L 11 R 4008/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 4236/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4008/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.09.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Die am 18.01.1955 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war zunächst als Arbeiterin vom 02.04.1973 bis März 1976, vom 13.07.1976 bis zum 06.07.1978 als Näherin und vom 24.07.1978 bis zum 31.07.2012 als Montiererin und Bestückerin versicherungspflichtig beschäftigt. Die Klägerin bezieht seit dem 23.09.2010 aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit seit dem 12.08.2010 Krankengeld. Es besteht ein GdB von 50 seit dem 21.10.1999.

Vom 12.08. bis 31.08.2010 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung im rheumatologisch-psychosomatischen Bereich der A.-Kliniken in B.-B ... Im Arztbrief vom 16.08.2010 werden als Diagnosen ua genannt: schweres Fibromyalgiesyndrom, degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung, Periarthropathia humeroscapularis links und arterielle Hypertonie. Differentialdiagnostisch konnten entzündlich-rheumatische Erkrankungen ausgeschlossen werden.

Am 23.09.2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Beklagte ließ die Klägerin internistisch und neurologisch-psychiatrisch begutachten. Dr. K. kam in ihrem aufgrund einer Untersuchung am 04.11.2010 erstellten Gutachten zum Ergebnis, dass noch leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar seien. Es lägen Aufbraucherscheinungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie dem linken Schultergelenk ohne aktuelle Funktionseinschränkungen sowie ein medikamentös grenzwertig kompensierter Bluthochdruck vor. Dr. S. führte in seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 04.11.2010 erstellen Gutachten aus, dass leichte körperliche Tätigkeiten ohne Stress und ohne besondere Belastung des Bewegungsapparates sechs Stunden arbeitstäglich verrichtet werden könnten. Es liege eine histrionische Persönlichkeitsstörung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine leichte bis bestenfalls in Ansätzen mittelgradige depressive Episode mit vordergründig neurotischem Charakter vor.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26.11.2010 ab. Den hiergegen fristgerecht erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2011 zurück.

Die Klägerin hat am 21.07.2011 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben.

Nach Klageerhebung hat die Klägerin an einer von der Beklagten bewilligten stationären Reha-Maßnahme in der S.-Klinik in B. B. teilgenommen. Im Entlassungsbericht über den vom 30.11. bis 21.12.2011 dauernden Aufenthalt wird ua ausgeführt, die vorherrschenden Beschwerden bei der Klägerin seien andauernde Schmerzen, deren Art und Ausmaß durch physiologische Prozesse oder körperliche Symptome nicht vollständig erklärt werden könnten. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 42-49 der SG-Akte verwiesen.

Das SG hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Amts wegen bei Dr. S. aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 28.02.2012 eingeholt. Dr. S. kommt darin zum Ergebnis, dass eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine rezidivierende depressive Störung mit derzeitig leichtgradiger Episode vorliege. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.

Das SG hat des Weiteren Dr. H. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 04.04.2012 beauftragt. In seinem Gutachten führt Dr. H. aus, dass ein chronisches Zervicalsyndrom mit degenerativen Veränderungen im Bereich der Segmente C4/C7, Bandscheibenvorwölbung C4/C6 mit muskulären Verspannungen ohne neurologische Ausfallerscheinungen, ein chronisches Lumbalsyndrom mit Chondrosen und Bandscheibenvorwölbungen in den Etagen L4/S1 mit muskulären Verspannungen ohne Wurzelreizsymptomatik und ohne neurologische Ausfälle, eine Periarthropathie im Bereich beider Schultergelenke mit chronifiziertem Rotatorenmanschettensyndrom und ein Zustand nach Resektion des lateralen Claviculaendes linksseitig im Dezember 2009, einen Senk-Spreiz- und Hallux valgus beidseits mit Reizzustand der Plantarfaszie im Bereich des rechten Fußes sowie Adipositas vorlägen. Die Klägerin sei noch in der Lage, unter Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.

Die Klägerin hat eine von ihr in Auftrag gegebene gutachterliche Äußerung des Facharztes für Anästhesiologie, Spezielle Schmerztherapie Dr. W. vom 28.08.2012 vorgelegt. Darin bestätigt Dr. W., dass bei der Klägerin ein hochchronifiziertes Schmerzsyndrom vorliege, welches auf allen Ebenen (körperlich, gedanklich, emotional und sozial) zu ausgeprägten Veränderungen geführt habe. Aus seiner Sicht sei die Klägerin momentan nicht in der Lage, regelmäßig am Arbeitsleben teilzunehmen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 06.09.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach der Leistungseinschätzung im Reha-Entlassungsbericht vom 02.01.2012 sowie den Feststellungen der Gerichtsgutachter Dr. S. und Dr. H. die Klägerin noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten für sechs Stunden arbeitstäglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Den Leistungseinschätzungen der behandelnden Ärzte Dr. W., Dr. P. und Dr. W. könne nicht gefolgt werden, da deren Aussagen durch die schlüssigen und überzeugenden Gutachten widerlegt worden seien.

Die Klägerin hat hiergegen am 20.09.2012 Berufung erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass sie an chronisch-orthopädischen Behinderungen, chronischen Kopfschmerzen, neurologischen und psychiatrischen Störungen, Bluthochdruck, einer chronischen Magenerkrankung, einem Zustand nach mehrfachem Magengeschwür, an einer chronischen Kreislauferkrankung sowie an HNO-Erkrankungen leide. Sie leide unter ständigen quälenden Schmerzen und die Fibromyalgie bestimme ihren Alltag. Sie könne ihren Haushalt nicht mehr alleine bewältigen und Schlafstörungen führten dazu, dass sie tagsüber schlapp und matt sei. Es bestehe eine Tendenz zum sozialen Rückzug. Das Tragen von Lasten sei nicht mehr möglich. Auch leide sie unter multiplen Ängsten und Depressionen und die Schmerzkrankheit habe sich verselbständigt. Der Befundbericht von Dr. P. vom 28.08.2012 sei unzureichend gewürdigt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 06.09.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.07.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.09.2010 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Der Senat hat ein neurologisch-psychotherapeutisches Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Dr. A. aufgrund einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 23.11.2012 eingeholt. Dr. A. kommt in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass eine rezidivierende depressive Störung mit mittelschwerem Residuum, eine somatoforme Schmerzverarbeitungsstörung, eine Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom und langjähriger psychischer Erkrankung vorliege. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus psychiatrischer Sicht nur unter drei Stunden täglich verrichten.

Der Senat hat eine Stellungnahme des im erstinstanzlichen Verfahren beauftragten Gutachters Dr. S. zum Gutachten von Dr. A. eingeholt. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 88-93 der Berufungsakte verwiesen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 23.09.2010.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Nach dem Ergebnis der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, die der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Nachtschicht und ohne überdurchschnittlichen Zeitdruck oder erhöhte Stressbelastungen, ohne Tätigkeiten mit erheblich überdurchschnittlicher Unfallgefährdung und ohne ungünstige Witterungsbedingungen sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Die Klägerin ist damit nicht erwerbsgemindert.

Dr. K. hat bei ihrer im Rahmen des Verwaltungsverfahrens erfolgten Untersuchung der Klägerin auf internistischem Fachgebiet keine wesentlichen Funktionseinschränkungen feststellen können. Die Wirbelsäule war bei der Untersuchung durch Dr. K. frei beweglich und auch im Bereich der Schulterbeweglichkeit waren der Nacken- und der Schürzengriff der Klägerin möglich. Folgerichtig kommt die Gutachterin zum Ergebnis, dass eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens nicht vorliegt. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien noch sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Diese Einschätzung ist auch nach Prüfung durch den Senat nach den erhobenen Befunden zutreffend und schlüssig. Auch die anamnestischen Angaben der Klägerin bei der Begutachtung durch Dr. K., wonach sie den Haushalt im Wesentlichen noch selbst erledigt, lassen eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens auch für leichte Tätigkeiten nicht erkennen.

Bezüglich der Funktionsbeeinträchtigung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nimmt der Senat auf das im Verwaltungsverfahren erstellte Gutachten von Dr. S. vom 08.11.2010 Bezug. Dieser diagnostiziert eine histrionische Persönlichkeitsstörung, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine leichte bis bestenfalls in Ansätzen mittelgradige depressive Episode mit vordergründig neurotischem Charakter. Die Klägerin hat bei der Untersuchung durch Dr. S. ubiquitäre Schmerzen mit zunehmender Einschränkung der Bewegungsfähigkeit sowie Depressionen infolge des Bürgerkriegs in Bosnien, welchen sie allerdings nicht als Augenzeugin miterlebt hat, angegeben. Die von Dr. S. erhobenen Befunde vermögen jedoch eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens nicht zu rechtfertigen. So konnte Dr. S. für die Missempfindungen an den Beinen kein neurologisches Korrelat finden. Bezüglich der Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet lag eine reduzierte Schwingungsfähigkeit bei starkem subjektivem Krankheitsgefühl mit deutlich demonstrativ akzentuierter Komponente und deutlich demonstrativ wirkender Depressivität vor. Eine endogene Depression oder psychiatrische Erkrankung konnte der Gutachter nach den erhobenen Befunden nicht bestätigen. Bezüglich der in den Befundberichten der behandelnden Ärzte (vgl Bericht Dr. S. vom 15.12.2010, M11 der Verwaltungsakte sowie Bericht von Dr. H. vom 14.12.2010, M8 der Verwaltungsakte) diagnostizierten Fibromyalgie konnte diese durch Dr. S. nicht verifiziert werden. So zeigten sich nicht nur die sogenannten Tenderpoints, sondern sämtliche andere Körperstellen als druckschmerzhaft. Folgerichtig kommt Dr. S. zum Ergebnis, dass ein psychosomatisches Schmerzsyndrom und keine Fibromyalgie vorliegt. Die von Dr. S. erhobenen Befunde bedingen jedoch nach Überzeugung des Senats keine derart gravierenden Funktionsbeeinträchtigungen, dass der Klägerin nicht noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar wären. Den Funktionsbeeinträchtigungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ist durch die Vermeidung von besonderer Stressbelastung bei der Arbeit Rechnung zu tragen.

Die Einschätzung von Dr. S. wird bestätigt durch das vom SG eingeholte Gutachten von Dr. S. vom 28.02.2012. Dr. S. führt darin aus, dass die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin qualitativ eingeschränkt sei. So sei eine überdurchschnittliche geistige Beanspruchung, überdurchschnittliche Anforderungen an Konzentration, das Merkvermögen und die Flexibilität zu vermeiden. Auch Tätigkeiten mit Nachtschicht, überdurchschnittlichem Zeitdruck oder erhöhten Stressbelastungen, Tätigkeiten mit erheblich überdurchschnittlicher Unfallgefährdung und ungünstigen Witterungsbedingungen seien zu vermeiden. Diese Einschränkungen werden durch die von Dr. S. gestellten Diagnosen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie einer rezidivierenden depressiven Störung mit derzeit leichtgradiger Episode verursacht. Eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens konnte jedoch durch Dr. S. nicht bestätigt werden. Nach den von ihm erhobenen Befunden liegt eine leichtgradige Einschränkung der Schwingungsfähigkeit ohne Hinweis auf eine tiefergehende psychiatrische Erkrankung vor. Auch neurologisch konnte kein pathologischer Befund erhoben werden. Nach Auffassung des Senats ist das Gutachten von Dr. S. schlüssig und fachlich nicht zu beanstanden. So setzt sich der Gutachter eingehend mit den erhobenen Befunden und den anamnestischen Angaben der Klägerin auseinander und nimmt auch in seiner Leistungseinschätzung auf die vorangegangenen Gutachten und Befunde Bezug. Auch nach Auffassung des Senats zeigen die anamnestischen Angaben, dass ein sozialer Rückzug und eine erhebliche Beeinträchtigung der Klägerin in ihrem Tagesablauf und ihren sozialen Aktivitäten durch die Schmerzproblematik und die depressive Symptomatik bisher nicht erfolgt sind. So hat die Klägerin angegeben, dass sie noch in der Lage sei, leichte Haushaltstätigkeiten zu verrichten. Bei schwereren Tätigkeiten erhalte sie Hilfe aus der Familie. Auch gehe sie zweimal täglich eine halbe bis eine Stunde spazieren und unregelmäßig schwimmen. Sie nehme auch viele Arzttermine war. Ferner hat die Klägerin nach ihren Angaben einen großen Bekanntenkreis mit vielen engen Freundinnen in der Nähe, in denen sie sich gut eingebunden fühlt und bei denen sie sich bedarfsweise auch aussprechen kann. Ein sozialer Rückzug ist danach nicht anzunehmen. Auch werden familiäre Kontakte gepflegt. Die Klägerin fährt nach ihren Angaben ein- bis zweimal im Jahr zum Besuch von Verwandten nach Jugoslawien. Die Diagnosen einer leichtgradigen Episode, einer rezidivierenden depressiven Störung sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sind danach zutreffend und fundiert. Auch nach dem Entlassungsbericht über die Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation vom 30.11.2011 bis zum 21.12.2011 in B. B. konnte eine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht nicht bestätigt werden. Danach sind der Klägerin noch leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar. Beobachtet wurde während der mehrwöchigen Rehabilitationsmaßnahme auch eine Diskrepanz zwischen der subjektiven Beschwerdeschilderung und dem beobachteten Verhalten. Der Senat ist danach nicht von einer Einschränkung des Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden arbeitstäglich überzeugt.

Der Senat vermag auch nicht dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. A. vom 23.11.2012 zu folgen. Dr. A. diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung mit mittelschweren Residuum, eine somatoforme Schmerzverarbeitungsstörung sowie eine Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom und langjähriger psychischer Erkrankungen. Dr. A. stützt seine Einschätzung auf die Annahme eines weitgehenden sozialen Rückzugs mit erlebter Unruhe, Nervosität und leichter Reizbarkeit. Auch habe sich eine affektive Störung mit leichter Antriebssteigerung, dysphorischem Affekt und getrübter Stimmungslage in Verbindung mit negativen Denkeinengungen gezeigt. Die von Dr. A. als für die Erwerbsminderung maßgeblich angesehenen Befunde sind jedoch nach Überzeugung des Senats von ihrem Ausmaß nicht ausreichend, um eine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht zu rechtfertigen. Auffällig ist, dass die Klägerin den Tagesablauf und die ihr noch möglichen Tätigkeiten sowie die noch vorhandenen Sozialkontakte sehr viel einschränkender schildert, als dies noch bei den Gutachten von Dr. S. und Dr. S. der Fall war. Eine Änderung in den geschilderten Beschwerden oder den erhobenen Befunden ist jedoch im Vergleich zu den Gutachten von Dr. S. und Dr. S. nicht eingetreten. Nach den von Dr. A. erhobenen Befunden war die Stimmungslage etwas herabgedrückt, der Affekt dysphorisch und der Antrieb von der Mittellage hin zum etwas Gesteigerten verschoben. Die Denkvorgänge seien bei problematischen Themen immer wieder stockend, streckenweise umständlich gewesen und es habe sich eine deutliche negative Denkeinengung gezeigt. Die Konzentration und Aufmerksamkeit seien etwas herabgesetzt gewesen. Die von Dr. A. erhobenen Befunde rechtfertigen nach dem Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen nicht die Annahme einer mittelschweren rezidivierenden depressiven Störung. Dr. A. trägt dem auch insoweit Rechnung, als er lediglich von einem mittelschweren Residuum spricht. Dr. A. stützt seine Leistungseinschätzung jedoch im Wesentlichen auf die Angaben der Klägerin und ihres Ehemannes, ohne diese der gebotenen kritischen Würdigung und Konsistenzprüfung zu unterziehen. Insbesondere angesichts der im Reha-Entlassungsbericht aufgezeigten Diskrepanzen zwischen der subjektiven Beschwerdeschilderung und dem Verhalten der Klägerin ist eine kritische Überprüfung der Angaben unbedingt angezeigt. Die diesbezüglichen Ausführungen von Dr. A., wonach die subjektiven Erlebnisweisen im Rahmen einer somatoformen Schmerzverarbeitungsstörung zu erklären seien, welche an sich in aller Regel eine Aggravation ausschließe, sind nicht überzeugend. Da eine somatoforme Schmerzverarbeitungsstörung gerade bedeutet, dass die Schmerzen nicht durch objektive Befunde belegt sind, ist eine kritische Prüfung der Ursachen und Hintergründe der Schmerzangaben auf Konsistenz erforderlich, um das Ausmaß der Schmerzstörung richtig beurteilen zu können. Das Gutachten von Dr. A. ist daher nicht geeignet, eine Erwerbsminderung anzunehmen.

Bezüglich der Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet hat Dr. H. in dem im Auftrag des SG erstellten Gutachten vom 05.04.2012 eine qualitative Leistungseinschränkung durch die Veränderung im Bereich der Halswirbel und der Lendenwirbelsäule sowie des Schultergürtels in Form der Vermeidung von statischen bzw funktionellen bzw einseitigen Dauerbelastung der Wirbelsäule und des Schultergürtels sowie häufige Rumpfzwangshaltungen, häufiges Bücken, häufiges Überkopfarbeiten und anhaltende Armvorhalte-Tätigkeiten sowie häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten ohne Hilfsmittel angenommen. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien noch sechs Stunden und mehr möglich. Die Einschätzung von Dr. H. ist durch die erhobenen Befunde belegt und auch nach Prüfung und Bewertung durch den Senat zutreffend. So konnten bei der Untersuchung keine Nervenwurzelreizsyndrome oder neurologische Ausfälle erhoben werden. Schwergradige Bewegungseinschränkungen der Schulter und der weiteren Extremitäten lagen nicht vor. Auch konnten die geschilderten Beschwerden und Schmerzen durch die auf orthopädischem Fachgebiet objektivierten organischen Veränderungen nicht vollständig erklärt werden. Dr. H. führt dies auf die von Dr. S. diagnostizierte Somatisierungsstörung und depressive Störung zurück. Die Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet vermögen somit eine Erwerbsminderung nicht zu rechtfertigen.

Durch die vom SG durchgeführte Beweiserhebung ist die Leistungseinschätzung der behandelnden Ärzte Dr. P. (vgl Blatt 64 der SG-Akte) sowie Dr. W. (vgl Blatt 128 der SG-Akte) widerlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach st Rspr des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens idR keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Die häufig auch an die behandelnden Ärzte gerichtete Frage nach der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten dient in erster Linie dazu, dem Gericht die Entscheidung über weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu erleichtern. Ist selbst nach Meinung der behandelnden Ärzte eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen, kann häufig auf die (nochmalige) Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden. Eine schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigung auf nervenärztlichen Fachgebiet konnte in den Gutachten von Dr. S. und Dr. S. nicht bestätigt werden. Die Fibromyalgie ließ sich bei der Untersuchung durch Dr. S. nicht verifizieren. Soweit Dr. I. in einem Gutachten nach Aktenlage für die Agentur für Arbeit W. ein Leistungsvermögen von täglich weniger als drei Stunden annimmt, stehen dieser Einschätzung ebenfalls die von den Gutachtern Dr. S. und Dr. H. erhobenen Befunde entgegen.

Der Senat konnte sich somit davon überzeugen, dass die von Dr. K., Dr. S., Dr. S. und Dr. H. diagnostizierten Gesundheitsstörungen vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen und Einschätzungen der Gutachten von Dr. K., Dr. S., Dr. S. und Dr. H. an. Die Klägerin ist mithin in der Lage unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.

Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit der Klägerin - leichte Arbeiten mindestens 6-stündig - muss der Klägerin eine konkrete Tätigkeit, die sie noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.

Die Klägerin kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sog qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird. Tätigkeiten mit statischen bzw funktionellen bzw einseitigen Dauerbelastung der Wirbelsäule und des Schultergürtels sowie häufige Rumpfzwangshaltungen, häufiges Bücken, häufiges Überkopfarbeiten und anhaltende Armvorhalte-Tätigkeiten sowie häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten ohne Hilfsmittel (Gutachten Dr. H.) sind bereits nicht mehr als leicht zu bezeichnen. Der Ausschluss von Tätigkeiten mit Nachtschicht und überdurchschnittlichen Zeitdruck oder erhöhter Stressbelastungen, mit erheblich überdurchschnittlicher Unfallgefährdung und ungünstiger Witterungsbedingungen versperrt den Zugang zu typischen Arbeitsplätzen für leichte körperliche Arbeiten nicht in nennenswerter Weise. Die beim der Klägerin bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass diese noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Die Klägerin ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den Gutachten von Dr. K., Dr. S., Dr. S. und Dr. H. hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht

Die Klägerin ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit dem 23.09.2010 und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs. 3 SGB VI); sie hat damit keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. K., Dr. S., Dr. S. und Dr. H. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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