S 49 AS 22/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
49
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 49 AS 22/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
1. Die Freibeträge nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II und § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II sind beim Zusammentreffen von Erwerbseinkommen und Einkommen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht zu kumulieren.
2. Unterschreitet das Einkommen aus der ehrenamtlichen
1. Der Bescheid des Beklagten vom 28. April 2011 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 30. August 2011 und vom 26. November 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 2. Dezember 2011 – W 3996/11 – sowie der Bescheid vom 25. Oktober 2011 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 26. November 2011 und des Widerspruchsbescheids vom 2. Dezember 2011 – W 4714/11 – werden dahin geändert, dass den Klägerinnen für den Zeitraum Oktober 2011 bis Februar 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II monatlich in folgender Höhe gewährt werden: für Oktober bis Dezember 2011 der Klägerin zu 1) für den Lebensbedarf 197,52 EUR und für die Kosten von Unterkunft und Heizung 198,00 EUR der Klägerin zu 2) für die Kosten von Unterkunft und Heizung 55,48 EUR für Januar und Februar 2012 der Klägerin zu 1) für den Lebensbedarf 207,94 EUR und für die Kosten von Unterkunft und Heizung 198,00 EUR der Klägerin zu 2) für die Kosten von Unterkunft und Heizung 55,94 EUR und im Februar 2012 für Schuldbedarf 30,00 EUR.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen trägt der Beklagte vier Zehntel.

4. Gegen dieses Urteil wird die Berufung zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des Rechtsstreits ist die Höhe der Freibeträge nach § 11b Abs. 2 und 3 SGB II beim Zusammentreffen von Einkommen aus einer Erwerbs- und einer ehrenamtlichen Tätigkeit zwischen Oktober 2011 und Februar 2012. Die 1963 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1) ist die Mutter der minderjährigen Klägerin zu 2), die im Haushalt der Klägerin zu 1) wohnt. Beide erhalten vom Beklagten Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Die Kosten von Unterkunft und Heizung für beide Klägerinnen belaufen sich auf monatlich 396,00 EUR. Die Klägerin zu 1) erzielt seit Oktober 2011 aus einer abhängigen Beschäftigung in der Firma "G. Werkstatt F." ein monatliches Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 400,00 EUR. Zudem war sie zur selben Zeit und bis zum 14. Februar 2012 ehrenamtlich in einem Projekt namens "N.m.H." tätig. Inhalt dieses Projektes war eine Alltagsbegleitung für allein lebende Senioren. Die Klägerin begleitete drei in ihrer Nähe lebende Senioren beim Einkaufen, bei Arztbesuchen, bei sonstigen Wegen und stand ihnen als sozialer Gesprächspartner zu Verfügung. Diese Tätigkeit hatte einen Umfang von 7 Stunden pro Woche. Vom Träger des Projektes, dem Verein "A. e.V.", F., erhielt sie gegen Nachweis der wöchentlichen Begleitungsstunden eine "Aufwandsentschädigung" in Höhe von 39,00 EUR monatlich, also von etwa 1,39 EUR pro Stunde. Das Projekt wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz innerhalb des Themas "Lokales Kapital im ländlichen Raum" finanziert. Nach Nummer 2 der dem Fördermittelbescheid vom 6. Dezember 2010 zugrunde liegenden Förderrichtlinie vom 28. April 2010, SächsABl. S. 692, werden außerhalb der sächsischen Großstädte Kleinvorhaben gefördert, die dazu dienen, Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind oder aus anderen Gründen am Rand der Gesellschaft stehen, für die ehrenamtliche Tätigkeit als Alltagsbegleiter zu gewinnen. Nach Nummer 5 der Richtlinie gehören Personalausgaben zu den förderfähigen Ausgaben, wobei den Teilnehmenden für 14 Stunden Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 19,50 EUR gewährt und der Aufwand für maximal 14 Stunden pro Woche entschädigt wird. Die Klägerin zu 2) erhält monatlich Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR und Unterhalt in Höhe von 180,00 EUR. Mit Bescheid vom 28. April 2011 gewährte der Beklagte den Klägerinnen Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Juni bis November 2011. Mit angefochtenem Änderungsbescheid vom 30. August 2011 und angefochtenem Bescheid vom 25. Oktober 2011 bewilligte der Beklagte den Klägerinnen für die Zeiträume vom 1. Oktober bis 30. November 2011 bzw. vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. Mai 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 419,80 EUR. Hiergegen erhob die Klägerin zu 1) Widersprüche, mit denen sie die Anwendung des erhöhten Freibetrages von 175,00 EUR nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II verlangte. Abzüglich des weiteren Freibetrages nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II von 67,80 EUR ergebe dies ein bei ihr anzurechnendes Einkommen von 196,20 EUR. Aufgrund dieser Widersprüche erließ der Beklagte den angefochtenen Änderungsbescheid vom 26. November 2011 und gewährte den Klägerinnen für Januar 2012 in Höhe von 430,68 EUR und für Februar 2012 in Höhe von 460,68 EUR. Er berücksichtigte für die Klägerin zu 1) einen Regelbedarf in Höhe von monatlich 364,00 EUR im Jahr 2011 und von monatlich 374,00 EUR im Jahr 2012 zuzüglich eines Mehrbedarfs Alleinerziehender in Höhe von monatlich 44,00 EUR im Jahr 2011 und von monatlich 44,88 EUR im Jahr 2012 und für die Klägerin zu 2) einen Bedarf in Höhe des Sozialgeldes von monatlich 251,00 EUR sowie die Kosten von Unterkunft und Heizung in voller Höhe. Für Februar 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin zu 2) zudem einen Schulbedarf von 30,00 EUR. Als Einkommen berücksichtigte er bei der Klägerin zu 1) das Nettoerwerbseinkommen und die Aufwandsentschädigung und bei der Klägerin zu 2) Kindergeld und Unterhalt. Das monatliche Einkommen der Klägerin zu 1) bereinigte der Beklagte um den Grundfreibetrag in Höhe von 100,00 EUR und einen Erwerbstätigenzusatzfreibetrag in Höhe von 67,80 EUR, und rechnete monatlich 271,20 EUR an. Mit angefochtenem Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2011 – W 3996/11 und W 4714/11 – wies der Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. November 2011 als unbegründet zurück. Da die Klägerin zu 1) neben ihrer Erwerbstätigkeit eine ehrenamtliche Tätigkeit ausübe, und die aus Letzterer erzielten Einkünfte gemäß § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei seien, trete an die Stelle des Erwerbstätigengrundfreibetrages des § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II von 100,00 EUR grundsätzlich der erhöhte Grundfreibetrag des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II von 175,00 EUR. Nach aktueller Weisungslage verringere sich dieser Grundfreibetrag indes wieder auf 100,00 EUR, wenn das steuerfreie Einkommen geringer sei als 100,00 EUR. Da das steuerfreie Einkommen im vorliegenden Fall nur 39,00 EUR betrage, sei lediglich der Erwerbstätigengrundfreibetrag von 100,00 EUR abzusetzen. Mit ihrer am 2. Januar 2012 erhobenen Klage erstreben die Klägerinnen die Bewilligung von Grundsicherungslei¬stungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines anrechenbaren Einkommens der Klägerin zu 1) von 196,20 EUR. Die Aufwandsentschädigung sei kein Erwerbseinkommen und daher nicht als Einkommen anrechenbar. Dass es sich nicht um eine Vergütung im Sinne eines Arbeitseinkommens handele, ergebe sich bereits aus der Höhe der Vergütung pro Stunde von 1,39 EUR. Diese mache deutlich, dass es sich nur um eine pauschale Anerkennung des Aufwandes handele, welcher durch die Wahrnehmung des Ehrenamtes zweifellos entstehe. Überdies bestehe ein Zusammenhang mit den Bestimmungen der ALG II-V; es liege zwar keine hauswirtschaftliche Tätigkeit vor, die Tätigkeit sei aber mit der Hauswirtschaft vergleichbar. Nach der Rücknahme der Klage für die Monate März bis Mai 2012 beantragen die Klägerinnen, den Bescheid des Beklagten vom 28. April 2011 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 30. August 2011 und vom 26. November 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2011 – W 3996/11 – sowie den Bescheid vom 25. Oktober 2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 26. November 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2011 – W 4714/11 dahin zu ändern, dass den Klägerinnen für den Zeitraum Oktober 2011 bis Mai 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II monatlich in folgender Höhe gewährt werden: von Oktober bis Dezember 2011 der Klägerin zu 1. für den Lebensbedarf: 235,93 EUR für die Kosten von Unterkunft und Heizung: 198,- EUR der Klägerin zu 2. für die Kosten von Unterkunft und Heizung: 60,87 EUR für Januar 2012 der Klägerin zu 1. für den Lebensbedarf: 246,44 EUR für die Kosten von Unterkunft und Heizung: 198,- EUR der Klägerin zu 2. für die Kosten von Unterkunft und Heizung: 61,24 EUR für Februar 2012 der Klägerin zu 1. für den Lebensbedarf: 260,15 EUR für die Kosten von Unterkunft und Heizung: 198,- EUR der Klägerin zu 2. für die Kosten von Unterkunft und Heizung: 63,13 EUR für die Schulausstattung: 30,- EUR. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Einkommen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit, das nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei sei, sei wie Erwerbseinkommen zu behandeln, weil § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II auf die Sätze 1 und 2 der Norm und die dort genannten Freibeträge verweise. Daher spreche auch nichts dagegen, es mit dem Erwerbseinkommen anzurechnen. Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien ausgetauschten Schriftsätze sowie der beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet. Die Klägerinnen sind Leistungsberechtigte im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie erfüllen die dort genannten Voraussetzungen und sind insbesondere hilfebedürftig gem. § 9 Abs. 1 SGB II, weil sie ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern können. a) Die Höhe des Lebensunterhalts hat der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden in zutreffender Weise bestimmt; sie wird auch von den Klägerinnen nicht angegriffen. Insoweit sieht das Gericht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG). b) Das Einkommen der Klägerinnen genügt jedoch nicht, diesen Bedarf zu decken. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 2006 Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. aa) Die Klägerin zu 1) erzielt Einkommen aus der abhängigen Beschäftigung und einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Durch den erhöhten Grundfreibetrag bei ehrenamtlicher Tätigkeit ist das daraus resultierende Einkommen im vorliegenden Fall – entgegen der Auffassung des Beklagten – über den Erwerbstätigengrundfreibetrag hinaus vollständig abzusetzen. Darüber hinaus ergreift der erhöhte Grundfreibetrag jedoch – entgegen der Auffassung der Klägerinnen – nicht das Einkommen aus der abhängigen Beschäftigung. (1) Es kann offen bleiben, ob der Aufwendungsersatz im vorliegenden Fall als zweckbestimmte Einnahme gemäß § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 13. Mai 2011 anzusehen ist. Danach sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Die an den Begriff der "zweckbestimmten Einnahmen" zu stellenden Anforderungen ergeben sich aus der Systematik des § 11 SGB II und dem Sinn und Zweck der Regelung. Mit der Regelung soll einerseits vermieden werden, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch die Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird; andererseits soll die Vorschrift aber auch verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 93/10 R -, juris (Rn. 18)). Einnahmen sind unabhängig von ihrer steuerrechtlichen Behandlung nur unter den engen Voraussetzungen unberücksichtigt zu lassen, die ausdrücklich durch den Zweck der weiteren Einnahmen gerechtfertigt sein müssen (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 27/12 R -, juris (Rn. 18)). Es bedarf einer Vereinbarung, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll, dem Empfänger also ein bestimmter privatrechtlicher Verwendungszweck "auferlegt" wird (BSGE 100, 83 ff.; BSGE 102, 295 ff.; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 27/12 R -, juris (Rn. 19)). Da tatsächliche Einnahmen abweichend von der Grundregel des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II nur außer Betracht bleiben können, wenn dies eine besondere Zweckbestimmung einer Leistung außerhalb des SGB II gebietet, welche durch die Berücksichtigung der Leistung als Einkommen nach dem SGB II verfehlt würde, muss klar erkennbar sein, für welche Zwecke die Leistung verwendet werden soll (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 27/12 R -, juris (Rn. 19)). Das Bestehen einer solchen Vereinbarung ist hier deshalb zweifelhaft, weil keine ausdrückliche Bestimmung existiert, nach welcher der Aufwendungsersatz nur für Aufwendungen gewährt wird. Indes ist die Pauschalierungen von Leistungen in Massenverfahren und bei geringer Leistungshöhe ein gängiges Mittel der Verwaltungsvereinfachung, das den Inhalt der Leistung und ihre Zweckbestimmung unberührt lässt. Die Pauschalierung ist im vorliegenden Fall auch auf einem Niveau erfolgt, das den Konnex zur reinen Aufwandsentschädigung mit Händen greifen lässt. Dass bei der Begleitung zum Einkauf oder anderen Wegen gerade im ländlichen Raum Aufwendungen für die Absolvierung dieser Wege entstehen, ist allgemein bekannt. Die Höhe des Aufwendungsersatzes spiegelt die Höhe dieser Aufwendungen wider. Es ist nicht ersichtlich, dass der Aufwendungsersatz hier zugleich eine Lohnersatzfunktion hat (vgl. zum Aufwendungsersatz beim kommunalen Ehrenamt BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 93/10 R -, juris (Rn. 19)). Als Kompensation für einen Verdienstausfall kommt die Leistung schon deshalb nicht in Betracht, weil nach der Förderrichtlinie nur die Tätigkeit von Menschen, die nicht oder nur schwer in den Arbeitsmarkt zu vermitteln sind, also Empfänger von Transferleistungen, gefördert werden kann. Eine Lohnersatzwirkung ist zudem ausgeschlossen, weil im Höchstfall wöchentlich nur knapp 20,00 EUR auf diese Weise "verdient" werden können. Wie zu entscheiden wäre, wenn dieser Wert, z.B. auch durch mehrere gleichartige Tätigkeiten, höher läge, kann hier offen bleiben. Da der Aufwendungsersatz in pauschalierter Weise nur die mit der ehrenamtlichen Tätigkeit verbundenen Aufwendungen kompensiert, beeinflusst er die Einkommenssituation der Klägerin zu 1) auch nicht so günstig, dass Leistungen nach dem SGB II nicht mehr gerechtfertigt wären (so im Ergebnis auch Geiger, in: LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 11a Rn. 9). Gleichwohl kann die Entscheidung dieser Frage im vorliegenden Fall offen bleiben, weil sie rechnerisch zu demselben Ergebnis führen würde, wie die vom Beklagten vorgenommene Behandlung als steuerfreie Einnahme. (2) Jedenfalls erfüllt die hier vorliegende Aufwandsentschädigung die Voraussetzungen von § 3 Nr. 26 EStG (a) Daher ist der erhöhte Erwerbstätigengrundfreibetrag gem. § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II anzuwenden (b), weshalb die Einnahme im vorliegenden Fall im Ergebnis unberücksichtigt bleibt. Der Erwerbstätigenzusatzfreibetrag von § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II ist jedoch nur für jenes Einkommen anzuwenden, das den nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II erhöhten Grundfreibetrag übersteigt (c). (a) Die Einnahme ist, wovon auch der Beklagte ausgeht, steuerfrei gem. § 3 Nr. 26 EStG, denn es handelt sich um eine Form der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen, für die weniger als 2.100 EUR im Jahr gezahlt wurden. Zur Pflege in diesem Sinn gehören auch nicht im Kern pflegerische Leistungen, welche die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der gebrechliche Mensch sich in seiner Häuslichkeit ausreichend selbst versorgen kann oder dort ausreichend versorgt wird. Das ist mit der Unterstützung beim Einkauf und bei Arztbesuchen der Fall. Zur pflegerischen Versorgung zählt zudem die persönliche Ansprache und Beschäftigung; diese sind von nicht hinwegdenkbarer Bedeutung für einen würdevollen Umgang mit den Betroffenen. Es kann offen bleiben, ob der Maßnahmeträger gemeinnützig im Sinne des Steuerrechts ist. In jedem Fall handelt es sich wegen der vollständig öffentlich-rechtlichen Finanzierung der Maßnahme um eine solche im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts. (b) Nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II tritt an die Stelle des Erwerbstätigengrundfreibetrages von 100,00 EUR ein erhöhter Grundfreibetrag von 175,00 EUR. Dieser Freibetrag umfasst grundsätzlich das Erwerbseinkommen und die steuerfreien Einnahmen. (aa) Die Freibeträge von 100,00 EUR nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II und von 175,00 EUR nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II sind, was auch die Klägerinnen nicht in Abrede stellen, beim Zusammentreffen von Erwerbseinkommen und Einkommen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht zu kumulieren. Insofern ist der Gesetzeswortlaut eindeutig, der besagt "tritt an die Stelle". Dieses An-die-Stelle-Treten beschränkt der Wortlaut auch nicht auf das Einkommen aus der ehrenamtlichen Tätigkeit. Vielmehr entspricht es der Systematik des Gesetzes, alles Einkommen zusammenzufassen und den Freibetrag nach § 11b Abs. 2 SGB II einheitlich vom Gesamteinkommen abzuziehen. So ist es dem Gesetz beispielsweise fremd, den Erwerbstätigengrundfreibetrag nach Satz 1 der Vorschrift mehrfach abzuziehen, wenn der Leistungsberechtigte mehreren Erwerbstätigkeiten nachgeht, selbst wenn dadurch seine mit der weiteren Tätigkeit verbundenen, durch den Grundfreibetrag pauschalierten Aufwendungen steigen. In diesem Fall geht Satz 2 der Vorschrift davon aus, dass auch das Einkommen entsprechend höher ausfallen wird und eröffnet dem Leistungsberechtigten sodann den Weg, höhere als die nach Satz 1 pauschal anzuerkennenden Aufwendungen nachweisen zu können, wodurch sich das anzurechnende Gesamteinkommen entsprechend verringert. Da diese Möglichkeit auch bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit nach Satz 3 besteht, wäre den Interessen des Leistungsberechtigten auch ohne Kumulierung der Freibeträge in gleicher Weise entsprochen. Ein anderes systematisch-historisches Argument könnte dem aber entgegenstehen. Der Betrag von 175,00 EUR entspricht, worauf der Wortlaut von Satz 3 auch ausdrücklich verweist, demjenigen, bis zu dessen Höhe das Einkommen frei von der Einkommensteuer ist. Die Vorschrift gelangte auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses (BT-Drs. 17/4719, S. 2) in das Gesetz, ohne dass sie inhaltlich begründet wurde. Der Bezug auf das Einkommensteuerrecht könnte für eine Kumulierung der Freibeträge sprechen, da der Freibetrag vor allem zur Aufnahme ehrenamtlicher Tätigkeiten motivieren will und diese finanzielle Motivation bei Leistungsbeziehern ebenso erforderlich sein kann. Indes steht dem der Gedanke des Grundsicherungsrechts entgegen, dass die Leistungsberechtigten zuerst ihr Einkommen zur Bedarfsdeckung einzusetzen haben, bevor sie Hilfe der Solidargemeinschaft erhalten. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II diesen Grundsatz im Angesicht des Ehrenamtes zurücktreten lassen wollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dem berechtigten Anliegen, den Leistungsberechtigten solle durch die Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit kein finanzieller Nachteil entstehen, durch die bereits erwähnte Anwendung von § 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II Rechnung zu tragen ist. Dass dort eine Lücke entsteht, wenn beide Einkommensarten zusammen den Betrag von 175,00 EUR überschreiten, nicht aber den Betrag von 400,00 EUR ist hinzunehmen, denn auch für einen Erwerbstätigen, dessen Einkommen 400,00 EUR nicht überschreitet, dessen Aufwendungen aber 100,00 EUR überschreiten, tritt diese Rechtsfolge ein. (bb) Der erhöhte Erwerbstätigengrundfreibetrag von 175,00 EUR greift jedoch – entgegen der Arbeitsanweisungen des Beklagten – nicht nur in dem Maße, wie allein die steuerfreien Einnahmen die Grenze von 100,00 EUR überschreiten (vgl. Geiger, info also 2011, 106 (111)). Er ist vielmehr bereits zu berücksichtigen, wenn die steuerfreien Einnahmen – wie im vorliegenden Falle – geringer sind. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der nicht nach der Höhe der steuerfreien Einnahme differenziert. Ob der Gesetzgeber diesen Fall bedacht hat, ist nicht feststellbar (vgl. BT-Drs. 17/4719, S. 2). Der im Wortlaut enthaltene Hinweis auf die Höhe des nach dem Einkommensteuergesetz steuerfreien Einkommens legt jedoch nahe, dass der Gesetzgeber die steuerrechtliche Privilegierung hierher übernehmen wollte. Oben wurde bereits dargelegt, dass eine Addition der Freibeträge nicht in Betracht kommt; systematisch kann dann nur noch ein gemeinsamer Freibetrag gelten. Dem Wortlaut der Vorschrift nach muss dies der erhöhte Freibetrag von 175,00 EUR sein. Sinn und Zweck der Vorschrift stehen dem nicht entgegen. Der Freibetrag von 100,00 EUR differenziert nicht danach, ob die von ihm erfassten Aufwendungen tatsächlich entstehen, sondern pauschaliert zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung. Gleiches gilt für den erhöhten Freibetrag, wenn der Leistungsberechtigte nur steuerfreie Einnahmen bezieht. Beim Zusammentreffen von Erwerbseinkommen und steuerfreien Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit kann grundsätzlich nichts anderes gelten. Allerdings widerspräche es dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wenn durch Anwendung des erhöhten Freibetrags – wie die Klägerinnen begehren – Einkünfte abgesetzt werden könnten, die nicht aus der steuerfreien Tätigkeit herrührten. Der Freibetrag wird wegen der aus Gemeinwohlgründen gewährten Steuerfreiheit erhöht (vgl. Söhngen, in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 11b Rn. 37). Mithin kann er nur das Einkommen erfassen, das auch vom steuerrechtlichen Privileg erfasst wird. Im Falle der Klägerin sind dies in den Monaten Oktober 2011 bis Januar 2012 je 39,00 EUR und im Februar 2012 19,50 EUR. Im Einkommensteuerrecht blieben diese Beträge nach § 3 Nr. 26 EStG unberücksichtigt. Sie würden aber nicht dazu führen, weiteres, eigentlich steuerpflichtiges Einkommen bis zur Maximalhöhe der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 26 EStG ebenfalls unberücksichtigt zu lassen. Aus systematischen Gründen kann im Grundsicherungsrecht nichts anderes gelten. Würde nämlich beispielsweise bei einer Vergütung der ehrenamtlichen Tätigkeit in Höhe von 10,00 EUR vom Gesamteinkommen ein Freibetrag von 175,00 EUR abzusetzen sein, würde diese Absetzung in Höhe von 165,00 EUR nicht vom Einkommen aus dem Ehrenamt, sondern vom Erwerbseinkommen stattfinden. Dafür gibt es im Grundsicherungsrecht weder einen Anlass noch eine Rechtfertigung, zumal davon auszugehen ist, dass bei einem Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit in dieser Höhe auch keine nennenswert höheren Aufwendungen entstehen. Hier gleichwohl vom Gesamteinkommen den vollen Freibetrag von 175,00 EUR abzusetzen, erschiene als eine mit den Maßstäben des Art. 3 Abs. 1 GG schwer vereinbare Ungleichbehandlung von Erwerbseinkommen. Sinn und Zweck der Vorschrift erzwingen daher eine einschränkende Anwendung in der Weise, dass, wenn das Einkommen aus der ehrenamtlichen Tätigkeit den erhöhten Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II in Höhe von 175,00 EUR unterschreitet, dieser nur bis zur Höhe der Summe aus dem Erwerbstätigengrundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II in Höhe von 100,00 EUR und dem Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit, maximal in voller Höhe, abzusetzen ist. Für die Klägerin zu 1), die ein Erwerbseinkommen über dem Erwerbstätigengrundfreibetrag von 100,00 EUR erzielt und darüber hinaus steuerfreie Einnahmen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit in Höhe von 39,00 EUR bedeutet dies, dass der erhöhte Freibetrag nur in Höhe von 139,00 EUR eingreift. (cc) Die Anwendung der Freibetragsregelung von § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II hat auch Folgen für den Erwerbstätigenzusatzfreibetrag nach § 11b Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II. Nach ihm ist von dem 100,00 EUR übersteigenden Erwerbseinkommen, das 1000,00 EUR nicht überschreitet, ein weiterer Freibetrag von 20% abzusetzen. Kommt indes der erhöhte Erwerbstätigengrundfreibetrag von 175,00 EUR oder – wie im vorliegenden Fall – ein zwar geringerer, aber 100,00 EUR überschreitender Freibetrag zur Anwendung, erfasst der Erwerbstätigenzusatzfreibetrag des § 11b Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II nur den Teil des Einkommens, der den anzuwendenden Grundfreibetrag übersteigt, wobei es wegen der Einkommensquellen in § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II ohne Belang ist, ob das übersteigende Einkommen aus einer Erwerbs- oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit herrührt. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Vorschrift, aber aus ihrer Auslegung. Der Wortlaut ist offenbar lückenhaft. Der Gesetzgeber des § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II hatte schon nicht erkannt, dass ein Leistungsberechtigter sowohl Erwerbseinkommen als auch Einkünfte aus ehrenamtlicher Tätigkeit erzielen könnte, und er hat auch offenbar nicht erkannt, dass der erhöhte Grundfreibetrag von 175,00 EUR bei unveränderten Grenzwerten des Zusatzfreibetrages zu einer – von den Klägerinnen erstrebten – doppelten Berücksichtigung des 100,00 EUR aber nicht 175,00 EUR übersteigenden Einkommens führen würde. Bis zu weiteren 15,00 EUR könnten so abzusetzen sein. Im hypothetischen Fall eines Einkommens aus ehrenamtlicher Tätigkeit von 193,00 EUR oder dem eines Einkommens aus ehrenamtlicher Tätigkeit von 175,00 EUR und eines weiteren Einkommens aus einer Erwerbstätigkeit von 18,00 EUR wäre das gesamte 175,00 EUR übersteigende Einkommen abzusetzen, nicht lediglich 3,60 EUR, die 20% von 18,00 EUR entsprächen. Dies ist mit dem Charakter von Freibeträgen unvereinbar. Ein Freibetrag bedeutet, dass ein erfasster Betrag in einer Berechnung nicht zu berücksichtigen ist; rechnerisch existiert er nicht. Eine solche Negation ist aber stets nur einmal möglich. Würde der Betrag an anderer Stelle der Berechnung für die Zwecke eines weiteren Freibetrages wieder erscheinen, würde der zweite Freibetrag nicht mehr von dem aufgebrauchten Betrag, sondern von einem anderen abgezogen werden. Das kann nicht gewollt sein, insbesondere nicht in § 11b Abs. 2 und 3 SGB II. Der Gesetzgeber des Absatz 3 hat Nummer 1 so gestaltet, dass sie an Absatz 2 Satz 1 anknüpft und der Erwerbstätigenzusatzfreibetrag nur für das Einkommen eingreift, welches den Erwerbstätigengrundfreibetrag übersteigt. Ist aber der erhöhte Erwerbstätigengrundfreibetrag abzusetzen, ist es allein folgerichtig, auch den Erwerbstätigenzusatzfreibetrag nur für das Einkommen eingreifen zu lassen, welches den erhöhten Grundfreibetrag übersteigt. Jedenfalls widerspräche es Sinn und Zweck des erhöhten Grundfreibetrages, wenn dieser zugleich dazu führen würde, weiteres Einkommen, das entweder keinen Bezug zu der ehrenamtlichen Tätigkeit hat, oder höhere Einkünfte aus der ehrenamtlichen Tätigkeit, der Anrechnung zu entziehen. Daher gebieten die Systematik und Sinn und Zweck der Vorschriften, den Zusatzfreibetrag nach § 11b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II nur auf den Einkommensanteil anzuwenden, der den im jeweiligen Fall maßgeblichen erhöhten Grundfreibetrag nach § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II übersteigt. Im vorliegenden Fall sind vom Einkommen der Klägerin zu 1) daher 139,00 EUR und von dem Anteil ihres Einkommens, der 139,00 EUR übersteigt, 20% abzusetzen. bb) Das anrechenbare Einkommen der Klägerin zu 2) hat der Beklagte zutreffend bestimmt; von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht das Gericht insoweit ab (§ 136 Abs. 3 SGG). cc) Damit ist für die Klägerin zu 1) von einem Monatseinkommen von Oktober 2011 bis Januar 2012 von 439,00 EUR und im Februar 2012 von 419,50 EUR auszugehen, von dem durch Anwendung der Freibeträge § 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II und des § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II und nach der sonstigen Einkommensbereinigung 240,00 EUR zu berücksichtigen sind. Hieraus ergibt sich rechnerisch, dass die Klägerinnen in Höhe der im Tenor genannten Beträge hilfebedürftig und leistungsberechtigt sind.

2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

3. Die Berufung bedarf der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mit 350,40 EUR die Grenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) nicht überschreitet. Sie ist zuzulassen, weil die Auslegung von § 11b Abs. 2 Satz 1, 3 und Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II bislang ungeklärt ist und die Sache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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