L 4 KR 2457/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 2138/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2457/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Versorgung mit dem Gerät Guardian-REAL-Time System (im Folgenden G.) der Firma M. und mit Glukosesensoren zur kontinuierlichen Glukosemessung.

Die am 1976 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie leidet an einer schweren Akne inversa mit chronischen Wunden, Adipositas, einer ausgeprägten lipomuskulären Dysbalance und Knieschmerzen beidseits. Praktische Ärztin Dr. G. berichtete darüber hinaus von einer posttraumatischen Belastungsstörung der Klägerin (Arztbrief vom 12. August 2008), Prof. Dr. N., Leitender Arzt des Diabeteszentrums B. L. äußerte den Verdacht auf ein psychosomatisches Grundleiden (Entlassungsbericht vom 25. Januar 2001). Während einer Schwangerschaft litt sie unter einem Schwangerschaftsdiabetes.

Seit ihrer Kindheit treten bei der Klägerin Bewusstseinsverluste auf, die teilweise mit Stürzen verbunden sind und seit 1990 nach den von der Klägerin bzw. bei Kontrolluntersuchungen teilweise gemessenen Blutzuckerwerten vermutlich im Zusammenhang mit einer Hypoglykämie stehen (Entlassungsbericht des Prof. Dr. N. vom 25. Januar 2001, Entlassungsbericht des Dr. S., Kreiskrankenhaus K., vom 20. Februar 2001, Arztbrief des Dr. L., Klinikum O., vom 23. Februar 2006, Entlassungsberichte des Dr. H., Kreiskrankenhaus K., vom 8. Februar 2006, Arztbrief der Dr. G. vom 12. August 2008, ärztliches Attest des Prof. Dr. Of., S.-J.-klinik O., vom 17. August 2007 und Entlassungsbericht des Dr. Hü., S.-J.-klinik O., vom 6. Juni 2008). Ein im August 1994 im Anschluss an eine Hypoglykämie von 30 mg% bei erhöhten Insulin- und C-Peptid-Werten im März 1995 im Kreiskrankenhaus K. durchgeführter Hungerversuch und verlängerter oraler Glukosetoleranztest zeigte kein auffälliges Verhalten von Blutzucker, C-Peptid und Insulin (Entlassungsbericht des Dr. S. vom 27. März 1995). Bei dem im Diabeteszentrum B. L. im Jahr 2000 durchgeführten erweiterten oralen Glukosetoleranztest und 48 Stunden-Hungerversuch wurden ebenfalls unauffällige Werte für Blutzucker, C-Peptid und Insulin festgestellt (Entlassungsbericht des Prof. Dr. N. vom 25. Januar 2001). Auch ein im Jahr 2001 im Kreiskrankenhaus K. durchgeführter Glukosetoleranztest und 24-Stunden-Fastentest ergab unauffällige Blutzuckerwerte (Entlassungsbericht des Dr. S. vom 20. Februar 2001). Eine von Dr. H., Kreiskrankenhaus K., und von Dr. L., Klinikum O. jeweils im Februar 2006 für dringend notwendig erachtete endokrinologische Abklärung, insbesondere die Durchführung eines Hungerversuchs, lehnte die Klägerin trotz ausführlicher Aufklärung ab. Eine für März 2006 zugesagte Abklärung nahm sie in der Folge nicht wahr (Entlassungsberichte des Dr. H. vom 8. Februar 2006 und des Dr. L. vom 23. Februar 2006). Auch im Jahr 2009 lehnte sie eine empfohlene weitere Diagnostik ab (Entlassungsbericht des Arztes J., Ortenauklinikum K., vom 19. August 2009). Bis heute fand keine weitere endokrinologische Abklärung statt. Medikamente mit Blick auf eine Diabeteserkrankung nimmt die Klägerin nicht ein.

Am 16. Juni 2008 reichte Dr. G. bei der Beklagten eine von ihr für die Klägerin ausgestellte ärztliche Verordnung vom 16. Juni 2008 über ein G. zum kontinuierlichen Glukosemonitoring der Firma Medtronic ein. Beigefügt war ein Attest vom selben Tag, wonach die Klägerin an rezidivierenden Hypoglykämien, oftmals ohne Prodromi und immer wieder verbunden mit Verletzungen durch Stürze bei Ohnmacht leide und zur Vermeidung weiterer Verletzungen ein G. drohende Unterzuckerungen anzeigen könne, sodass die Klägerin rechtzeitig Gegenmaßnahmen durchführen könne. Unter dem 4. Juli 2008 übersandte die Firma Medtronic der Beklagten einen Kostenvoranschlag über das G. in Höhe von EUR 3.212,42 und Glukosesensoren, zehn Stück zu einem Preis von EUR 558,51, vier Stück zu einem Preis von EUR 253,18. Die Beklagte holte die sozialmedizinischen Gutachten des Dr. Bö., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 29. Juli und 11. September 2008 ein. Dieser führte aus, bei dem G. handele es sich um ein System zur kontinuierlichen Blutzuckermessung. Das G. messe nach dem Internetauftritt der Firma Medtronic mittels einer subkutan eingeführten Nadelelektrode kontinuierlich die Glukosekonzentration. Der Sensor sei mit einem Transmitter verbunden, der die Blutzuckerwerte alle fünf Minuten an einen Monitor sende, wo diese Werte dann abgelesen werden könnten. Es seien zahlreiche zusätzliche Funktionen programmierbar, u.a. Alarmfunktionen bei kritischen Blutzuckerwerten. Ein Wechsel der Elektrode müsse mindestens alle drei Tage erfolgen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) habe bisher keine Empfehlung bezüglich des beantragten Verfahrens abgegeben. Es handele sich somit um eine neue Untersuchungsmethode. Bei der Klägerin gehe aus den Unterlagen nicht hervor, wodurch die Hypoglykämien entstünden und welche Diagnostik durchgeführt worden sei. Insofern könne die Diagnose weder als gesichert bezeichnet werden, noch erschienen die diagnostischen Möglichkeiten ausgeschöpft. Unklar sei auch, wie häufig diese Hypoglykämie auftrete und wie lange sie andauere. Vertragliche diagnostische Möglichkeiten zur Blutzuckermessung bestünden in der Blutzuckermessung aus subkutan gewonnenem Blut. Insgesamt stehe bei Hypoglykämie in aller Regel zunächst die endokrinologisch fachärztliche Diagnostik im Vordergrund. Mehrere essentielle Voraussetzungen zur Leistungsgewährung seien damit nicht erfüllt (lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung, Ausschöpfung der Standarddiagnostik), weshalb eine Leistungspflicht der Krankenkasse zur Kostenübernahme des beantragten Geräts nicht gegeben sei.

Mit Bescheid vom 24. September 2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Die Klägerin erhob Widerspruch. Am 24. Oktober 2008 sei es erneut zu einer Unterzuckerung mit Sturz, bei dem sie sich eine Luxation des rechten Schultergelenks zugezogen habe, gekommen. Letzte Unterzuckerungen seien in der St. Josefs-Klinik direkt nach einer Akne-inversa-Operation mit Blutzuckerwerten von 35 mg% gemessen worden. Es handele sich tatsächlich um für sie lebensbedrohende Hypoglykämien. Sie legte die Bescheinigung des Facharztes für Chirurgie Dr. Ha. vom 19. Februar 2008 über 16 Stürze zwischen 1998 und 2007 vor.

Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten des Dr. Bö. (Gutachten vom 10. November 2008) ein, der dabei verblieb, dass die Versorgung mit einem G. medizinisch nicht notwendig sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch unter Verweis auf die Gutachten des Dr. Bö. zurück.

Die Klägerin erhob am 28. April 2009 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Sie trug zunächst vor, bei dem G. handele es sich um eine neue Behandlungsmethode, die im Rahmen der ambulanten Versorgung zu Lasten der Beklagten erbracht werden könne und vorliegend müsse. Der Anspruch bestehe jedenfalls ausnahmsweise unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu den Leistungsansprüchen Versicherter bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheiten wegen einer bei ihr vorliegenden notstandsähnlichen Situation. Der therapeutische Nutzen des G. sowie dessen medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit stünden fest. Mit dem G. eröffne sich für sie die Möglichkeit zu Schutz, mehr Vertrauen und mehr Freiheit. Mit der Technologie könne sie ihr Glukoseprofil ermitteln und bisher unerkannte Hypo- und Hyperglykämien aufdecken. Das sei besonders in Zeiten wichtig, in denen normalerweise keine Blutzuckermessung erfolge (z.B. nachts). Weiterhin ließen sich Einflüsse durch Mahlzeiten, körperliche Aktivitäten oder Medikamente erkennbar machen. Auch liefere das G. wertvolle Informationen, um das Diabetesmanagement zu verbessern. Zweifelsohne sei ihre Erkrankung lebensbedrohlich und unter Umständen tödlich. Es liege ein Systemversagen des GBA vor, da das Verfahren vor dem GBA nicht betrieben werde. Mit dem G. stehe eine entsprechende Behandlung zur Verfügung. Aufgrund der Vielzahl der Operationen wegen der Akne inversa sei es ihr nicht möglich, eine Diabetesabklärung in einer Klinik vorzunehmen. Wegen der Unterzuckerungen, die zu unterschiedlichen Tageszeiten auftreten würden und oft sehr plötzlich kämen, sodass sie teilweise gar nicht rechtzeitig reagieren könne, um diese zu verhindern, sei es bereits mehrfach zu Stürzen mit Verletzungen gekommen. Sie legte einen Prospekt der Firma Medtronic über das G. und ein Protokoll über Blutzuckermessungen in der Zeit vom 9. bis 15. Mai 2008, wonach sie Werte zwischen 75 mg% und 163 mg% gemessen habe, vor. Ergänzend reichte sie den vorläufigen Entlassungsbericht des Arztes J., Ortenauklinikum K. vom 19. August 2009, in dem über ihren stationären Aufenthalt vom 18. bis 19. August 2009 wegen eines Sturzes aufgrund einer Hypoglykämie berichtet wird, ein. Nach dem Bericht wurde der Blutzucker mit 61mg% gemessen. Während des Aufenthalts wünschte die Klägerin keine weitergehende Diagnostik. Empfohlen wurde eine schnellstmögliche Abklärung, Vorstellung zum stationären Hungerversuch und Sandostatintest.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis insbesondere auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids entgegen. Vertiefend trug sie vor, neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden könnten zu ihren Lasten nur dann erbracht werden, wenn der GBA hierzu eine positive Empfehlung ausgegeben habe. Derartige Empfehlungen lägen für das beantragte G. nicht vor. Auch die Voraussetzungen, nach denen das BVerfG ausnahmsweise die Übernahme neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden als zulässig und notwendig angesehen habe, seien nicht gegeben. Bei unklarer Diagnose bzw. unklaren zugrundeliegenden Ursachen der Hypoglykämien sei zunächst eine erneute fachärztliche endokrinologische Vorstellung erforderlich. Die Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft. Es fehle an einer akut lebensbedrohenden Erkrankung und es sei nicht dargetan, dass die vorhandenen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden nicht ausreichend seien, um das Behandlungsziel zu erreichen.

Auf den Hinweis des SG, dass es sich bei dem G. um ein Hilfsmittel handeln dürfte, verwies die Klägerin darauf, dass mit der Erteilung einer Hilfsmittelnummer der Nutzen des Hilfsmittels als festgestellt gelte. Mit dem G. könnten weiterführende diagnostische und therapeutische Maßnahmen gezielter durchgeführt werden. Die Hilfsmittelversorgung komme in ihrem Fall zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung in Frage. Es reiche aus, wenn - wie bei ihr - mit dem Hilfsmittel ein therapeutischer Erfolg angestrebt werde. Mit der kontinuierlichen Blutzuckermessung könne der Verdacht auf rezidivierende Hypoglykämien erhärtet werden. Zusätzlich könne sie rechtzeitig einer drohenden Hypoglykämie gegensteuern. Die geforderte weitere Abklärung durch weitere Diagnostik entspreche nicht den vom Bundessozialgericht (BSG) aufgestellten Kriterien im Urteil vom 19. April 2007 (B 3 KR 9/06 R, in juris).

Die Beklagte trug hierauf vor, da das beantragte System den Patienten erlaube, sich die gemessenen Werte anzeigen zu lassen und anschließend hierauf basierend selbstständig weitere Schritte einzuleiten, werde man wohl davon auszugehen haben, dass dieses System als Hilfsmittel qualifiziert werden könne. Durch Bekanntmachung des Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) als Nachtrag zum Hilfsmittelverzeichnis vom 20. Juli 2010 (Bundesanzeiger Nr. 118 vom 10. August 2010) seien Insulinpumpen mit der Option zum kontinuierlichen Glukosemonitoring in das Hilfsmittelverzeichnis gemäß § 139 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) aufgenommen worden, allerdings sei dort der ausdrückliche Hinweis enthalten, dass die Glukosemessung eine optionale Zusatzfunktion darstelle, zu der noch keine Aussage über den medizinischen Nutzen getroffen werden könne. Messgeräte zur kontinuierlichen Glukosemessung seien damit nicht in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen. Dies gelte auch für das beantragte G ... Entscheidend bleibe auch bei Qualifizierung als Hilfsmittel, ob ein entsprechender medizinischer Nutzen festgestellt und eine entsprechende Versorgung als wirtschaftlich angesehen werden könne. Dies sei hier auch angesichts der erheblichen Zusatzkosten für Glukosesensoren nicht der Fall. Solange eine fachärztlich-endokrinologische Vorstellung nicht erfolge und die vorhandenen Mittel der Diagnostik und Therapie nicht ausgeschöpft seien, komme eine Versorgung mit einem G. nicht in Betracht. Das Vermeiden von Stürzen sei ein sekundäres Ziel, das mit der Versorgung angestrebt werde. Ein Sturz sei für sich allein genommen allerdings nicht automatisch lebensbedrohlich. Stürze zu vermeiden und entsprechende Anzeichen frühzeitig zu erkennen, sei im Übrigen ebenfalls Ziel der vorgeschlagenen fachärztlichen Untersuchung und gegebenenfalls ergänzenden Therapie.

Mit Urteil vom 10. Mai 2012 wies das SG die Klage ab. Es handele sich bei dem G. um ein Hilfsmittel. Eine Krankenbehandlung wegen schwankender Blutzuckerwerte sei offenbar bis heute ärztlicherseits nicht durchgeführt worden. Insoweit sei das G. nicht erforderlich, um den Erfolg einer ärztlicherseits bereits durchgeführten Krankenbehandlung zu sichern. Zunächst sei eine ausführliche endokrinologische Untersuchung, möglicherweise gefolgt von einer zusätzlichen psychosomatischen Diagnostik dringend und zwingend erforderlich. Es sei zwar zutreffend, dass zur Krankenbehandlung auch Maßnahmen gehörten, die notwendig seien, um eine Krankheit zu erkennen. Dies könne jedoch allenfalls dann dazu führen, die Notwendigkeit einer Hilfsmittelversorgung mit dem G. zu bejahen, wenn nach einer eingehenden endokrinologischen Untersuchung die Ärzte der entsprechenden Klinikabteilung eine Empfehlung zur Versorgung der Klägerin mit diesem System aussprechen würden, um weiterbestehende diagnostische Unsicherheiten zu beseitigen oder eine endokrinologischerseits eingeleitete, beispielsweise medikamentöse Behandlung, zu unterstützen bzw. über ein mittels des Monitorings steuerbares Verhalten der Klägerin zu optimieren. In der jetzigen Situation sei für die Kammer nicht nachvollziehbar, welchen diagnostischen Nutzen das Monitoring haben sollte, denn dass es rezidivierende Unterzuckerungen bei der Klägerin gebe, sei bekannt und bedürfe keines Nachweises. Vorrangig wäre deshalb die Abklärung der Ursachen dieser Hypoglykämien und der Ohnmachtsanfälle. Das System werde auch nicht benötigt, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder um eine Behinderung auszugleichen. Sofern die rezidivierenden Anfälle mit Sturzneigung eine Behinderung darstellten, werde diese durch das G. nicht ausgeglichen. Allenfalls könne einer drohenden Behinderung im Alltagsleben durch Sturzneigung, Stürze und Verletzungen durch die eingebaute Alarmfunktion vorgebeugt werden. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin im Lauf der letzten 14 Jahre jedoch überwiegend nur Stürzen mit Prellungen erlitten habe, wäre eine Versorgung mittels eines Helms und mittels Knie- und Ellbogenschützern ausreichend, bis das Krankheitsbild weiter abgeklärt sei.

Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 16. Mai 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juni 2012 Berufung eingelegt. Sie hat ihr Vorbringen wiederholt und erneut darauf hingewiesen, dass das Hilfsmittel erforderlich sei, um ihre Krankenbehandlung durchzuführen.

Die Klägerin beantragt, sachgerecht gefasst,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Mai 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für ein Glukose-Monitoring-Gerät Guardian REAL-Time System zur kontinuierlichen Glukosemessung zuzüglich der anfallenden Glukosesensoren zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen im Urteil des SG und hebt ergänzend hervor, dass eine dauerhafte Versorgung mit dem Messgerät beantragt werde, das G. also keinesfalls nur zur Ergänzung einer zeitlich begrenzten Diagnostik eingesetzt werde. Stelle man darauf ab, dass das Messgerät zur kontinuierlichen Blutzuckermessung zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung eingesetzt werden solle, so sei mit dem BSG (Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R -, a.a.O.) darauf hinzuweisen, dass ein Hilfsmittel, das im Rahmen der Krankenbehandlung deren Erfolg sichern solle, in seiner Verwendung - anders als etwa bei einem Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich - nicht von dem zugrunde liegenden Behandlungskonzept und den dafür geltenden Anforderungen nach §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 135 Abs.1 SGB V zu trennen sei. Sofern für ein entsprechendes Behandlungskonzept keine positive Empfehlung des GBA vorliege, erfasse deshalb die Sperrwirkung des in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V begründeten Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt jegliche Maßnahme im Rahmen einer bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandten Methode. Da ein entsprechend positives Votum des GBA zum therapeutischen Nutzen des beantragten Hilfsmittels in diesem Zusammenhang fehle, komme also auch unter dem Gesichtspunkt einer angestrebten Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung keine Versorgung mit dem beantragten G. in Betracht.

Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin mitgeteilt, dass eine endokrinologische Untersuchung noch nicht stattgefunden habe. Sie sei zur Zeit auch nicht möglich. Sie müsse ständig operiert werden. Aufgrund ihrer körperlichen und psychischen Situation sei sie derzeit nicht in der Lage, eine endokrinologische Untersuchung durchzustehen. Sie werde derzeit nur und ausschließlich liegend transportiert und halte es im Krankenhaus selbst gar nicht aus. Wegen der Akne inversa sei sie nur sehr begrenzt geh-, steh- und sitzfähig. Sie könne maximal ca. 15 Minuten stehen bzw. sitzen.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten, der Akte des SG S 5 KR 335/11 ER und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über welche der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 1 in Verbindung mit 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Berufung ist statthaft, weil die Kosten für das von der Klägerin begehrte G. schon ohne die Glukosesensoren nach dem Kostenvoranschlag der Firma Medronic vom 4. Juli 2008 EUR 3.212,42 betragen, sodass der Beschwerdewert von EUR 750,00 (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten wird.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 24. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten G. zuzüglich Glucosesensoren, weder auf der Grundlage einer ärztlichen Behandlung (hierzu 1.) noch im Sinne eines Hilfsmittels der gesetzlichen Krankenversicherung (hierzu 2.). Ein Leistungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung (hierzu 3.). Ebenso scheidet ein Anspruch gegen die Beklagte als erstangegangene Rehabilitationsträgerin aus (hierzu 4.).

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst dabei u.a. gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V die ärztliche Behandlung und nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V die Versorgung mit Hilfsmitteln. Die ärztliche Behandlung erfährt durch § 28 Abs. 1 SGB V, die Versorgung mit Hilfsmitteln durch § 33 SGB V jeweils eine eigenständige Regelung. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V umfasst die ärztliche Behandlung die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist (Adelt in LPK-SGB V § 28 Rd. 5). Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V (Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischem Nutzen oder geringem Abgabepreis) ausgeschlossen sind. Allerdings haben die Krankenkassen nicht für jegliche Art von Behandlung aufzukommen. Ihre Leistungspflicht unterliegt vielmehr den in §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V gesetzlich festgelegten Grenzen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V; vgl. hierzu mit Blick auf Hilfsmittel: BSG, Urteil vom 15. März 2012 - B 3 KR 2/11 R -, in juris). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung, für den ambulanten Bereich insoweit das in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgelegte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/05 R -, Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R -, beide in juris). Danach dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkasse nur erbracht werden und gehören auch dann nur zu den den Versicherten von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen (st. Rspr., BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/05 R -, in juris), wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat. An die Entscheidungen des GBA sind Krankenkassen und Gerichte gebunden (BSG, Urteil vom 4. April 2006 - B 1 KR 12/05 R -a.a.O.). Ohne befürwortende Entscheidung des GBA kommt eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht in Betracht (zu alledem auch Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 30. August 2006 - L 5 KR 281/06 - und ausführlich m.w.N. Urteil vom 31. Oktober 2007 - L 5 KR 2563/07 -, beide veröffentlicht in juris).

1. Ausgehend davon ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit dem G. zuzüglich Glukosesensoren unter dem Aspekt einer ärztlichen Behandlung nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 28 SGB V, denn bei der Versorgung mit dem G. handelt es sich um keine ärztliche Behandlung. Ärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit des Arztes. Dazu gehören nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V die gesamten vom Arzt selbst, also persönlich erbrachten Leistungen. Außerdem zählen nach Satz 2 zur ärztlichen Behandlung auch die Hilfeleistungen anderer Personen, die vom Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden. Um ärztliche Behandlung in diesem Sinne handelt es sich bei der begehrten Versorgung mit dem G. nicht. Das G. erfordert - im Gegensatz zu einer endokrinologischen Untersuchung - nicht die Tätigkeit eines Arztes oder die Hilfeleistung anderer Personen, die vom Arzt angeordnet und verantwortet werden. Das G. arbeitet selbstständig, kann vom Patienten selbst abgelesen werden und dieser kann hierauf basierend weitere Schritte einleiten.

2. Es besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einem G. zuzüglich Glukosesensoren auf der Grundlage der Hilfsmittelversorgung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V.

Zwar handelt es sich bei dem G. und den Glukosesensoren um Hilfsmittel im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V, denn Hilfsmittel sind Sachen, die durch ersetzende, unterstützende und entlastende Wirkung den Erfolg der Krankenbehandlung sichern oder die Überwindung von körperlichen Behinderungen ermöglichen. Zu den Hilfsmitteln gehören alle sächlichen medizinischen Leistungen (BSG, Urteil vom 15. März 2012 - B 3 KR 2/11 R -, a.a.O.) § 31 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) definiert Hilfsmittel als solche Gegenstände, die von den Leistungsempfängern getragen oder mitgeführt werden oder bei einem Wohnungswechsel mitgenommen werden können und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen, soweit sie nicht allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind. Hierzu zählen das G. und die Glukosesensoren. Sie werden am Körper getragen und sind zumindest in der Lage, den Erfolg einer Diabetesbehandlung zu sichern. Das G. und die erforderlichen Glucosesensoren sind auch nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Es handelt sich vielmehr um ein Gerät, das nur für Kranke und Behinderte hergestellt wird (vgl. mit diesem Maßstab BSG, Urteil vom 12. August 2008 - B 3 KR 11/08 R - , in juris).

Ein Anspruch der Klägerin scheitert jedoch an der bei ihr fehlenden Erforderlichkeit der Versorgung mit dem G. und den Glukosesensoren im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V.

a) Es geht hier nicht um die Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung (1. Variante des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Der Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung dient ein sächliches Mittel, soweit es spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu ihrem Erfolg beizutragen. Der spezifische Bezug zur ärztlich verantworteten Krankenbehandlung setzt voraus, dass die Verwendung des begehrten Hilfsmittels in einem engen Zusammenhang zu einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung durch ärztliche und ärztlich angeleitete Leistungserbringer steht und für die gezielte Versorgung im Sinne der Behandlungsziele des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V als erforderlich anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 15. März 2012 - B 3 KR 2/11 R -, a.a.O.).

Ob die Klägerin an einer Diabeteserkrankung leidet, ist nicht geklärt. Bei ihr wurde diese Krankheit zu keiner Zeit diagnostiziert. In den Jahren 1994, 2000 und 2001 durchgeführte Glukosetoleranztests und Hungerversuche ergaben jeweils unauffällige Blutzuckerwerte. Die von Dr. L. und Dr. H. im Februar 2006 und von Dr. Jungmann 2009 dringend empfohlenen endokrinologischen Abklärungen hat die Klägerin jeweils abgelehnt. Solche sind bis heute nicht erfolgt. Die von der Klägerin im Mai 2008 gemessenen Blutzuckerwerte mit Werten zwischen 75 mg% und 163 mg% lassen auch nicht den Schluss darauf zu, dass bei ihr eine Diabeteserkrankung vorliegt. Gegen das Vorliegen einer Diabeteserkrankung spricht insbesondere auch die Tatsache, dass sie bis heute wegen dieser Erkrankung weder medikamentös noch mit Hilfe von Insulin behandelt werden muss. Wegen einer Diabeteserkrankung befindet sich die Klägerin deshalb auch nicht in ärztlicher Behandlung. Das G. dient aber der Behandlung einer Diabeteserkrankung. Mit der Verlaufsdarstellung wird es möglich, bisher unerkannte Hypo- und Hyperglykämien aufzudecken (so vorgelegte Produktbeschreibung der Firma Medtronic, Bl. 17 der SG-Akte). Zur Unterstützung der ärztlichen Behandlung einer Erkrankung, für die das G. eingesetzt wird, dient das G. im Falle der Klägerin damit nicht. Der Einsatz des G. steht nicht im Zusammenhang mit einer andauernden, auf einem ärztlichen Therapieplan beruhenden Behandlung.

Etwas anderes lässt sich auch nicht auf den von der Klägerin während einer Schwangerschaft diagnostizierten Schwangerschaftsdiabetes stützen. Ein während der Schwangerschaft aufgetretener Schwangerschaftsdiabetes besteht - so auch bei der Klägerin - nur während der Schwangerschaft. Eine Behandlung ist nach dem Ende der Schwangerschaft nicht mehr erforderlich und findet auch bei der Klägerin nicht statt.

Mit dem Einsatz des G. wird bei der Klägerin auch kein therapeutischer Erfolg angestrebt. Zwar reicht es aus, wenn mit dem Hilfsmittel ein therapeutischer Erfolg angestrebt wird (BSG, Urteil vom 15. März 2012 - B 3 KR 2/11 R -, a.a.O. m.w.N.). Soll ein Hilfsmittel im Rahmen der Krankenbehandlung deren "Erfolg sichern", ist seine Verwendung - anders als etwa bei Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich - aber nicht von dem zugrunde liegenden Behandlungskonzept und den dafür geltenden Anforderungen nach §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12 Abs. 1 SGB V i. V. m. § 135 Abs. 1 SGB V zu trennen. Insoweit erfasst die Sperrwirkung des in § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V begründeten Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt jegliche Maßnahme im Rahmen einer bei einem bestimmten Krankheitsbild systematisch angewandten "Methode" (st. Rspr, BSG, Urteil vom 12. August 2009 - B 3 KR 10/07 R - a.a.O). Ein Behandlungskonzept liegt hier aber weder mit Blick auf eine Diabeteserkrankung noch mit Blick auf Hypoglykämien vor. Die Klägerin wird wegen einer Diabeteserkrankung und wegen der Bewusstseinsverluste nicht behandelt, sie kommt der erforderlichen Durchführung weiterer diagnostischer Abklärungen nicht nach. Darauf, ob das G. den gesetzlichen Anforderungen entspricht (zur derzeitigen Beratung durch den GBA zum Thema "Bewertung der kontinuierlichen Glukosemessung mit Real-Time Messgeräten zur Therapiesteuerung bei Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus gemäß § 135 Absatz 1 und § 137c Absatz 1 SGB V": Beschluss vom 25. Oktober 2012, Bundesanzeiger AT 08.11.2012 B4), kommt es damit nicht an.

Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, das G. deshalb zu bewilligen, weil die Klägerin derzeit nach ihrem Vortrag nicht in der Lage sei, eine endokrinologische Untersuchung durchzustehen. Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Untersuchung bei der Klägerin medizinisch nicht möglich ist, ergeben sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht, vielmehr wurde der Klägerin mehrfach von den Ärzten eine endokrinologische Abklärung nahegelegt und empfohlen. Dass die Klägerin im Stande ist, ein Krankenhaus aufzusuchen, wird dadurch belegt, dass immer wieder Akne inversa-Operationen stationär durchgeführt werden.

b) Die Klägerin hat auch nicht deshalb einen Anspruch auf Versorgung mit dem Hilfsmittel, weil es zur Vorbeugung einer drohenden Behinderung im Sinne des § 33 Abs. 1 2. Variante SGB V dient. Eine Behinderung "droht" nicht bereits dann, wenn sich nur ein abstrakt-theoretisches Behinderungsrisiko verwirklichen könnte. Erforderlich ist vielmehr, dass eine bestimmte Art der Behinderung zu erwarten ist, die bei einer bestimmten Erkrankung typischer Weise als Folge eintreten kann (sachliche Komponente). Erforderlich ist darüber hinaus, dass aus einem Krankheitsbild bei natürlichem Verlauf in absehbarer Zeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Dauerzustand in Form einer nicht mehr behebbaren Funktionseinschränkung erwachsen kann (zeitliche Komponente). Ärztliche Maßnahmen jeder Art, die diesen natürlichen Verlauf verhindern können, dienen der Vorbeugung gegen eine drohende Behinderung (BSG, Urteil vom 22. April 2009 - B 3 KR 11/07 R - , in juris). Abgesehen davon, dass das G., worauf das SG zu Recht hingewiesen hat, die Klägerin bei einem Sturz nicht schützt, sondern sie nur gegebenenfalls vor Stürzen warnt, fehlt es diesbezüglich auch daran, da die bei der Klägerin bisher stattgefundenen Stürze nach der Bescheinigung des Dr. Ha. jeweils nur Prellungen und Luxationen (Verrenkungen) und einmal eine Zehenfraktur zur Folge hatten. Die bei den Stürzen entstandenen Verletzungen sind jeweils folgenlos verheilt. Dauerhafte spürbare Mobilitätseinschränkungen werden nicht beschrieben. An der Art der Stürze hat sich auch in jüngster Vergangenheit nicht geändert. Zuletzt wurde wiederum eine Luxation beklagt. Damit droht wegen der Stürze keine Behinderung.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die Bewusstseinsverluste selbst. Auch diese sind nur vorübergehend und haben keine dauernde Beeinträchtigung zur Folge.

c) Die Versorgung mit einem G. betrifft dementsprechend auch nicht den Ausgleich einer Behinderung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 3. Variante SGB V). Das G. dient nicht der - vollständigen oder teilweisen - Beseitigung einer körperlichen Funktionseinschränkung, die aus einer Behinderung resultiert.

3. Ein Leistungsanspruch der Klägerin lässt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung begründen. In seinem Beschluss vom 6. Dezember 2005 hat es das BVerfG mit dem Grundrecht aus Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht für vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine für die Bejahung des Leistungsanspruchs unter diesem Gesichtspunkt erforderliche notstandsähnliche Situation liegt nur dann vor, wenn ohne die streitige Behandlung sich ein tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird oder ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion akut droht (vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 17/06 R -, in juris). Ein solcher ausnahmsweise bestehender akuter Behandlungsbedarf ergibt sich im Falle der Klägerin nicht. Die Bewusstseinsverluste sind nur vorübergehend, die Stürze nicht lebensbedrohlich. (§ 2 SGB V).

4. Ein möglicher Anspruch gegen die Beklagte als erstangegangene Rehabilitationsträgerin nach § 14 SGB IX scheidet aus, weil die Leistungszuständigkeit anderer Sozialleistungsträger (Unfallversicherung, Sozialhilfe) weder aus den Akten ersichtlich noch von der Klägerin geltend gemacht worden ist.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved