L 6 SF 904/13 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 16 SF 195/12 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 904/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein Gebührenvorschuss aus der Staatskasse kommt nach § 47 Abs. 1 S. 1 RVG nur in Betracht, wenn der Anwalt die gebührenpflichtige Tätigkeit tatsächlich vorgenommen hat.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 12. März 2013 wird zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe eines aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütungs-vorschusses.

Der Beschwerdeführer ist Prozessbevollmächtigter in einem Klageverfahren vor den Sozial-gericht Altenburg (SG) und wendet sich gegen die Rückforderung eines Gründungszuschus-ses. Mit Beschluss vom 6. Juni 2012 bewilligte das SG dem Kläger Prozesskostenhilfe ab 2. März 2010 ohne Ratenzahlung.

Mit Schriftsatz vom 25. Juli 2012 beantragte der Beschwerdeführer Zahlung eines Vergü-tungsvorschusses in Höhe von 559,30 Euro: Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG 250,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 200,00 Euro Pauschale Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 470,00 Euro Umsatzsteuer 89,30 Euro Gesamtbetrag 559,30 Euro

Mit Verfügung vom 1. August 2012 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle einen Vorschuss in Höhe von 226,10 Euro fest und berücksichtigte dabei eine Mittelgebühr der Nr. 3103 VV-RVG sowie Auslagen und Umsatzsteuer. Eine Gebühr nach Nr. 3106 VV-RVG lehnte sie mit der Begründung ab, es habe weder ein Termin stattgefunden noch lägen die Voraussetzungen der fiktiven Terminsgebühr vor.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und vorgetragen, tatsächlich müsse nach § 47 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) ein Kostenvorschuss in Höhe sämtli-cher zu erwartender Gebühren, hier also auch der Terminsgebühr, gewährt werden. Der Ter-min werde voraussichtlich auch stattfinden. Die Notwendigkeit einer Ladungsmitteilung sei nicht Voraussetzung des Vorschusses. Der Beschwerdegegner hat in seiner Stellungnahme auf die Ausführungen der Urkundsbeamtin verwiesen. Mit Beschluss vom 12. März 2013 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Die Terminsgebühr sei im Sinne des § 47 RVG noch nicht entstanden. Es reiche nicht aus, dass die Gebühr voraussichtlich entstehen werde, denn der Gesetzeswortlaut differenziere zwischen "Gebühren" und "Auslagen". Ein Vorschussan-spruch bestehe nicht für "voraussichtlich entstehende" Gebühren.

Gegen den am 29. April 2013 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 13. Mai 2013 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, das SG verkenne, dass innerhalb des Gesetzes-wortlauts nicht nur "voraussichtlich entstehende Auslagen" im Vorschusswege geltend ge-macht werden könnten, sondern auch die zu gewährende Vergütung.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 12. März 2013 aufzuheben und einen weiteren Kostenvorschuss in Höhe von 200,00 sowie die darauf entfallende Umsatz-steuer festzusetzen.

Der Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen der Urkundsbeamtin und im Beschluss der Vorinstanz.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 5. Juni 2013) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.

Gründe:

Die Beschwerde ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsge-setzes (RVG) statthaft (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B m.w.N.) und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes über-steigt 200,00 Euro. Die Beschwerde wurde auch rechtzeitig erhoben. Zur Vollständigkeit weist der Senat darauf hin, dass die Rechtsmittelbelehrung im angegriffenen Beschluss feh-lerhaft ist, denn dort wird angegeben, die Beschwerdefrist sei auch gewahrt, wenn die Be-schwerde (innerhalb der Zwei-Wochen-Frist) beim Thüringer Landessozialgericht eingelegt wird. Dies widersprich dem eindeutigen Wortlaut der §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 7 S. 3 RVG, wo-nach sie bei dem Gericht einzulegen ist, dessen Entscheidung angefochten wird (vgl. Senats-beschluss vom 30. Mai 2013 - L 6 SF 293/13 B).

Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf einen Gebührenvorschuss für die Terminsgebühr besteht nicht. Nach § 47 Abs. 1 S. 1 RVG kann ein Rechtsanwalt aus der Staatskasse für die entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslage einen angemessenen Vorschuss fordern, wenn ihm wegen der Vergütung ein Anspruch gegen die Staatskasse zusteht. Der Beschwerdeführer ist mit Beschluss vom 6. Juni 2012 im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden und hat danach grundsätzlich einen Vergütungsan-spruch (§ 45 Abs. 1 RVG) und einen Anspruch auf Vorschuss aus der Landeskasse. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 47 Abs. 1 S. 1 RVG kommt ein Gebührenvorschuss aus der Staatskasse allerdings nur in Betracht, wenn der Anwalt die gebührenpflichtige Tätigkeit tat-sächlich vorgenommen hat (h.M., vgl. Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage 2012, RVG § 47 Rdnr. 4; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Auflage 2010, § 47 Rdnr. 1; Ebert in Mayer/Kroiß, RVG, 4. Auflage 2009, § 47 Rdnr. 4), was hier nicht der Fall ist. Ein Termin hat nicht stattgefunden und auch die Voraussetzungen einer fiktiven Terminsgebühr liegen nicht vor. Der Gesetzgeber hat diese Entscheidung bewusst getroffen. Dies ergibt sich daraus, dass er in § 47 Abs. 1 S. 1 RVG für die Auslagen und in § 9 RVG für die Ansprüche gegen den Auftraggeber ausdrücklich unterschiedliche Regelungen getroffen hat. Damit kommt die vom Beschwerdeführer vertretene Erweiterung auf voraussichtlich entstehende Gebühren nicht in Betracht.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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