Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 16 AS 1442/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 624/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. Februar 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2010 verpflichtet wird, die notwendigen Aufwendungen der Klägerin im Widerspruchsverfahren zu erstatten und die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten festzustellen.
Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1980 geborene Klägerin bezieht von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie nahm zum 16. Februar 2009 eine Beschäftigung bei der Hauskrankenpflege "h" P S GmbH (HPS) auf. Mit dem am 16. März 2009 der Klägerin übergebenen Schreiben vom 15. März 2009 kündigte die HPS das Arbeitverhältnis mit der Klägerin fristlos wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Verhaltens- und Leistungspflichten und teilte dies am 16. März 2009 dem Beklagten telefonisch mit. Nach einer von dem Mitarbeiter S des Beklagten erstellten Gesprächsnotiz (vgl. Bl. 159 der Leistungsakten) wies die HPS dabei auf ein mehrfaches schweres Fehlverhalten der Klägerin (u.a. unerlaubte Nutzung des Dienstfahrzeuges, unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz) hin und führte ferner aus, eine Aussprache in der letzten Woche sei erfolglos geblieben. Mit Schreiben vom 18. März 2009 teilte der Beklagte die Klägerin mit, es bestehe Grund zu der Annahme, dass sie die Kündigung zum 15. März 2009 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt und damit einen Sanktionstatbestand nach § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II iVm § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch -Arbeitsförderung - (SGB IIII) erfüllt habe. Der Klägerin werde gemäß § 24 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Mit Schreiben vom 21. März 2009 erläuterte die Klägerin ihre Kündigung wie folgt: Am 14. März 2009 (Samstag) habe sie während der Arbeit starke Bauch- und Rückenschmerzen bekommen. Sie habe den Dienst zu Ende gearbeitet und sei anschließend ins Krankenhaus nach P gefahren. Von dort aus sei sie im Krankenwagen nach G gebracht worden. Im Krankenhaus in G sei sie von einem Gynäkologen untersucht worden, der eine Fehlgeburt festgestellt habe. Da die Versorgung ihrer dreijährigen Tochter nicht sichergestellt gewesen sei, habe sie nicht im Krankenhaus bleiben können und sei mit dem Taxi nach Hause gebracht worden. Zuvor habe sie im Krankenhaus ihrer Arbeitsstelle die Umstände ausrichten lassen. Am 16. März 2009 habe sie sich von ihrer Frauenärztin für eine Woche krankschreiben lassen. Nachdem der Beklagte die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 1. April 2009 unter Hinweis auf § 24 SGB X aufgefordert hatte, zur Klärung der noch offenen Fragen persönlich vorzusprechen, fand am 14. April 2009 eine persönliche Anhörung der Klägerin durch die Mitarbeiterin S des Beklagten statt. Auf die diesbezügliche Gesprächsnotiz der Mitarbeiterin F des Beklagten vom selben Tag wird Bezug genommen. Am 20. April 2009 übersandte die HPS dem Beklagten diverse eigene Unterlagen betreffend die Klägerin (u.a. über die private Nutzung eines Dienstwagens durch die Klägerin am 10. März 2009 sowie das Fernbleiben vom Dienst am 15. März 2009). Mit Bescheid vom 11. Mai 2009 senkte der Beklagte das der Klägerin gewährte Arbeitslosengeld II um 30 % für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis 31. August 2009 ab und führte zur Begründung aus: Die Kündigung durch die HPS sei durch die unentschuldigte Dienstabwesenheit am 15. März 2009 ausgelöst und mithin Folge eines Fehlverhaltens der Klägerin gewesen. Mit ihrem Widerspruch vom 27. Mai 2009 ließ die anwaltlich vertretene Klägerin vortragen, die fristlose Kündigung sei nicht gerechtfertigt gewesen. Die HPS habe trotz Kenntnis ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit gekündigt. Der Arbeitgeber habe einen Kündigungsgrund konstruiert, um der Rückzahlung der für die Klägerin bezogenen Förderung zu entgehen. Maximal könne ihr vorgeworfen werden, dass sie sich gegen die fristlose Kündigung nicht verteidigt habe. Mit Schreiben vom 29. Mai 2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, mangels entsprechender Nachweise über die Behandlung in G seien ihre Aussagen als Schutzbehauptungen zu werten. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Bescheinigung der KMG Kliniken AG - Klinikum P - über eine Erste-Hilfe-Behandlung der Klägerin am 14. März 2009. Nachdem der Beklagte erneut darauf hingewiesen hatte, über eine Behandlung in G lägen keine Nachweise vor, ergänzte die Klägerin ihren Vortrag mit Schreiben vom 24. Juni 2009 dahingehend, dass sie am 14 März 2009 zunächst in P und dann in G behandelt worden sei. Die Arbeitsunfähigkeit sei über die Mitarbeiterin A P der HPS an ihren Arbeitgeber weitergeleitet worden. Das Arbeitsverhältnis sei nunmehr mit arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 4. Juni 2009 ordnungsgemäß zum 15. März 2009 abgerechnet worden. Der Beklagte nahm mit Bescheid vom 26. Juni 2009 den Bescheid vom 11. Mai 2009 zurück und führte aus: Aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich ergäben sich keine eindeutigen Hinweise auf eine Verursachung der Kündigung durch die Klägerin. Aufgrund einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 16. März 2009 bis 20. März 2009 sowie eines Behandlungsnachweises vom 14. März 2009 des Klinikums P sei von einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 14. März 2009 auszugehen. Die Klägerin erklärte daraufhin den Widerspruch für erledigt und beantragte, ihr Kosten in Höhe von 357,- EUR zu erstatten. Der Beklagte lehnte mit Kostenbescheid vom 2. März 2010 den Antrag auf Kostenerstattung ab und führte u.a. aus: Die Klägerin sei ihren Mitwirkungspflichten erst im Widerspruchsverfahren mit dem Schreiben vom 25. Mai 2009 nachgekommen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2010 zurück und führte aus, zum Zeitpunkt des Erlasses des Sanktionsbescheides vom 11. Mai 2009 sei davon auszugehen gewesen, dass die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt gewesen sei. Die Klägerin habe im Anhörungsgespräch vom 14. April 2009 das Vorbringen ihres ehemaligen Arbeitgebers nicht nachvollziehbar entkräften können bzw. sei nicht darauf eingegangen.
Im Klageverfahren hat die Klägerin, die neben der Kostenerstattung auch die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten begehrt, ergänzend vorgetragen: Bereits im Ausgangsverfahren sei dargelegt worden, dass die fristlose Kündigung ungerechtfertigt gewesen sei. Das Sozialgericht (SG) Neuruppin hat unter Zulassung der Berufung den Beklagten mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2012 unter Aufhebung des Bescheides vom 2. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2010 verurteilt, der Klägerin die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen dem Grunde nach zu erstatten. Zur Begründung ist ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtwidrig, soweit der Beklagte die Erstattung der im Widerspruchsverfahren notwendigen Aufwendungen abgelehnt habe. Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X habe der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen habe, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich gewesen sei. Gemäß § 63 Abs. 2 SGB X seien die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Erfolgreich sei ein Widerspruch, auf den hin der Verwaltungsakt völlig oder teilweise aufgehoben werde. Selbst wenn nach Auffassung des Beklagten die Frage des Erfolgreichseins einer Einschränkung bedürfe, wenn ein anderer Umstand als der Widerspruch dem "Erfolg" rechtlich zurechenbar sei, liege ein solcher Fall nicht vor. Zum einen habe die Klägerin selbst im Rahmen der Anhörung mit ihrem Schreiben vom 21. März 2009 sehr ausführlich zu den Gründen ihres "Nichterscheinens" vorgetragen und zum anderen habe der Beklagte seiner Verpflichtung aus § 20 SGB X, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, keine weitere Beachtung geschenkt. Darüber hinaus hätten erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 11. Mai 2009 bestanden. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sei hier notwendig gewesen.
Mit der Berufung macht der Beklagte geltend: Dem Erfolg des Widerspruchs stehe die mangelnde Ursächlichkeit zwischen dem Widerspruch und der begünstigenden Entscheidung entgegen. Die Stattgabe habe allein darauf beruht, dass sich die Klägerin und ihr früherer Arbeitgeber in einem späteren arbeitsgerichtlichen Termin hinsichtlich der Kündigungsmodalitäten geeinigt hätten. Erst der arbeitsgerichtliche Prozess habe Klarheit gebracht. Es könne nicht sein, dass er - der Beklagte - wegen der fehlenden Sachverhaltsaufklärung seitens der Klägerin die Kosten des Bevollmächtigten tragen solle. Er habe die Klägerin und deren ehemaligen Arbeitgeber angehört. Die Klägerin habe nicht überzeugend darlegen können, dass die Vorwürfe des Arbeitgebers unberechtigt gewesen seien.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der die Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 13. November 2012 gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dem Berichterstatter zur gemeinsamen Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Entscheidungsgründe:
Die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig (vgl. § 144 Abs. 3 SGG), aber unbegründet.
Die Klägerin hat gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB X einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren sowie auf Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist vorliegend erfüllt, denn der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11. Mai 2009 war erfolgreich.
Ein Widerspruch hat im Grundsatz dann Erfolg im Sinne des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgibt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 21. Juli 1992 - 4 RA 20/91 = SozR 3-1300 § 63 Nr. 3 mwN; Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 63 Rn. 18). Danach ist ohne Belang, was der Widersprechende zur Begründung seines Rechtsbehelfs vorgebracht hat und welche Gründe zum Stattgeben des Widerspruchs geführt haben (vgl. Urteil des BSG vom 8. Oktober 1987 - 9a RVs 10/87 -, juris).
Ein Widerspruch ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise nur dann nicht erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X, wenn die abhelfende Entscheidung des Rechtsträgers - hier der Abhilfebescheid des Beklagten vom 26. Juni 2009 - nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand - etwa der Nachholung von Mitwirkungspflichten - zuzurechnen ist (vgl. Urteile des BSG vom 21. Juli 1992 aaO; vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 42/00 R - und vom 25. März 2004 - B 12 KR 1/03 R = SozR 4-1300 § 63 Nr. 1). Die nach der zitierten Rechtsprechung des BSG zur fordernde kausale Verknüpfung zwischen dem Widerspruch der Klägerin und der abhelfenden Entscheidung des Beklagten ist indes gegeben. Es können keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür festgestellt werden, dass die Aufhebung des Bescheides vom 11. Mai 2009 nicht dem Widerspruch der Klägerin zuzurechnen ist. Insbesondere kann der Senat nicht feststellen, dass die Klägerin in dem dem Erlass des Bescheides vom 11. Mai 2009 vorausgehenden Verwaltungsverfahren Mitwirkungspflichten gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - verletzt hat. Die Klägerin hat auf das Anhörungsschreiben vom 18. März 2009 unter dem 21. März 2009 eingehend zur Kündigung Stellung genommen. Es trifft zwar zu, dass sie bei dieser Gelegenheit nur auf das Fernbleiben vom Dienst am 15. März 2009 eingegangen ist. Insoweit ist indes zu berücksichtigen, dass ihr mit dem Anhörungsschreiben keine konkreten Vorwürfe mitgeteilt worden waren und mithin die Klägerin davon ausgehen konnte, dass von ihr eine Erklärung zum unmittelbaren Anlass für die Kündigung (Fernbleiben vom Dienst am 15. März 2009) erwartet wurde. Insoweit kann von einem ausweichenden Verhalten der Klägerin nicht die Rede sein. Entsprechendes gilt für den Verlauf des Gespräches am 14. April 2009, in dem die Klägerin (erstmals) mit dem Inhalt der Gesprächsnotiz vom 16. März 2009 konfrontiert worden war. Die Klägerin leugnete in diesem Gespräch, dass es sie mit ihrem Arbeitgeber über Vorwürfe wegen eines Fehlverhaltens gesprochen habe und schilderte nochmals die Fahrt ins Krankenhaus nach P, welche sie allerdings - wohl versehentlich - statt auf den 14. auf den 15. März 2009 datierte. Auch im Übrigen lässt sich der Gesprächsnotiz vom 14. April 2009 nicht entnehmen, dass die Klägerin "gemauert" und mithin die Aufklärung des Sachverhalts nicht gefördert oder gar behindert hat. So hat sie offenbar von sich aus mitgeteilt, dass sie von der HPS bei der Polizei wegen unterlassener Rückgabe eines Geräts angezeigt worden war und den Vorwurf des Diebstahls bestritten. Die erst am 20. April 2009 - also nach dem Gespräch vom 14. April 2009 - übermittelten Informationen des Arbeitgebers über angebliche Pflichtverletzungen der Klägerin (vgl. Bl. 97ff der Leistungsakten), darunter auch über nicht zurückgegebene Utensilien des Arbeitgebers, waren offensichtlich nicht Gegenstand des Gesprächs vom 14. April 2009 gewesen und sind der Klägerin nach Aktenlage auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt vor Erlass des Bescheides vom 11. Mai vorgehalten worden. Der im Gespräch vom 14. April 2009 von der Kläger angedeutete Verzicht auf eine gerichtliche Überprüfung der fristlosen Kündigung hätte zwar vom Beklagten möglicherweise bei der Würdigung des Sachverhalts zu ihrem Nachteil berücksichtigt werden können; im entsprechenden Verhalten der Klägerin lag aber keine Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des sanktionsrechtlich erheblichen Sachverhalts. Soweit die Klägerin den Abschluss eines arbeitsrechtlichen Vergleichs mit der HPS erst während des Widerspruchsverfahrens mitgeteilt hat, folgt auch daraus keine Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten, denn dieser Vergleich ist erst am 4. Juni 2009 und mithin nach Erlass des Bescheides vom 11. Mai 2009 geschlossen worden. Nach alledem kann der Senat nicht feststellen, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten im Wesentlichen unwahre oder unvollständige Angaben gemacht hat und so ihren Mitwirkungspflichten, zu denen es gehört, vollständige und wahre Angaben zu machen (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. September 2008 - L 3 R 1452/08 -, juris mwN), verletzt hat. Dies sieht auch der Beklagte letztlich nicht anders. Wenn er im Widerspruchsbescheid vom 2. März 2010 ausführt, der Vortrag des früheren Arbeitgebers zu den Umständen der Kündigung und etwaigen Fehlverhaltens im Vorfeld sei durch die Klägerin nicht zweifelsfrei geklärt worden bzw. im Berufungsverfahren vorträgt, erst der arbeitsgerichtliche Prozess habe Klarheit gebracht, verweist er der Sache nach nicht auf konkrete, der Klägerin mögliche und von ihr unterlassene Mitwirkungshandlungen zur Aufklärung eines sanktionserheblichen Sachverhalts, sondern versucht damit lediglich eine von ihm zu Lasten der Klägerin getroffene Beweislastentscheidung, für die im Übrigen das materielle Recht keine Anhaltspunkte bietet, zu rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des Beklagten war es eben nicht Sache der Klägerin, die Vorwürfe ihrer Arbeitgeberin zu entkräften, vielmehr oblag es dem Beklagten, die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sanktionstatbestandes nachzuweisen.
Die Klägerin hat, was in der Tenorierung des angegriffenen Gerichtsbescheides klarzustellen war, auch Anspruch auf die Feststellung, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig ist. Es ist insoweit auf die Sicht eines verständigen Beteiligten im Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vg. nur Roos, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 63 Rn. 26 mwN). Entscheidender Maßstab ist die Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 2012 - B 4 AS 97/11 R -, juris). Da dem Widerspruchsführer rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen, kann die Notwendigkeit einer Zuziehung nur ausnahmsweise verneint werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen regelmäßig erfolgt, wenn im Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht. So liegt es hier. Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalles sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die 1980 geborene Klägerin bezieht von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Sie nahm zum 16. Februar 2009 eine Beschäftigung bei der Hauskrankenpflege "h" P S GmbH (HPS) auf. Mit dem am 16. März 2009 der Klägerin übergebenen Schreiben vom 15. März 2009 kündigte die HPS das Arbeitverhältnis mit der Klägerin fristlos wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Verhaltens- und Leistungspflichten und teilte dies am 16. März 2009 dem Beklagten telefonisch mit. Nach einer von dem Mitarbeiter S des Beklagten erstellten Gesprächsnotiz (vgl. Bl. 159 der Leistungsakten) wies die HPS dabei auf ein mehrfaches schweres Fehlverhalten der Klägerin (u.a. unerlaubte Nutzung des Dienstfahrzeuges, unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz) hin und führte ferner aus, eine Aussprache in der letzten Woche sei erfolglos geblieben. Mit Schreiben vom 18. März 2009 teilte der Beklagte die Klägerin mit, es bestehe Grund zu der Annahme, dass sie die Kündigung zum 15. März 2009 vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt und damit einen Sanktionstatbestand nach § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II iVm § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch -Arbeitsförderung - (SGB IIII) erfüllt habe. Der Klägerin werde gemäß § 24 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Mit Schreiben vom 21. März 2009 erläuterte die Klägerin ihre Kündigung wie folgt: Am 14. März 2009 (Samstag) habe sie während der Arbeit starke Bauch- und Rückenschmerzen bekommen. Sie habe den Dienst zu Ende gearbeitet und sei anschließend ins Krankenhaus nach P gefahren. Von dort aus sei sie im Krankenwagen nach G gebracht worden. Im Krankenhaus in G sei sie von einem Gynäkologen untersucht worden, der eine Fehlgeburt festgestellt habe. Da die Versorgung ihrer dreijährigen Tochter nicht sichergestellt gewesen sei, habe sie nicht im Krankenhaus bleiben können und sei mit dem Taxi nach Hause gebracht worden. Zuvor habe sie im Krankenhaus ihrer Arbeitsstelle die Umstände ausrichten lassen. Am 16. März 2009 habe sie sich von ihrer Frauenärztin für eine Woche krankschreiben lassen. Nachdem der Beklagte die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 1. April 2009 unter Hinweis auf § 24 SGB X aufgefordert hatte, zur Klärung der noch offenen Fragen persönlich vorzusprechen, fand am 14. April 2009 eine persönliche Anhörung der Klägerin durch die Mitarbeiterin S des Beklagten statt. Auf die diesbezügliche Gesprächsnotiz der Mitarbeiterin F des Beklagten vom selben Tag wird Bezug genommen. Am 20. April 2009 übersandte die HPS dem Beklagten diverse eigene Unterlagen betreffend die Klägerin (u.a. über die private Nutzung eines Dienstwagens durch die Klägerin am 10. März 2009 sowie das Fernbleiben vom Dienst am 15. März 2009). Mit Bescheid vom 11. Mai 2009 senkte der Beklagte das der Klägerin gewährte Arbeitslosengeld II um 30 % für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis 31. August 2009 ab und führte zur Begründung aus: Die Kündigung durch die HPS sei durch die unentschuldigte Dienstabwesenheit am 15. März 2009 ausgelöst und mithin Folge eines Fehlverhaltens der Klägerin gewesen. Mit ihrem Widerspruch vom 27. Mai 2009 ließ die anwaltlich vertretene Klägerin vortragen, die fristlose Kündigung sei nicht gerechtfertigt gewesen. Die HPS habe trotz Kenntnis ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit gekündigt. Der Arbeitgeber habe einen Kündigungsgrund konstruiert, um der Rückzahlung der für die Klägerin bezogenen Förderung zu entgehen. Maximal könne ihr vorgeworfen werden, dass sie sich gegen die fristlose Kündigung nicht verteidigt habe. Mit Schreiben vom 29. Mai 2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, mangels entsprechender Nachweise über die Behandlung in G seien ihre Aussagen als Schutzbehauptungen zu werten. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Bescheinigung der KMG Kliniken AG - Klinikum P - über eine Erste-Hilfe-Behandlung der Klägerin am 14. März 2009. Nachdem der Beklagte erneut darauf hingewiesen hatte, über eine Behandlung in G lägen keine Nachweise vor, ergänzte die Klägerin ihren Vortrag mit Schreiben vom 24. Juni 2009 dahingehend, dass sie am 14 März 2009 zunächst in P und dann in G behandelt worden sei. Die Arbeitsunfähigkeit sei über die Mitarbeiterin A P der HPS an ihren Arbeitgeber weitergeleitet worden. Das Arbeitsverhältnis sei nunmehr mit arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 4. Juni 2009 ordnungsgemäß zum 15. März 2009 abgerechnet worden. Der Beklagte nahm mit Bescheid vom 26. Juni 2009 den Bescheid vom 11. Mai 2009 zurück und führte aus: Aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich ergäben sich keine eindeutigen Hinweise auf eine Verursachung der Kündigung durch die Klägerin. Aufgrund einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 16. März 2009 bis 20. März 2009 sowie eines Behandlungsnachweises vom 14. März 2009 des Klinikums P sei von einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 14. März 2009 auszugehen. Die Klägerin erklärte daraufhin den Widerspruch für erledigt und beantragte, ihr Kosten in Höhe von 357,- EUR zu erstatten. Der Beklagte lehnte mit Kostenbescheid vom 2. März 2010 den Antrag auf Kostenerstattung ab und führte u.a. aus: Die Klägerin sei ihren Mitwirkungspflichten erst im Widerspruchsverfahren mit dem Schreiben vom 25. Mai 2009 nachgekommen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2010 zurück und führte aus, zum Zeitpunkt des Erlasses des Sanktionsbescheides vom 11. Mai 2009 sei davon auszugehen gewesen, dass die außerordentliche Kündigung gerechtfertigt gewesen sei. Die Klägerin habe im Anhörungsgespräch vom 14. April 2009 das Vorbringen ihres ehemaligen Arbeitgebers nicht nachvollziehbar entkräften können bzw. sei nicht darauf eingegangen.
Im Klageverfahren hat die Klägerin, die neben der Kostenerstattung auch die Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten begehrt, ergänzend vorgetragen: Bereits im Ausgangsverfahren sei dargelegt worden, dass die fristlose Kündigung ungerechtfertigt gewesen sei. Das Sozialgericht (SG) Neuruppin hat unter Zulassung der Berufung den Beklagten mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2012 unter Aufhebung des Bescheides vom 2. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2010 verurteilt, der Klägerin die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen dem Grunde nach zu erstatten. Zur Begründung ist ausgeführt: Der angefochtene Bescheid sei rechtwidrig, soweit der Beklagte die Erstattung der im Widerspruchsverfahren notwendigen Aufwendungen abgelehnt habe. Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X habe der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen habe, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich gewesen sei. Gemäß § 63 Abs. 2 SGB X seien die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Erfolgreich sei ein Widerspruch, auf den hin der Verwaltungsakt völlig oder teilweise aufgehoben werde. Selbst wenn nach Auffassung des Beklagten die Frage des Erfolgreichseins einer Einschränkung bedürfe, wenn ein anderer Umstand als der Widerspruch dem "Erfolg" rechtlich zurechenbar sei, liege ein solcher Fall nicht vor. Zum einen habe die Klägerin selbst im Rahmen der Anhörung mit ihrem Schreiben vom 21. März 2009 sehr ausführlich zu den Gründen ihres "Nichterscheinens" vorgetragen und zum anderen habe der Beklagte seiner Verpflichtung aus § 20 SGB X, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, keine weitere Beachtung geschenkt. Darüber hinaus hätten erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 11. Mai 2009 bestanden. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sei hier notwendig gewesen.
Mit der Berufung macht der Beklagte geltend: Dem Erfolg des Widerspruchs stehe die mangelnde Ursächlichkeit zwischen dem Widerspruch und der begünstigenden Entscheidung entgegen. Die Stattgabe habe allein darauf beruht, dass sich die Klägerin und ihr früherer Arbeitgeber in einem späteren arbeitsgerichtlichen Termin hinsichtlich der Kündigungsmodalitäten geeinigt hätten. Erst der arbeitsgerichtliche Prozess habe Klarheit gebracht. Es könne nicht sein, dass er - der Beklagte - wegen der fehlenden Sachverhaltsaufklärung seitens der Klägerin die Kosten des Bevollmächtigten tragen solle. Er habe die Klägerin und deren ehemaligen Arbeitgeber angehört. Die Klägerin habe nicht überzeugend darlegen können, dass die Vorwürfe des Arbeitgebers unberechtigt gewesen seien.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 27. Februar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der die Kläger betreffende Verwaltungsvorgang der Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Der Rechtsstreit ist mit Beschluss vom 13. November 2012 gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dem Berichterstatter zur gemeinsamen Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Entscheidungsgründe:
Die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten ist zulässig (vgl. § 144 Abs. 3 SGG), aber unbegründet.
Die Klägerin hat gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB X einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren sowie auf Feststellung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist vorliegend erfüllt, denn der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11. Mai 2009 war erfolgreich.
Ein Widerspruch hat im Grundsatz dann Erfolg im Sinne des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgibt (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 21. Juli 1992 - 4 RA 20/91 = SozR 3-1300 § 63 Nr. 3 mwN; Roos in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 63 Rn. 18). Danach ist ohne Belang, was der Widersprechende zur Begründung seines Rechtsbehelfs vorgebracht hat und welche Gründe zum Stattgeben des Widerspruchs geführt haben (vgl. Urteil des BSG vom 8. Oktober 1987 - 9a RVs 10/87 -, juris).
Ein Widerspruch ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise nur dann nicht erfolgreich im Sinne des § 63 SGB X, wenn die abhelfende Entscheidung des Rechtsträgers - hier der Abhilfebescheid des Beklagten vom 26. Juni 2009 - nicht dem Widerspruch, sondern einem anderen Umstand - etwa der Nachholung von Mitwirkungspflichten - zuzurechnen ist (vgl. Urteile des BSG vom 21. Juli 1992 aaO; vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 42/00 R - und vom 25. März 2004 - B 12 KR 1/03 R = SozR 4-1300 § 63 Nr. 1). Die nach der zitierten Rechtsprechung des BSG zur fordernde kausale Verknüpfung zwischen dem Widerspruch der Klägerin und der abhelfenden Entscheidung des Beklagten ist indes gegeben. Es können keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür festgestellt werden, dass die Aufhebung des Bescheides vom 11. Mai 2009 nicht dem Widerspruch der Klägerin zuzurechnen ist. Insbesondere kann der Senat nicht feststellen, dass die Klägerin in dem dem Erlass des Bescheides vom 11. Mai 2009 vorausgehenden Verwaltungsverfahren Mitwirkungspflichten gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - verletzt hat. Die Klägerin hat auf das Anhörungsschreiben vom 18. März 2009 unter dem 21. März 2009 eingehend zur Kündigung Stellung genommen. Es trifft zwar zu, dass sie bei dieser Gelegenheit nur auf das Fernbleiben vom Dienst am 15. März 2009 eingegangen ist. Insoweit ist indes zu berücksichtigen, dass ihr mit dem Anhörungsschreiben keine konkreten Vorwürfe mitgeteilt worden waren und mithin die Klägerin davon ausgehen konnte, dass von ihr eine Erklärung zum unmittelbaren Anlass für die Kündigung (Fernbleiben vom Dienst am 15. März 2009) erwartet wurde. Insoweit kann von einem ausweichenden Verhalten der Klägerin nicht die Rede sein. Entsprechendes gilt für den Verlauf des Gespräches am 14. April 2009, in dem die Klägerin (erstmals) mit dem Inhalt der Gesprächsnotiz vom 16. März 2009 konfrontiert worden war. Die Klägerin leugnete in diesem Gespräch, dass es sie mit ihrem Arbeitgeber über Vorwürfe wegen eines Fehlverhaltens gesprochen habe und schilderte nochmals die Fahrt ins Krankenhaus nach P, welche sie allerdings - wohl versehentlich - statt auf den 14. auf den 15. März 2009 datierte. Auch im Übrigen lässt sich der Gesprächsnotiz vom 14. April 2009 nicht entnehmen, dass die Klägerin "gemauert" und mithin die Aufklärung des Sachverhalts nicht gefördert oder gar behindert hat. So hat sie offenbar von sich aus mitgeteilt, dass sie von der HPS bei der Polizei wegen unterlassener Rückgabe eines Geräts angezeigt worden war und den Vorwurf des Diebstahls bestritten. Die erst am 20. April 2009 - also nach dem Gespräch vom 14. April 2009 - übermittelten Informationen des Arbeitgebers über angebliche Pflichtverletzungen der Klägerin (vgl. Bl. 97ff der Leistungsakten), darunter auch über nicht zurückgegebene Utensilien des Arbeitgebers, waren offensichtlich nicht Gegenstand des Gesprächs vom 14. April 2009 gewesen und sind der Klägerin nach Aktenlage auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt vor Erlass des Bescheides vom 11. Mai vorgehalten worden. Der im Gespräch vom 14. April 2009 von der Kläger angedeutete Verzicht auf eine gerichtliche Überprüfung der fristlosen Kündigung hätte zwar vom Beklagten möglicherweise bei der Würdigung des Sachverhalts zu ihrem Nachteil berücksichtigt werden können; im entsprechenden Verhalten der Klägerin lag aber keine Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des sanktionsrechtlich erheblichen Sachverhalts. Soweit die Klägerin den Abschluss eines arbeitsrechtlichen Vergleichs mit der HPS erst während des Widerspruchsverfahrens mitgeteilt hat, folgt auch daraus keine Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten, denn dieser Vergleich ist erst am 4. Juni 2009 und mithin nach Erlass des Bescheides vom 11. Mai 2009 geschlossen worden. Nach alledem kann der Senat nicht feststellen, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten im Wesentlichen unwahre oder unvollständige Angaben gemacht hat und so ihren Mitwirkungspflichten, zu denen es gehört, vollständige und wahre Angaben zu machen (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. September 2008 - L 3 R 1452/08 -, juris mwN), verletzt hat. Dies sieht auch der Beklagte letztlich nicht anders. Wenn er im Widerspruchsbescheid vom 2. März 2010 ausführt, der Vortrag des früheren Arbeitgebers zu den Umständen der Kündigung und etwaigen Fehlverhaltens im Vorfeld sei durch die Klägerin nicht zweifelsfrei geklärt worden bzw. im Berufungsverfahren vorträgt, erst der arbeitsgerichtliche Prozess habe Klarheit gebracht, verweist er der Sache nach nicht auf konkrete, der Klägerin mögliche und von ihr unterlassene Mitwirkungshandlungen zur Aufklärung eines sanktionserheblichen Sachverhalts, sondern versucht damit lediglich eine von ihm zu Lasten der Klägerin getroffene Beweislastentscheidung, für die im Übrigen das materielle Recht keine Anhaltspunkte bietet, zu rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des Beklagten war es eben nicht Sache der Klägerin, die Vorwürfe ihrer Arbeitgeberin zu entkräften, vielmehr oblag es dem Beklagten, die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sanktionstatbestandes nachzuweisen.
Die Klägerin hat, was in der Tenorierung des angegriffenen Gerichtsbescheides klarzustellen war, auch Anspruch auf die Feststellung, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Nach § 63 Abs. 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig ist. Es ist insoweit auf die Sicht eines verständigen Beteiligten im Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen (vg. nur Roos, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 63 Rn. 26 mwN). Entscheidender Maßstab ist die Wahrung des Grundsatzes der Waffengleichheit (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 2012 - B 4 AS 97/11 R -, juris). Da dem Widerspruchsführer rechtskundige und prozesserfahrene Vertreter einer Behörde gegenüberstehen, kann die Notwendigkeit einer Zuziehung nur ausnahmsweise verneint werden. Denn es ist davon auszugehen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Wahrnehmung der eigenen Interessen regelmäßig erfolgt, wenn im Kenntnisstand und Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht. So liegt es hier. Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalles sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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