Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 310/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 11/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.12.2010 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des zweiten Rechtszugs. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Honorarabrechnungsunterlagen des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Klägers für die Quartale IV/2004 und I/2005 anzunehmen und zu bearbeiten.
Über das Vermögen des Klägers wurde am 01.07.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger führte seinen Praxisbetrieb fort. Zwischen ihm, dem Insolvenzverwalter und der Gläubigerversammlung war u.a. umstritten, wem die Honorare aus der vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers zufließen bzw. welche Honoraranteile dem Kläger verbleiben und wer die Praxiskosten trägt. Das Honorar aus seiner vertragsärztlichen Tätigkeit für das Jahr 2003 rechnete der Kläger mit der Beklagten ab. Diese zahlte das Honorar an den Insolvenzverwalter. Für die Quartale ab I/2004 reichte der Kläger zunächst keine weiteren Abrechnungen bei der Beklagten ein.
Entsprechend seinem Vorgehen für die Quartalen I/2004, II/2004 und III/2004 wandte sich der Kläger auch hinsichtlich der Quartale IV/2004 und I/2005 an die Beklagte (Schreiben vom 31.12.2005 bzw. 31.03.2006) und machte geltend, aufgrund des noch anhaltenden Insolvenzkrieges, der inzwischen mehrere Gerichte und Instanzen beschäftige, nicht imstande zu sein, die Abrechnungsunterlagen für die Quartale IV/2004 und I/2005 einzureichen. Die Beklagte überweise schon seit Mai 2002 die Honorare an den Insolvenzverwalter. Dieser verweigere seit 01.01.2003 die Übernahme der Praxiskosten und die Zahlung eines gesetzlich vorgeschriebenen Pfändungsbetrages. Ein von ihm - dem Kläger - erstellter Insolvenzplan sei von dem Insolvenzverwalter sabotiert worden. Da er deshalb die Abrechnungsunterlagen nicht binnen Jahresfrist einreichen könne, beantrage er die Verlängerung dieser Frist auf unbestimmte Zeit. Die Beklagte könne nach ihren Regelungen auf Maßnahmen wie Abzug bei verspäteter Abrechnung absehen, wenn die Einreichungsfrist nachweislich ohne Verschulden des Vertragsarztes versäumt worden sei. Diese Voraussetzungen lägen bei ihm vor.
Die Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 20.02.2006 und 17.05.2006 ab. Nach § 4 Abs. 5 des zum 01.04.2005 bzw. 01.01.2006 in Kraft getretenen Honorarverteilungsvertrages (HVV) sei die Einreichung von Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres, vom Ende des Kalendervierteljahres an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden seien, ausgeschlossen. Ein Ausnahmefall nach § 4 Abs. 6 HVV liege nicht vor, da der Kläger die Abrechnungsunterlagen seit dem Quartal IV/2002 regelmäßig unter Hinweis auf EDV-technische Probleme bzw. bestehende Unstimmigkeiten mit dem Insolvenzverwalter verspätet einreichen würde.
Mit seinen Widersprüchen verwies der Kläger u.a. darauf, sich zwischenzeitlich mit dem Insolvenzverwalter über die Installation einer neuen EDV-Anlage geeinigt zu haben. Deshalb solle die Frist zur Einreichung der Abrechnungsunterlagen bis zum 30.06.2006 verlängert werden.
Unter dem 28.06.2006 reichte der Kläger die Abrechnungsunterlagen für die Quartale IV/2004 und I/2005 bei der Beklagten ein. Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2006 mit der Begründung zurück, die Verlängerung der Abgabefrist sei zu Recht abgelehnt worden.
Mit seiner Klage vom 05.10.2006 hat der Kläger vorgetragen, ihm sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die Abrechnungsfrist einzuhalten. Der Insolvenzverwalter habe sich erst am 31.05.2006 den gesetzlichen Bestimmungen gebeugt und eine EDV-Anlage angeschafft. Danach sei ihm kurzfristig die Abrechnung möglich gewesen. Die zuvor fehlende Möglichkeit einer EDV-Abrechnung stelle einen Ausnahmefall dar; eine manuelle Abrechnung habe nicht erfolgen können und entspreche auch nicht mehr der Realität. Die Ablehnung der Abrechnung sei unverhältnismäßig und habe existenzvernichtende Folgen. Der Honorarverlust pro Quartal belaufe sich auf bis zu 39.000,00 EUR. Dem stünden nicht übernommene Praxiskosten, Gehälter, Steuern und seine Beiträge zur Ärzteversorgung gegenüber. Eine Ausschlussfrist dürfe nicht zu einem völligen Ausfall einer Vergütung führen; dies verletze ihn in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit. Im Übrigen bestehe für eine Ausschlussfrist keine hinreichende Rechtsgrundlage. Der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten verstoße gegen Verfassungsrecht und könne deshalb in § 4 Abs. 5 HVM, der eine Einreichung von Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres ausschließe, die durch Art. 12 Grundgesetz (GG) garantierte Berufsfreiheit nicht wirksam beschränken. § 4 Abs. 5 HVM stelle einen intensiven Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar; deshalb sei die entsprechende Rechtsetzung dem Gesetzgeber vorbehalten und dürfe nicht anderen Stellen überlassen werden. § 85 Abs. 4 Satz 1, 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für eine Ausschlussfrist. Diese Regelung diene nicht der Honorarverteilung. Sie schließe den Arzt, der die Frist versäume von der Honorarverteilung gerade mit der Folge aus, dass das von diesem erwirtschaftete Honorar bei der Beklagten verbleibe und bewirke damit das Gegenteil. Das Bundessozialgericht (BSG) suggeriere z.B. in seiner Entscheidung vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -, dass die Verfassungsmäßigkeit des Normsetzungsvertrages über jeden Zweifel erhaben sei, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ergebe sich dies aber nicht. Auch das Urteil des BSG vom 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 R -, in dem Abrechnungsfristen als grundsätzlich rechtmäßig erachtet würden, überzeuge nicht. Eine Ausschlussfrist sei nicht erforderlich, um eine zeitnahe Abrechnung der Vertragsärzte zu gewährleisten. Insoweit könnten als milderes, aber gleich geeignetes Mittel Disziplinarmaßnahmen ergriffen werden. Schließlich sei die Ausschlussfrist auch mit der bundesgesetzlichen Verjährungsfrist für ärztliche Honorare von drei Jahren nicht vereinbar.
Der Kläger hat beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 20.02.2006 und vom 17.05.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Abrechnungsunterlagen für die Quartale IV/2004 und I/2005 zu bearbeiten und abzurechnen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt und auf die in den Parallelverfahren zu den Quartalen I/2004, II/2004 und III/2004 ergangenen Entscheidungen verwiesen.
In diesen Rechtsstreitigkeiten hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die von dem Kläger mit im Wesentlichen gleicher Begründung geltend gemachten Klagen auf Verlängerung der Abgabefristen für seine Honorarabrechnungsunterlagen der Quartale I/2004, II/2004 und III/2004 abgewiesen (SG Düsseldorf, Urteile vom 25.10.2006 und 31.10.2006 - S 14 KA 217/05, S 14 KA 263/05 und S 14 KA 55/06 -). Die dagegen von dem Kläger eingelegten Berufungen hat der Senat mit Urteilen vom 05.12.2007 zurückgewiesen - L 11 KA 93/06, L 11 KA 94/06 und L 11 KA 95/06 -. Das BSG hat die Nichtzulassungsbeschwerden des Klägers mit Beschlüssen vom 16.07.2008 zurückgewiesen - B 6 KA 12/08 B, B 6 KA 13/08 B und B 6 KA 14/08 B -. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde des Klägers nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 2433/08 -).
Das SG Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 01.12.2010 weitgehend unter Wiedergabe der o.a. Entscheidungen des Senats vom 05.12.2007 und des BSG vom 16.07.2008, die es sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen gemacht hat, abgewiesen und ergänzend ausgeführt, die von dem Kläger gerügte Nichtigkeit des § 4 HVM/HVV wegen Verletzung seiner aus Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit liege nicht vor. Das Vorbringen des Klägers gebe keine Veranlassung zu einer abweichenden Rechtsauffassung. Das BSG habe bereits wiederholt entschieden, dass die Ausgestaltung einer Abrechnungsfrist als Ausschlussfrist für sich genommen keinen derart schwerwiegenden Eingriff in die Berufsausübung darstelle, dass für ihn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre. Die gesetzliche Ermächtigung für den Erlass des HVM bzw. HVV in § 85 Abs. 4 SGB V und der den Kassenärztlichen Vereinigungen damit eingeräumte Regelungsspielraum werde grundsätzlich dem Parlamentsvorbehalt und dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot gerecht. Auch im Hinblick auf den konkreten Einzelfalles des Klägers erweise sich die beanstandete Ausschlussfrist nicht als unverhältnismäßig. Denn die angegebenen Begründungen für die Nichteinreichung der Abrechnungsunterlagen seien nicht geeignet, die Verhältnismäßigkeit der Ausschlussfrist des § 4 HVV generell in Frage zu stellen bzw. die Beklagte zu einer ausnahmsweisen Verlängerung der Abrechnungsfristen zu verpflichten.
Mit seiner gegen das am 20.01.2011 zugestellte Urteil am 18.02.2001 eingelegten Berufung hat der Kläger unter Wiederholung seines vorangegangenen Vorbringens im Wesentlichen vorgetragen, das SG habe seinen Vortrag zur Verfassungswidrigkeit des § 4 HVM nicht zur Kenntnis genommen. Weder das SG noch das BSG hätten sich mit der Frage der Verfassungswidrigkeit des HVM auseinandergesetzt. Im Übrigen habe das SG übersehen, dass der Insolvenzverwalter wiederholt sein Bestreben nach vernünftiger Arbeit und Abrechnung sabotiert und erst am 31.05.2006 eingesehen habe, dass z.B. die Praxiskosten zu übernehmen seien. Gegen ein vom SG angenommenes absichtliches Nichtabrechnen spreche, dass er noch während des Insolvenzverfahrens Klage eingereicht habe; denn im Falle seines Obsiegens würden die Honorarzahlungen sowieso zur Masse gezogen. Im Übrigen seien "in Sachen manuellen und EDV-Abrechnungs-Modalitäten" seine Arzthelferinnen und der Insolvenzverwalter sowie ein Dorsymed-EDV-Spezialist als Zeugen zu vernehmen. Er rege ferner an, das Verfahren ruhen zu lassen, bis der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über seine Beschwerde in den vorausgegangenen Rechtsstreitigkeiten entschieden habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.12.2010 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 20.02.2006 und vom 17.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2006 zu verpflichten, die Abrechnungsunterlagen des Klägers für die Quartale IV/2004 und I/2005 zu bearbeiten und abzurechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückweisen.
Die Beklagte, die die Entscheidung des SG für zutreffend erachtet, lehnt ein Ruhen des Verfahrens ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das SG hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen, denn die Bescheide der Beklagten vom 20.02.2006 und 17.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2006 sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung der Einreichungsfristen für seine Abrechnungsunterlagen der Quartale IV/2004 und I/2005 über den Ablauf der einjährigen Ausschlussfrist hinaus. Dementsprechend besteht auch kein Anspruch auf Bearbeitung der Abrechnungsunterlagen durch die Beklagte.
Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus: Die Entscheidung des SG beruht weitgehend auf den Urteilen des Senats vom 05.12.2007 a.a.O., von denen abzuweichen für den Senat auch nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage kein Anlass besteht. Dem Urteil des SG tritt der Senat nur insoweit nicht bei, als das SG seine Entscheidung auf den HVV in der Fassung vom 01.04.2005 gestützt hat. Sowohl entgegen der Auffassung der Beklagten als auch der des SG gelangt für die streitigen Quartale IV/2004 und I/2005 nicht der erst ab 01.04.2005 geltende HVV (Rheinisches Ärzteblatt 3/2005, S. 88 ff), sondern über die vom 01.07.2004 bis 31.03.2005 geltende Vereinbarung auf der Grundlage des § 85 Abs. 4 SGB V (Rheinisches Ärzteblatt 6/2004 S. 76 ff) wie bereits in den Urteilen des Senats vom 05.11.2007 a.a.O. ausgeführt, der HVM der Beklagten vom 17.04.1999 in der Fassung vom 30.11.2002 (Rheinisches Ärzteblatt 1/2003 S. 76 ff) zur Anwendung. Ungeachtet, dass der ab 01.04.2005 geltende HVV hinsichtlich der vorliegend relevanten Regelungen des § 4 HVM keine entscheidungserheblichen Änderungen enthält, ist damit Grundlage der Entscheidung eine auch den Urteilen des Senats vom 05.11.2007 a.a.O. zugrundliegende identische Sach- und Rechtslage. Dementsprechend nimmt der Senat zunächst Bezug auf seine Entscheidungen vom 05.11.2007 - hier L 11 KA 93/06 -:
I. 1.) Nach § 4 Abs. 5 Satz 1, 2 des im Jahr 2004 geltenden HVM der Beklagten (Rheinisches Ärzteblatt 1/2003, 76) erfolgt die Abrechnung der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen quartalsweise, wobei die Abrechnungsunterlagen jeweils nach Beendigung eines Kalendervierteljahres bei der zuständigen Bezirksstelle einzureichen sind. Nach Satz 4 a.a.O. (richtig Satz 5 a.a.O.) ist die Einreichung von Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres, vom Ende des Kalendervierteljahres an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden sind, ausgeschlossen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung können die Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres nach Quartalsende der Leistungserbringung nicht mehr eingereicht werden. § 4 Abs. 5 Satz 4 HVM ist somit als materielle Ausschlussfrist zu verstehen.
2.) Die Beklagte ist auf der Rechtsgrundlage des § 85 Abs. 4 Satz 1, 2 SGB V auch befugt, in ihrem HVM im Zusammenhang mit der Regelung der Modalitäten der Abrechnung auch Abrechnungsfristen vorzugeben und dies als materielle Ausschlussfristen auszugestalten. Das BSG hat im Urteil vom 22.06.2005 (B 6 KA 19/04 R) überzeugend begründet, dass im Interesse an einer möglichst zügigen, zeitgerechten und vollständigen Verteilung der Gesamtvergütung Abrechnungsfristen als materielle Ausschlussfristen ausgestaltet werden dürfen, auch wenn sie einen vollständigen und endgültigen Vergütungsausschluss bewirken. An dieser Ansicht hat es laut Terminbericht Nr. 38/07 im Urteil vom 29.08.2007 (B 6 KA 29/06 R) sowie im Beschluss vom 29.08.2007 (B 6 KA 48/06 B) festgehalten. Der Senat teilt diese Auffassung.
Soweit der Kläger meint, die Beklagte dürfe keine von der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abweichende Ausschlussfrist vorsehen, übersieht er, dass diese Norm nur für zivilrechtliche Forderungen gilt, während es hier um die Verteilung der öffentlich-rechtlichen Vergütung der Vertragsärzte geht.
3.) Auch gegen die Länge der Frist von einem Jahr, gerechnet vom Ende des Quartals der Leistungserbringung, bestehen keine Bedenken. Diese Frist ist ausreichend lang, um dem Arzt bei temporären Verhinderungen noch Gelegenheit zu geben, seine Abrechnung innerhalb dieser Frist einzureichen. Sie bedeutet insbesondere unter Berücksichtigung des Interesses der Beklagten an einer zeitnahen Abrechnung der Ärzte, um möglichst alle vertragsärztlichen Leistungen eines Quartales weitestgehend aus den für dieses Quartal zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungen zu honorieren, für den betroffenen Vertragsarzt keine unzumutbare Belastung. Es kann von ihm verlangt werden, sich nach Wegfall der Verhinderung mit zeitlicher Priorität um die unterbliebene Abrechnung zu bemühen. Aus dem Beschluss des BSG vom 29.08.2007 (a. a. O.) ergibt sich, dass auch das BSG offenkundig keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Jahresfrist hat. Soweit dort die Vorinstanz eine Frist von einem Jahr als ausreichend lange für eine verhältnismäßige Ausgestaltung von endgültigen Ausschlussfristen angesehen hat, hat es darauf hingewiesen, darin liege keine Divergenz im Rechtsgrundsätzlichen, denn die im Urteil vom 22.06.2005 (a. a. O.) erwähnten zwei Jahre hätten lediglich beispielhaft Erwähnung gefunden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das BSG für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Hilfsmittellieferungen die vertragliche Vereinbarung einer einjährigen Ausschlussfrist gebilligt hat (BSG, Urteil vom 07.12.2006 - B 3 KR 29/05 R). Die Beklagte durfte somit in ihrem HVM eine einjährige Frist für die Einreichung der Abrechnungen setzen. Ob die HVM anderer Kassenärztlicher Vereinigungen längere Fristen vorsehen oder sogar auf die Normierung von Ausschlussfristen verzichten, ist unerheblich. Es liegt im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Normgebers, für welche Regelung er sich entscheidet, so lange die getroffene Regelung - wie hier - noch nicht unverhältnismäßig ist.
II. 1.) Eine Ausschlussfrist darf allerdings keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Recht der Vertragsärzte auf eine Honorierung ihrer Leistung bewirken. Dem trägt § 4 Abs. 6 HVM Rechnung, der die Genehmigung einer verspäteten Abrechnung vorsieht. Zwar enthält § 4 Abs. 6 HVM 2004 anders als der von der Beklagten herangezogene § 4 Abs. 6 des ab 01.04.2005 geltenden Honorarverteilungsvertrages (HVV) keine ausdrückliche Regelung einer Genehmigung, setzt aber ersichtlich die Möglichkeit einer Genehmigung voraus, wenn die Folgen einer ohne Genehmigung eingereichten verspäteten Abrechnung geregelt werden. Mit der Genehmigung einer verspäteten Abrechnung kann Fällen, in denen eine zeitgerechte Abrechnung aus unvermeidbaren Gründen - etwa wegen unverschuldeter Verhinderung oder wegen nicht erkannter oder nicht zeitgerecht behebbarer EDV-Fehler - nicht möglich war, Rechnung getragen werden. 2.) Ein Ausnahmefall, der zur Genehmigung einer verspäteten Abrechnung führen müsste, liegt jedoch nicht vor. Der Senat ist nach den Gesamtumständen davon überzeugt, dass der Kläger die Abrechnungen ab dem 1. Quartal 2004 bewusst unterlassen hat, weil er die Vereinnahmung der Vergütung durch den Insolvenzverwalter verhindern wollte und dass seine jetzige Begründung, er habe wegen des Fehlens einer funktionsfähigen EDV-Anlage nicht abrechnen können, vorgeschoben ist.
Seinen Antrag auf Fristverlängerung im Schreiben vom 30.03.2005 hat der Kläger mit dem "Insolvenzkrieg" begründet. Er hat darauf hingewiesen, dass der Insolvenzverwalter sein Honorar vereinnahme und die Übernahme der Praxiskosten ablehne. Ferner schildert er den Hintergrund des Insolvenzverfahrens und behauptet, der Insolvenzverwalter habe einen vorgelegten Insolvenzplan "sabotiert". Darin anschließend heißt es dann "dies vorausgeschickt" sei er nicht in der Lage, die Abrechnungsunterlagen binnen Jahresfrist einzureichen. Der Kläger hat also seinen Antrag allein mit der Auseinandersetzung mit dem Insolvenzverwalter begründet. Erstmals ist im Schriftsatz vom 21.04.2006 angegeben worden, "bekanntlich" scheitere die Abrechnung an der fehlenden EDV. Dass für die Nichtabrechnung aber nicht die (angeblich) fehlende EDV maßgeblich war, ergibt sich aus dem Schriftsatz des Klägers vom 09.05.2006, in dem er auf die Anberaumung eines Erörterungstermins mitgeteilt hat, er könne den Termin nicht wahrnehmen. In diesem Schreiben weist er zugleich darauf hin, bei einer evtl. Anschaffung einer neuen EDV-Anlage müsse zusätzlich gesichert sein, dass das von der Beklagten ausgezahlte Honorar nicht zweckentfremdet werde, denn nach neuesten Entscheidungen müsse dieses an den Schuldner ausgezahlt werden. Der Kläger war somit offenkundig noch zum damaligen Zeitpunkt unabhängig vom Vorhandensein einer EDV-Anlage nur zur Abrechnung bereit, wenn das Honorar an ihn ausgekehrt werde.
Die Behauptung des Klägers, er habe wegen des Fehlens einer funktionstüchtigen EDV-Anlage nicht abrechnen können, lässt sich mit dem tatsächlichen Geschehensablauf nicht vereinbaren. Die EDV-Anlage war bereits am 01.04.2003 bei der Bewertung der Praxisausstattung im Rahmen des Insolvenzverfahrens als wertlos bezeichnet worden. Davon abgesehen, dass die Bewertung als wirtschaftlich wertlos nicht bedeutet, dass die Anlage nicht mehr funktionstüchtig war, hat der Kläger auf dieser Anlage nicht nur im 3. Quartal 2003 die Abrechnung für das 1. Quartal 2003 erstellt, sondern noch im Jahre 2004 die weiteren Quartale des Jahres 2003 mit Hilfe dieser Anlage abgerechnet. Da im 4. Quartal 2004 das 4. Quartal 2003 per EDV abgerechnet worden ist, stellt sich die Frage, wieso es dem Kläger nicht möglich gewesen sein soll, zu diesem Zeitpunkt auch die Quartalsabrechnungen für die ersten drei Quartale 2004 zu erstellen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf diese Frage keine plausible und nachvollziehbare Antwort geben können.
Auch seine Behauptung, er habe die Abrechnung nicht manuell vornehmen können, nachdem er jahrelang per EDV abgerechnet gehabt habe, ist nicht nachvollziehbar. Es ist schon nicht ersichtlich, was den Kläger gehindert haben soll, die Abrechnungsziffern innerhalb eines Jahres manuell in die Abrechnungsunterlagen einzutragen. Ferner hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung behauptet, wegen der EDV-Probleme habe er die Behandlung der Patienten handschriftlich - auf losen Blättern! - dokumentiert. Anhand dieser Aufzeichnungen habe er dann nach Erhalt der neuen EDV-Anlage die Daten in die EDV eingegeben und die Abrechnungen erstellt. Wenn es dem Kläger, wie behauptet, möglich war, binnen 10 Tagen (die neue Anlage war am 19.06.2006 installiert worden) die Aufzeichnungen von mindestens drei Quartalen auszuwerten und in die EDV einzugeben, ist vollends unverständlich, weshalb in der Zeit davor eine entsprechende Auswertung und Übertragung auf manuelle Abrechnungsunterlagen nicht möglich gewesen sein soll. Im Übrigen stellt sich die weitere Frage, weshalb der Kläger die Privatbehandlungen - deren Honorar er selbst vereinnahmt hat -, nicht aber die vertragsärztlichen Behandlungen abrechnen konnte.
Ein weiteres Indiz für das bewusste Unterlassen der Abrechnungen ergibt sich aus der vom Kläger vorgelegten Korrespondenz mit dem Insolvenzverwalter. Der Kläger hatte - offenbar auf Grund einer Verfügung des Insolvenzgerichts - mit Schreiben vom 27.08.2003 gegenüber dem Insolvenzverwalter erklärt, ihm stünden die für die Vornahme der Abrechnung erforderlichen sächlichen, finanziellen und personellen Mittel nicht zur Verfügung. Er sehe sich außerstande, ohne eine funktionierende EDV-Anlage die Abrechnung selbst zu erstellen. Er sei jedoch dazu bereit, an der "durch Sie" (d. h., den Insolvenzverwalter) vorzunehmenden Abrechnung mitzuwirken. Der Insolvenzverwalter hatte daraufhin mit Schreiben vom 29.08.2003 darauf hingewiesen, nach der gerichtlichen Verfügung sei der Kläger zur Erstellung der Abrechnung verpflichtet. Soweit erforderlich, werde er die sächlichen und finanziellen Mittel zur Erstellung der Abrechnung zur Verfügung stellen. Der Kläger müsse konkret mitteilen, was er im Einzelnen zur Vornahme der Abrechnungen benötige. Im Antwortschreiben vom gleichen Tag bezeichnet der Kläger die Annahme des Insolvenzgerichts, dass der Vertragsarzt Abrechnungen erstellen müsse, als unzutreffend und versteigt sich zu der abwegigen Behauptung, dies sei Aufgabe der Arzthelferinnen. Er selbst habe Kassenabrechnungen nie durchgeführt und werde sie auch jetzt nicht durchführen können. Er werde die Rohdaten zur Verfügung stellen. "Den Rest müssen Sie sehen, wie Sie zurecht kommen". Da zu Gunsten des Klägers anzunehmen ist, dass er sehr wohl wusste, dass die Erstellung der Abrechnung allein Aufgabe des Vertragsarztes ist (der sich dabei nur der Hilfe ausgebildeten Praxispersonals bedienen kann), belegt diese Äußerung, dass der Kläger bewusst das Angebot zur Verfügungstellung einer funktionierenden EDV-Anlage nicht annehmen wollte, solange das Honorar dem Insolvenzverwalter zufließen würde (offenkundig vor dem Hintergrund seiner noch im Schreiben vom 09.05.2006 geäußerten Auffassung, dass eine Auszahlung an ihn vorzunehmen sei) und sich obstruktiv verhalten hat.
Die Gesamtumstände lassen nur den Schluss zu, dass der Kläger - wie er es nach Angabe der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Zuge der Auseinandersetzungen um die Auskehrung des Honorars an den Insolvenzverwalter auch schon angekündigt hatte - die Abrechnungen ab dem 1. Quartal 2004 bewusst unterlassen hat. Die Folge des Honorarausschlusses für die Zeit der Nichtabrechnung hat allein der Kläger zu verantworten; ein Anspruch auf nachträgliche Einreichung der Honorarabrechnungen besteht nicht.
Dementsprechend schließt sich der Senat auch den o.a. ebenfalls vom SG in Bezug genommenen Entscheidungen des BSG vom 16.07.2008 a.a.O. an, in denen unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG zu nahezu mit dem Vortrag des Klägers inhaltlich deckungsgleichem Vorbringen der dortigen Kläger (Urteile vom 22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R - und vom 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 -; Beschluss vom 29.08.2007 - B 6 KA 48/06 B -) festgestellt wird, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen in ihrem HVM auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung Fristen für die Vorlage der vertragsärztlichen Abrechnung eines Quartals setzen und als materielle Ausschlussfrist ausgestalten dürfen, dass gegen eine einjährige Ausschlussfrist für die Vorlage von Honorarabrechnungen keine grundsätzlichen Bedenken bestehen, und dass die - vorliegend ebenfalls vorgenommene - Würdigung des Verhaltens des Arztes im Zusammenhang mit der Abrechnung bei einer Zubilligung von Ausnahmen von der grundsätzlich für alle Vertragsärzte geltenden Ausschlussfrist nicht nur zulässig, sondern geboten ist. Soweit der Kläger meint, das BSG interpretiere das Schweigen des BVerfG zu Unrecht als Billigung, ist dies unerheblich; denn darauf kommt es nicht an. Entscheidend ist allein, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in Streit stehenden Regelungen bestehen (zur Normsetzungsbefugnis im Allgemeinen z.B. BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - und BVerfG, Entscheidung vom 10.05.1972 - 1 BvR 286/65, 1 BvR 293/65, 1 BvR 295/65 -).
Zu der von dem Kläger angeregten Vernehmung seiner Arzthelferinnen, des Konkursverwalters oder eines EDV-Spezialisten besteht keine Veranlassung. Ungeachtet, dass sich aus dem Vorbringen des Klägers, Zeugen "in Sachen manuellen und EDV-Abrechnungs-Modalitäten" zu vernehmen, nicht erkennen lässt, zu welcher konkreten entscheidungsrelevanten Beweisfrage die Zeugen überhaupt vernommen werden sollen, kommt es vorliegend wie o.a. auf die Würdigung des Verhaltens des Klägers im Zusammenhang mit der Abrechnung an. Inwieweit die benannten Zeugen dazu Tatsachen bekunden könnten, erschließt sich nicht. Auch der Hinweis des Klägers, bereits seine Klagerhebung belege, dass er die Abrechnungen nicht bewusst unterlassen habe, um die Vereinnahmung der Vergütung durch den Insolvenzverwalter zu verhindern, geht fehl. Denn der Umstand, dass der Kläger am 05.10.2006 Klage erhoben hat, begründet nicht einmal Zweifel an der Feststellung, dass das allein hier relevante gesamte vorhergehende Verhalten des Klägers, nämlich für die Quartale I/2004 bis I/2005 keine Abrechnungsunterlagen bei der Beklagten einzureichen, darauf gerichtet war, zumindest zu dem damaligen Zeitpunkt eine Vereinnahmung der Vergütung durch den Insolvenzverwalter zu verhindern. Unerheblich ist, dass sich die Motivation des Klägers ggf. später geändert hat. Der Senat kann deshalb auch seine Zweifel daran zurückstellen, dass der Kläger nunmehr im Ergebnis die Mehrung der Insolvenzmasse anstrebt.
Ein Ruhen des Verfahrens kommt mangels Zustimmung bzw. Antrag der Beklagten nicht in Betracht (§ 202 SGG i.V.m. § 251 Satz 1 Zivilprozessordnung). Eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die nach Angabe des Klägers hinsichtlich der Entscheidungen des Senats vom 05.12.2007 a.a.O. beim EGMR anhängige Beschwerde erachtet der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens bereits wegen der Laufzeit des Verfahrens - streitig sind Honoraransprüche aus den Jahren 2004/2005 - für nicht geboten. Auf die Frage, ob § 114 SGG, der die Voraussetzungen für eine Aussetzung normiert, eine analoge Anwendung zulässt, wenn diese Voraussetzungen wie hier nicht erfüllt sind, kommt es damit nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der Kläger als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1, 2 VwGO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Honorarabrechnungsunterlagen des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Klägers für die Quartale IV/2004 und I/2005 anzunehmen und zu bearbeiten.
Über das Vermögen des Klägers wurde am 01.07.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger führte seinen Praxisbetrieb fort. Zwischen ihm, dem Insolvenzverwalter und der Gläubigerversammlung war u.a. umstritten, wem die Honorare aus der vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers zufließen bzw. welche Honoraranteile dem Kläger verbleiben und wer die Praxiskosten trägt. Das Honorar aus seiner vertragsärztlichen Tätigkeit für das Jahr 2003 rechnete der Kläger mit der Beklagten ab. Diese zahlte das Honorar an den Insolvenzverwalter. Für die Quartale ab I/2004 reichte der Kläger zunächst keine weiteren Abrechnungen bei der Beklagten ein.
Entsprechend seinem Vorgehen für die Quartalen I/2004, II/2004 und III/2004 wandte sich der Kläger auch hinsichtlich der Quartale IV/2004 und I/2005 an die Beklagte (Schreiben vom 31.12.2005 bzw. 31.03.2006) und machte geltend, aufgrund des noch anhaltenden Insolvenzkrieges, der inzwischen mehrere Gerichte und Instanzen beschäftige, nicht imstande zu sein, die Abrechnungsunterlagen für die Quartale IV/2004 und I/2005 einzureichen. Die Beklagte überweise schon seit Mai 2002 die Honorare an den Insolvenzverwalter. Dieser verweigere seit 01.01.2003 die Übernahme der Praxiskosten und die Zahlung eines gesetzlich vorgeschriebenen Pfändungsbetrages. Ein von ihm - dem Kläger - erstellter Insolvenzplan sei von dem Insolvenzverwalter sabotiert worden. Da er deshalb die Abrechnungsunterlagen nicht binnen Jahresfrist einreichen könne, beantrage er die Verlängerung dieser Frist auf unbestimmte Zeit. Die Beklagte könne nach ihren Regelungen auf Maßnahmen wie Abzug bei verspäteter Abrechnung absehen, wenn die Einreichungsfrist nachweislich ohne Verschulden des Vertragsarztes versäumt worden sei. Diese Voraussetzungen lägen bei ihm vor.
Die Beklagte lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 20.02.2006 und 17.05.2006 ab. Nach § 4 Abs. 5 des zum 01.04.2005 bzw. 01.01.2006 in Kraft getretenen Honorarverteilungsvertrages (HVV) sei die Einreichung von Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres, vom Ende des Kalendervierteljahres an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden seien, ausgeschlossen. Ein Ausnahmefall nach § 4 Abs. 6 HVV liege nicht vor, da der Kläger die Abrechnungsunterlagen seit dem Quartal IV/2002 regelmäßig unter Hinweis auf EDV-technische Probleme bzw. bestehende Unstimmigkeiten mit dem Insolvenzverwalter verspätet einreichen würde.
Mit seinen Widersprüchen verwies der Kläger u.a. darauf, sich zwischenzeitlich mit dem Insolvenzverwalter über die Installation einer neuen EDV-Anlage geeinigt zu haben. Deshalb solle die Frist zur Einreichung der Abrechnungsunterlagen bis zum 30.06.2006 verlängert werden.
Unter dem 28.06.2006 reichte der Kläger die Abrechnungsunterlagen für die Quartale IV/2004 und I/2005 bei der Beklagten ein. Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2006 mit der Begründung zurück, die Verlängerung der Abgabefrist sei zu Recht abgelehnt worden.
Mit seiner Klage vom 05.10.2006 hat der Kläger vorgetragen, ihm sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er ohne Verschulden gehindert gewesen sei, die Abrechnungsfrist einzuhalten. Der Insolvenzverwalter habe sich erst am 31.05.2006 den gesetzlichen Bestimmungen gebeugt und eine EDV-Anlage angeschafft. Danach sei ihm kurzfristig die Abrechnung möglich gewesen. Die zuvor fehlende Möglichkeit einer EDV-Abrechnung stelle einen Ausnahmefall dar; eine manuelle Abrechnung habe nicht erfolgen können und entspreche auch nicht mehr der Realität. Die Ablehnung der Abrechnung sei unverhältnismäßig und habe existenzvernichtende Folgen. Der Honorarverlust pro Quartal belaufe sich auf bis zu 39.000,00 EUR. Dem stünden nicht übernommene Praxiskosten, Gehälter, Steuern und seine Beiträge zur Ärzteversorgung gegenüber. Eine Ausschlussfrist dürfe nicht zu einem völligen Ausfall einer Vergütung führen; dies verletze ihn in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit. Im Übrigen bestehe für eine Ausschlussfrist keine hinreichende Rechtsgrundlage. Der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten verstoße gegen Verfassungsrecht und könne deshalb in § 4 Abs. 5 HVM, der eine Einreichung von Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres ausschließe, die durch Art. 12 Grundgesetz (GG) garantierte Berufsfreiheit nicht wirksam beschränken. § 4 Abs. 5 HVM stelle einen intensiven Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar; deshalb sei die entsprechende Rechtsetzung dem Gesetzgeber vorbehalten und dürfe nicht anderen Stellen überlassen werden. § 85 Abs. 4 Satz 1, 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für eine Ausschlussfrist. Diese Regelung diene nicht der Honorarverteilung. Sie schließe den Arzt, der die Frist versäume von der Honorarverteilung gerade mit der Folge aus, dass das von diesem erwirtschaftete Honorar bei der Beklagten verbleibe und bewirke damit das Gegenteil. Das Bundessozialgericht (BSG) suggeriere z.B. in seiner Entscheidung vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -, dass die Verfassungsmäßigkeit des Normsetzungsvertrages über jeden Zweifel erhaben sei, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ergebe sich dies aber nicht. Auch das Urteil des BSG vom 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 R -, in dem Abrechnungsfristen als grundsätzlich rechtmäßig erachtet würden, überzeuge nicht. Eine Ausschlussfrist sei nicht erforderlich, um eine zeitnahe Abrechnung der Vertragsärzte zu gewährleisten. Insoweit könnten als milderes, aber gleich geeignetes Mittel Disziplinarmaßnahmen ergriffen werden. Schließlich sei die Ausschlussfrist auch mit der bundesgesetzlichen Verjährungsfrist für ärztliche Honorare von drei Jahren nicht vereinbar.
Der Kläger hat beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 20.02.2006 und vom 17.05.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Abrechnungsunterlagen für die Quartale IV/2004 und I/2005 zu bearbeiten und abzurechnen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt und auf die in den Parallelverfahren zu den Quartalen I/2004, II/2004 und III/2004 ergangenen Entscheidungen verwiesen.
In diesen Rechtsstreitigkeiten hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die von dem Kläger mit im Wesentlichen gleicher Begründung geltend gemachten Klagen auf Verlängerung der Abgabefristen für seine Honorarabrechnungsunterlagen der Quartale I/2004, II/2004 und III/2004 abgewiesen (SG Düsseldorf, Urteile vom 25.10.2006 und 31.10.2006 - S 14 KA 217/05, S 14 KA 263/05 und S 14 KA 55/06 -). Die dagegen von dem Kläger eingelegten Berufungen hat der Senat mit Urteilen vom 05.12.2007 zurückgewiesen - L 11 KA 93/06, L 11 KA 94/06 und L 11 KA 95/06 -. Das BSG hat die Nichtzulassungsbeschwerden des Klägers mit Beschlüssen vom 16.07.2008 zurückgewiesen - B 6 KA 12/08 B, B 6 KA 13/08 B und B 6 KA 14/08 B -. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde des Klägers nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 14.10.2008 - 1 BvR 2433/08 -).
Das SG Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 01.12.2010 weitgehend unter Wiedergabe der o.a. Entscheidungen des Senats vom 05.12.2007 und des BSG vom 16.07.2008, die es sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen gemacht hat, abgewiesen und ergänzend ausgeführt, die von dem Kläger gerügte Nichtigkeit des § 4 HVM/HVV wegen Verletzung seiner aus Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit liege nicht vor. Das Vorbringen des Klägers gebe keine Veranlassung zu einer abweichenden Rechtsauffassung. Das BSG habe bereits wiederholt entschieden, dass die Ausgestaltung einer Abrechnungsfrist als Ausschlussfrist für sich genommen keinen derart schwerwiegenden Eingriff in die Berufsausübung darstelle, dass für ihn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung erforderlich wäre. Die gesetzliche Ermächtigung für den Erlass des HVM bzw. HVV in § 85 Abs. 4 SGB V und der den Kassenärztlichen Vereinigungen damit eingeräumte Regelungsspielraum werde grundsätzlich dem Parlamentsvorbehalt und dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot gerecht. Auch im Hinblick auf den konkreten Einzelfalles des Klägers erweise sich die beanstandete Ausschlussfrist nicht als unverhältnismäßig. Denn die angegebenen Begründungen für die Nichteinreichung der Abrechnungsunterlagen seien nicht geeignet, die Verhältnismäßigkeit der Ausschlussfrist des § 4 HVV generell in Frage zu stellen bzw. die Beklagte zu einer ausnahmsweisen Verlängerung der Abrechnungsfristen zu verpflichten.
Mit seiner gegen das am 20.01.2011 zugestellte Urteil am 18.02.2001 eingelegten Berufung hat der Kläger unter Wiederholung seines vorangegangenen Vorbringens im Wesentlichen vorgetragen, das SG habe seinen Vortrag zur Verfassungswidrigkeit des § 4 HVM nicht zur Kenntnis genommen. Weder das SG noch das BSG hätten sich mit der Frage der Verfassungswidrigkeit des HVM auseinandergesetzt. Im Übrigen habe das SG übersehen, dass der Insolvenzverwalter wiederholt sein Bestreben nach vernünftiger Arbeit und Abrechnung sabotiert und erst am 31.05.2006 eingesehen habe, dass z.B. die Praxiskosten zu übernehmen seien. Gegen ein vom SG angenommenes absichtliches Nichtabrechnen spreche, dass er noch während des Insolvenzverfahrens Klage eingereicht habe; denn im Falle seines Obsiegens würden die Honorarzahlungen sowieso zur Masse gezogen. Im Übrigen seien "in Sachen manuellen und EDV-Abrechnungs-Modalitäten" seine Arzthelferinnen und der Insolvenzverwalter sowie ein Dorsymed-EDV-Spezialist als Zeugen zu vernehmen. Er rege ferner an, das Verfahren ruhen zu lassen, bis der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) über seine Beschwerde in den vorausgegangenen Rechtsstreitigkeiten entschieden habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.12.2010 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 20.02.2006 und vom 17.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2006 zu verpflichten, die Abrechnungsunterlagen des Klägers für die Quartale IV/2004 und I/2005 zu bearbeiten und abzurechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückweisen.
Die Beklagte, die die Entscheidung des SG für zutreffend erachtet, lehnt ein Ruhen des Verfahrens ab.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das SG hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen, denn die Bescheide der Beklagten vom 20.02.2006 und 17.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2006 sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung der Einreichungsfristen für seine Abrechnungsunterlagen der Quartale IV/2004 und I/2005 über den Ablauf der einjährigen Ausschlussfrist hinaus. Dementsprechend besteht auch kein Anspruch auf Bearbeitung der Abrechnungsunterlagen durch die Beklagte.
Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und führt ergänzend aus: Die Entscheidung des SG beruht weitgehend auf den Urteilen des Senats vom 05.12.2007 a.a.O., von denen abzuweichen für den Senat auch nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage kein Anlass besteht. Dem Urteil des SG tritt der Senat nur insoweit nicht bei, als das SG seine Entscheidung auf den HVV in der Fassung vom 01.04.2005 gestützt hat. Sowohl entgegen der Auffassung der Beklagten als auch der des SG gelangt für die streitigen Quartale IV/2004 und I/2005 nicht der erst ab 01.04.2005 geltende HVV (Rheinisches Ärzteblatt 3/2005, S. 88 ff), sondern über die vom 01.07.2004 bis 31.03.2005 geltende Vereinbarung auf der Grundlage des § 85 Abs. 4 SGB V (Rheinisches Ärzteblatt 6/2004 S. 76 ff) wie bereits in den Urteilen des Senats vom 05.11.2007 a.a.O. ausgeführt, der HVM der Beklagten vom 17.04.1999 in der Fassung vom 30.11.2002 (Rheinisches Ärzteblatt 1/2003 S. 76 ff) zur Anwendung. Ungeachtet, dass der ab 01.04.2005 geltende HVV hinsichtlich der vorliegend relevanten Regelungen des § 4 HVM keine entscheidungserheblichen Änderungen enthält, ist damit Grundlage der Entscheidung eine auch den Urteilen des Senats vom 05.11.2007 a.a.O. zugrundliegende identische Sach- und Rechtslage. Dementsprechend nimmt der Senat zunächst Bezug auf seine Entscheidungen vom 05.11.2007 - hier L 11 KA 93/06 -:
I. 1.) Nach § 4 Abs. 5 Satz 1, 2 des im Jahr 2004 geltenden HVM der Beklagten (Rheinisches Ärzteblatt 1/2003, 76) erfolgt die Abrechnung der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen quartalsweise, wobei die Abrechnungsunterlagen jeweils nach Beendigung eines Kalendervierteljahres bei der zuständigen Bezirksstelle einzureichen sind. Nach Satz 4 a.a.O. (richtig Satz 5 a.a.O.) ist die Einreichung von Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres, vom Ende des Kalendervierteljahres an gerechnet, in dem die Leistungen erbracht worden sind, ausgeschlossen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung können die Abrechnungsunterlagen nach Ablauf eines Jahres nach Quartalsende der Leistungserbringung nicht mehr eingereicht werden. § 4 Abs. 5 Satz 4 HVM ist somit als materielle Ausschlussfrist zu verstehen.
2.) Die Beklagte ist auf der Rechtsgrundlage des § 85 Abs. 4 Satz 1, 2 SGB V auch befugt, in ihrem HVM im Zusammenhang mit der Regelung der Modalitäten der Abrechnung auch Abrechnungsfristen vorzugeben und dies als materielle Ausschlussfristen auszugestalten. Das BSG hat im Urteil vom 22.06.2005 (B 6 KA 19/04 R) überzeugend begründet, dass im Interesse an einer möglichst zügigen, zeitgerechten und vollständigen Verteilung der Gesamtvergütung Abrechnungsfristen als materielle Ausschlussfristen ausgestaltet werden dürfen, auch wenn sie einen vollständigen und endgültigen Vergütungsausschluss bewirken. An dieser Ansicht hat es laut Terminbericht Nr. 38/07 im Urteil vom 29.08.2007 (B 6 KA 29/06 R) sowie im Beschluss vom 29.08.2007 (B 6 KA 48/06 B) festgehalten. Der Senat teilt diese Auffassung.
Soweit der Kläger meint, die Beklagte dürfe keine von der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abweichende Ausschlussfrist vorsehen, übersieht er, dass diese Norm nur für zivilrechtliche Forderungen gilt, während es hier um die Verteilung der öffentlich-rechtlichen Vergütung der Vertragsärzte geht.
3.) Auch gegen die Länge der Frist von einem Jahr, gerechnet vom Ende des Quartals der Leistungserbringung, bestehen keine Bedenken. Diese Frist ist ausreichend lang, um dem Arzt bei temporären Verhinderungen noch Gelegenheit zu geben, seine Abrechnung innerhalb dieser Frist einzureichen. Sie bedeutet insbesondere unter Berücksichtigung des Interesses der Beklagten an einer zeitnahen Abrechnung der Ärzte, um möglichst alle vertragsärztlichen Leistungen eines Quartales weitestgehend aus den für dieses Quartal zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungen zu honorieren, für den betroffenen Vertragsarzt keine unzumutbare Belastung. Es kann von ihm verlangt werden, sich nach Wegfall der Verhinderung mit zeitlicher Priorität um die unterbliebene Abrechnung zu bemühen. Aus dem Beschluss des BSG vom 29.08.2007 (a. a. O.) ergibt sich, dass auch das BSG offenkundig keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Jahresfrist hat. Soweit dort die Vorinstanz eine Frist von einem Jahr als ausreichend lange für eine verhältnismäßige Ausgestaltung von endgültigen Ausschlussfristen angesehen hat, hat es darauf hingewiesen, darin liege keine Divergenz im Rechtsgrundsätzlichen, denn die im Urteil vom 22.06.2005 (a. a. O.) erwähnten zwei Jahre hätten lediglich beispielhaft Erwähnung gefunden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das BSG für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Hilfsmittellieferungen die vertragliche Vereinbarung einer einjährigen Ausschlussfrist gebilligt hat (BSG, Urteil vom 07.12.2006 - B 3 KR 29/05 R). Die Beklagte durfte somit in ihrem HVM eine einjährige Frist für die Einreichung der Abrechnungen setzen. Ob die HVM anderer Kassenärztlicher Vereinigungen längere Fristen vorsehen oder sogar auf die Normierung von Ausschlussfristen verzichten, ist unerheblich. Es liegt im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Normgebers, für welche Regelung er sich entscheidet, so lange die getroffene Regelung - wie hier - noch nicht unverhältnismäßig ist.
II. 1.) Eine Ausschlussfrist darf allerdings keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Recht der Vertragsärzte auf eine Honorierung ihrer Leistung bewirken. Dem trägt § 4 Abs. 6 HVM Rechnung, der die Genehmigung einer verspäteten Abrechnung vorsieht. Zwar enthält § 4 Abs. 6 HVM 2004 anders als der von der Beklagten herangezogene § 4 Abs. 6 des ab 01.04.2005 geltenden Honorarverteilungsvertrages (HVV) keine ausdrückliche Regelung einer Genehmigung, setzt aber ersichtlich die Möglichkeit einer Genehmigung voraus, wenn die Folgen einer ohne Genehmigung eingereichten verspäteten Abrechnung geregelt werden. Mit der Genehmigung einer verspäteten Abrechnung kann Fällen, in denen eine zeitgerechte Abrechnung aus unvermeidbaren Gründen - etwa wegen unverschuldeter Verhinderung oder wegen nicht erkannter oder nicht zeitgerecht behebbarer EDV-Fehler - nicht möglich war, Rechnung getragen werden. 2.) Ein Ausnahmefall, der zur Genehmigung einer verspäteten Abrechnung führen müsste, liegt jedoch nicht vor. Der Senat ist nach den Gesamtumständen davon überzeugt, dass der Kläger die Abrechnungen ab dem 1. Quartal 2004 bewusst unterlassen hat, weil er die Vereinnahmung der Vergütung durch den Insolvenzverwalter verhindern wollte und dass seine jetzige Begründung, er habe wegen des Fehlens einer funktionsfähigen EDV-Anlage nicht abrechnen können, vorgeschoben ist.
Seinen Antrag auf Fristverlängerung im Schreiben vom 30.03.2005 hat der Kläger mit dem "Insolvenzkrieg" begründet. Er hat darauf hingewiesen, dass der Insolvenzverwalter sein Honorar vereinnahme und die Übernahme der Praxiskosten ablehne. Ferner schildert er den Hintergrund des Insolvenzverfahrens und behauptet, der Insolvenzverwalter habe einen vorgelegten Insolvenzplan "sabotiert". Darin anschließend heißt es dann "dies vorausgeschickt" sei er nicht in der Lage, die Abrechnungsunterlagen binnen Jahresfrist einzureichen. Der Kläger hat also seinen Antrag allein mit der Auseinandersetzung mit dem Insolvenzverwalter begründet. Erstmals ist im Schriftsatz vom 21.04.2006 angegeben worden, "bekanntlich" scheitere die Abrechnung an der fehlenden EDV. Dass für die Nichtabrechnung aber nicht die (angeblich) fehlende EDV maßgeblich war, ergibt sich aus dem Schriftsatz des Klägers vom 09.05.2006, in dem er auf die Anberaumung eines Erörterungstermins mitgeteilt hat, er könne den Termin nicht wahrnehmen. In diesem Schreiben weist er zugleich darauf hin, bei einer evtl. Anschaffung einer neuen EDV-Anlage müsse zusätzlich gesichert sein, dass das von der Beklagten ausgezahlte Honorar nicht zweckentfremdet werde, denn nach neuesten Entscheidungen müsse dieses an den Schuldner ausgezahlt werden. Der Kläger war somit offenkundig noch zum damaligen Zeitpunkt unabhängig vom Vorhandensein einer EDV-Anlage nur zur Abrechnung bereit, wenn das Honorar an ihn ausgekehrt werde.
Die Behauptung des Klägers, er habe wegen des Fehlens einer funktionstüchtigen EDV-Anlage nicht abrechnen können, lässt sich mit dem tatsächlichen Geschehensablauf nicht vereinbaren. Die EDV-Anlage war bereits am 01.04.2003 bei der Bewertung der Praxisausstattung im Rahmen des Insolvenzverfahrens als wertlos bezeichnet worden. Davon abgesehen, dass die Bewertung als wirtschaftlich wertlos nicht bedeutet, dass die Anlage nicht mehr funktionstüchtig war, hat der Kläger auf dieser Anlage nicht nur im 3. Quartal 2003 die Abrechnung für das 1. Quartal 2003 erstellt, sondern noch im Jahre 2004 die weiteren Quartale des Jahres 2003 mit Hilfe dieser Anlage abgerechnet. Da im 4. Quartal 2004 das 4. Quartal 2003 per EDV abgerechnet worden ist, stellt sich die Frage, wieso es dem Kläger nicht möglich gewesen sein soll, zu diesem Zeitpunkt auch die Quartalsabrechnungen für die ersten drei Quartale 2004 zu erstellen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf diese Frage keine plausible und nachvollziehbare Antwort geben können.
Auch seine Behauptung, er habe die Abrechnung nicht manuell vornehmen können, nachdem er jahrelang per EDV abgerechnet gehabt habe, ist nicht nachvollziehbar. Es ist schon nicht ersichtlich, was den Kläger gehindert haben soll, die Abrechnungsziffern innerhalb eines Jahres manuell in die Abrechnungsunterlagen einzutragen. Ferner hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung behauptet, wegen der EDV-Probleme habe er die Behandlung der Patienten handschriftlich - auf losen Blättern! - dokumentiert. Anhand dieser Aufzeichnungen habe er dann nach Erhalt der neuen EDV-Anlage die Daten in die EDV eingegeben und die Abrechnungen erstellt. Wenn es dem Kläger, wie behauptet, möglich war, binnen 10 Tagen (die neue Anlage war am 19.06.2006 installiert worden) die Aufzeichnungen von mindestens drei Quartalen auszuwerten und in die EDV einzugeben, ist vollends unverständlich, weshalb in der Zeit davor eine entsprechende Auswertung und Übertragung auf manuelle Abrechnungsunterlagen nicht möglich gewesen sein soll. Im Übrigen stellt sich die weitere Frage, weshalb der Kläger die Privatbehandlungen - deren Honorar er selbst vereinnahmt hat -, nicht aber die vertragsärztlichen Behandlungen abrechnen konnte.
Ein weiteres Indiz für das bewusste Unterlassen der Abrechnungen ergibt sich aus der vom Kläger vorgelegten Korrespondenz mit dem Insolvenzverwalter. Der Kläger hatte - offenbar auf Grund einer Verfügung des Insolvenzgerichts - mit Schreiben vom 27.08.2003 gegenüber dem Insolvenzverwalter erklärt, ihm stünden die für die Vornahme der Abrechnung erforderlichen sächlichen, finanziellen und personellen Mittel nicht zur Verfügung. Er sehe sich außerstande, ohne eine funktionierende EDV-Anlage die Abrechnung selbst zu erstellen. Er sei jedoch dazu bereit, an der "durch Sie" (d. h., den Insolvenzverwalter) vorzunehmenden Abrechnung mitzuwirken. Der Insolvenzverwalter hatte daraufhin mit Schreiben vom 29.08.2003 darauf hingewiesen, nach der gerichtlichen Verfügung sei der Kläger zur Erstellung der Abrechnung verpflichtet. Soweit erforderlich, werde er die sächlichen und finanziellen Mittel zur Erstellung der Abrechnung zur Verfügung stellen. Der Kläger müsse konkret mitteilen, was er im Einzelnen zur Vornahme der Abrechnungen benötige. Im Antwortschreiben vom gleichen Tag bezeichnet der Kläger die Annahme des Insolvenzgerichts, dass der Vertragsarzt Abrechnungen erstellen müsse, als unzutreffend und versteigt sich zu der abwegigen Behauptung, dies sei Aufgabe der Arzthelferinnen. Er selbst habe Kassenabrechnungen nie durchgeführt und werde sie auch jetzt nicht durchführen können. Er werde die Rohdaten zur Verfügung stellen. "Den Rest müssen Sie sehen, wie Sie zurecht kommen". Da zu Gunsten des Klägers anzunehmen ist, dass er sehr wohl wusste, dass die Erstellung der Abrechnung allein Aufgabe des Vertragsarztes ist (der sich dabei nur der Hilfe ausgebildeten Praxispersonals bedienen kann), belegt diese Äußerung, dass der Kläger bewusst das Angebot zur Verfügungstellung einer funktionierenden EDV-Anlage nicht annehmen wollte, solange das Honorar dem Insolvenzverwalter zufließen würde (offenkundig vor dem Hintergrund seiner noch im Schreiben vom 09.05.2006 geäußerten Auffassung, dass eine Auszahlung an ihn vorzunehmen sei) und sich obstruktiv verhalten hat.
Die Gesamtumstände lassen nur den Schluss zu, dass der Kläger - wie er es nach Angabe der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Zuge der Auseinandersetzungen um die Auskehrung des Honorars an den Insolvenzverwalter auch schon angekündigt hatte - die Abrechnungen ab dem 1. Quartal 2004 bewusst unterlassen hat. Die Folge des Honorarausschlusses für die Zeit der Nichtabrechnung hat allein der Kläger zu verantworten; ein Anspruch auf nachträgliche Einreichung der Honorarabrechnungen besteht nicht.
Dementsprechend schließt sich der Senat auch den o.a. ebenfalls vom SG in Bezug genommenen Entscheidungen des BSG vom 16.07.2008 a.a.O. an, in denen unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG zu nahezu mit dem Vortrag des Klägers inhaltlich deckungsgleichem Vorbringen der dortigen Kläger (Urteile vom 22.06.2005 - B 6 KA 19/04 R - und vom 29.08.2007 - B 6 KA 29/06 -; Beschluss vom 29.08.2007 - B 6 KA 48/06 B -) festgestellt wird, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen in ihrem HVM auch ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung Fristen für die Vorlage der vertragsärztlichen Abrechnung eines Quartals setzen und als materielle Ausschlussfrist ausgestalten dürfen, dass gegen eine einjährige Ausschlussfrist für die Vorlage von Honorarabrechnungen keine grundsätzlichen Bedenken bestehen, und dass die - vorliegend ebenfalls vorgenommene - Würdigung des Verhaltens des Arztes im Zusammenhang mit der Abrechnung bei einer Zubilligung von Ausnahmen von der grundsätzlich für alle Vertragsärzte geltenden Ausschlussfrist nicht nur zulässig, sondern geboten ist. Soweit der Kläger meint, das BSG interpretiere das Schweigen des BVerfG zu Unrecht als Billigung, ist dies unerheblich; denn darauf kommt es nicht an. Entscheidend ist allein, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die in Streit stehenden Regelungen bestehen (zur Normsetzungsbefugnis im Allgemeinen z.B. BSG, Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - und BVerfG, Entscheidung vom 10.05.1972 - 1 BvR 286/65, 1 BvR 293/65, 1 BvR 295/65 -).
Zu der von dem Kläger angeregten Vernehmung seiner Arzthelferinnen, des Konkursverwalters oder eines EDV-Spezialisten besteht keine Veranlassung. Ungeachtet, dass sich aus dem Vorbringen des Klägers, Zeugen "in Sachen manuellen und EDV-Abrechnungs-Modalitäten" zu vernehmen, nicht erkennen lässt, zu welcher konkreten entscheidungsrelevanten Beweisfrage die Zeugen überhaupt vernommen werden sollen, kommt es vorliegend wie o.a. auf die Würdigung des Verhaltens des Klägers im Zusammenhang mit der Abrechnung an. Inwieweit die benannten Zeugen dazu Tatsachen bekunden könnten, erschließt sich nicht. Auch der Hinweis des Klägers, bereits seine Klagerhebung belege, dass er die Abrechnungen nicht bewusst unterlassen habe, um die Vereinnahmung der Vergütung durch den Insolvenzverwalter zu verhindern, geht fehl. Denn der Umstand, dass der Kläger am 05.10.2006 Klage erhoben hat, begründet nicht einmal Zweifel an der Feststellung, dass das allein hier relevante gesamte vorhergehende Verhalten des Klägers, nämlich für die Quartale I/2004 bis I/2005 keine Abrechnungsunterlagen bei der Beklagten einzureichen, darauf gerichtet war, zumindest zu dem damaligen Zeitpunkt eine Vereinnahmung der Vergütung durch den Insolvenzverwalter zu verhindern. Unerheblich ist, dass sich die Motivation des Klägers ggf. später geändert hat. Der Senat kann deshalb auch seine Zweifel daran zurückstellen, dass der Kläger nunmehr im Ergebnis die Mehrung der Insolvenzmasse anstrebt.
Ein Ruhen des Verfahrens kommt mangels Zustimmung bzw. Antrag der Beklagten nicht in Betracht (§ 202 SGG i.V.m. § 251 Satz 1 Zivilprozessordnung). Eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die nach Angabe des Klägers hinsichtlich der Entscheidungen des Senats vom 05.12.2007 a.a.O. beim EGMR anhängige Beschwerde erachtet der Senat im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens bereits wegen der Laufzeit des Verfahrens - streitig sind Honoraransprüche aus den Jahren 2004/2005 - für nicht geboten. Auf die Frage, ob § 114 SGG, der die Voraussetzungen für eine Aussetzung normiert, eine analoge Anwendung zulässt, wenn diese Voraussetzungen wie hier nicht erfüllt sind, kommt es damit nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der Kläger als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1, 2 VwGO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved