L 7 SO 3661/12 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 4775/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3661/12 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. August 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

1. Die gemäß § 145 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist auch im Übrigen statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 a.a.O.). Beide Voraussetzungen sind in Anbetracht des Beschwerdewerts und des Zeitraums, für den Leistungen geltend gemacht werden, nicht gegeben; weder stehen wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit noch ist die erforderliche Berufungssumme von mehr als 750,00 Euro erreicht. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat die Berufung im Urteil vom 7. August 2012 auch nicht zugelassen.

Für die Bestimmung des Beschwerdewerts ist maßgeblich darauf abzustellen, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinem Rechtsmittel weiter verfolgt wird (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20. August 1986 - 8 B 26/86 - NVwZ 1987, 219; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 10. Auflage, § 144 Rdnr. 14). Mit der Klageschrift im Parallelverfahren S 4 SO 779/12 hatte der Kläger den monatlichen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung (§ 30 Abs. 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)) mit 35,90 Euro beziffert; eine Eingrenzung auf diesen Betrag ist sodann von der für den Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 7. August 2012 auftretenden und von ihm bevollmächtigten Frau W. ausdrücklich auch im Klageverfahren S 4 SO 4775/11 vorgenommen und zusätzlich der im Verfahren streitbefangene Zeitraum auf die Zeit von November 2010 bis Oktober 2011 beschränkt worden. Über diesen Antrag, in dem der im streitbefangenen Bescheid vom 25. Oktober 2010 (Widerspruchsbescheid vom 7. November 2010) geregelte Bewilligungszeitraum (1. November 2010 bis 31. Oktober 2011) sowie des Weiteren beachtet war, dass es sich beim Streit um einen Mehrbedarfszuschlag nach § 30 SGB XII um einen abtrennbaren Streitgegenstand handelt (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 101, 217 = SozR 4-3500 § 133a Nr. 1 (jeweils Rdnrn. 12 ff.); SozR 4-3500 § 30 Nr. 4 (Rdnr. 11)), hat das SG im Urteil vom 7. August 2012 auch allein entschieden. Demnach hat sich der Wert der Beschwer durch das erstinstanzliche Urteil auf insgesamt lediglich 430,80 Euro (35,90 Euro x 12 Monate) belaufen; die erforderliche Berufungssumme von mehr als 750,00 Euro ist damit ebenso wenig erreicht wie ein streitiger Zeitraum von mehr als einem Jahr. Soweit der Kläger sein Begehren im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren, in dem er im Übrigen ausweislich der zur Niederschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Landessozialgerichts am 23. August 2012 eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde an einem Mehrbedarfszuschlag wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von monatlich 35,90 Euro festgehalten hat, nunmehr auf einen Mehrbedarf "für die Zeit ab November 2010 bis Oktober 2012" (vgl. Niederschrift vom 23. August 2012) und sodann mit Schreiben vom 4. März 2013 auf einen Mehrbedarf "vom 01.11.2010 bis heute" erweitert hat, hat dies für die Bestimmung des Beschwerdegegenstands außer Ansatz zu bleiben; eine Zulässigkeit des Rechtsmittels der Berufung könnte damit nicht erreicht werden (vgl. BSGE 11, 26, 27; BSGE 58, 291, 294 = SozR 1500 § 144 Nr. 30; BSG, Urteil vom 8. November 2001 - B 11 AL 19/01 R - (juris)). Sonach ist die vorliegende Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers als statthaft zu behandeln.

Allerdings ist die Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Der Kläger hat mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde keinen der vorstehenden Zulassungsgründe benannt; ferner ist keiner dieser Gründe ist ersichtlich.

a) Die Rechtssache weist eine grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) nicht auf; eine solche hat sie nur dann, wenn die Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle die notwendige Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung; vgl. schon BSGE 2, 129, 132); es muss sich um eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage handeln, die klärungsbedürftig und klärungsfähig ist (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 60; SozR 3-1500 § 160a Nr. 16; ferner Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 144 Rdnrn. 28 f., § 160 Rdnrn. 6 ff. (jeweils m.w.N.)). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht mehr, wenn sie schon entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (vgl. BSG SozR 3-4100 § 111 Nr. 1 S. 2). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr. 7). Hinsichtlich von Tatsachenfragen kann über § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG eine Klärung nicht verlangt werden.

Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ist indessen bereits geklärt, unter welchen Voraussetzungen ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Betracht kommt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 11/10 R - (juris); ferner BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 6; BSG SozR 4-4200 § 21 Nrn. 2, 10, 12 und 14). Mithin fehlt es vorliegend bereits an der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage.

b) Auch eine Divergenz (§ 144 Abs. 2 Nr.2 SGG) liegt nicht vor; eine solche ist erst dann gegeben, wenn das Sozialgericht von einem die Entscheidung des Berufungsgerichts oder eines anderen der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte und Gerichtshöfe tragenden Rechtssatz abgewichen ist (vgl. BSG SozR 1500 § 160 Nr. 61; SozR a.a.O. § 160a Nr. 67; BSG, Beschluss vom 31. Juli 2007 - B 13 R 204/07 B - (juris)). Das SG hat die höchstrichterliche Rechtsprechung im Urteil vom 7. August 2012 indessen berücksichtigt und insbesondere auch die rechtliche Einordnung der Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe vom 1. Oktober 2008 (abgedruckt in NDV 2008, 503 (i.F.: Empfehlungen 2008)) beachtet, welche nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - (SozR 4-4200 § 21 Nr. 12) und vom 22. November 2011 - B 4 AS 138/10 R - (SozR 4-4200 § 21 Nr. 14)) nur als Orientierungshilfe, nicht jedoch als antizipierte Sachverständigengutachten zu werten sind.

c) Ferner ist ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG) nicht ersichtlich. Soweit der Kläger geltend macht, die behandelnden Ärzte Dr. W. und Dr. S. bestätigten die Notwendigkeit einer "dauerhaften Sonderkost", ist damit ein Verfahrensverstoß nicht aufgezeigt. Das SG hat im Urteil vom 7. August 2012 dargetan, weshalb es - bezogen auf den vorliegenden Einzelfall - einen krankheitsbedingten Mehrbedarf bei den attestierten Gesundheitsstörungen Hyperlipidämie, Hyperurikämie und Hypertonie verneint hat. Soweit der Kläger dies beanstandet, rügt er in Wahrheit die Beweiswürdigung in der erstinstanzlichen Entscheidung, die jedoch nicht dem äußeren Verfahrensgang, sondern dem materiellen Recht zuzurechnen (vgl. BSG, Beschluss vom 25. April 2001 - B 11 AL 27/01 B - (juris); Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 144 Rdnr. 34a) und deshalb mit der Verfahrensrüge grundsätzlich nicht angreifbar ist. Das SG wäre im Übrigen an weiteren Ermittlungen im Klageverfahren auch deswegen gehindert gewesen, weil der Kläger trotz Aufforderung eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht für das Verfahren nicht vorgelegt hatte; hierauf ist der Kläger im Beschwerdeverfahren an keiner Stelle eingegangen.

2. Bereits aus den oben genannten Gründen hat das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers keinen Erfolg (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO)), weshalb es auf die weiteren Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr ankommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Mangels Anfechtbarkeit der vorliegenden Nichtzulassungsentscheidung wird das Urteil des SG vom 7. August 2012 hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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