Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 9 KR 208/13 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 129/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Anwendungsbereich von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG wird im Hinblick auf Bescheide über Betriebsprüfungen gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV durch § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV nicht berührt.
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 27. Mai 2013 aufgehoben. Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Februar 2013 anzuordnen, wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
III. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 2.444,45 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen im Rahmen einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheid der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin.
Der Beschwerdegegner ist Inhaber einer Bäckerei und Konditorei mit drei Filialen. Während der Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 war Frau M Z für den Beschwerdegegner tätig. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaberin der Firma Pl , deren Geschäftsgegenstand der "Vertrieb von Kinderspielzeug sowie über Internet" war (Gewerbe-Ummeldung vom 6. Juni 2006). Diese Tätigkeit wurde durch einen Existenzgründungszuschuss der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Für die Zeiten vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2010 und vom 1. Juni 2011 bis 30. September 2011 erstellte "P Frau M Z " an die "Bäckerei W " adressierte monatliche Rechnungen für "Arbeitsleistung/Dienstleistung". Eine Gesprächsnotiz der Beschwerdeführerin vom 12. Juni 2012 über ein Telefonat mit der Ehefrau des Beschwerdegegners lautet wie folgt:
"Inhalt:
Ich fragte Frau W , wer auf dem Konto Fremdleistungen 3100 (2008-2011) gebucht ist. Es handelt sich um die Verkaufstätigkeit von Frau J Z.
Frau Z (eine Bekannte aus der Nachbarschaft) ist selbstständig (hat eigenes Gewerbe) und hat regelmäßig für Frau W Waren aus dem Sortiment der Bäckerei als verkauft wie jede andere Verkäuferin des Unternehmens auch.
Weil sie für Frau Z keine Abgaben zahlen muss, hatte sie einen höheren Stundenlohn als die angestellten Mitarbeiterinnen, so Frau W. Nach der Geburt ihres Kindes 2011 wollte Frau Z dann lieber angestellt werden."
Mit Schreiben vom 4. Juli 2012 bestätigte der Beschwerdegegner, für die bis September 2011 von Frau Z erbrachten "Dienstleistungen im Bereich Verkauf" sei kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden. Frau Z sei von Januar 2008 bis Juli 2010 durchschnittlich 116,85 Stunden monatlich und von Juni 2011 bis September 2011 durchschnittlich 30,25 Stunden monatlich für die Bäckerei des Beschwerdegegners tätig gewesen. Daraus sei erkennbar, dass bereits unter der Annahme einer 40-Stunden-Arbeitswoche tatsächlich auch genügend Zeit für die Erledigung von Aufträgen für andere Auftraggeber vorhanden gewesen sei.
Am 30. August 2011 schlossen der Beschwerdegegner und Frau Z einen für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 30. September 2012 befristeten Arbeitsvertrag. Nach § 2 Satz 1 dieses Vertrages war Frau Z als Verkäuferin für Back- und Konditoreiwaren eingestellt.
In der Zeit vom 10. Mai 2012 bis 11. Mai 2012 führte die Beschwerdeführerin beim Beschwerdegegner eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 durch.
In diesem Rahmen fand eine schriftliche Befragung von Frau Z statt. Diese gab gegenüber der Beschwerdeführerin unter anderem an, ihre Tätigkeit habe in der Erbringung von Dienstleistungen im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Handel mit Kinderspielzeug bestanden (Blatt 96 ff. und 173 ff. der Verwaltungsakte der Beschwerdegegnerin). Die Dienstleistung habe nach Absprache erbracht werden müssen. Sie - Frau Z - habe nicht dieselben Arbeiten wie andere Verkäuferinnen ausgeführt.
Durch Schreiben vom 28. November 2012 hörte die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner zur Frage der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit von Frau Z an. Eine Stellungnahme durch den Beschwerdeführer erfolgte insofern mit Schreiben vom 21. Februar 2013.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2013 forderte die Beschwerdeführerin vom Beschwerdegegner für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 9.777,81 EUR nach. Frau Z habe in der Bäckerei des Beschwerdegegners eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, für die Sozialversicherungsbeiträge nachzuberechnen seien.
Hiergegen legte der Beschwerdegegner durch Schreiben vom 26. März 2013 – bei der Beschwerdeführerin spätestens am 28. März 2013 eingegangen - Widerspruch ein. Zur Begründung führte er insbesondere aus, Frau Z sei für ihn als freiberufliche Unternehmensberaterin tätig gewesen. Der Inhalt der Gesprächsnotiz vom 12. Juni 2012 treffe nicht zu, Frau Z sei nicht als Verkäuferin tätig gewesen. Die Höhe der geforderten Sozialversicherungsbeiträge sei nicht nachvollziehbar, zumal Frau Z für die Zeit von 2008 bis 2010 bereits Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Krankenversicherung abgeführt habe.
Am 3. Mai 2013 hat der Beschwerdegegner beim Sozialgericht (SG) Chemnitz im Wege einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 26. März 2013 gegen den Bescheid vom 25. Februar 2013 anzuordnen.
Er hat vorgetragen, Frau Z sei in den betrieblichen Ablauf nicht eingegliedert gewesen. Sie habe ihre Arbeitszeit frei gestalten und Hilfskräfte einsetzen dürfen. Sie sei nicht weisungsabhängig gewesen. Darüber hinaus habe sie die Übernahme bestimmter Aufträge ablehnen können. Sie sei nicht als Verkäuferin beschäftigt gewesen, sondern habe Dienstleistungen im Hotel- und Gaststättengewerbe erbracht. Im Bereich des Spielzeughandels habe sie den Wareneinkauf finanzieren müssen und somit ein finanzielles Risiko getragen. Sie habe weder einen Anspruch auf Urlaub noch auf Entgeltfortzahlung gehabt. Sie sei zeitgleich für mehrere Auftraggeber tätig gewesen. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis habe nicht vorgelegen.
Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung lägen nicht vor.
Mit Beschluss vom 27. Mai 2013 hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdegegners gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 25. Februar 2013 angeordnet. Dies folge aus § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV. Selbst wenn man dies anders sähe, bestünden bei summarischer Prüfung nach § 86b Sozialgerichtsgesetz (SGG) ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.
Gegen den ihr am 30. Mai 2013 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 17. Juni 2013 Beschwerde eingelegt.
Sie trägt vor, der Anwendungsbereich von § 7a Abs. 7 SGB IV sei auf reine Statusfeststellungsverfahren zu beschränken. Die Regelung des später in Kraft getretenen § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gehe vor.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 27. Mai 2013 aufzuheben und den Antrag des Beschwerdegegners auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 25. Februar 2013 abzulehnen.
Hilfsweise beantragt sie für den Fall, dass die Beschwerde zurückgewiesen wird, die Aussetzung der Vollziehung von der Hinterlegung einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen oder – soweit dies nicht möglich ist – mit der Auflage einer Verzinsung in Höhe von 4 % der Hauptforderung zu verbinden.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beschwerdeführerin sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdegegners gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 25. Februar 2013 angeordnet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt u.a. bei Entscheidungen über Beitragspflichten sowie der Anforderung von Beiträgen einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage. Das Gericht entscheidet über den Antrag nach summarischer Prüfung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen sowie Heranziehung der in § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG niedergelegten Grundsätze. Nach Letzteren soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 SGG für bestimmte Konstellationen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert, bedeutet dies, dass in diesen Fällen im Zweifel grundsätzlich das öffentliche Interesse an der Vollziehung Vorrang hat. Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung bestehen daher nur dann, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfes im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg, da eine gerichtliche Entscheidung das genannte Regel-Ausnahme-Verhältnis und die darin liegende gesetzliche Risikoverteilung zu Lasten des Betroffenen unterliefe, setzte sie die Vollziehung bereits dann aus, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg, der Ausgang des Hauptsacheverfahrens also offen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86a Rn. 27a). Eine unbillige Härte liegt vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gutgemacht werden können (Keller, a.a.O., § 86a Rn. 27b).
1. Der Anwendungsbereich von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG wird im Hinblick auf Bescheide über Betriebsprüfungen gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV durch § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV nicht berührt (zusammenfassend Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage, § 86a Rn. 13b m.w.N.). Dies ergibt sich im Wege grammatischer (a), historischer (b), systematischer und teleologischer (c) Auslegung.
a) Nach dem Wortlaut von § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV haben Widerspruch und Klage nur aufschiebende Wirkung "gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt". Anders als § 7a SGB IV ermächtigt § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung zum Erlass von Verwaltungsakten sowohl zur Versicherungspflicht als auch zur Beitragshöhe. Indes folgen aus § 7a SGB IV keinerlei beitragsrechtliche Zuständigkeiten (Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 16. März 2010 – L 5 R 21/10 B ER – juris Rn. 13, und LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – L 8 R 565/12 B ER – juris Rn. 10). Der Gesetzeswortlaut des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV lässt es daher nicht zu, ihn auf Verwaltungsakte der Rentenversicherungsträger im Rahmen von Betriebsprüfungen nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV zu erstrecken (Pietrek in jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7a Rn. 142).
b) Für diese Sichtweise spricht auch die historische Auslegung. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG wurden durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144) mit Wirkung vom 2. Januar 2002 eingeführt, um die Funktionsfähigkeit der Sozialleistungsträger zu sichern (LSG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 – L 3 R 19/12 B ER – juris Rn. 2). Diese sind auf die rechtzeitige und vollständige Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge angewiesen. Deshalb werden Bescheide nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG erfasst. Die Vorschrift des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV wurde demgegenüber bereits durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2000) eingeführt. Sie ist nach Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes mit Wirkung vom 2. Januar 2002 im Lichte des mit diesem Gesetz verfolgten Zwecks der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Sozialleistungsträger auszulegen. Daher kann sie im Wege historischer Auslegung nicht als lex specialis gegenüber § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG angesehen werden (so im Ergebnis aber unter Bezugnahme auf BT-Drucksache 14/1855 S. 8 LSG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse vom 8. November 2012 – L 1 R 304/11 B ER – juris Rn. 32, und vom 26. März 2013 – L 1 R 454/12 B ER – juris Rn. 15; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. September 2009 – L 4 R 196/09 B ER – juris Rn. 19; Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Januar 2005 – L 8/14 Kr 110 /04 ER – juris Rn. 4; Baier in Krauskopf, SGB IV, Stand März 2011, § 7a Rn. 21; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB IV, Stand Oktober 2009, § 7a Rn. 25, und Dankelmann in Eichenhofer/Wenner, SGB IV, § 7a Rn. 63). Andernfalls liefe § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei den nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV getroffenen Entscheidungen leer (Pietrek in jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7a Rn. 142), und die mit der Einführung von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG vom Gesetzgeber bezweckte Intention würde konterkariert (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2008 – L 16 B 7/08 R ER – juris Rn. 17). § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG enthält insoweit eine abschließende Regelung.
c) Bestätigt wird dieses Ergebnis im Wege systematischer und teleologischer Auslegung. Das Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 SGB IV ist aufgrund der systematischen Zusammenhänge durch eine Betrachtung ex ante geprägt und somit grundsätzlich nur zu Beginn einer Beschäftigung eröffnet (LSG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 – L 3 R 19/12 B ER – juris Rn. 3; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2008 – L 16 B 7/08 R ER – juris Rn. 18). Es soll nach seinem Sinn und Zweck den gutgläubigen Arbeitgeber schützen (BT-Drucksache 14/1855 S. 6). Ein solches Schutzbedürfnis entfällt aber bei demjenigen Arbeitgeber, der für die Beschäftigung eines Arbeitnehmers keine Sozialversicherungsbeiträge abführt, obwohl sich ihm konkrete Anhaltspunkte für die Versicherungspflichtigkeit dieser Beschäftigung aufdrängen mussten. Für eine beitragsrechtliche Honorierung des in der Regel wenigstens fahrlässig handelnden Arbeitgebers ist kein Raum (LSG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 – L 3 R 19/12 B ER – juris Rn. 3; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2008 – L 16 B 7/08 R ER – juris Rn. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – L 8 R 565/12 B ER – juris Rn. 12, und Bayerisches LSG, Beschluss vom 16. März 2010 – L 5 R 21/10 B ER – juris Rn. 13).
d) Der Bescheid der Beschwerdeführerin vom 25. Februar 2013 gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV enthält dementsprechend den Verfügungssatz:
"Sehr geehrter Herr W ,
die sich aus der Prüfung ergebende Nachforderung beträgt insgesamt 9.777,81 EUR."
Darüber findet sich der maßgebliche Prüfzeitraum (1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011).
Die eigentliche Entscheidung, die der Bescheid vom 25. Februar 2013 in seinem Verfügungssatz trifft, stellt somit die Beitragsnachforderung dar, nicht aber die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt. Eine solche Entscheidung wird im Verfügungssatz von Bescheiden über eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV regelmäßig nicht getroffen.
2. An der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beschwerdeführerin vom 25. Februar 2013 bestehen keine ernsthaften Zweifel. Nach summarischer Prüfung geht der Senat davon aus, dass ein Obsiegen des Beschwerdegegners in der Hauptsache nicht überwiegend wahrscheinlich ist; der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist allenfalls offen.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheids ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV erfolgt mindestens alle vier Jahre – bei Vorliegen besonderer Gründe auch außerhalb dieses Turnus – eine Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV) stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Bei kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in den Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung insbesondere das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zu Grunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Arbeitsentgelt sind nach § 14 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 7/04 R – juris Rn. 36, 43). Für die Feststellung der Versicherungspflicht und der Beitragshöhe gilt damit das Entstehungs- und nicht das Zuflussprinzip.
Geht man – wie die Beschwerdeführerin – von einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit von Frau Z aus, liegen die Voraussetzungen für die geltend gemachte Beitragsforderung vor. Insoweit ist ein Obsiegen des Beschwerdegegners – der sich mit seiner Argumentation gegen das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von Frau Z im Prüfzeitraum richtet – in der Hauptsache nicht überwiegend wahrscheinlich. Vielmehr ist der Ausgang eines etwaigen Hauptsacheverfahrens als offen zu betrachten, da er zumindest von einer persönlichen Befragung der Ehefrau des Beschwerdegegners und der Einvernahme von Frau Z als Zeugin abhängt. In derartigen Konstellationen unterliefe eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung das in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG enthaltene Regel-Ausnahme-Verhältnis und die darin liegende gesetzliche Risikoverteilung zu Lasten des Beitragsschuldners. Das vorliegende Eilverfahren ist nicht der geeignete Ort zur Durchführung umfangreicher tatsächlicher Ermittlungen, da anderenfalls keine schnelle Entscheidung möglich wäre. Unter Anlegung dieser Maßstäbe fällt die Abwägung des Senats vorliegend zu Gunsten der Eilbedürftigkeit aus (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - L 5 B 2/07 R ER - juris Rn. 3; Sächsisches LSG, Beschluss vom 12. November 2012 – L 1 KR 200/12 B ER – amtlicher Umdruck S. 7).
Auch bestehen für den Senat keine beachtlichen Zweifel an der Höhe der geltend gemachten Beitragsforderung. Denn der Beschwerdegegner hat die Höhe der Beitragsforderung nicht substantiiert bestritten. Selbst wenn Frau Z bereits Sozialversicherungsbeiträge entrichtet haben sollte, ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Tätigkeit sie diese Beiträge entrichtet hat. Die vom Beschwerdegegner vorgetragene Beitragsentrichtung durch sie kann sich auch ausschließlich auf ihre Tätigkeit beschränkt haben, die den Vertrieb von Kinderspielzeug im streitgegenständlichen Zeitraum betraf. Der Beschwerdeführer hat auch nicht im Einzelnen dargelegt, warum die geforderten Sozialversicherungsbeiträge nicht nachvollziehbar sein sollen. Demgegenüber hält der Senat die vorgenommene Berechnung der nachgeforderten Beiträge durch die Beschwerdeführerin nach der gebotenen summarischen Prüfung im Wesentlichen für plausibel.
Es ist nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für den Beschwerdegegner eine unbillige Härte bedeutet. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Beschwerdegegner verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen reichen hierfür nicht aus. Dies gilt umso mehr, als die gemäß § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV zuständige Einzugsstelle dem Beschwerdegegner schon eine Ratenzahlungsvereinbarung angeboten hat (siehe insoweit § 76 Abs. 3 und 4 SGB IV).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Streitwertfestsetzung auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Senat bemisst in ständiger Rechtsprechung im einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG den Streitwert nach einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (siehe nur Beschluss des erkennenden Senats vom 4. Juni 2013 – L 1 KR 66/13 B ER – amtlicher Umdruck S. 18).
4. Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Klotzbücher Schanzenbach Dr. Wietek
II. Der Antragsteller hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
III. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 2.444,45 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen im Rahmen einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheid der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin.
Der Beschwerdegegner ist Inhaber einer Bäckerei und Konditorei mit drei Filialen. Während der Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 war Frau M Z für den Beschwerdegegner tätig. Sie war im streitgegenständlichen Zeitraum Inhaberin der Firma Pl , deren Geschäftsgegenstand der "Vertrieb von Kinderspielzeug sowie über Internet" war (Gewerbe-Ummeldung vom 6. Juni 2006). Diese Tätigkeit wurde durch einen Existenzgründungszuschuss der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Für die Zeiten vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2010 und vom 1. Juni 2011 bis 30. September 2011 erstellte "P Frau M Z " an die "Bäckerei W " adressierte monatliche Rechnungen für "Arbeitsleistung/Dienstleistung". Eine Gesprächsnotiz der Beschwerdeführerin vom 12. Juni 2012 über ein Telefonat mit der Ehefrau des Beschwerdegegners lautet wie folgt:
"Inhalt:
Ich fragte Frau W , wer auf dem Konto Fremdleistungen 3100 (2008-2011) gebucht ist. Es handelt sich um die Verkaufstätigkeit von Frau J Z.
Frau Z (eine Bekannte aus der Nachbarschaft) ist selbstständig (hat eigenes Gewerbe) und hat regelmäßig für Frau W Waren aus dem Sortiment der Bäckerei als verkauft wie jede andere Verkäuferin des Unternehmens auch.
Weil sie für Frau Z keine Abgaben zahlen muss, hatte sie einen höheren Stundenlohn als die angestellten Mitarbeiterinnen, so Frau W. Nach der Geburt ihres Kindes 2011 wollte Frau Z dann lieber angestellt werden."
Mit Schreiben vom 4. Juli 2012 bestätigte der Beschwerdegegner, für die bis September 2011 von Frau Z erbrachten "Dienstleistungen im Bereich Verkauf" sei kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden. Frau Z sei von Januar 2008 bis Juli 2010 durchschnittlich 116,85 Stunden monatlich und von Juni 2011 bis September 2011 durchschnittlich 30,25 Stunden monatlich für die Bäckerei des Beschwerdegegners tätig gewesen. Daraus sei erkennbar, dass bereits unter der Annahme einer 40-Stunden-Arbeitswoche tatsächlich auch genügend Zeit für die Erledigung von Aufträgen für andere Auftraggeber vorhanden gewesen sei.
Am 30. August 2011 schlossen der Beschwerdegegner und Frau Z einen für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 30. September 2012 befristeten Arbeitsvertrag. Nach § 2 Satz 1 dieses Vertrages war Frau Z als Verkäuferin für Back- und Konditoreiwaren eingestellt.
In der Zeit vom 10. Mai 2012 bis 11. Mai 2012 führte die Beschwerdeführerin beim Beschwerdegegner eine Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 durch.
In diesem Rahmen fand eine schriftliche Befragung von Frau Z statt. Diese gab gegenüber der Beschwerdeführerin unter anderem an, ihre Tätigkeit habe in der Erbringung von Dienstleistungen im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Handel mit Kinderspielzeug bestanden (Blatt 96 ff. und 173 ff. der Verwaltungsakte der Beschwerdegegnerin). Die Dienstleistung habe nach Absprache erbracht werden müssen. Sie - Frau Z - habe nicht dieselben Arbeiten wie andere Verkäuferinnen ausgeführt.
Durch Schreiben vom 28. November 2012 hörte die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner zur Frage der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit von Frau Z an. Eine Stellungnahme durch den Beschwerdeführer erfolgte insofern mit Schreiben vom 21. Februar 2013.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2013 forderte die Beschwerdeführerin vom Beschwerdegegner für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 9.777,81 EUR nach. Frau Z habe in der Bäckerei des Beschwerdegegners eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, für die Sozialversicherungsbeiträge nachzuberechnen seien.
Hiergegen legte der Beschwerdegegner durch Schreiben vom 26. März 2013 – bei der Beschwerdeführerin spätestens am 28. März 2013 eingegangen - Widerspruch ein. Zur Begründung führte er insbesondere aus, Frau Z sei für ihn als freiberufliche Unternehmensberaterin tätig gewesen. Der Inhalt der Gesprächsnotiz vom 12. Juni 2012 treffe nicht zu, Frau Z sei nicht als Verkäuferin tätig gewesen. Die Höhe der geforderten Sozialversicherungsbeiträge sei nicht nachvollziehbar, zumal Frau Z für die Zeit von 2008 bis 2010 bereits Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Krankenversicherung abgeführt habe.
Am 3. Mai 2013 hat der Beschwerdegegner beim Sozialgericht (SG) Chemnitz im Wege einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 26. März 2013 gegen den Bescheid vom 25. Februar 2013 anzuordnen.
Er hat vorgetragen, Frau Z sei in den betrieblichen Ablauf nicht eingegliedert gewesen. Sie habe ihre Arbeitszeit frei gestalten und Hilfskräfte einsetzen dürfen. Sie sei nicht weisungsabhängig gewesen. Darüber hinaus habe sie die Übernahme bestimmter Aufträge ablehnen können. Sie sei nicht als Verkäuferin beschäftigt gewesen, sondern habe Dienstleistungen im Hotel- und Gaststättengewerbe erbracht. Im Bereich des Spielzeughandels habe sie den Wareneinkauf finanzieren müssen und somit ein finanzielles Risiko getragen. Sie habe weder einen Anspruch auf Urlaub noch auf Entgeltfortzahlung gehabt. Sie sei zeitgleich für mehrere Auftraggeber tätig gewesen. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis habe nicht vorgelegen.
Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung lägen nicht vor.
Mit Beschluss vom 27. Mai 2013 hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdegegners gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 25. Februar 2013 angeordnet. Dies folge aus § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV. Selbst wenn man dies anders sähe, bestünden bei summarischer Prüfung nach § 86b Sozialgerichtsgesetz (SGG) ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides.
Gegen den ihr am 30. Mai 2013 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 17. Juni 2013 Beschwerde eingelegt.
Sie trägt vor, der Anwendungsbereich von § 7a Abs. 7 SGB IV sei auf reine Statusfeststellungsverfahren zu beschränken. Die Regelung des später in Kraft getretenen § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gehe vor.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 27. Mai 2013 aufzuheben und den Antrag des Beschwerdegegners auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 25. Februar 2013 abzulehnen.
Hilfsweise beantragt sie für den Fall, dass die Beschwerde zurückgewiesen wird, die Aussetzung der Vollziehung von der Hinterlegung einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen oder – soweit dies nicht möglich ist – mit der Auflage einer Verzinsung in Höhe von 4 % der Hauptforderung zu verbinden.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beschwerdeführerin sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Beschwerdegegners gegen den Bescheid der Beschwerdeführerin vom 25. Februar 2013 angeordnet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt u.a. bei Entscheidungen über Beitragspflichten sowie der Anforderung von Beiträgen einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage. Das Gericht entscheidet über den Antrag nach summarischer Prüfung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen sowie Heranziehung der in § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG niedergelegten Grundsätze. Nach Letzteren soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 SGG für bestimmte Konstellationen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert, bedeutet dies, dass in diesen Fällen im Zweifel grundsätzlich das öffentliche Interesse an der Vollziehung Vorrang hat. Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung bestehen daher nur dann, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfes im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg, da eine gerichtliche Entscheidung das genannte Regel-Ausnahme-Verhältnis und die darin liegende gesetzliche Risikoverteilung zu Lasten des Betroffenen unterliefe, setzte sie die Vollziehung bereits dann aus, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg, der Ausgang des Hauptsacheverfahrens also offen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 86a Rn. 27a). Eine unbillige Härte liegt vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gutgemacht werden können (Keller, a.a.O., § 86a Rn. 27b).
1. Der Anwendungsbereich von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG wird im Hinblick auf Bescheide über Betriebsprüfungen gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV durch § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV nicht berührt (zusammenfassend Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage, § 86a Rn. 13b m.w.N.). Dies ergibt sich im Wege grammatischer (a), historischer (b), systematischer und teleologischer (c) Auslegung.
a) Nach dem Wortlaut von § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV haben Widerspruch und Klage nur aufschiebende Wirkung "gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt". Anders als § 7a SGB IV ermächtigt § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung zum Erlass von Verwaltungsakten sowohl zur Versicherungspflicht als auch zur Beitragshöhe. Indes folgen aus § 7a SGB IV keinerlei beitragsrechtliche Zuständigkeiten (Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 16. März 2010 – L 5 R 21/10 B ER – juris Rn. 13, und LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – L 8 R 565/12 B ER – juris Rn. 10). Der Gesetzeswortlaut des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV lässt es daher nicht zu, ihn auf Verwaltungsakte der Rentenversicherungsträger im Rahmen von Betriebsprüfungen nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV zu erstrecken (Pietrek in jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7a Rn. 142).
b) Für diese Sichtweise spricht auch die historische Auslegung. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG wurden durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144) mit Wirkung vom 2. Januar 2002 eingeführt, um die Funktionsfähigkeit der Sozialleistungsträger zu sichern (LSG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 – L 3 R 19/12 B ER – juris Rn. 2). Diese sind auf die rechtzeitige und vollständige Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge angewiesen. Deshalb werden Bescheide nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG erfasst. Die Vorschrift des § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV wurde demgegenüber bereits durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2000) eingeführt. Sie ist nach Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes mit Wirkung vom 2. Januar 2002 im Lichte des mit diesem Gesetz verfolgten Zwecks der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Sozialleistungsträger auszulegen. Daher kann sie im Wege historischer Auslegung nicht als lex specialis gegenüber § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG angesehen werden (so im Ergebnis aber unter Bezugnahme auf BT-Drucksache 14/1855 S. 8 LSG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse vom 8. November 2012 – L 1 R 304/11 B ER – juris Rn. 32, und vom 26. März 2013 – L 1 R 454/12 B ER – juris Rn. 15; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. September 2009 – L 4 R 196/09 B ER – juris Rn. 19; Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Januar 2005 – L 8/14 Kr 110 /04 ER – juris Rn. 4; Baier in Krauskopf, SGB IV, Stand März 2011, § 7a Rn. 21; Seewald in Kasseler Kommentar, SGB IV, Stand Oktober 2009, § 7a Rn. 25, und Dankelmann in Eichenhofer/Wenner, SGB IV, § 7a Rn. 63). Andernfalls liefe § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei den nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV getroffenen Entscheidungen leer (Pietrek in jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7a Rn. 142), und die mit der Einführung von § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG vom Gesetzgeber bezweckte Intention würde konterkariert (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2008 – L 16 B 7/08 R ER – juris Rn. 17). § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG enthält insoweit eine abschließende Regelung.
c) Bestätigt wird dieses Ergebnis im Wege systematischer und teleologischer Auslegung. Das Anfrageverfahren nach § 7a Abs. 1 SGB IV ist aufgrund der systematischen Zusammenhänge durch eine Betrachtung ex ante geprägt und somit grundsätzlich nur zu Beginn einer Beschäftigung eröffnet (LSG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 – L 3 R 19/12 B ER – juris Rn. 3; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2008 – L 16 B 7/08 R ER – juris Rn. 18). Es soll nach seinem Sinn und Zweck den gutgläubigen Arbeitgeber schützen (BT-Drucksache 14/1855 S. 6). Ein solches Schutzbedürfnis entfällt aber bei demjenigen Arbeitgeber, der für die Beschäftigung eines Arbeitnehmers keine Sozialversicherungsbeiträge abführt, obwohl sich ihm konkrete Anhaltspunkte für die Versicherungspflichtigkeit dieser Beschäftigung aufdrängen mussten. Für eine beitragsrechtliche Honorierung des in der Regel wenigstens fahrlässig handelnden Arbeitgebers ist kein Raum (LSG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 – L 3 R 19/12 B ER – juris Rn. 3; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. November 2008 – L 16 B 7/08 R ER – juris Rn. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – L 8 R 565/12 B ER – juris Rn. 12, und Bayerisches LSG, Beschluss vom 16. März 2010 – L 5 R 21/10 B ER – juris Rn. 13).
d) Der Bescheid der Beschwerdeführerin vom 25. Februar 2013 gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV enthält dementsprechend den Verfügungssatz:
"Sehr geehrter Herr W ,
die sich aus der Prüfung ergebende Nachforderung beträgt insgesamt 9.777,81 EUR."
Darüber findet sich der maßgebliche Prüfzeitraum (1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2011).
Die eigentliche Entscheidung, die der Bescheid vom 25. Februar 2013 in seinem Verfügungssatz trifft, stellt somit die Beitragsnachforderung dar, nicht aber die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt. Eine solche Entscheidung wird im Verfügungssatz von Bescheiden über eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV regelmäßig nicht getroffen.
2. An der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beschwerdeführerin vom 25. Februar 2013 bestehen keine ernsthaften Zweifel. Nach summarischer Prüfung geht der Senat davon aus, dass ein Obsiegen des Beschwerdegegners in der Hauptsache nicht überwiegend wahrscheinlich ist; der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist allenfalls offen.
Rechtsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheids ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV erfolgt mindestens alle vier Jahre – bei Vorliegen besonderer Gründe auch außerhalb dieses Turnus – eine Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV) stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen. Bei kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten wird der Beitragsbemessung in den Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung insbesondere das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung zu Grunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Arbeitsentgelt sind nach § 14 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 7/04 R – juris Rn. 36, 43). Für die Feststellung der Versicherungspflicht und der Beitragshöhe gilt damit das Entstehungs- und nicht das Zuflussprinzip.
Geht man – wie die Beschwerdeführerin – von einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit von Frau Z aus, liegen die Voraussetzungen für die geltend gemachte Beitragsforderung vor. Insoweit ist ein Obsiegen des Beschwerdegegners – der sich mit seiner Argumentation gegen das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von Frau Z im Prüfzeitraum richtet – in der Hauptsache nicht überwiegend wahrscheinlich. Vielmehr ist der Ausgang eines etwaigen Hauptsacheverfahrens als offen zu betrachten, da er zumindest von einer persönlichen Befragung der Ehefrau des Beschwerdegegners und der Einvernahme von Frau Z als Zeugin abhängt. In derartigen Konstellationen unterliefe eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung das in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG enthaltene Regel-Ausnahme-Verhältnis und die darin liegende gesetzliche Risikoverteilung zu Lasten des Beitragsschuldners. Das vorliegende Eilverfahren ist nicht der geeignete Ort zur Durchführung umfangreicher tatsächlicher Ermittlungen, da anderenfalls keine schnelle Entscheidung möglich wäre. Unter Anlegung dieser Maßstäbe fällt die Abwägung des Senats vorliegend zu Gunsten der Eilbedürftigkeit aus (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - L 5 B 2/07 R ER - juris Rn. 3; Sächsisches LSG, Beschluss vom 12. November 2012 – L 1 KR 200/12 B ER – amtlicher Umdruck S. 7).
Auch bestehen für den Senat keine beachtlichen Zweifel an der Höhe der geltend gemachten Beitragsforderung. Denn der Beschwerdegegner hat die Höhe der Beitragsforderung nicht substantiiert bestritten. Selbst wenn Frau Z bereits Sozialversicherungsbeiträge entrichtet haben sollte, ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Tätigkeit sie diese Beiträge entrichtet hat. Die vom Beschwerdegegner vorgetragene Beitragsentrichtung durch sie kann sich auch ausschließlich auf ihre Tätigkeit beschränkt haben, die den Vertrieb von Kinderspielzeug im streitgegenständlichen Zeitraum betraf. Der Beschwerdeführer hat auch nicht im Einzelnen dargelegt, warum die geforderten Sozialversicherungsbeiträge nicht nachvollziehbar sein sollen. Demgegenüber hält der Senat die vorgenommene Berechnung der nachgeforderten Beiträge durch die Beschwerdeführerin nach der gebotenen summarischen Prüfung im Wesentlichen für plausibel.
Es ist nach summarischer Prüfung nicht ersichtlich, dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für den Beschwerdegegner eine unbillige Härte bedeutet. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für den Beschwerdegegner verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen reichen hierfür nicht aus. Dies gilt umso mehr, als die gemäß § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV zuständige Einzugsstelle dem Beschwerdegegner schon eine Ratenzahlungsvereinbarung angeboten hat (siehe insoweit § 76 Abs. 3 und 4 SGB IV).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Streitwertfestsetzung auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Senat bemisst in ständiger Rechtsprechung im einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 SGG den Streitwert nach einem Viertel des Hauptsachestreitwerts (siehe nur Beschluss des erkennenden Senats vom 4. Juni 2013 – L 1 KR 66/13 B ER – amtlicher Umdruck S. 18).
4. Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Klotzbücher Schanzenbach Dr. Wietek
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