Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 20 AY 1/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 AY 10/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1) Zweifel an der Verfassungsgemäßheit des § 1a Nr. 2 AsylbLG bestehen nicht
2) § 1a Nr. 2 AsylbLG ist nicht dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass auch bei missbilligten Verhaltensweisen von Leistungsempfängern eine Reduzierung der Leistung ausgeschlossen ist
2) § 1a Nr. 2 AsylbLG ist nicht dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass auch bei missbilligten Verhaltensweisen von Leistungsempfängern eine Reduzierung der Leistung ausgeschlossen ist
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 19. März 2013 aufgehoben und der Antrag auf einstweilige Anordnung zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss vom 19. März 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Gewährung von Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) durch Barleistungen. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben kamerunischer Staatsangehöriger und am 10. September 2002 in die Bundesrepublik eingereist. Sein Asylantrag vom 12. September 2002 wurde am 17. März 2004 rechtskräftig abgelehnt, der Antragsteller ist vollziehbar ausreisepflichtig. Nach seinen Angaben im Asylverfahren hat der Antragsteller in Kamerun einen Personalausweis besessen, der sich bei der Gendarmerie befinde. Ein Herr J, mit dem er ausgereist sei, habe seinen Reisepass einbehalten.
Mit Schreiben vom 03. Juni 2004 wurde der Antragsteller erstmals aufgefordert bei der Pass- bzw. Passersatzbeschaffung mitzuwirken. Entsprechende Aufforderungen zur Mitwirkung erfolgten bis zum 05. Oktober 2012 mindestens zwanzig Mal. Ein diesbezügliches Tätigwerden des Antragstellers ist nicht ersichtlich.
Der Antragsteller wurde der kamerunischen Botschaft sowohl im Jahre 2008 als auch im Jahre 2010 vorgestellt. Dem Vorführungsprotokoll zum 26. November 2008 ist zu entnehmen, dass der Antragsteller seitens der Botschaftsmitarbeiter mehrmals sowohl in englischer als auch französischer Sprache angesprochen worden sei, jedoch geschwiegen habe. Im Anschluss hätten die Botschaftsmitarbeiter mitgeteilt, dass eine Einschätzung der Staatsangehörigkeit des Antragstellers mangels Mitwirkung nicht abgegeben werden könne. Dem Protokoll zur Vorführung am 17. Juni 2010 ist zu entnehmen, dass der Antragsteller den Raum betreten habe, an der Tür stehengeblieben sei und provokativ ein Kaugummi gekaut habe. Er sei von den Botschaftsmitarbeitern in englischer und französischer Sprache angesprochen und nach seiner Staatsangehörigkeit und seinen Personalien befragt worden. Auf alle Fragen habe der Antragsteller mit Schweigen reagiert. Auch hier hätten die Botschaftsmitarbeiter mitgeteilt, dass aufgrund der fehlenden Mitwirkung keine Einschätzung der Staatsangehörigkeit getroffen werden könne.
Mit Schreiben vom 29. September 2005 hat der Antragsgegner den Antragsteller aufgefordert, unverzüglich die notwendigen Angaben und Dokumente zur Erlangung von Rückreisedokumenten bei seiner zuständigen Botschaft einzureichen und das Sozialamt darüber entsprechend zu informieren. Das Sozialamt hat für den Fall, dass keine konkreten Schritte eingeleitet würden, die Kürzung der Leistungen gemäß § 1 a AsylbLG auf das unabweisbar Gebotene angekündigt. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2005 hat der Antragsgegner erstmals ab November 2005 den Barbetrag um die Hälfte auf 20,45 Euro gekürzt. Da der Antragsteller auch einer erneuten Aufforderung nicht nachgekommen war (Bescheide vom 16. Januar 2007, 29. November 2007, 01. Juli 2009, 23. Dezember 2010) erhielt der Antragsteller auch weiterhin nur den eingeschränkten Barbetrag in Höhe von 20,45 Euro.
Mit Bescheid vom 31. August 2012, geändert durch Bescheid vom 28. September 2012, erfolgte eine Neuberechnung der Leistungen des Antragstellers. Danach wurde der Geldbetrag in Höhe von 25 Prozent der Gesamtleistung, mithin 86 Euro gekürzt, so dass ein Barbetrag in Höhe von 48 Euro bewilligt wurde. Mit Schreiben vom 14. November 2012 forderte der Antragsgegner den Antragsteller erneut auf, unverzüglich die notwendigen Angaben und Dokumente zur Erlangung von Rückreisedokumenten einzureichen und kündigte für den Fall, dass insoweit keine konkreten Schritte eingeleitet würden, erneut die Kürzung der Leistungen gemäß § 1 a AsylbLG auf das unabweisbar Gebotene an. Da keine Reaktion des Antragstellers erfolgte, kürzte der Antragsgegner mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 den Barbetrag komplett. Dem Antragsteller wurden Leistungen in Höhe von 168,12 Euro in Form von Wertgutscheinen bewilligt. Die Berechnung erfolgte dergestalt, dass von der Grundleistung in Höhe von 217 Euro ein Energiekostenanteil von 32,06 Euro sowie eine Rate Winterbekleidung 2012 in Höhe von 16,82 Euro abgezogen wurde. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 04. Januar 2013 Widerspruch und begehrte Leistungen nach § 3 AsylbLG in Form von Bargeld.
Der Antragsteller hat am 04. Januar 2013 bei dem Sozialgericht Cottbus einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er hat vorgetragen, dass eine Kürzung der Leistungen nach § 1 a AsylbLG nicht in Betracht komme, da nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 kein Anwendungsbereich für diese Norm verbleiben könne. Auch die Gutscheingewährung verletze ihn in seiner Menschenwürde.
Mit Beschluss vom 19. März 2013 hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Grundleistungen nach § 3 des AsylbLG für die Zeit vom 04. Januar 2013 bis 31. Januar 2013 in Höhe von 233 Euro und für die Zeit vom 01. Februar 2013 bis 31. August 2013 in Höhe von 258 Euro pro Monat zu gewähren. Dabei sei der Antragsgegner berechtigt, die Grundleistungen der Abteilung 1, 3 und 6 im Sinne des § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des SGB XII im Wert von 134 Euro und ab Februar 2013 im Wert von 148 Euro als Sachleistungen (auch in Form von Wertgutscheinen) zu erbringen und die Auszahlung auf 99 Euro für den Monat Januar 2013 und auf 110 Euro pro Monat ab Februar 2013 bis einschließlich August 2013 zu beschränken. Bis dahin bereits ausgereichte monatliche Sachleistungen/Wertgutscheine seien einzig für den entsprechenden Monat auf die nach dieser Entscheidung zu gewährenden Sachleistungen/Wertgutscheine anzurechnen. Im Übrigen hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass im vorliegenden Fall nicht mit hinreichender Sicherheit ersichtlich sei, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen allein aus von dem Antragsteller zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden können. Der Verwaltungsakte sei zu entnehmen, dass der Antragsteller mehrfach bei der Botschaft des von ihm angegebenen Heimatlandes Kamerun vorgesprochen haben soll und ihm dort u. a. bedeutet worden sei, es bestünden "Lieferschwierigkeiten" bei der Erstellung von Pässen. Solange nicht vollständig nachvollziehbar sei, welche Unterlagen von einem durchschnittlichen Kameruner Staatsbürger selbständig und ohne Unterstützung der Ausländerbehörde überhaupt beigebracht werden können bzw. welche zumutbaren Handlungen zur Erteilung eines Identitätspapiers durch das Heimatland im Einzelnen notwendig seien, folge jedenfalls aus den von dem Antragsgegner vorgetragenen aus den Verwaltungsakten ersichtlichen Tatsachen nicht mit hinreichender Sicherheit, dass der Antragsteller seinen weiteren Aufenthalt in Deutschland im Sinne des § 1 a AsylbLG zu vertreten habe.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 25. März 2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 15. April 2013 Beschwerde eingelegt und den Antrag angekündigt:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller unter Abänderung des Beschlusses des SG Cottbus vom 19.03.2013 vorläufig Leistungen nach § 3 AsylbLG seit dem 15.04.2013 bis zum 31.08.2013 in Höhe von 322 Euro monatlich als Barleistungen zu gewähren.
Gegen den ihm am 20. März 2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 16. April 2013 Beschwerde eingelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte des Sozialgerichts sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners sowie der Ausländerbehörde ergänzend Bezug genommen.
II.
Auf die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz – SGG – zulässige Beschwerde des Antragsgegners war der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Die ebenfalls zulässige Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig. Zwar berechnet sich die Beschwer des Antragsgegners durch den angefochtenen Beschluss aus der vorgenommenen Verpflichtung des Gerichts im angefochtenen Beschluss (Januar 2013: 233,00 Euro, Februar bis August 2013: 258,00 Euro für 7 Monate = 1.806,00 Euro insgesamt 2.039,00 Euro) abzüglich der bewilligten Leistungen für den Zeitraum Januar bis August 2013 (monatlich 168,12 x 8 Monate = 1.344,96 Euro). Daraus würde sich lediglich eine Beschwer von 694,04 Euro ergeben, die Beschwerde wäre nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG mangels Erreichens des Beschwerdewertes unzulässig. Der Antragsgegner weist mit Schriftsatz vom 05. Juni 2013 jedoch zu Recht darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts am 19. März 2013 die mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 festgesetzten 168,12 Euro für Januar, Februar und März 2013 in Form von Wertgutscheinen bereits an den Antragsteller ausgereicht worden waren. Da das Sozialgericht in dem angegriffenen Beschluss beschieden hat, dass bereits ausgereichte monatliche Sachleistungen/Wertgutscheine einzig für den entsprechenden Monat auf die nach der Entscheidung zu gewährenden Sachleistungen/Wertgutscheine anzurechnen seien, war der Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller einen Betrag in Höhe von 99 Euro für Januar bzw. von monatlich 110 Euro für Februar und März 2013 als Geldleistung nachzuzahlen, obwohl ihm diese Beträge in Gestalt von Wertgutscheinen bereits gewährt worden waren. Mithin ist bei der Beschwer des Antragsgegners die Verpflichtung zur Nachzahlung von 99 Euro für Januar 2013 und jeweils 110 Euro für Februar und März 2013 zu berücksichtigen. Damit ergibt sich eine Beschwer für die Monate Januar bis März 2013 in Höhe von 319 Euro, ab April 2013 in Höhe von 89,88 Euro (258 Euro zugesprochene Leistungen abzüglich 168,12 Euro bewilligte Leistungen), für die fünf bis August 2013 zugesprochenen Monate mithin 449,40 Euro, was einen Gesamtbetrag von 768,40 Euro ergibt. Damit liegen die Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 Nr. 1 nicht vor.
Auch die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerde ausdrücklich die Änderung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 19. März 2013 und die vorläufige Bewilligung von Leistungen nach § 3 AsylbLG seit dem 15. April 2013 bis 31. August 2013 in Höhe von 322 Euro monatlich als Barleistung begehrt. Dies ergibt für den Zeitraum vom 15. April 2013 bis 31. August 2013 einen Betrag von 1.449 Euro, von dem die vom SG zugesprochenen Leistungen für diesen Zeitraum abzuziehen sind. Das Sozialgericht hat für diesen Zeitraum monatliche Leistungen in Höhe von 258 Euro zugesprochen, dies macht für den Zeitraum vom 15. April 2013 bis 31. August 2013 einen Betrag von 1.161 Euro, ergibt einen Differenzbetrag von 288 Euro. Damit allein wird der Beschwerdewert nicht erreicht.
Wenn die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nunmehr mit Schriftsatz vom 09. Juni 2013 ausführen, dass sich die Beschwerde des Antragstellers jedoch auch gegen die zeitliche Begrenzung der vorläufigen Leistungen richte und deshalb den Beschwerdewert überschreite, so überzeugt dies nicht. Der ausdrücklich formulierte Antrag in der Beschwerdeschrift umfasst die vom Sozialgericht ausgesprochene zeitliche Begrenzung der sozialgerichtlichen Regelung nicht. Hierfür gibt es auch keine Hinweise in dem Beschwerdebegründungsschriftsatz. Bei der Berechnung der Beschwer ist aber allein auf den Teil der Beschwer abzustellen, dessen Beseitigung der Beschwerdeführer mit der Beschwerde begehrt (vgl. Jansen/Frehse SGG zu § 144 Rdnr. 8 unter Hinweis auf Fischer, NJW 2002, 1551; Rohwer-Kahlmann SGG zu § 144 Rdnr. 4). Hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist auf den Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde abzustellen. Spätere Veränderungen des Beschwerdewerts haben regelmäßig keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Beschwerde, weshalb auch eine in dem Schriftsatz vom 09. Juni 2013 eventuell liegende Beschwerdeerweiterung außer Betracht bleiben muss.
Die Überschreitung des Beschwerdewertes und damit die Zulässigkeit der Beschwerde des Antragstellers ergibt sich jedoch daraus, dass dieser mit der Beschwerde die Gewährung der ihm vom Sozialgericht zugesprochenen Leistungen "in bar" geltend macht. Aus diesem Grunde ist der Wert der ihm vom Sozialgericht lediglich in Gestalt von Wertgutscheinen zugesprochenen Leistungen (148 Euro monatlich in dem mit der Beschwerde geltend gemachten Zeitraum 15. April 2013 bis 31. August 2013, mithin 666 Euro) zu dem Beschwerdewert hinzuzurechnen. Dies ergibt einen Beschwerdewert von insgesamt 954 Euro.
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist auch begründet. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass ein entsprechend geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Beides ist glaubhaft zu machen. Diese Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lagen allerdings – anders als das Sozialgericht angenommen hat – nicht vor. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er ist zwar gemäß § 1 AsylbLG leistungsberechtigt, er kann allerdings nach § 1 a AsylbLG nur Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 AsylbLG beanspruchen, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Dies folgt daraus, dass bei dem Antragsteller aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können (§ 1 a Nr. 2 AsylbLG). Die Voraussetzungen der Kürzungsvorschrift werden durch den Antragsteller erfüllt. § 1 a AsylbLG ist auch nicht dahingehend verfassungskonform zu interpretieren, dass Leistungsberechtigten selbst bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Absenkung der Leistungen das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum in dem Sinne erhalten bleiben müsse, dass Leistungen im Sinne des § 3 AsylbLG zu erbringen wären. Schließlich hat der Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid die unabweisbar gebotenen Leistungen auch zutreffend bestimmt.
Der Antragsteller erfüllt die Voraussetzungen des § 1 a Nr. 2 AsylbLG. Voraussetzung für eine Ausreise oder Abschiebung zur Beendigung seines Aufenthaltes ist, dass ein gültiger Pass oder Passersatzpapiere vorliegen. Über solche Dokumente verfügt der Antragsteller nach eigenen Angaben nicht. Diese können nur beschafft werden, wenn die Identität des Antragstellers feststeht. Dazu müsste er konkrete Angaben zu seinen Personalien oder seiner Herkunft machen. Dies ist seit Eintritt der Vollziehbarkeit seiner Ausreisepflicht bis heute nicht geschehen. Der Antragsteller hat weder auf Aufforderungen der Ausländerbehörde, noch auf entsprechende Aufforderungen des Antragsgegners reagiert. Seinem Verhalten bei seinen Vorführungen beim Kamerunischen Konsulat ist es zuzurechnen, dass mit ihm ein Gespräch über seine Person und seine Herkunft nicht geführt werden konnte. Diese Verweigerungshaltung des Antragstellers erfüllt nach Auffassung des Senats ohne Zweifel die Voraussetzungen des § 1 a Nr. 2 AsylbLG. Die von den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers beigebrachten Unterlagen, aus denen sich ergeben soll, dass die Kamerunische Botschaft selbst bei einer Mitwirkung des Antragstellers nicht in der Lage wäre, ein Dokument zur Ausreise auszustellen, sind insoweit solange irrelevant, als der Antragsteller Mitwirkungshandlungen nicht durchgeführt hat, andererseits überzeugen sie im vorliegenden Fall auch deshalb nicht, weil sie ersichtlich nicht bezüglich des Antragstellers erstellt worden sind.
Der Senat teilt weder die Auffassung des Sozialgerichts, dass dem Antragsteller durch den Antragsgegner nicht hinreichend mitgeteilt worden sei, welches Verhalten von ihm erwartet werde, noch die Auffassung des Antragstellers, dass das Unterlassen von asylrechtlichen Verfahrenshandlungen nicht zur Anwendbarkeit des § 1a Nr. 2 AsylbLG führen könne. § 1a Nr. 2 AsylbLG stellt gerade die Verknüpfungsnorm dar, die an ein asylrechtliches bzw. ausländerrechtliches Verhalten oder Unterlassen deshalb sozialrechtliche Konsequenzen knüpft, weil dieses ansonsten zu einem sozialrechtlich nicht gewollten Anspruch führen würde. Auf die erforderlichen Handlungen des Antragstellers und die sozialrechtlichen Konsequenzen bei deren Unterlassen hat der Antragsgegner auch stets hingewiesen.
Die Vorschrift des § 1 a Nr. 2 AsylbLG verstößt zur Überzeugung des Senats nicht gegen das Grundgesetz, es ist auch keine dahingehende verfassungskonforme Auslegung erforderlich, wonach Leistungsberechtigten selbst bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Absenkung der Leistungen das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum erhalten bleiben müsse und sich dieses entsprechend den vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 12. Juli 2012 formulierten Übergangsregelungen berechnet (anderer Auffassung: LSG Berlin-Brandenburg, 15. Senat, Beschluss vom 06. Februar 2013, L 15 AY 2/13 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. April 2013 – L 20 AY 153/12 B ER; wie hier: Thüringisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. Januar 2013, L 8 AY 1801/12 B ER; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. März 2013, L 8 AY 59/12 B ER). Das Bundesverfassungsgericht hat durch sein Urteil vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10 und 2/11, abgedruckt in info also 2012, 225 und ZFSH/SGB 2012, 450) die Höhe der Geldleistungen bei der Bewilligung von Grundleistungen nach § 3 des AsylbLG für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, unverzüglich eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen. Bis zum In-Kraft-Treten dieser Neuregelung gilt eine vom Bundesverfassungsgericht geschlossene Übergangsregelung. Bis zum In-Kraft-Treten eines neuen Gesetzes müssen die zuständigen Behörden deshalb über die Bewilligung von Leistungen auf der Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts entscheiden. An die Stelle der Geldleistungen nach den für verfassungswidrig erklärten Regelungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG treten mit der Übergangsregelung die in §§ 5 und 6 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (RBEG) aufgeführten Geldbeträge. Dabei wird das soziokulturelle Existenzminimum während der Dauer der Übergangsregelung durch die Geldbeträge der Abteilungen 7 bis 12 der §§ 5 und 6 RBEG gesichert.
Das Bundesverfassungsgericht hat eine ausdrückliche Entscheidung über § 1 a AsylbLG nicht getroffen. Es hat im Rahmen seiner Entscheidung vielmehr die Ausgestaltungsbedürftigkeit des Grundrechts aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG durch den Gesetzgeber betont, weshalb eine Verfassungswidrigkeit des § 1 a Nr. 2 AsylbLG nur dann anzunehmen wäre, wenn der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung dieser Vorschrift das ihm zustehende Ausgestaltungsermessen überschritten hätte (vgl. Burkiczak, SGb 2012, 324, 325). Der aufgrund des § 1 a Nr. 2 AsylbLG reduzierte Leistungsanspruch wäre nur dann verfassungswidrig, wenn er nicht diejenigen Mittel zur Verfügung stellen würde, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Das menschenwürdige Dasein setzt sich nach dem Bundesverfassungsgericht aus der Gewährleistung der physischen Existenz des Menschen und einem Mindestmaß an Teilhabe am sozio-kulturellen Leben zusammen. Das Bundesverfassungsgericht billigt dem Gesetzgeber hinsichtlich der Ausgestaltung dieser Gewährleistungen einen Gestaltungsspielraum zu. Dieser Spielraum ist enger, soweit es sich um die physische Existenz bezieht, weiter soweit er die Teilhabe betrifft (BVerfGE 125, 175, Rdnr. 138).
Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers lässt nach Auffassung des Senats Raum für die Gewährung nur reduzierter Leistungen etwa bei Pflichtverletzungen, wie der Nichtmitwirkung bei der Ausreise. Aus dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ergibt sich kein von Mitwirkungsobliegenheiten und Eigenaktivitäten unabhängiger Anspruch (Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Auflage, S. 443). Der vorgenannte Gestaltungsspielraum kann sich vordringlich in der eingeschränkten Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auswirken.
Auch deutsche Sozialhilfeempfänger und legal in Deutschland lebende Ausländer sind entsprechenden Leistungskürzungen im Fürsorgerecht grundsätzlich ausgesetzt, wie sie zum Beispiel in den § 31 ff. SGB II, § 26, 41 Abs. 4 SGB XII geregelt sind. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (a.a.O.) weist zutreffend darauf hin, dass schon aus Gründen der Gleichbehandlung auch bei Leistungsbeziehern nach dem AsylbLG verhaltensbedingte Kürzungen der Leistungen möglich sein müssen. Dem steht nicht entgegen dass das Bundesverfassungsgericht ein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum aus migrationspolitischen Erwägungen ausgeschlossen hat (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 121). Der Regelung des § 1 a Nr. 2 AsylbLG liegen – anders als bei Nr. 1 – keine migrationspolitischen Erwägungen zugrunde (vgl. Deibel, Sozialrecht Aktuell, 2013, 110; Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl., Rn. 2 zu § 1a AsylbLG).
Eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 1 a AsylbLG folgt auch nicht daraus, dass diese Vorschrift – anders als etwa § 31 a SGB II – eine zeitliche Begrenzung der Leistungsabsenkung nicht vorsieht. Einer solchen Befristung bedurfte es nicht, da der Ausländer, bei dem aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, durch ein ihm mögliches und zumutbares Verhalten selbst dafür sorgen kann, dass uneingeschränkte Grundleistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt werden (Deibel, a.a.O., S. 109; LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Dem Thüringischen Landessozialgericht (a.a.O.) ist beizupflichten, wenn es ausführt, dass die Ausgestaltung der Kürzungsvorschrift ohne zeitlichen Rahmen sich gerade aus der Verhaltensabhängigkeit der Kürzungsvorschrift rechtfertigt. Dem Antragsteller ist es durch sein eigenes Verhalten möglich, uneingeschränkte Geldleistungen zu erhalten; er sorgt durch sein eigenes andauerndes, ununterbrochenes Tun bzw. hier Unterlassen dafür, dass § 1 a Nr. 2 AsylbLG eingreift.
Auch ist die Bestimmung der unabdingbar gebotenen Leistungen nach § 1 a AsylbLG durch den Antragsgegner nicht zu beanstanden. Leistungen zur Sicherung des physischen Existenzminimums werden dem Antragsteller gewährt. Entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hat der Antragsgegner in Umsetzung entsprechender Rundschreiben des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Brandenburg die Grundleistungen zur Sicherung des physischen Existenzminimums zutreffend berechnet und gewährt dem Antragsteller einen Betrag von 217 Euro monatlich. Auch die Absetzung eines Energiekostenanteils ist nicht zu beanstanden. Auch durch die Absetzung eines Betrags von monatlich 16,82 Euro von der monatlichen Grundleistung wird in das physische Existenzminimum des Antragstellers nicht eingegriffen, denn dem Antragsteller wurde bereits Bekleidung bewilligt, dessen Gegenwert nunmehr aus seinem Anspruch herausgerechnet wird. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
Auch die Reduzierung der unabdingbar gebotenen Leistungen unter komplettem Wegfall einer Leistung zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn der Gesetzgeber nach § 1 a Nr. 2 AsylbLG unabdingbar gebotene Leistungen vorsieht, impliziert dies bereits die Gewährung von Leistungen zur Sicherung der physischen Existenz. Soweit der Gesetzgeber zur Durchführung einer Obliegenheit des Asylbewerbers in § 1 a Nr. 2 AsylbLG reduzierte Leistungen vorsieht, die das physische Existenzminimum nicht unterschreiten, ist auch unter Geltung eines Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum eine solche Reduktion zulässig. Wenn und solange es dem Ausländer möglich und zumutbar ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen, er seine Verpflichtung jedoch nicht erfüllt, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass er bei einem Verstoß keine Geldleistungen zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums erhält (Deibel, a.a.O., S. 110).
Ein Anordnungsanspruch auf höhere Leistungen ist damit vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Damit ist der aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Obliegenheit des Gerichts genügt, bei einer drohenden Grundrechtsverletzung infolge Anspruchsverlustes während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens erforderlichenfalls eine vollständige Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen. Ein sicherungsfähiger Anordnungsanspruch ist nicht gegeben und kann auch nicht durch eine bloße Folgenabwägung ersetzt werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2013, OVG 12 S 14.13).
Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Gewährung der Leistungen in der Gestalt von Wertgutscheinen. Ein den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigender wesentlicher Nachteil ergibt sich daraus nicht. Eine daraus resultierende verfassungsrechtlich relevante Beeinträchtigung hat auch das BVerfG nicht gesehen. Es hat lediglich die Höhe der Leistungen nach § 3 AsylbLG für verfassungswidrig erklärt und eine Übergangsregelung getroffen. Die Regelungssystematik des AsylbLG hat es aber ausdrücklich unangetastet gelassen und ausgeführt, dass die Entscheidung des Gesetzgebers in § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG, zur Deckung des existenzsichernden Bedarfs vorrangig Sachleistungen (bzw. nachrangige Leistungsarten, vgl. BVerfG aaO, Rdnr. 134 a.E.) vorzusehen, durch die von ihm getroffene Übergangsregelung nicht berührt wird (BVerfG aaO, Rdnr. 135). Zwar ist nachvollziehbar, dass das Einkaufen mit Wertgutscheinen mit Belastungen einhergeht, diese rechtfertigen jedoch eine besondere Eilbedürftigkeit nicht, die ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens als unzumutbar erscheinen ließe (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. April 2013 - L 8 AY 105/12 B ER).
Aus den vorgenannten Gründen war die über die vom Sozialgericht zu Unrecht vorläufig zugesprochenen Leistungen hinausgehende Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Gewährung von Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) durch Barleistungen. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben kamerunischer Staatsangehöriger und am 10. September 2002 in die Bundesrepublik eingereist. Sein Asylantrag vom 12. September 2002 wurde am 17. März 2004 rechtskräftig abgelehnt, der Antragsteller ist vollziehbar ausreisepflichtig. Nach seinen Angaben im Asylverfahren hat der Antragsteller in Kamerun einen Personalausweis besessen, der sich bei der Gendarmerie befinde. Ein Herr J, mit dem er ausgereist sei, habe seinen Reisepass einbehalten.
Mit Schreiben vom 03. Juni 2004 wurde der Antragsteller erstmals aufgefordert bei der Pass- bzw. Passersatzbeschaffung mitzuwirken. Entsprechende Aufforderungen zur Mitwirkung erfolgten bis zum 05. Oktober 2012 mindestens zwanzig Mal. Ein diesbezügliches Tätigwerden des Antragstellers ist nicht ersichtlich.
Der Antragsteller wurde der kamerunischen Botschaft sowohl im Jahre 2008 als auch im Jahre 2010 vorgestellt. Dem Vorführungsprotokoll zum 26. November 2008 ist zu entnehmen, dass der Antragsteller seitens der Botschaftsmitarbeiter mehrmals sowohl in englischer als auch französischer Sprache angesprochen worden sei, jedoch geschwiegen habe. Im Anschluss hätten die Botschaftsmitarbeiter mitgeteilt, dass eine Einschätzung der Staatsangehörigkeit des Antragstellers mangels Mitwirkung nicht abgegeben werden könne. Dem Protokoll zur Vorführung am 17. Juni 2010 ist zu entnehmen, dass der Antragsteller den Raum betreten habe, an der Tür stehengeblieben sei und provokativ ein Kaugummi gekaut habe. Er sei von den Botschaftsmitarbeitern in englischer und französischer Sprache angesprochen und nach seiner Staatsangehörigkeit und seinen Personalien befragt worden. Auf alle Fragen habe der Antragsteller mit Schweigen reagiert. Auch hier hätten die Botschaftsmitarbeiter mitgeteilt, dass aufgrund der fehlenden Mitwirkung keine Einschätzung der Staatsangehörigkeit getroffen werden könne.
Mit Schreiben vom 29. September 2005 hat der Antragsgegner den Antragsteller aufgefordert, unverzüglich die notwendigen Angaben und Dokumente zur Erlangung von Rückreisedokumenten bei seiner zuständigen Botschaft einzureichen und das Sozialamt darüber entsprechend zu informieren. Das Sozialamt hat für den Fall, dass keine konkreten Schritte eingeleitet würden, die Kürzung der Leistungen gemäß § 1 a AsylbLG auf das unabweisbar Gebotene angekündigt. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2005 hat der Antragsgegner erstmals ab November 2005 den Barbetrag um die Hälfte auf 20,45 Euro gekürzt. Da der Antragsteller auch einer erneuten Aufforderung nicht nachgekommen war (Bescheide vom 16. Januar 2007, 29. November 2007, 01. Juli 2009, 23. Dezember 2010) erhielt der Antragsteller auch weiterhin nur den eingeschränkten Barbetrag in Höhe von 20,45 Euro.
Mit Bescheid vom 31. August 2012, geändert durch Bescheid vom 28. September 2012, erfolgte eine Neuberechnung der Leistungen des Antragstellers. Danach wurde der Geldbetrag in Höhe von 25 Prozent der Gesamtleistung, mithin 86 Euro gekürzt, so dass ein Barbetrag in Höhe von 48 Euro bewilligt wurde. Mit Schreiben vom 14. November 2012 forderte der Antragsgegner den Antragsteller erneut auf, unverzüglich die notwendigen Angaben und Dokumente zur Erlangung von Rückreisedokumenten einzureichen und kündigte für den Fall, dass insoweit keine konkreten Schritte eingeleitet würden, erneut die Kürzung der Leistungen gemäß § 1 a AsylbLG auf das unabweisbar Gebotene an. Da keine Reaktion des Antragstellers erfolgte, kürzte der Antragsgegner mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 den Barbetrag komplett. Dem Antragsteller wurden Leistungen in Höhe von 168,12 Euro in Form von Wertgutscheinen bewilligt. Die Berechnung erfolgte dergestalt, dass von der Grundleistung in Höhe von 217 Euro ein Energiekostenanteil von 32,06 Euro sowie eine Rate Winterbekleidung 2012 in Höhe von 16,82 Euro abgezogen wurde. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 04. Januar 2013 Widerspruch und begehrte Leistungen nach § 3 AsylbLG in Form von Bargeld.
Der Antragsteller hat am 04. Januar 2013 bei dem Sozialgericht Cottbus einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er hat vorgetragen, dass eine Kürzung der Leistungen nach § 1 a AsylbLG nicht in Betracht komme, da nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 kein Anwendungsbereich für diese Norm verbleiben könne. Auch die Gutscheingewährung verletze ihn in seiner Menschenwürde.
Mit Beschluss vom 19. März 2013 hat das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Grundleistungen nach § 3 des AsylbLG für die Zeit vom 04. Januar 2013 bis 31. Januar 2013 in Höhe von 233 Euro und für die Zeit vom 01. Februar 2013 bis 31. August 2013 in Höhe von 258 Euro pro Monat zu gewähren. Dabei sei der Antragsgegner berechtigt, die Grundleistungen der Abteilung 1, 3 und 6 im Sinne des § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des SGB XII im Wert von 134 Euro und ab Februar 2013 im Wert von 148 Euro als Sachleistungen (auch in Form von Wertgutscheinen) zu erbringen und die Auszahlung auf 99 Euro für den Monat Januar 2013 und auf 110 Euro pro Monat ab Februar 2013 bis einschließlich August 2013 zu beschränken. Bis dahin bereits ausgereichte monatliche Sachleistungen/Wertgutscheine seien einzig für den entsprechenden Monat auf die nach dieser Entscheidung zu gewährenden Sachleistungen/Wertgutscheine anzurechnen. Im Übrigen hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass im vorliegenden Fall nicht mit hinreichender Sicherheit ersichtlich sei, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen allein aus von dem Antragsteller zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden können. Der Verwaltungsakte sei zu entnehmen, dass der Antragsteller mehrfach bei der Botschaft des von ihm angegebenen Heimatlandes Kamerun vorgesprochen haben soll und ihm dort u. a. bedeutet worden sei, es bestünden "Lieferschwierigkeiten" bei der Erstellung von Pässen. Solange nicht vollständig nachvollziehbar sei, welche Unterlagen von einem durchschnittlichen Kameruner Staatsbürger selbständig und ohne Unterstützung der Ausländerbehörde überhaupt beigebracht werden können bzw. welche zumutbaren Handlungen zur Erteilung eines Identitätspapiers durch das Heimatland im Einzelnen notwendig seien, folge jedenfalls aus den von dem Antragsgegner vorgetragenen aus den Verwaltungsakten ersichtlichen Tatsachen nicht mit hinreichender Sicherheit, dass der Antragsteller seinen weiteren Aufenthalt in Deutschland im Sinne des § 1 a AsylbLG zu vertreten habe.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 25. März 2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 15. April 2013 Beschwerde eingelegt und den Antrag angekündigt:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller unter Abänderung des Beschlusses des SG Cottbus vom 19.03.2013 vorläufig Leistungen nach § 3 AsylbLG seit dem 15.04.2013 bis zum 31.08.2013 in Höhe von 322 Euro monatlich als Barleistungen zu gewähren.
Gegen den ihm am 20. März 2013 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 16. April 2013 Beschwerde eingelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte des Sozialgerichts sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners sowie der Ausländerbehörde ergänzend Bezug genommen.
II.
Auf die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz – SGG – zulässige Beschwerde des Antragsgegners war der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Die ebenfalls zulässige Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig. Zwar berechnet sich die Beschwer des Antragsgegners durch den angefochtenen Beschluss aus der vorgenommenen Verpflichtung des Gerichts im angefochtenen Beschluss (Januar 2013: 233,00 Euro, Februar bis August 2013: 258,00 Euro für 7 Monate = 1.806,00 Euro insgesamt 2.039,00 Euro) abzüglich der bewilligten Leistungen für den Zeitraum Januar bis August 2013 (monatlich 168,12 x 8 Monate = 1.344,96 Euro). Daraus würde sich lediglich eine Beschwer von 694,04 Euro ergeben, die Beschwerde wäre nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG mangels Erreichens des Beschwerdewertes unzulässig. Der Antragsgegner weist mit Schriftsatz vom 05. Juni 2013 jedoch zu Recht darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts am 19. März 2013 die mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 festgesetzten 168,12 Euro für Januar, Februar und März 2013 in Form von Wertgutscheinen bereits an den Antragsteller ausgereicht worden waren. Da das Sozialgericht in dem angegriffenen Beschluss beschieden hat, dass bereits ausgereichte monatliche Sachleistungen/Wertgutscheine einzig für den entsprechenden Monat auf die nach der Entscheidung zu gewährenden Sachleistungen/Wertgutscheine anzurechnen seien, war der Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller einen Betrag in Höhe von 99 Euro für Januar bzw. von monatlich 110 Euro für Februar und März 2013 als Geldleistung nachzuzahlen, obwohl ihm diese Beträge in Gestalt von Wertgutscheinen bereits gewährt worden waren. Mithin ist bei der Beschwer des Antragsgegners die Verpflichtung zur Nachzahlung von 99 Euro für Januar 2013 und jeweils 110 Euro für Februar und März 2013 zu berücksichtigen. Damit ergibt sich eine Beschwer für die Monate Januar bis März 2013 in Höhe von 319 Euro, ab April 2013 in Höhe von 89,88 Euro (258 Euro zugesprochene Leistungen abzüglich 168,12 Euro bewilligte Leistungen), für die fünf bis August 2013 zugesprochenen Monate mithin 449,40 Euro, was einen Gesamtbetrag von 768,40 Euro ergibt. Damit liegen die Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 Nr. 1 nicht vor.
Auch die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerde ausdrücklich die Änderung des Beschlusses des Sozialgerichts vom 19. März 2013 und die vorläufige Bewilligung von Leistungen nach § 3 AsylbLG seit dem 15. April 2013 bis 31. August 2013 in Höhe von 322 Euro monatlich als Barleistung begehrt. Dies ergibt für den Zeitraum vom 15. April 2013 bis 31. August 2013 einen Betrag von 1.449 Euro, von dem die vom SG zugesprochenen Leistungen für diesen Zeitraum abzuziehen sind. Das Sozialgericht hat für diesen Zeitraum monatliche Leistungen in Höhe von 258 Euro zugesprochen, dies macht für den Zeitraum vom 15. April 2013 bis 31. August 2013 einen Betrag von 1.161 Euro, ergibt einen Differenzbetrag von 288 Euro. Damit allein wird der Beschwerdewert nicht erreicht.
Wenn die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers nunmehr mit Schriftsatz vom 09. Juni 2013 ausführen, dass sich die Beschwerde des Antragstellers jedoch auch gegen die zeitliche Begrenzung der vorläufigen Leistungen richte und deshalb den Beschwerdewert überschreite, so überzeugt dies nicht. Der ausdrücklich formulierte Antrag in der Beschwerdeschrift umfasst die vom Sozialgericht ausgesprochene zeitliche Begrenzung der sozialgerichtlichen Regelung nicht. Hierfür gibt es auch keine Hinweise in dem Beschwerdebegründungsschriftsatz. Bei der Berechnung der Beschwer ist aber allein auf den Teil der Beschwer abzustellen, dessen Beseitigung der Beschwerdeführer mit der Beschwerde begehrt (vgl. Jansen/Frehse SGG zu § 144 Rdnr. 8 unter Hinweis auf Fischer, NJW 2002, 1551; Rohwer-Kahlmann SGG zu § 144 Rdnr. 4). Hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist auf den Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde abzustellen. Spätere Veränderungen des Beschwerdewerts haben regelmäßig keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Beschwerde, weshalb auch eine in dem Schriftsatz vom 09. Juni 2013 eventuell liegende Beschwerdeerweiterung außer Betracht bleiben muss.
Die Überschreitung des Beschwerdewertes und damit die Zulässigkeit der Beschwerde des Antragstellers ergibt sich jedoch daraus, dass dieser mit der Beschwerde die Gewährung der ihm vom Sozialgericht zugesprochenen Leistungen "in bar" geltend macht. Aus diesem Grunde ist der Wert der ihm vom Sozialgericht lediglich in Gestalt von Wertgutscheinen zugesprochenen Leistungen (148 Euro monatlich in dem mit der Beschwerde geltend gemachten Zeitraum 15. April 2013 bis 31. August 2013, mithin 666 Euro) zu dem Beschwerdewert hinzuzurechnen. Dies ergibt einen Beschwerdewert von insgesamt 954 Euro.
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist auch begründet. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass ein entsprechend geltend gemachtes Recht gegenüber dem Antragsgegner besteht (Anordnungsanspruch) und der Antragsteller ohne den Erlass der begehrten Anordnung wesentliche Nachteile erleiden würde (Anordnungsgrund). Beides ist glaubhaft zu machen. Diese Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lagen allerdings – anders als das Sozialgericht angenommen hat – nicht vor. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er ist zwar gemäß § 1 AsylbLG leistungsberechtigt, er kann allerdings nach § 1 a AsylbLG nur Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 AsylbLG beanspruchen, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Dies folgt daraus, dass bei dem Antragsteller aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können (§ 1 a Nr. 2 AsylbLG). Die Voraussetzungen der Kürzungsvorschrift werden durch den Antragsteller erfüllt. § 1 a AsylbLG ist auch nicht dahingehend verfassungskonform zu interpretieren, dass Leistungsberechtigten selbst bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Absenkung der Leistungen das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum in dem Sinne erhalten bleiben müsse, dass Leistungen im Sinne des § 3 AsylbLG zu erbringen wären. Schließlich hat der Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid die unabweisbar gebotenen Leistungen auch zutreffend bestimmt.
Der Antragsteller erfüllt die Voraussetzungen des § 1 a Nr. 2 AsylbLG. Voraussetzung für eine Ausreise oder Abschiebung zur Beendigung seines Aufenthaltes ist, dass ein gültiger Pass oder Passersatzpapiere vorliegen. Über solche Dokumente verfügt der Antragsteller nach eigenen Angaben nicht. Diese können nur beschafft werden, wenn die Identität des Antragstellers feststeht. Dazu müsste er konkrete Angaben zu seinen Personalien oder seiner Herkunft machen. Dies ist seit Eintritt der Vollziehbarkeit seiner Ausreisepflicht bis heute nicht geschehen. Der Antragsteller hat weder auf Aufforderungen der Ausländerbehörde, noch auf entsprechende Aufforderungen des Antragsgegners reagiert. Seinem Verhalten bei seinen Vorführungen beim Kamerunischen Konsulat ist es zuzurechnen, dass mit ihm ein Gespräch über seine Person und seine Herkunft nicht geführt werden konnte. Diese Verweigerungshaltung des Antragstellers erfüllt nach Auffassung des Senats ohne Zweifel die Voraussetzungen des § 1 a Nr. 2 AsylbLG. Die von den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers beigebrachten Unterlagen, aus denen sich ergeben soll, dass die Kamerunische Botschaft selbst bei einer Mitwirkung des Antragstellers nicht in der Lage wäre, ein Dokument zur Ausreise auszustellen, sind insoweit solange irrelevant, als der Antragsteller Mitwirkungshandlungen nicht durchgeführt hat, andererseits überzeugen sie im vorliegenden Fall auch deshalb nicht, weil sie ersichtlich nicht bezüglich des Antragstellers erstellt worden sind.
Der Senat teilt weder die Auffassung des Sozialgerichts, dass dem Antragsteller durch den Antragsgegner nicht hinreichend mitgeteilt worden sei, welches Verhalten von ihm erwartet werde, noch die Auffassung des Antragstellers, dass das Unterlassen von asylrechtlichen Verfahrenshandlungen nicht zur Anwendbarkeit des § 1a Nr. 2 AsylbLG führen könne. § 1a Nr. 2 AsylbLG stellt gerade die Verknüpfungsnorm dar, die an ein asylrechtliches bzw. ausländerrechtliches Verhalten oder Unterlassen deshalb sozialrechtliche Konsequenzen knüpft, weil dieses ansonsten zu einem sozialrechtlich nicht gewollten Anspruch führen würde. Auf die erforderlichen Handlungen des Antragstellers und die sozialrechtlichen Konsequenzen bei deren Unterlassen hat der Antragsgegner auch stets hingewiesen.
Die Vorschrift des § 1 a Nr. 2 AsylbLG verstößt zur Überzeugung des Senats nicht gegen das Grundgesetz, es ist auch keine dahingehende verfassungskonforme Auslegung erforderlich, wonach Leistungsberechtigten selbst bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Absenkung der Leistungen das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum erhalten bleiben müsse und sich dieses entsprechend den vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 12. Juli 2012 formulierten Übergangsregelungen berechnet (anderer Auffassung: LSG Berlin-Brandenburg, 15. Senat, Beschluss vom 06. Februar 2013, L 15 AY 2/13 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. April 2013 – L 20 AY 153/12 B ER; wie hier: Thüringisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. Januar 2013, L 8 AY 1801/12 B ER; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20. März 2013, L 8 AY 59/12 B ER). Das Bundesverfassungsgericht hat durch sein Urteil vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10 und 2/11, abgedruckt in info also 2012, 225 und ZFSH/SGB 2012, 450) die Höhe der Geldleistungen bei der Bewilligung von Grundleistungen nach § 3 des AsylbLG für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, unverzüglich eine Neuregelung zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums zu treffen. Bis zum In-Kraft-Treten dieser Neuregelung gilt eine vom Bundesverfassungsgericht geschlossene Übergangsregelung. Bis zum In-Kraft-Treten eines neuen Gesetzes müssen die zuständigen Behörden deshalb über die Bewilligung von Leistungen auf der Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts entscheiden. An die Stelle der Geldleistungen nach den für verfassungswidrig erklärten Regelungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG treten mit der Übergangsregelung die in §§ 5 und 6 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes (RBEG) aufgeführten Geldbeträge. Dabei wird das soziokulturelle Existenzminimum während der Dauer der Übergangsregelung durch die Geldbeträge der Abteilungen 7 bis 12 der §§ 5 und 6 RBEG gesichert.
Das Bundesverfassungsgericht hat eine ausdrückliche Entscheidung über § 1 a AsylbLG nicht getroffen. Es hat im Rahmen seiner Entscheidung vielmehr die Ausgestaltungsbedürftigkeit des Grundrechts aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG durch den Gesetzgeber betont, weshalb eine Verfassungswidrigkeit des § 1 a Nr. 2 AsylbLG nur dann anzunehmen wäre, wenn der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung dieser Vorschrift das ihm zustehende Ausgestaltungsermessen überschritten hätte (vgl. Burkiczak, SGb 2012, 324, 325). Der aufgrund des § 1 a Nr. 2 AsylbLG reduzierte Leistungsanspruch wäre nur dann verfassungswidrig, wenn er nicht diejenigen Mittel zur Verfügung stellen würde, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Das menschenwürdige Dasein setzt sich nach dem Bundesverfassungsgericht aus der Gewährleistung der physischen Existenz des Menschen und einem Mindestmaß an Teilhabe am sozio-kulturellen Leben zusammen. Das Bundesverfassungsgericht billigt dem Gesetzgeber hinsichtlich der Ausgestaltung dieser Gewährleistungen einen Gestaltungsspielraum zu. Dieser Spielraum ist enger, soweit es sich um die physische Existenz bezieht, weiter soweit er die Teilhabe betrifft (BVerfGE 125, 175, Rdnr. 138).
Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers lässt nach Auffassung des Senats Raum für die Gewährung nur reduzierter Leistungen etwa bei Pflichtverletzungen, wie der Nichtmitwirkung bei der Ausreise. Aus dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ergibt sich kein von Mitwirkungsobliegenheiten und Eigenaktivitäten unabhängiger Anspruch (Berlit/Conradis/Sartorius, Existenzsicherungsrecht, 2. Auflage, S. 443). Der vorgenannte Gestaltungsspielraum kann sich vordringlich in der eingeschränkten Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auswirken.
Auch deutsche Sozialhilfeempfänger und legal in Deutschland lebende Ausländer sind entsprechenden Leistungskürzungen im Fürsorgerecht grundsätzlich ausgesetzt, wie sie zum Beispiel in den § 31 ff. SGB II, § 26, 41 Abs. 4 SGB XII geregelt sind. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (a.a.O.) weist zutreffend darauf hin, dass schon aus Gründen der Gleichbehandlung auch bei Leistungsbeziehern nach dem AsylbLG verhaltensbedingte Kürzungen der Leistungen möglich sein müssen. Dem steht nicht entgegen dass das Bundesverfassungsgericht ein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum aus migrationspolitischen Erwägungen ausgeschlossen hat (BVerfG, a.a.O., Rdnr. 121). Der Regelung des § 1 a Nr. 2 AsylbLG liegen – anders als bei Nr. 1 – keine migrationspolitischen Erwägungen zugrunde (vgl. Deibel, Sozialrecht Aktuell, 2013, 110; Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl., Rn. 2 zu § 1a AsylbLG).
Eine Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 1 a AsylbLG folgt auch nicht daraus, dass diese Vorschrift – anders als etwa § 31 a SGB II – eine zeitliche Begrenzung der Leistungsabsenkung nicht vorsieht. Einer solchen Befristung bedurfte es nicht, da der Ausländer, bei dem aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, durch ein ihm mögliches und zumutbares Verhalten selbst dafür sorgen kann, dass uneingeschränkte Grundleistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt werden (Deibel, a.a.O., S. 109; LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Dem Thüringischen Landessozialgericht (a.a.O.) ist beizupflichten, wenn es ausführt, dass die Ausgestaltung der Kürzungsvorschrift ohne zeitlichen Rahmen sich gerade aus der Verhaltensabhängigkeit der Kürzungsvorschrift rechtfertigt. Dem Antragsteller ist es durch sein eigenes Verhalten möglich, uneingeschränkte Geldleistungen zu erhalten; er sorgt durch sein eigenes andauerndes, ununterbrochenes Tun bzw. hier Unterlassen dafür, dass § 1 a Nr. 2 AsylbLG eingreift.
Auch ist die Bestimmung der unabdingbar gebotenen Leistungen nach § 1 a AsylbLG durch den Antragsgegner nicht zu beanstanden. Leistungen zur Sicherung des physischen Existenzminimums werden dem Antragsteller gewährt. Entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hat der Antragsgegner in Umsetzung entsprechender Rundschreiben des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Brandenburg die Grundleistungen zur Sicherung des physischen Existenzminimums zutreffend berechnet und gewährt dem Antragsteller einen Betrag von 217 Euro monatlich. Auch die Absetzung eines Energiekostenanteils ist nicht zu beanstanden. Auch durch die Absetzung eines Betrags von monatlich 16,82 Euro von der monatlichen Grundleistung wird in das physische Existenzminimum des Antragstellers nicht eingegriffen, denn dem Antragsteller wurde bereits Bekleidung bewilligt, dessen Gegenwert nunmehr aus seinem Anspruch herausgerechnet wird. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
Auch die Reduzierung der unabdingbar gebotenen Leistungen unter komplettem Wegfall einer Leistung zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn der Gesetzgeber nach § 1 a Nr. 2 AsylbLG unabdingbar gebotene Leistungen vorsieht, impliziert dies bereits die Gewährung von Leistungen zur Sicherung der physischen Existenz. Soweit der Gesetzgeber zur Durchführung einer Obliegenheit des Asylbewerbers in § 1 a Nr. 2 AsylbLG reduzierte Leistungen vorsieht, die das physische Existenzminimum nicht unterschreiten, ist auch unter Geltung eines Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum eine solche Reduktion zulässig. Wenn und solange es dem Ausländer möglich und zumutbar ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen, er seine Verpflichtung jedoch nicht erfüllt, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass er bei einem Verstoß keine Geldleistungen zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums erhält (Deibel, a.a.O., S. 110).
Ein Anordnungsanspruch auf höhere Leistungen ist damit vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Damit ist der aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Obliegenheit des Gerichts genügt, bei einer drohenden Grundrechtsverletzung infolge Anspruchsverlustes während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens erforderlichenfalls eine vollständige Prüfung der Sach- und Rechtslage vorzunehmen. Ein sicherungsfähiger Anordnungsanspruch ist nicht gegeben und kann auch nicht durch eine bloße Folgenabwägung ersetzt werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. März 2013, OVG 12 S 14.13).
Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Gewährung der Leistungen in der Gestalt von Wertgutscheinen. Ein den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigender wesentlicher Nachteil ergibt sich daraus nicht. Eine daraus resultierende verfassungsrechtlich relevante Beeinträchtigung hat auch das BVerfG nicht gesehen. Es hat lediglich die Höhe der Leistungen nach § 3 AsylbLG für verfassungswidrig erklärt und eine Übergangsregelung getroffen. Die Regelungssystematik des AsylbLG hat es aber ausdrücklich unangetastet gelassen und ausgeführt, dass die Entscheidung des Gesetzgebers in § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG, zur Deckung des existenzsichernden Bedarfs vorrangig Sachleistungen (bzw. nachrangige Leistungsarten, vgl. BVerfG aaO, Rdnr. 134 a.E.) vorzusehen, durch die von ihm getroffene Übergangsregelung nicht berührt wird (BVerfG aaO, Rdnr. 135). Zwar ist nachvollziehbar, dass das Einkaufen mit Wertgutscheinen mit Belastungen einhergeht, diese rechtfertigen jedoch eine besondere Eilbedürftigkeit nicht, die ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens als unzumutbar erscheinen ließe (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 3. April 2013 - L 8 AY 105/12 B ER).
Aus den vorgenannten Gründen war die über die vom Sozialgericht zu Unrecht vorläufig zugesprochenen Leistungen hinausgehende Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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