Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 9 KR 145/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 390/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 20/13 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der im Pflegegeld nach § 39 Abs. 1 SGB VIII enthaltene Beitrag für die Pflege und Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen (sog. Erziehungsbeitrag) ist als beitragspflichtiges Einkommen in voller Höhe bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 18. Juli 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung.
Die 1958 geborene Klägerin betreut seit 1994 die Pflegekinder CW. und DW. gemäß § 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII).
Das ursprünglich zuständige Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg stellte einen besonderen Förderbedarf der Kinder fest und bewilligte entsprechend der in Berlin gültigen Verwaltungsvorschriften zuletzt mit Bescheiden vom 21. November 2006 (Blätter 112 und 120 der Gerichtsakte) ein monatliches Pflegegeld, das sich aus einem Grundbetrag für materielle Aufwendungen in Höhe von 670,00 EUR für CW. und in Höhe von 492,00 EUR für DW. und einem Erziehungsbeitrag in Höhe von jeweils 959,00 EUR zusammensetzte.
Nach einem Umzug der Klägerin nach A-Stadt (Hessen) ging zum 1. Mai 2007 die Zuständigkeit auf das Jugendamt des Landkreises Wetterau über. Mit Bescheiden vom 25. April 2007, 10. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 (Blätter 123-129 der Gerichtsakte) und fortlaufend bewilligte das Jugendamt des Landkreises Wetterau entsprechend einer Zusicherung des Jugendamtes Friedrichshain-Kreuzberg vom 3. Mai 2007 (Blatt 103 der Gerichtsakte) Pflegegeld in der bisherigen Höhe; insbesondere wurde weiterhin der Erziehungsbeitrag in Höhe von jeweils 959,00 EUR an die Klägerin ausgezahlt. Die Stadt Berlin erstattet bis heute die vom Kreis Wetterau zugunsten der Klägerin erbrachten Pflegegeldleistungen in voller Höhe.
Die Klägerin beantragte im Januar 2009 die Aufnahme in die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung im Anschluss an ihre Ehescheidung. In ihrer Einkommenserklärung vom 2. Februar 2009 verneinte sie ein eigenes Einkommen. Zeitgleich legte sie eine Bescheinigung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg vom 24. April 2007 vor, aus der hervorging, dass die Pflegekinder CW. und DW. dauerhaft im Haushalt der Klägerin leben.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2009 stellte die Beklagte die freiwillige Mitgliedschaft rückwirkend ab 29. Oktober 2008, der Rechtskraft des Scheidungsurteils fest, und berücksichtigte als beitragspflichtiges Einkommen die gesetzlich festgelegte Mindestbeitragsbemessungsgrenze. Der Krankenversicherungsbeitrag wurde auf 120,11 EUR festgesetzt; der Pflegeversicherungsbeitrag betrug 16,15 EUR.
Mit nachfolgenden Beitragsbescheiden vom 13. Januar 2010, 12. Februar 2010 und 4. Januar 2011 wurden die Beiträge - zuletzt mit Wirkung ab 1. Januar 2011 - angepasst; Bemessungsgrundlage blieb die Mindesteinnahmegrenze. In ihren Einkommenserklärungen vom 10. Februar 2010 und vom 12. Januar 2011 verwies die Klägerin jeweils darauf, dass sie ausschließlich das Pflegegeld für zwei Pflegekinder erhalte. Sie legte ergänzend am 22. Februar 2011 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vor, der keine Einkünfte aufwies. In der dem Steuerbescheid beigefügten Aufstellung der Pflegegeldzahlungen waren die Erziehungsbeiträge in Höhe von jeweils 959,00 EUR sowie die Grundbeträge für den Sachaufwand bzw. sonstige Beihilfen aufgelistet.
Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 22. Februar 2011 den Beitragsbescheid vom 4. Januar 2011 auf und setzte - auch im Namen der beigeladenen Pflegekasse - die Beiträge ab 1. Februar 2011 unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens in Form der Erziehungsbeiträge in Höhe von insgesamt 1.918,- EUR (959,00 EUR pro Kind) fest. Der Beitrag zur Krankenversicherung betrug nunmehr 285,78 EUR, zur Pflegeversicherung 37,40 EUR. Die Klägerin widersprach dem Bescheid mit Schreiben vom 4. März 2011. Sie erziele keinen Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit wie auch aus dem Steuerbescheid hervorgehe. Mit Schreiben vom 16. Mai 2011 wies sie ergänzend darauf hin, dass das Bundessozialgericht (BSG) den Erziehungsbeitrag gemäß § 39 SGB VIII in einem Urteil vom 29. März 2007 (B 7b AS 12/06 R) als eine zweckbestimmte Einnahme ansehe, der nicht als Einkommen angerechnet werden dürfe. Das Pflegegeld sei kein Einkommen, sondern Hilfe zur Erziehung. Ergänzend legte die Klägerin ein Schreiben des Bundesministerium für Finanzen vom 24. Mai 2007 (Az.: 1234) vor, nach dem der im Pflegegeld enthaltene Erziehungsbeitrag als steuerfreie Beihilfe qualifiziert wurde, sofern keine Erwerbstätigkeit vorliege; Erwerbstätigkeit werde (widerleglich) vermutet, wenn die Erziehungsbeiträge pro Pflegehaushalt 24.000,- EUR überstiegen (Blatt 18 der Verwaltungsakte). Die Beklagte führte in Schreiben vom 9. Mai 2011 und vom 20. Dezember 2012 ergänzend aus, dass das Vertrauen der Klägerin in die vorangegangenen Beitragsbescheide unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses nicht schutzwürdig sei, da sie grob fahrlässig die Pauschalbeiträge für die Kosten der Erziehung (Erziehungsbeitrag) nicht angegeben habe. Gründe, die eindeutig auf Vermögensdispositionen infolge der Beitragsbescheide schließen ließen, seien nicht vorgetragen. Im Rahmen der Ermessensausübung sei nicht ersichtlich, dass die Erhebung der Beiträge nach den monatlichen Einnahmen eine unbillige Härte darstelle. Die Aufhebung des Beitragsbescheides erfolge gleichwohl nur für die Zukunft. Der Beitrag für Februar 2011 sei erst Ende Februar 2011 fällig geworden (§ 23 Abs. 1 SGB IV i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung) und der Bescheid vom 22. Februar 2011 sei vor Fälligkeit zugegangen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2012 zurück. Bei den "Hilfen zur Erziehung" (Erziehungsbeitrag) in Höhe von monatlich 1.918,00 EUR handele es sich um eine beitragspflichtige sonstige Einnahme, welche die Klägerin zu ihrem Lebensunterhalt verbrauchen könne. Die Einnahme erhöhe zweifellos die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin im Sinne der Rechtsprechung. Die anderslautenden Ausführungen des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg in einem Beschluss vom 7. September 2009 (L 24 KR 173/09 B ER) überzeugten nicht. Das von der Klägerin zitierte Urteil des BSG könne nicht herangezogen werden; die dortigen Ausführungen bezögen sich auf die Frage der Anrechnung des Erziehungsbeitrages auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.
Hiergegen hat die Klägerin am 30. März 2012 Klage bei dem Sozialgericht Gießen erhoben und vorgetragen, dass die Zahlungen für Pflegekinder im Sinne des § 39 SGB VIII in Form des Erziehungsbeitrags nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehöre. Dies ergebe sich auch aus § 11a Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Danach sei das Pflegegeld für die ersten beiden Pflegekinder nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Zudem sei das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII Teil der Hilfe zur Erziehung und solle entsprechend seiner Zweckrichtung den Pflegekindern und nicht den Eltern zugute kommen. Entsprechend habe das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bereits 1996 entschieden, dass das Pflegegeld nicht der Pflegeperson, sondern den Pflegebedürftigen zustehe (Urteil vom 12. September 1996, 5 C 31/95). Die Leistung nach § 39 SGB VIII habe gerade nicht den Zweck, das Einkommen der Pflegeperson zu mehren (BSG, Beschluss vom 29. März 2007, B 7b AS 12/06 R). Sie stelle auch keine Entlohnung der Pflegeperson dar (Oberverwaltungsgericht -OVG- NRW, Urteil vom 24. November 1995, -24 A 4833/94).
Das Sozialgericht Gießen hat mit Urteil vom 18. Juli 2012 die Bescheide vom 22. Februar 2011 und vom 9. Mai 2011 sowie den Widerspruchsbescheid vom 14. März 2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ohne Berücksichtigung der Erziehungsbeiträge gemäß § 39 SGB VIII zu berechnen. Das an die Klägerin gezahlte Pflegegeld sei keine Einnahme im Sinne des § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und der "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler", da das Pflegegeld von der Klägerin nicht zum Lebensunterhalt verbraucht werden könne. Das Pflegegeld decke die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes ab, sei Teil der Hilfe zur Erziehung im Sinne der §§ 28 bis 35 SGB VIII und solle von seiner Zweckrichtung her den Pflegekindern und nicht der Pflegeperson zukommen. Die Höhe des Geldes richte sich am Bedarf des Pflegekindes und nicht an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Pflegeperson aus. Mit dem pauschalen Erziehungsbeitrag würden die gesamten Kosten der Erziehung abgedeckt; es würden damit auch Ausgaben, die der Erziehung dienten, finanziert, wie z.B. Anschaffung von Spielzeug, Büchern, Musikinstrumenten, Nachhilfeunterricht etc. Soweit daneben im Erziehungsbeitrag auch ein Anteil für die Pflegeeltern als Anerkennung der Erziehungsleistung enthalten sei, stelle sich dieser Anteil lediglich als ideeller Anreiz für die Aufnahme eines Pflegekindes dar. Ein solcher Anteil sei nicht wirtschaftlich abgrenzbar und könne auch nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Pflegeperson beeinflussen. Bei dem im Pflegegeld enthaltenen Erziehungsbeitrag handele es sich darüber hinaus um eine steuerfreie Beihilfe im Sinne des § 3 Nr. 11 Einkommensteuergesetz (EStG), die die Erziehung unmittelbar fördere, sofern keine Erwerbstätigkeit vorliege. Diese werde erst vermutet, wenn mehr als sechs Kinder im Haushalt aufgenommen würden. Im Übrigen könne es sich bei dem Pflegegeld nach § 39 SGB VIII auch deshalb nicht um Einkommen der Klägerin handeln, weil die Klägerin nicht Anspruchsinhaberin sei. Der Anspruch nach § 39 SGB VIII stehe im Fall der Vollzeitpflege nicht der Pflegeperson selbst, sondern den Personensorgeberechtigten zu.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 9. Oktober 2012 zugestellte Urteil am 8. November 2012 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht erhoben.
Der Senat hat mit Beschluss vom 21. Februar 2013 die Barmer GEK Pflegekasse notwendig beigeladen (§ 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Zur Berufungsbegründung führt die Beklagte aus: Der im Pflegegeld enthaltene sog. Erziehungsbeitrag stelle eine beitragspflichtige Einnahme zum Lebensunterhalt dar. Die Klägerin bestreite mit diesen Leistungen offenbar ihren Lebensunterhalt, da sie über keine weiteren Einkünfte verfüge. Die vom Sozialgericht erwähnte Steuerfreiheit des Erziehungsbeitrages stehe der Beitragspflicht nicht entgegen, da nach den "Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler" auch sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt "ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung" zugrunde zu legen seien. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 15. November 2011 (L 5 KR 101/10) vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Rechtsprechung zur Einkommensanrechnung im Geltungsbereich des SGB II (BSG, Urteile vom 29. März 2007 -B 7b AS 12/06 R- und vom 1. Juli 2009 -B 4 AS 9/09 R) nicht auf die Beitragspflicht nach dem SGB V übertragen werden könne. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragsbemessung unterschieden sich wesentlich von den Voraussetzungen der Einkommensanrechnung nach dem SGB II. Dies werde auch dadurch deutlich, dass lediglich die Erziehungsbeiträge für das erste und zweite Pflegekind nicht angerechnet würden (§ 11 Abs. 4 SGB II). Da die Sachaufwendungen für Erziehung grundsätzlich mit dem im Pflegegeld enthaltenen entsprechenden Anteil (Grundbetrag) abgegolten seien, werde der mit dem Pflegegeld zur Verfügung gestellte Betrag für Erziehungsleistungen (Erziehungsbeitrag) nicht geschmälert, wenn er zugleich als Einkommen der Pflegeperson bei der Bemessung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge berücksichtigt werde. Denn die Pflegeperson habe als Gegenleistung für den an sie ausgezahlten Erziehungsbeitrag gegenüber dem Pflegekind die Erziehungsleistung grundsätzlich persönlich zu erbringen. Der Umstand, dass sich die Pflegeperson mit Hilfe des an sie ausgezahlten Erziehungsbeitrages wegen der freien Verfügbarkeit insoweit Entlastung durch dritte Personen oder Sachmittel beschaffen könne, schließe nicht aus, dass diese Geldleistung die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verstärke. Die Pflegeperson habe die rechtliche Befugnis, den Erziehungsbeitrag bei ausschließlich persönlicher Erbringung der Erziehungsleistung vollständig für den eigenen Lebensunterhalt zu verbrauchen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 18. Juli 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Nach schriftlicher Auskunft des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg vom 10. Juli 2013 (Blatt 86) und telefonischer Auskunft einer Mitarbeiterin des Jugendamtes des Landkreises Wetterau am 22. Juli 2013 oblag die Personensorge für CW. und DW. zeitweise dem Jugendamt und im Übrigen der leiblichen Mutter, nicht aber der Klägerin.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Aufhebung des Beitragsbescheides vom 4. Januar 2011 mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Februar 2011 ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn die ursprüngliche Beitragsfestsetzung ist rechtsfehlerhaft. Der Erziehungsbeitrag von insgesamt 1.918,- EUR ist als beitragspflichtiges Einkommen der Klägerin in voller Höhe in die Beitragsbemessung einzubeziehen.
Rechtsgrundlage der Aufhebung des Beitragsbescheides vom 4. Januar 2011 mit Wirkung ab 1. Februar 2011 ist § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Danach steht die Aufhebung eines Verwaltungsaktes im Ermessen der Behörde, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig war und das Vertrauen des Betroffenen nicht schutzwürdig ist. Der ursprüngliche Beitragsbescheid vom 4. Januar 2011 ist (von Anfang an) rechtswidrig, denn die im Pflegegeld enthaltenen Erziehungsbeiträge sind bei der Beitragsfestsetzung als Einnahmen zu berücksichtigen.
Grundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber der Klägerin sind § 252 Abs. 1 Satz 1 und § 250 Abs. 2 SGB V hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung sowie § 60 Abs. 1 Satz 1 und § 59 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung. Danach sind diese Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. Dies sind die freiwilligen Mitglieder bzw. die Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind, denn sie tragen diese Beiträge allein.
Die Beiträge der Krankenversicherung werden nach § 223 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB V nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze bemessen. Die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung werden nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGB XI nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 55 SGB XI) erhoben.
Für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung wird die Beitragsbemessung seit 1. Januar 2009 aufgrund des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl I 2007, 378) einheitlich durch den GKV-Spitzenverband geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 SGB V). Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI gelten diese Vorschriften auch für die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung.
Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ergibt sich grundsätzlich aus den Einnahmen und Geldmitteln, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte (BSG, Urteil vom 22. März 2002, B 12 KR 8/05 R, zit. nach juris). Es muss sich also um solche Einnahmen und Geldmittel handeln, die dem Mitglied bei wirtschaftlicher Betrachtung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung stehen (BSG, Urteil vom 23. September 1999, B 12 KR 12/98 R, zit. nach juris).
Die vom GKV-Spitzenverband erlassenen "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträgen (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)" vom 27. Oktober 2008 (EGfM), in Kraft getreten am 1. Januar 2009 (§ 13 EGfM), gehen von diesen im SGB V geregelten (§ 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Abs. 2 EGfM) und von der Rechtsprechung ausgefüllten (§ 3 Abs. 1 EGfM) Begriffen aus. Der Senat schließt sich im Hinblick auf die Rechtswirksamkeit der "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" den Ausführungen des BSG im Urteil vom 19. Dezember 2012 (B 12 KR 20/11) an und wertet die "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" als untergesetzliche Normen, die für sich genommen ab 1. Januar 2009 eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung darstellen.
Öffentliche Leistungen sind nur dann von der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung ausgenommen, wenn sie im Hinblick auf ihre besondere Zweckbestimmung den "Einnahmen" des Versicherten zum Lebensunterhalt nicht zugeordnet werden können. Die Berücksichtung öffentlicher Leistungen als beitragspflichtige Einnahme orientierte sich in der Vergangenheit am angestrebten Zweck einer Leistung, wobei zweckgebundene Sozialleistungen außer Betracht bleiben sollten. Vor dem Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 blieben lediglich solche öffentlich-rechtliche Leistungen von der Beitragsfestsetzung unberücksichtigt, die gezielt zur Bewältigung bestimmter Lebenssituationen gewährt wurden, um besondere Defizite auszugleichen, und die daher uneingeschränkt für den angestrebten Zweck zur Verfügung stehen mussten. Durch solche zweckgebundenen Sozialleistungen wurde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds in der Regel nicht erhöht (BSG, Urteil vom 23. November 1992 - 12 RK 29/92, zit. nach juris). Im Hinblick auf den unterschiedlichen Wortlaut des bis zum 31. Dezember 1988 geltenden § 180 Abs. 4 Reichsversicherungsordnung (RVO), wonach neben dem Arbeitsentgelt die sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt beitragspflichtig waren, und des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der auf die gesamte wirtschaftliche Leistungspflicht abstellt, hat das BSG eine Modifizierung der früheren Rechtsprechung zu den zweckbestimmten Sozialleistungen für erforderlich gehalten, denn durch die gesetzliche Neuregelung war die Beschränkung der Beitragspflicht auf bestimmte Einkunftsarten und die Einnahme mindernde Berücksichtigung des Zwecks der Leistung entfallen. Die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird von den Einnahmen und nicht von der Bedarfssituation des Mitglieds bestimmt (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - B 12 KR 1/00 R; BSG, Urteil vom 6. September 2001 - B 12 KR 14/00 R; BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 28/05 R, jeweils zit. nach juris). Gleichwohl zählten weiter die früheren Leistungen der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen nach den § 27 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zu den nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitgliedes einwirkenden Leistungen (BSG, Urteil vom 6. September 2001 - B 12 KR 14/00 R, a.a.O.). Bei Personen, denen Hilfe zum allgemeinen Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff. BSHG gewährt wurde, konnte mithin nur der Betrag der Beitragsbemessung zugrunde gelegt werden, der ihnen als Hilfe zum allgemeinen Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff. BSHG zu gewähren gewesen wäre (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 12 RK 70/80, zit. nach juris). Zu den Leistungen der Sozialhilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG gehörten hingegen der Regelsatz, alle Mehrbedarfszuschläge, die übernommenen Unterkunftskosten einschließlich Neben- und Heizkosten, einmalige Leistungen zum Lebensunterhalt, Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung und - im Unterschied zu dem bis 31. Dezember 1988 geltenden Recht - im Falle einer entsprechenden Satzungsregelung auch das Wohngeld (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 – B 12 KR 1/00 R, a.a.O.). Andere früher als zweckbestimmt angesehene und deshalb beitragsfreie Leistungen wie das Wohngeld und die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 6. September 2001 - B 12 KR 14/00) erhöhen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und unterliegen nach der aktuellen Rechtsprechung daher der Beitragsbemessung (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 28/05 R). Neben den früheren Leistungen der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen bleibt noch wegen der gesetzlich geregelten Sonderstellung die Grundrente nach § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) auch weiterhin beitragsfrei und beeinflusst nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitgliedes (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 28/05 R, a.a.O.). Sie wird nahezu im gesamten Rechtssystem nicht als Einkommen gewertet, das zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht, weil sie ihrem wesentlichen Zweck nach eine Leistung darstellt, die einen ideellen Ausgleich für ein vom Einzelnen erbrachtes gesundheitliches Opfer schafft, für das die staatliche Gemeinschaft verantwortlich ist oder die Verantwortung übernimmt. Auch das Kindergeld ist als eine zweckgebundene Leistung nicht beitragspflichtig (BSG, Urteil vom 9. Dezember 1981, 12 RK 55/81; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/ Pflegeversicherung, Stand: März 2012, § 240 SGB V Rdnr. 24; offen gelassen bei entsprechender Satzungsregelung: BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000, B 12 KR 1/00 R, RdNr. 32, zit. nach juris).
Bei den vom Jugendamt des Wetteraukreises an die Klägerin als Pflegeperson ausgezahlten Erziehungsbeiträgen handelt es sich um Einnahmen, die im Sinne des § 3 Abs. 1 EGfM zum eigenen Lebensunterhalt verbraucht werden können, denn der Erziehungsbeitrag wird der Pflegeperson als Anerkennung und Abgeltung der von ihr erbrachten Erziehungsleistung ausgezahlt und beeinflusst ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Die Klägerin betreut als Pflegemutter die (nunmehr volljährigen) CW. und DW. im Rahmen der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII und erhält vom zuständigen Jugendamt des Kreises Wetterau gemäß § 39 SGB VIII hierfür Pflegegeld. Nach § 39 Abs. 1 SGB VIII gilt: Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen, die zusammen den notwendigen Unterhalt für das Pflegekind nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII darstellen.
Für die in Vollzeitpflege untergebrachten jungen Menschen werden gemäß dem Erlass des Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit über die "Laufenden Leistungen zum Unterhalt (§ 39 VIII) für Kinder und Jugendliche in der Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) (Pflegegelderlass)" vom 24. Juni 2009 (StAnz S. 1756, nachfolgend: Pflegegelderlass) in der jeweils gültigen Fassung Pauschalbeträge gewährt. Nach Ziff. 1 Satz 1 des Pflegegelderlasses besteht der monatliche Pauschalbetrag für laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 39 Abs. 5 SGB VIII aus dem Grundbetrag für materielle Unterhaltskosten und dem Erziehungsbeitrag für die Kosten der Erziehung. Nach Ziff. 1.1. soll durch den nach Altersstufen gestaffelten Grundbetrag der gesamte regelmäßig wiederkehrende Lebensbedarf des Kindes oder Jugendlichen gedeckt werden. Er enthält insbesondere die Aufwendungen für Ernährung, Unterkunft, Bekleidungsergänzung, Reinigung, Körperpflege, Hausrat, laufenden Schulbedarf, Bildung und Unterhaltung sowie Taschengeld und Versicherung (Ziff. 1.1. Satz 2). Zum Grundbetrag wird der Erziehungsbeitrag gewährt, durch den die Erziehungsleistung der Pflegeperson in angemessener Weise anerkannt werden soll (Ziff. 1.2.). Die ursprüngliche Bewilligung durch das Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg beruht auf § 39 SGB VIII i. V. m. dem Berliner Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) vom 9. Mai 1995 (Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin - GVBl - 1995, 300) in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 2005 (GVBl 2005, 322) und den dazu ergangenen Ausführungsvorschriften der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Berlin über Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) und teilstationärer Familienpflege (§ 32 Satz 2 SGB VIII) - (AV-Pflege) vom 21. Juni 2004. Entsprechend Ziff. 11 Abs. 4 Satz 2 und Ziff. 11.3 Abs. 1 der AV-Pflege wird der Erziehungsbeitrag zur Abgeltung der Erziehungsleistung gewährt.
Die Beklagte hat den Grundbetrag, der für die materiellen Aufwendungen der Pflegekinder gezahlt wird, zu Recht nicht in die Beitragsberechnung eingestellt. Es handelt sich bei diesem Zufluss um einen zweckgebundenen durchlaufenden Posten, der - wenn auch pauschalisiert - für den Unterhalt des Kindes bestimmt ist (vgl. SG Dresden, Urteil vom 6. April 2006, S 18 KR 1304/04, zit. nach juris). Anders als der Grundbeitrag dient aber die Geldleistung, die das Jugendamt als Erziehungsbeitrag gewährt, nicht dem Ausgleich des anfallenden Sachaufwandes zur Erziehung des Pflegekindes, sondern soll den Pflegeeltern die von ihnen geleistete Erziehung entgelten. Auch wenn der Erziehungsbeitrag keinen Lohn im üblichen Sinne darstellt, können die Pflegeeltern doch frei hierüber verfügen (so auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011, L 5 KR 101/10, zit. nach juris). Er steht somit bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auch der Klägerin zum Bestreiten des Lebensunterhaltes zur Verfügung. Nicht entscheidend ist, dass die Klägerin das Geld gegebenenfalls auch für Sachaufwendungen (z.B. Anschaffung von Spielzeug oder Sportgeräten, Finanzierung von Nachhilfeunterricht) verbrauchen kann. Es reicht insoweit die freie Verfügungsmöglichkeit der Klägerin. Wie die Pflegeperson die Erziehung mit Hilfe des Erziehungsbeitrages gestaltet, bleibt ihr überlassen. Insbesondere obliegt es ihrer Entscheidung, ob sie den Erziehungsbeitrag ausschließlich als Ausgleich für die eigene Erziehungsleistung ansieht oder für weitere materielle Aufwendungen verwendet (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, a.a.O.). Das Recht der Pflegeltern, den Erziehungsbeitrag behalten zu dürfen, steht dabei dem Anspruch eines Kinderheims auf Deckung der Kosten der Heimunterbringung, in denen die Personalkosten der Erzieher enthalten sind, gleich (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 11/5948 Seite 76 zu § 38 Abs. 3 des Entwurfs eines Kinder- und Jugendhilfegesetzes).
Die Entscheidungskompetenz der Pflegeperson spiegelt sich auch in den entsprechenden bundesweiten fachlichen Empfehlungen und Richtlinien über die Gewährung von Pflegegeld für junge Menschen in Vollzeitpflege (vgl. u.a. Empfehlungen des Bayerischen Landkreistag und des Bayerischen Städtetags für die Vollzeitpflege nach dem SGB VIII - AZ V-431-20/ks - vom 1. Januar 2010; Richtlinien über die Gewährung von Pflegegeld für junge Menschen in Vollzeitpflege gemäß §§ 27-41 SGB VIII in Verbindung mit § 33 SGB VIII des Kreises Rendsburg-Eckernförde ab 1. Januar 2011). Diese berücksichtigen, dass in begründeten Ausnahmefällen, in denen - wie vorliegend - aufgrund der Entwicklung der Kinder bzw. Jugendlichen ein erhöhter pädagogischer Mehraufwand oder erhöhter Betreuungsaufwand besteht, im Einzelfall der Erziehungsbeitrag zeitlich begrenzt angehoben werden kann. Der Erziehungsbeitrag dient damit vollen Umfangs dem Ausgleich der ideellen Erziehungsleistung der Pflegeperson und prägt somit dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Schleswig-Holsteinisches LSG, a.a.O.).
Im Übrigen werden nach einer Empfehlung des Hessischen Städtetages und des Hessischen Landkreistages - auf die der "Pflegegelderlass" in Ziff. 2.3. ausdrücklich verweist - Nebenleistungen bei Hilfen zur Erziehung nach § 27 i.V.m. § 33 SGB VIII gewährt, welche die materiellen Kosten der Erziehung wie z.B. Kinderbetreuung, Nachhilfeunterricht oder Weihnachtsbeihilfe umfassen (Anlage 7 zur Hessischen Rahmenvereinbarung für die Gestaltung der Einzelvereinbarungen über Leistungsangebote, Qualitätsentwicklung und Entgelte nach §§ 78 a ff. SGB VIII (KJHG); Fundstelle: www.kostenbeitrag.de/hze/ nebenleistungen/Nebenleistungen%202011. pdf).
Der Berücksichtigung des Erziehungsbeitrags als Einnahme zum Lebensunterhalt steht auch eine ausdrückliche Zweckbestimmung dieser Zuwendung nicht entgegen. Zwar dient der Erziehungsbeitrag nicht primär der Sicherung des Lebensunterhalts der Pflegeperson. Das stünde dem nicht gewerblichen Charakter der Aufnahme und Erziehung von Pflegekindern entgegen. Leistungen zur Absicherung des Lebensunterhalts von Pflegepersonen sind deshalb, selbst wenn sie wegen der Pflegetätigkeit keine Erwerbstätigkeit ausüben können, bislang in der Kinder- und Jugendhilfe nicht vorgesehen. Gleichwohl sind diese Zuwendungen - wie bereits ausgeführt - der Honorierung der Erziehungsleistung zu dienen bestimmt (siehe auch: Pflegegelderlass Hessen Ziff. 1.2.). Das Kind oder der Jugendliche soll damit in die Lage versetzt werden, Personen zu finden, die anstelle der eigenen Eltern Erziehungsaufgaben übernehmen. Ohne eine auch finanzielle Anerkennung wäre es noch schwerer, geeignete Pflegeeltern zu finden. Um als Steuerungsinstrument wirksam zu sein, setzt ein solcher finanzieller Anreiz indessen die Verwendbarkeit für den eigenen Lebensunterhalt der Pflegeperson gerade voraus. Bei der Einbeziehung des Erziehungsbeitrages in die Bemessungsgrundlage der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge wird der finanzielle Anreiz der Zuwendung auch nicht durch eine anrechnungsbedingte Anspruchminderung aufgehoben. Denn oberhalb des Beitrags aus dem rechnerischen Mindesteinkommen nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V werden Einnahmen zum Lebensunterhalt nur anteilig entsprechend dem aktuellen Beitragssatz zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen, so dass aus dem verbleibenden Betrag noch ein ausreichender Anreiz zur Honorierung des immateriellen Erziehungsaufwandes der Pflegeeltern verbleibt (vgl. SG Dresden, Urteil vom 6. April 2006, S 18 KR 1304/04, zit. nach juris).
Nach Auffassung des Senats kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin als Pflegeperson nicht Inhaberin des Anspruchs auf Pflegegeld gegen das Jugendamt ist. Streitig ist insoweit, ob der Anspruch auf Pflegegeld als Hilfe zur Erziehung dem Personensorgeberechtigten (OVG Münster, Beschluss vom 28. Februar 2011, 4 LC 280/09, zit. nach juris) oder dem Kind bzw. Jugendlichen selbst (VGH Mannheim, Urteil vom 18.2.1993, 7 S 2019/92, zit. nach juris) zusteht. Einigkeit besteht aber jedenfalls insoweit, dass der Anspruch im Fall der Vollzeitpflege - wie vorliegend - nicht der Pflegeperson zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 2007, B 7b AS 12/06 R m.w.N., zit. nach juris). Dies rechtfertigt entgegen der Auffassung des Sozialgerichts wie auch des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg im Beschluss vom 7. September 2009 (L 24 KR 173/09 B ER, zit. nach juris) jedoch nicht den Schluss, der an die Pflegeeltern gezahlte Erziehungsbeitrag sei ebenso wie der Grundbetrag lediglich ein "durchlaufender Posten" in deren Haushaltskasse, weil damit sämtliche Ausgaben, die der Erziehung des Pflegekindes dienten, finanziert werden müssten. Die rechtliche Zuordnung des Erziehungsbeitrages zum Personensorgeberechtigten bzw. Pflegekind als Anspruchsinhaber bringt lediglich zum Ausdruck, dass auch diese Geldleistung ebenso wie die Gewährung des Pflegegeldes letztlich den notwendigen Unterhalt des Pflegekindes abdecken soll und sich somit an dessen Pflege- und Erziehungsbedarf auszurichten hat. Der Erziehungsbeitrag in § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII umfasst daher die gesamten Kosten der Erziehung. Damit können zwar materielle Aufwendungen, die der Erziehung des Pflegekindes dienen, finanziert werden. Der Pflegeperson steht es aber - wie bereits ausgeführt - frei, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sie von diesem Betrag zusätzliche der Erziehung dienende Gegenstände wie Spielzeug, Bücher, Musikinstrumente oder Sportgeräte anschaffen, Dienste Dritter oder Einrichtungen für die Erziehung in Anspruch nehmen oder aber ausschließlich ihre eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse bei der Pflege und Erziehung einsetzen will. Die Pflegepersonen haben einen umfassenden Gestaltungsspielraum, weil die Kosten des Sachaufwandes für den Unterhaltsbedarf der Kinder bzw. Jugendlichen auch insoweit bereits durch den Grundbetrag abgegolten werden (Schleswig-Holstei-nisches LSG, a.a.O.).
Im Übrigen verkennt die vom Sozialgericht vertretene Auffassung die Struktur des Anspruchs auf Pflegegeld nach § 39 Abs. 1 SGB VIII als Teil eines vierpoligen Rechtsverhältnisses zwischen Kind, Personensorgeberechtigten, Jugendhilfeträger und Pflegeeltern. Der in § 39 SGB VIII verankerte Anspruch auf Leistungen zum Unterhalt des Kindes steht als Annex zum Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege nach § 27 Abs. 1, § 33 Satz 1 SGB VIII nicht dem Kind selbst, sondern den Personensorgeberechtigten - wenn auch zu Gunsten des Kindes - zu (BverwG, Urteil vom 12. September 1996, 5 C 31/95). Der Anspruch der Personensorgeberechtigten auf Zahlung von Pflegegeld zur Deckung der Kosten der Erziehung an die Pflegeeltern (nur dieser ist in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII geregelt) darf nicht verwechselt werden mit dem (nicht gesetzlich geregelten) Recht der Pflegeeltern, den ihnen in Erfüllung dieses Anspruchs durch das Jugendamt gezahlten Pauschalbetrag als Ausgleich für im Auftrag des Jugendamtes erbrachte Erziehungsleistung behalten zu dürfen. Zu differenzieren ist zwischen dem Leistungsverhältnis zwischen dem Träger der Jugendhilfe und den Personensorgeberechtigten, in dem der in §§ 27, 33 SGB VIII geregelte Anspruch auf Vollzeitpflege des Kindes u.a. durch Sicherstellung des Unterhalts einschließlich der Kosten der Erziehung (§ 39 Abs. 1 SGB VIII) erfüllt wird, zum Einen sowie dem Beschaffungsverhältnis zwischen dem Träger der Jugendhilfe und den Pflegeeltern zum Anderen. Im Rahmen dieses Beschaffungsverhältnisses zieht das Jugendamt auf Grund seines Gewährleistungsauftrags aus § 79 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII die Pflegeeltern als Erfüllungsgehilfen heran, um die Ansprüche aus dem Leistungsverhältnis gegenüber den Personensorgeberechtigten zu befriedigen. Für die Wahrnehmung dieser Aufgaben stellt es den Pflegeeltern die Pauschalbeträge für materielle Aufwendungen (Grundbetrag) und für die Kosten der Erziehung (Erziehungsbeitrag) im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB VIII zur Verfügung. Während sich der Unterhalt des Kindes, der von den Pflegeltern aus dem Grundbetrag gedeckt wird, auf Leistungen erstreckt, die von den Pflegeeltern als Sachleistung oder durch die kostenpflichtige Inanspruchnahme Dritter erfüllt wird, erfüllen die Pflegeeltern die Erziehungsaufgaben, welche mit dem Pauschalbetrag für die Kosten der Erziehung (Erziehungsbeitrag) abgegolten werden, als Dienstleistung gegenüber dem Kind selbst. Anders als der Grundbetrag, den die Pflegeeltern als geldwerte materielle Unterhaltsleistung dem Kind zuzuwenden gehalten sind, sind die Pflegeeltern hinsichtlich des Erziehungsbeitrages das letzte Glied in der Kette der Leistungserbringer. "Kosten" im eigentlichen Sinne des Wortes stellt der Pauschalbetrag für die Kosten der Erziehung nur aus unterhaltsrechtlicher Sicht, namentlich aus der Perspektive des Personensorgeberechtigten und des Jugendamtes als den Beteiligten des in § 39 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit §§ 27, 33 SGB VIII geregelten Anspruchsverhältnisses dar. Aus Sicht der Pflegeeltern handelt es sich nicht um Kosten, sondern um einen Zufluss. Zur Weitergabe des Werts dieser Leistung an das Kind sind sie nicht verpflichtet.
Etwas Gegenteiliges kann die Klägerin zu ihren Gunsten auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG zur Einkommensanrechnung im Geltungsbereich des SGB II in den Urteilen vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R - und vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 9/09 R - herleiten. Diese Rechtsprechung ist auf die Beitragspflicht nach dem SGB V bereits deshalb nicht übertragbar, weil die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit bei der Bewilligung von Sozialleistungen anderen Grundsätzen folgt als die Beitragsbemessung der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung.
§ 11a Abs. 3, Satz 1 SGB II bestimmt, dass Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen. Dieser Regelung liegt zugrunde, dass durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff. SGB II lediglich das soziokulturelle Existenzminimum der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sichergestellt werden und Leistungen gemäß § 3 Abs. 3 SGB II nur erbracht werden sollen, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Zweck der Leistung ist mithin eine Basissicherung, solange und soweit ein an sich erwerbsfähiger Hilfebedürftiger keine Arbeitsstelle finden kann, mit der er selbst seinen Unterhalt zu decken in der Lage ist (BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R, zit. nach juris). Nach § 11a Abs. 3 Satz 2, Nr. 1 SGB II wird abweichend von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II der Erziehungsbeitrag für das erste und zweite Pflegekind nicht, für das dritte Pflegekind zu 75 v.H. und für das vierte und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe als Einkommen angerechnet. Bei der Aufnahme von mehr als zwei Kindern in Vollzeitpflege wird daher unterstellt, dass es sich wegen der Professionalität der Pflegeleistungen um eine gewerbliche Einkommenserzielung handelt, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Pflegepersonen maßgeblich beeinflusst und die Hilfebedürftigkeit verringert. Bei der Aufnahme von nicht mehr als zwei Pflegekindern ging die Rechtsprechung des BSG auch schon für die Zeit vor Inkrafttreten des § 11 Abs. 4 SGB II n.F. zum 1. Januar 2007 durch Art. 16 Abs. 4 des Fortentwicklungsgesetzes vom 20. Juli 2006 bzw. der inhaltsgleichen Nachfolgevorschrift § 11a Abs. 3, Satz 2 Nr. 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl I 2011, 453) von fehlender Professionalität der Pflegeleistungen aus (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 9/09 R, zit. nach juris). Hierzu führte es aus, dass die "Freistellung" von zwei Kindern der im Erziehungsbeitrag enthaltenen "Anreizfunktion" Rechnung trage. Insoweit schloss sich der 4. Senat des BSG der Rechtsprechung des 7b. Senats im zitierten Urteil vom 29. März 2007 an, der zur Begründung seiner Auffassung auf die Gesetzesmaterialien zum SGB VIII verwies, nach denen der Gesetzgeber durch die verbesserten materiellen Leistungen für Pflegekinder im SGB VIII breitere Bevölkerungsschichten zur Aufnahme von fremden Kindern habe motivieren wollen (BR-Drucks. 503/89, S. 73). Diese Anreizfunktion des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII beizubehalten sei auch bei Personen, die im SGB II-Leistungsbezug stünden, geboten (BSG a.a.O.). Die Pflegefamilien sollten generell - auch - einen wirtschaftlichen Anreiz haben, Pflegekinder aufzunehmen.
Die vom BSG herausgestellte Doppelfunktion des Erziehungsbeitrages hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zu Unrecht zum Anlass genommen, einen nicht abgrenzbaren ideellen Anteil des Erziehungsbeitrages und einen Anteil für materielle Kosten der Erziehung anzunehmen. Da die Sachaufwendungen für die Erziehung - wie bereits ausgeführt - mit dem Grundbetrag abgegolten sind, wird der zur Verfügung gestellte Betrag für Erziehungsleistungen (Erziehungsbeitrag) nicht geschmälert, wenn er zugleich als Einkommen bei der Bemessung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Pflegeperson berücksichtigt wird. Denn diese hat als Gegenleistung für den an sie ausgezahlten Erziehungsbeitrag gegenüber dem Pflegekind die Erziehungsleistung grundsätzlich persönlich zu erbringen. Dass sie sich mit Hilfe des an sie ausgezahlten Erziehungsbeitrages wegen der freien Verfügbarkeit insoweit Entlastung durch dritte Personen oder Sachmittel verschaffen kann, ist nicht entscheidend. Denn sie hat die rechtliche und tatsächliche Befugnis, den Erziehungsbeitrag bei ausschließlich persönlicher Erbringung der Erziehungsleistung vollständig für den eigenen Lebensunterhalt zu verbrauchen. Daher mag die Argumentation in der zitierten Rechtsprechung des BSG zur Einkommensanrechnung bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit im Anwendungsbereich des SGB II stringent sein. Auf die hier vorliegende Sachverhaltskonstellation ist sie jedoch selbst unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung nicht übertragbar, weil sich die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beitragsbemessung wesentlich von den Vorschriften des SGB II unterscheiden, die die Einkommensanrechnung regeln (Schleswig-Holsteinisches LSG, a.a.O.).
Die steuerrechtliche Behandlung des Erziehungsbeitrags als steuerfreie Beihilfe im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG ist im Hinblick auf die Beitragsbemessung entgegen der Auffassung des Sozialgerichts unerheblich. Nach § 3 Abs. 1 der "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" sind Einnahmen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Die "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" wiederholen damit die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 240 Abs. 1 SGB V (BT-Drucks. 11/2237, S. 225), die damit die Einnahmen umschrieb, die die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmen.
Die nach § 45 Abs. 1 SGB X grundsätzlich zulässige Aufhebung des früheren Beitragsbescheids vom 4. Januar 2011 war auch rechtsmäßig im Hinblick auf den nach § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X zu prüfenden Vertrauensschutz.
Ein rechtswidriger Bescheid darf nach § 45 Abs. 2 SGB X nur dann nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin jedoch nicht grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben zur ihren Einkünften gemacht, so dass ein Vertrauensschutz auch nicht von vornherein gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ausgeschlossen wäre. Gemäß § 206 Abs. 1 SGB V hat ein Versicherter auf Verlangen über alle für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erforderlichen Tatsachen unverzüglich Auskunft zu erteilen und Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen. Die Klägerin hat bereits bei Antrag auf Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung im Januar 2009 unter Vorlage des Schreibens des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg vom 24. April 2007 offen gelegt, dass sie Pflegekinder in ihrem Haushalt betreut. In den nachfolgenden Einkommenserklärungen vom 10. Februar 2010 und vom 12. Januar 2011 hat sie jeweils darauf hingewiesen, dass sie Pflegegeld für zwei Kinder bezieht. Die Klägerin hat dabei nach Auffassung des Senats jedenfalls nicht grob fahrlässig unrichtige Angaben im Hinblick auf den im Pflegegeld enthaltenen Erziehungsbeitrag gemacht. Zum einen hätte die Beklagte bereits bei Kenntnis der Pflegemuttereigenschaft oder spätestens bei Kenntnis der Pflegegeldzahlungen Einzelheiten der Leistungen nachfragen können. Zum anderen kann man der Klägerin im Hinblick auf die Steuerfreiheit des Erziehungsbeitrages jedenfalls eine grobe Fahrlässigkeit nicht nachweisen, denn die Klägerin hätte gerade nicht aufgrund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen erkennen können, dass der Erziehungsbeitrag eine beitragspflichtige Einnahme darstellt.
Bei Abwägung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin auf den Bestand des Beitragsbescheides mit dem öffentlichen Interesse an seiner Rücknahme im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X hat die Beklagte jedoch zutreffend dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns, der regelmäßig die Beseitigung rechtswidriger Verwaltungsakte verlangt, insbesondere wenn diese Dauerwirkung entfalten, Vorrang eingeräumt. Zudem ist das Vertrauen der Klägerin in den Fortbestand des Beitragsbescheides vom 4. Januar 2011, d.h. der Beitragsfestsetzung unter Berücksichtigung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze nicht im Hinblick auf getätigte Vermögensdispositionen schutzwürdig, denn die Klägerin hat noch über Erlass des Bescheides vom 22. Februar 2011 hinaus den bis 31. Dezember 2010 gültigen niedrigeren Beitrag gezahlt (Schreiben der Beklagten vom 11. Oktober 2011, Blatt 53 der Verwaltungsakte). Zudem erfolgte mit der Aufhebung und Neufestsetzung der Beiträge ab 1. Februar 2011 lediglich eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft (vgl. Kasseler Kommentar-Steinwedel, § 45 RdNr. 48).
Schließlich hat die Beklagte auch im Bescheid vom 22. Februar 2011 ergänzt durch die Schreiben vom 9. Mai 2011 und vom 20. Dezember 2012 das für eine Rücknahme erforderliche Ermessen ausgeübt. Sie hat dabei zulässige Gesichtspunkte in die Ermessensabwägung eingestellt, namentlich auch eine unzumutbare Härte der Klägerin in Erwägung gezogen und eine Aufhebung lediglich für die Zukunft verfügt. In der Gesamtabwägung wurde kein Ermessensfehler begangen. Dieser ist von der Klägerseite auch nicht gerügt worden.
Die neben der Aufhebung mit den angefochtenen Bescheiden auch im Namen der Beigeladenen (§ 46 Abs. 2 Satz 4 und 5 SGB XI) vorgenommene Neufestsetzung der Beitragshöhe ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat im Hinblick auf die hier streitentscheidende Rechtsfrage, der er grundsätzlich Bedeutung beimisst, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung.
Die 1958 geborene Klägerin betreut seit 1994 die Pflegekinder CW. und DW. gemäß § 33 Sozialgesetzbuch Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII).
Das ursprünglich zuständige Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg stellte einen besonderen Förderbedarf der Kinder fest und bewilligte entsprechend der in Berlin gültigen Verwaltungsvorschriften zuletzt mit Bescheiden vom 21. November 2006 (Blätter 112 und 120 der Gerichtsakte) ein monatliches Pflegegeld, das sich aus einem Grundbetrag für materielle Aufwendungen in Höhe von 670,00 EUR für CW. und in Höhe von 492,00 EUR für DW. und einem Erziehungsbeitrag in Höhe von jeweils 959,00 EUR zusammensetzte.
Nach einem Umzug der Klägerin nach A-Stadt (Hessen) ging zum 1. Mai 2007 die Zuständigkeit auf das Jugendamt des Landkreises Wetterau über. Mit Bescheiden vom 25. April 2007, 10. Mai 2007 und 25. Oktober 2007 (Blätter 123-129 der Gerichtsakte) und fortlaufend bewilligte das Jugendamt des Landkreises Wetterau entsprechend einer Zusicherung des Jugendamtes Friedrichshain-Kreuzberg vom 3. Mai 2007 (Blatt 103 der Gerichtsakte) Pflegegeld in der bisherigen Höhe; insbesondere wurde weiterhin der Erziehungsbeitrag in Höhe von jeweils 959,00 EUR an die Klägerin ausgezahlt. Die Stadt Berlin erstattet bis heute die vom Kreis Wetterau zugunsten der Klägerin erbrachten Pflegegeldleistungen in voller Höhe.
Die Klägerin beantragte im Januar 2009 die Aufnahme in die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung im Anschluss an ihre Ehescheidung. In ihrer Einkommenserklärung vom 2. Februar 2009 verneinte sie ein eigenes Einkommen. Zeitgleich legte sie eine Bescheinigung des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg vom 24. April 2007 vor, aus der hervorging, dass die Pflegekinder CW. und DW. dauerhaft im Haushalt der Klägerin leben.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2009 stellte die Beklagte die freiwillige Mitgliedschaft rückwirkend ab 29. Oktober 2008, der Rechtskraft des Scheidungsurteils fest, und berücksichtigte als beitragspflichtiges Einkommen die gesetzlich festgelegte Mindestbeitragsbemessungsgrenze. Der Krankenversicherungsbeitrag wurde auf 120,11 EUR festgesetzt; der Pflegeversicherungsbeitrag betrug 16,15 EUR.
Mit nachfolgenden Beitragsbescheiden vom 13. Januar 2010, 12. Februar 2010 und 4. Januar 2011 wurden die Beiträge - zuletzt mit Wirkung ab 1. Januar 2011 - angepasst; Bemessungsgrundlage blieb die Mindesteinnahmegrenze. In ihren Einkommenserklärungen vom 10. Februar 2010 und vom 12. Januar 2011 verwies die Klägerin jeweils darauf, dass sie ausschließlich das Pflegegeld für zwei Pflegekinder erhalte. Sie legte ergänzend am 22. Februar 2011 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 vor, der keine Einkünfte aufwies. In der dem Steuerbescheid beigefügten Aufstellung der Pflegegeldzahlungen waren die Erziehungsbeiträge in Höhe von jeweils 959,00 EUR sowie die Grundbeträge für den Sachaufwand bzw. sonstige Beihilfen aufgelistet.
Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 22. Februar 2011 den Beitragsbescheid vom 4. Januar 2011 auf und setzte - auch im Namen der beigeladenen Pflegekasse - die Beiträge ab 1. Februar 2011 unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens in Form der Erziehungsbeiträge in Höhe von insgesamt 1.918,- EUR (959,00 EUR pro Kind) fest. Der Beitrag zur Krankenversicherung betrug nunmehr 285,78 EUR, zur Pflegeversicherung 37,40 EUR. Die Klägerin widersprach dem Bescheid mit Schreiben vom 4. März 2011. Sie erziele keinen Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit wie auch aus dem Steuerbescheid hervorgehe. Mit Schreiben vom 16. Mai 2011 wies sie ergänzend darauf hin, dass das Bundessozialgericht (BSG) den Erziehungsbeitrag gemäß § 39 SGB VIII in einem Urteil vom 29. März 2007 (B 7b AS 12/06 R) als eine zweckbestimmte Einnahme ansehe, der nicht als Einkommen angerechnet werden dürfe. Das Pflegegeld sei kein Einkommen, sondern Hilfe zur Erziehung. Ergänzend legte die Klägerin ein Schreiben des Bundesministerium für Finanzen vom 24. Mai 2007 (Az.: 1234) vor, nach dem der im Pflegegeld enthaltene Erziehungsbeitrag als steuerfreie Beihilfe qualifiziert wurde, sofern keine Erwerbstätigkeit vorliege; Erwerbstätigkeit werde (widerleglich) vermutet, wenn die Erziehungsbeiträge pro Pflegehaushalt 24.000,- EUR überstiegen (Blatt 18 der Verwaltungsakte). Die Beklagte führte in Schreiben vom 9. Mai 2011 und vom 20. Dezember 2012 ergänzend aus, dass das Vertrauen der Klägerin in die vorangegangenen Beitragsbescheide unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses nicht schutzwürdig sei, da sie grob fahrlässig die Pauschalbeiträge für die Kosten der Erziehung (Erziehungsbeitrag) nicht angegeben habe. Gründe, die eindeutig auf Vermögensdispositionen infolge der Beitragsbescheide schließen ließen, seien nicht vorgetragen. Im Rahmen der Ermessensausübung sei nicht ersichtlich, dass die Erhebung der Beiträge nach den monatlichen Einnahmen eine unbillige Härte darstelle. Die Aufhebung des Beitragsbescheides erfolge gleichwohl nur für die Zukunft. Der Beitrag für Februar 2011 sei erst Ende Februar 2011 fällig geworden (§ 23 Abs. 1 SGB IV i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 der Satzung) und der Bescheid vom 22. Februar 2011 sei vor Fälligkeit zugegangen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2012 zurück. Bei den "Hilfen zur Erziehung" (Erziehungsbeitrag) in Höhe von monatlich 1.918,00 EUR handele es sich um eine beitragspflichtige sonstige Einnahme, welche die Klägerin zu ihrem Lebensunterhalt verbrauchen könne. Die Einnahme erhöhe zweifellos die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin im Sinne der Rechtsprechung. Die anderslautenden Ausführungen des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg in einem Beschluss vom 7. September 2009 (L 24 KR 173/09 B ER) überzeugten nicht. Das von der Klägerin zitierte Urteil des BSG könne nicht herangezogen werden; die dortigen Ausführungen bezögen sich auf die Frage der Anrechnung des Erziehungsbeitrages auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.
Hiergegen hat die Klägerin am 30. März 2012 Klage bei dem Sozialgericht Gießen erhoben und vorgetragen, dass die Zahlungen für Pflegekinder im Sinne des § 39 SGB VIII in Form des Erziehungsbeitrags nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehöre. Dies ergebe sich auch aus § 11a Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Danach sei das Pflegegeld für die ersten beiden Pflegekinder nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Zudem sei das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII Teil der Hilfe zur Erziehung und solle entsprechend seiner Zweckrichtung den Pflegekindern und nicht den Eltern zugute kommen. Entsprechend habe das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bereits 1996 entschieden, dass das Pflegegeld nicht der Pflegeperson, sondern den Pflegebedürftigen zustehe (Urteil vom 12. September 1996, 5 C 31/95). Die Leistung nach § 39 SGB VIII habe gerade nicht den Zweck, das Einkommen der Pflegeperson zu mehren (BSG, Beschluss vom 29. März 2007, B 7b AS 12/06 R). Sie stelle auch keine Entlohnung der Pflegeperson dar (Oberverwaltungsgericht -OVG- NRW, Urteil vom 24. November 1995, -24 A 4833/94).
Das Sozialgericht Gießen hat mit Urteil vom 18. Juli 2012 die Bescheide vom 22. Februar 2011 und vom 9. Mai 2011 sowie den Widerspruchsbescheid vom 14. März 2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ohne Berücksichtigung der Erziehungsbeiträge gemäß § 39 SGB VIII zu berechnen. Das an die Klägerin gezahlte Pflegegeld sei keine Einnahme im Sinne des § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und der "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler", da das Pflegegeld von der Klägerin nicht zum Lebensunterhalt verbraucht werden könne. Das Pflegegeld decke die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes ab, sei Teil der Hilfe zur Erziehung im Sinne der §§ 28 bis 35 SGB VIII und solle von seiner Zweckrichtung her den Pflegekindern und nicht der Pflegeperson zukommen. Die Höhe des Geldes richte sich am Bedarf des Pflegekindes und nicht an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Pflegeperson aus. Mit dem pauschalen Erziehungsbeitrag würden die gesamten Kosten der Erziehung abgedeckt; es würden damit auch Ausgaben, die der Erziehung dienten, finanziert, wie z.B. Anschaffung von Spielzeug, Büchern, Musikinstrumenten, Nachhilfeunterricht etc. Soweit daneben im Erziehungsbeitrag auch ein Anteil für die Pflegeeltern als Anerkennung der Erziehungsleistung enthalten sei, stelle sich dieser Anteil lediglich als ideeller Anreiz für die Aufnahme eines Pflegekindes dar. Ein solcher Anteil sei nicht wirtschaftlich abgrenzbar und könne auch nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Pflegeperson beeinflussen. Bei dem im Pflegegeld enthaltenen Erziehungsbeitrag handele es sich darüber hinaus um eine steuerfreie Beihilfe im Sinne des § 3 Nr. 11 Einkommensteuergesetz (EStG), die die Erziehung unmittelbar fördere, sofern keine Erwerbstätigkeit vorliege. Diese werde erst vermutet, wenn mehr als sechs Kinder im Haushalt aufgenommen würden. Im Übrigen könne es sich bei dem Pflegegeld nach § 39 SGB VIII auch deshalb nicht um Einkommen der Klägerin handeln, weil die Klägerin nicht Anspruchsinhaberin sei. Der Anspruch nach § 39 SGB VIII stehe im Fall der Vollzeitpflege nicht der Pflegeperson selbst, sondern den Personensorgeberechtigten zu.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 9. Oktober 2012 zugestellte Urteil am 8. November 2012 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht erhoben.
Der Senat hat mit Beschluss vom 21. Februar 2013 die Barmer GEK Pflegekasse notwendig beigeladen (§ 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Zur Berufungsbegründung führt die Beklagte aus: Der im Pflegegeld enthaltene sog. Erziehungsbeitrag stelle eine beitragspflichtige Einnahme zum Lebensunterhalt dar. Die Klägerin bestreite mit diesen Leistungen offenbar ihren Lebensunterhalt, da sie über keine weiteren Einkünfte verfüge. Die vom Sozialgericht erwähnte Steuerfreiheit des Erziehungsbeitrages stehe der Beitragspflicht nicht entgegen, da nach den "Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler" auch sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt "ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung" zugrunde zu legen seien. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 15. November 2011 (L 5 KR 101/10) vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Rechtsprechung zur Einkommensanrechnung im Geltungsbereich des SGB II (BSG, Urteile vom 29. März 2007 -B 7b AS 12/06 R- und vom 1. Juli 2009 -B 4 AS 9/09 R) nicht auf die Beitragspflicht nach dem SGB V übertragen werden könne. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragsbemessung unterschieden sich wesentlich von den Voraussetzungen der Einkommensanrechnung nach dem SGB II. Dies werde auch dadurch deutlich, dass lediglich die Erziehungsbeiträge für das erste und zweite Pflegekind nicht angerechnet würden (§ 11 Abs. 4 SGB II). Da die Sachaufwendungen für Erziehung grundsätzlich mit dem im Pflegegeld enthaltenen entsprechenden Anteil (Grundbetrag) abgegolten seien, werde der mit dem Pflegegeld zur Verfügung gestellte Betrag für Erziehungsleistungen (Erziehungsbeitrag) nicht geschmälert, wenn er zugleich als Einkommen der Pflegeperson bei der Bemessung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge berücksichtigt werde. Denn die Pflegeperson habe als Gegenleistung für den an sie ausgezahlten Erziehungsbeitrag gegenüber dem Pflegekind die Erziehungsleistung grundsätzlich persönlich zu erbringen. Der Umstand, dass sich die Pflegeperson mit Hilfe des an sie ausgezahlten Erziehungsbeitrages wegen der freien Verfügbarkeit insoweit Entlastung durch dritte Personen oder Sachmittel beschaffen könne, schließe nicht aus, dass diese Geldleistung die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verstärke. Die Pflegeperson habe die rechtliche Befugnis, den Erziehungsbeitrag bei ausschließlich persönlicher Erbringung der Erziehungsleistung vollständig für den eigenen Lebensunterhalt zu verbrauchen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 18. Juli 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Nach schriftlicher Auskunft des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg vom 10. Juli 2013 (Blatt 86) und telefonischer Auskunft einer Mitarbeiterin des Jugendamtes des Landkreises Wetterau am 22. Juli 2013 oblag die Personensorge für CW. und DW. zeitweise dem Jugendamt und im Übrigen der leiblichen Mutter, nicht aber der Klägerin.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Aufhebung des Beitragsbescheides vom 4. Januar 2011 mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Februar 2011 ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn die ursprüngliche Beitragsfestsetzung ist rechtsfehlerhaft. Der Erziehungsbeitrag von insgesamt 1.918,- EUR ist als beitragspflichtiges Einkommen der Klägerin in voller Höhe in die Beitragsbemessung einzubeziehen.
Rechtsgrundlage der Aufhebung des Beitragsbescheides vom 4. Januar 2011 mit Wirkung ab 1. Februar 2011 ist § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Danach steht die Aufhebung eines Verwaltungsaktes im Ermessen der Behörde, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig war und das Vertrauen des Betroffenen nicht schutzwürdig ist. Der ursprüngliche Beitragsbescheid vom 4. Januar 2011 ist (von Anfang an) rechtswidrig, denn die im Pflegegeld enthaltenen Erziehungsbeiträge sind bei der Beitragsfestsetzung als Einnahmen zu berücksichtigen.
Grundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber der Klägerin sind § 252 Abs. 1 Satz 1 und § 250 Abs. 2 SGB V hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung sowie § 60 Abs. 1 Satz 1 und § 59 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung. Danach sind diese Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. Dies sind die freiwilligen Mitglieder bzw. die Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind, denn sie tragen diese Beiträge allein.
Die Beiträge der Krankenversicherung werden nach § 223 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 SGB V nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze bemessen. Die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung werden nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGB XI nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 55 SGB XI) erhoben.
Für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung wird die Beitragsbemessung seit 1. Januar 2009 aufgrund des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl I 2007, 378) einheitlich durch den GKV-Spitzenverband geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 SGB V). Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Nach § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI gelten diese Vorschriften auch für die Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung.
Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ergibt sich grundsätzlich aus den Einnahmen und Geldmitteln, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte (BSG, Urteil vom 22. März 2002, B 12 KR 8/05 R, zit. nach juris). Es muss sich also um solche Einnahmen und Geldmittel handeln, die dem Mitglied bei wirtschaftlicher Betrachtung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zur Verfügung stehen (BSG, Urteil vom 23. September 1999, B 12 KR 12/98 R, zit. nach juris).
Die vom GKV-Spitzenverband erlassenen "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträgen (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)" vom 27. Oktober 2008 (EGfM), in Kraft getreten am 1. Januar 2009 (§ 13 EGfM), gehen von diesen im SGB V geregelten (§ 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Abs. 2 EGfM) und von der Rechtsprechung ausgefüllten (§ 3 Abs. 1 EGfM) Begriffen aus. Der Senat schließt sich im Hinblick auf die Rechtswirksamkeit der "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" den Ausführungen des BSG im Urteil vom 19. Dezember 2012 (B 12 KR 20/11) an und wertet die "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" als untergesetzliche Normen, die für sich genommen ab 1. Januar 2009 eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung darstellen.
Öffentliche Leistungen sind nur dann von der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung ausgenommen, wenn sie im Hinblick auf ihre besondere Zweckbestimmung den "Einnahmen" des Versicherten zum Lebensunterhalt nicht zugeordnet werden können. Die Berücksichtung öffentlicher Leistungen als beitragspflichtige Einnahme orientierte sich in der Vergangenheit am angestrebten Zweck einer Leistung, wobei zweckgebundene Sozialleistungen außer Betracht bleiben sollten. Vor dem Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 blieben lediglich solche öffentlich-rechtliche Leistungen von der Beitragsfestsetzung unberücksichtigt, die gezielt zur Bewältigung bestimmter Lebenssituationen gewährt wurden, um besondere Defizite auszugleichen, und die daher uneingeschränkt für den angestrebten Zweck zur Verfügung stehen mussten. Durch solche zweckgebundenen Sozialleistungen wurde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds in der Regel nicht erhöht (BSG, Urteil vom 23. November 1992 - 12 RK 29/92, zit. nach juris). Im Hinblick auf den unterschiedlichen Wortlaut des bis zum 31. Dezember 1988 geltenden § 180 Abs. 4 Reichsversicherungsordnung (RVO), wonach neben dem Arbeitsentgelt die sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt beitragspflichtig waren, und des § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der auf die gesamte wirtschaftliche Leistungspflicht abstellt, hat das BSG eine Modifizierung der früheren Rechtsprechung zu den zweckbestimmten Sozialleistungen für erforderlich gehalten, denn durch die gesetzliche Neuregelung war die Beschränkung der Beitragspflicht auf bestimmte Einkunftsarten und die Einnahme mindernde Berücksichtigung des Zwecks der Leistung entfallen. Die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird von den Einnahmen und nicht von der Bedarfssituation des Mitglieds bestimmt (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - B 12 KR 1/00 R; BSG, Urteil vom 6. September 2001 - B 12 KR 14/00 R; BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 28/05 R, jeweils zit. nach juris). Gleichwohl zählten weiter die früheren Leistungen der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen nach den § 27 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zu den nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitgliedes einwirkenden Leistungen (BSG, Urteil vom 6. September 2001 - B 12 KR 14/00 R, a.a.O.). Bei Personen, denen Hilfe zum allgemeinen Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff. BSHG gewährt wurde, konnte mithin nur der Betrag der Beitragsbemessung zugrunde gelegt werden, der ihnen als Hilfe zum allgemeinen Lebensunterhalt nach den §§ 11 ff. BSHG zu gewähren gewesen wäre (BSG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 12 RK 70/80, zit. nach juris). Zu den Leistungen der Sozialhilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG gehörten hingegen der Regelsatz, alle Mehrbedarfszuschläge, die übernommenen Unterkunftskosten einschließlich Neben- und Heizkosten, einmalige Leistungen zum Lebensunterhalt, Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung und - im Unterschied zu dem bis 31. Dezember 1988 geltenden Recht - im Falle einer entsprechenden Satzungsregelung auch das Wohngeld (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 – B 12 KR 1/00 R, a.a.O.). Andere früher als zweckbestimmt angesehene und deshalb beitragsfreie Leistungen wie das Wohngeld und die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 6. September 2001 - B 12 KR 14/00) erhöhen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und unterliegen nach der aktuellen Rechtsprechung daher der Beitragsbemessung (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 28/05 R). Neben den früheren Leistungen der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen bleibt noch wegen der gesetzlich geregelten Sonderstellung die Grundrente nach § 31 Bundesversorgungsgesetz (BVG) auch weiterhin beitragsfrei und beeinflusst nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitgliedes (BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 28/05 R, a.a.O.). Sie wird nahezu im gesamten Rechtssystem nicht als Einkommen gewertet, das zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht, weil sie ihrem wesentlichen Zweck nach eine Leistung darstellt, die einen ideellen Ausgleich für ein vom Einzelnen erbrachtes gesundheitliches Opfer schafft, für das die staatliche Gemeinschaft verantwortlich ist oder die Verantwortung übernimmt. Auch das Kindergeld ist als eine zweckgebundene Leistung nicht beitragspflichtig (BSG, Urteil vom 9. Dezember 1981, 12 RK 55/81; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/ Pflegeversicherung, Stand: März 2012, § 240 SGB V Rdnr. 24; offen gelassen bei entsprechender Satzungsregelung: BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000, B 12 KR 1/00 R, RdNr. 32, zit. nach juris).
Bei den vom Jugendamt des Wetteraukreises an die Klägerin als Pflegeperson ausgezahlten Erziehungsbeiträgen handelt es sich um Einnahmen, die im Sinne des § 3 Abs. 1 EGfM zum eigenen Lebensunterhalt verbraucht werden können, denn der Erziehungsbeitrag wird der Pflegeperson als Anerkennung und Abgeltung der von ihr erbrachten Erziehungsleistung ausgezahlt und beeinflusst ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
Die Klägerin betreut als Pflegemutter die (nunmehr volljährigen) CW. und DW. im Rahmen der Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII und erhält vom zuständigen Jugendamt des Kreises Wetterau gemäß § 39 SGB VIII hierfür Pflegegeld. Nach § 39 Abs. 1 SGB VIII gilt: Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen, die zusammen den notwendigen Unterhalt für das Pflegekind nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII darstellen.
Für die in Vollzeitpflege untergebrachten jungen Menschen werden gemäß dem Erlass des Hessischen Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit über die "Laufenden Leistungen zum Unterhalt (§ 39 VIII) für Kinder und Jugendliche in der Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) (Pflegegelderlass)" vom 24. Juni 2009 (StAnz S. 1756, nachfolgend: Pflegegelderlass) in der jeweils gültigen Fassung Pauschalbeträge gewährt. Nach Ziff. 1 Satz 1 des Pflegegelderlasses besteht der monatliche Pauschalbetrag für laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 39 Abs. 5 SGB VIII aus dem Grundbetrag für materielle Unterhaltskosten und dem Erziehungsbeitrag für die Kosten der Erziehung. Nach Ziff. 1.1. soll durch den nach Altersstufen gestaffelten Grundbetrag der gesamte regelmäßig wiederkehrende Lebensbedarf des Kindes oder Jugendlichen gedeckt werden. Er enthält insbesondere die Aufwendungen für Ernährung, Unterkunft, Bekleidungsergänzung, Reinigung, Körperpflege, Hausrat, laufenden Schulbedarf, Bildung und Unterhaltung sowie Taschengeld und Versicherung (Ziff. 1.1. Satz 2). Zum Grundbetrag wird der Erziehungsbeitrag gewährt, durch den die Erziehungsleistung der Pflegeperson in angemessener Weise anerkannt werden soll (Ziff. 1.2.). Die ursprüngliche Bewilligung durch das Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg beruht auf § 39 SGB VIII i. V. m. dem Berliner Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) vom 9. Mai 1995 (Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin - GVBl - 1995, 300) in der Fassung des Gesetzes vom 23. Juni 2005 (GVBl 2005, 322) und den dazu ergangenen Ausführungsvorschriften der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Berlin über Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) und teilstationärer Familienpflege (§ 32 Satz 2 SGB VIII) - (AV-Pflege) vom 21. Juni 2004. Entsprechend Ziff. 11 Abs. 4 Satz 2 und Ziff. 11.3 Abs. 1 der AV-Pflege wird der Erziehungsbeitrag zur Abgeltung der Erziehungsleistung gewährt.
Die Beklagte hat den Grundbetrag, der für die materiellen Aufwendungen der Pflegekinder gezahlt wird, zu Recht nicht in die Beitragsberechnung eingestellt. Es handelt sich bei diesem Zufluss um einen zweckgebundenen durchlaufenden Posten, der - wenn auch pauschalisiert - für den Unterhalt des Kindes bestimmt ist (vgl. SG Dresden, Urteil vom 6. April 2006, S 18 KR 1304/04, zit. nach juris). Anders als der Grundbeitrag dient aber die Geldleistung, die das Jugendamt als Erziehungsbeitrag gewährt, nicht dem Ausgleich des anfallenden Sachaufwandes zur Erziehung des Pflegekindes, sondern soll den Pflegeeltern die von ihnen geleistete Erziehung entgelten. Auch wenn der Erziehungsbeitrag keinen Lohn im üblichen Sinne darstellt, können die Pflegeeltern doch frei hierüber verfügen (so auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011, L 5 KR 101/10, zit. nach juris). Er steht somit bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auch der Klägerin zum Bestreiten des Lebensunterhaltes zur Verfügung. Nicht entscheidend ist, dass die Klägerin das Geld gegebenenfalls auch für Sachaufwendungen (z.B. Anschaffung von Spielzeug oder Sportgeräten, Finanzierung von Nachhilfeunterricht) verbrauchen kann. Es reicht insoweit die freie Verfügungsmöglichkeit der Klägerin. Wie die Pflegeperson die Erziehung mit Hilfe des Erziehungsbeitrages gestaltet, bleibt ihr überlassen. Insbesondere obliegt es ihrer Entscheidung, ob sie den Erziehungsbeitrag ausschließlich als Ausgleich für die eigene Erziehungsleistung ansieht oder für weitere materielle Aufwendungen verwendet (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, a.a.O.). Das Recht der Pflegeltern, den Erziehungsbeitrag behalten zu dürfen, steht dabei dem Anspruch eines Kinderheims auf Deckung der Kosten der Heimunterbringung, in denen die Personalkosten der Erzieher enthalten sind, gleich (vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache 11/5948 Seite 76 zu § 38 Abs. 3 des Entwurfs eines Kinder- und Jugendhilfegesetzes).
Die Entscheidungskompetenz der Pflegeperson spiegelt sich auch in den entsprechenden bundesweiten fachlichen Empfehlungen und Richtlinien über die Gewährung von Pflegegeld für junge Menschen in Vollzeitpflege (vgl. u.a. Empfehlungen des Bayerischen Landkreistag und des Bayerischen Städtetags für die Vollzeitpflege nach dem SGB VIII - AZ V-431-20/ks - vom 1. Januar 2010; Richtlinien über die Gewährung von Pflegegeld für junge Menschen in Vollzeitpflege gemäß §§ 27-41 SGB VIII in Verbindung mit § 33 SGB VIII des Kreises Rendsburg-Eckernförde ab 1. Januar 2011). Diese berücksichtigen, dass in begründeten Ausnahmefällen, in denen - wie vorliegend - aufgrund der Entwicklung der Kinder bzw. Jugendlichen ein erhöhter pädagogischer Mehraufwand oder erhöhter Betreuungsaufwand besteht, im Einzelfall der Erziehungsbeitrag zeitlich begrenzt angehoben werden kann. Der Erziehungsbeitrag dient damit vollen Umfangs dem Ausgleich der ideellen Erziehungsleistung der Pflegeperson und prägt somit dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Schleswig-Holsteinisches LSG, a.a.O.).
Im Übrigen werden nach einer Empfehlung des Hessischen Städtetages und des Hessischen Landkreistages - auf die der "Pflegegelderlass" in Ziff. 2.3. ausdrücklich verweist - Nebenleistungen bei Hilfen zur Erziehung nach § 27 i.V.m. § 33 SGB VIII gewährt, welche die materiellen Kosten der Erziehung wie z.B. Kinderbetreuung, Nachhilfeunterricht oder Weihnachtsbeihilfe umfassen (Anlage 7 zur Hessischen Rahmenvereinbarung für die Gestaltung der Einzelvereinbarungen über Leistungsangebote, Qualitätsentwicklung und Entgelte nach §§ 78 a ff. SGB VIII (KJHG); Fundstelle: www.kostenbeitrag.de/hze/ nebenleistungen/Nebenleistungen%202011. pdf).
Der Berücksichtigung des Erziehungsbeitrags als Einnahme zum Lebensunterhalt steht auch eine ausdrückliche Zweckbestimmung dieser Zuwendung nicht entgegen. Zwar dient der Erziehungsbeitrag nicht primär der Sicherung des Lebensunterhalts der Pflegeperson. Das stünde dem nicht gewerblichen Charakter der Aufnahme und Erziehung von Pflegekindern entgegen. Leistungen zur Absicherung des Lebensunterhalts von Pflegepersonen sind deshalb, selbst wenn sie wegen der Pflegetätigkeit keine Erwerbstätigkeit ausüben können, bislang in der Kinder- und Jugendhilfe nicht vorgesehen. Gleichwohl sind diese Zuwendungen - wie bereits ausgeführt - der Honorierung der Erziehungsleistung zu dienen bestimmt (siehe auch: Pflegegelderlass Hessen Ziff. 1.2.). Das Kind oder der Jugendliche soll damit in die Lage versetzt werden, Personen zu finden, die anstelle der eigenen Eltern Erziehungsaufgaben übernehmen. Ohne eine auch finanzielle Anerkennung wäre es noch schwerer, geeignete Pflegeeltern zu finden. Um als Steuerungsinstrument wirksam zu sein, setzt ein solcher finanzieller Anreiz indessen die Verwendbarkeit für den eigenen Lebensunterhalt der Pflegeperson gerade voraus. Bei der Einbeziehung des Erziehungsbeitrages in die Bemessungsgrundlage der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge wird der finanzielle Anreiz der Zuwendung auch nicht durch eine anrechnungsbedingte Anspruchminderung aufgehoben. Denn oberhalb des Beitrags aus dem rechnerischen Mindesteinkommen nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V werden Einnahmen zum Lebensunterhalt nur anteilig entsprechend dem aktuellen Beitragssatz zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen, so dass aus dem verbleibenden Betrag noch ein ausreichender Anreiz zur Honorierung des immateriellen Erziehungsaufwandes der Pflegeeltern verbleibt (vgl. SG Dresden, Urteil vom 6. April 2006, S 18 KR 1304/04, zit. nach juris).
Nach Auffassung des Senats kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin als Pflegeperson nicht Inhaberin des Anspruchs auf Pflegegeld gegen das Jugendamt ist. Streitig ist insoweit, ob der Anspruch auf Pflegegeld als Hilfe zur Erziehung dem Personensorgeberechtigten (OVG Münster, Beschluss vom 28. Februar 2011, 4 LC 280/09, zit. nach juris) oder dem Kind bzw. Jugendlichen selbst (VGH Mannheim, Urteil vom 18.2.1993, 7 S 2019/92, zit. nach juris) zusteht. Einigkeit besteht aber jedenfalls insoweit, dass der Anspruch im Fall der Vollzeitpflege - wie vorliegend - nicht der Pflegeperson zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 2007, B 7b AS 12/06 R m.w.N., zit. nach juris). Dies rechtfertigt entgegen der Auffassung des Sozialgerichts wie auch des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg im Beschluss vom 7. September 2009 (L 24 KR 173/09 B ER, zit. nach juris) jedoch nicht den Schluss, der an die Pflegeeltern gezahlte Erziehungsbeitrag sei ebenso wie der Grundbetrag lediglich ein "durchlaufender Posten" in deren Haushaltskasse, weil damit sämtliche Ausgaben, die der Erziehung des Pflegekindes dienten, finanziert werden müssten. Die rechtliche Zuordnung des Erziehungsbeitrages zum Personensorgeberechtigten bzw. Pflegekind als Anspruchsinhaber bringt lediglich zum Ausdruck, dass auch diese Geldleistung ebenso wie die Gewährung des Pflegegeldes letztlich den notwendigen Unterhalt des Pflegekindes abdecken soll und sich somit an dessen Pflege- und Erziehungsbedarf auszurichten hat. Der Erziehungsbeitrag in § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII umfasst daher die gesamten Kosten der Erziehung. Damit können zwar materielle Aufwendungen, die der Erziehung des Pflegekindes dienen, finanziert werden. Der Pflegeperson steht es aber - wie bereits ausgeführt - frei, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sie von diesem Betrag zusätzliche der Erziehung dienende Gegenstände wie Spielzeug, Bücher, Musikinstrumente oder Sportgeräte anschaffen, Dienste Dritter oder Einrichtungen für die Erziehung in Anspruch nehmen oder aber ausschließlich ihre eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse bei der Pflege und Erziehung einsetzen will. Die Pflegepersonen haben einen umfassenden Gestaltungsspielraum, weil die Kosten des Sachaufwandes für den Unterhaltsbedarf der Kinder bzw. Jugendlichen auch insoweit bereits durch den Grundbetrag abgegolten werden (Schleswig-Holstei-nisches LSG, a.a.O.).
Im Übrigen verkennt die vom Sozialgericht vertretene Auffassung die Struktur des Anspruchs auf Pflegegeld nach § 39 Abs. 1 SGB VIII als Teil eines vierpoligen Rechtsverhältnisses zwischen Kind, Personensorgeberechtigten, Jugendhilfeträger und Pflegeeltern. Der in § 39 SGB VIII verankerte Anspruch auf Leistungen zum Unterhalt des Kindes steht als Annex zum Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege nach § 27 Abs. 1, § 33 Satz 1 SGB VIII nicht dem Kind selbst, sondern den Personensorgeberechtigten - wenn auch zu Gunsten des Kindes - zu (BverwG, Urteil vom 12. September 1996, 5 C 31/95). Der Anspruch der Personensorgeberechtigten auf Zahlung von Pflegegeld zur Deckung der Kosten der Erziehung an die Pflegeeltern (nur dieser ist in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII geregelt) darf nicht verwechselt werden mit dem (nicht gesetzlich geregelten) Recht der Pflegeeltern, den ihnen in Erfüllung dieses Anspruchs durch das Jugendamt gezahlten Pauschalbetrag als Ausgleich für im Auftrag des Jugendamtes erbrachte Erziehungsleistung behalten zu dürfen. Zu differenzieren ist zwischen dem Leistungsverhältnis zwischen dem Träger der Jugendhilfe und den Personensorgeberechtigten, in dem der in §§ 27, 33 SGB VIII geregelte Anspruch auf Vollzeitpflege des Kindes u.a. durch Sicherstellung des Unterhalts einschließlich der Kosten der Erziehung (§ 39 Abs. 1 SGB VIII) erfüllt wird, zum Einen sowie dem Beschaffungsverhältnis zwischen dem Träger der Jugendhilfe und den Pflegeeltern zum Anderen. Im Rahmen dieses Beschaffungsverhältnisses zieht das Jugendamt auf Grund seines Gewährleistungsauftrags aus § 79 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII die Pflegeeltern als Erfüllungsgehilfen heran, um die Ansprüche aus dem Leistungsverhältnis gegenüber den Personensorgeberechtigten zu befriedigen. Für die Wahrnehmung dieser Aufgaben stellt es den Pflegeeltern die Pauschalbeträge für materielle Aufwendungen (Grundbetrag) und für die Kosten der Erziehung (Erziehungsbeitrag) im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB VIII zur Verfügung. Während sich der Unterhalt des Kindes, der von den Pflegeltern aus dem Grundbetrag gedeckt wird, auf Leistungen erstreckt, die von den Pflegeeltern als Sachleistung oder durch die kostenpflichtige Inanspruchnahme Dritter erfüllt wird, erfüllen die Pflegeeltern die Erziehungsaufgaben, welche mit dem Pauschalbetrag für die Kosten der Erziehung (Erziehungsbeitrag) abgegolten werden, als Dienstleistung gegenüber dem Kind selbst. Anders als der Grundbetrag, den die Pflegeeltern als geldwerte materielle Unterhaltsleistung dem Kind zuzuwenden gehalten sind, sind die Pflegeeltern hinsichtlich des Erziehungsbeitrages das letzte Glied in der Kette der Leistungserbringer. "Kosten" im eigentlichen Sinne des Wortes stellt der Pauschalbetrag für die Kosten der Erziehung nur aus unterhaltsrechtlicher Sicht, namentlich aus der Perspektive des Personensorgeberechtigten und des Jugendamtes als den Beteiligten des in § 39 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit §§ 27, 33 SGB VIII geregelten Anspruchsverhältnisses dar. Aus Sicht der Pflegeeltern handelt es sich nicht um Kosten, sondern um einen Zufluss. Zur Weitergabe des Werts dieser Leistung an das Kind sind sie nicht verpflichtet.
Etwas Gegenteiliges kann die Klägerin zu ihren Gunsten auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG zur Einkommensanrechnung im Geltungsbereich des SGB II in den Urteilen vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R - und vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 9/09 R - herleiten. Diese Rechtsprechung ist auf die Beitragspflicht nach dem SGB V bereits deshalb nicht übertragbar, weil die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit bei der Bewilligung von Sozialleistungen anderen Grundsätzen folgt als die Beitragsbemessung der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung.
§ 11a Abs. 3, Satz 1 SGB II bestimmt, dass Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen. Dieser Regelung liegt zugrunde, dass durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff. SGB II lediglich das soziokulturelle Existenzminimum der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen sichergestellt werden und Leistungen gemäß § 3 Abs. 3 SGB II nur erbracht werden sollen, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Zweck der Leistung ist mithin eine Basissicherung, solange und soweit ein an sich erwerbsfähiger Hilfebedürftiger keine Arbeitsstelle finden kann, mit der er selbst seinen Unterhalt zu decken in der Lage ist (BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R, zit. nach juris). Nach § 11a Abs. 3 Satz 2, Nr. 1 SGB II wird abweichend von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II der Erziehungsbeitrag für das erste und zweite Pflegekind nicht, für das dritte Pflegekind zu 75 v.H. und für das vierte und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe als Einkommen angerechnet. Bei der Aufnahme von mehr als zwei Kindern in Vollzeitpflege wird daher unterstellt, dass es sich wegen der Professionalität der Pflegeleistungen um eine gewerbliche Einkommenserzielung handelt, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Pflegepersonen maßgeblich beeinflusst und die Hilfebedürftigkeit verringert. Bei der Aufnahme von nicht mehr als zwei Pflegekindern ging die Rechtsprechung des BSG auch schon für die Zeit vor Inkrafttreten des § 11 Abs. 4 SGB II n.F. zum 1. Januar 2007 durch Art. 16 Abs. 4 des Fortentwicklungsgesetzes vom 20. Juli 2006 bzw. der inhaltsgleichen Nachfolgevorschrift § 11a Abs. 3, Satz 2 Nr. 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl I 2011, 453) von fehlender Professionalität der Pflegeleistungen aus (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 9/09 R, zit. nach juris). Hierzu führte es aus, dass die "Freistellung" von zwei Kindern der im Erziehungsbeitrag enthaltenen "Anreizfunktion" Rechnung trage. Insoweit schloss sich der 4. Senat des BSG der Rechtsprechung des 7b. Senats im zitierten Urteil vom 29. März 2007 an, der zur Begründung seiner Auffassung auf die Gesetzesmaterialien zum SGB VIII verwies, nach denen der Gesetzgeber durch die verbesserten materiellen Leistungen für Pflegekinder im SGB VIII breitere Bevölkerungsschichten zur Aufnahme von fremden Kindern habe motivieren wollen (BR-Drucks. 503/89, S. 73). Diese Anreizfunktion des § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII beizubehalten sei auch bei Personen, die im SGB II-Leistungsbezug stünden, geboten (BSG a.a.O.). Die Pflegefamilien sollten generell - auch - einen wirtschaftlichen Anreiz haben, Pflegekinder aufzunehmen.
Die vom BSG herausgestellte Doppelfunktion des Erziehungsbeitrages hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zu Unrecht zum Anlass genommen, einen nicht abgrenzbaren ideellen Anteil des Erziehungsbeitrages und einen Anteil für materielle Kosten der Erziehung anzunehmen. Da die Sachaufwendungen für die Erziehung - wie bereits ausgeführt - mit dem Grundbetrag abgegolten sind, wird der zur Verfügung gestellte Betrag für Erziehungsleistungen (Erziehungsbeitrag) nicht geschmälert, wenn er zugleich als Einkommen bei der Bemessung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge der Pflegeperson berücksichtigt wird. Denn diese hat als Gegenleistung für den an sie ausgezahlten Erziehungsbeitrag gegenüber dem Pflegekind die Erziehungsleistung grundsätzlich persönlich zu erbringen. Dass sie sich mit Hilfe des an sie ausgezahlten Erziehungsbeitrages wegen der freien Verfügbarkeit insoweit Entlastung durch dritte Personen oder Sachmittel verschaffen kann, ist nicht entscheidend. Denn sie hat die rechtliche und tatsächliche Befugnis, den Erziehungsbeitrag bei ausschließlich persönlicher Erbringung der Erziehungsleistung vollständig für den eigenen Lebensunterhalt zu verbrauchen. Daher mag die Argumentation in der zitierten Rechtsprechung des BSG zur Einkommensanrechnung bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit im Anwendungsbereich des SGB II stringent sein. Auf die hier vorliegende Sachverhaltskonstellation ist sie jedoch selbst unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung nicht übertragbar, weil sich die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beitragsbemessung wesentlich von den Vorschriften des SGB II unterscheiden, die die Einkommensanrechnung regeln (Schleswig-Holsteinisches LSG, a.a.O.).
Die steuerrechtliche Behandlung des Erziehungsbeitrags als steuerfreie Beihilfe im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG ist im Hinblick auf die Beitragsbemessung entgegen der Auffassung des Sozialgerichts unerheblich. Nach § 3 Abs. 1 der "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" sind Einnahmen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Die "Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" wiederholen damit die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 240 Abs. 1 SGB V (BT-Drucks. 11/2237, S. 225), die damit die Einnahmen umschrieb, die die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmen.
Die nach § 45 Abs. 1 SGB X grundsätzlich zulässige Aufhebung des früheren Beitragsbescheids vom 4. Januar 2011 war auch rechtsmäßig im Hinblick auf den nach § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X zu prüfenden Vertrauensschutz.
Ein rechtswidriger Bescheid darf nach § 45 Abs. 2 SGB X nur dann nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin jedoch nicht grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben zur ihren Einkünften gemacht, so dass ein Vertrauensschutz auch nicht von vornherein gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ausgeschlossen wäre. Gemäß § 206 Abs. 1 SGB V hat ein Versicherter auf Verlangen über alle für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erforderlichen Tatsachen unverzüglich Auskunft zu erteilen und Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen. Die Klägerin hat bereits bei Antrag auf Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung im Januar 2009 unter Vorlage des Schreibens des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg vom 24. April 2007 offen gelegt, dass sie Pflegekinder in ihrem Haushalt betreut. In den nachfolgenden Einkommenserklärungen vom 10. Februar 2010 und vom 12. Januar 2011 hat sie jeweils darauf hingewiesen, dass sie Pflegegeld für zwei Kinder bezieht. Die Klägerin hat dabei nach Auffassung des Senats jedenfalls nicht grob fahrlässig unrichtige Angaben im Hinblick auf den im Pflegegeld enthaltenen Erziehungsbeitrag gemacht. Zum einen hätte die Beklagte bereits bei Kenntnis der Pflegemuttereigenschaft oder spätestens bei Kenntnis der Pflegegeldzahlungen Einzelheiten der Leistungen nachfragen können. Zum anderen kann man der Klägerin im Hinblick auf die Steuerfreiheit des Erziehungsbeitrages jedenfalls eine grobe Fahrlässigkeit nicht nachweisen, denn die Klägerin hätte gerade nicht aufgrund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen erkennen können, dass der Erziehungsbeitrag eine beitragspflichtige Einnahme darstellt.
Bei Abwägung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin auf den Bestand des Beitragsbescheides mit dem öffentlichen Interesse an seiner Rücknahme im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X hat die Beklagte jedoch zutreffend dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit staatlichen Handelns, der regelmäßig die Beseitigung rechtswidriger Verwaltungsakte verlangt, insbesondere wenn diese Dauerwirkung entfalten, Vorrang eingeräumt. Zudem ist das Vertrauen der Klägerin in den Fortbestand des Beitragsbescheides vom 4. Januar 2011, d.h. der Beitragsfestsetzung unter Berücksichtigung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze nicht im Hinblick auf getätigte Vermögensdispositionen schutzwürdig, denn die Klägerin hat noch über Erlass des Bescheides vom 22. Februar 2011 hinaus den bis 31. Dezember 2010 gültigen niedrigeren Beitrag gezahlt (Schreiben der Beklagten vom 11. Oktober 2011, Blatt 53 der Verwaltungsakte). Zudem erfolgte mit der Aufhebung und Neufestsetzung der Beiträge ab 1. Februar 2011 lediglich eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft (vgl. Kasseler Kommentar-Steinwedel, § 45 RdNr. 48).
Schließlich hat die Beklagte auch im Bescheid vom 22. Februar 2011 ergänzt durch die Schreiben vom 9. Mai 2011 und vom 20. Dezember 2012 das für eine Rücknahme erforderliche Ermessen ausgeübt. Sie hat dabei zulässige Gesichtspunkte in die Ermessensabwägung eingestellt, namentlich auch eine unzumutbare Härte der Klägerin in Erwägung gezogen und eine Aufhebung lediglich für die Zukunft verfügt. In der Gesamtabwägung wurde kein Ermessensfehler begangen. Dieser ist von der Klägerseite auch nicht gerügt worden.
Die neben der Aufhebung mit den angefochtenen Bescheiden auch im Namen der Beigeladenen (§ 46 Abs. 2 Satz 4 und 5 SGB XI) vorgenommene Neufestsetzung der Beitragshöhe ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat im Hinblick auf die hier streitentscheidende Rechtsfrage, der er grundsätzlich Bedeutung beimisst, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
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