L 5 R 533/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 4602/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 533/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 9.1.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Neuberechnung (und Höherfestsetzung) der Erwerbsunfähigkeitsrente ihres verstorbenen Ehemannes (im Folgenden: Versicherter) ab 1.1.1992.

Die 1943 geborene Klägerin war mit dem am 7.4.1940 geborenen und am 24.11.2006 verstorbenen Versicherten verheiratet. Dieser bezog ab 4.12.1986 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Bescheide vom 26.1.1987 und 20.7.1987). Die Rente ruhte teilweise wegen des gleichzeitigen Bezugs einer Verletztenrente vom zuständigen Unfallversicherungsträger (Maschinenbau und Metall BG). Mit Bescheid vom 15.2.2005 bewilligte die Beklagte dem Versicherten Regelaltersrente ab 1.5.2005 (686,26 EUR monatlich). Der Rentenberechnung legte sie im Wege der Umwertung aus der Erwerbsunfähigkeitsrente ermittelte Entgeltpunkte von 40,9315 zugrunde; diese waren höher als die für die Regelaltersrente ermittelten Entgeltpunkte von 38,0769. Die Klägerin bezieht seit 1.12.2006 große Witwenrente (Bescheid vom 12.1.2007).

Mit Schreiben vom 21.5.2012 beantragte die Klägerin die Neuberechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente des Versicherten im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab 1.1.1992. Die Beklagte habe es unterlassen, die Rente mit Inkrafttreten des SGB VI (zum 1.1.1992) neu festzusetzen. Deswegen habe sie dem Versicherten bzw. ihr während der Zeit vom 1.1.1992 (bis 1.5.2005, Beginn der Regelaltersrente des Versicherten) zu wenig Erwerbsunfähigkeitsrente gezahlt.

Mit Bescheid vom 5.6.2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13.8.2012 zurück. Zur Begründung führte sie unter Darstellung der einschlägigen Vorschriften und ihrer Anwendung auf den Fall des Versicherten aus, dessen Erwerbsunfähigkeitsrente sei auch für die Zeit ab 1.1.1992 zutreffend berechnet worden. Außerdem stehe einer Rentennachzahlung für die Zeit ab 1992 bis 2005 die vierjährige Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X entgegen. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit einem am 14.8.2012 zur Post gegebenen Brief bekannt gegeben.

Am 17.9.2012 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg. Sie trug vor, die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X sei nicht anzuwenden.

Mit Gerichtsbescheid vom 9.1.2013 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es (unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids, § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz, SGG) aus, die Abänderung des (an den Versicherten gerichteten) Bescheids über die Bewilligung von Erwerbsunfähigkeitsrente vom 26.1.1987 für die Zeit ab 1.1.1992 sei nur nach Maßgabe der §§ 44, 48 SGB X bzw. im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs möglich. Hierfür seien die Voraussetzungen nicht erfüllt. Außerdem stünde der Nachgewährung von Rente vom 1.1.1992 (bis 30.4.2005) die Ausschlussfrist des §§ 44 Abs. 4 SGB X entgegen. Konkrete Einwendungen gegen die Darstellung der Rentenberechnung im Widerspruchsbescheid seien nicht erhoben worden. Ein Anspruch auf höhere Erwerbsunfähigkeitsrente folge (wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid näher erläutert habe) nicht schon daraus, dass sich ab 1.5.2005 ein höherer Gesamtrentenbetrag ergeben habe.

Auf den ihr am 12.1.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6.2.2013 Berufung eingelegt. Die Beklagte habe nach wie vor nicht hinreichend erläutert, weshalb die Regelaltersrente des Versicherten erheblich höher ausgefallen sei als die bis dahin bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente. Die Erwerbsunfähigkeitsrente müsse daher fehlerhaft zu niedrig festgesetzt worden sein. § 44 Abs. 4 SGB X sei nicht einschlägig.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 9.1.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5.6.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.8.2012 zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin des Versicherten ab 1.1.1992 bis zum Beginn der Regelaltersrente des Versicherten (1.1.2005) höhere Erwerbsunfähigkeitsrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beteiligten haben unter dem 30.08.2013 bzw. 02.09.2013 ihre Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144, 155 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf (Nach-)Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten für die Zeit von 1.1.1992 bis April 2005. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:

Auch nach Auffassung des Senats kommt eine Nachgewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente für die streitige Zeit (schon) wegen der (auch hier anzuwendenden) vierjährigen Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X nicht in Betracht. Danach werden bei Rücknahme eines Verwaltungsakts für die Vergangenheit Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB (auch Renten, § 11 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, SGB I) längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB X). Kann aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine Leistung rückwirkend verlangt werden, gilt nach der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 27.3.2007, - B 13 R 58/06 R -), der sich der Senat anschließt (vgl. auch etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 7.6.2012, - L 22 R 381711 -), in entsprechender Anwendung des § 44 SGB X (ebenfalls) eine Ausschlussfrist von vier Jahren. Die Klägerin hat die Neuberechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente des Versicherten im Mai 2012 beantragt; Bezugspunkt für die Berechnung der Ausschlussfrist wäre damit der Beginn dieses Jahres, so dass eine Rentennachgewährung für die Zeit bis 2005 ausscheidet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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