Nutzen bei Morbus Hodgkin abgegeben. Ein Fall des Systemversagens sei ebenso wenig gegeben wie ein Ausnahmetatbestand nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Kläger mit einer Chemotherapie nach dem ABVD-Schema behandelt werden können, so dass ihm eine anerkannte und dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode zur Verfügung gestanden habe, bei der eine PET/CT-Untersuchung nicht erforderlich gewesen wäre. Zwar hätte dann nach vier Zyklen eine Kontrolluntersuchung durchgeführt werden müssen. Hierfür hätte sich aber eine CT-Untersuchung des Brust- und Bauchraums angeboten.
Das Urteil des Sozialgerichts ist dem Kläger am 21. Juni 2011 zugestellt worden. Am 19. Juli 2011 hat er dagegen Berufung eingelegt. Er beantragt, ein weiteres Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen, und trägt vor, für ihn als Patienten über 65 Jahren mit einer Krankheitsstufe III B oder IV B habe eine Therapie nach dem ABVD-Schema nicht zur Verfügung gestanden. Diese hätte wegen zu geringer Toxizität in seinem Fall mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Totalremission aller Lymphome geführt. Es treffe nicht zu, dass seine behandelnden Ärzte sich erst nach der CT-Unter-suchung vom 28. Oktober 2008 zu einer Reduktion der BEACOPP-14-Therapie auf sechs Behandlungszyklen entschieden hätten. Die frühzeitige PET/CT-Untersuchung sei erforderlich gewesen, um eine geeignete Grundlage für die Therapieverkürzung zu gewinnen. All diese Aspekte habe der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. Dezember 2009 nicht berücksichtigen können, weil ihm der entsprechende klägerische Schriftsatz erst danach zugeleitet worden sei. Im Übrigen habe die PET/CT-Untersuchung der Beklagten die Kosten für die sonst erforderlichen zwei weiteren Zyklen BEACOPP-14 erspart, die sich auf über 10.000 EUR belaufen hätten. Zumindest habe die Beklagte die Kosten für eine Zwischenuntersuchung mittels konventioneller CT gespart.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Mai 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 1.187,64 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des Sozialgerichts im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend. Sie hebt hervor, dem Kläger habe die Standardbehandlung zur Verfügung gestanden, auch wenn sich der im Rahmen eines individuellen Heilversuchs gewählte abweichende Therapieansatz im Nachhinein als richtig herausgestellt haben sollte. Bei Durchführung der Standard-Therapie wären in keinem Fall Kosten für eine PET/CT-Untersuchung angefallen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben worden.
II. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage, die als Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig ist, zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten keine Kostenerstattung für die durchgeführte PET/CT-Untersuchung beanspruchen.
1. Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs kommt allein § 13 Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Betracht. Nach dieser Vorschrift besteht ein Kostenerstattungsanspruch, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch einem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Da der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter reicht als ein entsprechender Sachleistungsanspruch, setzt er voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. grundlegend BSG 24.9.1996 – 1 RK 33/95 – Juris; aus jüngerer Zeit etwa BSG 12.9.2012 – B 3 KR 20/11 R – Juris, m.w.N.; st. Rspr.).
2. Dies ist nicht der Fall. Wie das Sozialgericht mit zutreffender Begründung, auf die uneingeschränkt Bezug genommen wird, entschieden hat, gehört die am 3. Juli 2008 durchgeführte PET/CT nicht zu den von der Beklagten im Rahmen des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringenden Leistungen.
a. Neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind im hier betroffenen Bereich der ambulanten Versorgung nur dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn und soweit der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über deren diagnostischen und therapeutischen Nutzen abgegeben hat (vgl. BSG 26.9.2006 – B 1 KR 3/06 R – Juris, m.w.N.). Bei Durchführung der streitbefangenen PET/CT galt die Richtlinie des G-BA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) vom 17. Januar 2006 (BAnz 2006, S. 1523, Nr. 48) in der Fassung vom 13. März 2008 (BAnz 2008, S. 1950, Nr. 80). Nach deren Ziffer 39 der Anlage II war die PET ausdrücklich von der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommen, sofern nicht ausnahmsweise eine der in Ziffer 14 der Anlage I aufgeführten, hier nicht einschlägigen Indikation gegeben war. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der grundsätzliche Ausschluss der PET/CT bei allen anderen Indikationen auf einem Systemversagen beruhte (so bereits LSG Hamburg 3.8.2011 – L 1 KR 55/09 – Juris, bezogen auf eine initiale Stadienbestimmung bei Morbus Hodgkin; LSG Baden-Württemberg 15.5.2012 – L 11 KR 816/11 – Juris, bezogen auf die Abklärung einer Krebserkrankung im Bereich der Bauchorgane; LSG Nordrhein-Westfalen 29.8.2012 – L 1 KR 616/11 – Juris, bezogen auf die Abklärung eines Rundherds in der Lunge bei möglicher Diagnosestellung mittels invasiver Diagnostik).
b. Eine Leistungspflicht der Beklagten ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wie sie mit Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – begründet worden und inzwischen in den zum 1. Januar 2012 eingeführten § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V eingeflossen ist. Hiernach ist es mit dem Verfassungsrecht nicht zu vereinbaren, einen gesetzlich Krankenversicherten, der unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit leidet, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlichen Behandlung auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Es ist nicht von vorneherein ausgeschlossen, diese Rechtsprechung auf Fälle anzuwenden, in denen wie hier eine neue Methode ausdrücklich vom G-BA ausgeschlossen worden ist (vgl. BVerfG 29.11.2007 – 1 BvR 2496/07 – Juris). Allerdings ist fraglich, ob die zu Behandlungsmethoden entwickelte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf Untersuchungsmethoden wie die streitbefangene PET/CT anzuwenden ist. Das kann aber dahin stehen, weil für eine Kontrolluntersuchung unter der beim Kläger durchgeführten Chemotherapie jedenfalls eine anerkannte Untersuchungsmethode zur Verfügung stand. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme, die das Sozialgericht zutreffend gewürdigt hat, bot sich als Standard eine konventionelle CT des Brust- und Bauchraums an. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass diese beim Kläger nicht durchführbar gewesen oder zu unbrauchbaren Ergebnissen geführt hätte. In Gegenteil: Eine derartige Untersuchung wurde – allerdings erst zwei Monate nach Behandlungsabschluss – am 28. Oktober 2008 durchgeführt und zeigte eine Vollremission.
Für den Kläger folgt nichts Günstigeres daraus, dass sich seine Behandler für das BEACOPP-14-Schema entschieden hatten. Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich überzeugend, dass schon dies nicht der Standardtherapie entsprach. Der Kläger gehörte bei Behandlungsbeginn zur Gruppe der älteren Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium, für die eine Therapie nach dem ABVD-Schema über acht Doppelzyklen empfohlen wurde; diese können auf sechs Doppelzyklen reduziert werden, wenn nach vier Doppelzyklen eine komplette Remission erreicht ist. Es ist nicht erkennbar, dass dieses Behandlungsschema im Falle des Klägers nicht ausreichend gewesen wäre. Soweit er auf sein Alter und das seinerzeit bereits fortgeschrittene Krankheitsstadium abstellt, gilt, dass diese Kriterien gerade der Grund sind, warum in seinem Fall eine Therapie nach dem ABVD-Behandlungsschema als Standard galt. Soweit der Kläger vorbringt, in seinem Fall habe nur eine Behandlung unter dem tatsächlich auch angewandten BEACOPP-14-Schema über ausreichende Toxidität bei vertretbarer Belastung verfügt, finden sich hierfür keine ausreichenden, objektiv nachvollziehbaren Belege. Wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, wurde dieser Ansatz diskutiert; es gab bei Durchführung der Behandlung aber weder einen entsprechenden Konsens noch Empfehlungen. Angemerkt sei, dass bis heute bei Patienten, die älter als 60 Jahre sind, eine stadienadaptierte Behandlung nach dem ABVD- Schema mit zwei, vier bzw. sechs bis acht Zyklen empfohlen wird; bei Kontraindikationen gegen einzelne Bestandteile des ABVD-Regimes kann auf eine medikamentöse Tumortherapie ausgewichen werden (vgl. Leitlinie "Hodgkin-Lymphome" der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen, Stand: Juli 2012, S. 10).
Im Übrigen kommt es für die Leistungsplicht der Beklagten nicht darauf an, ob für den Kläger das BEACOPP-14-Therapieschema indiziert war. Denn auch unter diesem stand für die hier allein streitige Kontrolluntersuchung eine Standarduntersuchung zur Verfügung. Der Senat stellt nicht in Abrede, dass unter dem besonders belastenden BEACOPP-14-Schema einer Therapieverkürzung nochmals gesteigerte Bedeutung zukam. Nach den auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen hätte über eine Verkürzung aber anhand einer nach vier Zyklen durchzuführenden konventionellen CT entschieden werden können. Es ist nicht ersichtlich, welchen überragenden Nutzen eine bereits nach zwei Zyklen durchgeführte PET/CT für die Festlegung der Gesamttherapiedauer gehabt haben soll. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht vielmehr fest, dass mit der konventionellen CT selbst unter dem bislang nicht als Standard geltenden BEACOPP-14-Schema für die Verlaufskontrolle grundsätzlich eine Untersuchungsmethode zu Verfügung stand, die für sich genommen allgemein anerkannt war und dem medizinischen Standard entsprach.
Der Behandlungsfall des Klägers gibt zu keiner abweichenden Einschätzung Anlass. Eine Entscheidung zur Verkürzung auf sechs Chemotherapiezyklen hätte sich auch hier anhand einer nach dem vierten Zyklus durchgeführte konventionelle CT treffen lassen. Insbesondere stellten seine Ärzte nach der streitbefangenen PET/CT-Untersuchung gerade keine vollständige Remission fest, was bereits der Sachverständige hervorgehoben hat. Anders als der Kläger meint, kann allein das Ergebnis der PET/CT daher nicht Anlass für die Therapieverkürzung gewesen sein. Im Arztbrief der behandelnden Hämatologen/On-kologen vom 3. Februar 2009 heißt es insoweit lediglich: " PET/CT 03.07.08 sehr gute Teilremission." Bei Behandlungsabschluss war der Behandlungserfolg noch durch kein bildgebendes Verfahren bestätigt worden. Eine Vollremission ergab sich, nachdem eine am 17. September 2008 durchgeführte Stanzbiopsie ohne Nachweis vitaler Tumorzellen geblieben war, erstmals aus der im Oktober 2008 durchgeführten konventionellen CT ("10/08 CT-Thorax und Abdomen Vollremission."; vgl. auch in der zusammenfassenden Beurteilung: "Nach sechs Zyklen liess sich 10/08 eine Vollremission erreichen.").
Ergänzend berücksichtigt der Senat, dass sich der G-BA inzwischen in einem durch Beschluss vom 21. Oktober 2010 abgeschlossenen Beratungsverfahren gemäß § 135 Abs. 1 SGB V ausführlich mit der Bewertung des Nutzens und der medizinischen Notwendigkeit der PET und PET/CT bei malignen Lymphomen befasst hat. Ergebnis der Auswertung der bis dahin vorhandenen Studien ist, dass ein Nutzen für Morbus Hodgkin-Patienten im fortgeschrittenen Stadium beim Restaging und Nachweis von Restgewebe von 2,5 cm oder mehr nach abgeschlossener Chemotherapie vorliegt, wenn entschieden werden soll, ob eine Strahlentherapie folgen soll oder nicht. Demgegenüber heißt es zum Nutzen der – hier im Streit stehenden – PET bzw. PET/CT zur Therapieanpassung nach zwei bis vier Zyklen Chemotherapie, es werde gegenwärtig in Studien untersucht, ob dies zu den für den Patienten verbesserten Behandlungsergebnissen führe (vgl. Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Positronenemissionstomographie (PET) und PET/Computertomographie (CT) bei malignen Lymphomen vom 21. Oktober 2010, S. 4). Der G-BA hat gleichwohl schon jetzt festgehalten, dass die PET bzw. PET/CT nicht als Ersatz für die bisher im Rahmen der Versorgung eingesetzten diagnostischen Verfahren anzusehen sei. Auch die aktuelle Leitlinie verweist lediglich darauf, dass die Frage der PET-gesteuerten Therapieadaption im Rahmen von Studien untersucht werde (vgl. Leitlinie "Hodgkin-Lymphome" der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen, Stand: Juli 2012, S. 10).
c. Es gibt keinerlei Hinweise auf im Klageverfahren unberücksichtigt gebliebene Aspekte. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat seine Einschätzung auf Basis aller in den Akten befindlichen medizinischen Unterlagen abgegeben. Ihm haben insbesondere die vom Kläger in den Prozess eingeführten medizinischen Unterlagen vollständig vorgelegen, unter anderem diejenigen zur HD15- sowie zur HD18-Therapiestudie. Zwar ist ihm der Schriftsatz des Klägers vom 9. November 2009 nebst Anlagen versehentlich erst am 23. Januar 2010 geschickt worden, so dass ihm dieser bei Erstellung der ergänzenden Stellungahme vom 28. Dezember 2009 tatsächlich noch nicht vorgelegen hat. Auf Anfrage des Gerichts hat Herr Dr. M. jedoch mit Schreiben vom 25. Januar 2010 mitgeteilt, auch daraus ergebe sich keine abweichende Einschätzung. Es ist bereits erschöpfend Beweis über die Frage erhoben worden, ob für den Kläger eine als medizinischer Standard geltende Untersuchungsmethode zur Verfügung stand, so dass der Senat von weiteren Ermittlungen, insbesondere der Einholung eines Sachverständigengutachtens, absehen kann.
3. Da ein Erstattungsanspruch des Klägers schon wegen der grundsätzlich nicht gegebenen Leistungspflicht der Beklagten ausscheidet, kann dahin stehen, ob ihm durch die selbst beschaffte PET/CT-Untersuchung Kosten entstanden sind oder er sich einer Forderung ausgesetzt sieht. Eine Rechnung liegt nicht vor; lediglich der Kostenvoranschlag vom 12. Juni 2008.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf dem Rechtsgedanken des § 197 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger unterliegt und die Aufwendungen der Beklagten nicht erstattungsfähig sind.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt.
Rechtskraft
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