L 1 U 5327/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1875/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5327/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.11.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen im Bereich der linken Schulter als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2101 (Erkrankungen der Sehnenscheide oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- und Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können) der Anlage 1 zur Berufkrankheitenverordnung (BKV) anzuerkennen bzw. nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) wie eine BK anzuerkennen sind.

Der 1960 geborene Kläger war zwischen Oktober 1979 bis Juni 2011 als CNC-Dreher bei der Firma ZF in F. beschäftigt. Am 27.02.2009 hob er während der genannten Tätigkeit ein schweres Werkstück an (35 kg) und verspürte hierbei nach eigenen Angaben starke Schmerzen in der linken Schulter. Er suchte noch am gleichen Tag den Durchgangsarzt Prof. Dr. W. auf, der in seinem Durchgangsarztbericht vom 28.02.2009 als Erstdiagnose "Zerrung Rotatorenmanschette links" angab. Eine am 05.03.2009 durchgeführte Magnetresonanztomographie (MRT) durch den Radiologen Prof. Dr. T. ergab eine Komplettruptur der Supraspinatussehne im ventralen Anteil. Die übrige Rotatorenmanschette sei durchgehend erhalten. Am 01.04.2009 erfolgte eine Arthroskopie der linken Schulter, eine offene Refixation der Supraspinatussehne sowie eine Erweiterung des subacromialen Raumes. Oberarzt Dr. S. hielt im Operationsbericht vom 01.04.2009 fest, im Bereich des Ansatzes der Supraspinatussehne sei keine eindeutige Rissbildung erkennbar gewesen. Im Zwischenbericht vom 09.04.2009 nannte Prof. Dr. W. die Diagnosen Supraspinatussehnenruptur links sowie Impingementsyndrom linke Schulter. Bei einer weiteren MRT am 25.06.2009 konnte der Ansatzbereich der Supraspinatussehne links aufgrund von ausgeprägten Artefakten nicht beurteilt werden.

Den Antrag des Klägers auf Anerkennung des Vorfalles vom 27.09.2009 als Arbeitsunfall lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.12.2009 ab. Im Verfahren über die hiergegen beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage (Az: S 11 U 14/10) holte das SG das Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. K. vom 28.07.2010 ein. Dieser stellte eine erhebliche Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes infolge einer beginnenden Arthrose des linken Schultergelenkes bei Defektsituation der Rotatorenmanschette fest, sah aber keinen Zusammenhang mit dem Vorfall am 27.09.2009. Er führte u.a. aus, der bestehende Gesundheitsschaden könne möglicherweise durch eine BK verursacht worden sein. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zurück.

Mit Schriftsatz vom 11.11.2010 beantragte er bei der Beklagten die Anerkennung der BK Nr. 2101 und berief sich auf das Gutachten des Dr. K. vom 28.07.2010. Da der Kläger die von der Beklagten angeforderten Fragebögen zu seiner Erkrankung und den Beschäftigungsverhältnissen zunächst nicht ausgefüllt übersandt hatte, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 01.02.2011 mangels Mitwirkung ab. Nachdem der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen war, legte er am 03.03.2011 Widerspruch gegen die Entscheidung vom 01.02.2011 ein. Die Beklagte übersandte daraufhin die Unterlagen an den Staatlichen Gewerbearzt, der mit Schreiben vom 10.03.2011 vorschlug, die BK Nr. 2101 nicht anzuerkennen, da ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Tätigkeit und Erkrankung nicht wahrscheinlich sei. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.04.2011 die Anerkennung der Schultererkrankung des Klägers als BK nach § 9 Abs. 1 und 2 SGB VII ab. Die Erkrankung "Riss der Supraspinatussehne der linken Schulter mit Impingementsyndrom" gehöre nicht zu den in der BK-Liste genannten Erkrankungen und könne auch nicht wie eine BK anerkannt werden, da seit der letzten Fassung der BKV vom 11.06.2009 noch keine Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft darüber vorlägen, dass bestimmte Personengruppen bei ihrer beruflichen Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung der Gefahr ausgesetzt seien, sich eine Erkrankung in der beim Kläger vorliegenden Art zuzuziehen. Hiergegen legte der Kläger unter erneuter Bezugnahme auf das Gutachten des Dr. K. vom 28.07.2010 am 03.05.2011 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.06.2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 01.02.2011 unter Hinweis auf § 66 Abs.1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGBI) zurück. Hiergegen hat der Kläger am 14.07.2011 Klage beim SG erhoben (AZ: S 11 U 1875/11). Mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2011 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 14.04.2011 zurückgewiesen, da die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nicht vorlägen. Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen zählten nicht zum Erkrankungsbild der in der BK-Liste genannten Erkrankungen. Auch könne die Rotatorenmanschettenruptur an der linken Schulter nicht wie eine BK anerkannt werden. Hiergegen hat der Kläger am 23.09.2011 Klage beim SG erhoben (Az: S 11 U 2658/11). Das SG hat die beiden Verfahren mit Verbindungsbeschluss vom 20.10.2011 zur gemeinsamen Entscheidung und Verhandlung verbunden.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG zunächst medizinische Unterlagen aus der Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg beigezogen, u.a. den Bericht des Oberarztes Dr. J. vom 10.05.2011 über die stationäre Behandlung des Klägers vom 16.12.2010 bis zum 25.03.2011 in der Abteilung für Depressionserkrankungen der Klinik W ... Danach wurde eine wahnhafte Störung sowie eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen diagnostiziert. Das SG hat sodann das Gutachten nach Aktenlage des Dr. K. vom 13.03.2012 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, beim Kläger sei zweifelsohne ein Defekt im Bereich der Supraspinatussehne festgestellt worden. Dieser Riss habe am Ansatzbereich der sogenannten Supraspinatussehne der linken Schulter bestanden. Es handle sich daher um eine Erkrankung eines Sehnenansatzes. Ob diese Gesundheitsstörung mit Wahrscheinlichkeit durch berufliche Expositionen verursacht oder verschlimmert worden sei, könne er als medizinischer Gutachter nicht beantworten. Denn er könne die Richtigkeit der Angaben des Klägers, wonach er über zehn Jahre hinweg einen schweren Gegenstand (35 kg) habe hochheben müssen, nicht überprüfen. Unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Staatlichen Gewerbearztes sei jedoch davon auszugehen, dass - obwohl eine Erkrankung eines Sehnenansatzes bestehe - nach jetziger Gesetzeslage und Kenntnisstand ein Riss im Bereich der Rotatorenmanschette keine BK nach Nr. 2101 begründe. Ohne Erkenntnisse des Technischen Dienstes der Beklagten müsse auch davon ausgegangen werden, dass keine sogenannte Wie-BK vorliege, da davon auszugehen sei, dass es sich um einen Einzelfall handle. Entsprechende medizinische und wissenschaftliche Erkenntnisse aufgrund statistisch-epidemiologischer Forschungen seien ihm in diesem Zusammenhang nicht bekannt. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30.08.2012 hat der Gutachter weiter ausgeführt, die herrschende arbeitsmedizinische Lehrauffassung sei übereinstimmend der Meinung, dass Erkrankungen der Rotatorenmanschette bzw. eine Epicondylitis nicht unter die BK Nr. 2101 falle. Ein wissenschaftliches Gremium besonders schultererfahrener, wissenschaftlich tätiger Orthopäden habe sich systematisch mit der Erkrankung der Rotatorenmanschette auseinandergesetzt und sei 2005 zu dem Ergebnis gelangt, es bestünden keine gesicherten Erkenntnisse für die Empfehlung degenerativer Veränderungen im Rotatorenmanschettenbereich als BK-Folge. Auch wenn die arbeitstechnischen Voraussetzungen vorliegend nachgewiesen werden könnten, sei davon auszugehen, dass Rotatorenmanschettenaffektionen, wie sie beim Kläger vorlägen, nicht durch berufliche Belastungen entstehen könnten bzw. es hierüber in der Literatur und auch unter Experten keine gesicherten Erkenntnisse gäbe.

Mit Urteil vom 15.11.2012 hat das SG die Klage (richtig: die Klagen) abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei unzulässig, soweit sie sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 01.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2011 wende, da dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehle, nachdem die Beklagte in der Sache selbst entschieden habe. Die Klage gegen den Bescheid vom 14.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2011 sei unbegründet, da es schon an einem Nachweis einer Krankheit fehle. Beim Kläger liege zwar eine Verletzung der Rotatorenmanschette in Form eines Risses der Supraspinatussehne vor. Hierbei handle es sich jedoch nicht um eine Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes. Entgegen dem Gutachten des Dr. K. liege auch keine Erkrankung der Sehnen- oder Muskelansätze vor. Insoweit sei das Gutachten nicht schlüssig, denn es gehe von falschen Anknüpfungstatsachen aus. Der Riss der Rotatorenmanschette habe nach dem MRT-Befund vom 05.03.2009 im ventralen Anteil gelegen. Dies habe sich auch operativ bestätigt. Laut Operationsbericht vom 01.04.2009 habe im Bereich des Ansatzes der Supraspinatussehne keine eindeutige Rissbildung vorgelegen. Eine allgemeine Erkrankung im Bereich der Rotatorenmanschette könne einer Erkrankung der Sehnenscheiden, des Sehnengleitgewebes, der Sehnen- oder der Muskelansätze nicht gleichgestellt werden. Erfasst würden nicht Sehnenerkrankungen insgesamt, sondern nur Sehnenansatzerkrankungen. Sehnenrisse gehörten nicht hierzu. Auch lägen die Voraussetzungen für eine Entschädigung nach § 9 Abs. 2 SGB VII nicht vor. Es fehlten neuere wissenschaftliche Erkenntnisse, die das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltenden Krankheit als BK begründen könnten. Dies ergebe sich aus der ergänzenden Stellungnahme des Dr. K ... Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21.11.2012 zugestellt (Empfangsbekenntnis vom 21.11.2012).

Hiergegen richtet sich die am 20.12.2012 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wird vorgetragen,, im vorliegenden Fall fehle es nicht an einem Nachweis der Krankheit. Dr. K. habe in seinem Gutachten vom 13.03.2012 mehrfach dargelegt, dass eine Stellungnahme des Technischen Dienstes der Beklagten zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen notwendig sei. Ein diesbezügliches Gutachten des Technischen Dienstes sei daher notwendig.

Der Kläger beantragt - sachdienlich ausgelegt -,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 15.11.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 14.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Riss der Supraspinatussehne in der linken Schulter eine Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist, hilfsweise festzustellen, dass der Riss der Supraspinatussehne in der linken Schulter eine Wie-Berufskrankheit gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, dass beim Kläger zwar eine Verletzung der Rotatorenmanschette in Form eines Risses der Supraspinatussehne im ventralen Bereich vorliege, es sich hierbei aber weder um eine Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes noch um eine Erkrankung der Sehnen- oder Muskelansätze handle. Somit fehle es hier bereits an einem geeigneten Krankheitsbild für die Anerkennung einer BK Nr. 2101, sodass auch Ermittlungen des Präventionsdienstes bezüglich des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2101 nicht notwendig seien.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 13.05.2013 hat der Kläger die Klage gegen den Bescheid vom 01.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.06.2011 zurückgenommen (vgl. Niederschrift vom 13.05.2013, Bl.40 bis 42 der LSG-Akte).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs.2 SGG), ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 14.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2011 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten BK Nr. 2101. Auch liegen die Voraussetzungen einer Wie-BK gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII nicht vor.

Nachdem der Kläger während des Berufungsverfahrens in zulässiger Weise (vgl. §§ 153 Abs. 1, 102 Abs. 1 SGG) die Klage gegen den Bescheid vom 01.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.06.2011 zurückgenommen hat, ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch - bei sachdienlicher Auslegung des Berufungsantrags des Klägers (§ 123 SGG) - eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs.1 Satz 1 und § 55 Abs.1 Nr.1 SGG), mit der unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten vom 14.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.09.2011 die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass die Gesundheitsbeeinträchtigung (Riss der Supraspinatussehne) in der linken Schulter eine BK nach Nr. 2101 bzw. eine Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII ist. Ein Versicherter, dem gegenüber ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung durch Verwaltungsakt entschieden hat, dass ein Anspruch auf Feststellung einer bestimmten BK nicht gegeben ist, kann deren Vorliegen als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab im Wege einer Kombination von Anfechtungs- und Verpflichtungs- oder Feststellungsklage klären lassen (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R = BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 BKV, jeweils RdNr. 11 m.w.N.; BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274; zuletzt BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R = NZS 2012, 151). Zwar hat die Beklagte im angegriffenen Bescheid auch entschieden, dass ein Anspruch auf Leistungen nicht bestehe. Nachdem sie aber bereits einen Versicherungsfall (§ 7 Abs. 1 SGB VII) verneint hatte, hat dieser Teil des Bescheidtenors keine eigenständige Bedeutung, sondern beschreibt nur die rechtlichen Folgerungen daraus, dass ein Versicherungsfall nicht gegeben ist. Eine mit einem Entschädigungsantrag erhobene Leistungsklage wäre insofern unzulässig, weil sie nicht auf konkrete Leistungen, sondern allgemein auf Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten gerichtet wäre (BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 35/03 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 6). Der Senat hat daher den Berufungsantrag des Klägers unter Beachtung von §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sachdienlich ausgelegt.

Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner Gesundheitsstörungen in der linken Schulter als BK Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV.

Nach § 9 Abs. 1 SGB VII sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden (Satz 1). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (Satz 2).

Für die Feststellung einer Listen-BK ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist nach der Rechtsprechung des BSG keine Voraussetzung einer Listen-BK (BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R = NZS 2012, 151). Dabei gilt für die Überzeugungsbildung des Gerichts hinsichtlich der "versicherten Tätigkeit", der "Verrichtung", der "Einwirkungen" und der "Krankheit" der Beweisgrad des Vollbeweises, also der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit. Für die Überzeugungsbildung vom Vorliegen der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge und der rechtlich zu bewertenden Wesentlichkeit einer notwendigen Bedingung genügt indes der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R = BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr 4 BKV, jeweils RdNr. 16 m.w.N. und - B 2 U 9/08 R = BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 14 BKV, jeweils RdNr. 9 m.w.N.; BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R = BSGE 108, 274).

Die BKV umschreibt den Tatbestand der BK Nr. 2101 wie folgt: "Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können". Die Voraussetzungen dieses Tatbestandes i.V.m. § 9 Abs. 1 SGBVII sind nach Überzeugung des Senats nicht erfüllt. Denn Sehnenrisse sind keine Erkrankung der Sehnenscheiden, des Sehnengleitgewebes oder der Sehnen- und Muskelansätze.

Nach Durchführung der medizinischen Ermittlungen steht fest, dass beim Kläger eine Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes infolge einer beginnenden Arthrose des linken Schultergelenkes bei Defektsituation der Rotatorenmanschette besteht. Im Bereich der Supraspinatussehne kam es zu einem Riss, sodass am 01.04.2009 eine operative Refixation durchgeführt werden musste. Der Senat stützt sich hierbei auf das Gutachten des Dr. K. vom 28.07.2010, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnte, auf sein Gutachten nach Aktenlage vom 13.03.2012 und auf den Operationsbericht des Dr. S. vom 01.04.2009. Damit liegt beim Kläger aber kein Krankheitsbild vor, welches von der BK Nr. 2101 erfasst wird. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut werden Erkrankungen der Sehne selbst nicht erfasst. Erfasst werden nur Erkrankungen der Sehnenscheide oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- und Muskelansätze. Sehnenrisse sind danach weder versicherungsrechtlich noch nach pathologisch-anatomischen Begriffen Erkrankungen, die unter die BK Nr.2101 fallen (Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2101 Nr. 2.2.3, S.6; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 421 und 1167). Zwar vertritt Dr. K. in seinem Gutachten vom 13.03.2012 die Auffassung, dass eine Erkrankung eines Sehnenansatzes (Supraspinatussehne) vorliege. Der Senat geht aber mit dem SG davon aus, dass der Gutachter von falschen Anknüpfungstatsachen ausgeht. Dies ergibt sich aus dem Operationsbericht des Dr. S. vom 01.04.2009. Danach war im Bereich des Ansatzes der Supraspinatussehne keine eindeutige Rissbildung erkennbar gewesen. Auch Prof. Dr. T. beschrieb in seinem Befundbericht über die MRT-Untersuchung vom 05.03.2009 keine Erkrankung des Sehnenansatzes. Beschrieben wird lediglich eine Komplettruptur der Supraspinatussehne im ventralen (= zur Vorderseite hin) Anteil. Bei einer weiteren MRT am 25.06.2009 konnte der Ansatzbereich der Supraspinatussehne links aufgrund von ausgeprägten Artefakten nicht beurteilt werden. Eine Sehnenansatzerkrankung (vgl. hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.02.2009 - L 31 U 492/08 = UV-Recht Aktuell 2009, 786) oder Erkrankungen der Sehnenscheide sowie des Sehnengleitgewebes konnten daher nicht nachgewiesen werden.

Schließlich kann auch keine Anerkennung der Beschwerden im linken Schultergelenk des Klägers als Wie-BK nach§ 9 Abs. 2 SGBVII erfolgen.

Nach § 9 Abs. 2 SGB VII haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind (sogenannte Öffnungsklausel für Wie-BKen). Die sich aus dieser Vorschrift ergebenden Tatbestandsmerkmale für die Feststellung einer Wie-BK bei einem Versicherten sind nach der Rechtsprechung des BSG (1.) das Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen für eine in der BKV bezeichneten Krankheit, (2.) das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als BK nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII - (3.) nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen - sowie (4.) die individuellen Voraussetzungen für die Feststellung dieser Krankheit als Wie-BK im Einzelfall bei dem Versicherten (BSG, Urteil vom 27.04.2010 - B 2 U 13/09 R = SozR4-2700 § 9 Nr. 18). Die Vorschrift enthält keine "Härteklausel", nach der jede durch eine versicherte Tätigkeit verursachte Krankheit als Wie-BK anzuerkennen wäre (vgl. nur BSG, Urteil vom 14.11.1996 - 2 RU 9/96 = BSGE 79, 250 = 3-2200 § 551 Nr. 9).

Nach den durchgeführten Ermittlungen steht fest, dass neue medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse, die bereits zu einer herrschenden Meinung im einschlägigen medizinischen Fachbereich geführt hätten, für den Riss der Supraspinatussehne nicht vorliegen. Der Senat stützt sich hierbei auf die ergänzende Stellungnahme des Dr. K. vom 30.08.2012. Danach hat sich ein wissenschaftliches Gremium besonders schultererfahrener, wissenschaftlich tätiger Orthopäden mit der Frage auseinandergesetzt, ob Rotatorenmanschettenaffektionen durch berufliche Belastungen entstehen können. Nach Dr. K. ist dieses Gremium im Jahr 2005 zu dem Ergebnis gelangt, dass keine gesicherten Erkenntnisse für die Empfehlung degenerativer Veränderungen im Rotatorenmanschettenbereich als BK-Folge bestehen. Auch in der neueren Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 421) wird angegeben, dass eine Anerkennung eines Sehnenrisses als Berufskrankheit bislang nicht bekannt sei (vgl. hierzu auch LSG Hamburg, Urteil vom 14.02.2012 - L 3 U 8/10 = Juris).

Vor diesem Hintergrund waren weitere Ermittlungen von Amts wegen weder in medizinischer noch in arbeitstechnischer Hinsicht notwendig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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