L 13 AS 2058/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 AS 6726/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2058/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Februar 2013 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger, der seit 1. September 2008 unverändert unter der Anschrift P. Str. xx in W. d. S. wohnt, wendet sich mit seiner Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 18. Februar 2013, mit welchem dieses seine Klage vom 11. Dezember 2012 abgewiesen hat.

Mit der Klage, zu der er u.a. vorgetragen hat, er habe dem Beklagten im Jahr 2011 mitgeteilt, er werde von diesem im neuen Jahr 2012 keine Briefe mehr öffnen, da ihm sowieso immer falsche Bescheide zuungunsten von ihm geschickt würden, falls ein Termin vorliege oder man einen Job habe, solle man ihn anrufen, hat der Kläger geltend gemacht, die Miete für Mai, Juni, Juli und Dezember sei nach Angaben seines Vermieters nicht überwiesen worden und die Mietschulden beliefen sich auf "4 x 330 Euro + mein Alg 2 4 x 368 Euro". Die Beträge seien ohne ihn anzurufen einfach nicht überwiesen worden.

Nachdem der Kläger auf den Hinweis auf prozessuale Voraussetzungen zur Zulässigkeit der Klage, u.a. auch die Erforderlichkeit der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens, nicht reagiert hat, hat das SG mit Schreiben vom 27. Dezember 2012, zugestellt am 29. Dezember 2012, den Kläger aufgefordert, Kopien des angefochtenen Bescheids und des Widerspruchsbescheids vorzulegen und zugleich mit der Gelegenheit zur Stellungnahme auf die Absicht, nach Fristablauf durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, hingewiesen. Der Kläger hat dann mit Schreiben vom 14. Januar 2013, eingegangen am 21. Januar 2013, den Bescheid vom 21. Dezember 2012 mit der Leistungsbewilligung für Dezember 2012 (Regelbedarf nach Abzug von zu berücksichtigendem Einkommen [Bareinzahlung 138, 92 EUR am 11. Dezember 2012] 234,08 EUR zuzüglich Kosten der Unterkunft 330,00 EUR) vorgelegt und erklärt, die Miete für Dezember sei nachträglich überwiesen worden, nicht aber der volle Regelbedarf, er habe dagegen Widerspruch eingelegt; die Bescheide von Mai, Juni und Juli habe er nicht mehr, diesbezüglich möge man beim Beklagten anfragen.

Das SG hat nach Beiziehung der Verwaltungsakten die Klage gegen Sanktionsbescheide des Beklagten vom 21. März 2012 (betr. April bis Juni 2012) und 29. März 2012 (betr. Mai bis Juli 2012) als unzulässig, weil verfristet und sein weiteres Begehren (ausgehend von einem Überprüfungsantrag vom 13. Dezember 2012 betreffend den Sanktionsbescheid vom 31. Oktober 2012) gegen den abhelfenden Bescheid vom 21. Dezember 2012 (Gewährung von Leistungen für Dezember 2012 unter Anrechnung von Einkommen) als unzulässig, weil ein Widerspruchsverfahren bezüglich des Bescheids vom 21. Dezember 2012 nicht durchgeführt worden sei, mit Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2013 abgewiesen.

Gegen den mit Postzustellungsurkunde am 21. Februar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30. April 2013 Berufung beim SG eingelegt und zugleich auch Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2013 (betr. den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Dezember 2012) erhoben. Das SG hat die Berufung an den Senat weitergeleitet.

Der Kläger hat u.a. vorgetragen, da er "verreist" gewesen sei, habe er "jetzt erst das Urteil lesen" können. Auf den Hinweis, die Berufung sei verspätet eingelegt und er erhalte Gelegenheit binnen zwei Wochen glaubhaft zu machen, von wann bis wann er seit 20. Februar 2013 abwesend gewesen sei und wo er sich in dieser Zeit aufgehalten habe, hat der Kläger vorgetragen, er sei vom 22. Februar bis 25. April mit dem Zug verreist und habe eine kleine Deutschlandtour gemacht, da er es in seinem kleinen Appartement nicht mehr ausgehalten habe. Vom 24. bis 25. April sei er dann zum Abschluss und zum Berichten bei Familienangehörigen im Landkreis C. gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und ferner den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Februar 2013 und die Sanktionsbescheide vom 21. März 2012 und 29. März 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate Mai, Juni und Juli 2012 in gesetzlicher Höhe zu gewähren, sowie den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 21. Dezember 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2013 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe ab Dezember 2012 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Die Berufung sei nicht fristgerecht erhoben und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht gegeben. Der Kläger habe mit der Zustellung des Gerichtsbescheides während seiner Abwesenheit rechnen und bei einer Abwesenheit von über zwei Monaten besondere Vorkehrungen treffen müssen, dass ihn eingehende Sendungen auch erreichen.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 18. Februar 2013 hat keinen Erfolg.

Gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils (hier des Gerichtsbescheids, siehe § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 SGG).

Der mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung versehene Gerichtsbescheid ist dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 21. Februar 2013 durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden. Gemäß § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung, also am 22. Februar 2013.

Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Da die Zustellung am 21. Februar 2013 erfolgt ist, endete die Frist am 21. März 2013.

Der Kläger hat seine Berufung indes erst nach Ablauf dieser Frist, nämlich am 30. April 2013 eingelegt. Die Berufung ist damit nicht innerhalb der Monatsfrist erhoben worden.

Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden ( § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG ist innerhalb der Antragsfrist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden, (§ 67 Abs. 2 Satz 4 SGG).

Dem Kläger ist gemessen an den vorgenannten Bestimmungen keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er nicht ohne Verschulden gehindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Der Vortrag des Klägers, er sei vom 22. Februar bis 25. April 2013 mit dem Zug verreist gewesen und habe eine kleine Deutschlandtour gemacht, rechtfertigt nicht die Gewährung von Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist.

Es ist hier schon nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger in dem genannten Zeitraum ortsabwesend war, wo genau er sich aufgehalten hat und dass er nicht in der Lage war, von dem mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheid innerhalb der Berufungsfrist Kenntnis zu erlangen.

Im Übrigen wäre er auch - selbst wenn er im behaupteten Zeitraum ortsabwesend gewesen sein sollte - nicht ohne Verschulden gehindert gewesen, von dem Gerichtsbescheid innerhalb der Berufungsfrist Kenntnis zu erlangen. Angesichts der Tatsache, dass das SG schon einmal den Erlass eines Gerichtsbescheids mit Schreiben vom 27. Dezember 2012, zugestellt am 29. Dezember 2012 angekündigt hat, worauf sich der Kläger auch mit Datum vom 14. Januar 2013 nochmals geäußert hat, musste er damit rechnen, dass das SG eine Entscheidung treffen würde. Angesichts dessen wäre er gehalten gewesen, Vorkehrungen zu treffen, dass ihn Schriftstücke des Gerichts tatsächlich erreichen.

Damit entfällt ein Verschulden an der verspäteten Einlegung des Rechtsmittels nicht. Die Vermeidung der Versäumung der Frist war vielmehr vermeidbar, wenn sich der Kläger wie ein gewissenhaft und sachgerecht Prozessführender verhalten hätte. Bereits mit der Eingangsverfügung ist der Kläger vom SG im Übrigen darauf hingewiesen worden, dass er bitte jede Änderung der Anschrift dem Gericht umgehend mitteilen möge.

Nachdem der Gerichtsbescheid mangels rechtzeitiger Anfechtung rechtskräftig geworden ist, ist nicht zu entscheiden, ob der vor Erlass des Gerichtsbescheids vom 18. Februar 2013 ergangene Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2013 Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist.

Aus den vorstehenden Gründen verwirft der Senat die Berufung des Klägers als unzulässig. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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