Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 42/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Augenlidstraffungsoperation (Blepharoplastik) in Höhe von 1.426,10 EUR.
Der 0000 geborene Kläger beantragte am 19.04.2012 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Operation einer "Brauenptosis am linken Auge" in Höhe von ca. 1.400,00 EUR unter Vorlage einer empfehlenden Bescheinigung des Augenarztes Dr. T. vom 16.04.2012. Er legte zwei Lichtbilder vor, die sein Gesicht frontal zeigten. Er behauptete, er habe seit Januar 2010 Beschwerden, seit Juni 2011 wöchentlich; das Augenlid werde dick und schwelle an; das Auge müsse dann mit Wasser gekühlt werden. Dies schränke besonders beim PKW-Fahren ein. Immer, wenn das linke Augenlid anschwelle, bestehe ein Jucken und Brennen.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dr. I. kam am 09.05.2012 zum Ergebnis, aus den vorgelegten Unterlagen könne keine Indikation für eine Lidkorrektur, weder linksseitig oder beidseitig, abgeleitet werden; die Pupillen lägen bei entspanntem Geradeausblick frei; ein Verdecken der Pupillen ergebe sich durch die Brauenptosis nicht.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Kostenübernahmeantrag durch Bescheid vom 10.05.2012 ab.
Dagegen erhob der Kläger am 24.05.2012 Widerspruch. Er trug vor, sein Augenlid falle unkontrolliert herunter, "sobald ein Fremdkörper, z.B. Staubkorn, Insekt" in sein Auge eindringe; ganz schlimm sei es beim Fahrradfahren, auch wenn er eine Schutzbrille trage.
In einem daraufhin von der Beklagten veranlassten MDK-Zweitgutachten stellte Dr. N. am 29.08.2012 fest, dass das linke Augenlid insbesondere im seitlichen Anteil durch die gelockerte Haut eine Falte bilde, welche auf dem Oberlid aufliege; diese Falte erreiche die Basis des Wimpernkranzes nicht; der Wimperkranz des linken Auges sei gut zu erkennen und völlig unbedeckt. Das Oberlid des rechten Auges sei inspektorisch unauffällig; die Haut sei hier weniger gelockert, es komme zu keiner Faltenbildung. Beim entspannten Blick geradeaus sei sowohl unter ausgeleuchteten als auch unter abgedunkelten Raumverhältnissen die linke Pupille nicht durch den Unterrand des Oberlides bedeckt. Eine Beeinträchtigung des Sehens sei nicht plausibel nachvollziehbar. Der Kläger habe während der Untersuchung berichtet, dass er gar keine Muskeln mehr habe, welche die Augenlider hochziehen könnten. Er sei daraufhin von der Gutachterin aufgefordert worden, die Stirn zu kräuseln, was ohne Hinweise auf Funktionsstörungen gelungen sei. Dr. N. diagnostizierte eine Blepharochalasis links und kam zum Ergebnis, es ergebe sich keine zwingende Indikation für die Durchführung der beantragten Lidraffungsoperation; die Funktion des Sehens sei durch die leichte Erschlaffung des linken Augenoberlides nicht beeinträchtigt. Soweit der Kläger eine Anschwellung des linken Oberlides bei Fremdkörpereinsprengung beschreibe, sei die Lidraffungsoperation keine geeignete Maßnahme zur Beherrschung der geschilderten Symptomatik. Eine konservative augenärztliche Diagnostik und ggf. Therapie sei hier sinnvoll, zweckmäßig und ausreichend.
Am 25.10.2012 ließ der Kläger die Augenlidplastik (Ptosis-Operation) ambulant – privatärztlich – durch Dr. T. an beiden Augen durchführen. Hierfür stellte der Arzt am 20.11.2012 1.426,10 EUR in Rechnung, die der Kläger bezahlte.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 08.01.2013 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die zwischenzeitlich durchgeführte Blepharoplastik sei aus medizinischen Gründen notwendig gewesen; es habe eine zwingende Indikation bestanden. Vor der Operation sei insbesondere das linke Augenlid ohne erkennbare äußere Einflüsse heruntergeklappt und dadurch eine erhebliche Sichtbeeinträchtigung entstanden. Darüber hinaus seien die Lider, vornehmlich das linke, angeschwollen, besonders bei Kontakt mit Fremdkörpern (z.B. Pollen). Dadurch sei er in seinem Beruf, aber auch als Auto- und Radfahrer stark beeinträchtigt gewesen. Für den Zeitraum des unfreiwilligen Niederschlagens der Augenlider sei ein Arbeiten, erst recht ein Auto- oder ein Radfahren nicht möglich gewesen. Diese Symptomatik habe die Beklagte nicht ausreichend bewertet. Die durchgeführte Operation sei erfolgreich gewesen. Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.05.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2012 zu verurteilen, ihm 1.426,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.01.2013 zu statten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes und der Notwendigkeit der durchgeführten Blepharoplastik hat das Gericht Befundberichte von dem den Kläger behandelnden Augenarzt Dr. T. eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Berichte vom 29.04. und 05.05.2013 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der durchgeführten Augenlidoperation (Blepharoplastik) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V): "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Da eine unaufschiebbare Leistung (Notfall) im Fall des Klägers ersichtlich ausscheidet, setzt ein Erstattungsanspruch gegen die Kasse also voraus, dass diese die beantragte Sachleistung "zu Unrecht" abgelehnt hat. Dies ist nicht der Fall.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Krankenbehandlung zur Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Form der (beidseitigen) Augenlidstraffungsoperation, weil diese nicht "notwendig" im Sinne der genannten Vorschriften war.
Eine Korrektur der Augenlider (Blepharoplastik) ist in der Regel eine kosmetische Operation, die nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fällt. Denn hängende Augenlider (Schlupflider) oder Augenbrauen (Brauenptosis) sind eine natürliche Folge des Alterns der Haut. Nur wenn – ausnahmsweise – die hängenden Oberlider/Brauen zu einer Beeinträchtigung beim Sehen führen, kann eine "Erkrankung" vorliegen, die eine Leistungspflicht der Krankenkasse auslöst. Ein solcher Ausnahmefall liegt sowohl nach dem vom MDK erhobenen als auch von dem Augenarzt Dr. T. mitgeteilten Befund nicht vor. Der MDK hat eine die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung begründende Indikation zur Operation verneint, weil nach seiner augenärztlichen Feststellung die Sehfunktion "durch die leichte Erschlaffung des linken Augenoberlides" nicht beeinträchtigt worden ist. Es lag danach also keine (wesentliche) Gesichtsfeldeinschränkung vor.
Dies wird auch durch die in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen großflächigen Fotos bestätigt, auf denen die Augen und das Augenumfeld des Klägers deutlich zu erkennen sind. Das Aussehen der Augen auf diesen präoperativen Fotos wirkt auch nicht entstellend. Der behandelte und operierende Augenarzt Dr. T. hat auf die Frage des Gerichts, ob beim Kläger die Indikation für eine Augenlid-Operation bestanden habe, im Befundbericht vom 15.05.2013 geantwortet, es habe sich um eine kosmetische Operation gehandelt; der Kläger habe sich durch die Brauenptosis gestört gefühlt. Wenn das Aussehen seiner Oberlider bzw. Brauen den Kläger psychisch belastet hat, rechtfertigte dies keinen operativen Eingriff zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Versicherte haben keinen Leistungsanspruch auf Heilbehandlung in Form körperlicher Eingriffe, wenn diese Maßnahme nicht durch Fehlfunktionen oder durch Entstellung, also nicht durch einen regelwidrigen Körperzustand veranlasst werden (BSG, Urteil vom 19.10.2004 – B 1 KR 3/03 R = BSGE 93,252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.; vgl. zur Ablehnung einer Blepharoplastik auch: SG Aachen, Urteil vom 25.04.2005 – S 6 KR 40/04, bestätigt durch LSG NRW, Urteil vom 26.04.2006 – L 11 KR 22/05; Gerichtsbescheid der Kammer vom 22.01.2007 – S 13 KR 75/06; LSG Bayern, Urteil vom 29.01.2008 – L 5 KR 381/07).
Unter diesen Umständen hat die Kammer auch keine Veranlassung und Notwendigkeit gesehen, dem Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens von Amts wegen gem. § 106 SGG – einen Antrag nach § 109 SGG hat er ausdrücklich nicht stellen wollen – zur Klärung der medizinischen Notwendigkeit der Operation nachzukommen. Der Kläger hat für seine präoperativen Beschwerden und behaupteten Befunde keinen Nachweis erbracht. Angeblich sollen diese Beschwerden schon seit 2010 bestanden und sich 2011 erheblich verschlimmert haben. Gleichwohl ist er deshalb nicht in ärztlicher Behandlung gewesen. Nach seinen eigenen Angaben im "Fragebogen zur Person" war er lediglich von Juni 2012 bis Januar 2013 bei dem Augenarzt Dr. T. wegen "Augenlider" in Behandlung. Andere Ärzte hat er in dem Fragebogen weder aufgeführt noch von der Schweigepflicht entbunden. Dr. T. hat im Befundbericht richtig gestellt, dass er den Kläger zum ersten Mal am 28.03.2012 und letztmalig am 29.04.2013 behandelt hat. Neben den Angaben und Behauptungen des Klägers zu seinen präoperativen Beschwerden gibt es also nur die Befunde, die Dr. T. und der MDK erhoben haben und die dem Gericht bekannt geworden sind. Aus diesen Befunden aber lässt sich, wie oben dargelegt, eine medizinische Indikation zu der durchgeführten Blepharoplastik nicht ableiten; sowohl nach der Einschätzung von Dr. T. als auch der Beurteilung des MDK handelte es sich um eine rein kosmetische Operation. Hinzu kommt, dass der Kläger vor der Operation im Antragsverfahren ausschließlich von Beeinträchtigungen im Bereich des linken Auges gesprochen hat und auch nur dies in den Gutachten des MDK und den Befundberichten von Dr. T. bestätigt worden ist. Nicht zuletzt dies widerlegt die medizinische Notwendigkeit für die durchgeführte beidseitige Augenlidoperation. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten einer Augenlidstraffungsoperation (Blepharoplastik) in Höhe von 1.426,10 EUR.
Der 0000 geborene Kläger beantragte am 19.04.2012 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Operation einer "Brauenptosis am linken Auge" in Höhe von ca. 1.400,00 EUR unter Vorlage einer empfehlenden Bescheinigung des Augenarztes Dr. T. vom 16.04.2012. Er legte zwei Lichtbilder vor, die sein Gesicht frontal zeigten. Er behauptete, er habe seit Januar 2010 Beschwerden, seit Juni 2011 wöchentlich; das Augenlid werde dick und schwelle an; das Auge müsse dann mit Wasser gekühlt werden. Dies schränke besonders beim PKW-Fahren ein. Immer, wenn das linke Augenlid anschwelle, bestehe ein Jucken und Brennen.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dr. I. kam am 09.05.2012 zum Ergebnis, aus den vorgelegten Unterlagen könne keine Indikation für eine Lidkorrektur, weder linksseitig oder beidseitig, abgeleitet werden; die Pupillen lägen bei entspanntem Geradeausblick frei; ein Verdecken der Pupillen ergebe sich durch die Brauenptosis nicht.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Kostenübernahmeantrag durch Bescheid vom 10.05.2012 ab.
Dagegen erhob der Kläger am 24.05.2012 Widerspruch. Er trug vor, sein Augenlid falle unkontrolliert herunter, "sobald ein Fremdkörper, z.B. Staubkorn, Insekt" in sein Auge eindringe; ganz schlimm sei es beim Fahrradfahren, auch wenn er eine Schutzbrille trage.
In einem daraufhin von der Beklagten veranlassten MDK-Zweitgutachten stellte Dr. N. am 29.08.2012 fest, dass das linke Augenlid insbesondere im seitlichen Anteil durch die gelockerte Haut eine Falte bilde, welche auf dem Oberlid aufliege; diese Falte erreiche die Basis des Wimpernkranzes nicht; der Wimperkranz des linken Auges sei gut zu erkennen und völlig unbedeckt. Das Oberlid des rechten Auges sei inspektorisch unauffällig; die Haut sei hier weniger gelockert, es komme zu keiner Faltenbildung. Beim entspannten Blick geradeaus sei sowohl unter ausgeleuchteten als auch unter abgedunkelten Raumverhältnissen die linke Pupille nicht durch den Unterrand des Oberlides bedeckt. Eine Beeinträchtigung des Sehens sei nicht plausibel nachvollziehbar. Der Kläger habe während der Untersuchung berichtet, dass er gar keine Muskeln mehr habe, welche die Augenlider hochziehen könnten. Er sei daraufhin von der Gutachterin aufgefordert worden, die Stirn zu kräuseln, was ohne Hinweise auf Funktionsstörungen gelungen sei. Dr. N. diagnostizierte eine Blepharochalasis links und kam zum Ergebnis, es ergebe sich keine zwingende Indikation für die Durchführung der beantragten Lidraffungsoperation; die Funktion des Sehens sei durch die leichte Erschlaffung des linken Augenoberlides nicht beeinträchtigt. Soweit der Kläger eine Anschwellung des linken Oberlides bei Fremdkörpereinsprengung beschreibe, sei die Lidraffungsoperation keine geeignete Maßnahme zur Beherrschung der geschilderten Symptomatik. Eine konservative augenärztliche Diagnostik und ggf. Therapie sei hier sinnvoll, zweckmäßig und ausreichend.
Am 25.10.2012 ließ der Kläger die Augenlidplastik (Ptosis-Operation) ambulant – privatärztlich – durch Dr. T. an beiden Augen durchführen. Hierfür stellte der Arzt am 20.11.2012 1.426,10 EUR in Rechnung, die der Kläger bezahlte.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger am 08.01.2013 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, die zwischenzeitlich durchgeführte Blepharoplastik sei aus medizinischen Gründen notwendig gewesen; es habe eine zwingende Indikation bestanden. Vor der Operation sei insbesondere das linke Augenlid ohne erkennbare äußere Einflüsse heruntergeklappt und dadurch eine erhebliche Sichtbeeinträchtigung entstanden. Darüber hinaus seien die Lider, vornehmlich das linke, angeschwollen, besonders bei Kontakt mit Fremdkörpern (z.B. Pollen). Dadurch sei er in seinem Beruf, aber auch als Auto- und Radfahrer stark beeinträchtigt gewesen. Für den Zeitraum des unfreiwilligen Niederschlagens der Augenlider sei ein Arbeiten, erst recht ein Auto- oder ein Radfahren nicht möglich gewesen. Diese Symptomatik habe die Beklagte nicht ausreichend bewertet. Die durchgeführte Operation sei erfolgreich gewesen. Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.05.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.12.2012 zu verurteilen, ihm 1.426,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.01.2013 zu statten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes und der Notwendigkeit der durchgeführten Blepharoplastik hat das Gericht Befundberichte von dem den Kläger behandelnden Augenarzt Dr. T. eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Berichte vom 29.04. und 05.05.2013 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der durchgeführten Augenlidoperation (Blepharoplastik) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Einzig in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V): "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Da eine unaufschiebbare Leistung (Notfall) im Fall des Klägers ersichtlich ausscheidet, setzt ein Erstattungsanspruch gegen die Kasse also voraus, dass diese die beantragte Sachleistung "zu Unrecht" abgelehnt hat. Dies ist nicht der Fall.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Krankenbehandlung zur Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Form der (beidseitigen) Augenlidstraffungsoperation, weil diese nicht "notwendig" im Sinne der genannten Vorschriften war.
Eine Korrektur der Augenlider (Blepharoplastik) ist in der Regel eine kosmetische Operation, die nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fällt. Denn hängende Augenlider (Schlupflider) oder Augenbrauen (Brauenptosis) sind eine natürliche Folge des Alterns der Haut. Nur wenn – ausnahmsweise – die hängenden Oberlider/Brauen zu einer Beeinträchtigung beim Sehen führen, kann eine "Erkrankung" vorliegen, die eine Leistungspflicht der Krankenkasse auslöst. Ein solcher Ausnahmefall liegt sowohl nach dem vom MDK erhobenen als auch von dem Augenarzt Dr. T. mitgeteilten Befund nicht vor. Der MDK hat eine die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung begründende Indikation zur Operation verneint, weil nach seiner augenärztlichen Feststellung die Sehfunktion "durch die leichte Erschlaffung des linken Augenoberlides" nicht beeinträchtigt worden ist. Es lag danach also keine (wesentliche) Gesichtsfeldeinschränkung vor.
Dies wird auch durch die in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen großflächigen Fotos bestätigt, auf denen die Augen und das Augenumfeld des Klägers deutlich zu erkennen sind. Das Aussehen der Augen auf diesen präoperativen Fotos wirkt auch nicht entstellend. Der behandelte und operierende Augenarzt Dr. T. hat auf die Frage des Gerichts, ob beim Kläger die Indikation für eine Augenlid-Operation bestanden habe, im Befundbericht vom 15.05.2013 geantwortet, es habe sich um eine kosmetische Operation gehandelt; der Kläger habe sich durch die Brauenptosis gestört gefühlt. Wenn das Aussehen seiner Oberlider bzw. Brauen den Kläger psychisch belastet hat, rechtfertigte dies keinen operativen Eingriff zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Versicherte haben keinen Leistungsanspruch auf Heilbehandlung in Form körperlicher Eingriffe, wenn diese Maßnahme nicht durch Fehlfunktionen oder durch Entstellung, also nicht durch einen regelwidrigen Körperzustand veranlasst werden (BSG, Urteil vom 19.10.2004 – B 1 KR 3/03 R = BSGE 93,252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.; vgl. zur Ablehnung einer Blepharoplastik auch: SG Aachen, Urteil vom 25.04.2005 – S 6 KR 40/04, bestätigt durch LSG NRW, Urteil vom 26.04.2006 – L 11 KR 22/05; Gerichtsbescheid der Kammer vom 22.01.2007 – S 13 KR 75/06; LSG Bayern, Urteil vom 29.01.2008 – L 5 KR 381/07).
Unter diesen Umständen hat die Kammer auch keine Veranlassung und Notwendigkeit gesehen, dem Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens von Amts wegen gem. § 106 SGG – einen Antrag nach § 109 SGG hat er ausdrücklich nicht stellen wollen – zur Klärung der medizinischen Notwendigkeit der Operation nachzukommen. Der Kläger hat für seine präoperativen Beschwerden und behaupteten Befunde keinen Nachweis erbracht. Angeblich sollen diese Beschwerden schon seit 2010 bestanden und sich 2011 erheblich verschlimmert haben. Gleichwohl ist er deshalb nicht in ärztlicher Behandlung gewesen. Nach seinen eigenen Angaben im "Fragebogen zur Person" war er lediglich von Juni 2012 bis Januar 2013 bei dem Augenarzt Dr. T. wegen "Augenlider" in Behandlung. Andere Ärzte hat er in dem Fragebogen weder aufgeführt noch von der Schweigepflicht entbunden. Dr. T. hat im Befundbericht richtig gestellt, dass er den Kläger zum ersten Mal am 28.03.2012 und letztmalig am 29.04.2013 behandelt hat. Neben den Angaben und Behauptungen des Klägers zu seinen präoperativen Beschwerden gibt es also nur die Befunde, die Dr. T. und der MDK erhoben haben und die dem Gericht bekannt geworden sind. Aus diesen Befunden aber lässt sich, wie oben dargelegt, eine medizinische Indikation zu der durchgeführten Blepharoplastik nicht ableiten; sowohl nach der Einschätzung von Dr. T. als auch der Beurteilung des MDK handelte es sich um eine rein kosmetische Operation. Hinzu kommt, dass der Kläger vor der Operation im Antragsverfahren ausschließlich von Beeinträchtigungen im Bereich des linken Auges gesprochen hat und auch nur dies in den Gutachten des MDK und den Befundberichten von Dr. T. bestätigt worden ist. Nicht zuletzt dies widerlegt die medizinische Notwendigkeit für die durchgeführte beidseitige Augenlidoperation. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
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NRW
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