L 9 R 5059/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 1464/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5059/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig war zunächst die Gewährung einer stationären Reha-Maßnahme von der Beklagten. Nachdem der Klägerin eine solche von der Beigeladenen Nr. 1 gewährt worden ist, führt die Klägerin den Rechtsstreit trotzdem fort und wendet sich gegen die Zuzahlung für die Reha-Maßnahme.

Die 1964 geborene Klägerin bezieht von der Beklagten aufgrund eines Leistungsfalls vom 25.10.2005 seit 1.11.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer (Bescheid vom 22.10.2008, monatlicher Zahlbetrag im Dezember 2008 bei Beginn der laufenden Rentenleistungen 300,21 EUR). Grundlage hierfür war ein Gutachten der Ärztin für Psychiatrie Dr. H. vom 10.1.2006, die bei der Klägerin eine leichte Intelligenzminderung bei asthenischer Primärpersönlichkeit, eine vorbeschriebene Dysthymie sowie ein Kopfschmerz-Syndrom diagnostiziert und das Leistungsvermögen als Reinemachefrau sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter drei Stunden täglich eingeschätzt hat.

Vom 14.8.2006 bis 13.11.2006 befand sich die Klägerin im Eingangsverfahren der Werkstatt für behinderte Menschen Bruchsal und vom 14.11.2006 bis 13.11.2008 im Berufsbildungsbereich. Seit 14.11.2008 ist sie im Arbeitsbereich der Bruchsaler Werkstätten tätig.

Am 25.1.2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von medizinischen Leistungen zur Rehabilitation. Zuvor hatte sie sich an die BKK Gesundheit (Vorgängerin der DAK Gesundheit, der Beigeladenen Nr. 1) gewandt. Diese hatte mit Schreiben vom 18.12.2009 ausgeführt, die Klägerin habe einen Antrag auf eine medizinische Reha-Leistung angefordert. Da sie laufende Rentenversicherungsbeiträge gezahlt habe, sei der Rentenversicherungsträger vorrangig für die Durchführung solcher Leistungen zuständig. Deswegen seien entsprechende Antragsformulare der Deutschen Rentenversicherung beigefügt.

Mit Bescheid vom 28.1.2010 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 25.1.2010 ab. Sie führte aus, da die Klägerin, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sei, eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehe, könne eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation durch den Träger der Rentenversicherung nicht erbracht werden. Unter dem 28.1.2010 teilte die Beklagte diese Entscheidung auch der Beigeladenen Nr. 1 mit und leitete den Antrag der Klägerin an diese weiter.

Gegen den Bescheid vom 28.1.2010 legte die Klägerin am 2.2.2010 Widerspruch ein und machte geltend, ihre Rente wegen Erwerbsminderung diene nicht der Rehabilitation, sondern dem Lebensunterhalt und habe mit der Werkstatt für Behinderte nicht zu tun. Die Behindertenwerkstatt diene der Eingliederung ins Arbeitsleben. Ihr Gesundheitszustand sei sehr eingeschränkt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.3.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 7.4.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Dieses hat mit Beschluss vom 6.10.2011 die BKK Balingen (Beigeladene Nr. 1) und den Landkreis Karlsruhe – Amt für Versorgung und Rehabilitation – (Beigeladene Nr. 2) zum Verfahren beigeladen.

Das SG hat Auskünfte beim Sozialdienst der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderungen, Bezirk B.-B. e. V. vom 2.8.2010 eingeholt und die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. /Univ. C. E. sowie den Neurologen und Psychiater Dr. R. schriftlich als sachverständige Zeugen (Auskünfte vom 23.11.2011 und 1.12.2011) gehört.

Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) im Gutachten vom 29.3.2012 eine stationäre Reha-Maßnahme empfohlen hatte, hat sich die Beigeladene Nr. 1 (nunmehr DAK Gesundheit) bereit erklärt, der Klägerin eine stationäre Reha-Maßnahme zu gewähren.

Mit Schreiben vom 18.7.2012 hat die Beigeladene Nr. 1 der Klägerin mitgeteilt, dass sie die Kosten einer (zunächst längstens) dreiwöchigen stationären Reha-Maßnahme in der Luisenklinik Bad D. übernehme. Als gesetzlichen Eigenanteil habe die Klägerin je Kurtag einen Betrag von 10,00 EUR an die Fachklinik zu zahlen. Die Zahlung des Eigenanteils entfalle, wenn sie von der gesetzlichen Zuzahlung befreit sei.

Die Klägerin hat dem SG mitgeteilt, sie erkläre dem Rechtsstreit nicht für erledigt, da die Beigeladene Nr. 1 auch die 10,00 EUR pro Tag für die Kur übernehmen müsse.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unzulässig. Da die Beigeladene Nr. 1 der Klägerin mit Bescheid vom 18.7.2012 die stationäre Reha-Maßnahme bewilligt habe, die die Klägerin auch bereits angetreten habe, habe sie ihr Rechtsschutzziel erreicht. Eine Prüfung der Frage, ob die Klägerin von der gesetzlich zu leistenden Zuzahlung von 10,00 EUR täglich (§ 61 S. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V –) zu befreien sei, sei nicht Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens. Hinsichtlich des Zuzahlungsbetrages habe die Klägerin nach eigenen Angaben bereits ein Verwaltungsverfahren bei der Beigeladenen Nr. 1 angestrengt, welches bei abschlägiger Entscheidung die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung in einem gesonderten Verfahren biete.

Gegen den am 5.11.2012 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20.11.2012 Berufung eingelegt und vorgetragen, sie habe vor dem Kurantritt einen Befreiungsantrag gestellt, aber keine Antwort erhalten. Die 455,00 EUR seien von der Klinik gleich vor Ort kassiert worden. Durch die Kur gehe es ihr noch schlechter als zuvor.

Einen Antrag hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht gestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, sie verweise auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.

Die Beigeladene Nr. 1 beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr Vorbringen im Klageverfahren und die Entscheidungsgründe im angefochtenen Gerichtsbescheid. Gegenstand der Klage sei die Gewährung einer stationären Reha-Maßnahme gewesen, die von ihr gewährt worden sei, und nicht die Zuzahlung. Ferner hat sie mitgeteilt, der Höchstbetrag für die Zuzahlungen betrage bei der Klägerin 145,88 EUR. Über den Antrag auf Befreiung von der Zuzahlung sei mit Bescheid vom 27.11.2012 entschieden worden. Dieser Bescheid sei bestandskräftig. Die Klägerin habe für das Jahr 2012 eine Zuzahlung von 100,00 EUR geleistet. Dabei handle es sich um eine Teilleistung für die stationäre Reha-Maßnahme. Insgesamt habe die Reha-Klinik der Klägerin einen Betrag von insgesamt 455,00 EUR (420,00 EUR Eigenanteil, 10,00 EUR pro Tag, sowie 35,00 EUR Übernachtungsgebühr für einen Besucher) in Rechnung gestellt. Die Beigeladene Nr. 1 habe an die Reha-Klinik den offen stehenden Betrag von 320,00 EUR geleistet. Die Klägerin schuldete der Beigeladenen Nr. 1 noch 45,88 EUR

Die Beigeladene Nr. 2 hat keinen Antrag gestellt und vorgetragen, eine Befreiung bzw. eine Übernahme der Zuzahlungskosten sei für die von der Beigeladenen Nr. 1 gewährte stationäre Reha-Maßnahme durch sie nicht möglich, da der Leistungskatalog des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) dies nicht vorsehe.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, der Beigeladenen, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden, da ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für ihr (ursprüngliches) Begehren auf Gewährung einer stationären medizinischen Reha-Maßnahme nicht mehr besteht.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend dargelegt, dass für jede Rechtsverfolgung bzw. jede Befassung des Gerichts mit einer Angelegenheit ein Rechtsschutzinteresse vorhanden sein muss und ein solches nicht mehr besteht, weil der Klägerin die stationäre medizinische Reha-Maßnahme zwischenzeitlich von der Beigeladenen Nr. 1 bewilligt worden ist.

Zu Recht hat das SG auch ausgeführt, dass nicht Streitgegenstand des anhängigen Klageverfahrens ist, ob die Klägerin von der Zuzahlungspflicht gemäß § 61 S. 2 SGB V zu befreien ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.

Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass das SG (zu Recht) nicht über das Begehren der Klägerin auf eine Befreiung von der Zuzahlungspflicht entschieden hat, so dass es insoweit schon an einer Entscheidung des SG hierüber, die mit der Berufung angefochten werden könnte, fehlt. Die Berufung ist deswegen – sofern sie nur die Zuzahlung zum Gegenstand haben sollte – schon nicht statthaft. Im Übrigen wäre sie auch nicht zulässig, weil die Klägerin insoweit durch den Gerichtsbescheid nicht beschwert ist. Darüber hinaus wäre durch die von der Klägerin genannten 455,00 EUR, die sie habe zuzahlen müssen, auch die Berufungssumme (über 750,00 EUR) nicht erreicht, so dass die Berufung als unzulässig zurückgewiesen werden müsste.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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