S 11 KA 902/10

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 902/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
§ 95d Abs 3 S 4 SGB 5 stellt auf den Nachweis ab. Insofern kommt es nicht darauf an, ob der Vertragsarzt der Fortbildungsverpflichtung innerhalb der Frist nachgekommen ist (vgl bereits SG Marburg vom 04.07.2012 - S 12 KA 906/10, S 12 KA 165/11).
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Festsetzungen des Honoraranspruchs für die Quartale III und IV/09 und hierbei um einen Abzug in Höhe von 3.451,34EUR und 3.613,56EUR, insgesamt von 7.064,90EUR wegen der Nichterfüllung der Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit drei Fachärzten für Anästhesiologie, die zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt bereits seit dem 01.07.1993 zugelassen sind.
Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 23.12.2009 das Gesamthonorar für das Quartal III/09 auf 125.326,27EUR netto fest. Für den Primär- und Ersatzkassenbereich setzte sie das Bruttohonorar bei 844 Behandlungsfällen auf 126.889,24EUR fest, wobei der Kürzungsbetrag wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht 3.451,34EUR betrug. Gegen die Kürzung wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht legte die Klägerin am 17.03.2010 Widerspruch ein.
Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 27.03.2010 das Gesamthonorar für das Quartal IV/09 auf 126.788,54EUR netto fest. Für den Primär- und Ersatzkassenbereich setzte sie das Bruttohonorar bei 877 Behandlungsfällen auf 127.189,85EUR fest, wobei der Kürzungsbetrag wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht 3.613,56EUR betrug. Gegen die Kürzung wegen Nichterfüllung der Fortbildungspflicht legte die Klägerin am 30.06.2010 Widerspruch ein.
Zur Begründung ihrer Widersprüche trug die Klägerin vor, Herr Dr. A3 habe nachweislich die notwendigen Weiterbildungspunkte erbracht und bei der Landesärztekammer Hessen (LÄKH) eingereicht. Er habe im maßgeblichen Zeitraum seine Fortbildungspflichten entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen erfüllt.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die LÄKH unter Datum vom 20.08.2010 mit, sie könne bestätigen, dass Herr Dr. A3 im maßgeblichen Zeitraum bis zum 30.06.2009 mehr als 250 Fortbildungspunkte erworben habe. Der Nachweis darüber sei durch Einsendung von Teilnahmebescheinigungen mit Posteingang bei ihr am 02.03.2010 erfolgt.
Die Beklagte verband beide Widerspruchsverfahren und wies mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2010 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Fortbildungsverpflichtung nach § 95d SGB V. Bei Nichterfüllung der Fortbildungsverpflichtung sei sie verpflichtet, das Honorar um 10 % für die ersten vier Quartale, die auf den 5-Jahre-Zeitraum folgten, um 10 % zu kürzen. Der Nachweis der 250 Fortbildungspunkte erfolge vorrangig über ein Zertifikat der Landesärztekammer bzw. Landespsychotherapeutenkammer oder über ein Zertifikat, das in Musterregelungen der Bundesärztekammer bzw. Bundespsychotherapeutenkammer entspreche. Die Fortbildungsverpflichtung sei grundsätzlich ohne Prüfung durch sie nachgewiesen, wenn der Vertragsarzt die Fortbildung durch ein Fortbildungszertifikat der Hessischen Landesärztekammer oder der Psychotherapeutenkammer belegen könne. Herr Dr. A3 habe kein entsprechendes Kammerzertifikat bis zum Stichtag 30.06.2009 ihr gegenüber vorgelegt. In Hessen bestehe darüber hinaus die Möglichkeit, mittels eines elektronisch geführten Online-Punktekontos bei der Landesärztekammer den Stand der Fortbildungspunkte direkt an sie zu übermitteln und auf diese Weise den Nachweis der Fortbildungsverpflichtung zu führen. Der auf diese Weise übermittelte Punktestand des Fortbildungskontos habe zum Stichtag 30.06. bzw. 30.09.2009 weniger als die notwendigen 250 Punkte, nämlich 177 Punkte betragen.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.12.2010 ihre Klage eingereicht.
Sie trägt vor, § 4 Abs. 1 der Regelungen der KBV zur Fortbildungsverpflichtung sei nicht eingehalten worden. Nach dieser Regelung habe die Beklagte mindestens drei Monate vor Ablauf der für sie geltenden Frist zum Nachweis der Fortbildung persönlich darauf hinzuweisen, dass die Versäumnis der Frist mit einer Honorarkürzung verbunden sei. Dies habe die Beklagte versäumt, so dass der Kürzungsbescheid formell rechtswidrig sei.
Zudem habe die Ärztekammer auf Anfrage der Beklagten bestätigt, dass bis zum 30.06.2009 die erforderlichen 250 Punkte an Fortbildungen erreicht worden seien. Herr Dr. A3 habe mit Datum vom 03.04.2009 sein Einverständnis gegenüber der LÄKH abgegeben, den im Online-Punktekonto erfassten Stand der Fortbildungspunkte an die Beklagte zu übermitteln. Zeitnah und somit fristgerecht seien dann am 08.04.2009 die Nachweise übermittelt worden. Dies dokumentiere die Versandbestätigung.
Mit dem Sinn und Zweck von § 95d SGB V sei darüber hinaus nicht vereinbar, dass bei rein formalen Verstößen eine Honorarkürzung vorgenommen würde. Dies sei unverhältnismäßig.

Die Klägerin beantragt,
die Honorarbescheide für die Quartale III/09 und IV/09, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie für das Quartal III/09 einen Betrag i. H. v. 3.451,34EUR sowie für das Quartal IV/09 einen Betrag i. H. v. 3.613,56EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, sie sei ihrer Verpflichtung nachgekommen, mindestens drei Monate vor Ablauf der gesetzlichen Frist darauf hinzuweisen, dass ein fehlender Nachweis Honorarkürzungen zur Folge haben und bis zum Entzug der Zulassung führen könne. Sie habe den Quartalsabrechnungen für das Quartal III/08 ein entsprechendes Schreiben samt Infoblatt beigefügt. Dies habe auch die Klägerin erhalten. Selbst sofern ein entsprechender Hinweis nicht erteilt worden wäre, sei die Honorarkürzung trotzdem zu Recht erfolgt. Es sei der KBV verwehrt, Verfahrensvorschriften zu erlassen, die den Eintritt der gesetzlich vorgegebenen Sanktion unmöglich machten. So müsse nach dem Vortrag der Klägerin trotz Erfüllung des Tatbestandes des § 95d Abs. 3 S. 4 SGB V – gegen den Willen des Gesetzgebers – bei entsprechender Interpretation des § 4 Abs. 1 der Regelungen der KBV von einer Sanktion abgesehen werden. Für eine derartige Regelung fehle es der KBV jedoch an einer Normerlasskompetenz, so dass die Regelung als untergesetzliches Recht unwirksam wäre.
Ein zum Nachweis der Fortbildungsverpflichtung geeignetes Zertifikat sei von der LÄKH erst am 15.10.2010 ausgestellt worden und der Beklagten erstmals mit der Klagezustellung zur Kenntnis gelangt.
Selbst wenn die Klägerin am 08.04.2009 Fortbildungspunkte an die LÄKH übermittelt habe, gehe aus dem handschriftlichen Übermittlungsvermerk nicht hervor, wie viele Punkte denn übermittelt worden seien. Zu den Stichtagen seien schließlich 177 Punkte gemeldet worden.
Maßgeblich sei allein der rechtzeitige Nachweis der Fortbildungspunkte gegenüber der Landesärztekammer. Keinesfalls handele es sich um eine bloße Formalität. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich eine "Bringschuld" der Ärzte und keine "Ermittlungspflicht" für die KVen statuiert.
Im Laufe des Klageverfahrens hat Herr Dr. A3 eidesstattlich versichert, dass er die Nachweise über die Teilnahme an den Fortbildungsveranstaltungen für den Zeitraum vom 01.02.2002 bis 30.03.2009 am 08.04.2009 zur Post gegeben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Beteiligten wurden hierzu auch angehört.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die angefochtenen Honorarbescheide für die Quartale III/09 und IV/09 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2010 sind insoweit rechtmäßig, als darin jeweils ein "Kürzungsbetrag Fortbildungspflicht" in Höhe von 3.451,34EUR und 3.613,56EUR festgesetzt wurde.

Rechtsgrundlage für die Honorarkürzung ist § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V.

Die Honorarbescheide sind nicht deshalb formell rechtswidrig, weil die Beklagte eine Hinweispflicht nicht beachtet hat.
Zwar beinhalten die von der KBV erlassenen Verfahrensregelungen eine Hinweispflicht. Die Fortbildungsverpflichtung für Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V vom 16.09.2004, DÄ 2005, A 306 f. (im Folgenden: FortbRL-Ä) sieht vor, dass mindestens drei Monate vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums ein Hinweis erfolgen muss, dass die Versäumnis der Frist mit einer Honorarkürzung verbunden ist. Das weitere Verfahren soll die Kassenärztliche Vereinigung regeln (§ 4 FortbRL-Ä). Ferner soll der Arzt bei fehlendem Nachweis auf die Möglichkeit der Nachholung und das drohende Entziehungsverfahren hingewiesen werden (§ 5 FortbRL-Ä). Daneben soll auf freiwilliger Grundlage der Landeskammern bei ihnen ein Fortbildungskonto geführt und eine Übermittlung der Daten an die Kassenärztliche Vereinigung vereinbart werden (vgl. Mitteilungen, DÄ 2005, A 306).
Die Beklagte hat auf die Nachweispflicht hingewiesen. Sie hat mit der Quartalsabrechnung für das Quartal III/08 dem Schreiben unter Datum vom 09.03.2009 ein einseitiges Blatt mit der Überschrift "Fristablauf zum Fortbildungsnachweis" beigefügt, in dem sie auch darauf hingewiesen hat, dass das Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit gekürzt wird und der erste 5-Jahres-Zeitraum zum Nachweis am 30.06.2009 endet. Ausdrücklich hat sie darin aufgefordert, das Fortbildungspunktekonto zu kontrollieren und hat hierzu die web-Adresse der Landesärztekammer angegeben. Ferner hat sie auf das von ihr eingerichtete Kompetenzzentrum Fortbildung hingewiesen. Es wäre Herrn Dr. A3 , der ja seit dem 03.04.2009 am Onlineverfahren teilnahm, bei dieser Informationslage leicht möglich gewesen, seinen Online-Kontostand zu kontrollieren, zumal ihm auch aus den Informationsschreiben der LÄKH bekannt war, dass die Nachweisfrist zum 30.06.2009 abläuft.
Eines persönlichen Hinweises bedarf es unter diesen Voraussetzungen nicht. Soweit die Klägerin aus § 4 Abs. 1 der FortbRL-Ä eine persönliche Hinweispflicht ableitet, so führte selbst eine Nichtbeachtung dieser Vorgaben nicht zu einer formellen Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide. Den nach § 95d Abs. 6 SGB V erlassenen Richtlinien kommt weder nach dem Gesetz noch nach anderen Vorschriften eine Außenwirkung zu. Es handelt sich, da einseitig von der KBV erlassen, um keine vertraglichen Bestimmungen (vgl. die §§ 81 Abs. 3 Nr. 1, 95 Abs. 3 Satz 3 SGB V) oder besondere Richtlinien i.S.d. § 81 Abs. 3 Nr. 2 SGB V. Insofern handelt es sich bei den Richtlinien um verfahrensausfüllende und norminterpretierende Verwaltungsvorschriften (Pawlita, in: juris-PK, § 95d Rn. 51f.).

Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert. Ein Vertragsarzt kann die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder teilweise nachholen; die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird (§ 95d Abs. 3 Satz 4 bis 6 SGB V). Der Vertragsarzt ist verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist (§ 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V). Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Endet die bisherige Zulassung infolge Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes, läuft die bisherige Frist weiter. Vertragsärzte, die am 30. Juni 2004 bereits zugelassen sind, haben den Nachweis nach Satz 1 erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 bis 3 SGB V).

Nach diesen Vorschriften war die Klägerin verpflichtet, den Fortbildungsnachweis für alle Vertragsärzte bis zum 30.06.2009 zu erbringen. Dies hat sie für Herrn Dr. A3 nicht getan. Herr Dr. A3 hat zwar im maßgeblichen Zeitraum bis zum 30.06.2009 mehr als 250 Fortbildungspunkte erworben. Der Nachweis darüber ist aber erst durch Einsendung von Teilnahmebescheinigungen am 02.03.2010 gegenüber der Landesärztekammer erfolgt. Auch gegenüber der Beklagten ist zu einem früheren Zeitpunkt kein Nachweis erfolgt. Sofern Herr Dr. A3 eidesstattlich versichert, er habe sämtliche Nachweise am 08.04.2009 zur Post gegeben, so widerspricht dies dem am 03.04.2009 durch ihn selber etablierten Prozedere, nämlich der Teilnahme an der Online-Übermittlung. Es ist fernliegend, dass fünf Tage nach dem Beitritt zum Onlineverfahren dann Belege per Post versandt werden.
Selbst wenn Herr Dr. A3 die Belege am 08.04.2009 online oder per Post übermittelt hätte, wäre er für den Zugang beweispflichtig. Einen entsprechenden Zugangsnachweis bei der LÄKH konnte er jedoch bislang nicht führen. Ein den Vorgaben entsprechendes Fortbildungszertifikat wurde schließlich von der LÄKH auch erst am 15.10.2010 ausgestellt.
Die gesetzliche Regelung stellt eindeutig auf den Nachweis ab. Das Gesetz ordnet ausdrücklich an, dass ein Vertragsarzt alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung "den Nachweis zu erbringen" hat, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist (§ 95d Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V). Der "Nachweis", nicht lediglich die Erfüllung der Fortbildungspflicht, ist erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V). Folgerichtig knüpft das Gesetz insbesondere auch die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung an den fehlenden Nachweis. Die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung besteht dann, wenn ein Vertragsarzt den "Fortbildungsnachweis" nicht oder nicht vollständig erbringt (§ 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V). Die Honorarkürzung endet erst nach Erbringung des "vollständigen Fortbildungsnachweises" (§ 95d Abs. 3 Satz 6 SGB V). Die Möglichkeit zur Zulassungsentziehung knüpft ebf. an den fehlenden Fortbildungsnachweis an (§ 95d Abs. 3 Satz 7 und 8 SGB V). Entsprechend stellen auch die Regelungen für angestellte Ärzte auf den Fortbildungsnachweis ab (§ 95d Abs. 5 Satz 2 und 6 SGB V).
Die gesetzliche Regelung ist auch verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber ist befugt, die Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG zu regeln (vgl. bereits SG Marburg, Urt. v. 23.03.2011 - S 12 KA 695/10 -).
Der Umfang der Fortbildungsverpflichtung ist nicht unverhältnismäßig. Hierfür sieht das Gesetz einen Fünfjahreszeitraum vor. Nach den auf der Grundlage des § 95d Abs. 6 SGB V ergangenen Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (im Folgenden: KBV-RL) sind im Fünfjahreszeitraum 250 Fortbildungspunkte nachzuweisen (§ 1 Abs. 3 KBV-RL). Die Fortbildungssatzung der Landesärztekammer Hessen (Stand: 01.06.2008) (zitiert nach: http://www.laekh.de/upload/Rechtsquellen/Fortbildungssatzung.pdf) sieht einen Bewertungskatalog der Fortbildungsmaßnahmen vor, wonach die Fortbildungsmaßnahmen mit Punkten bewertet werden. Grundeinheit ist eine 45-minütige Fortbildungseinheit, die mit einem Punkt bei maximal acht Punkten pro Tag bewertet wird. Selbststudium durch Fachliteratur und -bücher sowie Lehrmittel werden mit höchstens 50 Punkten für fünf Jahre anerkannt. Es gibt acht Kategorien von Fortbildungsmaßnahmen, die beliebig kombiniert werden können, wobei für das Selbststudium (Kategorie E) höchstens 50 Punkte für fünf Jahre anerkannt werden (vgl. im Einzelnen § 8 der Fortbildungssatzung). Neben dem Selbststudium müssen damit 40 weitere Punkte durchschnittlich im Jahr erreicht werden, also etwa durch 20 zweistündige Vorträge oder durch den Besuch von fünf Tagesveranstaltungen, mehrtägige Kongressbesuche werden mit sechs Punkten pro Tag angerechnet.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Pflicht zur fachlichen Fortbildung der Vertragsärzte eine Gesetzeslücke schließen, da bisher eine generelle vertragsärztliche Pflicht, den Nachweis über die Übereinstimmung des eigenen Kenntnisstandes mit dem aktuellen medizinischen Wissen zu erbringen, nicht bestanden habe. Sie diene der Absicherung der qualitätsgesicherten ambulanten Behandlung der Versicherten. Der Gesetzgeber beruft sich dabei auf Feststellungen des Sachverständigenrats für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen in dessen Gutachten 2000/2001. Danach veränderten sich die Auffassungen von und die Anforderungen an die "gute ärztliche Praxis" deutlich innerhalb weniger Jahre. Umso gravierender seien die Mängel im Fortbildungsangebot, in der Inanspruchnahme, in der Förderung und verpflichtenden Regelung der ärztlichen Fortbildung zu betrachten. Zu kritisieren seien eine häufig unzureichende Praxisrelevanz, die Vernachlässigung praktischer und interpersoneller Kompetenzen sowie eine eingeschränkte Glaubwürdigkeit vieler Angebote durch mangelnde Neutralität oder Transparentmachung der Qualität der angeführten Evidenz. Darüber hinaus sei zu bemängeln, dass die Fortbildung ihre Funktion des Forschungstransfers zu langsam und zu unkritisch erfüllt habe. Als Maßnahme der Qualitätssicherung sei die Kompetenz des Bundesgesetzgebers nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gegeben (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 109).
Der Gesetzgeber kann auch die Honorarkürzung an den Nachweis der Fortbildung knüpfen. Dies ist gleichfalls nicht unverhältnismäßig. Letztlich handelt es sich um eine bloße Fristenregelung. Die Fortbildung und der Nachweis darüber liegen allein in der Sphäre des Vertragsarztes. Er allein weiß, welche Fortbildungen er absolviert hat und wer ihm hierüber einen Nachweis ausstellen kann. Mit der Stichtagsregelung nach einem Zeitraum von fünf Jahren weiß der Vertragsarzt, wann der Nachweis erbracht sein muss. Hat er die Fortbildung absolviert, so ist es kein wesentlich erhöhter Aufwand, die Nachweise rechtzeitig einzureichen. Dies entspricht auch allgemeinen vertragsarztrechtlichen Grundsätzen, wonach vor Behandlungsbeginn nicht nur die Voraussetzungen zur vertragsärztlichen Behandlung erfüllt sein müssen, sondern auch eine Zulassung oder Genehmigung aufgrund der nachgewiesenen Qualifikation vorliegen müssen. Zulassungen und Genehmigungen können als Status- bzw. statusähnliche Verwaltungsakte nicht rückwirkend erteilt werden.
Die Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung kann, auch soweit sie sich nur auf bestimmte Bereiche oder Leistungen der ambulanten Versorgung erstreckt, nicht rückwirkend zuerkannt bzw. in Kraft gesetzt werden. Die Unzulässigkeit rückwirkender Statusbegründungen ergibt sich aus dem System des Vertragsarztrechts, das nach wie vor durch das Naturalleistungsprinzip in Verbindung mit der Beschränkung der Leistungserbringung auf einen umgrenzten Kreis dafür qualifizierter Leistungserbringer geprägt ist. Mit dieser Beschränkung ist verbunden, dass diesen die Berechtigung zur Erbringung von Leistungen - abgesehen von Notfällen - förmlich zuerkannt worden sein muss. Dies gilt für alle Arten der Statusbegründung im Vertragsarztrecht, also für Zulassungen von Vertragsärzten, für Ermächtigungen von Krankenhausärzten wie auch für Genehmigungen zur Anstellung von Ärzten und ebenso für weitere - nicht auf der Ebene des Status angesiedelte - Genehmigungen. Denn zum Schutz aller zur Leistungserbringung Berechtigter und aus ihr Verpflichteter und insbesondere zum Schutz der Versicherten muss zu Beginn einer vertragsärztlichen Behandlung feststehen, ob die zu erbringenden Leistungen innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt werden oder als privatärztliche Leistungen anzusehen und zu vergüten sind (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 11.03.2009 - B 6 KA 15/08 – SozR 4-2500 § 96 Nr. 11 = GesR 2009, 534 = MedR 2010, 128 = ZMGR 2009, 303 = KHR 2009, 172 = USK 2009-38 = Breith 2010, 21 = PFB 2009, 144, juris Rdnr. 15 f.).
Soweit der Gesetzgeber für die Erfüllung der Fortbildungspflicht auf einen förmlichen - feststellenden – Verwaltungsakt verzichtet, sondern es bei einem bloßen Nachweis belässt, kommt es aber auf den Nachweis bis zum Stichtag entscheidend an. Systematisch handelt es sich bei der Fortbildungspflicht um eine Qualitätssicherungsmaßnahme. Die Qualitätssicherung wird aber nach der gesetzlichen Regelung erst durch den Nachweis erfüllt. Hierfür gibt es weder eine rückwirkende Wirkung noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Im Ergebnis war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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