L 17 U 683/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 17 U 348/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 683/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers und des Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.10.2011 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche und gerichtliche Kosten des Klägers und des Beigeladenen werden nicht erstattet. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 5000,00 Euro festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung eines Arbeitsunfalls.

Der 1956 geborene Kläger ist Berater für Medizinprodukte und als Vertriebsleiter tätig. Er und der Beigeladene H M kennen sich seit ihrer Kindheit und sind Nachbarn. Im Herbst 2007 beabsichtigte der Beigeladene eine Holzschaukel auf seinem Grundstück aufzubauen. Am Samstag, den 13.10.2007, sollten Transport- und Abladetätigkeiten erfolgen; Aufbautätigkeiten waren für Montag- und Dienstagabend geplant. Der Kläger und der Beigeladene holten das erforderliche Baumaterial am 13.10.2007 mit dem PKW und dem Anhänger des Klägers gemeinsam vom Baumarkt ab und transportierten dies zum Grundstück des Beigeladenen. Dort sollte es mit einem Lastenaufzug auf das hinter dem Haus gelegene Grundstück des Beigeladenen befördert werden. Der von dem Beigeladenen selbst gebaute Lastenaufzug, der mit einem Elektromotor betrieben wurde, war mittels eines T-Trägers an einer Wand befestigt, um damit das Arbeitsmaterial auf eine Höhe von ca. 2,50 m zu befördern. Als der Kläger zusammen mit dem Beigeladenen den Lastenaufzug betrat, um damit Rundhölzer für die zu errichtende Holzschaukel zu befördern, riss das Drahtseil in etwa 2,50 m Höhe und die Arbeitsplattform stürzte zu Boden. Dabei zog sich der Kläger beidseitige Fersenbeinfrakturen zu.

Anlässlich eines Hausbesuchs am 08.01.2008 gab der Kläger gegenüber zwei Mitarbeitern der Beklagten an, dass der Aufbau der massiven Holzschaukel zwei bis drei Arbeitstage in Anspruch nehmen sollte. Eine Vergütung sei nicht vereinbart worden. Seinem Freund (dem Beigeladenen) zu helfen, sei für ihn eine Selbstverständlichkeit gewesen. Es handele sich um eine Hilfe, die unter Freunden und Bewohnern kleiner Gemeinden üblich sei. Auch schon in der Vergangenheit hätten sie sich gegenseitig geholfen, z. B. bei der Zubereitung von Brennholz. Eine Regelmäßigkeit bei der Mithilfe würde nicht bestehen, sondern je nach Arbeitsanfall würde der eine oder andere Freund angesprochen.

Mit Bescheid vom 23.01.2008 lehnte die Beklagte die Anerkennung und Entschädigung eines Arbeitsunfalls ab, da es sich bei dem Ereignis vom 13.10.2007 nicht um einen Versicherungsfall gehandelt habe. Der Kläger habe die Tätigkeit nämlich nicht wie ein Beschäftigter, sondern als Bekannter bzw. Freund verrichtet. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er wies darauf hin, dass die Privathaftpflichtversicherung des Beigeladenen ihre Zuständigkeit verneint habe und die Beklagte als gesetzliche Unfallversicherung für zuständig halte. Auch der Beigeladene sehe sich nicht in der Haftung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger gehöre nicht zum versicherten Personenkreis. Schon das freiwillige und unentgeltliche Helfen spreche gegen eine arbeitnehmerähnliche Arbeit. Im Vordergrund hätte nicht das Verrichten einer Arbeitsleistung für einen Dritten (fremden Unternehmer), sondern die Pflege der Freundschaft gestanden. Auch die Dauer der Arbeit sei kein Argument für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Unter Freunden seien auch länger andauernde Hilfeleistungen nicht ungewöhnlich. Größere Bedeutung als dem Arbeitsumfang komme der Willensrichtung zu. Diese sei von der lang andauernden guten freundschaftlichen Beziehung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen geprägt gewesen. Die von dem Kläger verrichtete Tätigkeit habe zwar eine ernstliche, dem Unternehmen des Beigeladenen dienende Tätigkeit dargestellt, die auch dem wirklichen Willen des Beigeladenen entsprochen habe, dies allein reiche aber für den Versicherungsschutz nicht aus. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände einschließlich der ausgeführten und noch beabsichtigten Arbeiten würden Art und Umfang der Verrichtung nicht den Rahmen einer geringfügigen, selbstverständlichen Gefälligkeit unter sich gegenseitig helfenden Freunden überschreiten. Auch ein arbeitnehmerähnliches Über/Unterordnungsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen habe nicht vorgelegen.

Hiergegen hat der Kläger am 20.11.2008 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf die Argumentation der Privathaftpflichtversicherung des Beigeladenen verwiesen. Diese hat die Auffassung vertreten, der Beigeladene sei dem Kläger gegenüber nicht schadensersatzpflichtig, da sich der Unfall bei einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit ereignet habe, für die die gesetzliche Unfallversicherung einzutreten habe. Der Kläger hat außerdem vorgetragen, zwischen ihm und dem Beigeladenen bestünden keine engen, typischen Beziehungen zwischen Freunden oder Nachbarn. Da er jahrelang nicht im Ort gewohnt habe, bestehe kein gewachsenes Verhältnis. Man feiere z.B. Geburtstage etc. nicht zusammen. Der Beigeladene wohne auch nicht in derselben Straße wie er, sondern sicherlich 500 m entfernt. Er sei deshalb kein Nachbar im üblichen Sinne.

Mit Beschluss vom 26.10.2009 ist der Beigeladene zum Verfahren beigeladen worden. Dieser hat ebenfalls die Auffassung vertreten, der Kläger unterliege dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, da dieser im Schadenszeitpunkt Versicherter gewesen sei. Die Beklagte habe in dem Widerspruchsbescheid selbst eingeräumt, dass der Kläger eine ernstliche, dem Willen des Unternehmens dienende Tätigkeit ausgeübt habe. Es sei zwar richtig, dass es für den Versicherungsschutz zusätzlich auf die mit dem - objektiv arbeitnehmerähnlichen - Verhalten verbundene Handlungstendenz ankomme, die Annahme der Beklagten, dass die Handlungstendenz durch die freundschaftliche Beziehung geprägt gewesen sei, sei aber unzutreffend. Eine derartige Verbundenheit als Freunde habe nicht vorgelegen. Er und der Kläger seien zwar in einem kleinen Ort gemeinsam aufgewachsen und würden sich daher kennen, wie man jeden in der Dorfgemeinschaft kenne. Daraus resultiere aber keine besondere Verbundenheit. Sie hätten lediglich im Rahmen einer Zweckgemeinschaft aufgrund nachbarschaftlicher Beziehungen diverse Arbeiten miteinander ausgeführt und sich gegenseitig geholfen. Der bisherige Umfang gegenseitiger Hilfen habe sich aber auf eintägige, gemeinsame Arbeiten zur Verarbeitung von Brennholz für ihre Kamine beschränkt. Hierbei habe ein jeweiliges Eigeninteresse vorgelegen. Die Tätigkeit, bei der der Unfall geschah, habe dem bisherigen Gepräge der Zweckgemeinschaft unter Nachbarn jedoch nicht mehr entsprochen. Sie sei allein in seinem - des Beigeladenen - Interesse erfolgt. Außerdem sei sie auf drei Tage angelegt gewesen. Dies sei keine Selbstverständlichkeit unter Nachbarn. Für den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung sei es ohne Bedeutung, dass die Arbeiten unentgeltlich ausgeführt wurden. Es habe ein Über/Unterordnungsverhältnis vorgelegen; der Kläger sei eine Art Handlanger für ihn gewesen.

Das SG hat den Kläger und den Beigeladenen in einer nichtöffentlichen Sitzung vom 18.01.2011 zu den Umständen der gegenseitigen Hilfeleistungen gehört.

Der Kläger hat angegeben, dass er einen 2,50 m langen Hänger sowie eine Anhängerkupplung an seinem Allradwagen besitze. Er verfüge auch über eine Motorsäge und einen Holzspalter. Er wohne in einem 500-Seelen-Dorf, in dem jeder jeden kenne. Der Beigeladene und er würden sich noch aus der Schulzeit kennen und seien zusammen im Schützenverein. Man duze sich, treffe sich auf größeren Festen oder mal auf runden Geburtstagen. Sie seien aber nicht so eng befreundet, dass sie jedes Jahr zusammen Geburtstag feiern würden. Er würde den Beigeladenen als Bekannten bezeichnen; er habe zu ihm ein Verhältnis wie zu fast jedem Bewohner im Dorf. Seit 2002/2003 hätten sie zusammen das Holz für die Kamine besorgt. Er habe das Equipment besessen. Der Beigeladene habe ihm beim Aufladen geholfen. Ansonsten habe er für den Beigeladenen schon mal Mulch gefahren, da er ja den Hänger hab. Am 13.10.2007, dem Unfalltag, sei er der einzige Helfer gewesen. Der Beigeladene habe ihn gefragt, ob man das Holz für die Schaukel mit seinem Hänger transportieren könne und ob er ihm beim Aufbau der Schaukel helfe. In einem Dorf sei es ein Geben und Nehmen. Er habe sich da schon zur Hilfe verpflichtet gefühlt. Auch andere im Dorf hätten schon mal wegen eines Transports bei ihm nachgefragt. Er habe auch schon mal seinen Hänger verliehen, meist habe er aber aufgrund Zeitmangels ablehnen müssen. Wenn man einmal ablehne, würden die Meisten nur noch höchstens ein zweites Mal fragen. Auch im Oktober 2007 sei er beruflich eingespannt gewesen. Der Transport/Bau der Schaukel sei aber eine Abwechslung für ihn gewesen. Durch die Abwesenheit seiner Frau habe er auch Zeit gehabt. Nach dem Unfall habe ihm der Beigeladene bei der Errichtung eines Holzunterstandes geholfen.

Der Beigeladene hat erklärt, er habe die Schaukel im Baumarkt gekauft und dann den Kläger angesprochen, ob er die Sachen zu ihm transportieren und ihm beim Aufbau helfen könne. Er habe den Kläger einfach nur gefragt, ob er an dem Samstag Zeit habe. Sie hätten dann Montag und Dienstag die Schaukel aufbauen wollen. Er habe ja gewusst, dass sie bezüglich der Holzverarbeitung gut zusammen arbeiten können. Er würde den Kläger als Bekannten bezeichnen, so wie man im Dorf jeden kennt. Ein Freund sei für ihn jemand, mit dem er auch privat viel verkehre; seine Freunde seien im Kegel- und im Doppelkopfverein. Er habe den Kläger zu seinem 50. Geburtstag eingeladen, da sei er auch gekommen. Wenn ihm der Kläger nicht geholfen hätte, so hätte er das Holz für die Schaukel anliefern lassen oder sich im Baumarkt ein Fahrzeug mit Anhängerkuppelung und einen Anhänger leihen müssen. Es wäre auf jeden Fall sehr viel Aufwand und auch teurer gewesen. Zum Aufbau hätte er sich dann auch jemand anders suchen müssen. So habe er aber nur die Kosten für das Benzin zahlen müssen, so wie das vorher auch schon immer geregelt gewesen sei. Vielleicht habe ihm der Kläger wegen der Holzzweckgemeinschaft geholfen. Man habe ja auch im Hinterkopf, dass man vielleicht noch einmal etwas anderes machen wolle. Hinsichtlich des Holzes habe der Kläger das Equipment und er die Manpower gehabt. Ca. drei bis vier Jahre seien sie ca. dreimal im Jahr im Wald gewesen. Nach dem Unfall habe er dem Kläger bei dem Bau eines Holzunterstands geholfen, er habe sich wegen des Unfalls ein bisschen verpflichtet gefühlt.

Mit Urteil vom 18.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 13.10.2007 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Der Kläger gehöre nicht zum versicherten Personenkreis der gesetzlichen Unfallversicherung, da er nicht wie ein Beschäftigter tätig geworden sei. Die zum Unfall führende Verrichtung sei nach Art und Umfang durch das langjährige bekanntschaftliche Verhältnis zum Beigeladenen geprägt gewesen.

Gegen das ihnen jeweils am 02.11.2011 zugestellte Urteil haben der Kläger am 30.11.2011 und der Beigeladene am 02.12.2011 Berufung eingelegt. Sie vertreten weiterhin die Auffassung, dass der Kläger als "Wie-Beschäftigter" zum versicherten Personenkreis der gesetzlichen Unfallversicherung gehöre. Unter Bezugnahme auf ihre Aussagen in der nichtöffentlichen Sitzung vor dem SG vom 18.01.2011 wiederholen sie ihre Argumentation aus dem sozialgerichtlichen Verfahren. Sie sind der Meinung, das SG habe die Gesamtwürdigung der zu berücksichtigenden Umstände fehlerhaft vorgenommen. Es sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie Freunde seien. Allein ihre nachbarschaftlichen Beziehungen würden den Versicherungsschutz aber nicht ausschließen.

Der Kläger und der Beigeladene beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.10.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.10.2008 zu verurteilen, das Ereignis vom 13.10.2007 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers und des Beigeladenen in der nichtöffentlichen Sitzung vor dem SG vom 18.01.2011 sei der Kläger für den Beigeladenen nicht als "Wie-Beschäftigter" tätig geworden. Die zum Unfall führende Verrichtung sei nach Art und Umfang durch das langjährige bekanntschaftliche Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen geprägt gewesen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Ihre Inhalte sind auszugsweise Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 11.03.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2009 nicht beschwert, da dieser rechtmäßig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, das Ereignis vom 13.10.2007 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen.

Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 7. Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Danach handelt es sich bei dem Unfall vom 13.10.2007 nicht um einen Arbeitsunfall, da er sich nicht bei einer versicherten Tätigkeit des Klägers ereignete.

In Betracht kommt vorliegend nur eine den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter oder nach § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als "Wie-Beschäftigter".

Eine Versicherung des Klägers kraft Gesetzes als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII scheidet aus, da ein Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis zu dem Beigeladenen nicht bestanden hat. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Entgegen der Auffassung des Klägers und des Beigeladenen besteht auch kein Versicherungsschutz kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII, wonach Personen versichert sind, die "wie" nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherte tätig werden. Der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (u.a. Urteil des BSG vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R -) folgend, legt der Senat die Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB VII ebenso wie die Vorgängervorschrift des § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) dahingehend aus, dass aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen Versicherungsschutz auch dann gewährt werden soll, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer gegebenenfalls nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist. Dies kommt in Betracht, wenn eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die von der Handlungstendenz her einem fremden Unternehmen dienen soll, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist und nicht auf einer Sonderbeziehung zum Unternehmer zum Beispiel als Familienangehöriger oder als Vereinsmitglied beruht (vergl. BSG, a.a.O., mit weiteren Nachweisen, Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28.2.2011 - L 4 U 484/10 -, 3.9.2010 - L 4 U 140/09 - und 2.3.2007 - L 4 U 47/06 -).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, auch wenn es sich bei der Hilfe des Klägers um eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert gehandelt hat.

Ob die zum Unfall führende Tätigkeit des Klägers einer solchen aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich war, kann letztlich dahinstehen. Hieran bestehen allerdings im Hinblick auf die Art und den Umfang der bis zum Unfall erfolgten und noch beabsichtigten Hilfe sowie aufgrund der Unentgeltlichkeit der Tätigkeit erhebliche Zweifel. Auch ein Über/Unterordnungsverhältnis zwischen Beigeladenem und Kläger vermag der Senat aufgrund der von diesen im Verwaltungs- und Sozialgerichtsverfahren gemachten Angaben nicht zu erkennen.

Der Versicherungsschutz des Klägers ist jedenfalls schon deshalb ausgeschlossen, weil dessen Tätigkeit für den Beigeladenen auf der zwischen beiden bestehenden Sonderbeziehung beruhte.

Bei Gefälligkeitsleistungen, die ihr gesamtes Gepräge durch ein verwandtschaftliches oder freundschaftliches Verhältnis zwischen den beteiligten Personen erhalten, besteht kein Versicherungsschutz. Dabei sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beachten, insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der verrichteten Tätigkeit sowie die Intensität der tatsächlichen verwandtschaftlichen bzw. freundschaftlichen Beziehungen. Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer wird regelmäßig der Rahmen sein, innerhalb dessen bestimmte Tätigkeiten ihr Gepräge daraus erhalten. Dabei können im Rahmen eines engen verwandtschaftlichen bzw. freundschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses auch Tätigkeiten von erheblichem Umfang und größerer Zeitdauer diesem Gemeinschaftsverhältnis ihr Gepräge geben (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.1.2009 - L 31 U 369/08 - mit weiteren Nachweisen). Es besteht keine feste Stundengrenze für die Beurteilung einer Versicherungspflicht bei Gefälligkeitsdiensten (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. 5. 2008 - L 2 U 28/08 - ). Als Kriterien zur Beurteilung, ob eine Gefälligkeitsleistung vorliegt, kommen u.a. in Betracht eine besonders nahe verwandtschaftliche oder freundschaftliche Beziehung in häuslicher Gemeinschaft, besondere Fachkenntnisse, ob eine gefährliche, anstrengende oder länger dauernde Tätigkeit verrichtet wird oder ob aufgrund konkreter sozialer Beziehungen ein geradezu selbstverständlicher Hilfsdienst geleistet wird. Nicht arbeitnehmerähnlich sind auf Kameradschaft und Gegenseitigkeit beruhende kleinere Handreichungen (Bieresborn, Juris Praxiskommentar, § 2 SGB VII Rn. 271 ff; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 2 Anm. 34.18 ff, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist bei der zum Unfall führenden Tätigkeit des Klägers von einer nicht versicherten Gefälligkeitsleistung auszugehen, deren Handlungstendenz durch die Sonderbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen geprägt war.

Der Kläger und der Beigeladene sind durch eine gute persönliche Bekanntschaft, die Nachbarschaft - die nicht durch eine Entfernung der Häuser von etwa 500 m ausgeschlossen ist - und die gemeinsame Einbindung in die Dorfgemeinschaft miteinander verbunden. Sie kennen sich seit Kindheit an, haben die Schule miteinander besucht und sind zusammen aufgewachsen. Sie leben in derselben Dorfgemeinschaft und sind im selben Schützenverein. Sie laden sich gegenseitig zu ihren runden Geburtstagen ein und treffen sich bei Feiern anderer Dorfbewohner. Sie haben sich schon in den letzten Jahren beim Holzmachen gegenseitig geholfen. Nach Angaben des Klägers hat dieser auch schon mal Mulch für den Beigeladenen gefahren. Der Beigeladene hat den Kläger nach dem Unfall bei der Errichtung eines Holzunterstands unterstützt.

Aufgrund dieser Sonderbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen handelte es sich bei der Hilfe des Klägers für den Beigeladenen um einen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst sowie um die Erfüllung einer gesellschaftlichen (nicht rechtlichen) Verpflichtung. Der Kläger hat die Tätigkeit für den Beigeladenen nicht nur in dessen, sondern überwiegend auch im eigenen Interesse durchgeführt. Ihm war an der Pflege einer guten Bekanntschaft, Nachbarschaft und Dorfgemeinschaft gelegen. Auch wollte er das System des sich gegenseitigen Helfens aufrechterhalten. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus seinen Angaben anlässlich des Hausbesuchs durch Mitarbeiter der Beklagten am 08.01.2008 und aus seinen Erklärungen in dem nichtöffentlichen Termin vor dem SG vom 18.01.2011. Insbesondere seine Angaben bei dem Hausbesuch, es sei für ihn eine Selbstverständlichkeit gewesen, seinem Freund (dem Beigeladenen) zu helfen und es habe sich um eine Hilfe gehandelt, die unter Freunden und Bewohnern kleiner Gemeinden üblich sei, belegen, dass der Kläger dem Beigeladenen aus reiner Gefälligkeit geholfen hat. Die Erklärungen des Klägers vor dem SG, in einem Dorf sei es ein Geben und Nehmen, er habe sich zur Hilfe verpflichtet gefühlt und wenn man einmal ablehne, würden die Meisten nur noch höchstens ein zweites Mal fragen, zeigen ebenso deutlich, dass die Hilfe aus Gefälligkeit und zur Pflege der zwischenmenschlichen Beziehung zum Beigeladenen erfolgte.

Die Ausführungen des Beigeladenen in dem nichtöffentlichen Termin vor dem SG bestätigen ebenfalls, dass es sich bei den Hilfeleistungen zwischen ihm und dem Kläger um ein selbstverständliches Geben und Nehmen und damit um ein typisches Gefälligkeitsverhältnis gehandelt hat. So nahm der Beigeladene an, der Kläger habe ihm wegen der Holzzweckgemeinschaft geholfen; ferner führte er aus, man habe ja auch immer im Hinterkopf, dass man vielleicht noch einmal etwas anderes machen wolle.

Dass der Kläger in eigenem und nicht nur im Interesse des Beigeladenen tätig geworden ist, ergibt sich zudem aus seinen Bekundungen in dem nichtöffentlichen Termin vor dem SG, wonach er in dem Transport/Bau der Schaukel eine willkommene Abwechslung gesehen hat, da seine Frau zu dieser Zeit abwesend war.

Entgegen der von dem Kläger und dem Beigeladenen vertretenen Auffassung ging die Dauer der erbrachten und noch beabsichtigten Hilfe des Klägers unter Würdigung der Gesamtumstände auch nicht weit über das hinaus, was in einem guten Bekanntschafts- und Nachbarschaftsverhältnis in einer dörflichen Gemeinschaft üblich ist. Der Kläger selbst hat die angebotene Hilfe als selbstverständlich angesehen und unter Freunden und Dorfbewohnern für üblich gehalten. Die Dauer der Mithilfe war auf einen Samstagvormittag und - wenn man aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beigeladen davon ausgeht, dass die weitere Hilfe beim Aufbau der Schaukel schon vor dem Unfall abgesprochen war - auf zwei Abende beschränkt. Dies ist auch bei einer objektiven Betrachtungsweise nicht außergewöhnlich und schon gar nicht, wenn der gemeinsame Bau der Schaukel, wie vom Kläger erklärt, auch als angenehme Abwechslung angesehen wurde.

Nach alledem kann dahinstehen, ob zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen über ein gutes bekanntschaftliches und nachbarschaftliches Verhältnis hinaus auch, wie der Kläger anlässlich des Hausbesuchs durch die Beklagte - offensichtlich noch in Unkenntnis der rechtlichen Bedeutung seiner Aussage - angegeben hatte, eine Freundschaft besteht.
Rechtskraft
Aus
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