Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 138/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Versorgung mit einem Spezialpflegebett mit geteiltem Seitengitter anstelle eines Standard-Pflegebettes hat.
Der 0000 geborene Kläger leidet an Multipler Sklerose und einem Alkoholabhängigkeitssyndrom mit psychischen und Verhaltensstörungen. Bei einer Größe von 185 cm wiegt er 117 kg. Seit Oktober 2010 ist er schwerpflegebedürftig und erhält Leistungen der Pflegekasse nach Pflegestufe II. Er wird von seiner Ehefrau gepflegt und versorgt. Er ist mit einem Duschsitz, einem Rollator, einem Standard-Schieberollstuhl, einem Elektrorollstuhl und weiteren Hilfsmitteln versorgt.
Im Juni/Juli 2012 beantragte der Kläger bei der beklagten Krankenkasse die Versorgung mit einem Pflegebett "Belletto Linea HH" unter Vorlage einer vertragsärztlichen Hilfsmittelverordnung von Dr. I. vom 31.05.2012. Zur Antragsbegründung gab der Kläger an, da er starke Ataxie in den Beinen und eine schwache Standfestigkeit habe, brauche er eine Möglichkeit zum Festhalten und Hochziehen beim Transfer in und aus dem Bett. Das Beletto-Bett habe geteilte Bettgitter, die variabel einstellbar seien und somit zum Festhalten und selbstständigen Lagern im Bett dienten. Dadurch vermeide man eine hohe Sturzgefahr. Bei einem Standardpflegebett seien die Bettgitter nicht geteilt, sodass diese, wenn sie unten seien, nicht zum Festhalten und Abstützen geeignet seien. Damit die Mobilität erhalten bleibe und der Pflegeaufwand nicht höher werde, halte er das Beletto-Bett für unverzichtbar.
In von der Beklagten eingeholten Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) empfahl dieser zum Behinderungsausgleich ein Krankenbett, meinte aber, dass das beantragte Spezialbett das Maß des Notwendigen überschreite.
Gestützt hierauf teilte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 04.09.2012 mit, dass die Versorgung mit einem Krankenbett erfolgen könne; zugleich lehnte sie den Antrag auf Versorgung mit einem Spezialbett ab.
Am 17.09.2012 versorgte die Beklagte den Kläger mit einem Standard-Pflegebett "aks-Pflegebett H 4".
Gegen die Ablehnung des Spezialbettes legte der Kläger am 25.09.2012 Widerspruch ein. Er trug vor, im Gegensatz zu dem (gelieferten) Pflegebett mit einem durchgehenden Bettgitter habe das beantragte Pflegebett mit geteiltem Bettgitter den Vorteil, dass die Bettgitter vorne und hinten separat auf- bzw. abgesenkt werden könnten. Dies ermögliche ihm bei heruntergelassenem hinteren Bettgitter und aufgestelltem vorderen Gitter ein Abstützen zum Ein- und Aussteigen aus dem Bett; dadurch sei er selbstständiger und nicht auf fremde Hilfe angewiesen. Bei einem Bett ohne geteilte Gitter könne er aus dem Bett nicht aussteigen, da er bei hochgezogenem Gitter das Gitter nicht überwinden, bei heruntergelassenem Gitter sich nirgendwo festhalten könne. Ein Aufrichten mit Hilfe eines Bettgalgens sei ihm kräftemäßig nicht möglich.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 22.04.2013 Klage erhoben. Er weist daraufhin, das Pflegebett "Beletto" sei nicht in Zusammenhang mit einer bestmöglichen Versorgung, sondern im Hinblick auf eine angemessene Grundversorgung beantragt worden. Mit dem zur Verfügung gestellten Bett komme er nicht zurecht. Dieses Bett habe keine geteilten Gitter, was zur Folge habe, dass das Aufstehen ohne fremde Hilfe nicht möglich und das Sturzrisiko vergrößert sei. Er leide an Gleichgewichtsstörungen und sei in seiner Spontanmobilität stark eingeschränkt. Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Firma Beletto den Vertrieb und Verkauf der Betten im Individualbereich seit Januar 2013 eingestellt habe, meint der Kläger, dies dürfe nicht zu seinem Nachteil gereichen; es könne der Ausgleich auch durch ein Alternativbett erfolgen. Der Kläger weist darauf hin, dass er einen Höherstufungsantrag bei der Pflegekasse gestellt habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 04.09.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2013 zu verurteilen, ihn anstelle des gelieferten Standard-Pflegebettes mit einem Spezialpflegebett mit geteilten Seitengittern zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung, dass ein Spezialbett mit geteilten Gittern nicht notwendig sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Pflegegutachten. Die Beklagte hat die vom MDK für die Pflegekasse erstellten Pflegegutachten vom 22.10.2012 und 11.07.2013 zu den Akten gereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat weder nach dem Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gegenüber der beklagten Krankenkasse noch nach dem Recht der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) gegenüber der Pflegekasse einen Anspruch auf Versorgung mit einem Spezialpflegebett mit geteilten Gittern anstelle des Standardpflegebettes, mit dem er versorgt ist.
Gemäß § 33 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Ein Pflegebett ist kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens; denn es wird ausschließlich bei Behinderten bzw. Kranken verwendet und nicht von gesunden Menschen benutzt. Es ist auch nicht durch die Regelung des § 34 Abs. 4 SGB V im Wege einer Rechtsverordnung ausgeschlossen.
Grundsätzlich kann ein Pflegebett als Hilfsmittel auch dem Behinderungsausgleich dienen und zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Ein behindertengerechtes Pflegebett ersetzt bestehende Funktionsausfälle allerdings nur mittelbar und nur in Teilbereichen. Betroffen ist das Grundbedürfnis der Mobilität; ein Pflegebett erleichtert das Aufstehen und Zu-Bett-Gehen sowie das selbstständige Aufrichten und Sitzen (BSG, Urteil vom 25.01.1995 – 3/1 RK 63/93; LSG Bayern, Urteil vom 29.06.2006 – L 4 KR 253/03). Dementsprechend hat der MDK auch in seinen Stellungnahmen vom 11.06. und 09.08.2012 die medizinische Notwendigkeit für ein Pflegebett bejaht; und die beklagte Krankenkasse hat ein solches Pflegebett als Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung bewilligt und den Kläger damit am 17.09.2012 versorgt. Diese Versorgung genügt dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V, wonach die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen (Satz 1); Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (Satz 2).
Ein weitergehender Anspruch des Klägers auf Versorgung mit einem Spezial-Pflegebett mit geteilten Gittern, z.B. Pflegebett "Beletto Linea HH" der Firma Völker, besteht nicht. Denn ein solches Spezialpflegebett überschreitet im Fall des Klägers das Maß des Notwendigen. Der Hersteller, die Firma Völker, bezeichnet das Beletto-Bett selbst als ein "wirkliches Premium-Pflegebett mit allen Möglichkeiten". Vergleicht man dieses Bett mit dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Standard-Pflegebett "aks H 4", so fällt auf, dass das Spezialbett "Beletto" Ausstattungsmerkmale aufweist, die der Kläger bei seinem Krankheits- und Behinderungsgrad nicht benötigt, andererseits bei diesem Bett aber andere Ausstattungsmerkmale fehlen, die für den Kläger sinnvoll und zweckmäßig sind. Der Kläger benötigt zum Behinderungsausgleich kein Spezialbett mit geteilten Seitengittern. Seine Behauptung, ein solches Pflegebett ermögliche ihm ein selbstständiges Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, wird durch die beiden Pflegegutachten vom 22.10.2010 und 11.07.2013 widerlegt. In beiden Gutachten ist festgestellt worden, dass der Kläger Hilfe durch Pflegepersonen beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen benötigt. Insbesondere das Aufstehen/Aufrichten aus liegender Position ist schon seit 2010 nur mit Hilfe einer Pflegeperson möglich. Wenn der Kläger durch eine Pflegeperson von der liegenden in die sitzende Position aufgerichtet worden ist, kann er sich an dem Aufrichter mit Haltegriff, dem so genannten "Bettgalgen", mit dem das zur Verfügung gestellte Standard-Pflegebett ausgestattet ist, festhalten und so den Aufstehprozess unterstützen. Das Spezial-Pflegebett "Beletto" ist mit einem solchen Bettgalgen nicht ausgestattet. Allein der Umstand, dass das Spezialbett geteilte Seitengitter aufweist, bewirkt nicht die Erhaltung der Selbstständigkeit des Klägers beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, da er, wie sich aus den Pflegegutachten ergibt, ohnehin bei diesen Verrichtungen der Hilfe durch Pflegepersonen bedarf. Soweit er geltend macht, er benötigte das Spezial-Pflegebett mit geteilten Seitengittern auch deshalb, weil er sich auf der Bettkante sitzend an der hochgestellten Hälfte des Seitengitters festhalten und dadurch einer Sturzgefahr vorbeugen könne, begründet dies ebenfalls keinen Versorgungsanspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Denn es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Prophylaxe gegen Sturzfolgen in die Eigenverantwortung der Versicherten fällt, nicht aber in die Leistungspflicht der GKV durch Versorgung mit Hilfsmitteln (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.2009 – B 3 KR 11/07 R – zu "Hüftprotektoren").
Ein weitergehender Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten Spezial-Pflegebett anstelle des zur Verfügung gestellten Standard-Pflegebettes ergibt sich auch nicht aus dem Pflegeversicherungsrecht. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) haben Pflegebedürftige Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständige Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Auch dieser Versorgungsanspruch besteht nur im Rahmen des Notwendigen (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Nicht nur den MDK-Stellungnahmen vom 11.06. und 09.08.2012, sondern auch dem Pflegegutachten vom 11.07.2013 ist zu entnehmen, dass ein Pflegebett für den Kläger zweckmäßig ist, und zwar nicht nur zum Behinderungsausgleich nach dem Recht der GKV, sondern auch zur Pflegeerleichterung nach dem Recht der SPV. Den Stellungnahmen und Gutachten ist aber auch zu entnehmen, dass die Versorgung mit dem gelieferten Standard-Pflegebett sowohl unter krankenversicherungsrechtlichen als auch unter pflegeversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten ausreichend ist. Zum Zeitpunkt der letzten Pflegebegutachtung am 11.07.2013 war der Kläger bereits mit dem Pflegebett ausgestattet. Dabei war dem MDK bekannt, dass der Kläger darüberhinausgehend ein Spezial-Pflegebett (Völker, Beletto-Bett) haben wollte; in Kenntnis der Pflegesituation und des Hilfebedarfs des Klägers hat der MDK im Pflegegutachten einen solchen weitergehenden Hilfsmittelbedarf verneint. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass der Kläger auch in pflegeversicherungsrechtlicher Hinsicht mit dem zur Verfügung gestellten Standard-Pflegebett "aks H 4" ausreichend versorgt ist und das von ihm begehrte Spezial-Pflegebett das Maß des Notwendigen übersteigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Versorgung mit einem Spezialpflegebett mit geteiltem Seitengitter anstelle eines Standard-Pflegebettes hat.
Der 0000 geborene Kläger leidet an Multipler Sklerose und einem Alkoholabhängigkeitssyndrom mit psychischen und Verhaltensstörungen. Bei einer Größe von 185 cm wiegt er 117 kg. Seit Oktober 2010 ist er schwerpflegebedürftig und erhält Leistungen der Pflegekasse nach Pflegestufe II. Er wird von seiner Ehefrau gepflegt und versorgt. Er ist mit einem Duschsitz, einem Rollator, einem Standard-Schieberollstuhl, einem Elektrorollstuhl und weiteren Hilfsmitteln versorgt.
Im Juni/Juli 2012 beantragte der Kläger bei der beklagten Krankenkasse die Versorgung mit einem Pflegebett "Belletto Linea HH" unter Vorlage einer vertragsärztlichen Hilfsmittelverordnung von Dr. I. vom 31.05.2012. Zur Antragsbegründung gab der Kläger an, da er starke Ataxie in den Beinen und eine schwache Standfestigkeit habe, brauche er eine Möglichkeit zum Festhalten und Hochziehen beim Transfer in und aus dem Bett. Das Beletto-Bett habe geteilte Bettgitter, die variabel einstellbar seien und somit zum Festhalten und selbstständigen Lagern im Bett dienten. Dadurch vermeide man eine hohe Sturzgefahr. Bei einem Standardpflegebett seien die Bettgitter nicht geteilt, sodass diese, wenn sie unten seien, nicht zum Festhalten und Abstützen geeignet seien. Damit die Mobilität erhalten bleibe und der Pflegeaufwand nicht höher werde, halte er das Beletto-Bett für unverzichtbar.
In von der Beklagten eingeholten Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) empfahl dieser zum Behinderungsausgleich ein Krankenbett, meinte aber, dass das beantragte Spezialbett das Maß des Notwendigen überschreite.
Gestützt hierauf teilte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 04.09.2012 mit, dass die Versorgung mit einem Krankenbett erfolgen könne; zugleich lehnte sie den Antrag auf Versorgung mit einem Spezialbett ab.
Am 17.09.2012 versorgte die Beklagte den Kläger mit einem Standard-Pflegebett "aks-Pflegebett H 4".
Gegen die Ablehnung des Spezialbettes legte der Kläger am 25.09.2012 Widerspruch ein. Er trug vor, im Gegensatz zu dem (gelieferten) Pflegebett mit einem durchgehenden Bettgitter habe das beantragte Pflegebett mit geteiltem Bettgitter den Vorteil, dass die Bettgitter vorne und hinten separat auf- bzw. abgesenkt werden könnten. Dies ermögliche ihm bei heruntergelassenem hinteren Bettgitter und aufgestelltem vorderen Gitter ein Abstützen zum Ein- und Aussteigen aus dem Bett; dadurch sei er selbstständiger und nicht auf fremde Hilfe angewiesen. Bei einem Bett ohne geteilte Gitter könne er aus dem Bett nicht aussteigen, da er bei hochgezogenem Gitter das Gitter nicht überwinden, bei heruntergelassenem Gitter sich nirgendwo festhalten könne. Ein Aufrichten mit Hilfe eines Bettgalgens sei ihm kräftemäßig nicht möglich.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 22.04.2013 Klage erhoben. Er weist daraufhin, das Pflegebett "Beletto" sei nicht in Zusammenhang mit einer bestmöglichen Versorgung, sondern im Hinblick auf eine angemessene Grundversorgung beantragt worden. Mit dem zur Verfügung gestellten Bett komme er nicht zurecht. Dieses Bett habe keine geteilten Gitter, was zur Folge habe, dass das Aufstehen ohne fremde Hilfe nicht möglich und das Sturzrisiko vergrößert sei. Er leide an Gleichgewichtsstörungen und sei in seiner Spontanmobilität stark eingeschränkt. Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Firma Beletto den Vertrieb und Verkauf der Betten im Individualbereich seit Januar 2013 eingestellt habe, meint der Kläger, dies dürfe nicht zu seinem Nachteil gereichen; es könne der Ausgleich auch durch ein Alternativbett erfolgen. Der Kläger weist darauf hin, dass er einen Höherstufungsantrag bei der Pflegekasse gestellt habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 04.09.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2013 zu verurteilen, ihn anstelle des gelieferten Standard-Pflegebettes mit einem Spezialpflegebett mit geteilten Seitengittern zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung, dass ein Spezialbett mit geteilten Gittern nicht notwendig sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Pflegegutachten. Die Beklagte hat die vom MDK für die Pflegekasse erstellten Pflegegutachten vom 22.10.2012 und 11.07.2013 zu den Akten gereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hat weder nach dem Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gegenüber der beklagten Krankenkasse noch nach dem Recht der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) gegenüber der Pflegekasse einen Anspruch auf Versorgung mit einem Spezialpflegebett mit geteilten Gittern anstelle des Standardpflegebettes, mit dem er versorgt ist.
Gemäß § 33 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Ein Pflegebett ist kein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens; denn es wird ausschließlich bei Behinderten bzw. Kranken verwendet und nicht von gesunden Menschen benutzt. Es ist auch nicht durch die Regelung des § 34 Abs. 4 SGB V im Wege einer Rechtsverordnung ausgeschlossen.
Grundsätzlich kann ein Pflegebett als Hilfsmittel auch dem Behinderungsausgleich dienen und zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Ein behindertengerechtes Pflegebett ersetzt bestehende Funktionsausfälle allerdings nur mittelbar und nur in Teilbereichen. Betroffen ist das Grundbedürfnis der Mobilität; ein Pflegebett erleichtert das Aufstehen und Zu-Bett-Gehen sowie das selbstständige Aufrichten und Sitzen (BSG, Urteil vom 25.01.1995 – 3/1 RK 63/93; LSG Bayern, Urteil vom 29.06.2006 – L 4 KR 253/03). Dementsprechend hat der MDK auch in seinen Stellungnahmen vom 11.06. und 09.08.2012 die medizinische Notwendigkeit für ein Pflegebett bejaht; und die beklagte Krankenkasse hat ein solches Pflegebett als Hilfsmittel im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung bewilligt und den Kläger damit am 17.09.2012 versorgt. Diese Versorgung genügt dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V, wonach die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen (Satz 1); Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (Satz 2).
Ein weitergehender Anspruch des Klägers auf Versorgung mit einem Spezial-Pflegebett mit geteilten Gittern, z.B. Pflegebett "Beletto Linea HH" der Firma Völker, besteht nicht. Denn ein solches Spezialpflegebett überschreitet im Fall des Klägers das Maß des Notwendigen. Der Hersteller, die Firma Völker, bezeichnet das Beletto-Bett selbst als ein "wirkliches Premium-Pflegebett mit allen Möglichkeiten". Vergleicht man dieses Bett mit dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Standard-Pflegebett "aks H 4", so fällt auf, dass das Spezialbett "Beletto" Ausstattungsmerkmale aufweist, die der Kläger bei seinem Krankheits- und Behinderungsgrad nicht benötigt, andererseits bei diesem Bett aber andere Ausstattungsmerkmale fehlen, die für den Kläger sinnvoll und zweckmäßig sind. Der Kläger benötigt zum Behinderungsausgleich kein Spezialbett mit geteilten Seitengittern. Seine Behauptung, ein solches Pflegebett ermögliche ihm ein selbstständiges Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, wird durch die beiden Pflegegutachten vom 22.10.2010 und 11.07.2013 widerlegt. In beiden Gutachten ist festgestellt worden, dass der Kläger Hilfe durch Pflegepersonen beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen benötigt. Insbesondere das Aufstehen/Aufrichten aus liegender Position ist schon seit 2010 nur mit Hilfe einer Pflegeperson möglich. Wenn der Kläger durch eine Pflegeperson von der liegenden in die sitzende Position aufgerichtet worden ist, kann er sich an dem Aufrichter mit Haltegriff, dem so genannten "Bettgalgen", mit dem das zur Verfügung gestellte Standard-Pflegebett ausgestattet ist, festhalten und so den Aufstehprozess unterstützen. Das Spezial-Pflegebett "Beletto" ist mit einem solchen Bettgalgen nicht ausgestattet. Allein der Umstand, dass das Spezialbett geteilte Seitengitter aufweist, bewirkt nicht die Erhaltung der Selbstständigkeit des Klägers beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, da er, wie sich aus den Pflegegutachten ergibt, ohnehin bei diesen Verrichtungen der Hilfe durch Pflegepersonen bedarf. Soweit er geltend macht, er benötigte das Spezial-Pflegebett mit geteilten Seitengittern auch deshalb, weil er sich auf der Bettkante sitzend an der hochgestellten Hälfte des Seitengitters festhalten und dadurch einer Sturzgefahr vorbeugen könne, begründet dies ebenfalls keinen Versorgungsanspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung. Denn es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Prophylaxe gegen Sturzfolgen in die Eigenverantwortung der Versicherten fällt, nicht aber in die Leistungspflicht der GKV durch Versorgung mit Hilfsmitteln (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.2009 – B 3 KR 11/07 R – zu "Hüftprotektoren").
Ein weitergehender Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten Spezial-Pflegebett anstelle des zur Verfügung gestellten Standard-Pflegebettes ergibt sich auch nicht aus dem Pflegeversicherungsrecht. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) haben Pflegebedürftige Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständige Lebensführung ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind. Auch dieser Versorgungsanspruch besteht nur im Rahmen des Notwendigen (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Nicht nur den MDK-Stellungnahmen vom 11.06. und 09.08.2012, sondern auch dem Pflegegutachten vom 11.07.2013 ist zu entnehmen, dass ein Pflegebett für den Kläger zweckmäßig ist, und zwar nicht nur zum Behinderungsausgleich nach dem Recht der GKV, sondern auch zur Pflegeerleichterung nach dem Recht der SPV. Den Stellungnahmen und Gutachten ist aber auch zu entnehmen, dass die Versorgung mit dem gelieferten Standard-Pflegebett sowohl unter krankenversicherungsrechtlichen als auch unter pflegeversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten ausreichend ist. Zum Zeitpunkt der letzten Pflegebegutachtung am 11.07.2013 war der Kläger bereits mit dem Pflegebett ausgestattet. Dabei war dem MDK bekannt, dass der Kläger darüberhinausgehend ein Spezial-Pflegebett (Völker, Beletto-Bett) haben wollte; in Kenntnis der Pflegesituation und des Hilfebedarfs des Klägers hat der MDK im Pflegegutachten einen solchen weitergehenden Hilfsmittelbedarf verneint. Die Kammer ist deshalb der Auffassung, dass der Kläger auch in pflegeversicherungsrechtlicher Hinsicht mit dem zur Verfügung gestellten Standard-Pflegebett "aks H 4" ausreichend versorgt ist und das von ihm begehrte Spezial-Pflegebett das Maß des Notwendigen übersteigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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