Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 12 AS 2915/09 WA
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 353/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die bloße Verdeutlichung von Prozessrisiken kann grundsätzlich nicht als Drohung im Sinne von § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB gewertet werden.
I. Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 22. April 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte den Klägern nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich vom 11. März 2008 beendet worden ist.
Die Kläger bezogen seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-haltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Zwischen den Beteiligten bestehen seit Anbeginn Differenzen bezüglich der Höhe der erstattungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung, insbesondere darüber, ob der nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Sohn der Kläger zu 1 und 2, T M , Wohnräume in dem im Eigentum des Klägers zu 1 stehenden Anwesens, bestehend aus den Gebäudeteilen mit postalischer Anschrift B L und in E (Ortsteil R ), nutzt. Hierzu wurden und werden von den Beteiligten eine Vielzahl von Rechtsstreiten durchgeführt.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2005 wurden den Klägern Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 und mit Bescheid vom 11. Juni 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. Juni 2005 und 4. Juli 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2005 für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 Leistungen bewilligt. Diese Bescheide waren Gegenstand des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Dresden mit dem Aktenzeichen S 31 AS 398/05. Im Rahmen eines Erörterungstermins schlossen die Beteiligten am 11. März 2008 unter dem Az. S 12 AS 398/05 vor dem zuständigen Richter am Amtsgericht Müseler den folgenden Vergleich: "1. Der Beklagte zahlt an die Kläger im Bewilligungsgesamtzeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 200,- EUR. 2. Der Kläger zu 1. verpflichtet sich, mit seinem Sohn T M einen Mietvertrag zu schließen über die im Haus des Klägers zu 1., B La in E /OT R an Herrn T M zur Verfügung gestellten Räume (ggf. als Mitbenutzung). Ob der Kläger zu 1. seinem Sohn T M eine Grundmiete in Ansatz bringt, liegt in seinem Ermessen. Regelungen zu treffen sind im Mietvertrag jedoch insbesondere über die von Herrn T M zu zahlenden Nebenkosten, insbesondere Grundsteuer, Abfallgebühren, Schornstein, Gebäudepflichtversicherung, Wasser, Abwasser und ggf. Heizung. Sofern keine gesonderten Abrechnungsunterlagen für die zur Verfügung gestellten Räume vorliegen, sind die Nebenkosten so zu regeln, dass diese anteilig zu der auf das gesamte Haus (10/10a) entfallenen Kosten zu übernehmen sind. 3. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. 4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt." Ausweislich der Niederschrift über den Erörterungstermin wurde der Vergleich den Beteiligten vorgespielt und genehmigt.
Mit Schriftsatz vom 31. März 2008, eingegangen beim Sozialgericht am 2. April 2008, hat der Kläger zu 1 "Widerspruch zum Ergebnis des Erörterungstermins der 12. Kammer, Az. S 12 AS 398/05 vom 11. März 2008, erhalten am 28. März 2008" eingelegt. Darin hat er erklärt, dass der vom Kammervorsitzenden "erlassene Vergleich" von der Bedarfsgemeinschaft R M angefochten werde. Er sei dem seelischen und psychischen Druck an dem Tag nicht gewachsen gewesen. Der ermittelte Wert zu den Kosten der Unterkunft sei für ihn in der Verhandlung nicht nachvollziehbar gewesen. Der Forderung der Beklagten, die Wohnlichkeiten besichtigen zu müssen, sei der Richter gefolgt. Auf sein Angebot, dies ohne die Beklagte tun zu können, sei er nicht eingegangen. Unter dem Az. S 12 AS 2915/09 WA hat das Sozialgericht unter anderem im Rahmen eines Erörterungstermins vom 2. März 2010 wegen der begehrten Fortsetzung des Verfahrens den Kläger zu 1 befragt sowie den damaligen Kammervorsitzenden und den Sohn der Kläger zu 1 und 2, T M , als Zeugen vernommen. Insoweit wird auf die ausführ-liche Niederschrift der Erörterung vom 2. März 2010 (Blatt 315 bis 321 SG-Akte) verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. April 2010 hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich vom 11. März 2008 beendet worden sei. Der Kläger sei von dem Beklagten nicht getäuscht worden. Auch sei keine widerrechtliche Drohung zum Abschluss eines Vergleiches durch den Kammervorsitzenden erfolgt. Soweit das Gericht oder der Beklagte den Klägern in Aussicht gestellt haben sollte, dass es im Falle einer streitigen Entscheidung weiterer Aufklärung und gegebenenfalls einer Wohnungsbesichtigung bedürfe, handele es sich aus objektiver Sicht um keine widerrechtliche Drohung, insbesondere nicht um ein rechtswidriges Verwaltungs- oder Prozessverhalten. Dabei bedürfe es keiner Aufklärung, inwieweit die Räumlichkeiten des Sohnes oder der Mutter des Klägers hätten besichtigt werden können, und ob diese zur Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft gehörten. Es sei nicht geltend gemacht worden, dass durch das Gericht angedroht worden sei, auch deren Räumlichkeiten ohne Einwilligung zu betreten. Auch könne sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass durch den Kammervorsitzenden im Termin vom 11. März 2008 angedroht worden sei, im Falle einer streitigen Fortführung des Verfahrens gegebenenfalls auch gegen den Willen der Kläger Räumlichkeiten zu betreten und sich kraft höherem Rechts zwangsweise Zutritt zu verschaffen. Wie der damalige Kammervorsitzende im Erörterungstermin vom 2. März 2010 glaubhaft ausgesagt habe, sei wohl diese weitere Verfahrensweise für den Fall des Fortgangs des Rechtsstreites erörtert worden. Auch sei zur Sprache gekommen, dass es eigentlich einer Besichtigung der Räumlichkeiten zur weiteren Aufklärung bedürfe, bei der dem Beklagten die Anwesenheit durch die Kläger gewährt werden müsse. Es sei aufgrund der aufgetretenen Emotionen dann eher darum gegangen, den Vororttermin nach Möglichkeit zu ver-meiden. Weiter hat das Sozialgericht ausgeführt, dass dem auch der Vortrag des Klägers zu 1 nicht entgegenstehe. Dieser habe noch im Termin vom 2. März 2010 bekundet, dass er eigentlich dem damalige Kammervorsitzende gar nichts persönlich vorwerfe und stattdessen generell nicht verstehe, warum überhaupt Unklarheiten im tatsächlichen hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung verblieben seien, welche einen Ortstermin erforderlich machen sollten. Der Kläger zu 1 habe im unmittelbaren Kontakt und Gespräch mit dem damaligen Kammervorsitzenden am 2. März 2010 in keiner Weise persönliche Ablehnung, Verärgerung oder dergleichen erkennen lassen. So finde sich auch erst unter dem 18. September 2009 und nach mehreren richterlichen Hinweisen in diese Richtung die Behauptung, dass ausdrücklich eine "Zwangsbesichtigung" gegen den erklärten Willen am 11. März 2008 angedroht worden sei. Zuvor sei zur Rechtfertigung der Vergleichsanfechtung sinngemäß lediglich geltend gemacht worden, dass sich der Kläger zu 1 persönlich am 11. März 2008 zu dem Vergleich "widerrechtlich bestimmt gefühlt habe", indem er den Vortrag des damaligen Kammervorsitzenden sinngemäß so verstanden habe, dass es gegen den eigenen Willen zu einem Ortstermin hätte kommen können. Auch der die Kläger vertretene Rechtsanwalt habe sich, wie schriftsätzlich am 6. Mai 2009 vorgetragen, nach eigenem Empfinden an keine Drohung erinnern können. Dies genüge als Grundlage der Anfechtung im Sinne einer rechtswidrigen Drohung gemäß § 123 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht, da diese Drohung objektiv vorliegen müsse. Entgegen der Ansicht der Klägerseite sei der Vertrag auch nicht als unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter unwirksam. Soweit in Nummer 2 des Vergleiches eine Verpflichtung aufgenommen worden sei, einen Mietvertrag mit dem Sohn T M zu schließen, richte sich die Verpflichtung nur an den Kläger zu 1, nicht an seinen Sohn T. Jener sei dem Vergleich nicht beigetreten und habe daraus keine Verpflichtungen übernommen.
Gegen den ihnen am 26. April 2010 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 28. Mai 2010 Berufung eingelegt. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen führen sie aus, dass es sich bei dem Vergleich um einen unwirksamen Vertrag zu Lasten Dritter handele. Dies schlage gemäß § 139 BGB auf den gesamten Vertrag durch. Dem damaligen Kammervorsitzenden sei bekannt gewesen, dass T M zur selben Zeit Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezogen habe, weshalb er in diesen Vertrag nicht hätte eintreten können. Sowohl der Kläger zu 1 als auch T M hätten keinen Grund erkannt, weshalb ein Mietvertrag zwischen den beiden hätte abgeschlossen werden müssen. Verträge zu Lasten Dritter seien unzulässig. Sei aber wie hier ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so sei das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen sei, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden sei. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger zu 1 den Vergleich insgesamt nicht abgeschlossen hätte, wäre die Nummer 2 nicht in den Vergleichstext aufgenommen worden. Aus diesem Grund sei auch die Nummer 1 des Vergleiches unwirksam.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 22. April 2010 aufzuheben und festzustellen, dass das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dresden mit dem Aktenzeichen S 12 AS 398/05 nicht durch gerichtlichen Vergleich vom 11. März 2008 beendet worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft.
Gemäß § 143 SGG findet gegen die Urteile der Sozialgerichte die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Streitig ist, wie der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einem Streit über die Unwirksamkeit eines gerichtlichen Vergleiches zu bestimmen ist. Zum Teil wird auf den Streitgegenstand des beendeten Verfahrens abgestellt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Januar 2013 – L 5 AS 347/12 – JURIS-Dokument, Rdnr. 21, m. w. N.), zum Teil auf die Differenz des durch den Vergleich festgelegten Betrags und dem vom Kläger für richtig gehaltenen Betrag (vgl. Bay. LSG, Urteil vom 22. Oktober 2012 – L 7 AS 892/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 31). Diese Rechtsfrage muss vorliegend nicht weiter vertieft werden, weil nach beiden Rechtsansichten der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR übersteigt. Im zugrundeliegenden Rechtsstreit begehren die Kläger höhere Leistungen in Höhe von 1181,44 EUR monatlich für das gesamte Jahr 2005, während von der Beklagten lediglich 907,39 EUR monatlich bewilligt wurde, mithin höhere Leistungen in Höhe von insgesamt 3288,60 EUR. In dem streitigen Prozessvergleich wurde dem Klagebegehren auf höhere Leistungen in Höhe von insgesamt 200,00 EUR entsprochen. Die Differenz zum Leistungsbegehren beträgt 3088,60 EUR, weshalb auch hier der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR übersteigt.
II. Die Berufung ist jedoch unbegründet, da der Gerichtsbescheid vom 22. April 2010 rechtmäßig ist. Das Sozialgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit Az. S 31 AS 398/05 durch den am 11. März 2008 geschlossenen Vergleich wirksam beendet worden ist.
Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist lediglich Folgendes anzuführen:
1. Zu Recht hat das Sozialgericht im Rahmen einer Feststellungsklage entschieden. Bei einem Streit über die Beendigung eines Rechtsstreites durch Vergleich ist der ursprüng-liche Rechtsstreit von dem bis zur Beendigung des Rechtsstreits zuständigen Gericht zu führen. Dieses entscheidet dann entweder, dass die Beendigung des Rechtsstreits durch Endurteil festgestellt wird oder, wenn eine Beendigung nicht vorliegt, in der Sache selbst (vgl. BSG, Urteil vom 28. November 2002 – B 7 AL 26/02 R – JURIS-Dokument Rdnr. 20, m. w. N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 101 Rdnr. 17a, m. w. N.).
2. Nach § 101 Abs. 1 SGG können die Beteiligten zur Niederschrift des Gerichts (oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters) einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können, um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen. Ein Prozessvergleich hat nach herrschender Meinung eine Doppelnatur: Er ist einerseits ein materiell-rechtlicher Vertrag und andererseits eine Prozesshandlung, welche die Beendigung des Rechtsstreits bewirkt (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 1963 – 2 RU 228/59 – SozR Nr. 6 zu § 101 SGG S. Ba 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 29; BSG, Urteil vom 17. Mai 1989 – 10 RKg 16/88– SozR 1500 § 101 Nr. 8 S. 8 = JURIS-Dokument Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 24. Januar 1991 – 2 RU 51/90 – HV-INFO 1991, 1166 [1169] = JURIS-Dokument Rdnr. 20; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 101 Rdnr. 3, jeweils m. w. N.). Diese Doppelnatur hat zur Folge, dass ein Prozessvergleich wirksam ist, wenn ihm weder prozessrechtliche noch materiell-rechtliche Gründe für seine Wirksamkeit entgegenstehen (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 1963, a. a. O.; BSG, Urteil vom 17. Mai 1989, a. a. O.; BSG, Urteil vom 24. Januar 1991 – 2 RU 51/90 – HV-INFO 1991, 1166 [1169] = JURIS-Dokument Rdnr. 21 f.; Leitherer, a. a. O., Rdnr. 13, jeweils m. w. N.).
Der im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vom 11. März 2008 geschlossene Vergleich hat das Verfahren auch, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, beendet.
a) Er ist ordnungsgemäß und wirksam zustande gekommen. Der Vergleich verstößt nicht gegen § 101 Abs. 1 SGG, denn die Beteiligten konnten über den Gegenstand der Klage verfügen. Es handelt sich auch um eine vergleichsweise Beendigung des Verfahrens durch gegenseitiges Nachgeben.
b) Der Prozessvergleich ist nicht aus prozessrechtlichen Gründen unwirksam. Er wurde den Beteiligten vorgelesen, der Wortlaut wurde von diesen genehmigt. Die Kläger stimmten dem Vergleich nach dem Verlesen ausdrücklich zu, was sich aus dem Protokoll ergibt (vgl. § 122 SGG i. V. m. § 162 Abs. 1 Satz 1 und § 160 Abs. 3 Nr. 1, § 162 Abs. 1 Satz 3, § 165 Satz 1 ZPO). Eine Widerrufsmöglichkeit ist in diesem Vergleich nicht vorgesehen. Dass der Inhalt des Vergleiches falsch in der Niederschrift wiedergegeben wurde, ist von der Klägerseite nicht dargetan.
c) Der Prozessvergleich ist auch nicht aus materiell-rechtlichen Gründen nichtig oder unwirksam.
Ein Prozessvergleich entfaltet aus materiell-rechtlichen Gründen keine Rechtswirksamkeit, wenn die Beteiligten nicht wirksam zugestimmt haben, wenn der Vergleich als öffentlich-rechtlicher Vertrag nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches nichtig oder wirksam angefochten ist, oder wenn der nach dem Inhalt des Vergleiches als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht oder der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 1963, a. a. O.; BSG, Urteil vom 17. Mai 1989, a. a. O.; BSG, Urteil vom 24. Januar 1991 – 2 RU 51/90 – HV-INFO 1991, 1166 [1169] = JURIS-Dokument Rdnr. 22; Leitherer, a. a. O., Rdnr. 13, m. w. N.). Keine dieser Voraussetzungen ist vor-liegend gegeben.
Die Kläger machen ausschließlich geltend, durch arglistige Täuschung oder Drohung zum Vergleichsabschluss bestimmt worden zu sein. Nach § 123 Abs. 1 BGB kann, wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, die Erklärung anfechten. Wenn ein Dritter die Täuschung verübt hat, ist gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Zur Überzeugung des Senates war dies beim Abschluss des Prozessvergleiches in Bezug auf die Kläger nicht der Fall.
Täuschen ist das bewusste Vorspiegeln unwahrer oder Unterdrücken wahrer Tatsachen, um den Getäuschten vorsätzlich zur Abgabe einer bestimmten Willenserklärung zu veran-lassen (vgl. Jauernig, in: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch [14. Aufl., 2011], § 123 Rdnr. 3; Moritz, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth, jurisPK-BGB Bd. 1 [6. Aufl., 2012], § 123 Rdnr. 9). Diesbezüglich erfolgte im Berufungsverfahren kein weiterer Vortrag, sodass auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 22. April 2010 verwiesen wird.
Soweit das Sozialgericht ausführte, dass die Kläger zu dem Vergleich nicht durch widerrechtliche Drohung (vgl. § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB) bestimmt wurden, wurde hierzu von der Klägerseite im Berufungsverfahren nichts über die bisherigen Ausführungen Hinausgehendes vorgetragen. Auch die Befragung des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 3. Juli 2013 ergab nichts Neues. Er bestätigte, dass im Rahmen des Erörterungstermins am 11. März 2008 die Frage eines Ortstermins und der Besichtigung des Hauses diskutiert wurde. Im Laufe des Termins habe der Vertreter der Beklagtenseite mehrfach erklärt, dass man gegebenenfalls in das Haus gehen müsse. Zu einem bestimmten Zeitpunkt habe der damalige Kammervorsitzende erklärt, dass entweder ein Vergleich geschlossen werden könne oder, wenn ein solcher nicht zustande käme, ein Ortstermin mit einer Besichtigung des Hauses durchzuführen sei. Damit sei der Kläger zu 1 einverstanden gewesen unter der Bedingung, dass der damalige Beklagtenvertreter nicht mit in das Haus dürfe. Daraufhin habe der Kammervorsitzende den Hinweis erteilt, dass dies aus prozessrechtlichen Gründen unter Umständen nicht möglich sei. Dadurch habe sich der Kläger zu 1 unter Druck gesetzt gefühlt.
Diese Angaben stehen mit den Feststellungen und den Würdigungen des Sozialgerichts in Übereinstimmung. Sie führen nicht zur Nichtigkeit des Vergleiches. Der Hinweis des Kammervorsitzenden, dass im Rahmen einer Hausbesichtigung die Anwesenheit beider Parteien erforderlich ist, stellt keine Drohung in diesem Sinne dar, sondern ist Ausfluss des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör, das im Sozialgerichtsgesetz in § 62 SGG verankert ist. Dieser Anspruch betrifft auch die Beweisaufnahme sowie weitere Aufklärungsmaßnahmen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 62 Rdnr. 9, m. w. N.). Über diesen allgemeinen Anspruch hinaus ist in § 116 Satz 1 SGG ausdrücklich geregelt, dass die Beteiligten von allen Beweisaufnahmeterminen benachrichtigt werden und der Beweisaufnahme beiwohnen können. Beteiligt am Gerichtsverfahren ist kraft Gesetzes unter anderem der Beklagte (vgl. § 69 Nr. 2 SGG).
Der damalige Kammervorsitzende hatte im Rahmen der prozessualen Fürsorgepflicht die Aufgabe, den Beteiligten die Erfolgsaussichten ihrer Rechtsverfolgung und Verteidigung darzulegen (vgl. § 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die bloße Verdeutlichung von Prozessrisiken kann aber grundsätzlich nicht als Drohung im Sinne von § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB gewertet werden (vgl. BAG, Urteil vom 12. Mai 2010 – 2 AZR 544/08 – NZA 2010, 1250 = JURIS-Dokument Rdnr. 26, 36). Dem Vorbringen der Klägerseite selbst war auch nicht zu entnehmen, dass die Verhandlungsführung des Kammervorsitzenden die Kläger derart unter Druck gesetzt hätte, dass sie das Für und Wider eines Vergleichs nicht mehr hätten abwägen können.
Da nach alledem nicht festzustellen ist, dass die Kläger durch arglistige Täuschung oder Drohung zum Vergleichsabschluss bestimmt worden sind, muss nicht auf die Frage eingegangen werden, welche Bedeutung in dem Fall, dass sie sich durch den Kammervorsitzenden und/oder den Beklagtenvertreter hätten bedrängt fühlen können, dem Umstand beizumessen gewesen wäre, dass sie im Verfahren vor dem Sozialgericht durch einen Rechtsanwalt vertreten waren.
Wenn die Klägerseite mit ihrem Berufungsvorbringen nunmehr vorrangig darauf abstellt, dass der Prozessvergleich einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter enthalte mit der Folge, dass der Vergleich insgesamt nichtig sei, so führt auch dieses Vorbringen nicht zum Erfolg. Soweit in Nummer 2 des Vergleiches eine Verpflichtung aufgenommen worden ist, einen Mietvertrag mit dem Sohn der Kläger zu 1 und 2, T M , abzuschließen, richtet sich die Verpflichtung nach dem Vergleichswortlaut nur an den Kläger zu 1 und nicht an seinen Sohn. Dieser ist, wie die Klägerseite selbst ausgeführt hat, dem Vergleich nicht beigetreten, hat daraus keine Verpflichtungen übernommen und ist somit aus diesem Vergleich nicht belastet. Es gibt keine Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Kammervorsitzende, der Beklagtenvertreter oder der Klägerbevollmächtigte, die allesamt über eine juristische Ausbildung verfügen und die am Vergleichsabschluss beteiligt waren, hätten abweichend vom Vergleichswortlaut einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter vereinbaren wollen.
Der Prozessvergleich ist in Bezug auf die Regelungen unter Nummer 2 auch nicht deshalb teilnichtig, weil der Kläger zu 1 rechtlich nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung seines Sohnes mit diesem einen Mietvertrag abzuschließen. Denn bei einer subjektiven Unmöglichkeit (Unvermögen), das heißt wenn eine Leistung für den Schuldner unmöglich ist, ist ebenso wie bei einer objektiven Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen. Gemäß § 311a Abs. 1 BGB steht der Wirksamkeit des Vertrages aber nicht entgegen, dass der Schuldner unter anderem nach § 275 Abs. 1 BGB nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorlag. Bei anfänglicher Unmöglichkeit hat der Gläubiger vielmehr Anspruch auf Ersatz nach Maßgabe von § 311a Abs. 2 BGB (zu weiteren möglichen Rechtsfolgen: Alpmann, in: jurisPK-BGB Band 2 [6. Aufl., 2012], § 275 Rdnr. 73).
Auf die Frage, ob die teilweise Nichtigkeit des Prozessvergleiches gemäß § 139 BGB zu seiner Gesamtnichtigkeit führt, kommt es daher nicht an. Insoweit wird lediglich ergänzend angemerkt, dass die Regelung unter Nummer 1 des Vergleiches im Vergleich zu denen unter Nummer 2 die Kläger begünstigen. Der Beklagte verpflichtete sich darin zu weiteren Zahlungen, deren Rechtsgrund er bislang bestritten hatte. Weshalb eine von der Klägerseite behauptete Teilnichtigkeit der Regelungen unter Nummer 2 des Vergleiches auch den sie begünstigenden Teil unter Nummer 1 erfassen sollte, weshalb mit anderen Worten nicht anzunehmen sein sollte, dass sie den Vergleich auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen hätten (vgl. § 139 Halbsatz 2 BGB), erschließt sich nicht. Auch wenn sie der Meinung sind, ihnen stehe ein noch höherer Leistungsanspruch zu, erhielten sie doch mit der Regelung unter Nummer 1 des Vergleiches mehr als ihnen der Beklagte bislang bewilligte und sie in Gerichtsverfahren erlangen konnten.
d) Ausführungen zu einer Wiederaufnahmeklage im Sinne von § 179 SGG i. V. m. § 578 ff. ZPO erübrigen sich, da gegen Prozessvergleiche eine Wiederaufnahmeklage grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. November 2002 – B 7 AL 26/02 R – JURIS-Dokument Rdnr. 21, m. w. N.; Leitherer, a. a. O., § 179 Rdnr. 3b, m. w. N.).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Richter am Landessozialgericht Höhl Atanassov ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert
Dr. Scheer
II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte den Klägern nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich vom 11. März 2008 beendet worden ist.
Die Kläger bezogen seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-haltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Zwischen den Beteiligten bestehen seit Anbeginn Differenzen bezüglich der Höhe der erstattungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung, insbesondere darüber, ob der nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Sohn der Kläger zu 1 und 2, T M , Wohnräume in dem im Eigentum des Klägers zu 1 stehenden Anwesens, bestehend aus den Gebäudeteilen mit postalischer Anschrift B L und in E (Ortsteil R ), nutzt. Hierzu wurden und werden von den Beteiligten eine Vielzahl von Rechtsstreiten durchgeführt.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2005 wurden den Klägern Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 und mit Bescheid vom 11. Juni 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. Juni 2005 und 4. Juli 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2005 für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 Leistungen bewilligt. Diese Bescheide waren Gegenstand des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Dresden mit dem Aktenzeichen S 31 AS 398/05. Im Rahmen eines Erörterungstermins schlossen die Beteiligten am 11. März 2008 unter dem Az. S 12 AS 398/05 vor dem zuständigen Richter am Amtsgericht Müseler den folgenden Vergleich: "1. Der Beklagte zahlt an die Kläger im Bewilligungsgesamtzeitraum vom 01.01.2005 bis 31.12.2005 weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 200,- EUR. 2. Der Kläger zu 1. verpflichtet sich, mit seinem Sohn T M einen Mietvertrag zu schließen über die im Haus des Klägers zu 1., B La in E /OT R an Herrn T M zur Verfügung gestellten Räume (ggf. als Mitbenutzung). Ob der Kläger zu 1. seinem Sohn T M eine Grundmiete in Ansatz bringt, liegt in seinem Ermessen. Regelungen zu treffen sind im Mietvertrag jedoch insbesondere über die von Herrn T M zu zahlenden Nebenkosten, insbesondere Grundsteuer, Abfallgebühren, Schornstein, Gebäudepflichtversicherung, Wasser, Abwasser und ggf. Heizung. Sofern keine gesonderten Abrechnungsunterlagen für die zur Verfügung gestellten Räume vorliegen, sind die Nebenkosten so zu regeln, dass diese anteilig zu der auf das gesamte Haus (10/10a) entfallenen Kosten zu übernehmen sind. 3. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. 4. Damit ist der Rechtsstreit erledigt." Ausweislich der Niederschrift über den Erörterungstermin wurde der Vergleich den Beteiligten vorgespielt und genehmigt.
Mit Schriftsatz vom 31. März 2008, eingegangen beim Sozialgericht am 2. April 2008, hat der Kläger zu 1 "Widerspruch zum Ergebnis des Erörterungstermins der 12. Kammer, Az. S 12 AS 398/05 vom 11. März 2008, erhalten am 28. März 2008" eingelegt. Darin hat er erklärt, dass der vom Kammervorsitzenden "erlassene Vergleich" von der Bedarfsgemeinschaft R M angefochten werde. Er sei dem seelischen und psychischen Druck an dem Tag nicht gewachsen gewesen. Der ermittelte Wert zu den Kosten der Unterkunft sei für ihn in der Verhandlung nicht nachvollziehbar gewesen. Der Forderung der Beklagten, die Wohnlichkeiten besichtigen zu müssen, sei der Richter gefolgt. Auf sein Angebot, dies ohne die Beklagte tun zu können, sei er nicht eingegangen. Unter dem Az. S 12 AS 2915/09 WA hat das Sozialgericht unter anderem im Rahmen eines Erörterungstermins vom 2. März 2010 wegen der begehrten Fortsetzung des Verfahrens den Kläger zu 1 befragt sowie den damaligen Kammervorsitzenden und den Sohn der Kläger zu 1 und 2, T M , als Zeugen vernommen. Insoweit wird auf die ausführ-liche Niederschrift der Erörterung vom 2. März 2010 (Blatt 315 bis 321 SG-Akte) verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. April 2010 hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich vom 11. März 2008 beendet worden sei. Der Kläger sei von dem Beklagten nicht getäuscht worden. Auch sei keine widerrechtliche Drohung zum Abschluss eines Vergleiches durch den Kammervorsitzenden erfolgt. Soweit das Gericht oder der Beklagte den Klägern in Aussicht gestellt haben sollte, dass es im Falle einer streitigen Entscheidung weiterer Aufklärung und gegebenenfalls einer Wohnungsbesichtigung bedürfe, handele es sich aus objektiver Sicht um keine widerrechtliche Drohung, insbesondere nicht um ein rechtswidriges Verwaltungs- oder Prozessverhalten. Dabei bedürfe es keiner Aufklärung, inwieweit die Räumlichkeiten des Sohnes oder der Mutter des Klägers hätten besichtigt werden können, und ob diese zur Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft gehörten. Es sei nicht geltend gemacht worden, dass durch das Gericht angedroht worden sei, auch deren Räumlichkeiten ohne Einwilligung zu betreten. Auch könne sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass durch den Kammervorsitzenden im Termin vom 11. März 2008 angedroht worden sei, im Falle einer streitigen Fortführung des Verfahrens gegebenenfalls auch gegen den Willen der Kläger Räumlichkeiten zu betreten und sich kraft höherem Rechts zwangsweise Zutritt zu verschaffen. Wie der damalige Kammervorsitzende im Erörterungstermin vom 2. März 2010 glaubhaft ausgesagt habe, sei wohl diese weitere Verfahrensweise für den Fall des Fortgangs des Rechtsstreites erörtert worden. Auch sei zur Sprache gekommen, dass es eigentlich einer Besichtigung der Räumlichkeiten zur weiteren Aufklärung bedürfe, bei der dem Beklagten die Anwesenheit durch die Kläger gewährt werden müsse. Es sei aufgrund der aufgetretenen Emotionen dann eher darum gegangen, den Vororttermin nach Möglichkeit zu ver-meiden. Weiter hat das Sozialgericht ausgeführt, dass dem auch der Vortrag des Klägers zu 1 nicht entgegenstehe. Dieser habe noch im Termin vom 2. März 2010 bekundet, dass er eigentlich dem damalige Kammervorsitzende gar nichts persönlich vorwerfe und stattdessen generell nicht verstehe, warum überhaupt Unklarheiten im tatsächlichen hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung verblieben seien, welche einen Ortstermin erforderlich machen sollten. Der Kläger zu 1 habe im unmittelbaren Kontakt und Gespräch mit dem damaligen Kammervorsitzenden am 2. März 2010 in keiner Weise persönliche Ablehnung, Verärgerung oder dergleichen erkennen lassen. So finde sich auch erst unter dem 18. September 2009 und nach mehreren richterlichen Hinweisen in diese Richtung die Behauptung, dass ausdrücklich eine "Zwangsbesichtigung" gegen den erklärten Willen am 11. März 2008 angedroht worden sei. Zuvor sei zur Rechtfertigung der Vergleichsanfechtung sinngemäß lediglich geltend gemacht worden, dass sich der Kläger zu 1 persönlich am 11. März 2008 zu dem Vergleich "widerrechtlich bestimmt gefühlt habe", indem er den Vortrag des damaligen Kammervorsitzenden sinngemäß so verstanden habe, dass es gegen den eigenen Willen zu einem Ortstermin hätte kommen können. Auch der die Kläger vertretene Rechtsanwalt habe sich, wie schriftsätzlich am 6. Mai 2009 vorgetragen, nach eigenem Empfinden an keine Drohung erinnern können. Dies genüge als Grundlage der Anfechtung im Sinne einer rechtswidrigen Drohung gemäß § 123 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht, da diese Drohung objektiv vorliegen müsse. Entgegen der Ansicht der Klägerseite sei der Vertrag auch nicht als unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter unwirksam. Soweit in Nummer 2 des Vergleiches eine Verpflichtung aufgenommen worden sei, einen Mietvertrag mit dem Sohn T M zu schließen, richte sich die Verpflichtung nur an den Kläger zu 1, nicht an seinen Sohn T. Jener sei dem Vergleich nicht beigetreten und habe daraus keine Verpflichtungen übernommen.
Gegen den ihnen am 26. April 2010 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 28. Mai 2010 Berufung eingelegt. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen führen sie aus, dass es sich bei dem Vergleich um einen unwirksamen Vertrag zu Lasten Dritter handele. Dies schlage gemäß § 139 BGB auf den gesamten Vertrag durch. Dem damaligen Kammervorsitzenden sei bekannt gewesen, dass T M zur selben Zeit Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezogen habe, weshalb er in diesen Vertrag nicht hätte eintreten können. Sowohl der Kläger zu 1 als auch T M hätten keinen Grund erkannt, weshalb ein Mietvertrag zwischen den beiden hätte abgeschlossen werden müssen. Verträge zu Lasten Dritter seien unzulässig. Sei aber wie hier ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so sei das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen sei, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden sei. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger zu 1 den Vergleich insgesamt nicht abgeschlossen hätte, wäre die Nummer 2 nicht in den Vergleichstext aufgenommen worden. Aus diesem Grund sei auch die Nummer 1 des Vergleiches unwirksam.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 22. April 2010 aufzuheben und festzustellen, dass das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dresden mit dem Aktenzeichen S 12 AS 398/05 nicht durch gerichtlichen Vergleich vom 11. März 2008 beendet worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft.
Gemäß § 143 SGG findet gegen die Urteile der Sozialgerichte die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Streitig ist, wie der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einem Streit über die Unwirksamkeit eines gerichtlichen Vergleiches zu bestimmen ist. Zum Teil wird auf den Streitgegenstand des beendeten Verfahrens abgestellt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Januar 2013 – L 5 AS 347/12 – JURIS-Dokument, Rdnr. 21, m. w. N.), zum Teil auf die Differenz des durch den Vergleich festgelegten Betrags und dem vom Kläger für richtig gehaltenen Betrag (vgl. Bay. LSG, Urteil vom 22. Oktober 2012 – L 7 AS 892/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 31). Diese Rechtsfrage muss vorliegend nicht weiter vertieft werden, weil nach beiden Rechtsansichten der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR übersteigt. Im zugrundeliegenden Rechtsstreit begehren die Kläger höhere Leistungen in Höhe von 1181,44 EUR monatlich für das gesamte Jahr 2005, während von der Beklagten lediglich 907,39 EUR monatlich bewilligt wurde, mithin höhere Leistungen in Höhe von insgesamt 3288,60 EUR. In dem streitigen Prozessvergleich wurde dem Klagebegehren auf höhere Leistungen in Höhe von insgesamt 200,00 EUR entsprochen. Die Differenz zum Leistungsbegehren beträgt 3088,60 EUR, weshalb auch hier der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR übersteigt.
II. Die Berufung ist jedoch unbegründet, da der Gerichtsbescheid vom 22. April 2010 rechtmäßig ist. Das Sozialgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsstreit Az. S 31 AS 398/05 durch den am 11. März 2008 geschlossenen Vergleich wirksam beendet worden ist.
Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (vgl. § 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist lediglich Folgendes anzuführen:
1. Zu Recht hat das Sozialgericht im Rahmen einer Feststellungsklage entschieden. Bei einem Streit über die Beendigung eines Rechtsstreites durch Vergleich ist der ursprüng-liche Rechtsstreit von dem bis zur Beendigung des Rechtsstreits zuständigen Gericht zu führen. Dieses entscheidet dann entweder, dass die Beendigung des Rechtsstreits durch Endurteil festgestellt wird oder, wenn eine Beendigung nicht vorliegt, in der Sache selbst (vgl. BSG, Urteil vom 28. November 2002 – B 7 AL 26/02 R – JURIS-Dokument Rdnr. 20, m. w. N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 101 Rdnr. 17a, m. w. N.).
2. Nach § 101 Abs. 1 SGG können die Beteiligten zur Niederschrift des Gerichts (oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters) einen Vergleich schließen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können, um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen. Ein Prozessvergleich hat nach herrschender Meinung eine Doppelnatur: Er ist einerseits ein materiell-rechtlicher Vertrag und andererseits eine Prozesshandlung, welche die Beendigung des Rechtsstreits bewirkt (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 1963 – 2 RU 228/59 – SozR Nr. 6 zu § 101 SGG S. Ba 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 29; BSG, Urteil vom 17. Mai 1989 – 10 RKg 16/88– SozR 1500 § 101 Nr. 8 S. 8 = JURIS-Dokument Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 24. Januar 1991 – 2 RU 51/90 – HV-INFO 1991, 1166 [1169] = JURIS-Dokument Rdnr. 20; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 101 Rdnr. 3, jeweils m. w. N.). Diese Doppelnatur hat zur Folge, dass ein Prozessvergleich wirksam ist, wenn ihm weder prozessrechtliche noch materiell-rechtliche Gründe für seine Wirksamkeit entgegenstehen (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 1963, a. a. O.; BSG, Urteil vom 17. Mai 1989, a. a. O.; BSG, Urteil vom 24. Januar 1991 – 2 RU 51/90 – HV-INFO 1991, 1166 [1169] = JURIS-Dokument Rdnr. 21 f.; Leitherer, a. a. O., Rdnr. 13, jeweils m. w. N.).
Der im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes vom 11. März 2008 geschlossene Vergleich hat das Verfahren auch, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, beendet.
a) Er ist ordnungsgemäß und wirksam zustande gekommen. Der Vergleich verstößt nicht gegen § 101 Abs. 1 SGG, denn die Beteiligten konnten über den Gegenstand der Klage verfügen. Es handelt sich auch um eine vergleichsweise Beendigung des Verfahrens durch gegenseitiges Nachgeben.
b) Der Prozessvergleich ist nicht aus prozessrechtlichen Gründen unwirksam. Er wurde den Beteiligten vorgelesen, der Wortlaut wurde von diesen genehmigt. Die Kläger stimmten dem Vergleich nach dem Verlesen ausdrücklich zu, was sich aus dem Protokoll ergibt (vgl. § 122 SGG i. V. m. § 162 Abs. 1 Satz 1 und § 160 Abs. 3 Nr. 1, § 162 Abs. 1 Satz 3, § 165 Satz 1 ZPO). Eine Widerrufsmöglichkeit ist in diesem Vergleich nicht vorgesehen. Dass der Inhalt des Vergleiches falsch in der Niederschrift wiedergegeben wurde, ist von der Klägerseite nicht dargetan.
c) Der Prozessvergleich ist auch nicht aus materiell-rechtlichen Gründen nichtig oder unwirksam.
Ein Prozessvergleich entfaltet aus materiell-rechtlichen Gründen keine Rechtswirksamkeit, wenn die Beteiligten nicht wirksam zugestimmt haben, wenn der Vergleich als öffentlich-rechtlicher Vertrag nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches nichtig oder wirksam angefochten ist, oder wenn der nach dem Inhalt des Vergleiches als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht oder der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 1963, a. a. O.; BSG, Urteil vom 17. Mai 1989, a. a. O.; BSG, Urteil vom 24. Januar 1991 – 2 RU 51/90 – HV-INFO 1991, 1166 [1169] = JURIS-Dokument Rdnr. 22; Leitherer, a. a. O., Rdnr. 13, m. w. N.). Keine dieser Voraussetzungen ist vor-liegend gegeben.
Die Kläger machen ausschließlich geltend, durch arglistige Täuschung oder Drohung zum Vergleichsabschluss bestimmt worden zu sein. Nach § 123 Abs. 1 BGB kann, wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, die Erklärung anfechten. Wenn ein Dritter die Täuschung verübt hat, ist gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Zur Überzeugung des Senates war dies beim Abschluss des Prozessvergleiches in Bezug auf die Kläger nicht der Fall.
Täuschen ist das bewusste Vorspiegeln unwahrer oder Unterdrücken wahrer Tatsachen, um den Getäuschten vorsätzlich zur Abgabe einer bestimmten Willenserklärung zu veran-lassen (vgl. Jauernig, in: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch [14. Aufl., 2011], § 123 Rdnr. 3; Moritz, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth, jurisPK-BGB Bd. 1 [6. Aufl., 2012], § 123 Rdnr. 9). Diesbezüglich erfolgte im Berufungsverfahren kein weiterer Vortrag, sodass auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 22. April 2010 verwiesen wird.
Soweit das Sozialgericht ausführte, dass die Kläger zu dem Vergleich nicht durch widerrechtliche Drohung (vgl. § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB) bestimmt wurden, wurde hierzu von der Klägerseite im Berufungsverfahren nichts über die bisherigen Ausführungen Hinausgehendes vorgetragen. Auch die Befragung des Prozessbevollmächtigten der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 3. Juli 2013 ergab nichts Neues. Er bestätigte, dass im Rahmen des Erörterungstermins am 11. März 2008 die Frage eines Ortstermins und der Besichtigung des Hauses diskutiert wurde. Im Laufe des Termins habe der Vertreter der Beklagtenseite mehrfach erklärt, dass man gegebenenfalls in das Haus gehen müsse. Zu einem bestimmten Zeitpunkt habe der damalige Kammervorsitzende erklärt, dass entweder ein Vergleich geschlossen werden könne oder, wenn ein solcher nicht zustande käme, ein Ortstermin mit einer Besichtigung des Hauses durchzuführen sei. Damit sei der Kläger zu 1 einverstanden gewesen unter der Bedingung, dass der damalige Beklagtenvertreter nicht mit in das Haus dürfe. Daraufhin habe der Kammervorsitzende den Hinweis erteilt, dass dies aus prozessrechtlichen Gründen unter Umständen nicht möglich sei. Dadurch habe sich der Kläger zu 1 unter Druck gesetzt gefühlt.
Diese Angaben stehen mit den Feststellungen und den Würdigungen des Sozialgerichts in Übereinstimmung. Sie führen nicht zur Nichtigkeit des Vergleiches. Der Hinweis des Kammervorsitzenden, dass im Rahmen einer Hausbesichtigung die Anwesenheit beider Parteien erforderlich ist, stellt keine Drohung in diesem Sinne dar, sondern ist Ausfluss des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör, das im Sozialgerichtsgesetz in § 62 SGG verankert ist. Dieser Anspruch betrifft auch die Beweisaufnahme sowie weitere Aufklärungsmaßnahmen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 62 Rdnr. 9, m. w. N.). Über diesen allgemeinen Anspruch hinaus ist in § 116 Satz 1 SGG ausdrücklich geregelt, dass die Beteiligten von allen Beweisaufnahmeterminen benachrichtigt werden und der Beweisaufnahme beiwohnen können. Beteiligt am Gerichtsverfahren ist kraft Gesetzes unter anderem der Beklagte (vgl. § 69 Nr. 2 SGG).
Der damalige Kammervorsitzende hatte im Rahmen der prozessualen Fürsorgepflicht die Aufgabe, den Beteiligten die Erfolgsaussichten ihrer Rechtsverfolgung und Verteidigung darzulegen (vgl. § 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die bloße Verdeutlichung von Prozessrisiken kann aber grundsätzlich nicht als Drohung im Sinne von § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB gewertet werden (vgl. BAG, Urteil vom 12. Mai 2010 – 2 AZR 544/08 – NZA 2010, 1250 = JURIS-Dokument Rdnr. 26, 36). Dem Vorbringen der Klägerseite selbst war auch nicht zu entnehmen, dass die Verhandlungsführung des Kammervorsitzenden die Kläger derart unter Druck gesetzt hätte, dass sie das Für und Wider eines Vergleichs nicht mehr hätten abwägen können.
Da nach alledem nicht festzustellen ist, dass die Kläger durch arglistige Täuschung oder Drohung zum Vergleichsabschluss bestimmt worden sind, muss nicht auf die Frage eingegangen werden, welche Bedeutung in dem Fall, dass sie sich durch den Kammervorsitzenden und/oder den Beklagtenvertreter hätten bedrängt fühlen können, dem Umstand beizumessen gewesen wäre, dass sie im Verfahren vor dem Sozialgericht durch einen Rechtsanwalt vertreten waren.
Wenn die Klägerseite mit ihrem Berufungsvorbringen nunmehr vorrangig darauf abstellt, dass der Prozessvergleich einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter enthalte mit der Folge, dass der Vergleich insgesamt nichtig sei, so führt auch dieses Vorbringen nicht zum Erfolg. Soweit in Nummer 2 des Vergleiches eine Verpflichtung aufgenommen worden ist, einen Mietvertrag mit dem Sohn der Kläger zu 1 und 2, T M , abzuschließen, richtet sich die Verpflichtung nach dem Vergleichswortlaut nur an den Kläger zu 1 und nicht an seinen Sohn. Dieser ist, wie die Klägerseite selbst ausgeführt hat, dem Vergleich nicht beigetreten, hat daraus keine Verpflichtungen übernommen und ist somit aus diesem Vergleich nicht belastet. Es gibt keine Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Kammervorsitzende, der Beklagtenvertreter oder der Klägerbevollmächtigte, die allesamt über eine juristische Ausbildung verfügen und die am Vergleichsabschluss beteiligt waren, hätten abweichend vom Vergleichswortlaut einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter vereinbaren wollen.
Der Prozessvergleich ist in Bezug auf die Regelungen unter Nummer 2 auch nicht deshalb teilnichtig, weil der Kläger zu 1 rechtlich nicht in der Lage ist, ohne Mitwirkung seines Sohnes mit diesem einen Mietvertrag abzuschließen. Denn bei einer subjektiven Unmöglichkeit (Unvermögen), das heißt wenn eine Leistung für den Schuldner unmöglich ist, ist ebenso wie bei einer objektiven Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen. Gemäß § 311a Abs. 1 BGB steht der Wirksamkeit des Vertrages aber nicht entgegen, dass der Schuldner unter anderem nach § 275 Abs. 1 BGB nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorlag. Bei anfänglicher Unmöglichkeit hat der Gläubiger vielmehr Anspruch auf Ersatz nach Maßgabe von § 311a Abs. 2 BGB (zu weiteren möglichen Rechtsfolgen: Alpmann, in: jurisPK-BGB Band 2 [6. Aufl., 2012], § 275 Rdnr. 73).
Auf die Frage, ob die teilweise Nichtigkeit des Prozessvergleiches gemäß § 139 BGB zu seiner Gesamtnichtigkeit führt, kommt es daher nicht an. Insoweit wird lediglich ergänzend angemerkt, dass die Regelung unter Nummer 1 des Vergleiches im Vergleich zu denen unter Nummer 2 die Kläger begünstigen. Der Beklagte verpflichtete sich darin zu weiteren Zahlungen, deren Rechtsgrund er bislang bestritten hatte. Weshalb eine von der Klägerseite behauptete Teilnichtigkeit der Regelungen unter Nummer 2 des Vergleiches auch den sie begünstigenden Teil unter Nummer 1 erfassen sollte, weshalb mit anderen Worten nicht anzunehmen sein sollte, dass sie den Vergleich auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen hätten (vgl. § 139 Halbsatz 2 BGB), erschließt sich nicht. Auch wenn sie der Meinung sind, ihnen stehe ein noch höherer Leistungsanspruch zu, erhielten sie doch mit der Regelung unter Nummer 1 des Vergleiches mehr als ihnen der Beklagte bislang bewilligte und sie in Gerichtsverfahren erlangen konnten.
d) Ausführungen zu einer Wiederaufnahmeklage im Sinne von § 179 SGG i. V. m. § 578 ff. ZPO erübrigen sich, da gegen Prozessvergleiche eine Wiederaufnahmeklage grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. November 2002 – B 7 AL 26/02 R – JURIS-Dokument Rdnr. 21, m. w. N.; Leitherer, a. a. O., § 179 Rdnr. 3b, m. w. N.).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Richter am Landessozialgericht Höhl Atanassov ist wegen Urlaubs an der Unterschrift gehindert
Dr. Scheer
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