L 6 P 40/08

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 15 P 2897/05
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 P 40/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 12. Juli 2007 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die von der Klägerin für das Jahr 2003 beabsich-tigte gesonderte Berechnung von betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 3 des Elften Buches Sozial¬gesetzbuch (SGB XI) für nicht geförderte Pflegeplätze der Zu-stimmung durch den Beklagten bedarf.

Die Klägerin betreibt am Standort K. aufgrund eines Versorgungsvertrags gemäß § 72 SGB XI eine Pflegeeinrichtung in Form eines Altenpflegeheimes, bestehend aus einem Neubau und einem Altbau.

Mit Förderbescheid vom 25. April 1996 bewilligte der Beklagte der Klägerin eine Förderung in Höhe von 13.275.000,00 DM zur Schaffung von 81 Dauerpflegeplätzen im Neubau sowie von 15 Tagespflegeplätzen im Altbau im Rahmen einer Festbetragsfinanzierung als nicht rück-zahlbare Zuwendung. Nach Fertigstellung der Baumaßnahmen betrieb die Klägerin die Pflege-einrichtung entsprechend den Vorgaben des Förderbescheides.

Mit Bescheid vom 14. Januar 2002 stimmte der Beklagte letztmals der gesonderten Berech-nung von betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen nach § 82 Abs. 3 SGB XI für die Zeit ab 1. Januar 2002 in Höhe von 2,56 EUR je pflegebedürftigem Bewohner je Tag zu.

Zum 1. Januar 2003 widmete die Klägerin die Plätze des betreuten Wohnens im Altbau der Pflegeeinrichtung in K. in 24 vollstationäre Pflegeplätze um. Der Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI wurde entsprechend erweitert, eine Änderung, Anpassung oder Erhöhung des Förderbe-scheids vom 25. April 1996 erfolgte nicht.

Bereits zuvor, nämlich mit Schreiben vom 16. Dezember 2002, zeigte die Klägerin dem Beklagten die beabsichtigte gesonderte Berechnung der Investitionskosten für nicht geförderte Pflegeplätze in Höhe von 16,12 EUR je Bett und Kalendertag an.

Der Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 17. Januar 2003 darauf hin, dass eine An¬zeige der gesonderten Berechnung von Investitionskosten wegen der Förderung der Einrich-tung nicht ausreichend sei. Vielmehr sei nach § 82 Abs. 3 SGB XI die Zustimmung hierzu erfor-derlich. Eine Zustimmung könne entsprechend der bereits erteilten Zustimmung auch nur in Höhe von 2,56 EUR pflegetäglich erfolgen, da nach § 22 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Thü-ringer Gesetzes zur Ausführung des Pflegeversicherungsgesetzes (ThürAGPflegeVG-DVO) eine gleichmäßige Umlage der gesondert berechenbaren Aufwendungen auf die Pflegebedürftigen vorgeschrieben sei.

Die Klägerin hat am 24. Juni 2004 vor dem Verwaltungsgericht Gera Klage erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 9. September 2005 an das Sozialgericht Altenburg (SG) ver-wiesen.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie berechtigt sei, gemäß § 82 Abs. 4 SGB XI gegenüber den Bewohnern der 24 Plätze im Altbau die angezeigten Investitionskosten ohne Zustimmung im Sinne von § 82 Abs. 3 SGB XI zu berechnen. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, für ihr Begehren sei die Feststellungsklage die zutreffende Klageart. Die beabsichtigte gesonderte Berechnung der Investitionskosten betreffe die 24 vom Betreuten Wohnen in vollstationäre Pflege umgewandelte Plätze im rekonstruierten Altbau. Dabei handele es sich um nicht geförderte Plätze im Sinne von § 82 Abs. 4 SGB XI, weshalb auch keine Zustim-mung des Beklagten, sondern lediglich eine entsprechende Anzeige erforderlich sei. Die vom Be-klagten geforderte Zustimmung auch für den ungeförderten Teil stelle einen unzulässigen Ein-griff dar, der wegen der ohnehin bestehenden Eingriffsmöglichkeiten der Heimaufsicht auch nicht erforderlich sei. Schließlich halte sie eine Entscheidung für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2005 für nicht mehr erforderlich, da nach der Novellierung des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Pflegeversicherungsgesetzes (ThürAGPflegeVG) und der Thüringer Verord-nung über die gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen und die Gewährung bewohnerbezogener Aufwendungszuschüsse an Pflegeeinrichtungen zum 1. Juli 2005 nunmehr hinsichtlich der Investitionsaufwendungen eine Differenzierung zwischen geförderten und nicht geförderten Plätzen möglich sei.

Der Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, entscheidend sei, ob die Einrichtung an sich und nicht ob die einzelnen Plätze gefördert worden seien. Nach § 22 Abs. 2 ThürAG¬PflegeVG-DVO seien die gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen gleichmäßig auf die Zahl der Pflegplätze der Pflegeeinrichtung zu verteilen, eine Differenzierung zwischen Ein¬richtungsteilen sei nicht möglich. Dies gelte auch für die Zeit ab der Novellierung des Thür¬AG¬PflegeVG und der Thüringer Verordnung über die gesonderte Berechnung von Investi¬tionsaufwendungen und die Gewährung bewohnerbezogener Aufwendungszuschüsse an Pflegeeinrichtungen zum 1. Juli 2005.

Mit Urteil vom 12. Juli 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausge-führt, dass die Feststellungsklage zwar die zutreffende Klageart sei und auch nach der Rechtsän-derung zum 1. Juli 2005 noch eine Klärung der Frage der Erforderlichkeit einer Zustimmung zur gesonderten Berechnung notwendig sei. Jedoch sei die Klage unbegründet, da die Klägerin der Zustimmung durch den Beklagten bedürfe. Es gebe nämlich nach dem Aufbau des SGB XI ledig-lich eine Förderung der Einrichtung, nicht jedoch von Einzelmaßnahmen. Damit sei eine Diffe-renzierung zwischen geförderten und ungeförderten Teilen der Einrichtung nicht möglich.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 17. Dezember 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Januar 2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung vertritt sie die Ansicht, dass das vom SG zur Begründung seiner Entscheidung zitierte Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 6. September 2007 (Az.: B 3 P 3/07 R) keine Differenzierung zwischen geförderten und nicht geförderten Einrichtungsteilen vorgenommen habe. Jedoch seien die vom BSG ausge-führten Grundsätze zur Refinanzierungsberechtigung des Einrichtungsbetreibers auf den vor-liegenden Fall übertragbar. Deshalb bestehe bezogen auf nicht geförderte Einrichtungen bzw. Einrichtungsteile im Hinblick auf Art. 12 des Grundgesetzes (GG) gar keine Berechtigung des Beklagten zur Regulierung. Zudem stehe Wortlaut und Gesetzessystematik des § 82 Abs. 3 SGB XI einer differenzierten Betrachtung der Einrichtung nicht entgegen.

Der Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Juli 2007 aufzuheben und festzustellen, dass sie berechtigt ist, gemäß § 82 Abs. 4 SGB XI gegenüber den Bewohnern der 24 Plätze im Alt¬bau die angezeigten Investitionskosten ohne Zustimmung im Sinne von § 82 Abs. 3 SGB XI zu berechnen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung sowie auf das Urteil des BSG vom 10. März 2011 (Az.: B 3 P 3/10 R).

Mit Schriftsätzen vom 30. April (Beklagter) und 10. Mai 2013 (Klägerin) haben die Beteilig-ten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte des Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist unbegründet, denn die zulässige Klage ist nicht be-gründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die von ihr beabsichtigte gesonderte Berechnung von betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen für die 24 voll-stationären Pflegeplätze im Altbau ihrer Pflegeeinrichtung am Standort K. bedarf der Zu-stimmung nach § 82 Abs. 3 SGB XI. Eine bloße Anzeige im Sinne des § 82 Abs. 3 SGB XI genügt hierfür nicht.

Rechtsgrundlage des Zustimmungsbegehrens ist § 82 Abs. 3 SGB XI in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung: Danach können Pflegeeinrichtungen betriebsnotwendige Investitionsauf-wendungen zu Lasten der Pflegebedürftigen gesondert berechnen, soweit diese durch öffentli-che Förderung gemäß § 9 SGB XI nicht vollständig gedeckt sind oder nur durch Darlehen oder sonst rückzahlbare Zuschüsse gefördert werden.

Dies ist vorliegend entgegen der Auffassung der Klägerin der Fall. Das streitgegenständliche Pflegeheim der Klägerin wurde durch den Bescheid vom 25. April 1996 öffentlich gefördert. Zwar deckt diese Förderung - zwischen den Beteiligten unstreitig - weder die zum 1. Januar 2003 erfolgte Schaffung der 24 vollstationären Pflegeplätze im Altbau des Pflegeheimes noch die nunmehr streitgegenständlichen Investitionsaufwendungen hierfür ab.

Für die Frage, ob die Klägerin der Zustimmung des Beklagten zu der von ihr beantragten gesonderten Berechnung bedarf, kommt es jedoch maßgebend darauf an, ob die Pflege-einrichtung vollständig oder teilweise öffentlich gefördert worden ist. Insoweit verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils des SG, denen der Senat folgt.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin auszuführen, dass die vom SG in Bezug genommene Entscheidung des BSG vom 6. September 2007 (a.a.O.) entgegen der klägerischen Auffassung zwischen geförderten und nicht geförderten Pflegeein-richtungen differenziert und nur diejenigen Einrichtungen, die "überhaupt keine Förderung nach Landesrecht" erhalten haben, dem Geltungsbereich des § 82 Abs. 3 SGB XI zuordnet. Dagegen soll für Pflegeeinrichtungen, die - wie das streitgegenständliche Pflegeheim der Klä-gerin - (nur) teilweise gefördert wurden, § 82 Abs. 3 SGB XI einschlägig sein.

Dies wird auch im Urteil des BSG vom 10. März 2011 (Az.: B 3 P 3/10R) ausdrücklich so bestätigt. Um die Zustimmungspflicht zur gesonderten Berechnung auszulösen, genügt eine teilweise Förderung der Pflegeinrichtung, "weil es nach dem Gesetz nur auf die - vollständige oder teilweise - öffentliche Förderung der betriebsnotwendigen Investitions¬folgeaufwendungen der Pflegeeinrichtung (§ 9 Satz 2 sowie § 82 Abs. 3 und 4 SGB XI) ankommt". Dem schließt sich der Senat an, denn auch im Falle der Klägerin gibt es recht-lich gesehen nur ein Pflegeheim und nicht etwa zwei rechtlich selbständige Pflege¬heime: Bei der Pflegeeinrichtung der Klägerin am Standort K. handelt es sich um ein Heim mit einerseits öffentlich geförderten 81 Dauerpflegeplätzen im Neubau und 15 Tagespflegeplätzen im Altbau sowie mit andererseits nicht geförderten 24 vollstationären Pflegeplätzen im Altbau. § 82 Abs. 3 SGB XI steht danach entgegen der Auffassung der Klägerin einer differenzierten Betrachtung der Einrichtung entgegen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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