Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SB 490/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5131/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 ab dem 28.05.2010.
Die 1956 geborene Klägerin ist k. Staatsangehörige, sie verfügt seit 22.10.2003 über einen unbefristeten Aufenthaltstitel und lebt in K ...
Am 28.05.2010 beantragte die Klägerin beim Landratsamt K. erstmals die Feststellung eines GdB. Zu diesem Antrag gab sie als Gesundheitsstörungen an: - Bandscheibenleiden (2 x Bandscheibenvorfall), - HWS-LWS Leiden, - Durchblutungsstörugen/hoher Bluthochdruck, - Hüftleiden, Arthritis (Finger) sowie - Ellenbogen- und Schulter-/Armleiden.
Der Beklagte zog daraufhin Unterlagen vom behandelnden Hausarzt, dem Facharzt für Allgemeinmedizin/Internist Dr. Wi. , bei. Dieser teilte regelmäßige Behandlungen wegen arterieller Hypertonie, Bandscheibenvorfall, chronischem HWS-Syndroms sowie eines Schulter-Arm-Syndroms mit. Hinsichtlich des Bluthochdrucks erfolgt eine medikamentöse Behandlung. Ein Untersuchungsbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. Ra. vom 26.04.2010 führt aus, ein Karpaltunnelsyndrom an den Händen habe sich nicht nachweisen lassen.
Nach Einholung einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme von Dr. P. vom 31.07.2010 stellte das Landratsamt K. , diesem folgend, mit Bescheid vom 04.08.2010 einen GdB von 20 seit 28.05.2010 fest; zugrunde gelegt waren Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Beschwerden, Bandscheibenschaden, Arthrose beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Ellenbogengelenke, Bluthochdruck, Krampfadern. Die geltend gemachte Gesundheitsstörung einer Adipositas mit Hyperlipidämie bedinge keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigsten 10.
Auf den Widerspruch der Klägerin vom 26.08.2010 holte das Landratsamt K. eine Auskunft vom Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie/Physikalische Therapie/Sportmedizin Dr. B. vom 30.11.2010 ein. Dieser teilte mit, die Klägerin klage über Beschwerden an der LWS mit Ausstrahlung ins rechte Bein sowie über Beschwerden der rechten Hüfte verbunden mit einer Bewegungseinschränkung der rechten Hüfte. Weiterhin bestünden Beschwerden an der rechten Schulter sowie zeitweise ein taubes Gefühl beider Hände. Röntgenuntersuchungen der LWS hätten eine lumbal linkskonvexe Skoliose sowie Spondylose und beginnende degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke ergeben.
Einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme von Dr. Schw. vom 27.12.2010 folgend stellte das Landratsamt K. mit (Teilabhilfe-)Bescheid vom 29.12.2010 einen GdB von 30 seit 28.05.2010 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit i.S.d. § 33b Abs. 2 Nr. 2 b EStG fest; zugrunde gelegt waren eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom, Bandscheibenschaden, Arthrose beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Ellenbogengelenke, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks (Einzel-GdB 30), Bluthochdruck (Einzel-GdB 10), Krampfadern (Einzel-GdB 10), Mittelnervendruckschädigung beidseitig (Carpaltunnelsyndrom; Einzel-GdB 10).
Nachdem sich die Klägerin mit diesen Feststellungen nicht einverstanden erklärte, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2011 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 02.02.2011 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ihr ein GdB von 50 zuzuerkennen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 20 bis 23 sowie 31 bis 44 der SG-Akte Bezug genommen.
Dr. B. hat in seiner Auskunft vom 09.06.2011 angegeben, die Klägerin wegen eines HWS-Syndroms, eines Impingements an der rechten Schulter sowie einer Lumboischialgie rechts bei NPP L4/5 rechts zu behandeln. Er gab die Funktionseinschränkungen an der HWS und der rechten Schulter jeweils als mittel und an der Lendenwirbelsäule als schwer an. Er schloss sich der ihm übersandten Beurteilung des GdB durch den Beklagten an. Dr. Wi. hat dem SG am 27.09.2011 geschrieben, bei der Klägerin bestünden folgende Erkrankungen: - Arterielle Hypertonie, - Bandscheibenvorfall, - Chronisches HWS-Syndrom, - Schulter-Arm-Syndrom, - Oberarmprellung, - Unterarmprellung, - Multiple Hämatome, - Folgen einer Halszerrung, - Brachialgie, - Varicosis - s.a. Varikose, - Adipositas, - Harnwegsinfekt a.n.k., - Chronische Rückenschmerzen und - Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst). Bewegungseinschränkungen bestünden im wesentlichen durch die degenerativen Veränderungen der WS mit Verminderung der Beugung, Verminderung des FingerBoden-Abstandes, sodass das Binden der Schuhe etc. nur eingeschränkt sei. Insgesamt bestehe eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der gesamten WS, verstärkt durch die Arthrose der beiden Hüftgelenke. Das Schulter-Arm-Syndrom der rechten Schulter vermindere die Bewegungsfreiheit und Mobilität der Rechtshänderin. Neurologische Ausfallerscheinungen bestünden nicht. Die Funktionseinschränkungen hat er jeweils als mittel bezeichnet und sich hinsichtlich der Bewertung des GdB der Beurteilung des Beklagten angeschlossen.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.10.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 werde nicht erreicht, der Beklagte habe den GdB für die Klägerin zutreffend auf 30 festgesetzt. Der Schwerpunkt der bei ihr bestehenden Beeinträchtigungen liege auf orthopädischem Fachgebiet. Weder der Orthopäde B. noch der Allgemeinmediziner Dr. Wi. hätten funktionelle Einschränkungen beschrieben, die mehr als mittelgradig seien. Insoweit erscheine der vom Beklagten angesetzte Teil-GdB von 30 bereits großzügig und nur unter Berücksichtigung der weiteren Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet (Arthrose der Hüftgelenke, Impingementsyndrom der rechten Schulter) zu rechtfertigen. Das Schulter- und Hüftleiden führe nicht zu einem eigenständigen Teil-GdB. Eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes würde eine Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit voraussetzen, um einen eigenständigen Teil-GdB von 20 begründen zu können. Derartige Bewegungseinschränkungen seien von den behandelnden Ärzten nicht mitgeteilt worden. Entsprechendes gelte für die Arthrose der Hüftgelenke. Die arterielle Hypertonie sei medikamentös behandelt, Organbeteiligungen oder sonstige Folgeschäden seien bisher nicht eingetreten, sodass auch hierfür ein Teil-GdB von höchstens 10 in Betracht komme.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 02.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin - wiederum anwaltlich vertreten - am Montag, 03.12.2012, beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Trotz Erinnerungen und einer Fristsetzung nach § 106a SGG (Schreiben des Senats vom 13.05.2013, zugestellt am 15.05.2013) hat die Klägerin die Berufung nicht begründet.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.10.2012 aufzuheben sowie den Bescheid des Landratsamts K. vom 04.08.2010 in der Fassung des Bescheids des Landratsamts K. vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 24.01.2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 50 ab dem 28.05.2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Landratsamts K. vom 04.08.2010 in der Fassung des Bescheids des Landratsamts K. vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 24.01.2011 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung vom 25.10.2012 Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei lediglich auf Folgendes hingewiesen:
Zunächst hat die Klägerin trotz Erinnerung und Fristsetzung nach § 106a SGG im Berufungsverfahren eine Berufungsbegründung nicht vorgelegt und auch nicht mitgeteilt, weshalb sie mit der Entscheidung des SG nicht einverstanden ist. Daher musste und konnte der Senat auf Basis der vorliegenden Einlassungen der Klägerin aus dem Verwaltungs-, Widerspruchs- und SG-Verfahren sowie den vorliegenden Unterlagen, ärztlichen Auskünfte und Stellungnahmen entscheiden. Auf dieser Grundlage konnte der Senat nicht feststellen, dass der der Klägerin zustehende Gesamt-GdB mit mehr als 30 zu bewerten wäre.
Aus der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich, dass im vorliegenden Fall ein Gesamt-GdB von 30 zutreffend ist. Wie bereits das SG rechtlich zutreffend dargelegt hat, ist bei den vorliegenden Teil-GdB-Werten von 30, 10, 10, und 10 ein Gesamt-GdB 50 nicht mit den Grundsätzen der GdB-Bewertung nach den Regelungen der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), die in der Anlage zu § VersMedV - Anlage Versorgungsmedizinische Grundsätze (VG) getroffen sind, vereinbar, weil ein Teil-GdB von 10 sich nicht erhöhend auswirkt (A Nr. 3.d VG).
Zutreffend haben der Beklagte und das SG die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom, Bandscheibenschaden, Arthrose beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Ellenbogengelenke, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks mit einem (großzügigen) Einzel-GdB von 30 bewertet. Zwar sind zu trennende Funktionssysteme in dem angefochtenen Bescheid zusammen bewertet worden. Dies wirkt sich jedoch im Ergebnis nicht auf die Feststellung des Gesamt-GdB von 30 aus.
Ein Einzel-GdB von 30 bezüglich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und dem Bandscheibenschaden setzt nach B 18.9 VG schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome, dann Teil-GdB 30) oder mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (dann Teil-GdB 30 - 40) voraus. Jedoch haben beide vom SG befragten Ärzte Funktionseinschränkungen nicht angeben können. Neurologische Ausfälle wurden ausgeschlossen. Daher schließt sich der Senat der Bewertung des Beklagten und des SG an.
Die geltend gemachten Schulter- und Hüftleiden führen nicht zu einem höheren Einzel-GdB oder eine zusätzlichen eigenständigen Einzel-GdB. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat würde lediglich eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes bei Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit zu einem eigenständigen Teil-GdB von 20 führen (B 18.13 VG). Derartige Bewegungseinschränkungen sind aber von den behandelnden Ärzten nicht mitgeteilt und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden. Entsprechendes gilt für die Arthrose der Hüftgelenke (B 18.14 VG).
Auch die Bewertung des Bluthochdrucks und der Krampfadern jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 ist zutreffend. Die arterielle Hypertonie ist medikamentös behandelt (vgl. Blatt 17 der Verwaltungsakte sowie den Bericht von Dr. R. vom 12.06.2009, von Dr. Wi. vorgelegt) und bisher ohne Organbeteiligungen oder sonstige Folgeschäden geblieben. Ein höherer Einzel-GdB kann daher nicht festgestellt werden (dazu vgl B 9.3 VG). Auch hinsichtlich der Krampfadern kann vor dem Hintergrund der Regelungen von B 9.2.3. VG ein höherer Einzel-GdB als 10 nicht festgestellt werden.
Soweit der Beklagte für eine Mittelnervendruckschädigung beidseitig (Carpaltunnelsyndrom) einen Einzel-GdB von 10 ausgewiesen hat, mittlerweile aber ein Carpaltunnelsyndrom ausgeschlossen werden konnte (vgl Bericht Dr. Ra. vom 26.04.2010), ist der festgestellte Einzel-GdB jedenfalls nicht zu niedrig angesetzt.
Sonstige GdB-berechtigende Funktionseinschränkungen konnte der Senat nicht feststellen.
Auch die Feststellung des Gesamt-GdB 30 ist zutreffend. Denn nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Das ist bei der Klägerin nicht der Fall. Unter Beachtung der gegenseitigen Auswirkungen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesamt-GdB mit 30 zutreffend bemessen ist.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 ab dem 28.05.2010.
Die 1956 geborene Klägerin ist k. Staatsangehörige, sie verfügt seit 22.10.2003 über einen unbefristeten Aufenthaltstitel und lebt in K ...
Am 28.05.2010 beantragte die Klägerin beim Landratsamt K. erstmals die Feststellung eines GdB. Zu diesem Antrag gab sie als Gesundheitsstörungen an: - Bandscheibenleiden (2 x Bandscheibenvorfall), - HWS-LWS Leiden, - Durchblutungsstörugen/hoher Bluthochdruck, - Hüftleiden, Arthritis (Finger) sowie - Ellenbogen- und Schulter-/Armleiden.
Der Beklagte zog daraufhin Unterlagen vom behandelnden Hausarzt, dem Facharzt für Allgemeinmedizin/Internist Dr. Wi. , bei. Dieser teilte regelmäßige Behandlungen wegen arterieller Hypertonie, Bandscheibenvorfall, chronischem HWS-Syndroms sowie eines Schulter-Arm-Syndroms mit. Hinsichtlich des Bluthochdrucks erfolgt eine medikamentöse Behandlung. Ein Untersuchungsbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. Ra. vom 26.04.2010 führt aus, ein Karpaltunnelsyndrom an den Händen habe sich nicht nachweisen lassen.
Nach Einholung einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme von Dr. P. vom 31.07.2010 stellte das Landratsamt K. , diesem folgend, mit Bescheid vom 04.08.2010 einen GdB von 20 seit 28.05.2010 fest; zugrunde gelegt waren Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Beschwerden, Bandscheibenschaden, Arthrose beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Ellenbogengelenke, Bluthochdruck, Krampfadern. Die geltend gemachte Gesundheitsstörung einer Adipositas mit Hyperlipidämie bedinge keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigsten 10.
Auf den Widerspruch der Klägerin vom 26.08.2010 holte das Landratsamt K. eine Auskunft vom Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie/Physikalische Therapie/Sportmedizin Dr. B. vom 30.11.2010 ein. Dieser teilte mit, die Klägerin klage über Beschwerden an der LWS mit Ausstrahlung ins rechte Bein sowie über Beschwerden der rechten Hüfte verbunden mit einer Bewegungseinschränkung der rechten Hüfte. Weiterhin bestünden Beschwerden an der rechten Schulter sowie zeitweise ein taubes Gefühl beider Hände. Röntgenuntersuchungen der LWS hätten eine lumbal linkskonvexe Skoliose sowie Spondylose und beginnende degenerative Veränderungen beider Hüftgelenke ergeben.
Einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme von Dr. Schw. vom 27.12.2010 folgend stellte das Landratsamt K. mit (Teilabhilfe-)Bescheid vom 29.12.2010 einen GdB von 30 seit 28.05.2010 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit i.S.d. § 33b Abs. 2 Nr. 2 b EStG fest; zugrunde gelegt waren eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom, Bandscheibenschaden, Arthrose beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Ellenbogengelenke, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks (Einzel-GdB 30), Bluthochdruck (Einzel-GdB 10), Krampfadern (Einzel-GdB 10), Mittelnervendruckschädigung beidseitig (Carpaltunnelsyndrom; Einzel-GdB 10).
Nachdem sich die Klägerin mit diesen Feststellungen nicht einverstanden erklärte, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2011 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 02.02.2011 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei ihr ein GdB von 50 zuzuerkennen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Wegen des Inhalts und Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Blatt 20 bis 23 sowie 31 bis 44 der SG-Akte Bezug genommen.
Dr. B. hat in seiner Auskunft vom 09.06.2011 angegeben, die Klägerin wegen eines HWS-Syndroms, eines Impingements an der rechten Schulter sowie einer Lumboischialgie rechts bei NPP L4/5 rechts zu behandeln. Er gab die Funktionseinschränkungen an der HWS und der rechten Schulter jeweils als mittel und an der Lendenwirbelsäule als schwer an. Er schloss sich der ihm übersandten Beurteilung des GdB durch den Beklagten an. Dr. Wi. hat dem SG am 27.09.2011 geschrieben, bei der Klägerin bestünden folgende Erkrankungen: - Arterielle Hypertonie, - Bandscheibenvorfall, - Chronisches HWS-Syndrom, - Schulter-Arm-Syndrom, - Oberarmprellung, - Unterarmprellung, - Multiple Hämatome, - Folgen einer Halszerrung, - Brachialgie, - Varicosis - s.a. Varikose, - Adipositas, - Harnwegsinfekt a.n.k., - Chronische Rückenschmerzen und - Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst). Bewegungseinschränkungen bestünden im wesentlichen durch die degenerativen Veränderungen der WS mit Verminderung der Beugung, Verminderung des FingerBoden-Abstandes, sodass das Binden der Schuhe etc. nur eingeschränkt sei. Insgesamt bestehe eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der gesamten WS, verstärkt durch die Arthrose der beiden Hüftgelenke. Das Schulter-Arm-Syndrom der rechten Schulter vermindere die Bewegungsfreiheit und Mobilität der Rechtshänderin. Neurologische Ausfallerscheinungen bestünden nicht. Die Funktionseinschränkungen hat er jeweils als mittel bezeichnet und sich hinsichtlich der Bewertung des GdB der Beurteilung des Beklagten angeschlossen.
Mit Gerichtsbescheid vom 25.10.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 werde nicht erreicht, der Beklagte habe den GdB für die Klägerin zutreffend auf 30 festgesetzt. Der Schwerpunkt der bei ihr bestehenden Beeinträchtigungen liege auf orthopädischem Fachgebiet. Weder der Orthopäde B. noch der Allgemeinmediziner Dr. Wi. hätten funktionelle Einschränkungen beschrieben, die mehr als mittelgradig seien. Insoweit erscheine der vom Beklagten angesetzte Teil-GdB von 30 bereits großzügig und nur unter Berücksichtigung der weiteren Beeinträchtigungen auf orthopädischem Fachgebiet (Arthrose der Hüftgelenke, Impingementsyndrom der rechten Schulter) zu rechtfertigen. Das Schulter- und Hüftleiden führe nicht zu einem eigenständigen Teil-GdB. Eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes würde eine Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit voraussetzen, um einen eigenständigen Teil-GdB von 20 begründen zu können. Derartige Bewegungseinschränkungen seien von den behandelnden Ärzten nicht mitgeteilt worden. Entsprechendes gelte für die Arthrose der Hüftgelenke. Die arterielle Hypertonie sei medikamentös behandelt, Organbeteiligungen oder sonstige Folgeschäden seien bisher nicht eingetreten, sodass auch hierfür ein Teil-GdB von höchstens 10 in Betracht komme.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 02.11.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin - wiederum anwaltlich vertreten - am Montag, 03.12.2012, beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Trotz Erinnerungen und einer Fristsetzung nach § 106a SGG (Schreiben des Senats vom 13.05.2013, zugestellt am 15.05.2013) hat die Klägerin die Berufung nicht begründet.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.10.2012 aufzuheben sowie den Bescheid des Landratsamts K. vom 04.08.2010 in der Fassung des Bescheids des Landratsamts K. vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 24.01.2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von 50 ab dem 28.05.2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Landratsamts K. vom 04.08.2010 in der Fassung des Bescheids des Landratsamts K. vom 29.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 24.01.2011 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Senat nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung vom 25.10.2012 Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei lediglich auf Folgendes hingewiesen:
Zunächst hat die Klägerin trotz Erinnerung und Fristsetzung nach § 106a SGG im Berufungsverfahren eine Berufungsbegründung nicht vorgelegt und auch nicht mitgeteilt, weshalb sie mit der Entscheidung des SG nicht einverstanden ist. Daher musste und konnte der Senat auf Basis der vorliegenden Einlassungen der Klägerin aus dem Verwaltungs-, Widerspruchs- und SG-Verfahren sowie den vorliegenden Unterlagen, ärztlichen Auskünfte und Stellungnahmen entscheiden. Auf dieser Grundlage konnte der Senat nicht feststellen, dass der der Klägerin zustehende Gesamt-GdB mit mehr als 30 zu bewerten wäre.
Aus der vom SG durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich, dass im vorliegenden Fall ein Gesamt-GdB von 30 zutreffend ist. Wie bereits das SG rechtlich zutreffend dargelegt hat, ist bei den vorliegenden Teil-GdB-Werten von 30, 10, 10, und 10 ein Gesamt-GdB 50 nicht mit den Grundsätzen der GdB-Bewertung nach den Regelungen der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), die in der Anlage zu § VersMedV - Anlage Versorgungsmedizinische Grundsätze (VG) getroffen sind, vereinbar, weil ein Teil-GdB von 10 sich nicht erhöhend auswirkt (A Nr. 3.d VG).
Zutreffend haben der Beklagte und das SG die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom, Bandscheibenschaden, Arthrose beider Hüftgelenke, Funktionsbehinderung beider Ellenbogengelenke, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks mit einem (großzügigen) Einzel-GdB von 30 bewertet. Zwar sind zu trennende Funktionssysteme in dem angefochtenen Bescheid zusammen bewertet worden. Dies wirkt sich jedoch im Ergebnis nicht auf die Feststellung des Gesamt-GdB von 30 aus.
Ein Einzel-GdB von 30 bezüglich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und dem Bandscheibenschaden setzt nach B 18.9 VG schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome, dann Teil-GdB 30) oder mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (dann Teil-GdB 30 - 40) voraus. Jedoch haben beide vom SG befragten Ärzte Funktionseinschränkungen nicht angeben können. Neurologische Ausfälle wurden ausgeschlossen. Daher schließt sich der Senat der Bewertung des Beklagten und des SG an.
Die geltend gemachten Schulter- und Hüftleiden führen nicht zu einem höheren Einzel-GdB oder eine zusätzlichen eigenständigen Einzel-GdB. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat würde lediglich eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes bei Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit zu einem eigenständigen Teil-GdB von 20 führen (B 18.13 VG). Derartige Bewegungseinschränkungen sind aber von den behandelnden Ärzten nicht mitgeteilt und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden. Entsprechendes gilt für die Arthrose der Hüftgelenke (B 18.14 VG).
Auch die Bewertung des Bluthochdrucks und der Krampfadern jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 ist zutreffend. Die arterielle Hypertonie ist medikamentös behandelt (vgl. Blatt 17 der Verwaltungsakte sowie den Bericht von Dr. R. vom 12.06.2009, von Dr. Wi. vorgelegt) und bisher ohne Organbeteiligungen oder sonstige Folgeschäden geblieben. Ein höherer Einzel-GdB kann daher nicht festgestellt werden (dazu vgl B 9.3 VG). Auch hinsichtlich der Krampfadern kann vor dem Hintergrund der Regelungen von B 9.2.3. VG ein höherer Einzel-GdB als 10 nicht festgestellt werden.
Soweit der Beklagte für eine Mittelnervendruckschädigung beidseitig (Carpaltunnelsyndrom) einen Einzel-GdB von 10 ausgewiesen hat, mittlerweile aber ein Carpaltunnelsyndrom ausgeschlossen werden konnte (vgl Bericht Dr. Ra. vom 26.04.2010), ist der festgestellte Einzel-GdB jedenfalls nicht zu niedrig angesetzt.
Sonstige GdB-berechtigende Funktionseinschränkungen konnte der Senat nicht feststellen.
Auch die Feststellung des Gesamt-GdB 30 ist zutreffend. Denn nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Das ist bei der Klägerin nicht der Fall. Unter Beachtung der gegenseitigen Auswirkungen ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Gesamt-GdB mit 30 zutreffend bemessen ist.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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