L 9 R 2920/13 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1679/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2920/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller/Beschwerdeführer begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des von ihm erhobenen Rechtsbehelfs gegen den Bescheid vom 27.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012.

Der 1982 geborene Beschwerdeführer ist seit Oktober 2008 als Finanzberater selbstständig tätig. Die Gewerbeanmeldung datiert vom 17.04.2009. Ausweislich der Aktenlage beantragte er im Januar 2010 schriftlich die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige mit einem Auftraggeber, nachdem er sich schon am 06.10.2009 bei der Antragsgegnerin/Beschwerdegegnerin telefonisch gemeldet und behauptet hatte, er habe schon im Dezember 2008 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt.

Mit Bescheid vom 03.03.2011 teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit, dass er ab 01.10.2008 nach § 2 S. 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei und daher Pflichtbeiträge zu zahlen habe. Ab 01.10.2008 habe er den halben Regelbeitrag zu zahlen. Die Berechtigung zur Zahlung des halben Regelbeitrags bestehe längstens bis zum 31.12.2011. Seinem Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ab Beginn der selbstständigen Tätigkeit könne nicht entsprochen werden, da der Antrag nicht innerhalb der Dreimonatsfrist gestellt worden sei. Für den Zeitraum ab 06.10.2009 möge der Folgebescheid beachtet werden.

Mit Bescheid vom 07.03.2011 teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit, er sei vom 06.10.2009 (Antragstellung bzw. Nachfrage) bis 01.10.2011 von der Rentenversicherungspflicht als Selbstständiger mit einem Auftraggeber nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI befreit. Er schulde ihr noch Beiträge i.H.v. 3.040,23 EUR. Den Widerspruch hiergegen wies die Beschwerdegegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2011 zurück.

Am 27.10.2011 erließ die Beschwerdegegnerin eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung. Sie teilte der M. Finanzdienstleistungen AG mit, dass wegen ihrer Beitragsansprüche von 3.281,03 EUR (einschließlich Kosten) der pfändbare Betrag des Beschwerdeführers auf Zahlung seines gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens gepfändet und die Einziehung angeordnet werde. Die M. teilte der Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 11.11.2011 mit, der Beschwerdeführer erhalte von ihr Provisionszahlungen; die Pfändung auf Arbeitseinkommen könne sie nicht anerkennen.

Mit Bescheid vom 27.10.2011 teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit, er sei ab 02.10.2011 nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und habe daher Pflichtbeiträge zu zahlen. Ab 02.10.2011 habe er den halben Regelbeitrag zu zahlen. Die Berechtigung zur Zahlung des halben Regelbeitrags bestehe längstens bis zum 31.12.2011. Die Höhe seines Monatsbeitrags und gegebenenfalls der bisher fälligen Beiträge könne er der Beitragsrechnung entnehmen, die Bestandteil dieses Bescheides sei.

Der Beschwerdeführer teilte der Beschwerdegegnerin am 16.11.2011 mit, er bestehe auf einer Befreiung von der Versicherungspflicht. Für die M. AG sei er nicht mehr tätig. Er würde sich freuen, wenn die Beschwerdegegnerin ihm die Möglichkeit einer Ratenzahlung auf zwölf Monate (1.10.2008 bis 05.10.2009) einräumen würde.

Mit Schreiben vom 22.11.2011 erklärte sich die Beschwerdegegnerin damit einverstanden und bat um sofortige Zahlung einer ersten Rate. Am 19.12.2011 forderte sie den Kläger telefonisch auf, die erste Rate zu überweisen und die Gewerbeabmeldung zu übersenden.

Nachdem der Beschwerdeführer keine Ratenzahlungen geleistet hatte, richtete die Beschwerdegegnerin unter dem 23.12.2011 ein Vollstreckungsersuchen an das Amtsgericht – Gerichtsvollzieherstelle. Am 01.02.2012 teilte die Beschwerdegegnerin dem Amtsgericht mit, das Vollstreckungsersuchen ermäßige sich auf 3.230,15 EUR, da der Beschwerdeführer am 23.01.2012 einen Betrag von 300,00 EUR gezahlt habe.

Am 26.12.2011 teilte der Beschwerdeführer unter Vorlage einer Gewerbeummeldung vom 22.11.2011 (Betriebsverlegung) mit, er widerspreche der Beitragsfestsetzung.

Mit Schreiben vom 18.01.2012 forderte die Beschwerdegegnerin Nachweise zur Prüfung der Versicherungspflicht (Vertrag mit neuem/neuen Auftraggeber/n, Nachweis über die Beschäftigung von Arbeitnehmern, GmbH-Vertrag etc.) und stellte klar, dass die Tätigkeit für eine GmbH nicht bedeute, dass die Versicherungspflicht entfalle. Am 21.03.2012 erinnerte die Beklagte an die Erledigung des Schreibens vom 18.01.2012. Eine Antwort ging bei der Beklagten jedoch nicht ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2012 wies die Beschwerdegegnerin den Widerspruch des Beschwerdeführers vom 16.11.2011 gegen den Bescheid vom 27.10.2011 zurück.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 31.07.2012 Klage zum Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben, das sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Heilbronn verwiesen hat.

Zur Begründung seiner Klage hat der Beschwerdeführer vorgetragen, nach Beendigung seiner Tätigkeit für die M. AG habe er ein eigenes Unternehmen gegründet. Zwar sei er weiterhin als Versicherungsvermittler tätig und berate Kunden, jedoch nicht nur überwiegend für einen Auftraggeber. Er vermittle überwiegend Versicherungen verschiedener Versicherungsgesellschaften. Teilweise rechne er seine Provisionen unmittelbar mit den Versicherungsgesellschaften ab, teilweise über einen Dienstleister, die WIFO Wirtschafts- & Fondsanlagenberatung und Versicherungsmakler GmbH (WIFO). Mit N. Z. (Geschäftspartnerin) betreibe er die Firma F.

Der Beschwerdeführer hat den Kooperationsvertrag zwischen ihm und der WIFO vom 24.11.2011 vorgelegt. Darin heißt es:

"Präambel WIFO ist ein unabhängiges Unternehmen im Bereich des Versicherungsgewerbes. Sowohl WIFO als auch der Verbundpartner – VP – (hier: der Beschwerdeführer) sind am Markt als Versicherungsmakler tätig. Sie üben ihre Tätigkeit im Sinne der §§ 93 ff. HGB aus. Die WIFO strebt an, die Marktstellung im privaten wie geschäftlichen Bereich bei der Beratung und Betreuung in der Vermittlung von Versicherungen über unabhängige Versicherungsmakler zu erweitern. Zu diesem Zweck wird die WIFO dem VP entsprechende Produkte der jeweiligen Versicherungsgesellschaften zur Vermittlung überlassen und nach Vorgabe der nachfolgenden Regelungen den Zugang zur Internetplattform der WIFO ermöglichen.

§ 1 Beginn der Tätigkeit/Gegenstand des Vertrages/Rechtsstellung Der VP beginnt mit Wirkung zum 24.11.11 als selbstständiger Versicherungsmakler nach Maßgabe der §§ 93 ff. HGB die Kooperationstätigkeit mit der WIFO zur Vermittlung von Versicherungen, Baufinanzierung sowie Bausparverträge. Die vertragliche Vereinbarung gilt auch für alle Vermittlungsleistungen des VP, die er in Kooperation mit der WIFO bereits vor Abfassung des schriftlichen Vertrages vorgenommen hat. Dies gilt auch in Bezug auf die Regelung zur Courtagezahlung.

§ 5 Leistungsbeschreibung WIFO ist bemüht, die vom VP oder den Vertriebspartnern eingereichten Anträge zeitnah an den jeweiligen Produktpartner weiterzuleiten. Im Regelfalle geschieht dies innerhalb von 48 Stunden. WIFO ist um ständige Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der auf der Plattform eingestellten Produkte und Informationen bemüht. Die Auskünfte und Berechnungen erfolgen jedoch ohne Gewähr. Im Vertragsverhältnis zwischen WIFO und dem VP bleibt der VP verantwortlich für die Angebotserstellung und hat die Angebote vor dem Hintergrund der Marktgegebenheiten selbst zu prüfen und gegebenenfalls weitere Angebotsanfragen an Versicherungen zu stellen.

§ 8 Courtage Dem VP steht im Hinblick auf vermittelte Verträge ein Courtageanspruch zu. Dieser Anspruch wird frühestens fällig, wenn WIFO ihre Courtage für das vom VP vermittelte Geschäft von der jeweiligen Versicherungsgesellschaft erhalten hat. Die Parteien sind sich zudem darüber einig, dass der VP niemals mehr Courtage erhalten kann als WIFO selbst. Der VP erhält ausschließlich erfolgsabhängige Courtage. Mit Zahlung der Courtage ist die gesamte Tätigkeit des VP mit sämtlichen im Rahmen der Tätigkeit entstehenden Aufwendungen voll umfänglich abgegolten."

Am 24.05.2013 hat der Beschwerdeführer beim SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 16.11.2011 gegen den Bescheid der Beklagten vom 27.10.2011 beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Beschwerdegegnerin habe inzwischen begonnen, den streitgegenständlichen Bescheid zu vollstrecken. Seine Eintragung in das Zentrale Schuldnerverzeichnis würde seine Kreditwürdigkeit erheblich gefährden. Deswegen überwiege sein Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits. Die Beschwerdegegnerin hat beantragt, den Antrag nach § 86b Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Ernsthafte Zweifel am angefochtenen Bescheid bestünden nicht. Eine unbillige Härte liege nicht vor.

Mit Beschluss vom 10.06.2013 hat das SG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Frage, ob die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund von § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG anzuordnen sei, sei anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Dabei sei zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräume. Eine Aussetzung der Vollziehung habe dann zu erfolgen, wenn ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestünden oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Solche erheblichen Gründe lägen hier nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand nicht vor. Insoweit nehme das SG Bezug auf den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2012 sowie das Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 07.07.2013. Ergänzend nehme das SG auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 01.02.2011 (L 11 R 2461/10) Bezug, in dem es um einen vergleichbaren Fall gegangen sei. Nach alledem sei dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides Vorrang gegenüber den Interessen des Beschwerdeführers einzuräumen.

Gegen den am 13.06.2013 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 11.07.2013 Beschwerde beim SG Heilbronn eingelegt und vorgetragen, zwischenzeitlich habe er mit der Beschwerdegegnerin eine vorläufige Ratenzahlungsvereinbarung getroffen, um die Zwangsvollstreckung aus dem streitgegenständlichen Bescheid sowie seine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis beim Amtsgericht L. zu verhindern. Die Beschwerdegegnerin habe mit Schreiben vom 17.06.2013 das Amtsgericht L. darum gebeten, den Vollstreckungsauftrag vom 25.01.2013 zunächst auszusetzen. Dennoch sei am 21.06.2013 der Widerspruch des Beschwerdeführers gegen die Eintragungsanordnung in das Schuldnerverzeichnis zurückgewiesen worden. Eine Löschung der Eintragung im Schuldnerverzeichnis, die für sein berufliches Fortkommen erhebliche Nachteile hätte, könne somit nur noch durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den streitgegenständlichen Beitragsbescheid der Beschwerdegegnerin erfolgen. Durch die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis würde seine Kreditwürdigkeit erheblich beeinträchtigt und seine berufliche Existenz gefährdet. Die Interessen der Beschwerdegegnerin seien durch Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung ausreichend gewahrt.

Der Beschwerdeführer beantragt – sachdienlich gefasst –,

den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. Juni 2013 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 27. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2012 anzuordnen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt – sachdienlich gefasst –,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Beschwerdebegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen. Sie verweise auf den Beschluss des SG und ihren bisherigen Vortrag. Des Weiteren verweise sie auf den Beschluss des Amtsgericht Ludwigsburg vom 15.07.2013. Danach sei die Ratenzahlungsgenehmigung kein Grund, von der durch den Gerichtsvollzieher veranlassten Eintragung in das Schuldnerverzeichnis abzusehen. Denn die im Vollstreckungsersuchen vom 05.03.2013 titulierte vollstreckbare Forderung bestehe weiterhin.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beschwerdegegnerin, des SG (S 11 R 1679/13 ER und S 11 R 3261/12) sowie des Senats Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist nach § 172 Abs. 1 SGG statthaft und insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da angesichts des Beschwerdewerts die Berufung in der Hauptsache zulässig wäre. Die Beschwerde ist auch form- und fristgemäß eingelegt worden (§ 173 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Senat geht dabei davon aus, dass sich nach Klagerhebung der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 nicht mehr auf den Widerspruch, sondern auf die Klage bezieht (vgl. Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 16.04.2008 – L 7 AS 1398/08 ER-B –). Soweit das SG auf die Beschlüsse des LSG Baden-Württemberg vom 11.05.2011 verweist, ist auszuführen, dass im Verfahren L 11 KR 1125/10 ER-B – dahingestellt blieb, ob überhaupt Klage erhoben worden war und im Verfahren L 11 KR 1075/11 ER-B – anders als im Verfahren L 7 AS 1398 ER-B – keine weitere Begründung für die dortige Rechtsauffassung abgegeben wurde. Der Senat geht davon aus, dass der Beschwerdeführer mit seinem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 27.10.2011 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 27.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012 begehrt. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 27.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012 ist jedoch nicht anzuordnen. In der Sache würde sich auch kein anderes Ergebnis ergeben, wenn man die Rechtsauffassung vertreten würde, dass auch im Klageverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zu beantragen wäre.

Zu Recht ist das SG davon ausgegangen, dass der Widerspruch bzw. die Klage nicht bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat. Nach § 86a Abs. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch gemäß § 86 Abs. 2 Nr. 1 SGG bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Vorliegend handelt es sich um eine Entscheidung über die Versicherungspflicht sowie die Anforderung von Beiträgen.

§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG gibt selbst keinen Maßstab vor, wann die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist. In § 86a Abs. 3 S. 2 SGG hat der Gesetzgeber jedoch für die Behörde Kriterien vorgegeben, deren Anwendung auch bei der gerichtlichen Abwägungsentscheidung sachgemäß erscheint (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.07.2012 – L 11 R 17.09.1980/12 ER-B –, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.09.2006 – L 5 (3) B 10/06 R ER –, beide in Juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Auflage § 86b Rn. 12b m.w.N.). Danach soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen nur dann, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs – hier Klage – wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen bzw. ein Misserfolg (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.07.2012 – L 11 R 1789/12 ER-B –; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86a Rn. 27a m.w.N.).

Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand ist es für den Senat nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klage des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 27.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012 Erfolg haben wird.

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI. Danach sind versicherungspflichtig selbstständig tätige Personen, die a. im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und b. auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft. Der Kläger war seit Oktober 2008 selbstständig tätig. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Der Kläger war in dieser Zeit auch regelmäßig ohne einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer selbstständig tätig, denn bei N. Z. handelt es sich um keine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin bzw. Beschäftigte des Beschwerdeführers, sondern – so seine Angaben – seine Geschäftspartnerin. Der Kläger war seit Oktober 2008 und auch in der – hier streitigen – Zeit ab November 2011 im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.

Einziger Auftraggeber des selbstständig tätigen Beschwerdeführers war im streitigen Zeitraum die WIFO. Denn für diese Gesellschaft, die selbst als Versicherungsmakler tätig ist, war bzw. ist der Beschwerdeführer als Versicherungsmakler tätig. Die WIFO überließ dem Beschwerdeführer entsprechende Produkte der jeweiligen Versicherungsgesellschaften zur Vermittlung und ermöglichte ihm nach Vorgabe den näheren Regelungen im Kooperationsvertrag den Zugang zur Internetplattform der WIFO. Dem Beschwerdeführer stand für vermittelte Verträge ein Courtageanspruch zu. Dieser Anspruch wurde frühestens fällig, wenn die WIFO ihre Courtage für das vom Beschwerdeführer vermittelte Geschäft von der jeweiligen Versicherungsgesellschaft erhalten hatte. Damit war Auftraggeber des Beschwerdeführers die WIFO, von der er die Courtage erhielt, und nicht die Kunden oder die jeweiligen Versicherungsgesellschaften, wie das SG schon zu Recht ausgeführt hat. Es fehlen auch sämtliche Anhaltspunkte und insbesondere Belege dafür, dass der Beschwerdeführer – neben der Tätigkeit für die WIFO bzw. der Vermittlung der von der WIFO überlassenen Produkte der Versicherungsgesellschaften – noch in nennenswertem Umfang für andere Versicherungsgesellschaften, deren Produkte ihm nicht von der WIFO überlassen worden waren, tätig war. Denn Tätigkeiten in unbedeutendem Umfang für weitere Auftraggeber führen nicht zu einem Wegfall der Versicherungspflicht (vgl. Gürtner im Kasseler Kommentar, a.a.O., § 2 Rn. 39 m.w.N.).

Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1a S. 2 i.V.m. S. 1 Nr. 1 SGB VI liegen nicht vor. Denn zum einen handelt es sich bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers für die WIFO nicht um die Aufnahme einer zweiten selbstständigen Tätigkeit gemäß § 2 S. 1 Nr. 9, sondern um die Fortsetzung seiner Tätigkeit als selbstständiger Versicherungsmakler für einen anderen Auftraggeber. Zum anderen ist für die Berechnung des dreijährigen Zeitraums des § 6 Abs. 1a S. 2 SGB VI der Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI (hier: 01.10.2008) maßgebend (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2012, SGB VI § 6 Rn. 20g). Dieser Zeitraum war am 24.11.2011 schon abgelaufen.

Nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes.

Die aufschiebende Wirkung der Klage ist auch nicht deswegen anzuordnen, weil die Vollziehung für den Beschwerdeführer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Eine unbillige Härte liegt dann vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gutgemacht werden können (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, a.a.O., § 86a Rn. 27b m.w.N.). Dabei sind die beiden Kriterien des § 86a Abs. 3 S. 2 (Erfolgsaussichten in der Hauptsache und Härte) nicht völlig getrennt zu bewerten. Sind die Erfolgsaussichten eher gering, so sind an das Vorliegen einer unbilligen Härte besondere Anforderungen zu stellen (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.03.2013 – L 4 KR 33/12 B ER – in Juris).

Eine unbillige Härte vermag der Senat nicht darin zu sehen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden ist und deswegen seine Kreditwürdigkeit und seine berufliche Existenz gefährdet sein könnten. Denn die Eintragung nach dieser Vorschrift erfolgt, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist. Damit dürfte primär das Verhalten des Beschwerdeführers ursächlich für diese Eintragung gewesen sein. Nach § 882e Abs. 3 ZPO erfolgt eine Löschung u.a. dann, wenn nachgewiesen wird, dass der Gläubiger vollständig befriedigt worden ist (Nr. 1) bzw. der Eintragungsgrund in Wegfall kommt (Nr. 2). Angesichts dessen hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, unter gewissen Umständen wieder eine Löschung zu erreichen und zu verhindern, dass seine Kreditwürdigkeit und seine berufliche Existenz gefährdet werden. Die öffentlichen Interessen sprechen für eine sofortige Vollziehung bzw. für die Möglichkeit einer sofortigen Vollziehung, zumal der Beschwerdeführer schon die rückständigen Beiträge für die Zeit vom 01.10.2008 bis 05.10.2009 i.H.v. 3.040,23 EUR bzw. 3.230,15 EUR nicht gezahlt, eine Ratenzahlungsvereinbarung vom 16.11.2011/22.11.2011 nicht eingehalten und erst nach Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen eine Rate gezahlt hat. Darüber hinaus sind inzwischen Beitragsrückstände und Säumniszuschläge bis 30.04.2013 i.H.v. 10.343,76 EUR aufgelaufen. Vorliegend ist auch nicht glaubhaft gemacht, dass die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis die Kreditwürdigkeit und die berufliche Existenz des Beschwerdeführers gefährden würden, während die Durchsetzbarkeit der (sich ständig erhöhenden) Beitragsforderungen bei einem Zuwarten nicht weiter gefährdet werden würde, der Beschwerdeführer seine derzeitige berufliche Existenz weiterführen und die gegenwärtigen und künftigen Beitragsforderungen begleichen könnte und wollte. Auch der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin sich mit Ratenzahlungen von monatlich 100,- EUR ab Juni 2013 einverstanden erklärt und das Amtsgericht mit Schreiben vom 17.06.2013 um Aussetzung der Vollstreckung gebeten hat, führt nicht dazu, dass die überwiegenden öffentlichen Interessen an der Vollziehung zurücktreten, zumal die Beschwerdegegnerin sich vorbehalten hat, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen, sofern der Beschwerdeführer seinen (Raten-)Zahlungs-verpflichtungen nicht nachkommt.

Nach alledem war die Entscheidung des SG nicht zu beanstanden. Die Beschwerde des Beschwerdeführers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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