L 6 SB 1350/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 SB 665/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1350/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Im Streit steht die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers im Erstantragsverfahren.

Am 07.04.2011 stellte der 1961 geborene, arbeitslose Kläger einen Erstantrag nach § 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und benannte als zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen Gehbehinderung, Atemwegserkrankung, Depression, Lyme-Borreliose, Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) sowie Dyssomnie.

Auf Anfrage des Beklagten teilte der Hausarzt des Klägers B., Facharzt für Allgemeinmedizin, unter Vorlage des Karteikartenauszuges mit, es lägen kaum Befunde vor, da der Kläger meist wegen Infekten oder wegen der Schilddrüsenerkrankung in Behandlung sei. Außerdem holte der Beklagte bei dem Orthopäden L. einen Befundbericht ein, der über Funktionseinschränkungen des Klägers an der Wirbelsäule mit geringen Auswirkungen in einem Abschnitt (BWS-Syndrom) sowie an beiden Füßen mit ausgeprägter Fehlstellung und außergewöhnlichen Schmerzen (Knick-Senk-Spreizfuß bds.) berichtete. Außerdem sei der Kläger mit orthopädischen Schuhen mit Verkürzungsausgleich rechts von 1,5 cm versorgt; auch hierdurch sei das Gehvermögen erheblich eingeschränkt und schmerzfreies Gehen nicht mehr möglich.

Der Versorgungsarzt Dr. B. bewertete in seiner Stellungnahme vom 20.06.2011 die Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform mit einem Einzel-GdB von 20, vergab für die Beinverkürzung rechts um 1,5 cm, die frühere Borreliose, die medikamentös ausgleichbare Schilddrüsenunterfunktion sowie die seelische Störung keinen Einzel-GdB von mindestens 10 und hielt eine Lungenfunktionsstörung nicht für nachgewiesen. Den Gesamt-GdB schätzte er mit 20 ein.

Hierauf gestützt stellte der Beklagte mit Bescheid vom 19.07.2011 den GdB seit 07.04.2011 mit 20 fest.

Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch zeigte der Kläger zwar Verständnis dafür, dass die Borreliose und die Schilddrüsenunterfunktion bedeutungslos seien, fassungslos sei er jedoch über die Nichtberücksichtigung der Beinlängendifferenz von 1,6 cm, die für ihn eine größere Behinderung darstelle als die verkrüppelten Füße. Auch wundere ihn, dass seelische oder psychische Störungen, die dazu führten, dass man keinen Schlaf mehr finde, keine Behinderung sein sollten, aber z. B. eine Asperger-Erkrankung zur Anerkennung einer 60%-igen Behinderung führe. Hinsichtlich der Lungenfunktionsbeeinträchtigung liege wohl ein Missverständnis vor. Er leide unter Atmungsproblemen wegen eines Dauerschnupfens und einem extremen Juckreiz im Nasenbereich. Erst vor kurzem seien seine Nasenmuscheln nochmals per Laser-Eingriff nach früherer mechanischer Reduktion verkleinert worden, was aber wieder nichts bewirkt habe.

Auf Anfrage des Beklagten bestätigte das Städtische Klinikum Karlsruhe am 02.08.2011 beim Kläger wegen einer Nasenmuschelhypertrophie bds. eine laserchirurgische Nasenmuschelverkleinerung durchgeführt zu haben. Zum vereinbarten Folgetermin am 13.09.2011 sei der Kläger nicht erschienen. Der Facharzt für Psychiatrie/Neurologie Dr N. teilte im eingeholten Befundbericht vom 22.09.2011 mit, der Kläger befinde sich seit 2002 in unregelmäßigen Abständen in seiner nervenärztlichen Behandlung, zuletzt am 10.08.2009. Zu Beginn der Behandlung habe er über zunehmende Nervosität in sozialen Situationen und Zittern der Hände geklagt, auch komme es immer wieder zu Angstzuständen und latent aggressiven Durchbrüchen, die er nicht beherrschen könne. Die Tremor-Symptomatik sei unter Propranolol-Medikation zurückgegangen, die fortbestehende Arbeitslosigkeit habe ein zunehmendes depressives Syndrom bewirkt. In sozialer Hinsicht sei es schließlich zu einem Rückzugsverhalten gekommen, Wiedereingliederungsmaßnahmen seien gescheitert, da der Kläger den Anforderungen im Rahmen der Praktika nicht gewachsen gewesen sei. Psychopathologisch habe ein fortdauerndes depressives Syndrom auf dem Boden einer asthenisch, teilweise auch paranoiden und ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsakzentuierung im Vordergrund gestanden. 2008 sei die Medikation mit Imipramin in langsam ansteigender Dosierung bis 75 mg erfolgt. Als letzte Medikation wurde Doxepin 0-0-1/2 (50 mg) angegeben. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. berichtete auf Anfrage des Beklagten über ambulante nervenärztliche Behandlungen des Klägers am 09.08. und 19.09.2011 (V.a. schizoide Persönlichkeitsstörung). Der Kläger habe nächtliche Schlafstörungen und Zwangsgedanken sowie Gedanken an seine Kindheit in einem elsässischen Dorf mit fehlenden sozialen Kontakten, Schwierigkeiten mit Adipositas und Verachtung, die ihm entgegen gebracht worden sei, berichtet.

In seiner Stellungnahme vom 18.11.2011 berücksichtigte Dr. Sch. als Funktionsbeeinträchtigungen Depression, Persönlichkeitsstörung (Einzel-GdB 30), Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform (Einzel-GdB 20) sowie Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Beinverkürzung rechts (Einzel-GdB 10) und schlug einen Gesamt-GdB von 40 vor.

Dementsprechend stellte der Beklagte mit Teil-Abhilfebescheid vom 02.12.2011 den GdB mit 40 seit 07.04.2011 unter Hinweis darauf fest, dass der Zustand nach Nasenoperation keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 bedinge.

Nachdem der Kläger seinen Widerspruch gleichwohl aufrecht erhielt, wies der Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 16.02.2012 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung nochmals auf die gravierenden Folgen der Beinverkürzung von 2 cm, die für ihn weit größere Probleme als die Fußdeformität bereite, und auf seine psychischen Schäden und Traumata hingewiesen. Zusammenfassend sei seine Kindheit schwerste Isolierungshaft gepaart mit härtester Zwangsarbeit gewesen, die zu einem wesentlichen Teil darin bestanden habe, dass gerade er als schwer Gehbehinderter jeden Tag gezwungen worden sei, viele Kilometer für völlig nutzlose Arbeiten zu laufen. Auch die Schule sei extrem traumatisch gewesen. Außerdem habe er unter monströsen Schwimmringen gelitten, die nichts mit Übergewicht zu tun gehabt hätten und später von einem plastischen Chirurgen entfernt worden seien. Schließlich habe er die französische Sprache erst sehr spät bzw. gar nicht erlernt, obwohl nur Französisch gezählt habe. Erst mit 13 Jahren habe er angefangen, französische Filme zu verstehen. Nach Deutschland sei er gekommen und habe sich hier einbürgern lassen, weil er "dieser traumatischen sprachlichen Scheiße im Elsass entgehen wollte, weil ich eben kein Franzose und franz. Muttersprachler bin".

Das SG hat die behandelnden Ärzte Dr. F., Dr. N., L. und B. als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen.

Dr. F. hat am 24.04.2012 seine bereits gegenüber dem Beklagten gemachten Angaben nochmals bestätigt und mitgeteilt, zum Schweregrad der Gesundheitsstörungen und zum GdB keine Aussage machen zu können. Dr. N. hat am 08.05.2012 von einer weiteren Untersuchung und Behandlung am 09.02.2012 berichtet. Eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes sei im Behandlungszeitraum nicht zu beobachten gewesen. Es bestehe eine leichtgradige Aufmerksamkeits-, wie Konzentrations- und Auffassungsstörung bei teilweise umständlichem Gedankengang, jedoch inhaltlich keine Denkstörungen, keine Wahn-, Wahrnehmungs- oder Ichstörungen. Affektiv liege eine leichtgradig ausgeprägte depressive Herabstimmung mit Tagesmüdigkeit und eine leichtgradig ängstlich getönte Grundstimmung bei selbstunsicheren, ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsmerkmalen vor. Diese Gesundheitsstörungen seien als leicht- bis mittelgradig einzuschätzen und entsprächen einer stärker behindernden Störung. Er könne sich der Einschätzung des versorgungsärztlichen Dienstes anschließen, wenn dort für die Depression und Persönlichkeitsstörung ein Teil-GdB von 30 festgestellt werde. Der Mediziner L. hat von Behandlungen am 31.03.2011 (Metatarsalgie bei Knick-Senk-Spreizfuß bds.) und 16.04.2012 (LWS-Syndrom, Beinlängendifferenz 2 cm rechts, vorbestehendes chronisch rezidivierendes BWS-Syndrom) berichtet, die Funktionseinschränkungen an zwei Abschnitten der Wirbelsäule als gering und die Funktionseinschränkungen an beiden Füßen bei ausgeprägter Fehlstellung und außergewöhnlichen Schmerzen als schwer eingestuft und sich hinsichtlich der GdB-Bewertung auch unter Berücksichtigung der mittlerweile symptomatisch gewordenen Lendenwirbelsäule der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes angeschlossen. Der Allgemeinarzt B. dagegen hat in seiner Zeugenauskunft vom 01.10.2012 hinsichtlich der Depression und Persönlichkeitsstörung wegen der stattgefundenen Verschlechterung einen Teil-GdB von 40 für angemessen erachtet. Es habe sich eine zunehmende Schlafstörung im Rahmen der vorbestehenden Depression ausgebildet, außerdem bestehe eine allergische Rhinitis.

In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 22.11.2012 hat Dr. K. darauf hingewiesen, dass es an konkreten Angaben über die fortbestehende Schwere der Symptome der psychischen Art und über die daraus resultierenden psychosozialen Auswirkungen fehle, die eine Feststellung der dauerhaften und wesentlichen Verschlimmerung der Auswirkungen der diskutierten Gesundheitsstörung konkret unterstützten. Er hat deshalb eine Begutachtung auf nervenärztlichem Gebiet vorgeschlagen.

Mit Schreiben vom 24.01.2013 hat der Kläger eine nervenärztliche Begutachtung abgelehnt. Er habe keinerlei Interesse daran, sich "von weiteren Drecksäcken wie Reininghaus oder F. auslachen oder beleidigen zu lassen". Weiter hat der Kläger im genannten Schreiben u. a. ausgeführt, er müsse in Wirklichkeit für seinen Dachschaden 100 Mal Schwerbehinderung bekommen, was sich schon daraus ergebe, dass er sich "von den Nazischweinen der Stadt Karlsruhe und des Regierungspräsidiums Karlsruhe für eine Selbsterniedrigung namens Einbürgerung 3500 DM habe abknöpfen lassen. Das will ich nach wie vor zurück. Diese Typen können froh sein, dass es in Deutschland kein liberales Waffengesetz wie in den USA gibt sonst hätte ich damit dort schon längst einen Rundgang gemacht und den Drecksäcken die Füße und Beine kaputt geschossen, und die Fresse am besten auch gleich ".

Nach vorheriger Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 26.02.2013 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein höherer Einzel-GdB als 30 könne nach der Zeugenaussage des Dr. N. für die diagnostizierte Depression und Persönlichkeitsstörung nicht vergeben werden. Denn Anhaltspunkte für eine schwere Störung mit mittelgradigen bzw. schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten bestünden nicht. Für die schwere Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform mit außergewöhnlichen Schmerzen sei ein GdB von 20 gerechtfertigt. Ein höherer GdB könne nach der Versorgungsmedizin-Verordnung bei Fußdeformitäten nicht festgestellt werden. Die Funktionseinschränkung der Wirbelsäule sei mit einem Teil-GdB von 10 zutreffend bewertet, nachdem der Orthopäde L. nur geringgradige Einschränkungen festgestellt habe und der Kläger seit Januar 2011 nur einmal im April 2012 deswegen in Behandlung gewesen sei. Eine Beinverkürzung bedinge erst ab 2,5 cm einen GdB von 10. Die geltend gemachten Beschwerden bzgl. der Nase seien nicht anhand der Aussagen der medizinischen Sachverständigen nachweisbar. Es könne somit keine Bewertung diesbezüglich vorgenommen werden.

Gegen den ihm am 27.02.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.03.2013 Berufung beim SG eingelegt und neben nochmaliger Darstellung seiner orthopädischen Beschwerden auf diverse Ärzte hingewiesen, bei denen er wegen der Nasenproblematik in den letzten Jahrzehnten in Behandlung gewesen ist. Vorgelegt hat er ein ärztliches Attest des Hautarztes und Allergologen Dr. B. vom 11.06.1991, wonach bei dem Kläger eine vasomotorische Rhinitis besteht, die sich vor allem bei Tabakrauch-Exposition zu verschlimmern pflege.

Auf Anfrage des Berichterstatters, ob er bei seiner Weigerung bleibe, sich nervenärztlich begutachten zu lassen, hat der Kläger dies mit Schreiben vom 15.04.2013 bestätigt, weil er sich nicht "von einem weiteren Nervenarzt bis auf die Knochen erniedrigen und beleidigen lassen" wolle.

Der Kläger beantragt sachdienlich ausgelegt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2013 aufzuheben und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 15. Juli 2011 in der Fassung des Teilabhilfe-Bescheides vom 2. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2012 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 60 seit dem 7. April 2011 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat zur Begründung mit Schriftsatz vom 30.04.2013 ausgeführt, zur Frage, weshalb im Verwaltungsverfahren zu den geltend gemachten Nasenproblemen keine weiteren Ermittlungen durchgeführt worden seien, könne naturgemäß keine detaillierte Auskunft gegeben werden. Es könne allerdings vermutet werden, dass von keinem schwerwiegenden Leidensdruck des Klägers ausgegangen worden sei, nachdem dieser zu dem vereinbarten Folgetermin am 13.09.2011 im Städtischen Klinikum Karlsruhe nicht erschienen sei.

Der Senat hat Prof. Dr. H., Facharzt für Hals-Nasen-Ohren(HNO)heilkunde, unter dem 07.05.2013 als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen, der über vier Behandlungstermine im Zeitraum zwischen 21.02.2011 und 05.03.2012 berichtet und als Diagnose chronische Rhinitis sicca anterior sowie Z. n. Septumplastik und Conchotomie gestellt hat. Der Kläger habe eine permanent verstopfte Nase mit Neigung der Nasenschleimhäute zum Verkrusten, teilweise auch Nasenbluten geklagt. In therapeutischer Hinsicht sei zu einer Verkleinerung der hyperplastischen unteren Nasenmuscheln geraten und eine Überweisung in die HNO-Klinik des Klinikums Karlsruhe ausgestellt worden. Letztendlich seien dort mehrfache Lasersitzungen zur Muschelreduktion erfolgt, die jedoch bedauerlicherweise keine Verbesserung der Nasenatmung erbracht hätten. Er habe daher ein topisches Corticoid zur lokalen Anwendung weiter verordnet. Die wegen der behindernden Nasenatmung relativ häufigen Kontakte und die vorausgegangenen Operationen (Nasenscheidewandbegradigung und Muschelverkleinerung) ließen einen mittelgradigen Schweregrad vermuten. Eine exakte Messung sei nicht möglich. Es sei bei dieser Störung mit einer Verengung der Nasengänge doppelseitig mit leichter bis mittelgradiger Atembehinderung ein GdB von 10 anzunehmen.

Zur Berufungserwiderung des Beklagten hat der Kläger das Schreiben vom 09.05.2013 vorgelegt, das u. a. die folgenden Textpassagen enthält: "Das Schreiben von Drecksau F. 30.04.2013 Sie sind wirklich die letzte Drecksau. Sie gehören von der Fotze an aufgeschlitzt und an den Nippeln aufgehängt. Vorher sollte man auch ihre Nase abschneiden. Und dann ganz langsam verrecken lassen Ich überlege mir noch, ob ich nicht persönlich vorbei komme, um dir in die Fresse zu hauen und selbst die Weisheitszähne auszuschlagen Im Übrigen können Sie den Schweinen vom Regierungspräsidium Karlsruhe mitteilen, dass ich möglichst bald mein Geld zurückhaben will, sonst werde ich mich an euch dreckigen Nazischweinen bzw. Söjschwoowe irgendwann wirklich rächen. Ihr seid doch wirklich der Abschaum, und der größte Abschaum sind die Baden-Württemberger mit ihrem an Ekel nicht zu übertreffenden Schwäbisch."

Auf Anregung der Senatsvorsitzenden wurde der Kläger im Hinblick auf die Bedrohungen zur Gefährderansprache auf das Polizeirevier K.-W. am 07.06.2013 geladen, wo die Sachlage mit ihm erörtert wurde und er auch auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen hingewiesen worden ist. Im Schreiben des PHM S. an den Senat vom 11.06.2013 wird ausgeführt, der Kläger habe sich einsichtig gezeigt und zugesichert, in Zukunft Briefe mit beleidigendem und drohendem Inhalt zu unterlasseen. Der Kläger habe eigentlich einen recht normalen Eindruck gemacht. Im Gespräch sei er gelegentlich abgeschweift und habe viel über seine Vergangenheit und Krankheiten geredet. Ansonsten sei er schon auf Fragen und Vorhaltungen eingegangen und habe klare und verständliche Antworten gegeben. Äußerlich sei bei ihm lediglich eine leichte Gehbehinderung zu erkennen, ansonsten habe er keine Besonderheiten gezeigt. Des Weiteren ist ein Strafbefehl wegen Bedrohung gegen ihn beantragt worden (Cs 110 Js 20018/13).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgemäß erhobene sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet.

Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, denn der Kläger hat trotz der im Gerichtsbescheid zu Unrecht nicht berücksichtigten Funktionseinschränkung seitens der Nase keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 15.07.2011 ist daher in der Fassung des Teilabhilfe Bescheides vom 02.12.2011 rechtmäßig.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1, 3 und 4 SGB IX. Danach stellen auf Antrag des behinderten Menschen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Menschen sind nach § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 S. 4 SGB IX). Hierfür gelten gem. § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG entsprechend. In der seit 21.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 13.12.2007 (BGBl. I S. 2904) wird in § 69 Abs. 1 S. 5 SGB IX zusätzlich auf die auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG (seit 01.07.2011 § 30 Abs. 16 BVG) erlassene Rechtsverordnung Bezug genommen. Durch den Verweis auf die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe stellt § 69 SGB IX auf das versorgungsrechtliche Bewertungssystem ab.

Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern auf Grund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-Gutachten in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (BSG, Urteil vom 11.11.2004 - B 9 SB 1/03 R - (juris)). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind (st. Rspr., vgl. BSG, Beschluss vom 09.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - (juris)). Bei dem auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- bzw. Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen. Diese Umstände sind in der ab 01.01.2009 geltenden Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - Versorgungsmedizin-Verordnung - (VersMedV) miterfasst, die daher Grundlage für die Feststellung des GdB ist.

Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache (also final) bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und alten Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, d. h. für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, d. h. Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (z. B. "Altersdiabetes", "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben.

Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e; so auch BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 6/06 R - zit. n. juris). Liegen - wie im Falle des Klägers - mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und in wieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung kann die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber auch nicht verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.

In Anwendung dieser durch den Gesetz- bzw. Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers keinen höheren GdB als 40 rechtfertigen.

Im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche ist ein höherer GdB als 30 nicht erwiesen. Der Kläger leidet seit Jahren an einem depressiven Syndrom auf dem Boden einer asthenisch, teilweise auch paranoiden und ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsakzentuierung. Dies ergibt sich für den Senat aus den Befundberichten und der schriftlichen Zeugenaussage des Dr. N., bei dem sich der Kläger schon seit dem Jahr 2002 in unregelmäßigen Abständen in nervenärztlicher Behandlung befindet und der eine wesentliche Änderung im Behandlungszeitraum nicht beobachtet hat. Auch Dr. F. hat anlässlich seiner zweimaligen Behandlungen im Jahr 2011 eine Persönlichkeitsstörung festgestellt, eine zunächst angenommene blande Schizophrenie ließ sich nicht objektivieren.

Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 beträgt bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB 80 bis 100.

Auf der Grundlage der von Dr. N. gemachten Angaben hält es der Senat für erwiesen, dass die festgestellten Depressionen im Zusammenhang mit der Persönlichkeitsstörung stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bei dem Kläger verursachen. Der Kläger selbst führt seine Schlafstörungen auf die psychische Beeinträchtigung zurück, ohne regelmäßig Schlafmittel einzunehmen. Die aktenkundigen Schreiben des Klägers belegen, dass es bei ihm - wie zu Beginn der Behandlung bei Dr. N. beklagt - zu latent aggressiven Durchbrüchen kommt, die er im Akutstadium nicht zu beherrschen vermag. Diese Störungen rechtfertigen allerdings noch keinen GdB von 40. Denn Dr. N. hat lediglich eine leichtgradig ausgeprägte depressive Herabstimmung mit Tagesmüdigkeit und eine leichtgradig ängstlich getönte Grundstimmung bei selbstunsicheren, ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsmerkmalen festgestellt und diese Gesundheitsstörungen im Einklang mit der versorgungsärztlichen Einschätzung mit einem Teil-GdB von 30 bewertet. Diese Einschätzung hat für den Senat auch deshalb einen hohen Beweiswert, weil Dr. N. den Kläger seit langem behandelt und mit dessen Symptomatik vertraut ist. Wenig überzeugend, da nicht im Einzelnen begründet und nicht fachärztlich belegt, ist hingegen die Auskunft des Allgemeinmediziners B., die Depression und Persönlichkeitsstörung sei wegen der stattgehabten Verschlimmerung mit einem Teil-GdB von 40 zu bewerten. Im Übrigen hat Dr. N. gerade eine Veränderung der Symptomatik im Laufe seiner Behandlung verneint.

Weitergehende Ermittlungen hinsichtlich der Gesundheitsstörungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet waren dem Senat nicht möglich, da sich der Kläger einer psychiatrischen Begutachtung verweigert hat. Ob die massiven verbalen Beleidigungen und Bedrohungen des Klägers ihre Ursache in einer psychiatrischen Erkrankung haben, die den Kläger auch außerhalb behördlicher Kontakte in seiner sozialen Teilhabefähigkeit beeinträchtigt, konnte daher nicht weiter aufgeklärt werden. Dies geht nach dem auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des beweispflichtigen Klägers (ständige Rspr. BSGE 19, 52, 53).

Im Funktionssystem Beine beträgt der GdB 20. Der Kläger leidet insoweit an einer Beinlängendifferenz rechts von 2 cm sowie an einem beidseitigen Knick-Senk-Spreizfuß. Dies ergibt sich für den Senat aus dem Befundbericht des behandelnden Orthopäden L. und dessen sachverständiger Zeugenaussage. Danach muss von einer Funktionseinschränkung schweren Grades bei ausgeprägter Fehlstellung und außergewöhnlichen Schmerzen ausgegangen werden. Ein höherer GdB als 20 kann gleichwohl diesen Störungen nicht zugemessen werden. Fußdeformitäten werden in Teil B Ziff. 18.14 VG (S. 118) erfasst. Dabei wird zwischen einem beim Kläger nicht bestehenden Klumpfuß und anderen Fußdeformitäten unterschieden, wobei bei letzteren wiederum danach differenziert wird, ob diese statische Auswirkungen haben. Als Beispiel für eine mit einem GdB von 0 veranschlagte Fußdeformität ohne wesentliche statische Auswirkung wird der Senk-Spreizfuß, Hohlfuß, Knickfuß genannt. Doch selbst wenn die beim Kläger bestehende beidseitige Deformität statische Auswirkungen hätte und diese nicht nur geringeren, sondern stärkeren Grades wären, wäre hierfür lediglich ein GdB von 20 zu vergeben. Begründen lässt sich der von Seiten des Beklagten angenommene Teil-GdB von 20 vorliegend unter Berücksichtigung der verbindlichen Festsetzungen der Versorgungsmedizin-Verordnung nur, wenn maßgeblich auf die beklagten Schmerzen abgestellt wird, die der behandelnde Orthopäde L. als außergewöhnlich bezeichnet hat. Nach Teil A Ziff. 2j VG schließen die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Ist nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Da der für eine Fußdeformität in Form von Knick-Senk-Spreizfuß in den VG vorgesehene GdB-Wert 0 beträgt, mithin ein Schmerzempfinden bei einer solchen Fehlstellung nicht unterstellt wird, nach Darstellung des behandelnden Orthopäden der Kläger insoweit jedoch an außergewöhnlichen Schmerzen leidet, ist ein GdB von 20 trotz fehlender statischer Auswirkung der Deformität angemessen, aber auch ausreichend. Im Übrigen haben sich nach eigenem Vorbringen des Klägers nach operativer Entfernung eines Überbeines die Schmerzen etwas verringert, dagegen kann der Teil-GdB in diesem Funktionssystem wegen der nachgewiesenen Beinverkürzung rechts von 2 cm, die mittels Verkürzungsausgleichs von 1,5 cm versorgt ist, nicht weiter angehoben werden. Denn nach Teil B Ziff. 18.14 VG (S. 116) kann erst eine Beinverkürzung von 2,5 cm bis 4 cm mit einem GdB von 10 bewertet werden, während eine Beinverkürzung bis 2,5 cm einen GdB von 0 bedingt. Dass der Kläger aufgrund der Deformitäten an den Füßen und unterschiedlich großen Füßen erhebliche Mühe hat, passendes Schuhwerk zu finden, und den rechten Schuh erhöhen lassen muss, stellt keine Funktionsbeeinträchtigung dar, die es bei einer Gesamtbetrachtung rechtfertigen würde, einen höheren GdB als 20 im Funktionssystem Beine anzunehmen.

Im Funktionssystem Rumpf beträgt der GdB 10. Nach Teil B, Nr. 18.1 VG (S. 102) wird der GdB für Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung, Minderbelastbarkeit) und die Mitbeteiligung anderer Organsysteme bestimmt, wobei sich das Funktionsausmaß der Gelenke nach der Neutral-Null-Methode bemisst. Auch bei Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem sogenannten Postdiskotomiesyndrom) ergibt sich nach Teil B, Nr. 18.9 VG (S. 107) der GdB primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Dementsprechend beträgt bei Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität der GdB 0, mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernde auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 bis 40.

An einer Bewegungseinschränkung im Bereich der Wirbelsäule leidet der Kläger ausweislich der Angaben seines behandelnden Orthopäden L. nicht. Vielmehr besteht seit längerem ein BWS-Syndrom mit paravertebralem Druckschmerz im Bereich Th5 bis 10 und seit jüngerer Zeit (Befund vom 16.04.2012) auch ein LWS-Syndrom mit paravertebralem Druckschmerz am lumbosakralen Übergang beidseits, was mit dem bildgebenden Befund einer Spondylarthrose der unteren LWS-Abschnitte beidseits korrespondiert. Neurologische Defizite bestehen hingegen nicht, sodass bei fehlender Bewegungseinschränkung und neurologischem Normalbefund kein höherer GdB als 10 zu begründen ist. Dieser Einschätzung hat sich der Orthopäde L. angeschlossen und dabei hervorgehoben, dass trotz der mittlerweile symptomatisch gewordenen LWS der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes zu folgen ist.

Im Funktionssystem Nase beträgt der GdB 10. Der Kläger leidet ausweislich der bei Prof. Dr. H. eingeholten schriftlichen Zeugenaussage vom 07.05.2013 an einer beidseitigen chronischen Rhinitis sicca anterior nach vorangegangener Nasenscheidewandbegradigung und Muschelverkleinerung.

Nach Teil B Ziff. 6.2 VG (S.55) beträgt bei einer Verengung der Nasengänge einseitig je nach Atembehinderung der GdB 0 bis 10, doppelseitig mit leichter bis mittelgradiger Atembehinderung der GdB 10 und doppelseitig mit starker Atembehinderung der GdB 20.

Prof. Dr. H., bei dem sich der Kläger viermal zur Behandlung vorstellte, hat die hiermit einhergehende Funktionseinschränkung als mittelgradig eingestuft und für die doppelseitige Verengung der Nasengänge mit leichter bis mittelgradiger Atembehinderung einen GdB von 10 vergeben. Nachdem auch der Allgemeinarzt B., der allerdings keine Rhinitis sicca, sondern eine allergische Rhinitis diagnostiziert hat, keine hierdurch bedingte starke Atembehinderung festgestellt hat und wie Prof. Dr. H. von einer mittelgradigen Auswirkung der Rhinitis vasomotorica allergica ausging, hält der Senat einen höheren GdB als 10 für die durch die Nasenverengung resultierende Funktionseinschränkung nicht für gerechtfertigt.

An weiteren GdB-relevanten Gesundheitsstörungen leidet der Kläger nicht. Die im Antrag noch geltend gemacht Lyme Borreliose sowie die Erkrankung der Schilddrüse führen auch nach eigener Einlassung des Klägers nicht zu Funktionsbeeinträchtigungen.

Unter Berücksichtigung der dargelegten Teil-GdB-Werte (Teil-GdB 30 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche, Teil-GdB 20 für das Funktionssystem Beine, Teil-GdB 10 für das Funktionssystem Rumpf, Teil-GdB 10 für das Funktionssystem Nase) beträgt der Gesamt-GdB 40. Dies ergibt sich aus der teilweisen Überschneidung der Auswirkungen der Behinderungen auf nervenheilkundlichem, orthopädischem und HNO-ärztlichem Fachgebiet und dem Umstand, dass nach Teil A, Ziff. 3 d ee VG Teil-GdB-Werte von 10 grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbehinderung führen.

Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB als 40.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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