L 5 R 3806/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 8202/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3806/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.5.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1963 geborene Kläger (GdB 50), der keinen Beruf erlernt hat, war von 1984 bis 2006 als Maschinenarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist er arbeitslos bzw. arbeitsunfähig erkrankt.

Am 3.12.2007 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte erhob das Gutachten des Internisten Dr. B. vom 3.1.2008. Dieser diagnostizierte (bei unauffälliger Stimmungslage des Klägers) eine Psoriasisarthritis ohne entzündliche Aktivität (ED 9/05). Anhaltspunkte für eine Aktivität der Erkrankung hätten sich weder klinisch noch laborchemisch gezeigt, weswegen die angegebenen Schmerzen psychisch bedingt seien im Rahmen einer somatoformen Schmerzstörung. Für die Entwicklung einer depressiven Erkrankung im engeren Sinn ergebe sich kein Anhaltspunkt. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) 6 Stunden täglich und mehr verrichten.

Mit Bescheid vom 14.1.2008 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers erhob die Beklagte das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. V. vom 16.8.2008. Dieser diagnostizierte eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine depressive Erkrankung, derzeit leicht bis mittelschwer, sowie Psoriasis mit arthritischer Beteiligung, derzeit nicht aktiv. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) 6 Stunden täglich und mehr verrichten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, worauf der Kläger am 9.12.2008 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhob.

Das Sozialgericht befragte behandelnde Ärzte und erhob Gutachten. Die Neurologin und Psychiaterin Dr. H. gab im Bericht vom 6.3.2009 an, sie habe den Kläger zuletzt am 10.11.2008 behandelt. Im Hinblick auf eine mittelschwere Depression könne der Kläger höchstens 4 bis 5 Stunden täglich arbeiten. Der Allgemeinarzt Dr. A. teilte im Bericht vom 6.4.2009 Diagnosen (Lumboischialgie, depressive Anpassungsstörung, Rheumatoidarthritis, arterielle Hypertonie) mit und vertrat die Auffassung, der Kläger sei außerstande mindestens 3 Stunden täglich zu arbeiten. Der Internist und Rheumatologe Dr. E. stimmte im Bericht vom 7.4.2009 den Diagnosen des Verwaltungsgutachters Dr. B. zu; allerdings komme es immer wieder zu objektivierbaren entzündlichen Schüben der Psoriasisarthritis. Während dieser Schübe sei eine Erwerbstätigkeit nicht möglich. Die Anästhesiologin und Schmerztherapeutin W. teilte im Bericht vom 9.4.2009 mit, sie habe den Kläger vom 30.10.2008 bis 2.12.2008 behandelt. Ohne Rehabilitationsmaßnahmen sei der Kläger beruflich nicht mehr einsetzbar.

Der Internist und Rheumatologe Prof. Dr. Z. diagnostizierte im Gutachten vom 16.3.2010 (mit radiologischem Zusatzgutachten des Prof. Dr. R. vom 6.11.2009) ein chronisches Schmerzsyndrom, Psoriasisarthritis mit Daktylitis D4 beider Füße (aktuell unter Therapie kein Nachweis einer entzündlichen Aktivität), den Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung, eine Depression, einen Zustand nach Hepatitis A und B (kein Nachweis einer aktiven Infektion), latente Tuberkulose (kein Hinweis auf Aktivität), diastolische Herzinsuffizienz (Pseudonormalisierung), mittelgradige Aortenklappeninsuffizienz/Aortenklappensklerose sowie eine mittelgradige Mitralklappenstenose/leichte Mitralklappeninsuffizienz. Die Schmerzstörung sei die führende Symptomatik. Bezüglich der arthritischen Beschwerden sei anhand der Röntgenbefunde, der nuklearmedizinischen Befunde sowie laborchemisch keine Aktivität nachgewiesen. Die Depression scheine aktuell ohne schwere Episode. Der Kläger erscheine freundlich zugewandt und habe wenig Scheu, seine Wohnung zu verlassen. Bezüglich der Tuberkulose sowie der Hepatitis-Infektion könne kein Nachweis einer Aktivität erbracht werden. Ebenso bestehe kein Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit. Bei der festgestellten mittelgradigen Aortenklappeninsuffizienz/Aortenklappensklerose und der mittelgradigen Mitralklappenstenose bzw. leichten Mitralklappeninsuffizienz handele es sich um Zufallsbefunde, welche zu keiner höhergradigen Leistungseinschränkung führten. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 3 bis 6 Stunden täglich verrichten. Insbesondere vor dem Hintergrund des sehr langsamen Gehtempos (angegebene Gehstrecke aktuell ca. 300 bis 600 m, Begrenzung durch Schmerz in der Fußsohle) und der benötigten Hilfen beim Treppensteigen oder Überwinden von Hindernissen beim Gehen sei der Kläger zurzeit nicht wegefähig.

Der Neurologe und Psychiater Dr. P. diagnostizierte im Gutachten vom 18.10.2010 eine somatoforme Schmerzstörung, eine depressive Anpassungsstörung im Sinne einer Verbitterungsstörung bei Störungen der Krankheitsanpassung mit psychosozialen Folgen, eine schwere narzisstische Kränkung sowie eine Psoriasis/Psoriasisarthritis. Der Kläger, der die Nervenärztin Dr. H. letztmals vor einem Jahr konsultiert habe, könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) 6 Stunden täglich und mehr verrichten. Sinnvoll wäre eine psychosomatische Behandlung. Offensichtlich finde schon seit längerem weder eine psychiatrische noch eine psychotherapeutische Behandlung statt. Nach dem Medikamentenspiegel würden verordnete Medikamente unzureichend oder gar nicht eingenommen (ergänzende Mitteilung vom 26.10.2010).

In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 12.5.2011 gab der Kläger an, er werde (u.a.) von dem Psychiater Dr. S. behandelt, bei dem er alle 6 Wochen Medikamente abhole. Im Laufe des Tages sehe er ein wenig fern und unternehme gelegentlich Spaziergänge (etwa ins Kaffeehaus oder in einen Park). Beim Gehen komme es zu einer minimalen Besserung der Schmerzen; diese begännen dann erneut. Entgegen dem von Dr. P. erhobenen Medikamentenspiegel nehme er seine Medikamente ein.

Mit Urteil vom 12.5.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Erwerbsminderung liege nicht vor, da der Kläger leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) noch mindestens 6 Stunden täglich verrichten könne (§ 43 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI). Das folge (entgegen der Auffassung etwa des Dr. H.) aus den erhobenen Rentengutachten, wobei eine von Prof. Dr. Z. angenommene quantitative (zeitliche) Leistungseinschränkung nicht überzeugen könne, objektive Befunde hierfür habe der Gutachter nicht erhoben. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liege auch im Hinblick auf Arbeitsunfähigkeitszeiten während akuter Psoriasisarthritisschübe nicht vor.

Auf das ihm am 9.8.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5.9.2011 Berufung eingelegt. Eine (angekündigte) Berufungsbegründung ist nicht vorgelegt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.5.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2008 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat (auf Anregung des Klägers) den Befundbericht des Dr. E. vom 14.10.2011 eingeholt (5/09: eindeutige Schwellung MCP 4 li, PIP 2+41i, DS MCP 5re, 41i, PIP 2+41i, VAS 10; in der Folge: persistierende Schwellung Fingermittelgelenk 4 links; 4/11: Dtl. Schwellung li USG v.a. medial, sonogr. dtl. Synovitis. An den übrigen peripheren Gelenken derzeit keine Synovitis; sonographisch: li OSG / USG: dtl. Synoviaverbreiterung li USG v.a. medial bis 9,3mm, OSG und re unauff.; die Arthritis an der linken Fußwurzel, sonographisch und kernspintomographisch objektiviert, komme befundverschlechternd hinzu) und die ergänzende gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. Z. vom 7.5.2012 erhoben. Außerdem ist auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. A. vom 9.11.2012 eingeholt worden.

Prof. Dr. Z. hat ausgeführt, die ergänzende gutachterliche Stellungnahme erfolge zur Konkretisierung der Leistungseinschätzung im Gutachten vom 16.3.2010. Die tatsächliche Belastbarkeit des Klägers sei aufgrund der nicht objektivierbaren Schmerzsymptomatik nur schwer zu beurteilen. Anhand der technisch-apparativen Untersuchungen, welche kein konkretes gesundheitliches Defizit aufgezeigt hätten, erscheine eine Belastbarkeit von einschließlich 6 Stunden täglich in vorwiegend sitzender Tätigkeit ohne Überkopf- oder Akkordarbeit durchaus möglich. Der Kläger könne damit leichte Tätigkeiten bis einschließlich 6 Stunden täglich verrichten.

Die Beklagte hat (zum Bericht des Dr. E.) die beratungsärztliche Stellungnahme der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. H.-Z. vom 9.11.2011 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, eine Kernspinuntersuchung des linken Fußes im Mai habe eine isolierte Entzündung im unteren Sprunggelenk ergeben. Der Kläger sei im Juni stationär ins Rheumazentrum B.-B. aufgenommen worden, wo laborchemisch (ebenfalls) keine Entzündungsaktivität festgestellt worden sei. Aufgrund der klinischen Symptomatik am linken Fuß und des Kernspinbefundes sei die medikamentöse Behandlung modifiziert worden. Bei der letzten rheumatologischen Untersuchung durch Dr. E. am 12.10.11 habe sich der Befund am linken Fuß wieder stabilisiert; es hätten sich keine druckschmerzhaften und keine geschwollenen Gelenke, und auch laborchemisch keine Besonderheiten ergeben. Weiterhin sei von einer ganz überwiegend gut eingestellten und wenig aktiven Psoriasisarthritis auszugehen. Mindestens leichte vollschichtige Tätigkeiten seien damit möglich.

Dr. A. hat den Kläger am 9.11.2012 untersucht und in seinem gem. § 109 SGG erhobenen Gutachten eine herabgedrückte Stimmungslage und leicht geminderten Antrieb gefunden und eine somatoforme Schmerzverarbeitungsstörung, eine Persönlichkeitsveränderung bei chronischem Schmerzsyndrom sowie eine mittelschwere depressive Episode diagnostiziert. Der Kläger könne aktuell leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nur unter 3 Stunden verrichten. Die psychische Beschwerdesymptomatik habe sich seit der Begutachtung durch Dr. P. erheblich verschlechtert. Sie stehe jetzt im Vordergrund und führe zu erheblichen Beeinträchtigungen der psychischen Belastbarkeit; dadurch sei letztendlich bedingt, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers zwischenzeitlich unter 3 Stunden täglich betrage. Es bestehe einerseits ein inzwischen chronifiziertes Krankheitsbild, welches sich andererseits in den vergangenen Jahren progredient entwickelt habe. Dr. P. habe 2010 noch ein (mindestens sechsstündiges) Leistungsvermögen beschrieben. Eine Befundverschlechterung seither bedinge letztendlich den Umstand, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr leistungsfähig sei. Diese Einschätzung liege in etwa seit 18 Monaten vor.

Die Beklagte hat das Vorliegen von Erwerbsminderung seit 15.11.2011 anerkannt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung seien jedoch nicht erfüllt, weil im Zeitraum vom 15.11.2006 bis 14.11.2011 nur 15 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt seien. Der Zeitraum vom 1.1.1984 bis zum Eintritt der Erwerbsminderung im November 2011 sei nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Dem liegen beratungsärztliche Stellungnahmen des Neurologen und Psychiaters, Sozialmediziners B. vom 6.12.2012 und vom 31.1.2013 zugrunde.

In der Stellungnahme vom 6.12.2012 ist ausgeführt, der Leistungseinschätzung des Dr. A. sei nicht zu widersprechen. Weshalb der Leistungsfall aber etwa 18 Monate zurückliegen solle, sei nicht eingängig, da keine fachspezifischen Befunde vorlägen, die auf einen (Leistungs-)Einbruch zu diesem Zeitpunkt hinwiesen. Außerdem gehe auch Dr. A. offensichtlich von einer kontinuierlichen Verschlechterung aus. Daher müsse der Leistungsfall zwischen den Begutachtungen im Oktober 2010 und im November 2012, also etwa im November 2011, liegen,

In der Stellungnahme vom 31.1.2013 ist ergänzend ausgeführt, gesichert sei ein Leistungsfall im November 2012 (Untersuchung durch Dr. A.). Der Schwerpunkt der Leistungseinschränkungen liege auf nervenärztlichem Fachgebiet. Dr. A. stelle ausdrücklich auf eine Befundverschlechterung seit der Begutachtung durch Dr. P. ab, wobei die Annahme eines Leistungsfalls etwa 18 Monate vor dem Begutachtungstermin nicht plausibel erscheine. An Hand des zeitlichen Mittels bei der von Dr. A. angenommenen Krankheitsverschlechterung könne in etwa der November 2011 als Leistungsfall angenommen werden. Selbst wenn man - wie Dr. A. - den Leistungsfall auf 18 Monate vor der Begutachtung im November 2012 legen wollte, käme man auf den Mai 2011, keinesfalls aber auf den Februar 2010. Insgesamt sei das Leistungsvermögen des Klägers auf unter 3 Stunden täglich abgesunken. Der Leistungsfall sei auf ca. November 2011 festzulegen, einen Leistungsfall im Mai 2011 könne man diskutieren, ein Leistungsfall im Februar 2010 sei jedoch überwiegend unwahrscheinlich.

Nachdem der Kläger im Hinblick auf die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung weitere rentenrechtliche Zeiten geltend gemacht hatte, lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 14.6.2013 ab, die Zeit vom 1.8.2008 bis 31.12.2011 als Anrechnungszeit vorzumerken, weil für diese Zeit der Arbeitslosigkeit keine Meldung bei einer deutschen Agentur für Arbeit erfolgt sei; dieser Bescheid werde Gegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens. Ergänzend hat die Beklagte ausgeführt, eine (zusätzliche) Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vom 8.1.2008 bis 31.7.2008 gelte als Verlängerungstatbestand. Daher könnten die in der Zeit vom 1.5.2006 bis 31.10.2006 vorhandenen 6 Pflichtbeiträge zu den bereits berücksichtigten 15 Pflichtbeiträgen hinzugezählt werden. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung seien aber auch dann nicht erfüllt. Auch eine Anwartschaftserhaltung gem. § 241 Abs. 2 SGB VI sei nicht möglich, da der Kläger vor dem 1.1.1984 die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt habe. Die weiteren Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI seien zwar erfüllt, hierauf komme es allerdings nicht an, weil bereits die erste Voraussetzung dieser Vorschrift nicht gegeben sei (Schriftsatz vom 11.07.2013).

Der dem Bescheid vom 14.06.2013 beigefügte Versicherungsverlauf des Klägers weist vor dem 1.1.1984 beginnend mit dem 25.05.1981 eine durchgehende Belegung bis 31.12.1983 mit 32 Kalendermonaten Pflichtbeitragszeiten aus. Die Zeit vom 01.01.2003 bis einschließlich 31.07.2008 ist durchgehend mit Pflichtbeitragszeiten belegt. Danach sind rentenrechtliche Zeiten nicht mehr verzeichnet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren; er hat darauf keinen Anspruch.

Ob der Bescheid vom 14.6.2013, in dem die Beklagte die Vormerkung der Zeit vom 1.8.2008 bis 31.12.2011 als Anrechnungszeit abgelehnt hat, gem. §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, kann offenbleiben, weil der Kläger diesen Bescheid nicht weiter angegriffen hat. Der Senat konnte deswegen die darin getroffenen, im vorliegenden Verfahren unstreitigen Feststellungen der Prüfung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Erwerbsminderungsrente zu Grunde legen.

1.) Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 43 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach - nach Maßgabe der Sachlage (jedenfalls) vor Mai 2011 - Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt insoweit zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist - insbesondere im Hinblick auf die Ergebnisse der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren - anzumerken:

Auch der Senat ist der Auffassung, dass der Kläger - jedenfalls vor dem Mai 2011 - leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens 6 Stunden täglich hat verrichten können, weshalb Erwerbsminderung nicht vorgelegen hat (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Das geht aus den Verwaltungsgutachten der Dres. B. und V. und den Gerichtsgutachten des Prof. Dr. Z. und des Dr. P. überzeugend hervor. Prof. Dr. Z. hat in der im Berufungsverfahren erhobenen ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 7.5.2012 klargestellt, dass (auch) er den Kläger für fähig hält, leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) jedenfalls 6 Stunden täglich zu verrichten; er hat insoweit die nicht ganz eindeutige Leistungseinschätzung in seinem für das Sozialgericht erstellten Gutachten vom 16.3.2010 präzisiert. Für die sozialmedizinische (rentenrechtliche) Leistungseinschätzung wesentlich neue Befunde hat Dr. E. im Bericht vom 14.10.2011 nicht mitgeteilt; Dr. H.-Z. hat das in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 9.11.2011 überzeugend dargelegt. Abweichende Auffassungen behandelnder Ärzte (etwa der Dr. H. oder der Ärztin W., Berichte vom 6.3.2009 bzw. 9.4.2009) stellen keine aus Befunden nachvollziehbar begründete sozialmedizinische Leistungseinschätzungen, sondern ärztliche Meinungsäußerungen dar, mit denen angesichts der gegenteiligen Erkenntnisse der Rentengutachter ein Rentenanspruch nicht zu erwirken ist. Eine sozialmedizinisch relevante Einschränkung der Wegefähigkeit ist nicht festgestellt. Dafür genügt es nicht, dass Prof. Dr. Z. bei seiner Begutachtung ein sehr langsames Gehtempo - bei einer vom Kläger angegebenen Gehstrecke von aktuell ca. 300 bis 600 m - beobachtet hat. Der Kläger unternimmt - so in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts - bspw. Spaziergänge ins Kaffeehaus oder in einen Park, wobei es beim Gehen auch zu einer (minimalen) Besserung der Schmerzen kommt. Dass er demgegenüber (in rentenrechtlich beachtlicher Weise) daran gehindert wäre, einen Arbeitsplatz zu erreichen, ist nicht ersichtlich. Auch Dr. H.-Z. hat in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 9.11.2011 zum Bericht des Dr. E. vom 14.10.2011 keine Entzündungsaktivität am linken Fuß festgestellt. Der Befund hatte sich (wieder) stabilisiert; druckschmerzhafte oder geschwollene Gelenke bzw. laborchemische Besonderheiten liegen nicht vor. Schließlich hat der von Dr. P. erhobene Medikamentenspiegel (Stellungnahme vom 26.10.2010) ergeben, dass der Kläger verordnete Arzneimittel unzureichend bzw. nicht einnimmt. Das spricht gegen eine - seinerzeit - hinreichend ausgeprägte Schmerzsymptomatik. Die gegenteilige Behauptung des Klägers zur Medikamenteneinnahme ist durch den Medikamentenspiegel laborchemisch widerlegt.

2.) Die gem. § 109 SGG durchgeführte Begutachtung des Klägers im Berufungsverfahren durch Dr. A. hat ergeben, dass sich der (psychische) Gesundheitszustand des Klägers seit der Begutachtung durch Dr. P. (Gutachten vom 18.10.2010, Untersuchung des Klägers am 14.10.2010) bis zur Begutachtung durch Dr. A. am 9.11.2012 kontinuierlich verschlechtert hat, weshalb in der Folgezeit Erwerbsminderung eingetreten ist. Bei Eintritt des Leistungsfalls sind aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung nicht mehr erfüllt gewesen, weshalb Erwerbsminderungsrente nicht bewilligt werden kann.

a.) Die Beteiligten streiten nicht darüber, dass der Kläger mittlerweile, allerdings frühestens seit Mai 2011, (voll) erwerbsgemindert ist. Der Neurologe und Psychiater B. hat das in den beratungsärztlichen Stellungnahmen vom 6.12.2012 und vom 31.1.2013 im Einzelnen nachvollziehbar dargelegt. Danach kommt - auch im Hinblick auf die Einschätzung des Dr. A. (Leistungsfall etwa 18 Monate vor seiner Begutachtung) - als frühestmöglicher Leistungsfall der Mai 2011, eher der November 2011 in Betracht.

Eine weitere Vorverlegung des Versicherungsfalles, etwa auf den Juli 2010, den letzten Monat, in dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt gewesen wären, lässt sich nicht begründen. Zum einen hat Dr. A. in seinem Gutachten vom 09.11.2012 die Auffassung vertreten, die von ihm festgestellten Leistungseinschränkungen lägen erst seit ca. 18 Monaten (also seit dem Mai 2011) vor, zum anderen hat Dr. P. den Kläger am 14.10.2010 auf dem jetzt zur Erwerbsminderung führenden psychiatrischen Fachgebiet untersucht, den Kläger damals aber in einem weit besseren Zustand vorgefunden, der noch eine über sechsstündige Erwerbstätigkeit für geeignete Tätigkeiten zugelassen hat.

b.) Im November und auch im Mai 2011 sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente nicht mehr erfüllt gewesen (vgl. zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Gewährung von Erwerbsminderungsrente näher Senatsbeschluss vom 2.3.2011, - L 5 R 2416/10 -).

aa.) Gem. § 34 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente, wenn die für die jeweilige Rente erforderliche Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt ist und die besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen vorliegen. Die Gewährung von Rente erfordert damit neben dem Eintritt des Versicherungsfalls (hier Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI) die Erfüllung allgemeiner und besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen. Für die hierbei notwendige Berechnung von Versicherungszeiten zählt ein nur zum Teil mit rentenrechtlichen Zeiten (§ 54 Abs. 1 SGB VI) belegter Monat als voller Monat (§ 122 Abs. 1 SGB VI).

Als allgemeine Voraussetzung muss die für die Rentenart vorgesehene Wartezeit erfüllt sein. Für den Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 33 Abs. 3 SGB VI) genügt die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren bzw. 60 Monaten (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bzw. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI).

Gem. § 51 Abs. 1 SGB VI werden auf die allgemeine Wartezeit Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet. Beitragszeiten sind gem. § 55 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind Zeiten, für die Beiträge entrichtet wurden und gesetzliche Versicherungspflicht nach §§ 1 bis 3 SGB VI (oder Versicherungspflicht auf Antrag) bestand; wer die Beiträge gezahlt hat (vgl. §§ 168, 170, 177 SGB VI) ist ohne Belang. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Als Beitragszeiten gelten schließlich auch Zeiten, für die Entgeltpunkte gutgeschrieben worden sind, weil gleichzeitig Berücksichtigungszeiten (wegen Kindererziehung, vgl. § 70 Abs. 2 SGB VI) vorliegen.

Versicherungspflicht besteht gem. § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Gem. § 3 Satz 1 Nr. 3a SGB VI in der bis 3.12.2010 geltenden Gesetzesfassung sind versicherungspflichtig außerdem Personen in der Zeit, für die sie von dem jeweils zuständigen Träger Arbeitslosengeld II beziehen; seit 1.1.2011 stellen Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II Anrechnungszeiten dar (§ 58 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI).

Besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen für Erwerbsminderungsrenten sind in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI festgelegt. Danach setzt die Gewährung von Erwerbsminderungsrente voraus, dass der Rentenbewerber in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat. Die Berechnung des Fünfjahreszeitraums richtet sich nach § 122 Abs. 2 SGB VI. Danach umfasst ein nach Jahren bestimmter Zeitraum für jedes zu berücksichtigende Jahr 12 Monate (Satz 1). Ist für den Beginn oder das Ende eines Zeitraums ein bestimmtes Ereignis (wie hier der Eintritt von Erwerbsminderung) maßgebend, wird auch der Kalendermonat, in den das Ereignis fällt, berücksichtigt (Satz 2). Zu den für den Anspruch auf Erwerbsminderungsrente erforderlichen Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zählen gem. § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI auch Pflichtbeiträge, die aus den in § 3 SGB VI genannten Gründen gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten, also auch Pflichtbeiträge wegen Bezugs von Arbeitslosengeld II. Gem. § 43 Abs. 4 Nr. 1 und 2 SGB VI verlängert sich der Zeitraum von 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung um nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegte Anrechnungs- bzw. Berücksichtigungszeiten (Aufschubzeiten). Anrechnungszeiten sind u.a. Zeiten, in denen Versicherte bei einer deutschen Agentur für Arbeit als Arbeitssuchende gemeldet waren und eine öffentliche-rechtliche Leistung bezogen oder nur wegen des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht bezogen haben (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI).

Gem. § 241 Abs. 2 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte nicht notwendig, die vor dem 1.1.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten (u.a. Beitragszeiten oder beitragsfreien Zeiten) belegt ist. Für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, sind Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich. Insoweit kommen vor allem freiwillige Beiträge in Betracht. Es genügt wenn ihre Nachzahlung noch zulässig ist; eine tatsächliche Beitragszahlung ist nicht erforderlich. Freiwillige Beiträge können wirksam (und damit zulässig) zwar nur bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (§ 197 Abs. 2 SGB VI), jedoch wird die Frist (u.a.) durch ein Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrochen (§ 198 SGB VI).

bb.) Geht man danach zugunsten des Klägers von einem (frühestmöglichen) Leistungsfall zum Mai 2011 aus, umfasst der Fünfjahreszeitraum des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI die Zeit vom Mai 2006 bis April 2011. Er ist gem. § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI um Aufschubzeiten von 7 Monaten zu verlängern, da der Kläger vom 8.1.2008 bis 31.7.2008 arbeitslos ohne Leistungsbezug war; das stellt eine zur Verlängerung des Fünfjahreszeitraums führende Anrechnungszeit dar (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI). Der für die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der Rentengewährung maßgebliche Zeitraum umfasst damit die Zeit von Oktober 2005 bis April 2011. In diesem Zeitraum sind aber nur 28 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt.

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ohne Erfüllung der sonst geforderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 SGB VI liegen nicht vor, da der Kläger vor dem 1.1.1984 die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren nicht erfüllt hat. Vor dem 1.1.1984 sind nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung bezieht sich das Erfordernis der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit in § 241 Abs. 2 SGB VI nicht auf die Befugnis zur Beitragsnachentrichtung nach § 241 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, sondern stellt, wie sich allein aus der sprachlichen Fassung als Relativsatz ergibt, eine wesentliche Voraussetzung für das Absehen von Pflichtbeiträgen nach § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI dar.

Angesichts der vorliegenden Arztberichte und Gutachten drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, etwa weitere Begutachtungen, nicht auf.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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