Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 2 R 609/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 51/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 289/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein mitwirkendes Verschulden des beklagten Rentenversicherungsträgers liegt nicht vor, wenn zu dem bei ihm ebenfalls geführten eigenen Versicherungskonto der Klägerin (hier der Witwe) Entgelte aus abhängiger Beschäftigung gemeldet wurden. Angesichts der in sämtlichen Rentenbescheiden aufgeführten Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten besteht für Vorkehrungen der Beklagten, eine Rückkopplung der Witwenrente zum eigenen Versicherungskonto der Klägerin vorzunehmen, kein Anlass. Dass die Beklagte eine solche Kontenverbindung zu ihrer eigenen Sicherheit häufig herstellt, begründet ein anderes nicht. Denn die primäre Verpflichtung zur Einkommensanzeige obliegt dem Rentenbezieher.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen-
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Rückzahlung überzahlter Witwenrente für den Zeitraum von Oktober 2001 bis Mai 2009 in Höhe von 48.674,77 EUR.
Die Klägerin ist die Witwe des bei der Beklagten versichert gewesenen XA. (geb. 1947, verst. Januar 1999). Bis zu seinem Tode hatte der Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Auf ihren Antrag vom 1. Februar 1999 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 8. September 1999 ab Februar 1999 eine große Witwenrente sowie einen Zuschuss zum freiwilligen Pflegeversicherungsbeitrag.
Der Bescheid enthält unter der Überschrift "Mitteilungspflichten" u.a. folgende Hinweise: "Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen können Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen, das sind - Arbeitsentgelt - Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, - vergleichbares Einkommen - oder von Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen ... Die Meldung von Veränderungen erübrigt sich bei Einkommen aus einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit oder bei Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung."
Aufgrund der von der Klägerin im Rentenantragsverfahren gemachten Angaben zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit – Leitung eines Seniorenheimes – wurde auf die Witwenrente nach Ablauf des Sterbevierteljahres Einkommen angerechnet. Die Einzelheiten zur Einkommensanrechnung wurden in der Anlage 9 des Rentenbescheides vom 8. September 1999 dargestellt.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin rückwirkend ab Rentenbeginn einen Zuschuss zum freiwilligen Krankenversicherungsbeitrag. Nachdem die Klägerin nachträglich für das Jahr 1999 und auch 2000 Negativeinkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nachgewiesen hatte, berechnete die Beklagte die Witwenrente mit Bescheid vom 11. Juli 2000 ohne Anrechnung von Einkommen neu. Eine Überprüfung der Einkommenssituation der Klägerin von Amts wegen fand in den Folgejahren nicht statt; auch die Klägerin selbst erklärte sich nicht zu ihren Einkünften.
Im Rahmen des maschinellen Datenaustauschs erlangte die Beklagte im Oktober 2008 Kenntnis von einer ab Juli 2004 bestehenden Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2008 berechnete die Beklagte daraufhin die Witwenrente der Klägerin ab Dezember 2008 unter Ansatz eines Pflichtversicherungsverhältnisses in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung neu und stellte eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 7.059,29 EUR fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Bescheiden vom 6. Januar 2009 verfügte die Beklagte zum einen die Verrechnung der rückständigen Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mit der Rente, zum anderen forderte sie unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 2000 ab dem 1. Juli 2004 die überzahlten Beitragszuschüsse zum freiwilligen Krankenversicherungsbeitrag (3.139,14 EUR) zurück. Auch diese Bescheide wurden bindend.
Im Mahnverfahren wegen der letztgenannten Forderung teilte die Klägerin im Februar 2009 telefonisch und auch schriftlich mit, die überzahlte Rente nur in Raten zurückzahlen zu können. Zur Begründung wies sie dabei unter anderem auf ihren Angestelltenstatus hin.
Diese Mitteilung nahm die Beklagte zum Anlass, die Einkommensverhältnisse der Klägerin seit Rentenbeginn zu überprüfen. Dabei stellte sich heraus, dass die Klägerin ihre selbstständige Erwerbstätigkeit im Jahre 2001 aufgegeben hatte und seit dem 1. Oktober 2001 eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausübt. Nach Beiziehung der Steuerbescheide, Gehaltsabrechnungen und auch einer Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers berechnete die Beklagte die Witwenrente ohne vorherige Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 30. April 2009 rückwirkend ab Oktober 2001 neu. Für die Zeit ab dem 1. Juni 2009 wurde das Einkommen aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung auf die Rente angerechnet; für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis zum 31. Mai 2009 errechnete die Beklagte nach Einkommensanrechnung eine Überzahlung in Höhe von 48.674,77 EUR. Diesen Betrag forderte sie zur Erstattung an.
In ihrem Widerspruch hiergegen machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Beklagten habe wegen der aus ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung abzuführenden Rentenversicherungsbeiträge bekannt sein müssen, dass sie arbeite. Sie sei hiervon im Übrigen auch ausgegangen. Die Klägerin habe immer wieder Schreiben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund mit Renteninformationen erhalten, unter anderem am 12. Dezember 2005 und 20. Juni 2006. Sie habe insoweit darauf vertrauen können, dass durch die Zahlung ihrer Sozialversicherungsbeiträge ihr Angestelltenstatus bekannt sei. Die Beklagte habe im Zeitraum von 2001 bis 2009 nie Einkommensnachweise oder Steuerbescheide gefordert. Auch sei die für eine rückwirkende Aufhebung zu beachtende Jahresfrist nicht beachtet. Schließlich sei sie entreichert, die empfangenen Rentenzahlungen habe sie verbraucht. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2009 unter ausführlicher Darstellung der Rechtslage zurück. Sie führte aus, die Tatbestandsvoraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung lägen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2, 3 und 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vor. Zum einen habe die Klägerin die ihr im Bescheid vom 8. September 1999 auferlegten Mitwirkungspflichten verletzt, indem sie die Aufnahme ihrer Beschäftigung nicht angezeigt habe. Des Weiteren führe der Einkommensbezug neben einer Witwenrente unstrittig zur Anspruchsminderung. Schließlich habe die Klägerin in dem Bescheid vom 8. September 1999 eindeutige Hinweistexte erhalten, die es ihr ermöglicht hätten zu erkennen, dass neben der Witwenrente bezogene Einkünfte Auswirkungen auf die Höhe des Anspruchs haben können. Die Jahresfrist sei eingehalten. Vollständige Unterlagen zum Einkommen der Klägerin hätten der Beklagten erst am 17. April 2009 vorgelegen. Dieses Datum markiere den Beginn der Jahresfrist. Der Rückforderungsbescheid vom 30. April 2009 sei somit innerhalb der Jahresfrist erteilt. Ein atypischer Fall, der vorliegend eine Ermessensausübung erforderlich gemacht hätte, sei nicht gegeben. Insbesondere sei kein Mitverschulden der Beklagten an der Überzahlung gegeben.
Gegen den Bescheid wandte sich die Klägerin mit Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt. Zu deren Begründung wiederholte und vertiefte sie im Wesentlichen das schon im Vorverfahren Vorgetragene. Die Klägerin bekräftigte ihre Ansicht, nach der eine atypische Fallkonstellation gegeben sei. Der Beklagten sei ein erhebliches Mitverschulden an der Überzahlung anzulasten. Zum einen habe ihr bekannt sein müssen, dass die Klägerin Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit erziele. Zum anderen habe sie es in den zehn Jahren des Rentenbezuges versäumt, Einkommensnachweise von der Klägerin anzufordern. Dazu legte die Klägerin diverse Unterlagen ihr eigenes Versicherungsverhältnis bei der Beklagten betreffend vor, unter anderem Renteninformationen, Versicherungsverläufe und Unterlagen aus Kontenklärungsverfahren.
Mit Urteil vom 26. Juli 2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Voraussetzungen für eine auch rückwirkende Bescheidaufhebung sah das Gericht als erfüllt an.
Die Klägerin habe ihre Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig verletzt. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse läge in der Erzielung von Arbeitsentgelt, das gemäß § 97 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bei der Berechnung der Witwenrente zu berücksichtigen sei. Das Hinzutreten von Arbeitsentgelt stelle eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar. Die Klägerin habe diese Tatsache nicht mitgeteilt und habe hierbei zumindest grob fahrlässig gehandelt. In verschiedenen Rentenbescheiden sei sie darauf hingewiesen worden, dass das Erzielen von Erwerbseinkommen mitzuteilen sei. Insofern habe ihr die Erheblichkeit dieser Tatsache bewusst sein müssen. Bei dem anzulegenden subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung beruflich durchaus mit kaufmännischen Fragen befasst gewesen sei. Auch von ihrer Ausbildung und beruflichen Tätigkeit her habe von ihr erwartet werden dürfen, dass sie den Hinweis im Bescheid zutreffend auffasse und sich danach verhalte. Die Jahresfrist sei gewahrt. Die zunächst unterbliebene Anhörung als Verfahrensfehler sei durch die Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt. Ein atypischer Fall sei nicht gegeben, insbesondere sei kein mitwirkendes Fehlverhalten der Beklagten anzunehmen. Die Beklagte müsse sich nicht aufgrund der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen an das Versicherungskonto der Klägerin Kenntnis vom Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses zurechnen lassen. Auch sei die Beklagte nicht verpflichtet, ihrerseits nach der Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses zu forschen. Durch die in den Rentenbescheiden eindeutig dargelegten Mitteilungspflichten sei klargestellt, dass die Klägerin selbst für die Mitteilung verantwortlich sei.
Gegen das ihr am 28. Dezember 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Januar 2013 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht angebracht. Sie hält daran fest, dass ein atypischer Sachverhalt vorliege. Zu diesem Punkt trägt sie weiter ergänzend vor. Es bestünden auch besondere Umstände in der Sphäre der Beklagten. Die Klägerin habe keinen Einfluss auf die interne Datenverarbeitung bei der Beklagten gehabt, insbesondere nicht um den Umstand gewusst, dass zwei verschiedene Konten geführt würden, demgemäß ihre eigene Versicherung nicht mit den Daten der Hinterbliebenenrente verknüpft worden seien. Diese Umstände lägen ausschließlich im Verantwortungsbereich der Beklagten. Bei der Frage, wie es zu der Überzahlung gekommen sei, seien zum einen Umstände in ihrer Sphäre (fehlende Mitteilung des Beschäftigungsverhältnisses zum Versicherungskonto der Hinterbliebenenrente), zum anderen aber auch solche in der Sphäre der Beklagten (fehlende Verknüpfung der Versicherungskonten) zu berücksichtigen. Ein Regelfall der Tatbestände des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X sei daher nicht gegeben. Es sei von einem atypischen Fall auszugehen, der zumindest eine Ermessensausübung erforderlich gemacht hätte. Die fehlende Ermessensausübung führe zur Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 30. April 2009.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. Juli 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2009 aufzuheben, soweit dort der Rentenbescheid vom 11. Juli 2000 mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2001 aufgehoben und Erstattung der Überzahlung von 48.674,77 EUR gefordert wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Klägerin habe ihre Mitwirkungspflichten zumindest grob fahrlässig verletzt. Zu der relevanten Versicherungsnummer (1234) habe sie erstmals am 18. Februar 2009 mitgeteilt, in einem Beschäftigungsverhältnis zu stehen. Die Klägerin habe erkennen müssen, dass sich ihre Mitwirkungspflicht nicht nur auf ihre eigene Versicherungsnummer (5678) bezieht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der den Versicherten betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 30. April 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2009 zu Recht den Bescheid vom 11. Juli 2000 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben und den überzahlten Betrag zurückgefordert.
Entgegen der Auffassung der Klägerin waren die Bescheide vom 13. Mai 2004, 5. Februar 2007, 29. Oktober 2008 und 14. November 2008 von der Beklagten nicht auch ebenfalls aufzuheben. Die vorgenannten Bescheide betrafen gänzlich andere Sachverhalte. Wegen Änderungen im Kranken- und/oder Pflegeversicherungsverhältnis der Klägerin war jeweils eine Neuberechnung der Witwenrente von der Beklagten vorzunehmen. Aufzuheben wären lediglich die das Stammrecht berührenden Neufeststellungsbescheide bzw. die den Hinzuverdienst betreffenden Neuberechnungsbescheide gewesen.
Die Beklagte konnte ihre Aufhebungsentscheidung auf § 48 SGB X stützen. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist nach dessen Abs. 1 Satz 1 ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben; nach Satz 2 soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4).
Die Witwenrente der Klägerin wurde zuletzt durch Bescheid vom 11. Juli 2000 rückwirkend ab Rentenbeginn ohne Anrechnung von Einkommen neu berechnet. Bei diesem Rentenbescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da mit ihm ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten begründet worden ist (vgl. zu diesen Voraussetzungen Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 45 Rz. 63).
In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, ist durch die Aufnahme der Erwerbstätigkeit der Klägerin ab dem 1. Oktober 2001 mit einem zur Anrechnung führenden Verdienst eine Änderung eingetreten. Diese Änderung ist auch wesentlich. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI wird das Einkommen (§§ 18a bis 18e Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) von Berechtigten, das mit einer Witwenrente oder Witwerrente zusammentrifft, grundsätzlich hierauf angerechnet. Die näheren Anrechnungsmodalitäten sind dabei in § 97 Abs. 1 Satz 2 SGB VI und § 97 Abs. 2 SGB VI geregelt. Diesen Vorgaben ist die Beklagte nachgekommen. Insoweit wird auf die Berechnung in den Anlagen 1 und 8 des Bescheides vom 30. April 2009 Bezug genommen.
Die Aufhebungsentscheidung der Beklagten findet ihre Rechtsgrundlage jedenfalls in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Ob im Falle der Klägerin zudem auch die Voraussetzungen der Aufhebungsvorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (Verletzung einer Mitteilungspflicht) erfüllt sind, wovon das Sozialgericht in seiner Entscheidung ausgeht, kann der Senat offen lassen, da bereits die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt sind.
Die Beklagte war auch berechtigt, den Witwenrentenbescheid mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufzuheben. Ein sog. atypischer Fall im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, der eine Ermessensausübung erforderlich gemacht hätte, lag nicht vor. Nach dieser Vorschrift "soll" der Verwaltungsakt unter den weiteren Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 4 aufgehoben werden. Der Begriff "soll" ist dahin zu verstehen, dass dies grundsätzlich zu erfolgen hat, allerdings dann nicht, wenn ein atypischer Fall vorliegt (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 48 Rz. 35 ff.). Dabei bestimmen die Umstände des Einzelfalles, ob ein atypischer Fall gegeben ist. Die Annahme einer Atypik kommt nur dann in Betracht, wenn der Einzelfall aufgrund seiner besonderen Umstände signifikant von dem Regelfall des Tatbestandes nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X abweicht, der die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit gerade rechtfertigt. Ob der unbestimmte Rechtsbegriff eines atypischen Falles vorliegt, ist gerichtlich zu überprüfen und zu entscheiden (BSG vom 29. April 1992 - 7 RAr 4/91). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, welche der in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufgeführten Alternativen erfüllt ist.
Nach der Begründung hat die Beklagte den Aufhebungsbescheid vom 30. April 2009 auch auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt. Sie führt aus, ab dem 1. Oktober 2001 werde Einkommen erzielt, das sich auf die Höhe der Rente auswirke (Seite 7 des Bescheides). Bezogen auf diese Tatbestandsalternative ist ein atypischer Fall von der Rechtsprechung nur ausnahmsweise dann angenommen worden, wenn der Betroffene die zu erstattende Leistung verbraucht hat und ohne die entfallene Sozialleistung im nachhinein vermehrt sozialhilfebedürftig geworden wäre (vgl. BSG vom 12. Dezember 1995 - 10 RKg 9/95). Eine solche Situation wurde von der Klägerin weder vorgetragen noch ist sie nach Aktenlage ersichtlich. Außerdem ist sie bei einer zwangsweisen Beitreibung der Rückforderung der Beklagten durch die Aufrechnungs- und Pfändungsvorschriften des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) geschützt.
Nach Auffassung des Senats ist vorliegend vielmehr die vom Gesetzgeber in § 48 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB X gerade als typisch angesehene Sachlage gegeben, dass wegen des erzielten Einkommens die Sozialleistung nicht beim Empfänger verbleiben soll. Dabei kann ein gutgläubiger Verbrauch der Sozialleistung ohnehin nur dann schützenswert sein, wenn der Empfänger zur Zeit des Verbrauchs mit einer Erstattung nicht zu rechnen hatte, weil er sich etwa auf eine entsprechende Zusage oder Auskunft der Behörde hat verlassen können. An einer solchen vertrauensbildenden Aktion der Beklagten fehlt es hier (siehe zum ganzen schon die Senatsentscheidung vom 7. November 2006 – L 2 R 188/06).
Auch kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf ein Versäumnis der Beklagten, welches ein Mitverschulden zu begründen geeignet wäre, berufen. Zunächst war aufgrund der wiederholten Hinweise der Beklagten in den Rentenbescheiden bekannt, dass nach § 97 SGB VI Einkommen, das mit einer Witwenrente zusammentrifft, auf diese anzurechnen ist. Die Hinweise der Beklagten, die vor dem Überzahlungszeitraum von mehreren Jahren erteilt wurden, waren zum einen deutlich und ausreichend, so dass Zweifel bei der Klägerin nicht aufkommen konnten. Zum anderen hat die Klägerin nach Erlass des ersten Rentenbescheides vom 8. September 1999, in dem Einkünfte aus Gewerbetrieb angerechnet worden waren, unter Vorlage von entsprechenden (negativen) Einkommensnachweisen die rückwirkende Neuberechnung der Leistung ohne Einkommensanrechnung erwirkt (Bescheid vom 11. Juli 2000). Allein dies spricht dafür, dass ihr die Voraussetzungen der Einkommensanrechnung sehr wohl bewusst waren.
Des Weiteren hat sie im Verfahren wiederholt vorgetragen, durch die Meldung ihres Beschäftigungsverhältnisses ab Oktober 2001 zu ihrer eigenen Rentenversicherung davon ausgegangen zu sein, dass die Beklagte dadurch die erforderliche Kenntnis von der Beschäftigung resp. den Verdiensten gehabt habe, sie insoweit selbst nicht mehr zu veranlassen brauche.
Auch ein mitwirkendes Verschulden der Beklagten liegt hier entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht vor. Diese hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der von der Klägerin erzielte Verdienst nur zu ihrer eigenen Rentenversicherungsnummer (5678) und nicht zu der ihres verstorbenen Ehemannes (1234) gemeldet worden ist. Angesichts der in sämtlichen Rentenbescheiden aufgeführten Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten bestand für Vorkehrungen der Beklagten, eine Rückkopplung der Witwenrente zum eigenen Versicherungskonto der Klägerin vorzunehmen, kein Anlass. Dass die Beklagte eine solche Kontenverbindung – auch dem Senat bekannt –, zu ihrer eigenen Sicherheit häufig herstellt, begründet ein anderes nicht. Denn die primäre Verpflichtung zur Einkommensanzeige oblag der Klägerin. Daraus, dass die Beklagte in anderen Fällen eine ihr mögliche Vorkehrung zur Einkommensüberwachung mit der Ziel der Überzahlungsvermeidung erlässt, kann die Klägerin daher kein für sie günstigeres Ergebnis herleiten (so auch LSG Sachsen-Anhalt vom 19. Januar 2012 – L 1 R 36/09).
Die Beklagte hat auch sowohl die Zehnjahresfrist als auch die sog. Kenntnisnahmefrist von einem Jahr eingehalten. Nach § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen bzw. aufgehoben werden. Die Frist läuft vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an. Ausgehend von der Beschäftigungsaufnahme der Klägerin am 1. Oktober 2001 war der Bescheid vom 30. April 2009 noch innerhalb der Zehnjahresfrist.
Auch ist die für Aufhebungsbescheide einzuhaltende Jahresfrist eingehalten. Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X gilt § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entsprechend. Nach dieser Vorschrift muss ein Verwaltungsakt von der zuständigen Behörde innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen zurückgenommen werden, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Unter Tatsachen sind dabei alle tatsächlichen Umstände zu verstehen, die zur Aufhebbarkeit des begünstigenden Verwaltungsaktes erforderlich sind.
Dies sind zunächst alle Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass ein begünstigender Verwaltungsakt ohne Rechtsgrund erlassen worden ist, also ganz oder teilweise rechtswidrig ist.
Dabei kommt es bei einer Überzahlung wegen der Nichtkenntnis der genauen Einkommenshöhe auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnis an (vgl. Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 45 Rz. 81 mit weiteren Hinweisen insbesondere auf die entsprechende Rechtsprechung des BSG). Die Tatsache der Einkommenserzielung muss dabei bei der für die Sachbearbeitung zuständigen Stelle der Behörde aktenkundig werden (Schütze, a.a.O., Rz. 85), da nur diese Stelle prüfen kann, ob die Tatsachen die Rücknahme des betreffenden Verwaltungsaktes rechtfertigen.
Unbeachtlich ist zunächst insoweit, wann die das eigene Versichertenkonto der Klägerin führende Sachbearbeitung im Hause der Beklagten die Kenntnis von der Beschäftigungsaufnahme vorlag. Denn dieser Stelle war eine "Kenntnis" im Sinne der Vorschrift des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X nicht möglich.
Der für die Sachbearbeitung der Rückforderung zuständigen Stelle der Beklagten ist die Tatsache der Erwerbseinkommenserzielung durch die Klägerin ausweislich der Verwaltungsakte erst im Februar 2009 (Bl. 191 f der Rentenakten, Bd. I) bekannt geworden, so dass der Aufhebungsbescheid vom 30. April 2009 offensichtlich noch innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ergangen ist.
Da sonach die Aufhebung der Bewilligung rechtmäßig ist, durfte der Beklagte die überzahlte Leistung nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen-
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Rückzahlung überzahlter Witwenrente für den Zeitraum von Oktober 2001 bis Mai 2009 in Höhe von 48.674,77 EUR.
Die Klägerin ist die Witwe des bei der Beklagten versichert gewesenen XA. (geb. 1947, verst. Januar 1999). Bis zu seinem Tode hatte der Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Auf ihren Antrag vom 1. Februar 1999 bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 8. September 1999 ab Februar 1999 eine große Witwenrente sowie einen Zuschuss zum freiwilligen Pflegeversicherungsbeitrag.
Der Bescheid enthält unter der Überschrift "Mitteilungspflichten" u.a. folgende Hinweise: "Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen können Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen, das sind - Arbeitsentgelt - Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit, - vergleichbares Einkommen - oder von Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen ... Die Meldung von Veränderungen erübrigt sich bei Einkommen aus einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit oder bei Renten aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung."
Aufgrund der von der Klägerin im Rentenantragsverfahren gemachten Angaben zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit – Leitung eines Seniorenheimes – wurde auf die Witwenrente nach Ablauf des Sterbevierteljahres Einkommen angerechnet. Die Einzelheiten zur Einkommensanrechnung wurden in der Anlage 9 des Rentenbescheides vom 8. September 1999 dargestellt.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin rückwirkend ab Rentenbeginn einen Zuschuss zum freiwilligen Krankenversicherungsbeitrag. Nachdem die Klägerin nachträglich für das Jahr 1999 und auch 2000 Negativeinkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nachgewiesen hatte, berechnete die Beklagte die Witwenrente mit Bescheid vom 11. Juli 2000 ohne Anrechnung von Einkommen neu. Eine Überprüfung der Einkommenssituation der Klägerin von Amts wegen fand in den Folgejahren nicht statt; auch die Klägerin selbst erklärte sich nicht zu ihren Einkünften.
Im Rahmen des maschinellen Datenaustauschs erlangte die Beklagte im Oktober 2008 Kenntnis von einer ab Juli 2004 bestehenden Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2008 berechnete die Beklagte daraufhin die Witwenrente der Klägerin ab Dezember 2008 unter Ansatz eines Pflichtversicherungsverhältnisses in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung neu und stellte eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 7.059,29 EUR fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig. Mit Bescheiden vom 6. Januar 2009 verfügte die Beklagte zum einen die Verrechnung der rückständigen Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mit der Rente, zum anderen forderte sie unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Februar 2000 ab dem 1. Juli 2004 die überzahlten Beitragszuschüsse zum freiwilligen Krankenversicherungsbeitrag (3.139,14 EUR) zurück. Auch diese Bescheide wurden bindend.
Im Mahnverfahren wegen der letztgenannten Forderung teilte die Klägerin im Februar 2009 telefonisch und auch schriftlich mit, die überzahlte Rente nur in Raten zurückzahlen zu können. Zur Begründung wies sie dabei unter anderem auf ihren Angestelltenstatus hin.
Diese Mitteilung nahm die Beklagte zum Anlass, die Einkommensverhältnisse der Klägerin seit Rentenbeginn zu überprüfen. Dabei stellte sich heraus, dass die Klägerin ihre selbstständige Erwerbstätigkeit im Jahre 2001 aufgegeben hatte und seit dem 1. Oktober 2001 eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausübt. Nach Beiziehung der Steuerbescheide, Gehaltsabrechnungen und auch einer Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers berechnete die Beklagte die Witwenrente ohne vorherige Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 30. April 2009 rückwirkend ab Oktober 2001 neu. Für die Zeit ab dem 1. Juni 2009 wurde das Einkommen aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung auf die Rente angerechnet; für die Zeit vom 1. Oktober 2001 bis zum 31. Mai 2009 errechnete die Beklagte nach Einkommensanrechnung eine Überzahlung in Höhe von 48.674,77 EUR. Diesen Betrag forderte sie zur Erstattung an.
In ihrem Widerspruch hiergegen machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Beklagten habe wegen der aus ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung abzuführenden Rentenversicherungsbeiträge bekannt sein müssen, dass sie arbeite. Sie sei hiervon im Übrigen auch ausgegangen. Die Klägerin habe immer wieder Schreiben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund mit Renteninformationen erhalten, unter anderem am 12. Dezember 2005 und 20. Juni 2006. Sie habe insoweit darauf vertrauen können, dass durch die Zahlung ihrer Sozialversicherungsbeiträge ihr Angestelltenstatus bekannt sei. Die Beklagte habe im Zeitraum von 2001 bis 2009 nie Einkommensnachweise oder Steuerbescheide gefordert. Auch sei die für eine rückwirkende Aufhebung zu beachtende Jahresfrist nicht beachtet. Schließlich sei sie entreichert, die empfangenen Rentenzahlungen habe sie verbraucht. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. August 2009 unter ausführlicher Darstellung der Rechtslage zurück. Sie führte aus, die Tatbestandsvoraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung lägen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2, 3 und 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) vor. Zum einen habe die Klägerin die ihr im Bescheid vom 8. September 1999 auferlegten Mitwirkungspflichten verletzt, indem sie die Aufnahme ihrer Beschäftigung nicht angezeigt habe. Des Weiteren führe der Einkommensbezug neben einer Witwenrente unstrittig zur Anspruchsminderung. Schließlich habe die Klägerin in dem Bescheid vom 8. September 1999 eindeutige Hinweistexte erhalten, die es ihr ermöglicht hätten zu erkennen, dass neben der Witwenrente bezogene Einkünfte Auswirkungen auf die Höhe des Anspruchs haben können. Die Jahresfrist sei eingehalten. Vollständige Unterlagen zum Einkommen der Klägerin hätten der Beklagten erst am 17. April 2009 vorgelegen. Dieses Datum markiere den Beginn der Jahresfrist. Der Rückforderungsbescheid vom 30. April 2009 sei somit innerhalb der Jahresfrist erteilt. Ein atypischer Fall, der vorliegend eine Ermessensausübung erforderlich gemacht hätte, sei nicht gegeben. Insbesondere sei kein Mitverschulden der Beklagten an der Überzahlung gegeben.
Gegen den Bescheid wandte sich die Klägerin mit Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt. Zu deren Begründung wiederholte und vertiefte sie im Wesentlichen das schon im Vorverfahren Vorgetragene. Die Klägerin bekräftigte ihre Ansicht, nach der eine atypische Fallkonstellation gegeben sei. Der Beklagten sei ein erhebliches Mitverschulden an der Überzahlung anzulasten. Zum einen habe ihr bekannt sein müssen, dass die Klägerin Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit erziele. Zum anderen habe sie es in den zehn Jahren des Rentenbezuges versäumt, Einkommensnachweise von der Klägerin anzufordern. Dazu legte die Klägerin diverse Unterlagen ihr eigenes Versicherungsverhältnis bei der Beklagten betreffend vor, unter anderem Renteninformationen, Versicherungsverläufe und Unterlagen aus Kontenklärungsverfahren.
Mit Urteil vom 26. Juli 2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Voraussetzungen für eine auch rückwirkende Bescheidaufhebung sah das Gericht als erfüllt an.
Die Klägerin habe ihre Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig verletzt. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse läge in der Erzielung von Arbeitsentgelt, das gemäß § 97 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) bei der Berechnung der Witwenrente zu berücksichtigen sei. Das Hinzutreten von Arbeitsentgelt stelle eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dar. Die Klägerin habe diese Tatsache nicht mitgeteilt und habe hierbei zumindest grob fahrlässig gehandelt. In verschiedenen Rentenbescheiden sei sie darauf hingewiesen worden, dass das Erzielen von Erwerbseinkommen mitzuteilen sei. Insofern habe ihr die Erheblichkeit dieser Tatsache bewusst sein müssen. Bei dem anzulegenden subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung beruflich durchaus mit kaufmännischen Fragen befasst gewesen sei. Auch von ihrer Ausbildung und beruflichen Tätigkeit her habe von ihr erwartet werden dürfen, dass sie den Hinweis im Bescheid zutreffend auffasse und sich danach verhalte. Die Jahresfrist sei gewahrt. Die zunächst unterbliebene Anhörung als Verfahrensfehler sei durch die Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilt. Ein atypischer Fall sei nicht gegeben, insbesondere sei kein mitwirkendes Fehlverhalten der Beklagten anzunehmen. Die Beklagte müsse sich nicht aufgrund der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen an das Versicherungskonto der Klägerin Kenntnis vom Bestehen des Beschäftigungsverhältnisses zurechnen lassen. Auch sei die Beklagte nicht verpflichtet, ihrerseits nach der Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses zu forschen. Durch die in den Rentenbescheiden eindeutig dargelegten Mitteilungspflichten sei klargestellt, dass die Klägerin selbst für die Mitteilung verantwortlich sei.
Gegen das ihr am 28. Dezember 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. Januar 2013 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht angebracht. Sie hält daran fest, dass ein atypischer Sachverhalt vorliege. Zu diesem Punkt trägt sie weiter ergänzend vor. Es bestünden auch besondere Umstände in der Sphäre der Beklagten. Die Klägerin habe keinen Einfluss auf die interne Datenverarbeitung bei der Beklagten gehabt, insbesondere nicht um den Umstand gewusst, dass zwei verschiedene Konten geführt würden, demgemäß ihre eigene Versicherung nicht mit den Daten der Hinterbliebenenrente verknüpft worden seien. Diese Umstände lägen ausschließlich im Verantwortungsbereich der Beklagten. Bei der Frage, wie es zu der Überzahlung gekommen sei, seien zum einen Umstände in ihrer Sphäre (fehlende Mitteilung des Beschäftigungsverhältnisses zum Versicherungskonto der Hinterbliebenenrente), zum anderen aber auch solche in der Sphäre der Beklagten (fehlende Verknüpfung der Versicherungskonten) zu berücksichtigen. Ein Regelfall der Tatbestände des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X sei daher nicht gegeben. Es sei von einem atypischen Fall auszugehen, der zumindest eine Ermessensausübung erforderlich gemacht hätte. Die fehlende Ermessensausübung führe zur Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 30. April 2009.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 26. Juli 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2009 aufzuheben, soweit dort der Rentenbescheid vom 11. Juli 2000 mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2001 aufgehoben und Erstattung der Überzahlung von 48.674,77 EUR gefordert wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Klägerin habe ihre Mitwirkungspflichten zumindest grob fahrlässig verletzt. Zu der relevanten Versicherungsnummer (1234) habe sie erstmals am 18. Februar 2009 mitgeteilt, in einem Beschäftigungsverhältnis zu stehen. Die Klägerin habe erkennen müssen, dass sich ihre Mitwirkungspflicht nicht nur auf ihre eigene Versicherungsnummer (5678) bezieht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der den Versicherten betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 30. April 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2009 zu Recht den Bescheid vom 11. Juli 2000 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben und den überzahlten Betrag zurückgefordert.
Entgegen der Auffassung der Klägerin waren die Bescheide vom 13. Mai 2004, 5. Februar 2007, 29. Oktober 2008 und 14. November 2008 von der Beklagten nicht auch ebenfalls aufzuheben. Die vorgenannten Bescheide betrafen gänzlich andere Sachverhalte. Wegen Änderungen im Kranken- und/oder Pflegeversicherungsverhältnis der Klägerin war jeweils eine Neuberechnung der Witwenrente von der Beklagten vorzunehmen. Aufzuheben wären lediglich die das Stammrecht berührenden Neufeststellungsbescheide bzw. die den Hinzuverdienst betreffenden Neuberechnungsbescheide gewesen.
Die Beklagte konnte ihre Aufhebungsentscheidung auf § 48 SGB X stützen. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist nach dessen Abs. 1 Satz 1 ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben; nach Satz 2 soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher, für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4).
Die Witwenrente der Klägerin wurde zuletzt durch Bescheid vom 11. Juli 2000 rückwirkend ab Rentenbeginn ohne Anrechnung von Einkommen neu berechnet. Bei diesem Rentenbescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da mit ihm ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten begründet worden ist (vgl. zu diesen Voraussetzungen Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 45 Rz. 63).
In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, ist durch die Aufnahme der Erwerbstätigkeit der Klägerin ab dem 1. Oktober 2001 mit einem zur Anrechnung führenden Verdienst eine Änderung eingetreten. Diese Änderung ist auch wesentlich. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI wird das Einkommen (§§ 18a bis 18e Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) von Berechtigten, das mit einer Witwenrente oder Witwerrente zusammentrifft, grundsätzlich hierauf angerechnet. Die näheren Anrechnungsmodalitäten sind dabei in § 97 Abs. 1 Satz 2 SGB VI und § 97 Abs. 2 SGB VI geregelt. Diesen Vorgaben ist die Beklagte nachgekommen. Insoweit wird auf die Berechnung in den Anlagen 1 und 8 des Bescheides vom 30. April 2009 Bezug genommen.
Die Aufhebungsentscheidung der Beklagten findet ihre Rechtsgrundlage jedenfalls in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Ob im Falle der Klägerin zudem auch die Voraussetzungen der Aufhebungsvorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (Verletzung einer Mitteilungspflicht) erfüllt sind, wovon das Sozialgericht in seiner Entscheidung ausgeht, kann der Senat offen lassen, da bereits die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erfüllt sind.
Die Beklagte war auch berechtigt, den Witwenrentenbescheid mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufzuheben. Ein sog. atypischer Fall im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, der eine Ermessensausübung erforderlich gemacht hätte, lag nicht vor. Nach dieser Vorschrift "soll" der Verwaltungsakt unter den weiteren Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 4 aufgehoben werden. Der Begriff "soll" ist dahin zu verstehen, dass dies grundsätzlich zu erfolgen hat, allerdings dann nicht, wenn ein atypischer Fall vorliegt (Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 48 Rz. 35 ff.). Dabei bestimmen die Umstände des Einzelfalles, ob ein atypischer Fall gegeben ist. Die Annahme einer Atypik kommt nur dann in Betracht, wenn der Einzelfall aufgrund seiner besonderen Umstände signifikant von dem Regelfall des Tatbestandes nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X abweicht, der die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit gerade rechtfertigt. Ob der unbestimmte Rechtsbegriff eines atypischen Falles vorliegt, ist gerichtlich zu überprüfen und zu entscheiden (BSG vom 29. April 1992 - 7 RAr 4/91). In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, welche der in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufgeführten Alternativen erfüllt ist.
Nach der Begründung hat die Beklagte den Aufhebungsbescheid vom 30. April 2009 auch auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt. Sie führt aus, ab dem 1. Oktober 2001 werde Einkommen erzielt, das sich auf die Höhe der Rente auswirke (Seite 7 des Bescheides). Bezogen auf diese Tatbestandsalternative ist ein atypischer Fall von der Rechtsprechung nur ausnahmsweise dann angenommen worden, wenn der Betroffene die zu erstattende Leistung verbraucht hat und ohne die entfallene Sozialleistung im nachhinein vermehrt sozialhilfebedürftig geworden wäre (vgl. BSG vom 12. Dezember 1995 - 10 RKg 9/95). Eine solche Situation wurde von der Klägerin weder vorgetragen noch ist sie nach Aktenlage ersichtlich. Außerdem ist sie bei einer zwangsweisen Beitreibung der Rückforderung der Beklagten durch die Aufrechnungs- und Pfändungsvorschriften des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I) geschützt.
Nach Auffassung des Senats ist vorliegend vielmehr die vom Gesetzgeber in § 48 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB X gerade als typisch angesehene Sachlage gegeben, dass wegen des erzielten Einkommens die Sozialleistung nicht beim Empfänger verbleiben soll. Dabei kann ein gutgläubiger Verbrauch der Sozialleistung ohnehin nur dann schützenswert sein, wenn der Empfänger zur Zeit des Verbrauchs mit einer Erstattung nicht zu rechnen hatte, weil er sich etwa auf eine entsprechende Zusage oder Auskunft der Behörde hat verlassen können. An einer solchen vertrauensbildenden Aktion der Beklagten fehlt es hier (siehe zum ganzen schon die Senatsentscheidung vom 7. November 2006 – L 2 R 188/06).
Auch kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf ein Versäumnis der Beklagten, welches ein Mitverschulden zu begründen geeignet wäre, berufen. Zunächst war aufgrund der wiederholten Hinweise der Beklagten in den Rentenbescheiden bekannt, dass nach § 97 SGB VI Einkommen, das mit einer Witwenrente zusammentrifft, auf diese anzurechnen ist. Die Hinweise der Beklagten, die vor dem Überzahlungszeitraum von mehreren Jahren erteilt wurden, waren zum einen deutlich und ausreichend, so dass Zweifel bei der Klägerin nicht aufkommen konnten. Zum anderen hat die Klägerin nach Erlass des ersten Rentenbescheides vom 8. September 1999, in dem Einkünfte aus Gewerbetrieb angerechnet worden waren, unter Vorlage von entsprechenden (negativen) Einkommensnachweisen die rückwirkende Neuberechnung der Leistung ohne Einkommensanrechnung erwirkt (Bescheid vom 11. Juli 2000). Allein dies spricht dafür, dass ihr die Voraussetzungen der Einkommensanrechnung sehr wohl bewusst waren.
Des Weiteren hat sie im Verfahren wiederholt vorgetragen, durch die Meldung ihres Beschäftigungsverhältnisses ab Oktober 2001 zu ihrer eigenen Rentenversicherung davon ausgegangen zu sein, dass die Beklagte dadurch die erforderliche Kenntnis von der Beschäftigung resp. den Verdiensten gehabt habe, sie insoweit selbst nicht mehr zu veranlassen brauche.
Auch ein mitwirkendes Verschulden der Beklagten liegt hier entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht vor. Diese hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der von der Klägerin erzielte Verdienst nur zu ihrer eigenen Rentenversicherungsnummer (5678) und nicht zu der ihres verstorbenen Ehemannes (1234) gemeldet worden ist. Angesichts der in sämtlichen Rentenbescheiden aufgeführten Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten bestand für Vorkehrungen der Beklagten, eine Rückkopplung der Witwenrente zum eigenen Versicherungskonto der Klägerin vorzunehmen, kein Anlass. Dass die Beklagte eine solche Kontenverbindung – auch dem Senat bekannt –, zu ihrer eigenen Sicherheit häufig herstellt, begründet ein anderes nicht. Denn die primäre Verpflichtung zur Einkommensanzeige oblag der Klägerin. Daraus, dass die Beklagte in anderen Fällen eine ihr mögliche Vorkehrung zur Einkommensüberwachung mit der Ziel der Überzahlungsvermeidung erlässt, kann die Klägerin daher kein für sie günstigeres Ergebnis herleiten (so auch LSG Sachsen-Anhalt vom 19. Januar 2012 – L 1 R 36/09).
Die Beklagte hat auch sowohl die Zehnjahresfrist als auch die sog. Kenntnisnahmefrist von einem Jahr eingehalten. Nach § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen bzw. aufgehoben werden. Die Frist läuft vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an. Ausgehend von der Beschäftigungsaufnahme der Klägerin am 1. Oktober 2001 war der Bescheid vom 30. April 2009 noch innerhalb der Zehnjahresfrist.
Auch ist die für Aufhebungsbescheide einzuhaltende Jahresfrist eingehalten. Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X gilt § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entsprechend. Nach dieser Vorschrift muss ein Verwaltungsakt von der zuständigen Behörde innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen zurückgenommen werden, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Unter Tatsachen sind dabei alle tatsächlichen Umstände zu verstehen, die zur Aufhebbarkeit des begünstigenden Verwaltungsaktes erforderlich sind.
Dies sind zunächst alle Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass ein begünstigender Verwaltungsakt ohne Rechtsgrund erlassen worden ist, also ganz oder teilweise rechtswidrig ist.
Dabei kommt es bei einer Überzahlung wegen der Nichtkenntnis der genauen Einkommenshöhe auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnis an (vgl. Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 45 Rz. 81 mit weiteren Hinweisen insbesondere auf die entsprechende Rechtsprechung des BSG). Die Tatsache der Einkommenserzielung muss dabei bei der für die Sachbearbeitung zuständigen Stelle der Behörde aktenkundig werden (Schütze, a.a.O., Rz. 85), da nur diese Stelle prüfen kann, ob die Tatsachen die Rücknahme des betreffenden Verwaltungsaktes rechtfertigen.
Unbeachtlich ist zunächst insoweit, wann die das eigene Versichertenkonto der Klägerin führende Sachbearbeitung im Hause der Beklagten die Kenntnis von der Beschäftigungsaufnahme vorlag. Denn dieser Stelle war eine "Kenntnis" im Sinne der Vorschrift des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X nicht möglich.
Der für die Sachbearbeitung der Rückforderung zuständigen Stelle der Beklagten ist die Tatsache der Erwerbseinkommenserzielung durch die Klägerin ausweislich der Verwaltungsakte erst im Februar 2009 (Bl. 191 f der Rentenakten, Bd. I) bekannt geworden, so dass der Aufhebungsbescheid vom 30. April 2009 offensichtlich noch innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ergangen ist.
Da sonach die Aufhebung der Bewilligung rechtmäßig ist, durfte der Beklagte die überzahlte Leistung nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückfordern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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