Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 246/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2895/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. In einem Erstattungsstreit ist eine Feststellungsklage, ob es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt hat, unzulässig.
2. An den gegenüber dem Versicherten ergangenen Ablehnungsbescheid besteht nur dann keine Bindungswirkung im Erstattungsstreit, wenn dieser offensichtlich fehlerhaft ist.
3. Das Reiten eines Pferdes aus reiner Gefälligkeit begründet keine Wie-Beschäftigung.
2. An den gegenüber dem Versicherten ergangenen Ablehnungsbescheid besteht nur dann keine Bindungswirkung im Erstattungsstreit, wenn dieser offensichtlich fehlerhaft ist.
3. Das Reiten eines Pferdes aus reiner Gefälligkeit begründet keine Wie-Beschäftigung.
Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 7. April 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selber trägt.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf je 8.747,87 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin 8.747,87 EUR an Heilbehandlungskosten zu erstatten hat.
Die Klägerin ist eine Krankenkasse, bei welcher die Beigeladene, welche in ihrer Freizeit als Turnierreiterin im Bereich Dressur tätig ist, kranken- und pflegeversichert ist. Die Beigeladene (Körpergröße 180 cm) erlitt am 06.07.2004 einen Unfall. Sie fiel in der Reithalle ihres Reitvereins vom Pferd, da das von ihr gerittene Pferd H. buckelte, und stürzte mit behelmten Kopf gegen die Reithallenbande. Bei dem Pferd handelte es sich um ein Haflinger Pony mit Stockmaß von 142 cm, welches normalerweise von der 12-jährigen C. B. (im Folgenden C.B.) versorgt und geritten wurde. Da C.B. sich jedoch bis maximal 4 Wochen im Krankenhaus befand, hatte die Beigeladene auf Bitten der Eltern gefälligkeitshalber das Reiten des Pferdes übernommen, damit dieses ausreichend bewegt wird. Hierfür wendete sie ca. drei- bis viermal die Woche jeweils eine Stunde auf. Im Gegenzug hatte C.B. sich bereit erklärt, die Stallbox der Beigeladenen zu misten und deren Pferd zu putzen. Der Durchgangsarzt Dr. R. diagnostizierte am Tag des Unfalls einen Zustand nach traumatischer Luxation der Halswirbelkörper C3/C4 mit Fraktur des rechten Wirbelgelenks und Pedikeleinriss. Nach dem Unfall wurde die Beigeladene auf Kosten der Klägerin ins Krankenhaus transportiert und dort stationär behandelt. Weiterhin erhielt sie auf Kosten der Klägerin Krankengymnastik und Stützbandagen. Insgesamt waren der Klägerin für die Behandlung der Beigeladenen in der Zeit vom 06.07.2004 bis zum 31.12.2004 8.747,87 EUR an Kosten entstanden.
Das Landgericht H. hatte die Klage der Beigeladenen gegen die Pferdehalterin P. B. (im Folgenden P.B.), Mutter von C.B., auf Schadensersatz- und Schmerzensgeld mit abweisendem Prozesskostenhilfebeschluss vom 17.03.2005 (Az.: 2 O31/05) aufgrund der Haftungsbeschränkung nach § 104 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) für nicht aussichtsreich erachtet. Danach hafte ein Unternehmer nicht für einen dem versicherten Verletzten entstandenen Schaden, wenn dieser durch einen Arbeitsunfall verursacht worden ist. Bei dem Unfallereignis handele es sich um einen Arbeitsunfall. P.B. sei als Halterin des Pferdes Unternehmerin, denn die Beigeladene sei wie eine Beschäftigte tätig geworden, in dem sie beauftragt worden sei, das Pferd ausreichend in Bewegung zu halten.
Mit Schreiben vom 05.07.2005 (Eingang bei der Verwaltungs-BG am 07.07.2005, weitergeleitet an die Beklagte und Eingang dort am 07.11.2005) meldete die Klägerin einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten unter Angabe der Versicherten, des Unfalltages und -hergangs, sowie der Diagnosen, jedoch ohne konkreten Betrag und Angabe der Verwendungen an.
Mit Bescheid vom 12.12.2006 lehnte die Beklagte gegenüber der Beigeladenen die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Körperschadens vom 06.07.2004 ab. Sie begründete ihre Entscheidung damit, ein Arbeitsunfall habe an diesem Tag nicht vorgelegen, da es sich bei dem Bewegen des Pferdes um eine reine Gefälligkeitsleistung unter Reiterkameraden handele. Diese Entscheidung wurde von der Beigeladenen nicht angefochten und bestandskräftig.
Unter dem 23.10.2007 wandte die Klägerin sich erneut an die Beklagte mit der Bitte um Mitteilung, ob man die Aufwendungen bekanntgeben könne und ob auf die Einrede der Verjährung verzichtet werde. Die Beklagte verzichtete zwar auf die Einrede der Verjährung (Schreiben vom 20.11.2007), verwies jedoch wegen der geltend gemachten Erstattung darauf, dass es bei der Entscheidung gegenüber der Beigeladenen, es handele sich nicht um einen Arbeitsunfall, verbleibe. Eine Erstattung wurde abgelehnt. Am 17.12.2007 bezifferte die Klägerin unter Angabe der Verwendungen die Höhe des Erstattungsanspruches auf 8.747,87 EUR und meldete einen Erstattungsanspruch für alle von der Beigeladenen evtl. weiter in Anspruch genommenen Leistungen an. Eine Erstattung erfolgte nicht.
Am 18.01.2008 hat die Klägerin deswegen Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung der Klage hat sie im Wesentlichen vorgetragen, der Reitunfall der Beigeladenen sei als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das SG hat J. G. mit Beschluss vom 12.02.2009 zum Verfahren beigeladen.
In der mündlichen Verhandlung vom 07.04.2011 hat das SG die Beigeladene persönlich vernommen. Mit Urteil vom selben Datum hat das SG festgestellt, dass der Unfall vom 06.07.2004 ein Arbeitsunfall war, und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die bislang angefallenen Unfallfolgekosten in Höhe von 8.747,87 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2008 zu erstatten. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Erstattungsanspruch bestehe gemäß § 102 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Denn die Beklagte sei hinsichtlich der Behandlungskosten zur Übernahme verpflichtet, da die Beigeladene diesbezüglich Versicherte der Beklagten und das betreffende Ereignis ein Versicherungsfall sei. Die Beigeladene habe eine sogenannte "Wie-Beschäftigung" für eine nicht gewerbsmäßige Pferdehalterin durch die Pflege des fremden Pferdes durchgeführt. Es handle sich nicht um ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis. Der Umfang der Erstattungspflicht richte sich nach den für die Klägerin geltenden Bestimmungen. Demnach habe die Klägerin Anspruch auf Erstattung der notwendigen Krankenbehandlungskosten, die in zwei Krankenhausbehandlungen, krankengymnastische Therapie, "stützt man dann" (gemeint Stützbandagen) und einem Krankentransport bestanden hätten. Auch der Zivilanspruch bestehe.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 11.07.2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat die Beklagte angeführt, ein Arbeitsunfall liege ihrer Ansicht nach nicht vor, da die Beigeladene nicht arbeitnehmerähnlich tätig geworden sei. Das Erstattungsbegehren der Klägerin sei darüber hinaus nicht in der Ein-Jahresfrist des § 111 SGB X geltend gemacht worden und daher verfristet. Letztlich stehe ihr bestandskräftiger Bescheid vom 12.12.2006 gegenüber der Beigeladenen ohnehin dem Erstattungsbegehren entgegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 7. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist unter anderem der Ansicht, der bestandskräftige Bescheid der Beklagten vom 12.12.2006 entfalte keinerlei Bindungswirkung ihr gegenüber.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
Der damalige Berichtstatter hat den Sachverhalt am 25.01.2012 mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift vom gleichen Tag wird verwiesen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägervertreterin ihre Klage zurückgenommen, soweit diese auf Zahlung von Prozesszinsen gerichtet war.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist auch statthaft, obwohl die nach § 144 Abs. 1 S.1 Nr. 2 SGG erforderliche Berufungssumme von 10.000 EUR durch die mit 8.747, 87 EUR bezifferte Erstattungsforderung nicht erreicht wird. Denn die Klägerin hat über die reine Leistungsklage hinaus auch eine Feststellungsklage erhoben, mit der sie im Falle der Feststellung eines Unfallereignisses eine Haftung der Beklagten für mögliche spätere durch den Unfall verursachte Folgekosten erreichen wollte. Durch diese Klagehäufung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 144 Rn. 16) wird die Berufung insgesamt statthaft. Die somit insgesamt zulässige Berufung der Beklagten ist auch in vollem Umfang begründet.
Die Beiladung von J. G. war bei der vorliegenden Konstellation zunächst ausnahmsweise notwendig und daher nicht aufzuheben (vgl. zu einer reinen Erstattungsforderung Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.03.2010 - B 2 U 4/09 R), da die Klägerin vorliegend über die bloße Erstattung der entstandenen Behandlungskosten hinaus die Feststellung eines Arbeitsunfalls begehrt und dadurch der Rechtsstreit unmittelbar das Leistungsverhältnis der Beigeladenen berührt.
Prozessual hat das SG nicht beachtet, dass die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erhobene Feststellungsklage, es habe sich bei dem Ereignis vom 06.07.2004 um einen Arbeitsunfall gehandelt, bereits unzulässig ist. Bereits aus diesem Grunde ist die Berufung der Beklagten begründet.
Zum einen ist eine solche Feststellungsklage ohnehin subsidiär gegenüber der anhängigen Leistungsklage. Denn die Entscheidung, ob es sich bei dem Ereignis vom 06.07.2004 tatsächlich um einen Arbeitsunfall gehandelt hat, stellt eine Vorfrage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten dar, die ohnehin inzident im Erstattungsstreit geklärt wird (BSG, Urteil vom 25.04.1984 - 8 RK30/83 - SozR 1500 § 55 Nr. 23; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 55 Rdnr. 19a). Deswegen fehlt es auch zum anderen an dem für die Zulässigkeit der Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse. Zwar kann im Rahmen der Feststellungsklage bezüglich eines Rechtsverhältnisses auch die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten begehrt werden, die auf dem Rechtsverhältnis im umfassenden Sinn basieren und vom Inhalt dieses Rechtsverhältnisses abhängen (BSG, Urteil vom 27.01.1977 - 12/8 REh 1/75; Urteil vom 06.03.2003 - B 11 AL 27/02 R). Von einer solchen Konstellation ist jedoch die sogenannte Elementenfeststellungsklage zu unterscheiden. Eine Feststellungsklage wegen einzelner Elemente, z.B. Rechtsfragen, Vorfragen, Tatfragen, Verwaltungsgepflogenheiten, Eigenschaften von Personen und Sachen ist unzulässig. Da die Frage nach dem Arbeitsunfall im Rahmen der auf die Erstattung gerichteten Leistungsklage zu behandeln ist, fehlt es der isoliert auf die Feststellung des Arbeitsunfall gerichteten Feststellungsklage am Feststellungsinteresse. Zu Unrecht hat das SG die begehrte Feststellung getroffen.
Zu Unrecht hat das SG der auf Erstattung gerichteten, in Form einer Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG erhobenen Klage stattgegeben. Die Beklagte ist der Klägerin nicht zur Erstattung der aufgewendeten Behandlungskosten von insgesamt 8.747,87 EUR verpflichtet.
Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Erstattungsforderung ist § 105 SGB X und nicht § 102 SGB X, der Leistungsansprüche zugunsten des vorläufig leistenden Leistungsträgers begründet. Die Klägerin hat indes nicht als vorläufig leistender Versicherungsträger gehandelt (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 38 /06 R). Sie hat vielmehr aufgrund zunächst angenommener originärer Zuständigkeit als Krankenversicherung der Beigeladenen gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und nicht im Rahmen eines für die Anwendung des § 102 SGB X erforderlichen negativen Kompetenzkonflikts gemäß § 43 Abs. 1 SGB I Krankenversicherungsleistungen gewährt. Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Die Klägerin hat jedoch zur Überzeugung des Senates nicht als unzuständiger Leistungsträger gehandelt, sondern war für diese Leistungen zuständig.
Zwar hat das BSG in Unfallversicherungssachen (zuletzt Urteil vom 16.03.2010 - B 2 U 4/09 R) in Abweichung von der ständigen Rechtsprechung (zuletzt Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.06.2011 - L 2 U 10/10 - Juris; BSG, Urteil vom 30.04.1991 - 2 RU 78/90 -, Urteil vom 21.08.1991 - 2 RU 2/91 -, Urteil vom 28.09.1999 - B 2 U 36/98 R -, Urteil vom 16.03.2010 - B 2 U 4/09 R; anders: BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RV 35/91 - zur Vermeidung des Doppelbezuges von Sozialleistungen mit anerkannter Bindungswirkung von Leistungsbescheiden nach Grund und Höhe; BSG-Urteil vom 12.05.1999 - B 7 AL 74/98 R - zum Sozialhilfeträger bei Prozessstandschaft, wenn dieser Bescheide gegenüber dem Versicherten hat bestandskräftig werden lassen; BSG-Urteil vom 26.07.2007 - B 13 R 38/06 R, BSG, Urteil vom 06.02.1992 - 12 RK 15/90 - zur Tatbestandswirkung einer Statusentscheidung; ausdrücklich offengelassen: BSG-Urteil vom 01.04.1993 - 1 RK 10/92) die Auffassung vertreten, dass selbst die bindende Ablehnung des Begehrens des Sozialleistungsberechtigten durch den auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträger dem späteren Erstattungsbegehren des vorleistenden Leistungsträgers nicht entgegensteht. Dem kann sich der erkennende Senat nicht anschließen. Zwar hat die Eigenständigkeit und Selbständigkeit des Erstattungsverfahrens der §§ 102 ff. SGB X einige verfahrensrechtliche Erleichterungen für die beteiligten öffentlich-rechtlichen Leistungsträger gebracht. Sie hat aber nicht dazu geführt, dass der Leistungsbescheid des vorrangig leistungspflichtigen (oder des zuletzt zuständigen [§ 103 Abs. 2 SGB X]) Leistungsträgers für die Erstattung unbeachtlich wäre, so dass über Grund und Höhe der Leistung zum Zwecke der Erstattung noch einmal entschieden werden müsste. Die Entscheidung über die Leistung bestimmt zugleich den Umfang der Erstattung. Diese Entscheidung des vorrangigen (§ 104 Abs. 3 SGB X) oder des zuständigen (§ 103 Abs. 2 SGB X) Leistungsträgers hat der nachrangige bzw. der nicht zuständige Leistungsträger bei der Geltendmachung der Erstattung zu beachten. Dafür sprechen nicht nur der gesetzliche Wortlaut, sondern auch Gründe der Systematik und der Zweckmäßigkeit. Im Interesse der Funktionsfähigkeit des gegliederten Systems der sozialen Sicherheit müssen im Erstattungsverhältnis die Entscheidungen der fachlich zuständigen Träger von den anderen Trägern beachtet werden. Insoweit tritt eine über die relative Bestandskraft (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X), die grundsätzlich nur innerhalb der Beteiligten des Verwaltungsverfahrens wirkt, hinausgehende Bindung (Tatbestandswirkung) ein. Wo dies nicht der Fall sein soll, hat dies der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt. Somit bemisst sich der Erstattungsanspruch nach dem Leistungsbescheid, vorliegend dem Bescheid vom 12.12.2006, wenn ihn der auf Erstattung in Anspruch genommene Träger nicht mehr zu Lasten des Sozialleistungsberechtigten aufheben darf. Eine Ausnahme ist nur im Falle offensichtlicher Unrichtigkeit des bestandskräftigen Bescheides nach der Rechtsprechung des BSG geboten (BSG, Urteil vom 08.07.1998 - B 13 RJ 49/96 R).
Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch nicht anzunehmen, denn der Bescheid vom 12.12.2006 ist nicht "offensichtlich fehlerhaft". Die Beklagte hat vielmehr unter Zugrundelegung der hierzu ergangenen Rechtsprechung dargelegt, dass und warum die Tätigkeit der Beigeladenen nicht arbeitnehmerähnlich war.
Letztlich kann hier jedoch dahingestellt bleiben, ob eine Bindungswirkung im Erstattungsstreit an den Bescheid vom 12.12.2006 besteht, weil es zur Überzeugung des Senats an einer Wie-Beschäftigung der Beigeladenen und deswegen an einem Arbeitsunfall fehlt und die Beklagte daher nicht zuständige Leistungsträgerin i.S. des § 105 Abs. 1 S.1 SGB X ist.
Die Beigeladene war bei ihrem Reitunfall am 06.07.2004 bei der Beklagten nicht unfallversichert. Denn ein Arbeitsunfall setzt gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII einen Unfall voraus, den ein Versicherter bei einer den Versicherungsschutz gemäß §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet.
Die Beigeladene war zunächst unstreitig nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses versichert gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Es lag auch keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vor, welche den Versicherungsschutz der Beigeladenen in diesem Zeitpunkt begründet hat. Der Senat stützt sich hierbei auf die Angaben der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung im Zivilrechtsstreit und in dem Unfallfragebogen (Bl. 45 der Beklagten-Akte).
Ob eine Person wie ein Beschäftigter tätig geworden ist, richtet sich schon nach dem Wortlaut der Formulierung im Kern nach den Kriterien für eine Beschäftigung. § 2 Abs. 2 SGB VII soll jedoch Versicherungsschutz auch dann gewähren, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer ggf. nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist, weil eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht, unter solchen Umständen, die einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich sind und nicht auf einer Sonderbeziehung, z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied, beruhen (BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R mit weiteren Nachweisen). Allerdings wird nicht jede Tätigkeit, die einem fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach in sonst üblicher Weise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, beschäftigtenähnlich verrichtet. Vielmehr kommt der mit dem objektiv arbeitnehmerähnlichen Verhalten verbundenen Handlungstendenz, die vom bloßen Motiv für das Tätigwerden zu unterscheiden ist, eine ausschlaggebende Bedeutung zu (LSG] München, Urteil vom 01.07.2009 - L 2 U 46/07). Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses geschützt durch § 2 Abs. 2 SGB VII tätig (BSG, Urteil vom 05.07.2005 - B 2 U 22/04 R).
Ausgehend hiervon hat die Beigeladene das Reiten des Pferdes ihren eigenen Angaben zufolge aus reiner Gefälligkeit übernommen. Das entnimmt der Senat ihrem Vorbringen im Zivilrechststreit. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht aus Sicht des Senats, dass das Reiten des Pferdes während der nur kurzen Abwesenheit seiner Halterin nicht zwingend erforderlich war, wie z.B. das Füttern und Ausmisten oder ähnliche Tätigkeiten für ein Pferd, und deswegen keinen wirtschaftlichen Wert hatte. Es hätte für die erforderliche Bewegung vielmehr ausgereicht, das Pferd auf die Weide zu geben, was in der Regel von Pferdehöfen, die Pensionspferde pflegen, als einzige Leistung zur Bewegung der Pferde angeboten wird. Ein wirtschaftlicher Wert liegt vielmehr in der Gegenleistung, welche die Beigeladene nach ihren Angaben von C.B. erwarten konnte, nämlich die Pflege (Putzen und Ausmisten) ihres eigenen Pferdes. Im Vordergrund steht daher das Eigeninteresse der Beigeladenen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass es sich nur um einen kurzen, maximal vierwöchigen Zeitraum gehandelt hat, während dessen das Pferd zu betreuen war. Ort und Zeit des Reitens waren ebenfalls schon aufgrund der Gegebenheiten nicht vorgegeben.
Die Beigeladene hat somit am 06.07.2004 keinen versicherten Arbeitsunfall erlitten, was die Beklagte daher zu Recht im Leistungsverhältnis zur Beigeladenen mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 12.12.2006 festgestellt hat.
Die Voraussetzungen des § 105 SGB X liegen daher nicht vor. Der Berufung ist somit stattzugeben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und somit kein Kostenrisiko eingegangen ist, sodass es unbillig wäre, ihre außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Auf die Rechtsfrage, ob die Entscheidung über einen Arbeitsunfall im Erstattungsstreit bindend ist, kommt es vorliegend nicht an.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes; der festgesetzte Streitwert in Höhe von 8.747,87 EUR entspricht dem bezifferten Wert der geltend gemachten Forderung. Insoweit erhöht die nur untergeordnete Feststellungsklage den Streitwert nicht. Gleichzeitig wird der Streitwert für die 1. Instanz festgesetzt (§ 63 Abs. 3 GKG).
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selber trägt.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf je 8.747,87 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin 8.747,87 EUR an Heilbehandlungskosten zu erstatten hat.
Die Klägerin ist eine Krankenkasse, bei welcher die Beigeladene, welche in ihrer Freizeit als Turnierreiterin im Bereich Dressur tätig ist, kranken- und pflegeversichert ist. Die Beigeladene (Körpergröße 180 cm) erlitt am 06.07.2004 einen Unfall. Sie fiel in der Reithalle ihres Reitvereins vom Pferd, da das von ihr gerittene Pferd H. buckelte, und stürzte mit behelmten Kopf gegen die Reithallenbande. Bei dem Pferd handelte es sich um ein Haflinger Pony mit Stockmaß von 142 cm, welches normalerweise von der 12-jährigen C. B. (im Folgenden C.B.) versorgt und geritten wurde. Da C.B. sich jedoch bis maximal 4 Wochen im Krankenhaus befand, hatte die Beigeladene auf Bitten der Eltern gefälligkeitshalber das Reiten des Pferdes übernommen, damit dieses ausreichend bewegt wird. Hierfür wendete sie ca. drei- bis viermal die Woche jeweils eine Stunde auf. Im Gegenzug hatte C.B. sich bereit erklärt, die Stallbox der Beigeladenen zu misten und deren Pferd zu putzen. Der Durchgangsarzt Dr. R. diagnostizierte am Tag des Unfalls einen Zustand nach traumatischer Luxation der Halswirbelkörper C3/C4 mit Fraktur des rechten Wirbelgelenks und Pedikeleinriss. Nach dem Unfall wurde die Beigeladene auf Kosten der Klägerin ins Krankenhaus transportiert und dort stationär behandelt. Weiterhin erhielt sie auf Kosten der Klägerin Krankengymnastik und Stützbandagen. Insgesamt waren der Klägerin für die Behandlung der Beigeladenen in der Zeit vom 06.07.2004 bis zum 31.12.2004 8.747,87 EUR an Kosten entstanden.
Das Landgericht H. hatte die Klage der Beigeladenen gegen die Pferdehalterin P. B. (im Folgenden P.B.), Mutter von C.B., auf Schadensersatz- und Schmerzensgeld mit abweisendem Prozesskostenhilfebeschluss vom 17.03.2005 (Az.: 2 O31/05) aufgrund der Haftungsbeschränkung nach § 104 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) für nicht aussichtsreich erachtet. Danach hafte ein Unternehmer nicht für einen dem versicherten Verletzten entstandenen Schaden, wenn dieser durch einen Arbeitsunfall verursacht worden ist. Bei dem Unfallereignis handele es sich um einen Arbeitsunfall. P.B. sei als Halterin des Pferdes Unternehmerin, denn die Beigeladene sei wie eine Beschäftigte tätig geworden, in dem sie beauftragt worden sei, das Pferd ausreichend in Bewegung zu halten.
Mit Schreiben vom 05.07.2005 (Eingang bei der Verwaltungs-BG am 07.07.2005, weitergeleitet an die Beklagte und Eingang dort am 07.11.2005) meldete die Klägerin einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten unter Angabe der Versicherten, des Unfalltages und -hergangs, sowie der Diagnosen, jedoch ohne konkreten Betrag und Angabe der Verwendungen an.
Mit Bescheid vom 12.12.2006 lehnte die Beklagte gegenüber der Beigeladenen die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Körperschadens vom 06.07.2004 ab. Sie begründete ihre Entscheidung damit, ein Arbeitsunfall habe an diesem Tag nicht vorgelegen, da es sich bei dem Bewegen des Pferdes um eine reine Gefälligkeitsleistung unter Reiterkameraden handele. Diese Entscheidung wurde von der Beigeladenen nicht angefochten und bestandskräftig.
Unter dem 23.10.2007 wandte die Klägerin sich erneut an die Beklagte mit der Bitte um Mitteilung, ob man die Aufwendungen bekanntgeben könne und ob auf die Einrede der Verjährung verzichtet werde. Die Beklagte verzichtete zwar auf die Einrede der Verjährung (Schreiben vom 20.11.2007), verwies jedoch wegen der geltend gemachten Erstattung darauf, dass es bei der Entscheidung gegenüber der Beigeladenen, es handele sich nicht um einen Arbeitsunfall, verbleibe. Eine Erstattung wurde abgelehnt. Am 17.12.2007 bezifferte die Klägerin unter Angabe der Verwendungen die Höhe des Erstattungsanspruches auf 8.747,87 EUR und meldete einen Erstattungsanspruch für alle von der Beigeladenen evtl. weiter in Anspruch genommenen Leistungen an. Eine Erstattung erfolgte nicht.
Am 18.01.2008 hat die Klägerin deswegen Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung der Klage hat sie im Wesentlichen vorgetragen, der Reitunfall der Beigeladenen sei als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das SG hat J. G. mit Beschluss vom 12.02.2009 zum Verfahren beigeladen.
In der mündlichen Verhandlung vom 07.04.2011 hat das SG die Beigeladene persönlich vernommen. Mit Urteil vom selben Datum hat das SG festgestellt, dass der Unfall vom 06.07.2004 ein Arbeitsunfall war, und die Beklagte verurteilt, der Klägerin die bislang angefallenen Unfallfolgekosten in Höhe von 8.747,87 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2008 zu erstatten. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der Erstattungsanspruch bestehe gemäß § 102 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Denn die Beklagte sei hinsichtlich der Behandlungskosten zur Übernahme verpflichtet, da die Beigeladene diesbezüglich Versicherte der Beklagten und das betreffende Ereignis ein Versicherungsfall sei. Die Beigeladene habe eine sogenannte "Wie-Beschäftigung" für eine nicht gewerbsmäßige Pferdehalterin durch die Pflege des fremden Pferdes durchgeführt. Es handle sich nicht um ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis. Der Umfang der Erstattungspflicht richte sich nach den für die Klägerin geltenden Bestimmungen. Demnach habe die Klägerin Anspruch auf Erstattung der notwendigen Krankenbehandlungskosten, die in zwei Krankenhausbehandlungen, krankengymnastische Therapie, "stützt man dann" (gemeint Stützbandagen) und einem Krankentransport bestanden hätten. Auch der Zivilanspruch bestehe.
Gegen das Urteil hat die Beklagte am 11.07.2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat die Beklagte angeführt, ein Arbeitsunfall liege ihrer Ansicht nach nicht vor, da die Beigeladene nicht arbeitnehmerähnlich tätig geworden sei. Das Erstattungsbegehren der Klägerin sei darüber hinaus nicht in der Ein-Jahresfrist des § 111 SGB X geltend gemacht worden und daher verfristet. Letztlich stehe ihr bestandskräftiger Bescheid vom 12.12.2006 gegenüber der Beigeladenen ohnehin dem Erstattungsbegehren entgegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 7. April 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist unter anderem der Ansicht, der bestandskräftige Bescheid der Beklagten vom 12.12.2006 entfalte keinerlei Bindungswirkung ihr gegenüber.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
Der damalige Berichtstatter hat den Sachverhalt am 25.01.2012 mit den Beteiligten erörtert. Auf die Niederschrift vom gleichen Tag wird verwiesen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägervertreterin ihre Klage zurückgenommen, soweit diese auf Zahlung von Prozesszinsen gerichtet war.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagten ist auch statthaft, obwohl die nach § 144 Abs. 1 S.1 Nr. 2 SGG erforderliche Berufungssumme von 10.000 EUR durch die mit 8.747, 87 EUR bezifferte Erstattungsforderung nicht erreicht wird. Denn die Klägerin hat über die reine Leistungsklage hinaus auch eine Feststellungsklage erhoben, mit der sie im Falle der Feststellung eines Unfallereignisses eine Haftung der Beklagten für mögliche spätere durch den Unfall verursachte Folgekosten erreichen wollte. Durch diese Klagehäufung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 144 Rn. 16) wird die Berufung insgesamt statthaft. Die somit insgesamt zulässige Berufung der Beklagten ist auch in vollem Umfang begründet.
Die Beiladung von J. G. war bei der vorliegenden Konstellation zunächst ausnahmsweise notwendig und daher nicht aufzuheben (vgl. zu einer reinen Erstattungsforderung Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 16.03.2010 - B 2 U 4/09 R), da die Klägerin vorliegend über die bloße Erstattung der entstandenen Behandlungskosten hinaus die Feststellung eines Arbeitsunfalls begehrt und dadurch der Rechtsstreit unmittelbar das Leistungsverhältnis der Beigeladenen berührt.
Prozessual hat das SG nicht beachtet, dass die nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erhobene Feststellungsklage, es habe sich bei dem Ereignis vom 06.07.2004 um einen Arbeitsunfall gehandelt, bereits unzulässig ist. Bereits aus diesem Grunde ist die Berufung der Beklagten begründet.
Zum einen ist eine solche Feststellungsklage ohnehin subsidiär gegenüber der anhängigen Leistungsklage. Denn die Entscheidung, ob es sich bei dem Ereignis vom 06.07.2004 tatsächlich um einen Arbeitsunfall gehandelt hat, stellt eine Vorfrage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten dar, die ohnehin inzident im Erstattungsstreit geklärt wird (BSG, Urteil vom 25.04.1984 - 8 RK30/83 - SozR 1500 § 55 Nr. 23; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 55 Rdnr. 19a). Deswegen fehlt es auch zum anderen an dem für die Zulässigkeit der Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse. Zwar kann im Rahmen der Feststellungsklage bezüglich eines Rechtsverhältnisses auch die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten begehrt werden, die auf dem Rechtsverhältnis im umfassenden Sinn basieren und vom Inhalt dieses Rechtsverhältnisses abhängen (BSG, Urteil vom 27.01.1977 - 12/8 REh 1/75; Urteil vom 06.03.2003 - B 11 AL 27/02 R). Von einer solchen Konstellation ist jedoch die sogenannte Elementenfeststellungsklage zu unterscheiden. Eine Feststellungsklage wegen einzelner Elemente, z.B. Rechtsfragen, Vorfragen, Tatfragen, Verwaltungsgepflogenheiten, Eigenschaften von Personen und Sachen ist unzulässig. Da die Frage nach dem Arbeitsunfall im Rahmen der auf die Erstattung gerichteten Leistungsklage zu behandeln ist, fehlt es der isoliert auf die Feststellung des Arbeitsunfall gerichteten Feststellungsklage am Feststellungsinteresse. Zu Unrecht hat das SG die begehrte Feststellung getroffen.
Zu Unrecht hat das SG der auf Erstattung gerichteten, in Form einer Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG erhobenen Klage stattgegeben. Die Beklagte ist der Klägerin nicht zur Erstattung der aufgewendeten Behandlungskosten von insgesamt 8.747,87 EUR verpflichtet.
Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Erstattungsforderung ist § 105 SGB X und nicht § 102 SGB X, der Leistungsansprüche zugunsten des vorläufig leistenden Leistungsträgers begründet. Die Klägerin hat indes nicht als vorläufig leistender Versicherungsträger gehandelt (BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 38 /06 R). Sie hat vielmehr aufgrund zunächst angenommener originärer Zuständigkeit als Krankenversicherung der Beigeladenen gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und nicht im Rahmen eines für die Anwendung des § 102 SGB X erforderlichen negativen Kompetenzkonflikts gemäß § 43 Abs. 1 SGB I Krankenversicherungsleistungen gewährt. Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Die Klägerin hat jedoch zur Überzeugung des Senates nicht als unzuständiger Leistungsträger gehandelt, sondern war für diese Leistungen zuständig.
Zwar hat das BSG in Unfallversicherungssachen (zuletzt Urteil vom 16.03.2010 - B 2 U 4/09 R) in Abweichung von der ständigen Rechtsprechung (zuletzt Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.06.2011 - L 2 U 10/10 - Juris; BSG, Urteil vom 30.04.1991 - 2 RU 78/90 -, Urteil vom 21.08.1991 - 2 RU 2/91 -, Urteil vom 28.09.1999 - B 2 U 36/98 R -, Urteil vom 16.03.2010 - B 2 U 4/09 R; anders: BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RV 35/91 - zur Vermeidung des Doppelbezuges von Sozialleistungen mit anerkannter Bindungswirkung von Leistungsbescheiden nach Grund und Höhe; BSG-Urteil vom 12.05.1999 - B 7 AL 74/98 R - zum Sozialhilfeträger bei Prozessstandschaft, wenn dieser Bescheide gegenüber dem Versicherten hat bestandskräftig werden lassen; BSG-Urteil vom 26.07.2007 - B 13 R 38/06 R, BSG, Urteil vom 06.02.1992 - 12 RK 15/90 - zur Tatbestandswirkung einer Statusentscheidung; ausdrücklich offengelassen: BSG-Urteil vom 01.04.1993 - 1 RK 10/92) die Auffassung vertreten, dass selbst die bindende Ablehnung des Begehrens des Sozialleistungsberechtigten durch den auf Erstattung in Anspruch genommenen Leistungsträger dem späteren Erstattungsbegehren des vorleistenden Leistungsträgers nicht entgegensteht. Dem kann sich der erkennende Senat nicht anschließen. Zwar hat die Eigenständigkeit und Selbständigkeit des Erstattungsverfahrens der §§ 102 ff. SGB X einige verfahrensrechtliche Erleichterungen für die beteiligten öffentlich-rechtlichen Leistungsträger gebracht. Sie hat aber nicht dazu geführt, dass der Leistungsbescheid des vorrangig leistungspflichtigen (oder des zuletzt zuständigen [§ 103 Abs. 2 SGB X]) Leistungsträgers für die Erstattung unbeachtlich wäre, so dass über Grund und Höhe der Leistung zum Zwecke der Erstattung noch einmal entschieden werden müsste. Die Entscheidung über die Leistung bestimmt zugleich den Umfang der Erstattung. Diese Entscheidung des vorrangigen (§ 104 Abs. 3 SGB X) oder des zuständigen (§ 103 Abs. 2 SGB X) Leistungsträgers hat der nachrangige bzw. der nicht zuständige Leistungsträger bei der Geltendmachung der Erstattung zu beachten. Dafür sprechen nicht nur der gesetzliche Wortlaut, sondern auch Gründe der Systematik und der Zweckmäßigkeit. Im Interesse der Funktionsfähigkeit des gegliederten Systems der sozialen Sicherheit müssen im Erstattungsverhältnis die Entscheidungen der fachlich zuständigen Träger von den anderen Trägern beachtet werden. Insoweit tritt eine über die relative Bestandskraft (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X), die grundsätzlich nur innerhalb der Beteiligten des Verwaltungsverfahrens wirkt, hinausgehende Bindung (Tatbestandswirkung) ein. Wo dies nicht der Fall sein soll, hat dies der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt. Somit bemisst sich der Erstattungsanspruch nach dem Leistungsbescheid, vorliegend dem Bescheid vom 12.12.2006, wenn ihn der auf Erstattung in Anspruch genommene Träger nicht mehr zu Lasten des Sozialleistungsberechtigten aufheben darf. Eine Ausnahme ist nur im Falle offensichtlicher Unrichtigkeit des bestandskräftigen Bescheides nach der Rechtsprechung des BSG geboten (BSG, Urteil vom 08.07.1998 - B 13 RJ 49/96 R).
Ein solcher Ausnahmefall ist hier jedoch nicht anzunehmen, denn der Bescheid vom 12.12.2006 ist nicht "offensichtlich fehlerhaft". Die Beklagte hat vielmehr unter Zugrundelegung der hierzu ergangenen Rechtsprechung dargelegt, dass und warum die Tätigkeit der Beigeladenen nicht arbeitnehmerähnlich war.
Letztlich kann hier jedoch dahingestellt bleiben, ob eine Bindungswirkung im Erstattungsstreit an den Bescheid vom 12.12.2006 besteht, weil es zur Überzeugung des Senats an einer Wie-Beschäftigung der Beigeladenen und deswegen an einem Arbeitsunfall fehlt und die Beklagte daher nicht zuständige Leistungsträgerin i.S. des § 105 Abs. 1 S.1 SGB X ist.
Die Beigeladene war bei ihrem Reitunfall am 06.07.2004 bei der Beklagten nicht unfallversichert. Denn ein Arbeitsunfall setzt gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII einen Unfall voraus, den ein Versicherter bei einer den Versicherungsschutz gemäß §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet.
Die Beigeladene war zunächst unstreitig nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses versichert gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Es lag auch keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vor, welche den Versicherungsschutz der Beigeladenen in diesem Zeitpunkt begründet hat. Der Senat stützt sich hierbei auf die Angaben der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung im Zivilrechtsstreit und in dem Unfallfragebogen (Bl. 45 der Beklagten-Akte).
Ob eine Person wie ein Beschäftigter tätig geworden ist, richtet sich schon nach dem Wortlaut der Formulierung im Kern nach den Kriterien für eine Beschäftigung. § 2 Abs. 2 SGB VII soll jedoch Versicherungsschutz auch dann gewähren, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer ggf. nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist, weil eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht, unter solchen Umständen, die einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich sind und nicht auf einer Sonderbeziehung, z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied, beruhen (BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R mit weiteren Nachweisen). Allerdings wird nicht jede Tätigkeit, die einem fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach in sonst üblicher Weise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, beschäftigtenähnlich verrichtet. Vielmehr kommt der mit dem objektiv arbeitnehmerähnlichen Verhalten verbundenen Handlungstendenz, die vom bloßen Motiv für das Tätigwerden zu unterscheiden ist, eine ausschlaggebende Bedeutung zu (LSG] München, Urteil vom 01.07.2009 - L 2 U 46/07). Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses geschützt durch § 2 Abs. 2 SGB VII tätig (BSG, Urteil vom 05.07.2005 - B 2 U 22/04 R).
Ausgehend hiervon hat die Beigeladene das Reiten des Pferdes ihren eigenen Angaben zufolge aus reiner Gefälligkeit übernommen. Das entnimmt der Senat ihrem Vorbringen im Zivilrechststreit. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht aus Sicht des Senats, dass das Reiten des Pferdes während der nur kurzen Abwesenheit seiner Halterin nicht zwingend erforderlich war, wie z.B. das Füttern und Ausmisten oder ähnliche Tätigkeiten für ein Pferd, und deswegen keinen wirtschaftlichen Wert hatte. Es hätte für die erforderliche Bewegung vielmehr ausgereicht, das Pferd auf die Weide zu geben, was in der Regel von Pferdehöfen, die Pensionspferde pflegen, als einzige Leistung zur Bewegung der Pferde angeboten wird. Ein wirtschaftlicher Wert liegt vielmehr in der Gegenleistung, welche die Beigeladene nach ihren Angaben von C.B. erwarten konnte, nämlich die Pflege (Putzen und Ausmisten) ihres eigenen Pferdes. Im Vordergrund steht daher das Eigeninteresse der Beigeladenen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass es sich nur um einen kurzen, maximal vierwöchigen Zeitraum gehandelt hat, während dessen das Pferd zu betreuen war. Ort und Zeit des Reitens waren ebenfalls schon aufgrund der Gegebenheiten nicht vorgegeben.
Die Beigeladene hat somit am 06.07.2004 keinen versicherten Arbeitsunfall erlitten, was die Beklagte daher zu Recht im Leistungsverhältnis zur Beigeladenen mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 12.12.2006 festgestellt hat.
Die Voraussetzungen des § 105 SGB X liegen daher nicht vor. Der Berufung ist somit stattzugeben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und somit kein Kostenrisiko eingegangen ist, sodass es unbillig wäre, ihre außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Auf die Rechtsfrage, ob die Entscheidung über einen Arbeitsunfall im Erstattungsstreit bindend ist, kommt es vorliegend nicht an.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197 a SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes; der festgesetzte Streitwert in Höhe von 8.747,87 EUR entspricht dem bezifferten Wert der geltend gemachten Forderung. Insoweit erhöht die nur untergeordnete Feststellungsklage den Streitwert nicht. Gleichzeitig wird der Streitwert für die 1. Instanz festgesetzt (§ 63 Abs. 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved