L 22 R 1057/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 R 6434/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1057/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2011 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten große Witwenrente.

Die im März 1947 geborene unverheiratete Klägerin ist die Witwe des im August 1937 geborenen und am 10. Mai 2007 verstorbenen B R (Versicherter), mit dem sie seit dem 13. April 2007 verheiratet war.

Der Versicherte bezog seit August 1998 Rente mit einem Zahlbetrag zuletzt vor seinem Tod in Höhe von 1.128,25 Euro monatlich. Er war seit Januar 1993 in der H Straße in B wohnhaft. Die Klägerin, deren vorangegangene Ehe 1988 geschieden worden war, bezog nach einer von März 2004 bis April 2007 ausgeübten geringfügigen Beschäftigung als Friseurin ab 26. Mai 2006 Arbeitslosengeld II in Höhe von ca. 700 Euro monatlich und erhält seit Mai 2007 (Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 2007) Altersrente. Sie wohnt seit Juni 2000 in der Sstraße in B.

Im August 2007 beantragte die Klägerin große Witwenrente. Sie gab an, der Versicherte und sie hätten seit Herbst 1988 in ehelicher Gemeinschaft gelebt. Der Versicherte sei plötzlich und unvermutet gestorben. Die Heirat habe der Sicherung der erforderlichen Pflege gedient. Ab 31. März 2007 seien an sie Pflegebeträge für den Versicherten geleistet worden. Bei Eheschließung sei der Tod auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen.

Mit Bescheid vom 05. Oktober 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung von Witwenrente ab: Die Klägerin sei mit dem Versicherten nicht mindestens ein Jahr verheiratet gewesen. Besondere Umstände, die die gesetzliche Vermutung einer so genannten Versorgungsehe widerlegten, lägen nicht vor. Nach den Mitteilungen des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten sei nachgewiesen, dass eine eheähnliche Gemeinschaft nicht existiert habe. Nachweise, dass beim Zeitpunkt der Heirat der Tod des Versicherten auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen sei, seien nicht eingereicht worden. Andere Motive, die auf einen von der Versorgungsabsicht abweichenden Beweggrund schließen ließen, hätten nicht festgestellt werden können.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie hätten seit 1988 allerdings ohne gemeinsame Anmeldung zusammengelebt, da ihr damaliger Vermieter den Versicherten mit dessen Tieren nicht in seinem Haus geduldet habe. Die Tiere seien bei der Mutter des Versicherten verblieben, die sie und der Versicherte gemeinsam gepflegt hätten. Wegen der räumlichen Verhältnisse habe man dort jedoch nicht in Gemeinschaft leben können. Bei Eheschließung sei der Tod des an einem Krebsleiden verstorbenen und seit März 2007 bettlägerig gewesenen Versicherten nicht so schnell zu erwarten gewesen. Die Klägerin hat u. a. ein Schreiben des Versicherten vom 03. März 2001, ein Schreiben der AOK Berlin vom 25. September 2008, einen Kontoauszug des Kontos der Klägerin, einen Pflegevertrag zwischen dem Versicherten und der häuslichen Krankenpflege Kramer & Kramer vom 15. April 2007, Lieferscheine des Sanitätshauses und Rehatechnik sowie verschiedene ärztliche Unterlagen vorgelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aus den eingereichten medizinischen Unterlagen gehe eine Progredienz des Karzinomleidens hervor, so dass von einer Heilung nicht mehr auszugehen gewesen sei. Danach könne nicht davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung der grundsätzlich lebensbedrohende Charakter der Erkrankung nicht bekannt gewesen sei. Es könne ferner nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Eheschließung das Ableben des Versicherten auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen wäre. Eine so genannte Pflegeehe habe nicht vorgelegen, denn Pflegestufe II sei wegen des fortgeschrittenen Karzinomleidens und nicht wegen einer bestehenden Behinderung und Hilfsbedürftigkeit zuerkannt worden. Die Dauer einer gemeinsamen Lebensführung ohne Heirat spreche gerade für eine so genannte Versorgungsehe.

Dagegen hat die Klägerin am 29. Oktober 2008 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.

Sie hat darauf hingewiesen, bereits im Vorverfahren geltend gemacht zu haben, dass sie bereits nach dem Tod ihrer Schwiegermutter im Jahr 2004 zusammen mit dem Versicherten geplant gehabt habe zu heiraten. Die dazu angebotenen Zeugen habe die Beklagte unberücksichtigt gelassen. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei ein Hilfebedarf zur Pflege vorhanden gewesen. Die Klägerin hat mehrere Zeugen zur Tatsache, dass sie und der Versicherte bereits im Jahr 2004 hätten heiraten wollen, benannt. Bereits vor ca. 15 Jahren seien in der T Trauringe gekauft worden. Ihre Friseurtätigkeit habe die Klägerin nicht fortsetzen können, weil sie durch die Pflege des Versicherten voll in Anspruch genommen gewesen sei. Besondere Motive für die Heirat seien das langjährige Zusammenleben und die damalige Pflege der Schwiegermutter der Klägerin gewesen. Erst aus einem Artikel in der B vom 07. August 2007 sei sie erstmals darauf aufmerksam gemacht worden, dass auch bei einer nur kurzen Ehedauer ein Versorgungsanspruch bestehen könne. Im Hinblick auf die eigene Altersrente sei sie zudem selbst abgesichert. Die Heirat sei zwar bewusst in Kenntnis der lebensbedrohenden Erkrankung, nicht jedoch aus Gründen der Versorgung erfolgt. Das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung sei nicht gleichbedeutend damit, dass der Tod tatsächlich in naher Zukunft eintreten werde.

Bei ihrer persönlichen Anhörung hat die Klägerin erklärt, der Versicherte und sie hätten seit 1988 zusammen in ihrer Wohnung in H gewohnt. Diese habe sie 2000 wegen der Anschaffung eines Hundes auf Veranlassung ihres Vermieters aufgeben müssen. Sie sei dann in die Sstraße gezogen, wobei der Mietvertrag von ihr abgeschlossen worden sei. Der Versicherte sei die ganze Zeit unter der Adresse gemeldet gewesen, wo dessen Mutter ein Haus besessen habe. Nach deren Tod im Juni 2004 habe der Versicherte begonnen, dieses Haus, welches als gemeinsamer Wohnsitz gedacht gewesen sei, zu sanieren. Nach ihrer Einschätzung habe sich der Gesundheitszustand des Versicherten seit März 2007 entscheidend verschlechtert und der Versicherte habe auch zu diesem Zeitpunkt Einsicht in seine Erkrankung gehabt. Da er nicht mehr habe laufen können, habe eine Nottrauung im Haus des Versicherten stattgefunden. Die Eheschließung sei im Wesentlichen vom Versicherten gewollt gewesen, der plötzlich Angst bekommen gehabt habe, nun mit seiner Erkrankung alleine zu sein. Er habe jemanden haben wollen, der für ihn auch Entscheidungen habe treffen können.

Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, konkrete Heiratsabsichten hätten sich erst mit der Anmeldung beim Standesamt manifestiert. Eine Zeugenvernehmung erscheine somit entbehrlich. Die eingeholten Auskünfte bestätigten, dass der konkrete Heiratsentschluss erst nach Kenntnis von der im höchsten Grad lebensbedrohlichen Erkrankung gefasst worden sei.

Das Sozialgericht hat die Auskünfte des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R vom 17. Januar 2011 und des Facharztes für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie Dr. L vom 23. Januar 2011 eingeholt.

Mit Urteil vom 24. August 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Der Klägerin und dem Versicherten seien im Zeitpunkt der Eheschließung ohne Zweifel bekannt gewesen, dass der Versicherte so lebensbedrohlich erkrankt gewesen sei, dass er jederzeit hätte sterben können. Dies ergebe sich insbesondere aus der Auskunft des Onkologen Dr. L, wonach seit Juni 2006 eine palliative Situation bestanden habe. Dieser Arzt habe am 27. März 2007 mit der Klägerin und dem Versicherten über die fortgeschrittene Tumorerkrankung und die palliative Behandlungssituation gesprochen gehabt. Nach einer weiteren Verschlechterung habe die Klägerin am 13. April 2007 um die Ausstellung einer Bescheinigung zur Durchführung einer Nottrauung gebeten. Damit hätten die Eheleute im Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Eintreten des Todes in naher Zukunft rechnen müssen. Soweit die Klägerin bei ihrer Anhörung ausgeführt habe, die Eheschließung sei im Wesentlichen vom Versicherten gewollt gewesen, sei dies im Hinblick auf die 2005 ausgebrochene Erkrankung nicht nachvollziehbar. Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte ohne Eheschließung mit seiner Erkrankung allein gewesen sein könnte, seien nicht ersichtlich. Entscheidungsvollmachten hätten auch ohne Eheschließung im Rahmen einer Patientenverfügung bzw. einer Vorsorgevollmacht übertragen werden können. Der Hinweis auf langjährig vorliegende Heiratsabsichten vermöge die gesetzliche Vermutung nicht zu widerlegen, denn jedenfalls nach dem Tod der Mutter des Versicherten im Juni 2004 seien keine triftigen Gründe ersichtlich, weshalb danach eine Eheschließung nicht erfolgt sei. Die für die Tatsache des Bestehens von Heiratsabsichten bereits im Jahre 2004 von der Klägerseite aufgebotenen Zeugen seien daher nicht zu hören gewesen.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 04. Oktober 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Oktober 2011 eingelegte Berufung der Klägerin.

Sie meint, es sei nachvollziehbar, dass der Versicherte nicht mit seiner Erkrankung habe allein sein wollen. Der Hinweis auf die Errichtung von Patientenverfügungen oder von Vorsorgevollmachten sei nicht hilfreich. Es bleibe unklar, ob das Sozialgericht der Klägerin hinsichtlich der Heiratsabsichten nicht geglaubt habe oder ob es möglicherweise gemeint habe, diese seien zu vage gewesen. Es sei insbesondere zu würdigen, dass zum damaligen Zeitpunkt der Versicherte die Eheschließung im Wesentlichen gewollt gehabt habe und die Klägerin überhaupt erst im August 2007 über einen Artikel in der B Kenntnis über einen etwaigen Versorgungsanspruch erlangt habe. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass der Versicherte bei der Klägerin in deren Wohnung gewohnt habe. Sie hätten jedoch im Haus des Versicherten auch zu Lebzeiten seiner Mutter sehr häufig die Wochenenden verbracht bzw. dort von Freitag bis Dienstag übernachtet. Eine Unterbrechung der ehelichen bzw. eheähnlichen Gemeinschaft sei nicht erfolgt. Nach Versterben der Mutter des Versicherten im Juni 2004 habe der Versicherte selbst Sanierungsarbeiten in seinem Haus bis zum Sommer 2005, die zu diesem Zeitpunkt bei weitem noch nicht abgeschlossen gewesen seien, durchgeführt. Die Hinderungsgründe, die einer Eheschließung 2004 und nachfolgend entgegengestanden hätten, hätten darin bestanden, dass die Sanierung des Hauses Vorrang haben solle. Die Klägerin habe als Pflegemaßnahmen beim Versicherten Gesicht waschen, rasieren, Haare schneiden, füttern, Suppe kochen und Hand halten durchgeführt. Die Klägerin hat u. a. Kopie einer Sterbeanzeige der Mutter des Versicherten, Kopie einer Visitenkarte des Versicherten, Kopie des Arbeitsvertrages der Klägerin mit K J vom 29. Februar 2004 und Kopie der Kündigung der H , Inhaber J vom 14. April 2007 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 2011 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2008 zu verurteilen, der Klägerin große Witwenrente ab 01. Juni 2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Dass die Klägerin durch die eigene Altersrente ausreichend versorgt sei, sei kein geeignetes Argument, denn durch die Witwenrente erhalte sie einen höheren Lebensunterhalt.

Der Senat hat aus der Verwaltungsakte des Jobcenters Berlin-Reinickendorf betreffend die Klägerin () Unterlagen beigezogen.

Die Klägerin weist darauf hin, dass eine Verantwortung- und Einstehensgemeinschaft zu keiner Zeit vor ihrer Heirat vorgelegen habe, denn insoweit habe es an einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere den Elementen Zusammenleben in einer Wohnung und Wirtschaften aus einem Topf, gefehlt. Der Verstorbene habe am 02. April 2007 gegenüber seinem Rechtsanwalt B geäußert "Was geht denn schneller, eine Heirat oder eine Adoption?" und gesagt, dass die Eheschließung "am besten gestern" erfolgen solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 05. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2008 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf große Witwenrente ab 01. Juni 2007. Zur Überzeugung des Senats ergibt die Abwägung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung im konkreten Einzelfall der inneren Umstände zusammen mit den objektiven Umständen zum Zeitpunkt der Eheschließung keine besonderen Umstände, die der gesetzlichen Vermutung einer so genannten Versorgungsehe entgegenstehen.

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch in der Fassung vor In-Kraft-Treten des Gesetzes vom 20. April 2007 (BGBl I 2007, 554) zum 01. Januar 2008 (SGB VI) haben (neben Witwer) Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, Anspruch auf große Witwenrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin, die nicht wieder geheiratet hat, ist die Witwe des am 10. Mai 2007 verstorbenen Versicherten, der die allgemeine Wartezeit, also die Zeit von 5 Jahren, die mit Kalendermonaten mit Beitragszeiten belegt ist (§ 50 Abs. 1 Satz 1, § 51 Abs. 1 SGB VI), erfüllt hat, wie dem Kontospiegel der Beklagten vom 31. August 2007 zu entnehmen ist. Die Klägerin hatte zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten bei einem Alter von 60 Jahren auch das 45. Lebensjahr vollendet.

Der Anspruch auf große Witwenrente ist jedoch nach § 46 Abs. 2 a SGB VI ausgeschlossen.

Danach gilt: Witwen (oder Witwer) haben keinen Anspruch auf Witwenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten dauerte nicht mindestens ein Jahr, denn sie bestand nur vom 13. April bis 10. Mai 2007.

Die gesetzliche Vermutung einer so genannten Versorgungsehe wird nicht durch besondere Umstände im vorliegenden Einzelfall widerlegt.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), Urteil vom 05. Mai 2009 – B 13 R 55/08 R, abgedruckt in FamRZ 2009, 1667), der der Senat folgt, ergeben sich folgende Maßstäbe: So stellt der Begriff der besonderen Umstände einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der mit einem bestimmten Inhalt ausgefüllt werden muss und der vollen richterlichen Kontrolle unterliegt. Aus § 46 Abs. 2 a SGB VI ergibt sich nicht ohne weiteres, was unter den besonderen Umständen des Falles zu verstehen ist. Da diese Vorschrift jedoch vom Gesetzgeber bewusst den entsprechenden Vorschriften in der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 SGB VII) und der Kriegsopferversorgung (§ 38 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz - BVG -) nachgebildet ist (vgl. Bundestags-Drucksache 14/4595 S. 44), kann an die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Begriff der besonderen Umstände in diesen Bestimmungen angeknüpft werden. Als besondere Umstände sind daher alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die (ggf. auch voneinander abweichenden) Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten an, es sei denn, dass der hinterbliebene Ehegatte den Versicherten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasst hat. Eine abschließende Typisierung oder Pauschalierung der von der Versorgungsabsicht verschiedenen (besonderen) Gründe ist angesichts der Vielgestaltigkeit von Lebenssachverhalten nicht möglich. Maßgeblich sind jeweils die Umstände des konkreten Einzelfalles. Allerdings kommt stets dem Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung eine gewichtige Bedeutung zu. Ein gegen die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe sprechender besonderer (äußerer) Umstand ist insbesondere anzunehmen, wenn der Tod des Versicherten unvermittelt eingetreten ist. In diesem Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass es alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat war, dem Ehegatten eine Hinterbliebenenversorgung zu verschaffen. In der Gesetzesbegründung wird als Beispiel hierfür der Unfalltod genannt. Unvermittelt eingetreten in diesem Sinne ist der Tod aber auch bei einem Verbrechen oder bei einer Erkrankung, die plötzlich aufgetreten ist und schnell zum Tode geführt hat (z. B. Infektionskrankheit oder Herzinfarkt bei unbekannter Herzerkrankung). Hingegen ist bei Heirat eines zum Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidenden Versicherten in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt. Jedoch ist auch bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, um so gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besonderen Umstände, die von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme (Vermutung) einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden. Die Annahme des Anspruchs ausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nach dem Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2 a Halbsatz 2 SGB VI nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei beiden Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat. Der Ausnahmetatbestand wird hierbei nur erfüllt, wenn der volle Beweis erbracht wird. Dieser erfordert zumindest einen der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit. Eine Tatsache ist danach bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falls nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen.

Zur Überzeugung des Senats lassen sich von finanziellen Erwägungen unabhängige diesen zumindest gleichwertige besondere Umstände nicht feststellen, die die Vermutung einer Versorgungsehe widerlegen.

Zunächst ist wesentlich, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung am 13. April 2007 der Versicherte offenkundig bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten hat, um die die Klägerin und der Versicherte wussten.

Nach der Auskunft des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R vom 17. Januar 2011 wurde beim Versicherten am 31. August 2005 ein Rektumkarzinom diagnostiziert. Dieses Rektumkarzinom wurde während der stationären Behandlung vom 12. bis 27. September 2005 durch eine tiefe anteriore Rektumresektion therapiert. Zur weiterführenden neoadjuvanten Therapie wurde die Vorstellung in der ambulanten onkologischen Praxis der Dres. L und Rempfohlen (Epikrise der D Krankenhaus GmbH B vom 26. September 2005). Da außer einem regionalen Lymphknotenbefall keine Metastasen bekannt waren, erfolgte anschließend eine adjuvante Radiochemotherapie (Auskunft des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R vom 17. Januar 2011). Diese adjuvante Therapie, die als ergänzende oder unterstützende Maßnahme bei Krebserkrankungen nach vollständiger operativer Entfernung aller erkennbaren Tumoranteile angewandt wird, um mögliche, bisher aber noch nicht nachweisbare Tumorabsiedlungen (Mikrometastasen) zu bekämpfen und dadurch die langfristigen Heilungsaussichten zu verbessern (vgl. auch Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Auflage, S. 24, 1350, 1801 im Unterschied zur palliativen Therapie) endete jedoch im Juni 2006, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Krebstherapie nicht erfolgreich war. Nach dem Bericht des Facharztes für Radiologie Dr. S vom 08. Juni 2006 über eine Computertomografie des Abdomens wurde im Rahmen der Grunderkrankung (Rektumkarzinom Stadium III) der Nachweis einer den gesamten linken Leberlappen erfassenden etwa 10 x 11 x 12 cm großen Metastase und von 2 sich im rechten Leberlappen befindlichen etwa 4 cm durchmessenden Metastasen erbracht. Außerdem wurde am 26. Juni 2006 ein Tumor in der Schädeldecke entfernt, wobei sich später herausstellte, dass es sich um eine Metastase handelte (Auskunft des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. R vom 17. Januar 2011). Der Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie Dr. L hatte deswegen am 19. Juni 2006 einen Rückfall der Tumorerkrankung diagnostiziert, wobei der damalige Befund eine palliative Situation bedeutete, was heißt, dass keine Heilung möglich ist und die Tumorerkrankung nur zeitlich befristet zurückgedrängt werden kann und zu einem späteren Zeitpunkt mutmaßlich zum Tode führen wird (so Auskunft des Dr. L vom 23. Januar 2011).

Nach dieser Auskunft des Dr. L wurde letztgenannter Befund mit dem Versicherten bereits am 19. Juni 2006 und den darauffolgenden Tagen ausführlich besprochen. Dazu passt, dass der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R nach seinem Attest vom 17. Januar 2011, der nach seinen Unterlagen mit dem Versicherten zwar nicht über die schlechte Prognose gesprochen hat, dargelegt hat, dass er denke, dass der Versicherte zumindest bis Sommer 2006 von einer günstigen Prognose ausgegangen sei.

Eine weitere Computertomografie des Oberbauches erbrachte im Vergleich zu einer (weiteren) Voruntersuchung vom 22. September 2006 einen im Wesentlichen identischen Status mit der bekannten bis zu 12 cm im linken Leberlappen messenden hepatischen Metastase. Es zeigten sich auch kleinere Metastasen im Segment V und im Lobus caudatus sowie eine nicht vergleichbare kleine intrapulmonale Metastase links dorsobasal (Bericht des Facharztes für Radiologie H vom 16. November 2006). Nach dem Bericht des Radiologen Dr. G vom 31. März 2007 trat schließlich zu einer (weiteren) Voruntersuchung vom 18. Januar 2007 eine Progredienz ein, die beschrieben wird, als in der Größe zunehmende hepatische Filiae den kompletten linken Leberlappen durchsetzend mit aktuell mindestens 15 cm Größe sowie die diffuse Metastasierung Segment 4, Größenprogredienz der im Segment 5/6 lokalisierten Filiae auf aktuell mindestens 5,7 cm Größe, auch in ihrer Anzahl und Größe progrediente pulmonale Filiae. Dieser Zustand hatte bereits seit Anfang Januar 2007 eine Behandlung mittels Opiaten in Tablettenform zur Folge, die ab dem 04. April 2007 als Dauerinfusion fortgeführt wurde (Auskunft des Facharztes für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie Dr. L vom 23. Januar 2011).

Wie Dr. L in letztgenannter Auskunft mitteilte, fand nach seinen Aufzeichnungen erstmals am 27. März 2007 mit dem Versicherten zusammen mit der Klägerin ein Gespräch über die fortgeschrittene Tumorerkrankung und die palliative Behandlungssituation statt. Kontakt mit der Klägerin hatte dieser Arzt danach nochmals am 10. April 2007 wegen einer Bescheinigung für das Standesamt bezüglich der Immobilität des Versicherten und am 13. April 2007 wegen einer Bescheinigung zur Durchführung einer "Nottrauung", die er jeweils in Kopie der genannten Auskunft beigefügt hat. In der Bescheinigung vom 13. April 2007 ist dabei eine akute lebensbedrohliche Erkrankung mit akuter Lebensgefahr angegeben.

Aufgrund der genannten ärztlichen Unterlagen und Auskünfte steht damit fest, dass der Versicherte an einer lebensbedrohlichen Krankheit litt. Zugleich ist mit der Auskunft des Facharztes für Innere Medizin, Hämotologie und Onkologie Dr. L vom 23. Januar 2011 bewiesen, dass darum der Versicherte bereits im Juni 2006 und die Klägerin spätestens am 27. März 2007 wussten. Damit erfolgte die Heirat am 13. April 2007, wie von der Klägerin bereits erstinstanzlich eingeräumt, bewusst in Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung.

Soweit die Klägerin meint, das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung sei nicht gleichbedeutend damit, dass der Tod tatsächlich in naher Zukunft eintreten werde, mag dies zutreffen. Obwohl die Klägerin dies konkret auf den Versicherten bezogen im gerichtlichen Verfahren nicht (mehr) ausdrücklich vorgetragen hat, ergibt sich jedenfalls solches aus ihren Angaben im Verwaltungsverfahren. So teilte sie in der Anlage zum Antrag auf Witwenrente (durch entsprechendes Ankreuzen) mit, der Tod des Ehegatten sei bei Eheschließung auf absehbare Zeit nicht zu erwarten gewesen und der Versicherte sei plötzlich und unvermutet gestorben. Etwas zurückhaltender formulierte die Klägerin jedoch bereits mit ihrem Widerspruchsschreiben, in dem es heißt, dass der Tod des Versicherten bei der Eheschließung "nicht so schnell" zu erwarten gewesen sei, da wir noch den Umbau des Hauses für unsere gemeinsame Zukunft in Angriff genommen hätten. Die dort gegebene Begründung erscheint allerdings zweifelhaft, denn nach dem Vorbringen in der Berufung wurden Sanierungsarbeiten nur bis zur Diagnose eines Rektumkarzinoms im Sommer 2005 ausgeführt. Im Übrigen erscheint ein solches Vorbringen nicht überzeugend, wenn die Klägerin davon ausgegangen ist, dass eine so genannte Nottrauung erforderlich war, also ein Abwarten bis zu einem bestimmten nachfolgenden Zeitpunkt zu spät sein könnte. Auch wenn der Klägerin der Inhalt der Bescheinigung des Facharztes für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie Dr. L vom 13. April 2007 nicht bekannt gewesen sein sollte, ist bereits die Bitte um Ausstellung einer solchen Bescheinigung unter Berücksichtigung der Krankheitsvorgeschichte ausreichendes Indiz dafür, um die Überzeugung zu gewinnen, dass der Klägerin auch ein alsbaldiger Tod des Versicherten bei Eheschließung bewusst war.

Ungeachtet dessen ist ohnehin nicht wesentlich, dass (ob) die Klägerin (oder der Versicherte) den Tod des Versicherten bei Eheschließung in absehbarer Zeit nicht erwartet haben. Ausgehend von der jeweils individuellen Einstellung jedes einzelnen zum Tod und unter Berücksichtigung dessen, dass lebensbedrohliche Erkrankungen bei jedem Erkrankten anders und nicht vorhersehbar ablaufen, ist der Zeitpunkt des Eintritts des Todes weder subjektiv noch objektiv prognostizierbar. Angesichts dessen genügt es, wenn die Klägerin (und der Versicherte) wenigstens Kenntnis von der ungünstigen Verlaufsprognose hatten. Eine solche Kenntnis liegt vor. Selbst die Klägerin behauptet nicht, dass sie aufgrund der ihr bekannten Umstände damit rechnete, die lebensbedrohliche Erkrankung des Versicherten werde geheilt. Wie ihr Widerspruchsvorbringen zeigt, rechnete sie lediglich mit dem Tod des Versicherten nicht bereits am 10. Mai 2007.

Bei dieser Sachlage ist nach der oben genannten Rechtsprechung des BSG in der Regel der Ausnahmetatbestand des § 46 Abs. 2 a Halbsatz 2 SGB VI nicht erfüllt.

Dies schließt nach dieser Rechtsprechung zwar nicht den Nachweis aus, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als auch Versorgungsgründen geheiratet wurde. Vom Vorliegen solcher anderen Gründe, die als zumindest gleichwertig betrachtet werden müssen, kann sich der Senat jedoch nicht überzeugen.

Soweit die Klägerin als besondere Umstände zum einen den Artikel aus der Berliner Morgenpost vom 07. August 2007, mit dem sie erstmals auf den von ihr bis dahin nicht bedachten Versorgungsaspekt aufmerksam gemacht worden sei, womit sie zum Ausdruck bringen will, dass ihr bis dahin nicht bekannt war, dass auch bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr ein Versorgungsanspruch zustehen kann, und zum anderen ihre eigene Altersrente, die ihr erst mit Bescheid vom 25. Juni 2007 zuerkannt worden sei, benennt, ist schon nicht ersichtlich, dass dadurch die Eheschließung beeinflusst worden sein könnte. Beide Umstände sind erst nach der am 13. April 2007 erfolgten Eheschließung eingetreten. Soweit die Klägerin mit dem Vortrag, sie habe überhaupt erst im August 2007 über diesen Artikel Kenntnis über einen etwaigen Versorgungsanspruch erlangt, also damit darstellen will, sie sei bei Eheschließung davon ausgegangen, eine Witwenrente nicht beanspruchen zu können, erscheint dies nicht glaubhaft. In den beigezogenen Unterlagen des Jobcenters Berlin-Reinickendorf befindet sich das an die Klägerin gerichtet Schreiben des Rentenservices der Deutschen Post vom 25. Mai 2007 zu einem "Antrag auf Vorschusszahlung". Darin wird mitgeteilt, dass das Schreiben der Klägerin nicht abschließend bearbeitet werden könne, weil nur dann der Anspruch auf die Zahlung eines Vorschusses an Witwen/Witwer bestehe, wenn die Ehe mindestens ein Jahr bestanden habe. Wenn die Klägerin jedoch nach dem Tod des Versicherten einen Antrag auf Vorschuss, wie durch das Schreiben des Rentenservices der Deutschen Post belegt, stellte, ist sie davon ausgegangen, dass nach dem Tod des Versicherten für die Witwe ein Witwenrentenanspruch bestehen kann. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihre Vorstellung darüber bei Eheschließung eine andere gewesen sein könnte. Etwas anderes ist von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Die von ihr zu dem Schreiben des Rentenservices der Deutschen Post vom 25. Mai 2007 in der mündlichen Verhandlung geäußerte Einlassung: "Ich habe keine Ahnung davon. Ich verstehe das nicht." ist wenig überzeugend, denn die Klägerin selbst legte dieses Schreiben mit ihrem Schreiben vom 02. Juni 2007 dem Jobcenter Reinickendorf vor.

Nicht nachvollziehbar und damit nicht glaubhaft ist der weitere als besonderer Umstand geltend gemachte Sachverhalt der damaligen Pflege der Schwiegermutter der Klägerin. Selbst wenn die Klägerin ihre Schwiegermutter wie vorgetragen im wesentlichen Umfang gepflegt haben sollte, erschließt sich nicht, wie diese Pflege der bereits im Juni 2004 verstorbenen Schwiegermutter für die am 13. April 2007 erfolgte Heirat kausal gewesen sein könnte. Dazu sind bereits erstinstanzlich keine näheren Erläuterungen gemacht worden. Mit der Berufung ist der Sachverhalt der Pflege der Schwiegermutter der Klägerin darüber hinaus nicht erneut aufgegriffen worden.

Ein langjähriges Zusammenleben in ehe(ähn)licher Gemeinschaft, welches nur noch durch den formalen Akt der Eheschließung in eine Ehe hätte überführt werden sollen, hat nie bestanden.

Das von der Klägerin vorgelegte Schreiben des Versicherten vom 03. März 2001 in einer anderen Angelegenheit benennt zwar die Klägerin als langjährige Lebensgefährtin, mit der der Versicherte seit 12 Jahren lebe. Konkrete Angaben dazu im Einzelnen sind dort jedoch nicht gemacht. Nichts anderes gilt für die Kopie der vorgelegten Sterbeanzeige der Schwiegermutter der Klägerin, in der auch die Klägerin im Namen aller Angehörigen aufgeführt ist, allerdings nicht nach dem Namen des Versicherten, sondern an letzter Stelle. Bezüglich des Ortes des gemeinsamen Zusammenlebens erweckte der Vortrag der Klägerin im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Verfahren erst den Eindruck, dies sei der Wohnort der Klägerin, während im Berufungsverfahren unter Vorlage einer Kopie der Visitenkarte des Versicherten mit der Anschrift H Straße , B, ersichtlich geworden ist, dass ein gemeinsamer Aufenthalt auch unter der Anschrift des Versicherten sehr häufig an den Wochenenden von Freitag bis Dienstag stattfand. Daraus wird ersichtlich, dass entgegen insbesondere des erstinstanzlichen Vorbringens, wonach der Versicherte unter der genannten Anschrift (nur) gemeldet gewesen sei, offensichtlich weiterhin seit Herbst 1988 zwei Haushalte bestanden.

Zwischenzeitlich wird nach Beiziehung von Unterlagen aus der Leistungsakte der Klägerin beim Jobcenter Berlin-Reinickendorf nicht weiter vorgetragen, es habe eine ehe (ähn)liche Gemeinschaft seit März 1988 vorgelegen. Nachdem der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld am 25. Mai 2006 geendet hatte (Schreiben der Agentur für Arbeit Berlin-Nord vom 18. April 2006), wurden der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 26. Mai 2006 bis 31. August 2007 bewilligt (Bescheide des Jobcenters Reinickendorf vom 17. Mai 2006, 08. November 2006 und jeweils 08. März 2007). In ihrem im Februar 2006 dazu gestellten Antrag verneinte sie durch Nichtankreuzen, mit einem Partner in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben. In ihren im November 2006 und März 2007 gestellten Anträgen auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gab sie an, dass insoweit keine Änderungen eingetreten sind. In ihrer Änderungsmitteilung vom 03. Mai 2007 teilte sie die Verheiratung mit dem Versicherten mit und wies zugleich auf das Bestehen eines zweiten Haushalts hin.

Unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens und der dazu vorgelegten Unterlagen wird nach Heranziehung von Unterlagen des Jobcenters Berlin-Reinickendorf deutlich, dass keine ehe(ähn)liche Gemeinschaft vorlag. Eine Bestätigung dessen findet sich im nunmehrigen Vorbringen der Klägerin, wonach zu keiner Zeit eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorgelegen habe, weil es an einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft im Sinne eines Zusammenlebens in einer Wohnung und im Sinne eines Wirtschaften aus einem Topf gemangelt habe.

Kern einer Ehe ist allerdings das Vorhandensein einer solchen Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Nach § 1353 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind die Ehegatten einander zur ehelichen Gemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung. Im Rahmen dessen sind die Ehegatten nach § 1360 Satz 1 BGB einander verpflichtet, die Familie angemessen zu unterhalten.

Dementsprechend ist auszuschließen, dass die Heirat lediglich den abschließenden formalen Akt einer bereits seit längerer Zeit bestandenen eheähnlichen Gemeinschaft bildete, die durch die lebensbedrohliche Erkrankung des Versicherten lediglich beschleunigt, nicht jedoch erst veranlasst wurde. Eine gleichwertige Bedeutung kommt einem schlichten Zusammenleben hingegen nicht zu. Ein solches Zusammenleben ist unverbindlich. Es ist wegen dieser Unverbindlichkeit bezüglich seines Endes grundsätzlich offen und unterscheidet sich auch dadurch von der Ehe, die nach § 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Lebenszeit geschlossen wird. Wegen der Unverbindlichkeit eines schlichten Zusammenlebens ist dieses nicht auf eine Eheschließung angelegt; allenfalls kann eine Ehe als Möglichkeit sich anschließen, wobei es jedoch dafür eines Willensentschlusses bedarf, das bisherige schlichte Zusammenleben auf eine gänzlich neue Grundlage zu stellen. Die Motive für eine solche Entschlussfassung können vielfältig sein. Dazu kann insbesondere gehören, dem anderen Ehepartner eine finanzielle Absicherung im Sinne einer Versorgung zu verschaffen. Angesichts dessen stellt das schlichte Zusammenleben keinen zumindest gleichwertigen besonderen Umstand gegenüber der gesetzlichen Vermutung dar.

Dasselbe gilt für in der Vergangenheit lediglich geäußerte abstrakte Heiratsabsichten. Auch solche Heiratsabsichten bleiben unverbindlich, insbesondere wenn sie über einen längeren Zeitraum bestanden haben sollen, ohne dass Versuche zur Verwirklichung unternommen wurden. Die Gründe, eine Ehe eingehen zu wollen, können vielfältig sein. Ein anderer Grund neben dem bereits genannten Grund, dem anderen Ehepartner eine finanzielle Absicherung und damit auch eine Versorgung zu verschaffen, kann sein, damit die innere Verbundenheit und Liebe zueinander auch nach außen zum Ausdruck zu bringen. Da solche emotionalen Beweggründe jedoch in der Regel jeder Ehe entweder als Hauptmotiv oder wenigstens als Begleitmotiv (neben einem oder mehreren Hauptmotiven) zugrunde liegen, ist ein solches Motiv zusammen mit einer geäußerten abstrakten Heiratsabsicht allein noch nicht geeignet, neben der Vermutung einer Versorgungsehe einen zumindest gleichwertigen besonderen Umstand zu begründen. Dazu ist vielmehr erforderlich, dass sich die emotionalen Beweggründe bereits vor der zum Tode führenden Erkrankung des Versicherten zur konkreten Heiratsabsicht verdichtet haben, so dass sie lediglich in der anschließend vollzogenen Eheschließung ihren Abschluss fanden.

Eine solche Überzeugung vermag der Senat nicht zu gewinnen.

Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Klägerin als wahr, dass die Klägerin und der Versicherte bereits im Jahr 2004 geäußert haben heiraten zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt waren nach dem Vorbringen der Klägerin die Trauringe bereits vorhanden, denn sie waren ca. 1994 in der Ti, in der der Versicherte die Klägerin als Urlaubsbekanntschaft kennengelernt hatte, gekauft worden. Nachvollziehbare Gründe, weswegen nicht bereits zwischen 1994 und 2004 geheiratet wurde, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die dazu von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben, es habe immer etwas gegeben, was dem entgegengestanden hätte, so sei der Versicherte auf Montage gewesen und habe sich mal ein Bein gebrochen; sie selbst habe mal eine Schilddrüsenerkrankung gehabt, erscheinen wenig nachvollziehbar. So bezog der Versicherte bereits seit August 1998 Rente. Einzelne Ereignisse, wie ein Beinbruch, eine Schilddrüsenerkrankung oder ein anderes Ereignis, mögen etwa geeignet sein, einer Eheschließung vorübergehend entgegenzustehen. Es erschließt sich dem Senat jedoch nicht, dass bei Vorhandensein einer ernsthaften Heiratsabsicht solche singulären Ereignisse über einen Zeitraum von 10 Jahren eine Heirat verhindert haben könnten. Auch unternahmen die Klägerin und der Versicherte seit 2004 keine konkreten Maßnahmen, um die geäußerte abstrakte Heiratsabsicht zu verwirklichen. Die Klägerin ist aufgefordert worden, dazu vorzutragen. Konkrete Maßnahmen sind von ihr nicht dargelegt worden; stattdessen ist vorgetragen worden, der Versicherte habe am 02. April 2007 anlässlich eines Gespräches mit seinem Rechtsanwalt Binder geäußert gehabt, die Eheschließung habe "am besten gestern" geschehen sollen. Da zu diesem Zeitpunkt die Klägerin und der Versicherte bereits über die lebensbedrohliche Erkrankung des Versicherten informiert waren, kann dahinstehen, ob selbst zu diesem Zeitpunkt noch nichts wegen der Heirat veranlasst worden war.

Die Klägerin hat angegeben, die Hinderungsgründe, die einer Eheschließung 2004 und nachfolgend entgegenstanden hätten, hätten darin bestanden, dass die Sanierung des Hauses des Versicherten Vorrang haben sollte. Der Senat unterstellt zugunsten der Klägerin als wahr, dass wegen der vorrangigen Sanierung des Hauses des Versicherten die Eheschließung unterblieben war. Da jedoch trotz unvollendeter Sanierung des Hauses des Versicherten, die nach dem sonstigen Vorbringen der Klägerin seit Sommer 2005 keinen weiteren Fortgang mehr nahm, am 13. April 2007 die Heirat gleichwohl erfolgte, ist offensichtlich, dass andere Gründe für die Heirat ausschlaggebend gewesen sein müssen.

Als solche Gründe verbleiben nach dem bekannten Sachverhalt entweder der vom Gesetz vermutete Zweck, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, oder die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren in der Anlage zum Rentenantrag durch Ankreuzen gegebene Begründung der Sicherung der erforderlichen Betreuung/Pflege des ständig auf Pflege angewiesenen Ehegatten oder der schon erstinstanzlich angegebene Grund, die Eheschließung sei im Wesentlichen vom Versicherten gewollt gewesen, um nicht allein mit seiner Erkrankung zu sein und jemanden zu haben, der für ihn Entscheidungen treffen könne.

Der Senat vermag sich allerdings nicht davon zu überzeugen, dass die beiden letztgenannten Gründe zumindest gleichwertig neben dem anderen Grund für eine Eheschließung gewesen sind.

Er kann sich hierbei allein auf die Aussagen der Klägerin stützen, die, wie bereits oben ausgeführt, nicht durchgängig konsistent sind und teilweise den Eindruck erwecken, interessengeleitet zu sein. Der Senat misst ihren Angaben daher insgesamt einen nur untergeordneten Beweiswert zu, der einem der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit nicht zukommt. Weitere Beweismittel stehen dem Senat nicht zur Verfügung; die Klägerin hat insbesondere zu dem letztgenannten vorgetragenen Grund keine Beweismittel benannt.

Eine fehlende Konsistenz zeigen die Angaben der Klägerin auch im Zusammenhang mit der Pflege des Versicherten. So hat sie erstinstanzlich vorgetragen, ihre Friseurtätigkeit nicht habe fortsetzen zu können, weil sie durch die Pflege des Versicherten voll in Anspruch genommen gewesen sei. Aus dem Schreiben der H , Inhaberin K J vom 14. April 2007 geht demgegenüber hervor, dass das am 01. März 2004 begonnene Arbeitsverhältnis aus betriebswirtschaftlichen Gründen zum 30. April 2007 gekündigt wurde. Ob mithin die Pflege des Versicherten bereits vor der Eheschließung am 13. April 2007 wesentliche Bedeutung hatte, muss danach bezweifelt werden. Es ist zwar auch, nämlich im Widerspruchsverfahren vorgetragen worden, der Versicherte sei seit März 2007 bettlägerig gewesen. Diese Angabe erscheint jedoch gleichfalls zweifelhaft, denn nach der Auskunft des Facharztes für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie Dr. L vom 23. Januar 2011 konnte noch am 27. März 2007 in der Praxis dieses Arztes das bereits oben erwähnte Gespräch mit dem Versicherten und der Klägerin stattfinden. Wie dort weiterhin ausgeführt ist, erfolgte ab dem 04. April 2007 die Abgabe von Opiaten als Dauerinfusion, so dass allenfalls seit diesem Zeitpunkt Anhaltspunkte für eine Bettlägerigkeit des Versicherten vorhanden sind. Dem steht nicht entgegen, dass nach der Bescheinigung der AOK Berlin vom 25. September 2008 für die Zeit ab 01. März 2007 Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe II vorgelegen habe, denn die dazu erfolgte Begutachtung wurde nach dem Schreiben des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 19. April 2007 erst am 27. April 2007 vorgenommen. Schließlich wurde der Pflegevertrag mit der häuslichen Krankenpflege K ebenfalls erst am 15. April 2007 mit Wirkung vom 14. April 2007, also für eine Zeit nach der Eheschließung abgeschlossen. Zu den von der Klägerin vorgetragenen selbst durchgeführten Pflegemaßnahmen (Gesicht waschen, rasieren, Haare schneiden, füttern, Suppe kochen, Hand halten) ist daneben vorgetragen, dass weitere Pflegemaßnahmen "große Toilette" von der Hauskrankenpflege K & erbracht worden seien. Angesichts dessen hat der Senat Zweifel, ob die Pflege des Versicherten schon vor der Eheschließung eine wesentliche Rolle spielte, so dass gleichfalls zweifelhaft ist, ob die Sicherung der Pflege ein zumindest gleichwertiger Grund für die Eheschließung war.

Dasselbe gilt hinsichtlich des anderen von der Klägerin vorgetragenen Grundes. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte dafür, der Versicherte könnte ohne Eheschließung mit seiner Erkrankung allein geblieben sein, nicht ersichtlich sind. Ebenfalls zutreffend hat es darauf verwiesen, dass eine Übertragung von Entscheidungsvollmachten auch ohne Eheschließung im Rahmen einer Patientenverfügung bzw. einer Vorsorgevollmacht möglich gewesen wäre. Beweismittel für die genannten Motive des Versicherten hat die Klägerin trotz Aufforderung nicht benannt. Sie hat dazu unter Beweisantritt lediglich vorgebracht, der Versicherte habe am 02. April 2007 in dem bereits oben genannten Gespräch mit seinem Rechtsanwalt Br den Wunsch nach einer baldigen Eheschließung mit der Klägerin geäußert. Welche Motive diesem Wunsch zugrunde gelegen haben, bleibt offen. Der darüber hinaus in der mündlichen Verhandlung unter Beweisantritt gemachte Vortrag, den der Senat als wahr unterstellt, dass der Versicherte am 02. April 2007 gegenüber seinem Rechtsanwalt B geäußert hat "Was geht denn schneller, eine Heirat oder eine Adoption?", geben erstrecht kein Motiv für eine Eheschließung. Daraus wird vielmehr deutlich, dass es dem Versicherten darum ging, die Klägerin in eine gesicherte wirtschaftliche Situation zu bringen, denn mit der Annahme als Kind und deren Wirkungen (§ 1770, § 1754 BGB) wäre es ebenso wie mit der Eheschließung möglich gewesen, die Klägerin bei Tod des Versicherten an dessen Vermögen teilhaben zu lassen. Ein anderer Grund für eine Adoption als derjenige, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen, ist nicht erkennbar denn insbesondere bestand zwischen Klägerin und Versichertem kein Kind-Vater-Verhältnis. Wenn somit bei den in Frage stehenden Alternativen mit einer Heirat oder einer Adoption der Weg der Eheschließung gewählt wurde, weil dieser Weg der schnellere zur Erreichung des Ziels war, können finanzielle Erwägungen nach Absicherung der Klägerin mithin nicht ausgeschlossen worden. Angesichts der verbleibenden Zweifel ist ein anderer besonderer Beweggrund als der vom Gesetz vermutete Zweck einer Versorgung nicht in einem so hohen Grade wahrscheinlich, dass alle Umstände des Falls nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, insoweit die volle richterliche Überzeugung zu begründen.

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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