L 8 R 670/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 15 R 26/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 670/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3.5.2011 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 35.964,98 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen zu 4), ihren vormaligen Geschäftsführer L, für die Zeit vom 1.1.2006 bis zum 31.12.2008 i.H.v. 35.964,98 EUR.

Die Klägerin betreibt als juristische Person des Privatrechts ein Detallabor mit etwa 5 bis 6 Mitarbeitern. Ihre Satzung bestimmte u.a. folgendes:

§ 4
Stammkapital
Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 68.000 DM

§ 6
Vertretung
(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer.
(2) Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein.
(3) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vertreten.
(4) Die Gesellschafterversammlung kann, auch wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, einem oder mehreren Geschäftsführern die Berechtigung zur Alleinvertretung erteilen. Die Gesellschafterversammlung kann einen, mehrere oder alle Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien.

§ 7
Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern
Die Geschäftsführer werden von der Gesellschafterversammlung bestellt und abberufen.

§ 8
Geschäftsführung
Die Geschäftsführer führen die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen, dieser Satzung, der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sowie einer gegebenenfalls von der Gesellschafterversammlung aufgestellten Geschäftsordnung für die Geschäftsführung. In dieser Geschäftsordnung für die Geschäftsführung kann die Gesellschafterversammlung insbesondere festlegen, zu welchen Geschäften die Geschäftsführung der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf.

§ 10
Gesellschafterversammlung
(5) Eine Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn 75 % (fünfundsiebzig vom Hundert) des Stammkapitals in ihr vertreten sind; ist demnach eine Gesellschafterversammlung beschlussunfähig, so kann innerhalb einer Woche mit der gleichen Tagesordnung zu einer Gesellschafterversammlung geladen werden; diese Gesellschafterversammlung ist dann ohne Rücksicht auf das in ihr vertretene Stammkapital beschlussfähig; hierauf ist in dem Einladungsschreiben ausdrücklich hinzuweisen.
(6) Alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit das Gesetz oder diese Satzung eine andere Mehrheit nicht zwingend vorschreiben; bei der Beschlussfassung gewähren je DM 100 eines Geschäftsanteils eine Stimme."

Bis Dezember 2005 wurden 75 % des Stammkapitals von dem Geschäftsführer und Zahntechnikermeister E L getragen. 25 % der Anteile lagen in den Händen des Bürokaufmannes U, dessen Beschäftigung als (kaufmännischer) Geschäftsführer der Klägerin bereits einige Zeit zuvor geendet hatte. Mit notariellem Geschäftsanteilskaufvertrag vom 28.5.2005 wurden sodann die Beteiligungsverhältnisse neu geordnet und im Ergebnis dem Beigeladenen zu 4) die Anteile des vormaligen Geschäftsführers U übertragen. In einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 3.1.2006 wurde der Beigeladene zu 4) vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) befreit.

Parallel hierzu schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 4) unter dem 1.1.2006 einen von ihnen als "Anstellungsvertrag" genannten Vertrag, in dem durchgängig die Klägerin als Arbeitgeber und der Beigeladene zu 4) als Arbeitnehmer bezeichnet werden. Der Anstellungsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

§ 1
Art und Umfang der Tätigkeit
(1) Der Arbeitnehmer tritt am 1.1.2006 als Zahntechniker in die Dienste des Arbeitgebers.
(2) Der Arbeitnehmer wird ab dem 1.1.2006 als Geschäftsführer tätig werden.

§ 2
Dauer, Kündigung
(1) Die Anstellung erfolgt unbefristet und ohne Probezeit.
(2) Das Anstellungsverhältnis kann beiderseits mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zu Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden.

§ 3
Vergütung
(1) Der Arbeitnehmer erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ab Januar 2006 ein Bruttogehalt von Euro 2.100,00 monatlich.
(2) Mit dem Gehalt gemäß Abs. 1 sind eventuell anfallende Mehrarbeit sowie sämtliche Sozialleistungen abgegolten.
(3) Alle weiteren Zahlungen oder Zuwendungen, z.B. Prämien, Tantieme und dgl., stellen freiwillige Leistungen des Arbeitgebers dar, über welche die Geschäftsleitung ausschließlich selbst entscheidet. Auch bei wiederholter Gewährung solcher zusätzlichen Zahlungen besteht darauf kein Rechtsanspruch.
(4) Das Gehalt ist unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Abzüge am letzten Werktag jeden Monats zahlbar. Über die Höhe des Gehaltes ist Dritten gegenüber Stillschweigen zu bewahren.
(5) Im Übrigen gelten die tarifvertraglichen Bestimmungen.
(6) Der Arbeitgeber stellt einen Firmenwagen zur Verfügung. Der Firmenwagen darf auch privat genutzt werden.

§ 4
Urlaub, Vergütung im Krankheitsfall
(1) Der Arbeitnehmer hat, nach Absprache mit der Geschäftsleitung, einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen. Die Zeit des Urlaubs wird rechtzeitig, d.h. einen Monat vorher mit Einvernehmen der Geschäftsleitung festgelegt.
(2) Als Urlaubsjahr gilt das Kalenderjahr. Ein eventueller Resturlaub aus dem Vorjahr ist spätestens bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres zu nehmen. Sofern er nicht innerhalb dieser Zeit genommen wird, verfällt er. Wird er jedoch aus Gründen nicht genommen, die im betrieblichen Interesse liegen, so wird der Resturlaub abgegolten.
(3) Eine Arbeitsverhinderung durch Erkrankung ist dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. Außerdem hat der Arbeitnehmer innerhalb von drei Tagen ein ärztliches Attest vorzulegen.
(4) Die Vergütung im Krankheitsfall bestimmt sich nach den gesetzlichen und tariflichen Vorschriften. "

Der Beigeladene zu 4) ist gelernter Zahntechnikergeselle, der bereits eine Ausbildung im Betrieb der Klägerin absolvierte. Danach arbeitete er dort als angestellter Geselle, bevor ihm zum 1.1.2006 auch die Aufgaben eines Geschäftsführers mit oben zitiertem Vertrag übertragen wurden. Bei seiner Tätigkeit spezialisierte er sich insbesondere auf das von der Klägerin besetzte Geschäftsfeld der Implantattechnik. Der weitere Geschäftsführer und Hauptanteilseigner L arbeitete dagegen insbesondere im Bereich der Teleskop- und Geschiebetechnik. Mittlerweile führt der Beigeladene zu 4) keine Tätigkeiten für die Klägerin mehr aus, so dass diese ihr Engagement auf dem Geschäftsfeld der Implantattechnik reduziert hat.

Die Beklagte führte in der Zeit vom 10.2.2009 bis zum 6.8.2009 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), bezogen auf den Prüfzeitraum vom 1.1.2005 bis zum 31.12.2008, durch. Auf dieser Grundlage forderte sie mit Bescheid vom 23.9.2009 von der Klägerin für die von dem Beigeladenen zu 4) in der Zeit vom 1.1.2006 bis zum 31.12.2008 im Interesse der Klägerin verrichtete berufliche Tätigkeit 35.964,98 Euro Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen nach. Sie begründete dies im Wesentlichen wie folgt: Die durch die Betriebsprüfung eingeleitete sozialversicherungsrechtliche Feststellung habe zu dem Ergebnis geführt, dass für den Beigeladenen zu 4) in der ausgeübten Tätigkeit im Zeitraum 1.1.2006 bis 31.12.2008 ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Es lägen überwiegend Merkmale einer abhängigen Beschäftigung vor. Wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses sei die persönliche Abhängigkeit. Sie äußere sich vornehmlich in der Eingliederung "in" einen Betrieb, womit regelmäßig die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers über "Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung" verbunden sei. Diese Weisungsgebundenheit könne aber - besonders bei Angestellten in leitender Stellung - bei Ausführung der Arbeit auf ein äußerst geringes Maß herabgesetzt sein. Auch wenn die persönliche Einwirkung des Arbeitgebers in Gestalt ausdrücklicher Weisungen nicht in Erscheinung trete und dadurch die Durchführung der Arbeit dem selbstverantwortlichen Ermessen des Arbeitnehmers überlassen bleibe, liege eine fremdbestimmte Dienstleistung vor, wenn die zu erfüllende Aufgabe von der Ordnung des Betriebes geprägt werde, sich aus Übung oder Herkommen ergebe und die Arbeitskraft im Dienste des Unternehmens eingesetzt werde. Insgesamt gesehen sei die persönliche Abhängigkeit daher stets zu bejahen, wenn der Dienstleistende "in" einem Betriebe arbeite, d.h. also in den Betrieb eingegliedert sei und als Angehöriger des Betriebes angesehen werde, selbst wenn die Weisungsgebundenheit - was die Ausführung der Arbeit anbetreffe - stark eingeschränkt sei. Der Beigeladene zu 4) müsse laut Anstellungsvertrag bei Arbeitsverhinderung durch Erkrankung dies unverzüglich seinem Arbeitgeber mitteilen und innerhalb von drei Tagen ein ärztliches Attest vorlegen. Urlaub sei ebenfalls nur im Einvernehmen mit der Geschäftsleitung zu nehmen. Auch bedürften Nebentätigkeiten der Einwilligung der Gesellschafterversammlung. Der Beigeladene zu 4) sei im Besitz von 25 % der Geschäftsanteile, und es sei vertraglich ein Stimmrecht mit einfacher Mehrheit vereinbart. Somit habe er keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft und könne keine Entscheidungen gegen sich selbst verhindern. Des Weiteren habe er weder Einzelvertretungsbefugnis noch sei er wirksam vom Selbstkontrahierungsverbot gemäß § 181 BGB befreit. Dies hätte bei der Bestellung zum Geschäftsführer in der notariellen Urkunde vom 5.12.2005 erwähnt werden müssen. Ebenso sei eine Eintragung ins Handelsregister zwingend notwendig gewesen. Im Handelsregister sei hingegen der Geschäftsführer L mit Einzelvertretungsbefugnis eingetragen. Dieser habe zudem die entsprechenden Branchenkenntnisse, so dass der Beigeladene zu 4) auch auf Grund seiner fachlichen Kenntnisse keinen maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft haben könne.

Die Klägerin erhob gegen den Bescheid vom 23.9.2009 am 12.10.2009 Widerspruch. Sie machte im Wesentlichen geltend, die Gesamtwürdigung der Stellung des Beigeladenen zu 4) führe entgegen den Wertungen der Beklagten zu der Feststellung, dass er seit dem 1.1.2006 in keinem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mehr stehe. Seine vertraglichen Beziehungen zu ihr, der Klägerin, seien so gestaltet, dass Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit frei bestimmt würden. Die Vereinbarungen des Arbeitsvertrages seien von untergeordneter Bedeutung und hätten lediglich den Sinn, den laufenden Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Für die selbstständige Tätigkeit spreche weiterhin, dass der Beigeladene zu 4) vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit sei, Rechtsgeschäfte für die GmbH abschließen, Mitarbeiter einstellen könne und seinen Urlaub nicht genehmigen lassen müsse. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 4) der Gesellschaft neben seiner Stammeinlage ein Darlehen in Höhe von 7.984,55 Euro zur Verfügung gestellt. Ein abhängiger Arbeitnehmer tue dies nicht.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29.12.2009 zurück. Sie begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, insgesamt überwögen im Falle des Beigeladenen zu 4) die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung, Maßgeblich sei die geringe Kapitalbeteiligung, wodurch er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH nehmen könne. Der Beigeladene könne keine Gesellschaftsbeschlüsse herbeiführen oder verhindern. Das Nichtvorliegen der Eintragung der Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot im Handelsregister spreche ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung. Des Weiteren verfüge der Beigeladene zu 4) nicht über alleinige Branchenkenntnisse, und er trage kein Unternehmerrisiko.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 7.1.2010 bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben, mit der sie unter Intensivierung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren ihr Begehren weiterverfolgt hat.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 23.9.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12.2009 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 3.5.2011 abgewiesen. Die Beitragsforderung der Beklagten sei begründet, da der Beigeladene zu 4) zu der Klägerin im Zeitraum vom 1.1.2006 bis zum 31.12.2008 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Alle insoweit maßgebenden Indizien, wie die vereinbarte feste Monatsvergütung, die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, der jährliche Urlaubsanspruch und die Stellung eines Firmenwagens, wiesen darauf hin, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handele. Dass demgegenüber keine festen Vorgaben hinsichtlich der einzuhaltenden Arbeitszeiten geregelt seien, verliere angesichts der Verpflichtung, die gesamte Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zu widmen, seine Bedeutung, zumal bei Diensten höherer Art, wie sie von dem Beigeladenen zu 4) geleistet worden seien, dem Umstand, dass er in seiner Geschäftsführertätigkeit keinen Weisungen Dritter unterlegen habe, keine entscheidende Bedeutung zukomme, da die von ihm geleisteten Dienste in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgingen und damit fremdbestimmt blieben. Gegen das ihr am 20.6.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.7.2011 Berufung ausgebracht. Zur Begründung wiederholt und intensiviert sie im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Kapitalbeteiligung eines Geschäftsführers von unter 50 % nicht automatisch dazu führe, ihn prinzipiell als weisungsgebunden anzusehen. Es bedürfe vielmehr im Einzelfall der sorgfältigen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse über eine sozialversicherungsrechtliche Einordnung des betroffenen Geschäftsführers. Im Übrigen sei die Bezeichnung des Vertrages zwischen dem Beigeladenen zu 4) und ihr als "Anstellungsvertrag" unschädlich. Entscheidend sei vielmehr der Vertrauensschutz, den sie genieße. Der zwischen ihr und dem Beigeladenen zu 4) geschlossene Anstellungsvertrag sei nämlich identisch mit dem des vorherigen Geschäftsführers U, den der Beigeladene zu 4). Hinsichtlich des ehemaligen geschäftsführenden Gesellschafters U habe die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) aber ausdrücklich mit Bescheid vom 15.12.2004 festgestellt, dass eine Sozialversicherungspflicht nicht bestanden habe. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene L im Jahre 2008 bei einem weiteren Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei. Im Übrigen verfüge er über besondere Branchenkenntnisse, sodass der Mehrheitsgesellschafter praktisch nicht in der Lage gewesen sei, ihm Weisungen zu erteilen. Ferner sei die Befreiung von dem Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 BGB nur versehentlich nicht in das Handelsregister eingetragen worden. Schließlich stelle die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 7.984,55 Euro ein nicht unerhebliches unternehmerisches Risiko für den Beigeladenen L dar. Gleiches gelte für die Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft in Höhe von 30.000,- Euro. Außerdem bezweifelt die Klägerin die Richtigkeit der Höhe der Beitragsforderung, da der Beigeladene zu 4) bereits Beiträge zur privaten Krankenversicherung abgeführt habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3.5.2011 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 23.9.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12.2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht sich zur Begründung die Ausführungen des SG zu Eigen, bezieht sich auf den bisherigen Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und verweist auf die Erläuterungen in den angefochtenen Bescheiden.

Zur ergänzenden Sachverhaltsaufklärung hat der Senat den Geschäftsführer der Klägerin L und dem Beigeladenen zu 4) in der mündlichen Verhandlung am 4.7.2012 noch zu der Ausgestaltung ihrer Tätigkeiten für die Klägerin befragt; hinsichtlich der Einzelheiten ihrer Ausführungen, wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Wegen der sonstigen weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) bis 3) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 23.9.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Beitragsbescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern.

Dabei unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetz Buch [SGB VI] und § 25 Abs. Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]).

Danach ist Voraussetzung jeweils eine abhängige Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Beschäftigung ist die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG, Urteil v. 1.12.1977, 12/3/12 RK 39/74, SozR 2200 § 1127 Nr. 8; v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13; v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; v. 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5; v. 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7; v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45; v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgeblich ist die zwischen den Beteiligten praktizierte Rechtsbeziehung und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Ausgangspunkt der Prüfung sind dabei jeweils die vertraglichen Vereinbarungen, soweit solche bestehen. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Ausgestaltung der Vertragsbeziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung zu Recht der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen.

Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob ein Gesellschafter - Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Eine Abhängigkeit gegenüber der Gesellschaft ist nicht bereits durch die Stellung des Geschäftsführers als Gesellschafter ausgeschlossen. Beim am Stammkapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer ist der Umfang der Beteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal. Bei Fremdgeschäftsführern, die nicht am Gesellschaftskapital beteiligt sind, ist dementsprechend regelmäßig eine abhängige Beschäftigung anzunehmen, soweit nicht besondere Umstände vorliegen, die eine Weisungsgebundenheit ausnahmsweise aufheben. Vergleichbares gilt bei Geschäftsführern, die zwar zugleich Gesellschafter sind, jedoch weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine sogenannte Sperrminorität verfügen (vgl. zu den vorstehenden Kriterien zusammenfassend BSG, Urteil vom 4.7.2007, B 11 a AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8, m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 4) auszugehen.

Der Beigeladene zu 4) verfügt nach dem Gesellschaftvertrag nur über ein Geschäftsteil von 25 %. Nach § 10 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrages werden alle Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Damit ist der Beigeladene zu 4) grundsätzlich nicht in der Lage, gegen den Willen des Mehrheitsgesellschafters L Beschlüsse der Gesellschafterversammlung durchzusetzen oder ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Insbesondere steht ihm keine Sperrminorität zu. Hinsichtlich der Geschäftsführung ist er nach § 8 des Gesellschaftsvertrages u.a. verpflichtet, die Geschäfte in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Gesellschafter zu führen. Ob er dabei im Außenverhältnis wirksam von dem Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) befreit worden ist, oder ob hiergegen die fehlende Eintragung der Befreiung in das Handelsregister spricht, kann der Senat im Ergebnis dahinstehen lassen, denn jedenfalls ist eine solche Befragung bei einer kleineren GmbH nicht untypisch. Sie spricht daher nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit (BSG, Urteil vom 4.7.2007, a.a.O.).

Einzelfallbezogene Umstände, die gleichwohl unabhängig von den Gesellschafterrechten eine für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit des Beigeladenen zu 4) von der Klägerin aufheben, sind nicht ersichtlich.

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass der Beigeladene zu 4) über besondere Kompetenzen im Bereich der Implantattechnik verfügt habe, die nicht in der Person des mitarbeitenden Mehrheitsgesellschafters L vorhanden gewesen seien, ist dies kein Aspekt, der der Eingliederung des Beigeladenen zu 4) in das Unternehmen der Klägerin entgegensteht. Hiervon wäre vielmehr nur dann auszugehen, wenn die Branchenkenntnis des Beigeladenen zu 4) ihm im Unternehmen eine so herausgehobene Position eingeräumt hätte, dass er die Ordnung des Betriebes selbst prägte und deshalb praktisch wie ein Alleininhaber frei schalten und walten konnte. Nur in einem solchen Fall wäre dann die rechtlich bestehende Abhängigkeit durch die tatsächlichen Verhältnisse so überlagert worden, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne nicht mehr gegeben gewesen wäre (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001 B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20). So liegt es hier aber nicht. Schon der Umstand, dass die Klägerin nach dem Ausscheiden des Beigeladenen zu 4) als Geschäftsführer aus dem täglichen Geschäft weiterhin am Markt tätig ist und ihre Geschäfte fortführt, zeigt, dass ihr Wohl und Wehe nicht an dem Beigeladenen zu 4) hing. Zudem bestanden erhebliche fachliche Kompetenzen in der Person des Geschäftsführers L, der im Gegensatz zu dem Beigeladenen zu 4) sogar über einen Meistertitel im Zahntechnikerhandwerk verfügt. Dass ein Mitarbeiter besondere über besondere Kompetenzen in einem Spezialbereich verfügt, macht ihn demgegenüber nicht zum Selbstständigen, sondern ist vielmehr in einer arbeitsteiligen Gesellschaft regelhaft anzutreffen.

Darüber hinaus wird die Annahme, dass es sich bei dem zu beurteilenden Vertragsverhältnis um eine abhängige Beschäftigung handelt, durch die nach dem Geschäftsführervertrag vom 1.1.2006 vorgesehene Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit bestätigt. Alle insoweit maßgebenden Indizien (feste Monatsvergütung gemäß § 3 Abs. 1 des Vertrages, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach den gesetzlichen Bestimmungen gem. § 4 Abs. 4 des Vertrages und der jährliche Urlaubsanspruch von 30 Tagen) sprechen für die Eingliederung des Beigeladenen zu 4) in die betriebliche Organisation der Klägerin und damit für eine abhängige Beschäftigung. Dies zeigen auch die glaubhaften Schilderungen des Geschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters L in der mündlichen Verhandlung. Er hat nachvollziehbar Vertretungssituationen der beiden Geschäftsführer beschrieben, die Absprachen untereinander erforderlich machten, was wiederum die funktionsgerecht dienende Eingliederung des Beigeladenen zu 4) in den Arbeitsprozess zeigt.

Gegenüber diesen Gesichtspunkten reichen die Gewährung eines Darlehens in Höhe von unter 10.000,00 Euro und die Übernahme einer selbstschuldnerischen Bürgschaft in Höhe von 30.000,00 Euro für ein Kontokorrentkonto der Klägerin nicht aus, ein unternehmerisches Risiko des Beigeladenen zu 4) in einem derartigen Umfang zu begründen, der eingedenk der für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit rechtfertigen würde.

Zwar kann die Hingabe eines solchen Darlehens außerhalb von Zeiten der gesellschaftlichen Krise ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen (BSG Urteil vom 17.05.2001 B 12 KR 34/00 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17). Entscheidend kommt es jedoch immer auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auf die Höhe und die Umstände der Darlehensgewährung an (vgl. LSG NRW, Urteil vom 10.12.2009, L 5 KR 124/09, Juris). Insoweit ist hier die eher geringe Höhe des Darlehens und zudem - risikomindernd - der Umstand zu berücksichtigen, dass der Rückzahlungsanspruch mit Austritt aus der Gesellschaft sofort fällig wird.

Auch die Tatsache, dass der Beigeladene zu 4) für Verbindlichkeiten der Klägerin gebürgt hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Bürgschaft begründet typischerweise grundsätzlich keine unternehmerische Position im eigentlichen Sinne, denn durch sie erhöhen sich nicht die rechtlichen Einflussnahmemöglichkeiten auf die Gesellschaft. Wirtschaftlich gesehen hat der Beigeladene zu 4) aufgrund der Gewährung des Darlehns und der Übernahme der Bürgschaft zwar ein erhebliches Interesse an dem Fortbestehen und dem wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin. Ein solches Interesse besteht freilich auch bei einem "normalen" Arbeitgeber, weil davon der Fortbestand seines Arbeitsplatzes abhängig ist. Es geht zudem nicht über das Interesse eines jeden Dritten Darlehnsgebers oder Bürgen hinaus, der keine Gesellschaftsanteile hält. Zudem sind die unternehmerischen Chancen des Beigeladenen zu 4) nur indirekt insoweit erhöht worden, als er aufgrund der aus ihnen folgenden Liquiditätssteigerung der Gesellschaft auf die Ausweitung ökonomischer Spielräume mit gestiegenen Möglichkeiten zur Umsetzung geschäftlicher Konzepte letztendlich auf eine Gewinnerhöhung hoffen konnte (mit ähnlicher Argumentation LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 24.2.2010 L 5 KR 3/09, Juris).

Im Übrigen wird hinsichtlich des Vorliegens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Die Beitragsschuld ist auch der Höhe nach zutreffend festgestellt worden. Die Klägerin hat gegen die Berechnung keine substantiierten Bedenken erhoben. Sie ergeben sich auch nicht von Amts wegen.

Der Umstand, dass der Beigeladene zu 4) seinerseits Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung im streitgegenständlichen Zeitraum gezahlt hat, hat keinen Einfluss auf die Höhe der von der Klägerin als Arbeitgeberin nach § 28e Abs. 1 SGB IV zu tragenden Beitragslast. Es besteht keine gesetzliche Anordnung, wonach zur privaten Krankenversicherung gezahlte Beiträge auf die Beitragsschuld gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung anzurechnen wären. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beigeladene zu 4) rückwirkend keine Leistungsansprüche gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung mehr geltend machen kann. Vielmehr setzt sich insoweit das die Sozialversicherung tragende Solidaritätsprinzip im Einzelfall auch gegen den Gedanken der Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung durch (vgl. Senatsurteil vom 24.11.2010, L 8 R 187/09, sozialgerichtsbarkeit.de und juris; m.w.N.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin vorgelegten Betriebsprüfungsbescheid der BfA vom 15.12.2004. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Bindungswirkung eines Bescheides grundsätzlich nur dessen Verfügungssatz erfasst, nicht hingegen die Gründe, die zu der Regelung geführt haben (vgl. BSG, Urteil vom 20.06.1984, 7 RAr 91/83, SozR 4100 § 112 Nr. 23 m.w.N.). Dabei ist festzustellen, dass aus dem Wortlaut "die durchgeführte Prüfung hat keine Feststellungen ergeben" nicht zu schließen ist, es habe eine explizite versicherungsrechtliche Prüfung des Anstellungsverhältnisses des ehemaligen Geschäftsführers U stattgefunden. Noch weniger lässt sich daraus folgern, dass die seinerzeit zuständige BfA das Vertragsverhältnis der Klägerin mit dem Geschäftsführer U als selbstständige Beschäftigung angesehen hätte. Selbst wenn man dies anders sähe, bezöge sich der Bescheid nur auf das Verhältnis der Klägerin zu ihrem vormaligen Geschäftsführer U und damit auf eine andere als die hier zu beurteilende Rechtsbeziehung. Unbeschadet der rechtlichen Vereinbarungen unterscheidet sich dessen Vertragsverhältnis von demjenigen des Beigeladenen zu 4) zur Klägerin in tatsächlicher Hinsicht schon durch die unterschiedliche berufliche Ausbildung der jeweiligen Geschäftsführer, nämlich der kaufmännischen Ausbildung des Geschäftsführers U und der handwerklichen Ausbildung des Beigeladenen zu 4) und der daraus resultierenden unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche. Dementsprechend wäre eine Bewertung der einen Vertragsbeziehung nicht auf die andere Vertragsbeziehung übertragbar. Ein Vertrauen der Klägerin auf eine identische Beurteilung konnte daher nach objektiven Maßstäben unter keinem denkbaren Gesichtspunkt entstehen.

Eine dahingehende Bindungswirkung des Bescheides vom 15.12.2004 folgt auch nicht aus Sinn und Zweck der Betriebsprüfung. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1; Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; Senat, Urteil v. 27.8.2010, L 8 R 203/09, juris; Jochim in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p Rdnr. 70; im Ergebnis a.A. Bayerisches LSG, Beschluss v. 22.3.2012, L 5 R 138/12 B ER, juris; Urteil v. 18.1.2011, L 5 R 752/08, ASR 2011, 250). Einer solchen Entlastung bedarf es über die gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen hinaus auch nicht. Denn der Arbeitgeber hat es in der Hand, eine verbindliche Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen (§ 28h Abs. 2 SGB IV). Darüber hinaus wird er durch das Institut der Verjährung (§ 25 SGB IV) ausreichend vor zu weit in die Vergangenheit reichenden Nachforderungen geschützt.

Soweit die Klägerin moniert, dass Säumniszuschläge erhoben würden, ist dieser Einwand nicht nachzuvollziehen. Die Beklagte hat hier keine Säumniszuschläge gefordert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Einzelfallentscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.

Der Streitwert in der Angelegenheit bestimmt sich gemäß § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) nach der streitgegenständlichen Forderung.
Rechtskraft
Aus
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