L 10 AS 1595/13 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 117 AS 31393/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 1595/13 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 04. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde dagegen, dass es das Sozialgericht (SG) Berlin mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss abgelehnt hat, ihr für das Klageverfahren mangels hinreichender Erfolgsaussicht Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwalt M zu gewähren. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin, die Verpflichtung des Beklagten den Bescheid vom 21. März 2011 zurückzunehmen, mit dem der Beklagte für die Zeit vom 01. September bis zum 30. September 2010 die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (teilweise) aufgehoben und von der Klägerin Erstattung in Höhe von 479,13 EUR verlangt hat.

Der Beklagte hatte letztmals vor dem hier streitigen Zeitraum mit Bescheid vom 09. August 2010 (Bl 764 VA) der Klägerin Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01. September bis zum 30. September 2010 in Höhe von 498,85 EUR (Regelleistung 359,00 EUR und Kosten für Unterkunft und Heizung 139,85 EUR (Nettokaltmiete 39,33 EUR, kalte Nebenkosten 56,52 EUR und Heizkosten 44,00 EUR)) bewilligt, als diese am 01. September 2010 eine auf ein halbes Jahr befristete geförderte Beschäftigung bei der B B, I, Q (im Folgenden ) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden und einem monatlichen Entgelt von 900,00 EUR brutto aufnahm, das jeweils zum letzten Werktag des Monats auf ein von ihr zu benennendes Girokonto (Inland) zu zahlen war (Arbeitsvertrag vom 01. September 2010). Der Arbeitsvertrag gelangte am 03. September 2010 zu den Akten des Beklagten.

Mit Schreiben vom 08. September 2010 forderte der Beklagte die Klägerin auf, die dem Schreiben beigefügte Einkommensbescheinigung von der ausfüllen zu lassen und diese dann umgehend einzureichen. Nachdem die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, teilte der Beklagte ihr mit Anhörungsschreiben vom 01. Dezember 2010 mit, dass sie in dem Zeitraum vom 01. September 2010 bis zum 30. September 2010 nicht mehr hilfebedürftig gewesen sei, weil sie währenddessen Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit bei der erzielt habe, das zum Wegfall ihres Anspruches geführt habe (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Das Einkommen sei nach dem Arbeitsvertrag berechnet, weil sie keine Verdienstbescheinigung eingereicht habe. Sie habe daher 498,85 EUR zu erstatten (§ 50 SGB X). Die zu erstattenden Leistungen wurden dabei wie folgt aufgeschlüsselt: Regelleistung 359,00 EUR und Kosten für Unterkunft und Heizung 139,85 EUR. Auf dem Entwurf des Anhörungsschreiben, der sich in der VA befindet, ist die Zahl 139,85 von der Sachbearbeiterin handschriftlich durchgestrichen und es befindet sich daneben der handschriftliche, von der Sachbearbeiterin unterschriebene, undatierte Zusatz: "120,13 Euro nach Vorlage der EK geändert". Bevor eine abschließende Entscheidung getroffen werde, werde ihr bis zum 18. Dezember 2010 Gelegenheit gegeben, sich zum Sachverhalt zu äußern. Hierzu nahm die Klägerin mit einem undatierten Schreiben Stellung, das bei dem Beklagten am 20. Dezember 2010 einging. Dem Schreiben beigefügt war ua die Gehaltsabrechnung für September 2010, aus der sich ein Gesamtbrutto von 750,00 EUR und ein Auszahlungsbetrag von 608,81 EUR netto ergab. Außerdem wurde für die Zeit vom 20. September 2010 bis zum 24. September 2010 Krankengeld in Höhe von 150,00 EUR brutto bescheinigt.

Daraufhin hob der Beklagte – unter Berufung auf § 40 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nrn 2 und 3 SGB X, § 330 Abs 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) – mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 21. März 2011, dem eine "Individualberechnung" beigefügt war, den Bescheid vom 09. August 2010 für die Zeit vom 01. September bis zum 30. September 2010 "ganz" auf und forderte – gestützt auf § 50 SGB X – von der Klägerin aber lediglich Erstattung in Höhe von 479,13 EUR, wobei der Beklagte den Erstattungsbetrag aufschlüsselte (Regelleistung 359,00 EUR und Kosten für Unterkunft und Heizung 120,13 EUR).

Anlässlich einer auf dem Erstattungsverwaltungsakt im Bescheid vom 21. März 2011 beruhenden Zahlungsaufforderung beantragte die Klägerin – vertreten von ihren späteren Prozessbevollmächtigten – am 09. Mai 2012 gemäß § 44 SGB X sinngemäß die Rücknahme des bezeichneten Bescheides vom 21. März 2011 mit der Begründung, die Voraussetzungen für die dort verfügten Entscheidungen hätten nicht vorgelegen (Schriftsatz vom 09. Mai 2012, Bl 915 VA). Daraufhin forderte der Beklagte die Klägerin auf, anzugeben (mit Kontoauszug), wann sie die Krankengeldzahlung für den Zeitraum vom 20. September bis zum 24. September 2010 erhalten habe (Schreiben vom 25. Mai 2012). Nachdem dieses Schreiben unbeantwortet geblieben war, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18. Oktober 2012 den Überprüfungsantrag ab, weil keine Nachweise eingereicht worden seien, die erkennen ließen, dass der Bescheid vom 21. März 2011 zu beanstanden sei. Gegen diesen negativen Zugunstenbescheid erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, der Bescheid vom 21. März 2011 sei schon deshalb aufzuheben, weil er in sich widersprüchlich sei, denn zum einen hebe er die Bewilligung für die Zeit vom 01. September 2010 bis zum 31. September 2010 ganz auf, zum anderen werde "vom Betrag her die Bewilligung nur teilweise aufgehoben". Außerdem könne dem Bescheid nicht entnommen werden, wie "der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag von 479,13 EUR ermittelt bzw. berechnet" worden sei. Schließlich sei nicht ersichtlich, dass und wie bei der Entscheidung Ermessen ausgeübt worden sei (Schriftsatz vom 07. November 2012). Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit dem Widerspruchsbescheid vom 26. November 2012 als unbegründet zurück. Es habe eine sachliche Überprüfung des Bescheides vom 21. März 2011 abgelehnt werden dürfen, weil die Klägerin nichts vorgebracht habe, was für die Unrichtigkeit des Bescheides gesprochen habe und sich auch keine neuen Erkenntnisse ergeben hätten, die dafür gesprochen hätten, dass der zu überprüfende Bescheid unrichtig sei. Hiergegen hat die Klägerin vor dem SG Berlin Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren unter Berufung auf ihr Widerspruchsvorbringen weiterverfolgt. Gleichzeitig hat sie PKH unter Beiordnung vom Rechtsanwalt M beantragt.

II.

Die Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist sie unabhängig vom Beschwerdewert nach § 172 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG Beschwerden gegen die Ablehnung von PKH (unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes) für Klagen nur ausgeschlossen sind, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint hat, was hier nicht der Fall ist.

Die Beschwerde ist aber nicht begründet. PKH wird nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)).

1. Der Klage kann entgegen der Auffassung des SG teilweise eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.

Nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit ua dann zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Vorschrift ist nicht nur dann anzuwenden, wenn es um die unmittelbare Nichterbringung von Sozialleistungen geht, sondern auch dann zumindest entsprechend heranzuziehen, wenn – wie hier – darüber gestritten wird, ob Sozialleistungen dadurch zu Unrecht vorenthalten wur¬den, dass eine bewilligte und erbrachte Sozialleistung durch einen Aufhebungsverwaltungsakt (rechtswidrig) aufgehoben und deswegen aufgrund eines Erstattungsverwaltungsakt Leistungen zurückgefordert werden (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. September 1999 – B 7 AL 80/98 R, juris = SozR 3-4100 § 101 Nr 10).

Unterstellt man – dies geschieht hier im Weiteren – zu Gunsten der Klägerin und entgegen der Auffassung des Beklagten, dass ihr Antrag auf Rücknahme des Bescheides von 21. März 2011 (§ 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 4 Satz 3 SGB X) eine sachliche Prüfungspflicht des Beklagten ausgelöst hat, obwohl sie die von ihr geforderte Mitwirkung unterlassen hat (so etwa Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, RdNr 38 zu § 44, der dann allerdings von einer abgeschwächten Prüfungsdichte ausgeht), was höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, wäre der geltend gemachte Korrekturanspruch dann teilweise begründet, wenn das Krankengeld für die Zeit vom 20. September bis zum 24. September 2010 im September 2010 noch nicht zugeflossen sein sollte, wofür viel spricht. Nur dann könnte der Aufhebungsverwaltungsakt im Bescheid vom 21. März 2011, dessen Rechtmäßigkeit an § 40 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III zu messen ist, so dass – anders als in den Fällen, in denen § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X originär anzuwenden ist – selbst in atypischen Fällen für die Vergangenheit ein Dauerverwaltungsakt – hier der Bescheid vom 09. August 2010 in den bezeichneten Umfang – ohne Ausübung von Ermessen aufzuheben ist, teilweise rechtswidrig sein. Dies hätte zur Folge, dass auch der Erstattungsverwaltungsakt, der allein auf § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X gestützt werden kann, im entsprechenden Umfang teilweise rechtswidrig wäre.

Zu Recht ist das SG im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass mit dem bezeichneten Aufhebungsverwaltungsakt keine Totalaufhebung des Anspruchs auf Arbeits¬losen¬geld II für die Zeit vom 01. September 2010 bis zum 31. September 2010, sondern lediglich eine Teilaufhebung dieses Anspruches in Höhe von 479,13 EUR verfügt worden ist. Denn Maßstab für die Inhaltsbestimmung der getroffenen Regelung ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (BSG, Urteil vom 28. Juni 1990 – 4 RA 57/89, juris RdNr 31 = SozR 3–1300 § 32 Nr 2 S 11). Danach kann es vom Standpunkt eines "vernünftigen Betrachters" in Anbetracht der Höhe der verfügten Erstattungsforderung, die hinter dem Betrag zurückbleibt, der mit dem Bescheid vom 09. August 2010 für die Zeit vom 01. September 2010 bis zum 31. September 2010 an Arbeitslosengeld II der Klägerin zuerkannt und von dem Beklagte auch gezahlt worden ist, keinem Zweifel unterliegen, dass für diesen Zeitraum auch nur eine Teilaufhebung in Höhe der Erstattungsforderung verfügt worden ist.

Ob die Aufhebungsentscheidung – wie die Klägerin sinngemäß rügt – unter Verstoß gegen § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II aF iVm § 35 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB X nicht ausreichend begründet ist, was – unterstellt dies wäre der Fall – zur formellen Rechtwidrigkeit des Aufhebungsverwaltungsakts führen würde (statt vieler Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, Stand der Einzelbearbeitung: April 2013, RdNr 53 zu § 35), ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Denn im Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X führt – anders als im Erstanfechtungs(-feststellungs-)verfahren – nicht jeder Fehler in der Rechtsanwendung zur Aufhebung, sondern nur Verstöße gegen das materielle Recht (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 10 KG 2/07 R, juris =SozR 4-5870 § 1 Nr 2, jeweils RdNr 13 mwN).

Sollte das Krankengeld für die Zeit vom 20. September 2010 bis zum 24. September 2010 allerdings – ebenso wie das Erwerbseinkommen der Klägerin für den übrigen September 2010 – bereits im September 2010 zugeflossen sein, hätte die Beklagte den Bescheid vom 09. August 2010 für die Zeit vom 01. September 2010 bis zum 30. September 2010 jedenfalls in dem geschehenen Umfang – worauf zurückzukommen sein wird – und damit teilweise aufheben dürfen. Denn nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (aF) sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert, mithin auch Einnahmen aus abhängiger Beschäftigung und Krankengeld (zum Krankengeld: BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 70/07 R, juris = SozR 4-4200 § 11 Nr 19). Dabei ist bei der Berechnung des Einkommens immer von den Bruttoeinnahmen auszugehen, was sich nicht erst aus den entsprechenden Regelungen für nichtselbständige Tätigkeit (§ 13 SGB II iVm § 2 Abs 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) in der maßgeblichen, bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung (aF), anwendbar nach § 4 Nr 1 Alg II-V aF auch auf Sozialleistungen, mithin auch auf Krankengeld) bzw für das Betriebsergebnis Selbständiger (§ 13 SGB II iVm § 3 Abs 1 Alg II-V aF) ergibt, sondern bereits aus den in § 11 Abs 2 SGB II aF zugelassenen Absetzungen und Freibeträgen aus den Einnahmen, womit das SGB II die Deutungshoheit über das zu berücksichtigende Einkommen behält (vgl auch Mecke in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, RdNr 48 zu § 11). Nach § 13 SGB II iVm § 2 Abs 2 Alg II-V aF sind laufende Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit, ebenso jedoch auch laufende Sozialleistungen für den Monat zu berücksichtigen (§ 4 Nr 1 Alg II-V aF), in dem sie zufließen. Ansonsten ist das Einkommen iS des § 11 Abs 2 SGB II aF um die dort genannten Absatzbeträge zu bereinigen, mithin die auf das Einkommen entrichteten Steuern gemäß § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II aF, die Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung gemäß § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB II aF, den Grundfreibetrag für Erwerbstätige von 100,00 EUR gemäß § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II aF sowie den weiteren Erwerbstätigenfreibetrag nach § 30 SGB II aF, wobei dieser grds nicht beim Krankengeld vor dessen Berücksichtigung als Ein¬kommen bei der Berechnung des Arbeitslosengeld II in Abzug zu bringen ist (BSG, Urteil vom 27. September 2011 - B 4 AS 180/10 R, juris = SozR 4-4200 § 11 Nr 40, jeweils Leitsatz 1).

Der Beklagte ist davon ausgegangen, dass der Klägerin im September 2010 ein Einkommen in Höhe von 900,00 EUR brutto ungeschmälert zugeflossen ist, von dem nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen ein Betrag von 729,13 EUR netto zur Auszahlung gelangte. Nach Berücksichtigung eines Grundfreibetrags für Erwerbstätige von 100,00 EUR und – ausgehend von einem Gesamteinkommen von 900,00 EUR brutto – eines Erwerbstätigenfreibetrags gemäß § 30 Abs 1 Nr 1 SGB II aF von 20 % in Höhe von 140,00 EUR und eines weiteren Erwerbstätigenfreibetrags gemäß § 30 Abs 1 Nr 2 SGB II aF von 10 % in Höhe von 10,00 EUR, errechnete er ein zu berücksichtiges Einkommen von 479,13 EUR. In Ansehung des von dem Beklagten zugrunde gelegten Gesamtbedarfs für September 2010 von 498,85 EUR und des § 19 Satz 3 SGB II aF, der die Rangfolge der Leistungen regelt, bei deren Berechnung das Einkommen Berücksichtigung findet, blieb lediglich noch ein Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 19,72 EUR ungedeckt (498,85 EUR abzgl 479,13 EUR), so dass die Klägerin – ausgehend von der zuvor dargestellten Berechnung – als Arbeitslosengeld II neben der Regelleistung von 359,00 EUR auch Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 120,13 EUR (139,85 EUR abzgl 19,72 EUR) zu Unrecht erhalten hatte.

Dass der Beklagte den Steuerabzug ausgehend von einem Einkommen von 900,00 EUR brutto statt von lediglich 750,00 EUR brutto errechnet hat, was bei einem Zufluss des Krankengelds in Höhe von 150,00 EUR brutto im September 2010 angesichts der Steuerfreiheit des Krankengelds (§ 3 Nr 1a Einkommensteuergesetz) richtig wäre, kann sich lediglich zugunsten der Klägerin auswirken. Auch der Umstand, dass der Beklagte bei der Berechnung des Erwerbstätigenfreibetrags von einem Erwerbseinkommen von 900,00 EUR ausgegangen ist, belastet die Klägerin nicht.

2. PKH ist aber dennoch nicht zu bewilligen, weil die Klage iS von § 114 Satz 1 ZPO mutwillig ist. Mutwillig ist eine Rechtsverfolgung dann, wenn ein verständiger Beteiligter, der für die Prozesskosten selbst aufzukommen hätte, seine Rechte nicht in der gleichen Weise geltend machen würde (statt vieler BSG, Beschluss vom 24. Mai 2000 – B 1 KR 4/99 BH, juris RdNr 4 mwN = SozR 3-1500 § 73a Nr 6 S 9). Es entspricht der anerkannten zivilgerichtlichen Spruchpraxis, dass eine Rechtsverfolgung mutwillig ist, wenn ein Rechtsmittel nur auf Grund neuen Vorbringens erfolgreich sein kann, das schon in der Vorinstanz hätte eingeführt werden können, weil die zweite Instanz bei sorgfältiger Prozessführung hätte vermieden werden können (Geimer in Zöller, ZPO, 29. Aufl 2012, RdNr 54a zu § 119 mwH auf die Rspr der Oberlandesgerichte). Im sozialrechtlichen Verfahren kann nichts anderes gelten, wenn eine Klage möglicherweise hätte vermieden werden können, wenn eine Tatsachenangabe aus der Sphäre des Klägers trotz entsprechender Aufforderung des Beklagten nicht spätestens im Wider¬spruchsverfahren erfolgt, und die hinreichende Erfolgsaussicht der anschließend erhobenen Klage allein auf der Unterlassung dieser Tatsachenangabe beruht. Eine Rechtsverfolgung, die dies nicht vermeidet, sondern sachwidrig oder aus mangelnder Sorgfalt herbeiführt, ist mutwillig (vgl auch zu anderen Fallgestaltungen: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 24. Oktober 2011 - OVG 6 M 23.09 – und vom 08. März 2013 – OVG 6 M 16.13, jeweils juris).

So ist die Sachlage hier. Eine Klage mit hinreichender Erfolgsaussicht kann nur deshalb erhoben werden, weil die Klägerin auf der sachgerechte Mitwirkungsaufforderung des Beklagten (den Zeitpunkt, zu dem das Krankengeld zugeflossen ist, zu benennen und zu belegen) nicht nachgekommen ist, ohne dass ein wichtiger Grund ersichtlich oder von der Klägerin geltend gemacht worden ist.

Da die Bewilligung von PKH für die Klage vor dem SG aus den genannten Gründen scheitert, kommt auch die hiervon abhängige Beiordnung von Rechtsanwalt M nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 2 1. Alt ZPO).

Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich; Gerichtskosten werden nicht erhoben und außergerichtliche Kosten werden nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO nicht erstattet.

Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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