L 3 R 97/11

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 6 R 297/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 97/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. Juni 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Verpflichtung der Klägerin zur Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen. Der 1971 geborene beigeladene M.P. absolvierte vom 1. Februar 2001 bis einschließlich 31. Januar 2003 in den Diensten der Klägerin ein Lehramtsreferendariat. Vom 1. Februar 2003 bis einschließlich 20. Juni 2005 war er als angestellter Lehrer für die Klägerin tätig. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2003 teilte der Personalärztliche Dienst mit, der Beigeladene erfülle die erforderliche gesundheitliche Eignung für eine Übernahme als Beamter auf Probe nicht.

Nach Durchführung einer Operation und erneuter Begutachtung durch den Personalärztlichen Dienst wurde der Beigeladene ab 1. August 2005 als Studienrat zur Anstellung, ab 20. Oktober 2006 als Studienrat auf Lebenszeit ernannt.

Mit Schreiben vom 22. Juli 2008, vom 29. September 2008 und vom 24. November 2008 forderte die Beklagte die Klägerin auf, die Nachversicherungsbeiträge zu berechnen und zugunsten des Kontos des Beigeladenen zu überweisen. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, es werde die Verjährung geprüft. Mit Bescheid vom 4. Februar 2009 erteilte die Klägerin dem Beigeladenen eine "Bescheinigung über den Aufschub der Nachversicherung gemäß § 184 Abs. 4 SGB VI" in welcher es u.a. heißt:

"Die oben genannte Person ist am 31.01.2003 aus einer nach § 5 Absatz 1 Sozialgesetzbuch VI versicherungsfreien Beschäftigung ausgeschieden und befindet sich in einem Bewerbungsverfahren für eine Weiterbeschäftigung bei der Freien und Hansestadt Hamburg als Studienrat zur Anstellung. Bisherige Dienst- bzw. Amtsbezeichnung bei der Freien und Hansestadt Hamburg: vom 01.02.2001 bis 31.01.2003; zuletzt als Studienreferendar."

Mit Bescheid vom 2. März 2009 forderte die Beklagte die Nachversicherungsbeiträge für den Beigeladenen für die Zeit vom 1. Februar 2001 bis 31. Januar 2003. Die nachträglich erstellte Aufschubbescheinigung könne nicht anerkannt werden. Gegen diesen Bescheid hat sich die Klägerin mit der am 1. April 2009 erhobenen Klage gewendet und geltend gemacht, die ausgestellte Aufschubbescheinigung habe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) rückwirkende Kraft. Nachträgliche Aufschubentscheidungen seien im Einzelfall zulässig. Der geltend gemachte Aufschubgrund habe auch vorgelegen. Im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung habe eine hinreichend sichere, auf objektiven Merkmalen beruhende Erwartung bestanden, dass der Beigeladene innerhalb der Frist von zwei Jahren eine erneute entsprechende Beschäftigung aufnehmen werde. Denn im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens hätten an der Aufnahme der anderen entsprechenden Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren keine erheblichen Zweifel bestanden. Soweit die in § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) genannte Frist mit Ende des Monats Januar 2005 abgelaufen sei, sei aus rechtlicher Sicht zu beachten, dass es sich bei dieser Frist nicht um eine Ausschlussfrist handele, sondern um eine Prognosefrist. Zum Zeitpunkt des Ablaufs dieser Prognosefrist habe seitens der Klägerin die weiter bestehende objektive Voraussicht für die Begründung des Beamtenverhältnisses dargelegt werden können. Hilfsweise sei die Einrede der Verjährung zu erheben. Nachversicherungsbeiträge, so sie denn geschuldet worden wären, seien mit Ablauf des Jahres 2007 verjährt. Hierfür sei die vierjährige Verjährungsfrist des §§ 25 Abs. 1 S. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) beachtlich. Dafür, dass eventuell geschuldete Nachversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten worden seien, bestehe angesichts des dargestellten Sachverhalts kein Anhaltspunkt.

Mit Urteil vom 20. Juni 2011 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und im Wesentlichen ausgeführt, die Aufschubbescheinigung sei von der Klägerin im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unverzüglich erteilt worden. Es habe auch ein Aufschubgrund vorgelegen, denn zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Beigeladenen sei nicht absehbar gewesen, dass bis zur Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe über drei Jahre vergehen würden. Es handele sich unter Berücksichtigung aller Umstände um einen atypischen Einzelfall. Deshalb liege hier auch kein Organisationsverschulden der Klägerin vor, weshalb die vierjährige Verjährungsfrist greife und ein etwaiger Anspruch damit auch verjährt sei.

Gegen das ihr am 23. Juni 2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Juli 2011 Berufung eingelegt, mit welcher sie vorträgt, es könne durchaus so sein, dass im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens am 31. Januar 2003 die begründete Aussicht auf die Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb der nächsten zwei Jahre vorgelegen habe, so dass zunächst der Tatbestand des § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI erfüllt gewesen sei. Allerdings sei der Aufschubgrund zu dem Zeitpunkt weggefallen, zu dem festgestanden habe, dass es nicht mehr innerhalb der Zweijahresfrist zur Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung kommen werde. Im vorliegenden Fall sei der Aufschubgrund spätestens mit der Feststellung der die Ernennung zum Beamten zunächst ausschließenden Erkrankung entfallen. Es habe deshalb im Jahr 2009 keine Aufschubbescheinigung mehr erteilt werden dürfen, sondern es hätten die Nachversicherungsbeiträge gezahlt werden müssen. Auch eine Verjährung sei nicht eingetreten. Gehe man von einem Eintritt der Nachversicherungsvoraussetzungen im Jahr 2005 aus, so sei der Anspruch der Beklagten bei Anwendung des §§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV erst am 1. Januar 2010 verjährt gewesen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Beiträge bereits am 1. Februar 2003 fällig gewesen wären, sei der Anspruch der Beklagten nicht verjährt, weil die Beiträge unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG aufgrund eines Organisationsverschuldens der Klägerin vorsätzlich vorenthalten worden seien. Die verspätete bzw. jahrelange Unterlassung der Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen sei auf eine Fehlorganisationen in der Personalverwaltung der Klägerin zurückzuführen und aufgrund der bedingt vorsätzlichen Vorenthaltung der Nachversicherungsbeiträge gelte die 30jährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 20. Juni 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und macht geltend, bei der Aufschubentscheidung handele es sich um eine ex ante-Entscheidung, eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der subjektiven und objektiven Voraussichtlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Die von der Beklagten vorgenommene ex post-Betrachtung sei hingegen unzulässig, weil dabei die Grenzen einer Prognoseentscheidung nach dem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung überschritten würden. Außerdem sei die Forderung der Beklagten jedenfalls verjährt. Die Behauptung, die Forderung sei erst am 1. Februar 2005 fällig geworden, entbehre jeglicher rechtlichen Grundlage. Ein Organisationsverschulden, welches zur bedingt vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge geführt habe, sei nicht gegeben. Bei der vorliegenden Fallkonstellation handele es sich, wie auch das Sozialgericht festgestellt habe, um einen atypischen Einzelfall. Von einer bedingt vorsätzlichen Vorenthaltung könne schon im Ansatz nicht die Rede sein, weil die Beschäftigungsbehörde kontinuierlich die Begründung eines Beamtenverhältnisses mit dem Beigeladenen angestrebt habe. Der für die Durchführung der Nachversicherung zuständige Amtswalter habe erst mit Eingang der Nachversicherungsanzeige am 1. August 2008 Kenntnis von dem Nachversicherungsvorgang erhalten. Zu diesem Zeitpunkt sei die Forderung bereits verjährt gewesen. Der zuständige Amtswalter sei Mitarbeiter des Zentrums für Personaldienste gewesen, welches Teil des Personalamtes sei. Die Personalsachbearbeitung habe hingegen in der Behörde für Schule und Berufsbildung stattgefunden. Das BSG habe in der Entscheidung vom 17. April 2008 (B 13 R 123/07) ausdrücklich aufgeführt, dass eine Wissenszurechnung zwischen verschiedenen Behörden nicht möglich sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 14. Mai 2013 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 2. März 2009 aufgehoben, denn der Bescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten geforderte Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen ist § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in der hier maßgeblichen bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992. Nach dieser Vorschrift wurden u.a. Personen nachversichert, die als Beamte oder Richter auf Lebenszeit, auf Zeit oder auf Probe, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit sowie Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst versicherungsfrei waren oder von der Versicherungspflicht befreit worden waren, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden waren oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren hatten und Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung (§ 184 Abs. 2) nicht gegeben waren. Nach § 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in der bis zum 31. Juli 2004 geltenden Fassung wurde die Beitragszahlung u.a. aufgeschoben, wenn eine andere Beschäftigung sofort oder voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aufgenommen wurde, in der wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft Versicherungsfreiheit bestand oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgte, sofern der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus der anderen Beschäftigung berücksichtigt wurde.

Nach dieser Vorschrift ist mithin eine Prognose darüber erforderlich, wie sich das Beschäftigungsverhältnis des ohne Versorgungsanspruch Ausgeschiedenen innerhalb der folgenden zwei Jahre nach dem unversorgten Ausscheiden voraussichtlich entwickeln wird. Eine derartige Prognoseentscheidung ist indes nach Ablauf der Prognosefrist von zwei Jahren denklogisch nicht mehr möglich. Der Begriff Prognose beinhaltet nämlich bereits sprachlich die Voraussage von Ereignissen, Zuständen oder Entwicklungen in der Zukunft. Eine nach Ablauf des Prognosezeitraumes erstellte Bescheinigung kann daher die inzwischen vergangene Zeit nur wahr oder falsch abbilden, aber nicht mehr "prognostizieren". Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11/ 2124 S. 188 zu § 179 SGB VI) ist für die Prognoseentscheidung erforderlich, dass zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung eine hinreichend sichere, auf objektiven Merkmalen beruhende Erwartung besteht, dass der Beschäftigte innerhalb der Frist erneut eine Beschäftigung aufnimmt, in der er wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft versicherungsfrei ist oder von der Versicherungspflicht befreit wird. Auch hieraus ergibt sich, dass es dem Sinn und Zweck der Vorschrift widerspricht, eine solche Aufschubentscheidung erst mehr als zwei Jahre nach dem Ausscheiden zu treffen, wenn in dieser Zeit eine Weiterbeschäftigung gerade nicht erfolgt ist. Zwar ist der Klägerin darin zu folgen, dass grundsätzlich für die Prognoseentscheidung von der Prognose im Zeitpunkt des Ausscheidens auszugehen ist. Ist jedoch die im Gesetz genannte Frist von zwei Jahren vor der Aufschubentscheidung bereits verstrichen, ohne dass eine Weiterbeschäftigung erfolgt ist, ist eine Prognoseentscheidung nicht mehr möglich, weil bereits feststeht, dass es zu der Weiterbeschäftigung im betreffenden Zeitraum nicht gekommen ist.

Dem steht die Entscheidung des BSG vom 14. Februar 1973 (1 RA 241/72) nicht entgegen. In dem dort entschiedenen Fall hat das BSG zwar ausgeführt, dass eine nachträgliche Aufschubentscheidung mit rückwirkender Kraft die Voraussetzung erfülle, dass die für den Aufschub der Nachentrichtung der Beiträge notwendige Entscheidung vorliege. Jedoch entsprach die Aufschubentscheidung in dem vom BSG entschiedenen Fall der tatsächlichen Lage in dem damals maßgeblichen Jahreszeitraum, weil nämlich innerhalb dieses Zeitraumes erneut eine versicherungsfreie Beschäftigung aufgenommen worden war. Es fehlte daher in dem vom BSG entschiedenen Fall ausschließlich an der Aufschubentscheidung selbst, während sich die erneute Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung nicht nur im Sinne einer Prognose erwarten ließ, sondern sich bereits zur Gewissheit manifestiert hatte. Demgegenüber steht vorliegend umgekehrt bereits mit Gewissheit fest, dass es im maßgeblichen Zweijahreszeitraum gerade nicht zur erneuten Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung gekommen ist. Eine entgegenstehende Aufschubentscheidung kann daher nicht mehr getroffen werden.

Die Forderung der Beklagten ist auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Die Klägerin hat zur Überzeugung des Senats die Nachversicherungsbeiträge der Beklagten vorsätzlich - nämlich bedingt vorsätzlich - vorenthalten hat, d. h. sie ist in Kenntnis der Möglichkeit der Fälligkeit von Nachversicherungsbeiträgen untätig geblieben und hat damit die Vorenthaltung von fälligen Beiträgen in Kauf genommen. Die von der Klägerin dagegen erhobenen Einwände gehen fehl.

Hinsichtlich des Organisationsverschuldens der Klägerin schließt sich der Senat vollumfänglich dem 2. Senat des Landessozialgerichts Hamburg an, der mit Urteil vom 20. April 2011 ausgeführt hat, es sei ebenso gerechtfertigt wie geboten, die Kenntnis der Personalsachbearbeiter der Justizbehörde den für die Durchführung der Nachversicherung zuständigen Sachbearbeitern der Besoldungs- und Versorgungsstelle zuzurechnen, denn deren Unkenntnis beruhe auf dem Fehlen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen. Jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation hat sicherzustellen, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen von ihren Entscheidungs-trägern zur Kenntnis genommen werden können. Sie muss es deshalb so einrichten, dass ihre Repräsentanten, die dazu berufen sind, im Rechtsverkehr bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen, die erkennbar erheblichen Informationen tatsächlich an die entscheidenden Personen weiterleiten. Hieraus folgt die Notwendigkeit eines internen Informationsaustausches. Dazu kann ein Informationsfluss von unten nach oben, aber auch ein horizontaler Austausch erforderlich sein. Die Notwendigkeit eines Informationsaustausches bedingt entsprechende organisatorische Maßnahmen. Jedenfalls dann, wenn es an derartigen organisatorischen Maßnahmen fehlt, muss sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter - auf welcher Ebene auch immer diese angesiedelt sind - zurechnen lassen (LSG Hamburg, Urteil v. 20. April 2011 – L 2 R 33/10 – Juris Rn. 48 ff. m.w.N. und ausführlicher Begründung).

Die Klägerin ist als Arbeitgeber, respektive Dienstherr "von Amts wegen" verpflichtet gewesen, die Nachversicherung durchführen zu lassen (Dankelmann in juris-PK SGB VI, § 8 Rn. 76). Die Nachversicherungspflicht tritt kraft Gesetzes ein, ohne dass es eines Bescheides des zuständigen Rentenversicherungsträgers bedarf. Nachversicherungsschuldner ist der frühere Arbeitgeber (Finke in Hauck-Noftz, SGB VI, § 8 Rn. 138), hier also die Klägerin. Damit wäre es Aufgabe der Klägerin gewesen, auszuführen, welche Maßnahmen sie getroffen hat, um alle Informationen zur korrekten Durchführung der ihr obliegenden Nachversicherungen zu erhalten. Dies nachvollziehbar deutlich zu machen ist der Klägerin nicht gelungen.

Der erkennende Senat sieht sich damit nicht in Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 17.4.2008 (B 13 R 123/07 R) in welcher es u.a. heißt (Juris Rn. 20):

Zwar ist eine Wissenszurechnung zwischen verschiedenen Behörden (wie hier zwischen dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und der Bezirksfinanzdirektion) nicht möglich (s BGH vom 29.6.2006 - IX ZR 167/04 - Juris; ferner zB Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht vom 3.8.2006 - 5 V 69/06, EFG 2007, 89, 91) ; die geschilderten Grundsätze bewirken bei dem konkreten Anlass des Schreibens des Justizministeriums jedoch eine Kenntniszurechnung innerhalb der Bezirksfinanzdirektion (hier der - jedenfalls aktenmäßigen: hierzu BGH vom 2.2.1996, BGHZ 132, 30, 35 - Kenntnis des Referats 51/2 über die noch durchzuführende Nachversicherung). Dies wäre nur dann nicht der Fall, wenn ausreichende organisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung des notwendigen Informationsaustausches bestanden (s BGH vom 15.12.2005 - IX ZR 227/04, MDR 2006, 951, 952 = NZI 2006, 175, RdNr 13).

Dies ist nach Auffassung des erkennenden Senats im Rahmen der Frage des Organisationsverschuldens so zu verstehen, dass die jeweilige Behörde dafür Sorge tragen muss, dass die Informationen, die sie zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der ihr obliegenden Aufgaben benötigt, auch bei ihr ankommen. Zur Gewährleistung des notwendigen Informationsaustausches sind gegebenenfalls die notwendigen organisatorischen Maßnahmen zu treffen. Die bloße Aussage, der zuständige Amtswalter im ZPD habe die notwendigen Informationen nicht gehabt und die Kenntnis der Schulbehörde sei ihm nicht zuzurechnen, ist damit – auch und gerade vor dem Hintergrund einer ausgiebigen Weisungslage zur Sicherstellung der Nachversicherung, zu deren tatsächlicher Umsetzung indes offenbar die notwendigen Maßnahmen in Anbetracht der Vielzahl der bekannten Fälle nicht durchgeführter Nachversicherung nicht getroffen wurden - nicht ausreichend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechts-streits in der Hauptsache.

Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Vorausset-zungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved