Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 18 P 28/11
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 10 P 5/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Weiterzahlung von Pflegegeld in den ersten vier Wochen eines stationären Krankenhausaufenthalts setzt voraus, dass bereits vor dem Krankenhausaufenthalt Leistungen erbracht sind.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Leistungen bei häuslicher Pflege nicht in derselben Höhe erbracht werden wie bei vollstationärer Pflege. Ebenso ist es unbedenklich, dass Leistungen für die Einrichtung des häuslichen Pflegeplatzes nicht dem Betrag entsprechen, der einem Heimbetreiber gewährt wird.
2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass Leistungen bei häuslicher Pflege nicht in derselben Höhe erbracht werden wie bei vollstationärer Pflege. Ebenso ist es unbedenklich, dass Leistungen für die Einrichtung des häuslichen Pflegeplatzes nicht dem Betrag entsprechen, der einem Heimbetreiber gewährt wird.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozial- gerichts Kiel vom 23. Januar 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Der 1924 geborene Kläger, der bei der Beklagten versichert ist, hat bis Dezember 2008 mit im Wesentlichen eigenständiger Lebensführung in G gelebt. Am 28. Dezember 2008 wurde er vom Rettungsdienst in die Universitätsmedizin G verbracht, wo er bis zum 13. Januar 2009 stationär behandelt wurde. Im Vordergrund stand eine Pneumonie mit Pleuraergüssen beidseits bei einer bekannten mikroskopischen Polyangiitis mit zerebraler Beteiligung. Am 15. Januar 2009 erlitt der Kläger einen generalisierten tonisch klonischen epileptischen Anfall, der vom 15. Januar bis 29. Januar 2009 zu erneuter stationärer Behandlung in der Universitätsmedizin G führte. Nach einer Kurzzeitpflege vom 29. Januar bis 5. Februar 2009 wurde der Kläger vom 6. Februar bis Ende März 2009 stationär im Klinikum Bad B behandelt. Seit dem 1. April 2009 lebt er in dem Seniorenheim Haus M. Wie die Tochter des Klägers in der Berufungsverhandlung erläutert hat, erwägen beide zukünftig bei einem Wechsel des Klägers in häusliche Pflege den Bezug eines eigenen Einfamilienhauses in H , S. Das Haus ist allerdings bisher nicht behindertengerecht ausgestattet.
Mit Schreiben vom 2. Januar 2009 beantragte der Kläger Pflegegeld; mit Schreiben vom 7. Januar 2009 beantragte er eine ambulante Pflege-Kombileistung (evtl. Kurzzeitpflege). Mit Schreiben vom 20. April 2009 beantragte er übergangsweise vollstationäre Pflege. Mit zwei Bescheiden vom 10. August 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Pflegegeld nach der Pflegestufe I ab 13. Januar 2009 in Höhe von 215,00 EUR monatlich und ab 1. April 2009 nach der Pflegestufe II in Höhe von 420,00 EUR monatlich. Mit weiterem Bescheid vom 10. August 2009 erfolgte die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege nach der Pflegestufe II ab 20. April 2009 in Höhe von 1.279,00 EUR monatlich.
Am 3. Juli 2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Wohnumfeldverbesserung (Badezimmerumbau) im Haus S in H. Beigefügt war ein Kostenvoranschlag der Firma D , F , vom 25. Juni 2009 über eine Gesamtsumme von 11.447,34 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 10. August 2009 stellte die Beklagte ihre Beteiligung an der Maßnahme mit einem voraussichtlichen Betrag von 2.557,00 EUR in Aussicht, sobald der Kläger die Wohnung im S beziehe. Eine genaue Bezifferung des Zuschusses sei erst nach Einreichen der spezifizierten Rechnung möglich.
Am 8. September 2009 legte der Kläger gegen die Bescheide vom 10. August 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er geltend: Die Voraussetzungen der Pflegestufe II hätten bereits im Januar 2009 bestanden. Der Hilfebedarf habe auch bereits zum Jahreswechsel 2008/2009 vorgelegen, so dass eine Leistungsgewährung erst ab 13. Januar 2009 unverständlich sei. Die Geldleistungen von 215,00 EUR bzw. 420,00 EUR seien zur Unterstützung der häuslichen Pflege zu niedrig. Die pflegerische Tätigkeit sei wesentlich umfassender und zeitaufwendiger, als dass mit diesen Beträgen eine angemessene Vergütung erfolgt sei. Zudem würden bei vollstationärer Unterbringung von der Pflegekasse wesentlich höhere Beträge gezahlt. Dies stelle einen Verstoß gegen den Schutz der Familie, die Selbstbestimmung und die freie Wahl des Aufenthaltsortes sowie den Vorrang der häuslichen Pflege vor der stationären Pflege dar. Schließlich sei auch der in Aussicht gestellte Zuschuss zur Wohnumfeldverbesserung mit 2.557,00 EUR angesichts der voraussichtlich entstehenden Kosten von 11.447,34 EUR zu niedrig.
Die Beklagte half dem Widerspruch insoweit ab, als bereits ab 13. Januar 2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe II gewährt wurde. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2011 als unbegründet zurück und führte aus: Was den Beginn der Pflegeleistungen betreffe, so würden die Leistungen auf Antrag erbracht (§ 33 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGBXI]). Der Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege ruhe nach § 34 Abs. 2 SGB XI für die Dauer des stationären Aufenthalts in einer Einrichtung im Sinne von § 71 Abs. 4 SGB XI (Krankenhäuser). Eine Leistungserbringung sei hier deshalb erst nach Entlassung aus dem Krankenhaus möglich gewesen. Etwas anderes gelte nur bei bereits bestehender Pflegeeinstufung und einem dann notwendigen Krankenhausaufenthalt: In einem solchen Fall werde das Pflegegeld bis zum 28. Tag der Krankenhausbehandlung weitergezahlt. Damit solle auch während der Krankenhausbehandlung der bereits bestehenden Pflegebereitschaft der bisher häuslich Pflegenden Rechnung getragen werden. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Was die Höhe des Pflegegeldes betreffe, sei diese Leistung nicht als vollständiger Ausgleich oder Arbeitsentgelt für die Pflegeperson zu sehen. Es handele sich vielmehr um einen Zuschuss zur Sicherstellung der häuslichen Pflege. Einen Ermessensspielraum zur Höhe der Pflegegelder gebe es nicht. Soweit es um die Maßnahme zur Wohnumfeldverbesserung gehe, habe die Beklagte für die in Aussicht genommene einheitliche Maßnahme den nach § 40 SGB XI möglichen Höchstsatz einer Förderung in Aussicht gestellt.
Der Kläger hat am 31. März 2011 bei dem Sozialgericht Kiel Klage gegen die Bescheide vom 10. August 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2010 erhoben. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und weiter vertieft. Ergänzend hat er ausgeführt: Pflege und Betreuung seien bei ihm während des Krankenhausaufenthalts ab 28. Dezember 2008 nicht in vollem Umfang durch das Krankenhaus sichergestellt gewesen; seine Tochter habe eine Reihe von Hilfen erbringen müssen. Dass man seinen Fall anders behandele als denjenigen einer schon vorhandenen Pflegeeinstufung, verstoße gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Grundgesetz [GG]). Was die Höhe der Geldleistung bei häuslicher Pflege betreffe (420,00 EUR in der Pflegestufe II), so stehe dieser Betrag in einem krassen Missverhältnis zu dem Betrag von monatlich 1.279,00 EUR, der in der Pflegestufe II bei vollstationärer Pflege gezahlt werde, zumal dann auch noch Vergütungszuschläge für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf nach § 87b SGB XI gezahlt würden. Diese Zuschläge würden sich in seinem Fall auf 103,73 EUR belaufen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen führten dazu, dass Pflegebedürftige mehr oder weniger gezwungen seien, sich in einer vollstationären Unterbringung pflegen zu lassen. Dies verstoße gegen den Schutz der Familie (Art. 6 GG), gegen die Freiheitsrechte des Art. 2 GG - vor allem in Form der freien Selbstbestimmung und der freien Wahl des Aufenthaltsorts - sowie gegen den Vorrang der häuslichen Pflege vor stationärer Pflege (§ 3 SGB XI). Der finanzielle Zuschuss für die Wohnumfeldverbesserung von max. 2.557,00 EUR sei zu niedrig, zumal bei vollstationärer Unterbringung auch die Investitionskosten von der Pflegekasse - jedenfalls teilweise - finanziert würden. Pro Pflegeplatz würden diese im Durchschnitt ca. 80.000,00 EUR betragen. Auch insoweit führten die gesetzlichen Rahmenbedingungen dazu, dass der Pflegebedürftige mehr oder weniger gezwungen sei, sei vollstationär pflegen zu lassen, was wiederum Verfassungsverstöße begründe und gegen § 3 SGB XI verstoße.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 10. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2011 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 1. Pflegegeld seit dem Beginn des Krankenhausaufenthaltes zu zahlen, 2. bei häuslicher Pflege dieselben Leistungen wie bei vollstationärer Pflege zu gewähren, d.h. monatliche Beträge in Höhe von 1.279,00 EUR und für den erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung in Höhe von 103,73 EUR, 3. für die Einrichtung des häuslichen Pflegeplatzes dieselben Leistungen pro Pflegeplatz wie an die Heimbetreiber zu gewähren.
Die Beklagte hat sinngemäß beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Anhörung der Beteiligten zum beabsichtigten Verfahren, dem der Kläger widersprochen hat, hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. Januar 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Über die Klage könne durch Gerichtsbescheid entschieden werden. Die Sache weise keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Der Sachverhalt sei - soweit entscheidungserheblich - geklärt. Die Beteiligten seien vorher gehört worden. Unerheblich sei der Einwand des Klägers, er sei mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht einverstanden. Das Gericht entscheide nach eigenem Ermessen, ob es einen Gerichtsbescheid erlasse oder eine mündliche Verhandlung anberaume. In der Anhörung könnten die Beteiligten lediglich Gründe angeben, warum im konkreten Fall eine mündliche Verhandlung dem Gerichtsbescheid vorzuziehen sei. Überzeugende Gründe hierfür seien indes nicht vorgetragen worden. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger habe weder Anspruch auf Pflegegeld für die Zeit vor der Krankenhausentlassung, noch auf höheres Pflegegeld und einen höheren Zuschuss zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes. Das Gesetz sehe zeitlich frühere bzw. höhere Leistungen als von der Beklagten gewährt nicht vor. Die entsprechenden Vorschriften habe die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid genannt und zutreffend angewandt. Die von dem Kläger vorgetragenen, auch verfassungsrechtlichen Bedenken teile die Kammer nicht. Die Kammer folge daher der Begründung des angefochtenen Bescheides und sehe gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Gegen diese ihm am 25. Januar 2012 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 24. Februar 2012 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen vor: Fehlerhaft sei bereits, dass das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden habe, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Durch das gewählte Verfahren sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren verletzt. Im Übrigen habe das Sozialgericht gegen die Begründungspflicht verstoßen, indem es sich mit den vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht näher auseinandergesetzt habe. Schließlich habe das Sozialgericht auch seine mittelbar aus Art. 100 GG folgende Pflicht verkannt, die entscheidungserheblichen Normen auf ihre Kompatibilität mit höherrangigem Recht hin zu überprüfen. Das Gericht habe in rechtswidriger und völlig willkürlicher Weise gegen Gesetz und Verfassung verstoßen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 23. Januar 2012 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 10. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2011 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 1. Pflegegeld seit dem Beginn des Krankenhausaufenthaltes zu zahlen, 2. bei häuslicher Pflege dieselben Leistungen wie bei vollstationärer Pflege zu gewähren, d.h. monatliche Beträge in Höhe von 1.279,00 EUR und für den erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung in Höhe von 103,73 EUR, 3. für die Einrichtung des häuslichen Pflegeplatzes dieselben Leistungen pro Pflegeplatz wie an die Heimbetreiber zu gewähren,
hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und die hier strittigen verfassungsrechtlichen Fragen dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen.
Dass das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) entschieden hat, ist nicht zu beanstanden, wobei die Überprüfung sich im Berufungsverfahren auf Ermessensfehler beschränkt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 105 Rz 25 m.w.N.). Die hierzu in den Gründen des Gerichtsbescheides enthaltenen Ausführungen sind fehlerfrei. Im Übrigen würde allerdings selbst eine verfahrensfehlerhafte Entscheidung hier letztlich folgenlos bleiben, weil eine Aufhebung des Gerichtsbescheides mit Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht nach der Änderung des § 159 SGG mit Wirkung ab 1. Januar 2012 nicht mehr in Betracht käme. Eine Zurückverweisung ist nämlich selbst bei Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nur noch möglich, wenn aufgrund dieses Mangels eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Das ist hier nicht der Fall.
Unabhängig von Vorstehendem wird dem rechtlichen Gehör des Klägers jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass in der Berufungsinstanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Soweit der Kläger meint, das Sozialgericht habe seine Begründungspflicht verletzt (§ 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG), vermag dies nicht zu überzeugen. Das Sozialgericht hat sich - wenn auch in knapper Form - mit dem zentralen Vorbringen des Klägers auseinandergesetzt; die Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides ist nach § 136 Abs. 3 SGG ausdrücklich möglich. Dass das Sozialgericht sich insbesondere mit den verfassungsrechtlichen Argumenten des Klägers nicht näher auseinandergesetzt hat, ist nicht zu beanstanden, zumal die Entscheidungsgründe sich nicht zu jedem Beteiligtenvorbringen äußern müssen. Dass das Sozialgericht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers insgesamt nicht teilt, wird in dem Gerichtsbescheid hinreichend deutlich.
Inhaltlich hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.
Soweit der Kläger die Zahlung von Pflegegeld seit dem Beginn des Krankenhausaufenthaltes begehrt, kommt eine Leistung vor Antragstellung nicht in Betracht. Denn nach § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB XI werden Leistungen ab Antragstellung gewährt, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Den Antrag hat der Kläger frühestens mit einem - nicht in den Verwaltungsvorgängen abgehefteten - Schreiben vom 2. Januar 2009 gestellt; der ausgefüllte Formularantrag ist am 6. Januar 2009 bei der Beklagten eingegangen. Dies bedarf allerdings im Einzelnen keiner Vertiefung, weil der Leistungsanspruch des Klägers während seines stationären Krankenhausaufenthalts bis zum 13. Januar 2009 geruht hat. Ab dem 13. Januar 2009 hat die Beklagte dem Kläger Leistungen nach der Pflegestufe II erbracht.
Das Ruhen des Leistungsanspruchs während des stationären Krankenhausaufenthalts folgt aus § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI. Zwar ist Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder anteiliges Pflegegeld nach § 38 SGB XI in den ersten vier Wochen einer vollstationären Krankenhausbehandlung weiter zu zahlen (§ 34 Abs. 2 Satz 2 SGB XI); bereits die gesetzliche Formulierung "weiter zu zahlen" macht jedoch deutlich, dass hierfür bereits vor dem Krankenhausaufenthalt Leistungen erbracht worden sein müssen. Nur diese Auslegung entspricht auch dem Sinn der Fortzahlungsregelung, mit der die Pflegebereitschaft der nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen im häuslichen Bereich erhalten werden soll (Udsching, SGB XI, 3. Aufl. § 34 Rz. 17 m.w.N.). Hierzu besteht in Fällen wie dem vorliegenden kein Anlass. Daran ändert auch der von der Tochter des Klägers in der Berufungsverhandlung gegebene Hinweis darauf nichts, dass der plötzliche Krankenhausaufenthalt ihres Vaters als Akutereignis besondere Anforderungen an sie als Pflegeperson gestellt habe. Der Senat zieht nicht in Zweifel, dass die Tochter des Klägers für ihren Vater bereits im Krankenhaus Pflegeleistungen erbracht hat. Allerdings ist nach den Umständen des Falles anzunehmen, dass diese Pflegeleistungen keinesfalls von einer Entgeltlichkeit im Sinne der Gewährung von Pflegegeld abhängig waren, sondern dass es sich vielmehr um die naheliegende Reaktion eines Familienangehörigen - hier: der Tochter - auf den plötzlich erforderlich gewordenen Krankenhausaufenthalt ihres Vaters gehandelt hat. Die Frage der Erhaltung einer bereits zuvor durch Erbringung von Pflegeleistungen zum Ausdruck gebrachten Pflegebereitschaft stellte sich hier nicht.
Unbegründet ist auch das Begehren des Klägers, Leistungen bei häuslicher Pflege in gleicher Höhe zu erhalten, wie sie bei vollstationärer Pflege erbracht würden. Seit dem 1. April 2009 lebt der Kläger in dem Seniorenheim M ; ab Antragstellung am 20. April 2009 gewährt die Beklagte ihm vollstationäre Pflegeleistungen. Angesichts dessen beschränkt sich das Begehren nach höheren Leistungen inhaltlich auf die Zeit vor dem 20. April 2009, soweit der Kläger in dieser Zeit Pflegegeld (bzw. sonstige Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36ff. SGB XI) erhalten hat. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung sind die Leistungen bei häuslicher Pflege auf die in den §§ 36ff. SGB XI genannten Beträge begrenzt. Die Beklagte hat ihre Leistungen diesen Bestimmungen entsprechend erbracht. Dass im SGB XI für die häusliche Pflege einerseits und für vollstationäre Pflege andererseits unterschiedliche Leistungskataloge enthalten sind, ist angesichts des mit der Leistungsgestaltung verbundenen weiten gesetzgeberischen Ermessens nicht zu beanstanden. Insbesondere ist es vor dem Hintergrund des Problems der Finanzierbarkeit von Pflegeleistungen auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die im Vergleich zur stationären Pflege im Durchschnitt erheblich kostengünstigere häusliche Pflege nur in deutlich geringerem Umfang gefördert hat. Das von dem Kläger in den Vordergrund seiner Argumentation gestellte Pflegegeld soll den Pflegebedürftigen in die Lage versetzen, die notwendigen Hilfeleistungen durch selbst beschaffte Pflegepersonen zu organisieren. Dabei ist der Gesetzgeber jedoch davon ausgegangen, dass das Pflegegeld auf Grund seiner Höhe nicht geeignet ist, alle Kosten für erforderliche Hilfen abzudecken. Es soll den Pflegebedürftigen in den Stand versetzen, Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die im häuslichen Bereich sichergestellte Pflege zukommen zu lassen und damit einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft der Angehörigen, Nachbarn oder Freunde zu bieten. Zwar erreicht das Pflegegeld in der Pflegestufe I nur nahezu die Hälfte, bei den anderen Pflegestufen sogar weniger als die Hälfte der von der Pflegekasse zu übernehmenden Kosten der Pflegesachleistung bzw. der stationären Pflege. Auch gibt es keine Erhöhung für Härtefälle (vergleichbar § 36 Abs. 4 SGB XI). Dennoch erscheinen verfassungsrechtliche Bedenken überzogen, zumal das Pflegegeld steuerfrei gestellt ist und bei einkommensabhängigen Sozialleistungen unberücksichtigt bleibt. Weiterhin kommen dem Pflegebedürftigen die Beitragspflicht der Pflegekasse für nicht erwerbsmäßige Pflegekräfte zur Gesetzlichen Rentenversicherung, deren Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung sowie im Rahmen der Pflegezeit nach § 44a SGB XI auch der Krankenversicherung zugute. Das höhere Entgelt für Pflegesachleistungen umschließt auch diese Kosten (vgl. zum Vorstehenden insgesamt Udsching, a.a.O., § 37 Rz. 2 m.w.N.).
Soweit der Kläger Vergütungszuschläge für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf (§ 87b SGB XI) geltend macht, besteht dieser Anspruch nach dem Gesetz nur für vollstationäre Pflegeeinrichtungen. Der Vertreter der Beklagten hat hierzu in der Berufungsverhandlung deutlich gemacht, dass der Kläger derzeit die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen dürfte; ob die Leistungen jedoch beantragt worden sind und gegenwärtig erbracht werden, entzog sich der Kenntnis des Beklagtenvertreters. Dies ist indessen auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Weder hat der Kläger in dem der Klage vorausgehenden Verwaltungsverfahren einen entsprechenden Antrag gestellt, noch sind entsprechende Vergütungszuschläge Gegenstand der angefochtenen Bescheide gewesen. Angesichts dessen mag der Kläger - soweit nicht bereits geschehen - außerhalb des vorliegenden Verfahrens einen entsprechenden Antrag an die Beklagte richten, der dann voraussichtlich auch Erfolg haben dürfte.
Das Begehren des Klägers hinsichtlich der Vergütungszuschläge nach § 87b SGB XI ist darauf gerichtet, diese Leistungen auch für die Zeit vor Beginn seiner vollstationären Pflege zu erhalten. Insoweit sind allerdings die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 87b SGB XI nicht erfüllt. Die Beschränkung dieser Leistung auf vollstationäre Pflege entspricht dem Normzweck. Denn die Vorschrift zielt auf eine Verbesserung der Betreuungssituation von Versicherten mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, psychiatrischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen im Sinne von § 45a Abs. 1 Satz 2 SGB XI im stationären Versorgungsbereich (vgl. im Einzelnen Schütze in Udsching, a.a.O., § 87b Rz. 2 m.w.N.). Für Pflegebedürftige in häuslicher Pflege stellen die §§ 45a, 45b SGB XI insoweit im Sinne einer Parallelregelung bestimmte Leistungen zur Verfügung, wobei zusätzliche Betreuungsleistungen im Sinne dieser Vorschriften allerdings wiederum nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Insoweit besteht kein Anlass zu ergänzenden Ausführungen. Denn auch zusätzliche Betreuungsleistungen im Sinne der §§ 45a, 45b SGB XI sind nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide gewesen. Solche Leistungen sind auch im Verwaltungsverfahren nicht beantragt worden; im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger lediglich unter dem Gesichtspunkt angeblicher Benachteiligung gegenüber vollstationärer Pflege einen Vergütungszuschlag im Sinne von § 87b SGB XI geltend gemacht. Insoweit bedarf auch die Frage, ob Leistungen nach § 87b SGB XI der Höhe nach den Leistungen nach §§ 45a, 45b SGB XI entsprechen, hier keiner Vertiefung.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, für die Einrichtung des häuslichen Pflegeplatzes dieselben Leistungen pro Pflegeplatz zu erhalten wie sie einem Heimbetreiber gewährt werden. Auch insoweit muss der Kläger sich auf die gesetzlichen Regelungen verweisen lassen, die in § 40 Abs. 4 SGB XI bei häuslicher Pflege nur in begrenztem Umfang Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds ermöglichen. Die Beklagte hat ihre Entscheidung insoweit zu Recht auf § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI gestützt, wonach die Zuschüsse einen Betrag von 2.557,00 EUR je Maßnahme nicht übersteigen dürfen. Als Maßnahme ist dabei die gesamte pflegegerechte Umgestaltung der Wohnung anzusehen; die Umgestaltung von Teilbereichen kann nicht als einzelne Maßnahme im Sinne der Vorschrift angesehen werden (Udsching a.a.O. § 40 Rz. 36). Dass der Gesetzgeber für die Förderung derartiger Maßnahmen bei häuslicher Pflege andere Maßstäbe geregelt hat als für die Förderung eines vollstationären Heimplatzes, ist schon wegen des deutlich unterschiedlichen Kostenrahmens nicht zu beanstanden. Im Übrigen ist auch insoweit auf das weite gesetzgeberische Ermessen hinzuweisen. Dass dessen Grenzen hier überschritten wären, ist nicht zu erkennen.
Nach allem kann die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen. Zwar sind die vom Kläger geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken - soweit ersichtlich - bisher nicht im Einzelnen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erörtert worden. Andererseits wird jedoch die Verfassungswidrigkeit der hier einschlägigen Bestimmungen aus den vom Kläger geltend gemachten Gründen trotz Inkrafttretens des SGB XI bereits im Jahre 1995 in der Rechtsprechung nicht ernstlich in Zweifel gezogen, so dass der Senat im Rechtssinne nicht von einer grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Fragen ausgeht (vgl. zur Frage der grundsätzlichen Bedeutung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit einer Norm allg. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 160a Rz. 14e m.w.N.).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung.
Der 1924 geborene Kläger, der bei der Beklagten versichert ist, hat bis Dezember 2008 mit im Wesentlichen eigenständiger Lebensführung in G gelebt. Am 28. Dezember 2008 wurde er vom Rettungsdienst in die Universitätsmedizin G verbracht, wo er bis zum 13. Januar 2009 stationär behandelt wurde. Im Vordergrund stand eine Pneumonie mit Pleuraergüssen beidseits bei einer bekannten mikroskopischen Polyangiitis mit zerebraler Beteiligung. Am 15. Januar 2009 erlitt der Kläger einen generalisierten tonisch klonischen epileptischen Anfall, der vom 15. Januar bis 29. Januar 2009 zu erneuter stationärer Behandlung in der Universitätsmedizin G führte. Nach einer Kurzzeitpflege vom 29. Januar bis 5. Februar 2009 wurde der Kläger vom 6. Februar bis Ende März 2009 stationär im Klinikum Bad B behandelt. Seit dem 1. April 2009 lebt er in dem Seniorenheim Haus M. Wie die Tochter des Klägers in der Berufungsverhandlung erläutert hat, erwägen beide zukünftig bei einem Wechsel des Klägers in häusliche Pflege den Bezug eines eigenen Einfamilienhauses in H , S. Das Haus ist allerdings bisher nicht behindertengerecht ausgestattet.
Mit Schreiben vom 2. Januar 2009 beantragte der Kläger Pflegegeld; mit Schreiben vom 7. Januar 2009 beantragte er eine ambulante Pflege-Kombileistung (evtl. Kurzzeitpflege). Mit Schreiben vom 20. April 2009 beantragte er übergangsweise vollstationäre Pflege. Mit zwei Bescheiden vom 10. August 2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger Pflegegeld nach der Pflegestufe I ab 13. Januar 2009 in Höhe von 215,00 EUR monatlich und ab 1. April 2009 nach der Pflegestufe II in Höhe von 420,00 EUR monatlich. Mit weiterem Bescheid vom 10. August 2009 erfolgte die Bewilligung von Leistungen der vollstationären Pflege nach der Pflegestufe II ab 20. April 2009 in Höhe von 1.279,00 EUR monatlich.
Am 3. Juli 2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Wohnumfeldverbesserung (Badezimmerumbau) im Haus S in H. Beigefügt war ein Kostenvoranschlag der Firma D , F , vom 25. Juni 2009 über eine Gesamtsumme von 11.447,34 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 10. August 2009 stellte die Beklagte ihre Beteiligung an der Maßnahme mit einem voraussichtlichen Betrag von 2.557,00 EUR in Aussicht, sobald der Kläger die Wohnung im S beziehe. Eine genaue Bezifferung des Zuschusses sei erst nach Einreichen der spezifizierten Rechnung möglich.
Am 8. September 2009 legte der Kläger gegen die Bescheide vom 10. August 2009 Widerspruch ein. Zur Begründung machte er geltend: Die Voraussetzungen der Pflegestufe II hätten bereits im Januar 2009 bestanden. Der Hilfebedarf habe auch bereits zum Jahreswechsel 2008/2009 vorgelegen, so dass eine Leistungsgewährung erst ab 13. Januar 2009 unverständlich sei. Die Geldleistungen von 215,00 EUR bzw. 420,00 EUR seien zur Unterstützung der häuslichen Pflege zu niedrig. Die pflegerische Tätigkeit sei wesentlich umfassender und zeitaufwendiger, als dass mit diesen Beträgen eine angemessene Vergütung erfolgt sei. Zudem würden bei vollstationärer Unterbringung von der Pflegekasse wesentlich höhere Beträge gezahlt. Dies stelle einen Verstoß gegen den Schutz der Familie, die Selbstbestimmung und die freie Wahl des Aufenthaltsortes sowie den Vorrang der häuslichen Pflege vor der stationären Pflege dar. Schließlich sei auch der in Aussicht gestellte Zuschuss zur Wohnumfeldverbesserung mit 2.557,00 EUR angesichts der voraussichtlich entstehenden Kosten von 11.447,34 EUR zu niedrig.
Die Beklagte half dem Widerspruch insoweit ab, als bereits ab 13. Januar 2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe II gewährt wurde. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2011 als unbegründet zurück und führte aus: Was den Beginn der Pflegeleistungen betreffe, so würden die Leistungen auf Antrag erbracht (§ 33 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGBXI]). Der Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege ruhe nach § 34 Abs. 2 SGB XI für die Dauer des stationären Aufenthalts in einer Einrichtung im Sinne von § 71 Abs. 4 SGB XI (Krankenhäuser). Eine Leistungserbringung sei hier deshalb erst nach Entlassung aus dem Krankenhaus möglich gewesen. Etwas anderes gelte nur bei bereits bestehender Pflegeeinstufung und einem dann notwendigen Krankenhausaufenthalt: In einem solchen Fall werde das Pflegegeld bis zum 28. Tag der Krankenhausbehandlung weitergezahlt. Damit solle auch während der Krankenhausbehandlung der bereits bestehenden Pflegebereitschaft der bisher häuslich Pflegenden Rechnung getragen werden. Ein solcher Fall liege hier nicht vor. Was die Höhe des Pflegegeldes betreffe, sei diese Leistung nicht als vollständiger Ausgleich oder Arbeitsentgelt für die Pflegeperson zu sehen. Es handele sich vielmehr um einen Zuschuss zur Sicherstellung der häuslichen Pflege. Einen Ermessensspielraum zur Höhe der Pflegegelder gebe es nicht. Soweit es um die Maßnahme zur Wohnumfeldverbesserung gehe, habe die Beklagte für die in Aussicht genommene einheitliche Maßnahme den nach § 40 SGB XI möglichen Höchstsatz einer Förderung in Aussicht gestellt.
Der Kläger hat am 31. März 2011 bei dem Sozialgericht Kiel Klage gegen die Bescheide vom 10. August 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2010 erhoben. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und weiter vertieft. Ergänzend hat er ausgeführt: Pflege und Betreuung seien bei ihm während des Krankenhausaufenthalts ab 28. Dezember 2008 nicht in vollem Umfang durch das Krankenhaus sichergestellt gewesen; seine Tochter habe eine Reihe von Hilfen erbringen müssen. Dass man seinen Fall anders behandele als denjenigen einer schon vorhandenen Pflegeeinstufung, verstoße gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Grundgesetz [GG]). Was die Höhe der Geldleistung bei häuslicher Pflege betreffe (420,00 EUR in der Pflegestufe II), so stehe dieser Betrag in einem krassen Missverhältnis zu dem Betrag von monatlich 1.279,00 EUR, der in der Pflegestufe II bei vollstationärer Pflege gezahlt werde, zumal dann auch noch Vergütungszuschläge für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf nach § 87b SGB XI gezahlt würden. Diese Zuschläge würden sich in seinem Fall auf 103,73 EUR belaufen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen führten dazu, dass Pflegebedürftige mehr oder weniger gezwungen seien, sich in einer vollstationären Unterbringung pflegen zu lassen. Dies verstoße gegen den Schutz der Familie (Art. 6 GG), gegen die Freiheitsrechte des Art. 2 GG - vor allem in Form der freien Selbstbestimmung und der freien Wahl des Aufenthaltsorts - sowie gegen den Vorrang der häuslichen Pflege vor stationärer Pflege (§ 3 SGB XI). Der finanzielle Zuschuss für die Wohnumfeldverbesserung von max. 2.557,00 EUR sei zu niedrig, zumal bei vollstationärer Unterbringung auch die Investitionskosten von der Pflegekasse - jedenfalls teilweise - finanziert würden. Pro Pflegeplatz würden diese im Durchschnitt ca. 80.000,00 EUR betragen. Auch insoweit führten die gesetzlichen Rahmenbedingungen dazu, dass der Pflegebedürftige mehr oder weniger gezwungen sei, sei vollstationär pflegen zu lassen, was wiederum Verfassungsverstöße begründe und gegen § 3 SGB XI verstoße.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 10. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2011 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 1. Pflegegeld seit dem Beginn des Krankenhausaufenthaltes zu zahlen, 2. bei häuslicher Pflege dieselben Leistungen wie bei vollstationärer Pflege zu gewähren, d.h. monatliche Beträge in Höhe von 1.279,00 EUR und für den erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung in Höhe von 103,73 EUR, 3. für die Einrichtung des häuslichen Pflegeplatzes dieselben Leistungen pro Pflegeplatz wie an die Heimbetreiber zu gewähren.
Die Beklagte hat sinngemäß beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Anhörung der Beteiligten zum beabsichtigten Verfahren, dem der Kläger widersprochen hat, hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. Januar 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Über die Klage könne durch Gerichtsbescheid entschieden werden. Die Sache weise keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Der Sachverhalt sei - soweit entscheidungserheblich - geklärt. Die Beteiligten seien vorher gehört worden. Unerheblich sei der Einwand des Klägers, er sei mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht einverstanden. Das Gericht entscheide nach eigenem Ermessen, ob es einen Gerichtsbescheid erlasse oder eine mündliche Verhandlung anberaume. In der Anhörung könnten die Beteiligten lediglich Gründe angeben, warum im konkreten Fall eine mündliche Verhandlung dem Gerichtsbescheid vorzuziehen sei. Überzeugende Gründe hierfür seien indes nicht vorgetragen worden. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger habe weder Anspruch auf Pflegegeld für die Zeit vor der Krankenhausentlassung, noch auf höheres Pflegegeld und einen höheren Zuschuss zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes. Das Gesetz sehe zeitlich frühere bzw. höhere Leistungen als von der Beklagten gewährt nicht vor. Die entsprechenden Vorschriften habe die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid genannt und zutreffend angewandt. Die von dem Kläger vorgetragenen, auch verfassungsrechtlichen Bedenken teile die Kammer nicht. Die Kammer folge daher der Begründung des angefochtenen Bescheides und sehe gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Gegen diese ihm am 25. Januar 2012 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 24. Februar 2012 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen vor: Fehlerhaft sei bereits, dass das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden habe, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Durch das gewählte Verfahren sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör und auf ein faires Verfahren verletzt. Im Übrigen habe das Sozialgericht gegen die Begründungspflicht verstoßen, indem es sich mit den vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht näher auseinandergesetzt habe. Schließlich habe das Sozialgericht auch seine mittelbar aus Art. 100 GG folgende Pflicht verkannt, die entscheidungserheblichen Normen auf ihre Kompatibilität mit höherrangigem Recht hin zu überprüfen. Das Gericht habe in rechtswidriger und völlig willkürlicher Weise gegen Gesetz und Verfassung verstoßen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 23. Januar 2012 aufzuheben, die Bescheide der Beklagten vom 10. August 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2011 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 1. Pflegegeld seit dem Beginn des Krankenhausaufenthaltes zu zahlen, 2. bei häuslicher Pflege dieselben Leistungen wie bei vollstationärer Pflege zu gewähren, d.h. monatliche Beträge in Höhe von 1.279,00 EUR und für den erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung in Höhe von 103,73 EUR, 3. für die Einrichtung des häuslichen Pflegeplatzes dieselben Leistungen pro Pflegeplatz wie an die Heimbetreiber zu gewähren,
hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und die hier strittigen verfassungsrechtlichen Fragen dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und aus zutreffenden Gründen abgewiesen.
Dass das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid (§ 105 SGG) entschieden hat, ist nicht zu beanstanden, wobei die Überprüfung sich im Berufungsverfahren auf Ermessensfehler beschränkt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 105 Rz 25 m.w.N.). Die hierzu in den Gründen des Gerichtsbescheides enthaltenen Ausführungen sind fehlerfrei. Im Übrigen würde allerdings selbst eine verfahrensfehlerhafte Entscheidung hier letztlich folgenlos bleiben, weil eine Aufhebung des Gerichtsbescheides mit Zurückverweisung der Sache an das Sozialgericht nach der Änderung des § 159 SGG mit Wirkung ab 1. Januar 2012 nicht mehr in Betracht käme. Eine Zurückverweisung ist nämlich selbst bei Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nur noch möglich, wenn aufgrund dieses Mangels eine umfassende und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Das ist hier nicht der Fall.
Unabhängig von Vorstehendem wird dem rechtlichen Gehör des Klägers jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass in der Berufungsinstanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Soweit der Kläger meint, das Sozialgericht habe seine Begründungspflicht verletzt (§ 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG), vermag dies nicht zu überzeugen. Das Sozialgericht hat sich - wenn auch in knapper Form - mit dem zentralen Vorbringen des Klägers auseinandergesetzt; die Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides ist nach § 136 Abs. 3 SGG ausdrücklich möglich. Dass das Sozialgericht sich insbesondere mit den verfassungsrechtlichen Argumenten des Klägers nicht näher auseinandergesetzt hat, ist nicht zu beanstanden, zumal die Entscheidungsgründe sich nicht zu jedem Beteiligtenvorbringen äußern müssen. Dass das Sozialgericht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers insgesamt nicht teilt, wird in dem Gerichtsbescheid hinreichend deutlich.
Inhaltlich hat das Sozialgericht zutreffend entschieden, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen.
Soweit der Kläger die Zahlung von Pflegegeld seit dem Beginn des Krankenhausaufenthaltes begehrt, kommt eine Leistung vor Antragstellung nicht in Betracht. Denn nach § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB XI werden Leistungen ab Antragstellung gewährt, frühestens jedoch von dem Zeitpunkt an, in dem die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Den Antrag hat der Kläger frühestens mit einem - nicht in den Verwaltungsvorgängen abgehefteten - Schreiben vom 2. Januar 2009 gestellt; der ausgefüllte Formularantrag ist am 6. Januar 2009 bei der Beklagten eingegangen. Dies bedarf allerdings im Einzelnen keiner Vertiefung, weil der Leistungsanspruch des Klägers während seines stationären Krankenhausaufenthalts bis zum 13. Januar 2009 geruht hat. Ab dem 13. Januar 2009 hat die Beklagte dem Kläger Leistungen nach der Pflegestufe II erbracht.
Das Ruhen des Leistungsanspruchs während des stationären Krankenhausaufenthalts folgt aus § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB XI. Zwar ist Pflegegeld nach § 37 SGB XI oder anteiliges Pflegegeld nach § 38 SGB XI in den ersten vier Wochen einer vollstationären Krankenhausbehandlung weiter zu zahlen (§ 34 Abs. 2 Satz 2 SGB XI); bereits die gesetzliche Formulierung "weiter zu zahlen" macht jedoch deutlich, dass hierfür bereits vor dem Krankenhausaufenthalt Leistungen erbracht worden sein müssen. Nur diese Auslegung entspricht auch dem Sinn der Fortzahlungsregelung, mit der die Pflegebereitschaft der nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen im häuslichen Bereich erhalten werden soll (Udsching, SGB XI, 3. Aufl. § 34 Rz. 17 m.w.N.). Hierzu besteht in Fällen wie dem vorliegenden kein Anlass. Daran ändert auch der von der Tochter des Klägers in der Berufungsverhandlung gegebene Hinweis darauf nichts, dass der plötzliche Krankenhausaufenthalt ihres Vaters als Akutereignis besondere Anforderungen an sie als Pflegeperson gestellt habe. Der Senat zieht nicht in Zweifel, dass die Tochter des Klägers für ihren Vater bereits im Krankenhaus Pflegeleistungen erbracht hat. Allerdings ist nach den Umständen des Falles anzunehmen, dass diese Pflegeleistungen keinesfalls von einer Entgeltlichkeit im Sinne der Gewährung von Pflegegeld abhängig waren, sondern dass es sich vielmehr um die naheliegende Reaktion eines Familienangehörigen - hier: der Tochter - auf den plötzlich erforderlich gewordenen Krankenhausaufenthalt ihres Vaters gehandelt hat. Die Frage der Erhaltung einer bereits zuvor durch Erbringung von Pflegeleistungen zum Ausdruck gebrachten Pflegebereitschaft stellte sich hier nicht.
Unbegründet ist auch das Begehren des Klägers, Leistungen bei häuslicher Pflege in gleicher Höhe zu erhalten, wie sie bei vollstationärer Pflege erbracht würden. Seit dem 1. April 2009 lebt der Kläger in dem Seniorenheim M ; ab Antragstellung am 20. April 2009 gewährt die Beklagte ihm vollstationäre Pflegeleistungen. Angesichts dessen beschränkt sich das Begehren nach höheren Leistungen inhaltlich auf die Zeit vor dem 20. April 2009, soweit der Kläger in dieser Zeit Pflegegeld (bzw. sonstige Leistungen bei häuslicher Pflege nach den §§ 36ff. SGB XI) erhalten hat. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung sind die Leistungen bei häuslicher Pflege auf die in den §§ 36ff. SGB XI genannten Beträge begrenzt. Die Beklagte hat ihre Leistungen diesen Bestimmungen entsprechend erbracht. Dass im SGB XI für die häusliche Pflege einerseits und für vollstationäre Pflege andererseits unterschiedliche Leistungskataloge enthalten sind, ist angesichts des mit der Leistungsgestaltung verbundenen weiten gesetzgeberischen Ermessens nicht zu beanstanden. Insbesondere ist es vor dem Hintergrund des Problems der Finanzierbarkeit von Pflegeleistungen auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die im Vergleich zur stationären Pflege im Durchschnitt erheblich kostengünstigere häusliche Pflege nur in deutlich geringerem Umfang gefördert hat. Das von dem Kläger in den Vordergrund seiner Argumentation gestellte Pflegegeld soll den Pflegebedürftigen in die Lage versetzen, die notwendigen Hilfeleistungen durch selbst beschaffte Pflegepersonen zu organisieren. Dabei ist der Gesetzgeber jedoch davon ausgegangen, dass das Pflegegeld auf Grund seiner Höhe nicht geeignet ist, alle Kosten für erforderliche Hilfen abzudecken. Es soll den Pflegebedürftigen in den Stand versetzen, Angehörigen und sonstigen Pflegepersonen eine materielle Anerkennung für die im häuslichen Bereich sichergestellte Pflege zukommen zu lassen und damit einen Anreiz zur Erhaltung der Pflegebereitschaft der Angehörigen, Nachbarn oder Freunde zu bieten. Zwar erreicht das Pflegegeld in der Pflegestufe I nur nahezu die Hälfte, bei den anderen Pflegestufen sogar weniger als die Hälfte der von der Pflegekasse zu übernehmenden Kosten der Pflegesachleistung bzw. der stationären Pflege. Auch gibt es keine Erhöhung für Härtefälle (vergleichbar § 36 Abs. 4 SGB XI). Dennoch erscheinen verfassungsrechtliche Bedenken überzogen, zumal das Pflegegeld steuerfrei gestellt ist und bei einkommensabhängigen Sozialleistungen unberücksichtigt bleibt. Weiterhin kommen dem Pflegebedürftigen die Beitragspflicht der Pflegekasse für nicht erwerbsmäßige Pflegekräfte zur Gesetzlichen Rentenversicherung, deren Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung sowie im Rahmen der Pflegezeit nach § 44a SGB XI auch der Krankenversicherung zugute. Das höhere Entgelt für Pflegesachleistungen umschließt auch diese Kosten (vgl. zum Vorstehenden insgesamt Udsching, a.a.O., § 37 Rz. 2 m.w.N.).
Soweit der Kläger Vergütungszuschläge für Pflegebedürftige mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf (§ 87b SGB XI) geltend macht, besteht dieser Anspruch nach dem Gesetz nur für vollstationäre Pflegeeinrichtungen. Der Vertreter der Beklagten hat hierzu in der Berufungsverhandlung deutlich gemacht, dass der Kläger derzeit die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen dürfte; ob die Leistungen jedoch beantragt worden sind und gegenwärtig erbracht werden, entzog sich der Kenntnis des Beklagtenvertreters. Dies ist indessen auch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Weder hat der Kläger in dem der Klage vorausgehenden Verwaltungsverfahren einen entsprechenden Antrag gestellt, noch sind entsprechende Vergütungszuschläge Gegenstand der angefochtenen Bescheide gewesen. Angesichts dessen mag der Kläger - soweit nicht bereits geschehen - außerhalb des vorliegenden Verfahrens einen entsprechenden Antrag an die Beklagte richten, der dann voraussichtlich auch Erfolg haben dürfte.
Das Begehren des Klägers hinsichtlich der Vergütungszuschläge nach § 87b SGB XI ist darauf gerichtet, diese Leistungen auch für die Zeit vor Beginn seiner vollstationären Pflege zu erhalten. Insoweit sind allerdings die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 87b SGB XI nicht erfüllt. Die Beschränkung dieser Leistung auf vollstationäre Pflege entspricht dem Normzweck. Denn die Vorschrift zielt auf eine Verbesserung der Betreuungssituation von Versicherten mit demenzbedingten Fähigkeitsstörungen, psychiatrischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen im Sinne von § 45a Abs. 1 Satz 2 SGB XI im stationären Versorgungsbereich (vgl. im Einzelnen Schütze in Udsching, a.a.O., § 87b Rz. 2 m.w.N.). Für Pflegebedürftige in häuslicher Pflege stellen die §§ 45a, 45b SGB XI insoweit im Sinne einer Parallelregelung bestimmte Leistungen zur Verfügung, wobei zusätzliche Betreuungsleistungen im Sinne dieser Vorschriften allerdings wiederum nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Insoweit besteht kein Anlass zu ergänzenden Ausführungen. Denn auch zusätzliche Betreuungsleistungen im Sinne der §§ 45a, 45b SGB XI sind nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide gewesen. Solche Leistungen sind auch im Verwaltungsverfahren nicht beantragt worden; im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger lediglich unter dem Gesichtspunkt angeblicher Benachteiligung gegenüber vollstationärer Pflege einen Vergütungszuschlag im Sinne von § 87b SGB XI geltend gemacht. Insoweit bedarf auch die Frage, ob Leistungen nach § 87b SGB XI der Höhe nach den Leistungen nach §§ 45a, 45b SGB XI entsprechen, hier keiner Vertiefung.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, für die Einrichtung des häuslichen Pflegeplatzes dieselben Leistungen pro Pflegeplatz zu erhalten wie sie einem Heimbetreiber gewährt werden. Auch insoweit muss der Kläger sich auf die gesetzlichen Regelungen verweisen lassen, die in § 40 Abs. 4 SGB XI bei häuslicher Pflege nur in begrenztem Umfang Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds ermöglichen. Die Beklagte hat ihre Entscheidung insoweit zu Recht auf § 40 Abs. 4 Satz 3 SGB XI gestützt, wonach die Zuschüsse einen Betrag von 2.557,00 EUR je Maßnahme nicht übersteigen dürfen. Als Maßnahme ist dabei die gesamte pflegegerechte Umgestaltung der Wohnung anzusehen; die Umgestaltung von Teilbereichen kann nicht als einzelne Maßnahme im Sinne der Vorschrift angesehen werden (Udsching a.a.O. § 40 Rz. 36). Dass der Gesetzgeber für die Förderung derartiger Maßnahmen bei häuslicher Pflege andere Maßstäbe geregelt hat als für die Förderung eines vollstationären Heimplatzes, ist schon wegen des deutlich unterschiedlichen Kostenrahmens nicht zu beanstanden. Im Übrigen ist auch insoweit auf das weite gesetzgeberische Ermessen hinzuweisen. Dass dessen Grenzen hier überschritten wären, ist nicht zu erkennen.
Nach allem kann die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen. Zwar sind die vom Kläger geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken - soweit ersichtlich - bisher nicht im Einzelnen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung erörtert worden. Andererseits wird jedoch die Verfassungswidrigkeit der hier einschlägigen Bestimmungen aus den vom Kläger geltend gemachten Gründen trotz Inkrafttretens des SGB XI bereits im Jahre 1995 in der Rechtsprechung nicht ernstlich in Zweifel gezogen, so dass der Senat im Rechtssinne nicht von einer grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Fragen ausgeht (vgl. zur Frage der grundsätzlichen Bedeutung der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit einer Norm allg. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 160a Rz. 14e m.w.N.).
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