Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 3454/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4700/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. September 2012 wird als unzulässig verworfen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten
Tatbestand:
Die Berufung des Klägers betrifft die Zuerkennung des bereits festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 60 ab einem früheren Zeitpunkt.
Bei dem am 04.03.1947 geborenen Kläger stellte das Landratsamt Bodenseekreis (LRA) mit Bescheid vom 03.07.2006 einen GdB von 30 fest. Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Stuttgart als Landesversorgungsamt mit Bescheid vom 11.04.2007 zurück. In dem anschließenden Klagverfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (S 1 SB 1353/07) gab der Beklagte unter dem 28.08.2008 ein Teil-Anerkenntnis über einen Gesamt-GdB von 40 ab. Dieses nahm der Kläger unter dem 10.12.2008 an, führte den Rechtsstreit aber weiter. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.01.2009 ab. Nach Erlass dieses Gerichtsbescheids erließ das LRA zur Umsetzung des angenommenen Teil-Anerkenntnisses den Ausführungsbescheid vom 19.02.2009. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 6 SB 892/09) wurde das nervenärztlich-psycho¬so¬ma¬tische Gutachten vom 03.12.2009 bei Prof. Dr. Steinert mit ergänzender Stellungnahme vom 31.03.2010 erhoben. In dem Erörterungstermin am 23.09.2010 schlossen die Beteiligen folgenden Vergleich: "1. Der Beklagte stellt beim Kläger einen GdB von 60 ab dem 01.09.2009 fest. - 2. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit für erledigt. - 3. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens werden nicht erstattet. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Sozialgerichts." Mit Bescheid vom 12.10.2010 führte das LRA den Vergleich aus.
Am 18.03.2011 beantragte der Kläger bei dem LRA im Überprüfungswege unter Rücknahme der entgegenstehenden Bescheide, ihm einen GdB von 50 bereits ab März 2007 zuzuerkennen. Die Zuerkennung ab diesem Zeitpunkt sei notwendig, damit er statt der laufenden Altersrente eine solche für schwerbehinderte Menschen mit niedrigeren Abschlägen beziehen könne. Das LRA lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14.04.2011 ab, das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 18.11.2011 zurück. Es könne nicht festgestellt werden, dass der bindende Ausführungsbescheid vom 12.10.2010 rechtswidrig sei.
Die am 08.12.2011 erhobene Klage (S 1 SB 3454/11) hat das SG mit Urteil vom 18.09.2012 abgewiesen. Es hat ausgeführt, bei Erlass des Ausführungsbescheids sei das Recht richtig angewandt und nicht von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Die damalige Zuerkennung eines höheren GdB - erst - ab dem 01.09.2009 habe auf einem Vergleich der Beteiligten vor dem LSG beruht. Ein solcher Vergleich lasse sich nicht nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufheben. Es handle sich um einen öffentlichen Vergleichsvertrag nach § 54 SGB X, der (auch) einen materiell-rechtlich wirksamen Teilverzicht im Sinne des § 46 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auf einen höheren GdB als 40 vor der vereinbarten Zeit enthalte (Verweis auf LSG Bayern, Urt. v. 20.07.2011, L 16 SB 141/08). Wegen der weiteren Ausführungen des SG wird auf das angegriffene Urteil verwiesen. Jenes Urteil in vollständig abgefasster Form ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Empfangsbekenntnis am 09.10.2012 zugestellt worden.
Am Sonnabend, dem 10.11.2012, ist bei dem LSG per Post der Berufungsschriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers ein. Dieser war ausweislich des Briefumschlags am 09.11.2012 zur Post gegeben worden. Zur Frage der Berufungsfrist trägt der Kläger vor, seine Prozessbevollmächtigte habe die Berufungsschrift am 09.11.2012 gefertigt und selbst per Telefax an das LSG übermittelt. Dies sei in ihrer Kanzlei üblich. Zeitweise habe es Probleme mit dem Faxgerät gegeben, z. B. bei Kontakten zum SG Konstanz. Eine Folge dieser Probleme sei, dass es kein Faxprotokoll für die Übersendung am 09.11.2012 gebe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. September 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2011 zu verpflichten, den Bescheid vom 12. Oktober 2010 sowie den Bescheid vom 19. Februar 2009 teilweise zurückzunehmen und bei dem Kläger bereits für die Zeit ab dem 01. März 2007 einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der DRV Bund beigezogen und zum Gegenstand der Verhandlung gemacht. Ferner hat er den Sachverhalt am 21.02.2013 mit den Beteiligten erörtert.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen.
Sie ist nicht innerhalb der in § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgeschriebenen Frist von einem Monat nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils erhoben worden. Nach der Zustellung des Urteils erster Instanz begann die Berufungsfrist mit dem 10.10.2012 zu laufen und endete damit mit Ablauf des 09.11.2012. Da dieser Tag kein Sonnabend, Sonntag oder am Empfangsort gesetzlich anerkannter Feiertag war, verlängerte sich die Frist auch nicht entsprechend § 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Berufung ist jedoch erst am 10.11.2012 bei dem LSG eingegangen. Ein früherer Eingang, etwa durch ein Telefax, liegt nicht vor. Ein solches Telefax konnte beim LSG nicht aufgefunden werden. Die Gestaltung des Anschriftenfeldes im Berufungsschriftsatz spricht auch nicht dafür, dass eine Übermittlung "vorab per Telefax" oder dgl. stattgefunden haben soll.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist war dem Kläger nicht zu gewähren. Er hat im Berufungsverfahren bereits keinen solchen Antrag nach § 67 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG gestellt. Zwar kann Wiedereinsetzung nach § 67 Abs. 2 Satz 4 SGG auch ohne Antrag gewährt werden. Es schadet auch nicht, dass der Kläger seinen Vortrag zu den Gründen der Fristversäumnis nicht nach § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht hat, insbesondere keine eidesstattliche Versicherung seiner Prozessbevollmächtigten (vgl. § 294 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) beigebracht hat, denn hierzu besteht nach der genannten Norm im sozialgerichtlichen Verfahren nur eine Soll-Vorschrift (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 67 Rn. 10c m.w.N.). Der Senat ist jedoch davon überzeugt, dass der Kläger nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist zu wahren (§ 67 Abs. 1 SGG). Ein Prozessbeteiligter haftet hierbei nicht nur für eigenes Verschulden, er muss sich nach § 85 Abs. 2 ZPO auch das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen; nur für eine etwaiges Verschulden von Hilfspersonen seines Bevollmächtigten hafte der Beteiligte nicht, wenn den Bevollmächtigten kein Auswahl-, Organisations- oder Überwachungsverschulden traf (Keller, a.a.O., Rn. 8b). Hier jedoch ist von einem Verschulden der Prozessbevollmächtigten des Klägers auszugehen. Diese hat nach ihren Einlassungen die Berufungsschrift noch am 09.11.2012 an das LSG gefaxt, aber kein Faxprotokoll mit einer Bestätigung des Eingangs beim LSG erhalten, weil ihr eigenes Faxgerät "Probleme gemacht" habe. Es ist aber anwaltliche Pflicht, ein solches Faxprotokoll mit einem "OK-Vermerk" abzuwarten. Der Anwalt - und gleichermaßen seine Hilfspersonen - muss einen Einzelnachweis über den Sendevorgang einschließlich der Anzahl der übermittelten Seiten ausdrucken, der die ordnungsgemäße und vollständige Übermittlung an den richtigen Empfänger anzeigt (BSG, Beschl. v. 12.03.2002, B 11 AL 3/02 B, Juris). Im Falle des Klägers ist auch nicht ausnahmsweise eine andere Einschätzung geboten. Eine Ausnahme von dem Erfordernis eines ordnungsgemäßen schriftlichen Übermittlungsnachweises ist z. B. möglich, wenn eine zuverlässige Bürokraft den gesamten Übermittlungsvorgang an Hand der Anzeigen und des Displays des Faxgeräts überwacht (BSG, Beschl. v. 19.05.2005, B 10 EG 3/05 B, Juris). Eine weitere Ausnahme besteht nur dann, wenn das (eigene) Telefaxgerät kurz vor Fristablauf unvorhergesehen versagt; in diesem Falle aber muss der Anwalt noch alle denkbaren Maßnahmen ergreifen, um gleichwohl einen ordnungsgemäßen fristgerechten Zugang zu erreichen, ggfs. muss er auf ein anderes, ggfs. öffentliches Faxgerät ausweichen (BSG, Beschl. v. 29.03.2010, B 13 R 519/09 B, Juris). Diese Anforderungen sind im Falle des Klägers nicht erfüllt worden. Dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers das Faxgerät bis zum Ende überwacht, die korrekte Nummer überprüft und die - nur auf dem Display erscheinende "OK"-Bestätigung abgewartet habe, hat sie nicht vorgetragen. Und nach ihrem Vortrag hatte ihr Faxgerät schon zuvor "Probleme gemacht", dann aber hätte sie es für diesen Übermittlungsvorgang ggfs. gar nicht verwenden dürfen.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens folgt aus § 193 SGG.
3. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten
Tatbestand:
Die Berufung des Klägers betrifft die Zuerkennung des bereits festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 60 ab einem früheren Zeitpunkt.
Bei dem am 04.03.1947 geborenen Kläger stellte das Landratsamt Bodenseekreis (LRA) mit Bescheid vom 03.07.2006 einen GdB von 30 fest. Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Stuttgart als Landesversorgungsamt mit Bescheid vom 11.04.2007 zurück. In dem anschließenden Klagverfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (S 1 SB 1353/07) gab der Beklagte unter dem 28.08.2008 ein Teil-Anerkenntnis über einen Gesamt-GdB von 40 ab. Dieses nahm der Kläger unter dem 10.12.2008 an, führte den Rechtsstreit aber weiter. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19.01.2009 ab. Nach Erlass dieses Gerichtsbescheids erließ das LRA zur Umsetzung des angenommenen Teil-Anerkenntnisses den Ausführungsbescheid vom 19.02.2009. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 6 SB 892/09) wurde das nervenärztlich-psycho¬so¬ma¬tische Gutachten vom 03.12.2009 bei Prof. Dr. Steinert mit ergänzender Stellungnahme vom 31.03.2010 erhoben. In dem Erörterungstermin am 23.09.2010 schlossen die Beteiligen folgenden Vergleich: "1. Der Beklagte stellt beim Kläger einen GdB von 60 ab dem 01.09.2009 fest. - 2. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit für erledigt. - 3. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens werden nicht erstattet. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Sozialgerichts." Mit Bescheid vom 12.10.2010 führte das LRA den Vergleich aus.
Am 18.03.2011 beantragte der Kläger bei dem LRA im Überprüfungswege unter Rücknahme der entgegenstehenden Bescheide, ihm einen GdB von 50 bereits ab März 2007 zuzuerkennen. Die Zuerkennung ab diesem Zeitpunkt sei notwendig, damit er statt der laufenden Altersrente eine solche für schwerbehinderte Menschen mit niedrigeren Abschlägen beziehen könne. Das LRA lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14.04.2011 ab, das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 18.11.2011 zurück. Es könne nicht festgestellt werden, dass der bindende Ausführungsbescheid vom 12.10.2010 rechtswidrig sei.
Die am 08.12.2011 erhobene Klage (S 1 SB 3454/11) hat das SG mit Urteil vom 18.09.2012 abgewiesen. Es hat ausgeführt, bei Erlass des Ausführungsbescheids sei das Recht richtig angewandt und nicht von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Die damalige Zuerkennung eines höheren GdB - erst - ab dem 01.09.2009 habe auf einem Vergleich der Beteiligten vor dem LSG beruht. Ein solcher Vergleich lasse sich nicht nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufheben. Es handle sich um einen öffentlichen Vergleichsvertrag nach § 54 SGB X, der (auch) einen materiell-rechtlich wirksamen Teilverzicht im Sinne des § 46 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) auf einen höheren GdB als 40 vor der vereinbarten Zeit enthalte (Verweis auf LSG Bayern, Urt. v. 20.07.2011, L 16 SB 141/08). Wegen der weiteren Ausführungen des SG wird auf das angegriffene Urteil verwiesen. Jenes Urteil in vollständig abgefasster Form ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Empfangsbekenntnis am 09.10.2012 zugestellt worden.
Am Sonnabend, dem 10.11.2012, ist bei dem LSG per Post der Berufungsschriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers ein. Dieser war ausweislich des Briefumschlags am 09.11.2012 zur Post gegeben worden. Zur Frage der Berufungsfrist trägt der Kläger vor, seine Prozessbevollmächtigte habe die Berufungsschrift am 09.11.2012 gefertigt und selbst per Telefax an das LSG übermittelt. Dies sei in ihrer Kanzlei üblich. Zeitweise habe es Probleme mit dem Faxgerät gegeben, z. B. bei Kontakten zum SG Konstanz. Eine Folge dieser Probleme sei, dass es kein Faxprotokoll für die Übersendung am 09.11.2012 gebe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. September 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. November 2011 zu verpflichten, den Bescheid vom 12. Oktober 2010 sowie den Bescheid vom 19. Februar 2009 teilweise zurückzunehmen und bei dem Kläger bereits für die Zeit ab dem 01. März 2007 einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten der DRV Bund beigezogen und zum Gegenstand der Verhandlung gemacht. Ferner hat er den Sachverhalt am 21.02.2013 mit den Beteiligten erörtert.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen.
Sie ist nicht innerhalb der in § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgeschriebenen Frist von einem Monat nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils erhoben worden. Nach der Zustellung des Urteils erster Instanz begann die Berufungsfrist mit dem 10.10.2012 zu laufen und endete damit mit Ablauf des 09.11.2012. Da dieser Tag kein Sonnabend, Sonntag oder am Empfangsort gesetzlich anerkannter Feiertag war, verlängerte sich die Frist auch nicht entsprechend § 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Berufung ist jedoch erst am 10.11.2012 bei dem LSG eingegangen. Ein früherer Eingang, etwa durch ein Telefax, liegt nicht vor. Ein solches Telefax konnte beim LSG nicht aufgefunden werden. Die Gestaltung des Anschriftenfeldes im Berufungsschriftsatz spricht auch nicht dafür, dass eine Übermittlung "vorab per Telefax" oder dgl. stattgefunden haben soll.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist war dem Kläger nicht zu gewähren. Er hat im Berufungsverfahren bereits keinen solchen Antrag nach § 67 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGG gestellt. Zwar kann Wiedereinsetzung nach § 67 Abs. 2 Satz 4 SGG auch ohne Antrag gewährt werden. Es schadet auch nicht, dass der Kläger seinen Vortrag zu den Gründen der Fristversäumnis nicht nach § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG glaubhaft gemacht hat, insbesondere keine eidesstattliche Versicherung seiner Prozessbevollmächtigten (vgl. § 294 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]) beigebracht hat, denn hierzu besteht nach der genannten Norm im sozialgerichtlichen Verfahren nur eine Soll-Vorschrift (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 67 Rn. 10c m.w.N.). Der Senat ist jedoch davon überzeugt, dass der Kläger nicht ohne sein Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist zu wahren (§ 67 Abs. 1 SGG). Ein Prozessbeteiligter haftet hierbei nicht nur für eigenes Verschulden, er muss sich nach § 85 Abs. 2 ZPO auch das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen; nur für eine etwaiges Verschulden von Hilfspersonen seines Bevollmächtigten hafte der Beteiligte nicht, wenn den Bevollmächtigten kein Auswahl-, Organisations- oder Überwachungsverschulden traf (Keller, a.a.O., Rn. 8b). Hier jedoch ist von einem Verschulden der Prozessbevollmächtigten des Klägers auszugehen. Diese hat nach ihren Einlassungen die Berufungsschrift noch am 09.11.2012 an das LSG gefaxt, aber kein Faxprotokoll mit einer Bestätigung des Eingangs beim LSG erhalten, weil ihr eigenes Faxgerät "Probleme gemacht" habe. Es ist aber anwaltliche Pflicht, ein solches Faxprotokoll mit einem "OK-Vermerk" abzuwarten. Der Anwalt - und gleichermaßen seine Hilfspersonen - muss einen Einzelnachweis über den Sendevorgang einschließlich der Anzahl der übermittelten Seiten ausdrucken, der die ordnungsgemäße und vollständige Übermittlung an den richtigen Empfänger anzeigt (BSG, Beschl. v. 12.03.2002, B 11 AL 3/02 B, Juris). Im Falle des Klägers ist auch nicht ausnahmsweise eine andere Einschätzung geboten. Eine Ausnahme von dem Erfordernis eines ordnungsgemäßen schriftlichen Übermittlungsnachweises ist z. B. möglich, wenn eine zuverlässige Bürokraft den gesamten Übermittlungsvorgang an Hand der Anzeigen und des Displays des Faxgeräts überwacht (BSG, Beschl. v. 19.05.2005, B 10 EG 3/05 B, Juris). Eine weitere Ausnahme besteht nur dann, wenn das (eigene) Telefaxgerät kurz vor Fristablauf unvorhergesehen versagt; in diesem Falle aber muss der Anwalt noch alle denkbaren Maßnahmen ergreifen, um gleichwohl einen ordnungsgemäßen fristgerechten Zugang zu erreichen, ggfs. muss er auf ein anderes, ggfs. öffentliches Faxgerät ausweichen (BSG, Beschl. v. 29.03.2010, B 13 R 519/09 B, Juris). Diese Anforderungen sind im Falle des Klägers nicht erfüllt worden. Dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers das Faxgerät bis zum Ende überwacht, die korrekte Nummer überprüft und die - nur auf dem Display erscheinende "OK"-Bestätigung abgewartet habe, hat sie nicht vorgetragen. Und nach ihrem Vortrag hatte ihr Faxgerät schon zuvor "Probleme gemacht", dann aber hätte sie es für diesen Übermittlungsvorgang ggfs. gar nicht verwenden dürfen.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens folgt aus § 193 SGG.
3. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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