Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 121/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4147/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. August 2011 abgeändert.
Der Beklagte wird entsprechend seinem Teilanerkenntnis verurteilt, den GdB ab 1. April 2010 mit 90 festzustellen; im übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Bescheid des Landratsamts B. vom 27.10.2011 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sowie die Feststellung der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) "B" (Notwendigkeit einer Begleitperson) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) streitig.
Die 1934 geborene Klägerin stellte erstmals am 01.10.1980 einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung und des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nach dem Schwerbehindertengesetz. Sie gab hierbei an, von Beruf sei sie Lehrerin und sei seit 14.03.1980 Rentnerin. Nach Auswertung verschiedener Arztberichte stellte das Versorgungsamt R. (VA) mit Bescheid vom 09.02.1981 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen "schwere neurotische Depression mit verschiedenen körperlichen Beschwerden; Halswirbelsäulenbeschwerden mit Kopf- und Nackenschmerzen; Armschmerzen; Kreislaufbeschwerden bei Niederdruck" die MdE mit 70 seit 01.01.1980 fest. Nachteilsausgleiche wurden nicht festgestellt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.1982 zurückgewiesen. Im Juli 1983 stellte die Klägerin einen Verschlimmerungsantrag und beantragte die Erhöhung der MdE auf 100 v. H. Mit Bescheid vom 09.08.1985 wies das VA den Verschlimmerungsantrag zurück. Der Nachteilsausgleich "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) wurde vom VA mit Bescheid vom 10.08.1985 abgelehnt und dem Antrag auf Zuerkennen des Merkzeichens "G" (erhebliche Gehbehinderung) entsprach das VA mit Bescheid vom 08.08.1985 nicht. Die von der Klägerin eingelegten Widersprüche gegen die Ablehnung der Erhöhung der MdE und der Versagung der Merkzeichen G und aG wurden mit den Widerspruchsbescheiden vom 10.06.1987, 11.06.1987 und 12.06.1987 zurückgewiesen.
Die Verschlimmerungsanträge vom 18.03.1987 und 16.03.1992 wurden mit Bescheid vom 06.12.1993 zurückgewiesen. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.1994 zurückgewiesen.
Der Verschlimmerungsantrag der Klägerin vom 14.05.2002 auf Erhöhung des Grades der Behinderung (GdB) und Feststellung des Merkzeichens "G" hatte keinen Erfolg (Bescheid vom 07.07.2003, Widerspruchsbescheid vom 23.07.2004). Im anschließenden Klageverfahren (S 6 SB 2006/04) holte das Sozialgericht Konstanz (SG) das orthopädische Gutachten des Dr. K. vom 07.11.2005 ein. Den GdB schätzte Dr. K. mit 30 ein. Den Gesamt-GdB beurteilte er mit 70. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit der Klägerin im Straßenverkehr verneinte Dr. K ... Mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2006 wies das SG die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung nahm die Klägerin zurück.
Am 24.07.2007 stellte die Klägerin - den hier streitigen - Antrag auf Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung; die Feststellung weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen machte sie nicht geltend. Zur Begründung legte die Klägerin verschiedene Arztberichte und das Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 17.11.2006 vor. Die DAK Ü. gewährte der Klägerin Leistungen gemäß der Pflegestufe I (Bescheid vom 13.04.2006). Der Beklagte holte zum Verschlimmerungsantrag der Klägerin die Auskunft des die Klägerin behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. von S. , Ü. vom 23.08.2007 ein. Auf Antrag der Klägerin schrieb das Landratsamt B. Dr. B. , P. an und bat um die Erstattung eines Befundscheines. Dieser teilte mit Schreiben vom 04.12.2007 mit, die Klägerin habe ihn beauftragt, ein freies fachorthopädisches Gutachten zu erstellen. Dieses füge er in Kopie bei. In diesem orthopädischen Gutachten (nach Untersuchung vom 21.11.2007) führte Dr. B. aus, bei der Klägerin läge ein chronisches degeneratives HWS-Syndrom mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt Grad 30, eine unvollständige leichte Halsmarkschädigung mit motorischen und sensiblen Restausfällen ohne Störungen der Blasen und Mastdarmfunktion Grad 50, ein Impingement-Syndrom rechts mit eingeschränkter Schulterbeweglichkeit Grad 10, eine Epicondylitis humeri radialis rechts, kein Grad der Behinderung, leichte Gonarthrose beiderseits, kein Grad der Behinderung, leichte Coxarthrose beiderseits, kein Grad der Behinderung vor. Dem Gesamt-Grad der Behinderung auf orthopädischem Fachgebiet schätze er mit 60 % ein.
Mit Schreiben vom 20.12.2007 machte die Klägerin gegenüber dem Landratsamt (LRA) noch eine hochgradige Sehbehinderung geltend. Das LRA zog Befunde von der Universitätsklinik Augen-Klinik F. bei. Einen vorgesehenen Untersuchungstermin zur Visus-VEP am 29.04.2008 nahm die Klägerin nicht wahr (Fax der Universitätsaugenklinik F. vom 23.05.2008). Mit Schreiben vom 05.05.2008 beantragte die Klägerin die Feststellung des Nachteilsausgleiches "RF". Mit Schreiben vom 21.05.2008 erinnerte sie das LRA an ihre Anträge auf Verbescheidung der Merkzeichen RF und B.
Sämtliche Arztunterlagen wurden mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.06.2008 ausgewertet. Danach liege eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung nicht vor und der GdB betrage weiterhin 70. Der Sachverhalt sei durch das Gutachten des Dr. K. ausreichend geklärt und eine Verschlimmerung sei durch die Arztunterlagen nicht belegt. Unverändert sei von Aggravation auszugehen. Zwischen dem angegebenen Sehvermögen und den objektiven Befunden bestehe unverändert eine Diskrepanz. Der Umfang der tatsächlich bestehenden Sehminderung sei daher unverändert nicht bekannt. Die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen in nennenswertem Umfang sei zumutbar.
Mit Bescheid vom 13.06.2008 lehnte das LRA den Antrag der Klägerin vom 24.07.2007 auf Neufeststellung des GdB und Feststellung von gesundheitlichen Merkmalen ab. Die Voraussetzungen für eine höhere Bewertung des GdB lägen bei der Klägerin nicht vor. Die geltend machten Merkzeichen B und RF hätten nicht festgestellt werden können, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Bei der Klägerin lägen folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: Schädigungsfolgen, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Nacken-Arm-Schmerzen, Polyarthrose, funktionelle Kreislaufstörungen, eingepflanzte Kunstlinse beidseits. Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen, Kniearthrose, Bauchspeicheldrüsenleiden würden keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 verursachen. Blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von 60 allein wegen der Sehbehinderung könnten das Merkzeichen RF erhalten. Die Prüfung der Angelegenheit der Klägerin habe ergeben, dass ihre Sehbehinderung keinen GdB von wenigstens 60 bedinge. Auch im Übrigen seien die Voraussetzungen zur Feststellung des Merkzeichens RF nicht erfüllt.
Gegen den Bescheid vom 13.06.2008 erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2008 zurückgewiesen wurde.
Dagegen erhob die Klägerin am 10.11.2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG, S 1 SB 3235/08) mit dem Begehren, den GdB mit höher als 70 sowie die Nachteilsausgleiche B und RF festzustellen.
Das SG hörte Dr. von S. als sachverständigen Zeugen (Auskunft vom 14.04.2009).
Im Erörterungstermin vom 21.01.2010 kamen die Beteiligten im Rahmen eines Vergleichs überein, das vorliegende Schwerbehindertenverfahren zunächst ruhen zu lassen. Mit Beschluss vom 21.01.2010 ordnete das SG das Ruhen des Verfahrens an.
Mit Schreiben vom 07.01.2011 rief die Klägerin das Verfahren wieder an, das unter dem Aktenzeichen S 1 SB 121/11 fortgesetzt wurde.
Der Beklagte trat der Klage entgegen und legt die die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 11.04.2011 vor, die unter Hinweis auf das im Verfahren wegen Schädigungsfolgen nach dem BVG eingeholte Gutachten von Professor Dr. St. vom 21.09.2010 auf einen bei Prüfung der Hirnnerven intakt getesteten Visus Bezug nahm.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.08.2011 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung, die die Zuerkennung eines höheren GdB als 70 rechtfertigen könnte, sei nicht festzustellen. Bei der Klägerin liege auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten vor, die die Zuerkennung eines GdB von 50 rechtfertige. Für Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzen, Nacken-Arm-Schmerzen, Polyarthrose habe der Beklagte zu Recht einen Teil-GdB von 30 angenommen. Dies werde auch durch das orthopädische Gutachten, das Dr. K. im Vorverfahren (S 6 SB 2006/04) erstattet habe, bestätigt. Auch Dr. K. habe hierfür einen Teil-GdB von 30 zugrundegelegt. Wesentliche Änderungen, die die Zuerkennung eines höheren GdB rechtfertigen könnten, seien seither nicht eingetreten. Soweit Dr. B. für eine unvollständige Halsmarkschädigung einen Teil-GdB von 50 annehme, sei darauf hinzuweisen, dass für eine derartige Halsmarkschädigung keine Anhaltspunkte vorlägen. Eine derartige Halsmarkschädigung sei auch auf neurologischem Fachgebiet festzustellen. Im nervenärztlich-psychosomatischen Gutachten von Prof. Dr. St. vom 21.09.2010 sei eine derartige Schädigung nicht festgestellt worden. Dieser habe lediglich eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Für die funktionellen Kreislaufstörungen sei ein Teil-GdB von 10 angemessen, ebenso könne ein Teil-GdB von 10 für die eingepflanzte Kunstlinse berücksichtigt werden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B lägen nicht vor. Eine wesentliche Sehbehinderung sei bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung sei bei schwerbehinderten Menschen, bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen B, GL oder H vorlägen, gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln in Folge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen seien. Eine wesentliche Sehbehinderung, die hierfür Voraussetzung wäre, sei jedoch bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens RF seien nicht gegeben. Weder ein Gesamt-GdB von 80 liege vor noch ein Einzel-GdB von 60 für die Sehbehinderung, weshalb schon diese Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich nicht erfüllt seien.
Gegen den - dem Bevollmächtigten der Klägerin am 01.09.2011 zugestellten - Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.09.2011 Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. August 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2008 und den Bescheid vom 27. Oktober 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen höheren Grad der Behinderung als 70 ab 24.07.2007 sowie die Nachteilsausgleiche "B" (Notwendigkeit einer Begleitperson) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit Ansprüche über Ihr Vergleichsangebot vom 25.06.2012 hinaus geltend gemacht werden sowie die Klage gegen den Bescheid des Landratsamts B. vom 27.10.2011 abzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren weiter und hat verschiedene Arztberichte, insbesondere auf augenfachärztlichem Gebiet, vorgelegt.
Der Beklagte hat den Bescheid des Landratsamts B. vom 27.10.2011 vorgelegt, mit dem der weitere Antrag der Klägerin vom 13.09.2011 auf Feststellung des Merkzeichens "B" abgelehnt worden ist und der gemäß § 96 i.V.m. § 153 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
Der Senat hat die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Der Augenarzt Dr. He. hat am 13.03.2012 mitgeteilt, rechts und links könne die Klägerin lediglich Handbewegungen wahrnehmen. Es liege eine Makuladegeneration vor und mit einer Verbesserung sei nicht zu rechnen, eine Verschlechterung sei möglich. Dr. M. - Facharzt für Orthopädie - hat am 19.03.2012 seine Diagnosen und die bei der Klägerin festgestellten Funktionseinschränkungen mitgeteilt. Danach liegen bei der Klägerin schmerzhafte Funktionseinschränkungen aller drei Wirbelsäulenabschnitte mit rezidivierenden Nervenwurzelreizerscheinungen bei schweren degenerativen Veränderungen aller Wirbelsäulenabschnitte, eine statische Fehlhaltung der Wirbelsäule bei teilfixierter Kyphoskoliose, Hüftgelenksarthrose und Bursitis trochanterica beidseits sowie eine chronische Achillodymie links vor. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. von S. hat mit Schreiben vom 23.04.2012 Zweifel hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Blindheit geäußert; eine seiner Mitarbeiterinnen habe die Klägerin am Lenkrad ihres PKWs gesehen.
Nach Auswertung der erhobenen Befunde hat der Beklagte am 25.06.2012 folgendes Vergleichsangebot unterbreitet: Der Grad der Behinderung (GdB) beträgt 90 ab April 2010. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit für erledigt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Zur Begründung verweist der Beklagte auf die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 21.06.2012. Aufgrund des Befundberichtes vom 12.04.2010 von Dr. Br. sowie des histologischen Befundberichtes vom 20.03.2010 könne für eine Hauterkrankung in Heilungsbewährung ein Teil-GdB von 50 anerkannt werden, und zwar ab April 2010 für einen Zeitraum von fünf Jahren. Ansonsten ergäben sich aus den jetzt vorgelegten und zum Teil bereits aktenkundigen Unterlagen keine Gesichtspunkte für ein weiteres Abweichen von der bisherigen Beurteilung. Dies gelte insbesondere auch für die subjektiv angegebene Visusminderung. Ausgehend von der bisherigen GdB-Bewertung ergebe sich somit folgende Gesamtbeurteilung: Persönlichkeitsstörung, funktionelle Organbeschwerden (Teil-GdB 50), Hauterkrankung in Heilungsbewährung (Teil-GdB 50 ab 04/10), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Nacken-Armschmerzen, Polyarthrose (Teil-GdB 20), funktionelle Kreislaufstörungen (Teil-GdB 10), eingepflanzte Kunstlinse beidseits (Teil-GdB 10), was zu einem Gesamt-GdB von 90 ab April 2010 führe.
Die Klägerin hat das Vergleichsangebot mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 05.07.2012 abgelehnt. Sie begehre nach wie vor einen GdB von 100 und die Merkzeichen RF und B. Die Voraussetzungen hierfür lägen bereits seit langem vor.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 09.11.2012 den Sachverhalt erörtert. Er hat in diesem Termin dargelegt, dass das genaue Ausmaß der Sehminderung bei der Klägerin relevant nicht nur für die Höhe des GdB sei, sondern auch für die geltend gemachten Nachteilsausgleiche RF und B. B komme in Betracht, wenn Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z.B. Sehbehinderung) erforderlich seien. RF komme für blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem GdB von 60 allein wegen der Sehbehinderung in Betracht. Nach dem gegenwärtigen Stand komme RF nach § 6 Abs.1 Nr. 7a des 8.Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 08. bis 15.10.2004 i.d.F. des Baden-Württembergischen Gesetzes vom 17.03.2005 nicht in Betracht, da der GdB auf augenfachärztlichem Gebiet mit lediglich 10 festgestellt worden sei. Der Berichterstatter hat in diesem Termin des Weiteren darauf hingewiesen, dass er zur Abklärung des Ausmaßes der Sehbehinderung der Klägerin die Einholung eines augenärztlichen Gutachtens für erforderlich halte. Die von der Klägerin eingereichte Bescheinigung ihres behandelnden Augenarztes Dr. He. vom 13.03.2012 reiche zur Erforschung des augenärztlichen Sachverhalts nicht aus, da sich das Ausmaß der mitarbeitsabhängigen Komponente hieraus nicht entnehmen lasse. Erforderlich sei vielmehr eine elektrophysiologische Untersuchung, die anhand von Hirnstrommessungen den Seheindruck des Auges messen könne, wobei es sich mithin um eine Visusmessung handele, die nicht von den Angaben des Probanden abhängig sei. Anschließend hat der Berichterstatter den Bevollmächtigten der Klägerin gebeten, mit seiner Mandantin abzuklären, ob sie mit der Einholung eines derartigen Gutachtens (z.B. von der Universitätsklinik F. ) einverstanden sei. Hierzu hat der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass die Klägerin mit einer solchen augenärztlichen Untersuchung zur Erstellung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens von Amts wegen einverstanden sei. Mit Schreiben vom 12.12.2012 hat die Klägerin mitgeteilt, sie habe sich von ihrem behandelnden Augenarzt Dr. He. am 23.11.2012 an Prof. Dr. R. vom Universitätsklinikum F. - Augenklinik - zu einer Untersuchung überweisen lassen. Sobald ihr dieses Gutachten vorliege, werde sie es dem Gericht vorlegen.
Auf Nachfrage des Berichterstatters hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 28.01.2013 die Stellungnahme der Klägerin vom 19.01.2013 vorgelegt. Darin teilt die Klägerin mit, Prof. Dr. R. lasse ausrichten, dass er gesetzlich mit Auftrag eines Gerichtes über die Klägerin ein Gutachten erstellen werde.
Der Senat hat zunächst einen Befundbericht vom Universitätsklinikum F. (Bericht des Prof. Dr. A. - Sektionsleiter Retinologie -, vom 11.03.2013) eingeholt und anschließend Prof. Dr. R. - Geschäftsführender Direktor der Klinik Universitäts-Augenklinik F. - mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat den Gutachtensauftrag zurückgegeben mit Schriftsatz vom 17.06.2013 und hierzu ausgeführt, die Klägerin habe sich im Januar 2013 bereits einmalig in ihrer Klinik vorgestellt. Anlässlich dieser Untersuchung habe sie objektive Methoden zur Feststellung des Sehvermögens vehement abgelehnt. Zudem habe sie sowohl Mitarbeiter der Klinik beschimpft als auch die Kompetenz der Klinik in Zweifel gezogen. Sollte sich an dieser Einstellung von Frau J. nichts geändert haben, halte er eine Begutachtung durch die Universitäts- Augenklinik F. nicht für sinnvoll. Hierzu ist das Gedächtnisprotokoll zur Untersuchung der Klägerin vom 11.01.2013 mitübersandt worden.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 21.06.2013 ist der Bevollmächtigte der Klägerin gebeten worden, mit der Klägerin abzuklären, ob sie bereit sei, sich den vom gerichtlichen Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Untersuchungsmethoden - insbesondere der Anwendung objektiver Methoden zur Feststellung des Sehvermögens - zu unterziehen oder ob sie dazu nicht bereit sei. In letzterem Falle sei beabsichtigt, den Gutachtensauftrag wieder zurückzunehmen und über den Rechtsstreit nach der derzeitigen Aktenlage zu entscheiden, wobei der Senat das Verhalten der Klägerin in die Beweiswürdigung miteinstellen werde.
Mit Schriftsatz vom 03.07.2013 hat der Bevollmächtigte der Klägerin die Antwort der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 30.06.2013 vorgelegt. Zu der gestellten Frage hat die Klägerin erklärt, sie sei einverstanden damit, eine unbefangene Universitätsklinik H. , nämlich Prof. Dr. Ro. , zu beauftragen. Die Assistenzärztin der Augenklinik F. sei befangen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 05.07.2013 hat der Berichterstatter den Beteiligten mitgeteilt, der Schriftsatz der Klägerin vom 30.06.2013 gebe keinen Anlass, einen anderen Gutachter - wie von der Klägerin beantragt - zu beauftragen. Er gehe aufgrund des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.06.2013 davon aus, dass die Klägerin die im gerichtlichen Schreiben vom 21.06.2013 gestellte Frage verneint habe. Der Rechtsstreit sei zur Entscheidung durch den Senat vorgemerkt.
In der mündlichen Verhandlung am 20.09.2013 hat der Beklagte das Vergleichsangebot vom 25.06.2012 als Teilanerkenntnis erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Konstanz und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin verhandeln und entscheiden, da die Klägerin in der ordnungsgemäßen Ladung zum Verhandlungstermin hierauf hingewiesen worden ist.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und zum Teil begründet. Gegenüber dem letzten maßgeblichen Bescheid ist ab 01. April 2010 eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten, weshalb die Klägerin Anspruch auf Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) von 90 ab 01. April 2010 hat, wie dies der Beklagte der Klägerin mit Schriftsatz vom 25.06.2012 auch angeboten hat; im Übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet. Ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB - auch zu einem früheren Zeitpunkt - und die Nachteilsausgleiche "B" und "RF" steht der Klägerin nicht zu, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der gemäß §§ 153, 96 SGG zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordene Bescheid vom 27.10.2011, mit dem die Feststellung des Merkzeichens B erneut abgelehnt worden ist und über den der Senat auf Klage zu entscheiden hatte, ist ebenfalls rechtmäßig, weshalb die insoweit unbegründete Klage abzuweisen war.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen und am 01.01.2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX), so dass ab 01.01.2009 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (Anlage zu § 2 VersMedV - VG -) anstelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2008" (AHP) heranzuziehen sind. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 mwN). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, aaO, RdNr 30).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung bei der Klägerin für die Zeit bis 31. März 2010 nicht eingetreten. Erst durch die Hauterkrankung (Teil-GdB 50 ab 1. April 2010), die dem SG bis zur Entscheidung durch den Gerichtsbescheid am 26.08.2011 nicht dargelegt worden ist, ist eine Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten. Bis 31.03.2010 ist der GdB zu Recht mit 70 vom SG bewertet worden und zutreffend hat das SG auch die Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche "B" und "RF" verneint. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis - für die Zeit bis zum 31.03.2010 - und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren und für den Zeitraum ab 1. April 2010 bleibt auszuführen:
Bei der Klägerin liegen ab 01.04.2010 folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: Persönlichkeitsstörung, funktionelle Organbeschwerden (Teil-GdB 50), Hauterkrankung in Heilungsbewährung (Teil-GdB 50 ab 01. April 2010), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Nacken-Arm-Schmerzen, Polyarthrose (Teil-GdB 20), funktionelle Kreislaufstörungen (Teil-GdB 10), eingepflanzte Kunstlinse beidseits (Teil-GdB 10).
Der Beklagte war entsprechend seinem in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2013 - von der nicht erschienenen Klägerin nicht angenommenen - Teilanerkenntnis zu verurteilen, bei der Klägerin den GdB von 90 ab 01.04.2010 festzustellen.
Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 90 für die Zeit ab 1. April 2010 besteht nicht. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Funktionsbeeinträchtigungen "Persönlichkeitsstörung, funktionelle Organbeschwerden" (Teil-GdB 50) und "Hauterkrankung in Heilungsbewährung" (Teil-GdB 50) stark überschneiden, weshalb eine Erhöhung des Gesamt-GdB von 70 auf 90 ausreichend und angemessen ist. Soweit die Klägerin die Feststellung eines GdB von 100 begehrt, ist die Berufung daher unbegründet.
Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, ihre Sehfähigkeit sei in so starkem Maße herabgesetzt, dass sie sich für blind halte und deshalb ihr auch das Merkzeichen "B" zustehe, sieht der Senat diese Einschränkung der Sehfähigkeit nicht als nachgewiesen an. Zwar hat die Klägerin verschiedene Atteste ihres behandelnden Augenarztes Dr. He. vorgelegt, in denen ausgeführt ist, die Klägerin könne rechts und links lediglich noch Handbewegungen wahrnehmen, ob dies tatsächlich zutrifft, ist jedoch nicht geklärt. Denn die Aussage des Augenarztes Dr. He. beruht ausschließlich auf den Angaben der Klägerin und ist nicht durch objektive Untersuchungsmethoden verifiziert worden. Zweifel an diesem augenärztlichen Befund ergeben sich aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. von S. vom 23.04.2012, der mitgeteilt hat, die Klägerin habe sich immer zielsicher in seiner Praxis bewegt, was nicht zu der ihm bekannten augenärztlichen Beurteilung einer "schwersten Sehstörung" passe. Ebenso habe seine Mitarbeiterin die Klägerin als Fahrerin des eigenen Pkws zweimal beobachtet, zuletzt direkt im Anschluss an den Praxisbesuch am 24.04.2012. Auch bei der Begutachtung durch Professor Dr. St. im September 2010 ist ein intakter Visus bei der Prüfung von Hirnnerven erhoben worden. Damit übereinstimmend hatte die Universität-Augenklinik F. in ihrem Schreiben an den Senat vom 17.06.2013 dargelegt, dass sich die Klägerin bei ihrer letzten Vorstellung am 11.01.2013 zielsicher und Hindernissen ausweichend in der ihr fremden Umgebung bewegt habe. Aufgrund dessen hat der Senat in einem frühen Erörterungstermin die Klägerin darauf hingewiesen, dass er zur Abklärung des Ausmaßes der Sehbehinderung die Einholung eines augenärztlichen Gutachtens für erforderlich halte und dass bei diesem Gutachten auch objektive Untersuchungsmethoden wie eine elektrophysiologische Untersuchung, die anhand von Hirnstrommessungen den Seheindruck des Auges messen könne, notwendig seien. Zu diesem Zweck ist mit dem Einverständnis der Klägerin der Gutachtensauftrag an Prof. Dr. R. vom Universitätsklinikum F. ergangen mit der Auflage, das Visus-VEP bei der Klägerin durchzuführen. Zu dieser Untersuchung ist es jedoch nicht gekommen, da die Klägerin ihre ursprüngliche Zustimmung wieder zurückgenommen hat. Der Senat kann aufgrund dessen nicht feststellen, ob bei der Klägerin auf augenfachärztlichem Gebiet eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten ist. Da die Klägerin hierfür beweispflichtig ist, hat sie die aus der Weigerung, sich durch Prof. Dr. R. vom Universitätsklinikum F. untersuchen zu lassen, ergebenden Nachteile zu tragen.
Soweit die Klägerin nach Stellung des Gutachtensauftrages an Prof. Dr. R. ihre Zustimmung zur Untersuchung mit insbesondere objektivierten Untersuchungsmethoden wie dem Visus-VEP zurückgezogen und nunmehr beantragt hat, einen anderen Gutachter, nämlich Prof. Dr. Ro. von der Universitätsklinik H. zu beauftragen, lehnt der Senat diesen Antrag der Klägerin ab. Denn allein schon die vom Senat für erforderlich gehaltenen objektiven Zusatzuntersuchungsmethoden - wie das Visus-VEP - stehen nach Kenntnis des Senats Herrn Prof. Dr. Ro. von der Universitätsklinik H. nicht im gleichen Umfang zur Verfügung wie Prof. Dr. R. vom Universitätsklinikum F ... Außerdem hat die Klägerin keine Gründe vorgetragen, wonach eine Begutachtung durch Professor Dr. R. unzumutbar wäre. Denn zum einen ist nicht die von der Klägerin benannte und für befangen gehaltene Assistenzärztin zum Sachverständigen bestimmt worden – gegebenenfalls hätte dem durch Auflage an den Sachverständigen Rechnung getragen werden können, die Assistenzärztin nicht zur Unterstützung bei der Begutachtung heranzuziehen –, zum anderen ist das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin wenig glaubhaft. Die Klinik F. hat mitgeteilt, dass die Klägerin sich der weiteren Untersuchung durch Visus-VEP verweigert habe unter Beschimpfung des Klinikpersonals. Dieses Verhalten korrespondiert mit dem Prozessverhalten der Klägerin, die auf Fragen des Gerichts zu den Beobachtungen des Arztes Dr. von S. , die eine Blindheit ausschließen würden, zunächst nicht und zuletzt nur ausweichend geantwortet hat. Auch im Rahmen des Verwaltungsverfahrens hatte die Klägerin die von der Universitätsaugenklinik F. zur Objektivierung der geklagten Sehstörung erforderlich gehaltene Untersuchung im April 2008 nicht wahrgenommen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin anderweitig einer entsprechende Untersuchung unterzogen hätte. Darüber hinaus kann ein Beteiligter nicht die Befangenheit eines unerwünschten Sachverständigen dadurch herbeiführen, dass er diesen beleidigt oder beschimpft. Vorliegend wäre bei der bekannten Persönlichkeitsstörung der Klägern, die mit einem GdB 50 bewertet ist, außerdem die notwendige Professionalität des Arztes, der häufig als Sachverständiger herangezogen wird, zu unterstellen, so dass auch dann keine Beeinträchtigung der Objektivität zu erwarten wäre. Letztlich hat auch die Klinik - entgegen der Auffassung der Klägern - ihre Begutachtung nicht wegen Befangenheit der Klinik abgelehnt, sondern lediglich ihre Zurückhaltung als Voraussetzung einer sinnvollen Untersuchung angemahnt.
Die Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleiches "B" liegen nicht vor.
Für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson ist die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen. Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen, bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen B, GL oder H vorliegen, gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln in Folge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfe zum Ausgleich von Orientierungsstörung (z.B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind (VG Abschnitt D 2 b).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht nachgewiesen. Auf augenärztlichem Gebiet liegt bei der Klägerin ein Teil-GdB von 10 vor, der für die eingepflanzte Kunstlinse beidseits festgestellt worden ist. Das Ausmaß der von der Klägerin angegebenen Sehstörung ist nicht nachgewiesen.
Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches "RF" sind nicht gegeben. Das Merkzeichen RF wird bei geltend gemachter Sehbehinderung Behinderten zuerkannt, die blind oder nicht nur vorübergehend erheblich sehbehindert sind, mit einem GdB von wenigstens 60 allein für die Sehbehinderung. Diese Voraussetzung liegt bei der Klägerin nicht vor, da für die Sehbehinderung ein GdB von 10 anerkannt ist.
Nach alledem konnte die Berufung insoweit und die Klage der Klägerin keinen Erfolg haben und sie waren mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurück zu weisen bzw. abzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Der Beklagte wird entsprechend seinem Teilanerkenntnis verurteilt, den GdB ab 1. April 2010 mit 90 festzustellen; im übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Bescheid des Landratsamts B. vom 27.10.2011 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sowie die Feststellung der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) "B" (Notwendigkeit einer Begleitperson) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) streitig.
Die 1934 geborene Klägerin stellte erstmals am 01.10.1980 einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung und des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nach dem Schwerbehindertengesetz. Sie gab hierbei an, von Beruf sei sie Lehrerin und sei seit 14.03.1980 Rentnerin. Nach Auswertung verschiedener Arztberichte stellte das Versorgungsamt R. (VA) mit Bescheid vom 09.02.1981 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen "schwere neurotische Depression mit verschiedenen körperlichen Beschwerden; Halswirbelsäulenbeschwerden mit Kopf- und Nackenschmerzen; Armschmerzen; Kreislaufbeschwerden bei Niederdruck" die MdE mit 70 seit 01.01.1980 fest. Nachteilsausgleiche wurden nicht festgestellt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.1982 zurückgewiesen. Im Juli 1983 stellte die Klägerin einen Verschlimmerungsantrag und beantragte die Erhöhung der MdE auf 100 v. H. Mit Bescheid vom 09.08.1985 wies das VA den Verschlimmerungsantrag zurück. Der Nachteilsausgleich "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) wurde vom VA mit Bescheid vom 10.08.1985 abgelehnt und dem Antrag auf Zuerkennen des Merkzeichens "G" (erhebliche Gehbehinderung) entsprach das VA mit Bescheid vom 08.08.1985 nicht. Die von der Klägerin eingelegten Widersprüche gegen die Ablehnung der Erhöhung der MdE und der Versagung der Merkzeichen G und aG wurden mit den Widerspruchsbescheiden vom 10.06.1987, 11.06.1987 und 12.06.1987 zurückgewiesen.
Die Verschlimmerungsanträge vom 18.03.1987 und 16.03.1992 wurden mit Bescheid vom 06.12.1993 zurückgewiesen. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.1994 zurückgewiesen.
Der Verschlimmerungsantrag der Klägerin vom 14.05.2002 auf Erhöhung des Grades der Behinderung (GdB) und Feststellung des Merkzeichens "G" hatte keinen Erfolg (Bescheid vom 07.07.2003, Widerspruchsbescheid vom 23.07.2004). Im anschließenden Klageverfahren (S 6 SB 2006/04) holte das Sozialgericht Konstanz (SG) das orthopädische Gutachten des Dr. K. vom 07.11.2005 ein. Den GdB schätzte Dr. K. mit 30 ein. Den Gesamt-GdB beurteilte er mit 70. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit der Klägerin im Straßenverkehr verneinte Dr. K ... Mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2006 wies das SG die Klage ab. Die dagegen eingelegte Berufung nahm die Klägerin zurück.
Am 24.07.2007 stellte die Klägerin - den hier streitigen - Antrag auf Erhöhung des GdB wegen Verschlimmerung; die Feststellung weiterer gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen machte sie nicht geltend. Zur Begründung legte die Klägerin verschiedene Arztberichte und das Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 17.11.2006 vor. Die DAK Ü. gewährte der Klägerin Leistungen gemäß der Pflegestufe I (Bescheid vom 13.04.2006). Der Beklagte holte zum Verschlimmerungsantrag der Klägerin die Auskunft des die Klägerin behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. von S. , Ü. vom 23.08.2007 ein. Auf Antrag der Klägerin schrieb das Landratsamt B. Dr. B. , P. an und bat um die Erstattung eines Befundscheines. Dieser teilte mit Schreiben vom 04.12.2007 mit, die Klägerin habe ihn beauftragt, ein freies fachorthopädisches Gutachten zu erstellen. Dieses füge er in Kopie bei. In diesem orthopädischen Gutachten (nach Untersuchung vom 21.11.2007) führte Dr. B. aus, bei der Klägerin läge ein chronisches degeneratives HWS-Syndrom mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt Grad 30, eine unvollständige leichte Halsmarkschädigung mit motorischen und sensiblen Restausfällen ohne Störungen der Blasen und Mastdarmfunktion Grad 50, ein Impingement-Syndrom rechts mit eingeschränkter Schulterbeweglichkeit Grad 10, eine Epicondylitis humeri radialis rechts, kein Grad der Behinderung, leichte Gonarthrose beiderseits, kein Grad der Behinderung, leichte Coxarthrose beiderseits, kein Grad der Behinderung vor. Dem Gesamt-Grad der Behinderung auf orthopädischem Fachgebiet schätze er mit 60 % ein.
Mit Schreiben vom 20.12.2007 machte die Klägerin gegenüber dem Landratsamt (LRA) noch eine hochgradige Sehbehinderung geltend. Das LRA zog Befunde von der Universitätsklinik Augen-Klinik F. bei. Einen vorgesehenen Untersuchungstermin zur Visus-VEP am 29.04.2008 nahm die Klägerin nicht wahr (Fax der Universitätsaugenklinik F. vom 23.05.2008). Mit Schreiben vom 05.05.2008 beantragte die Klägerin die Feststellung des Nachteilsausgleiches "RF". Mit Schreiben vom 21.05.2008 erinnerte sie das LRA an ihre Anträge auf Verbescheidung der Merkzeichen RF und B.
Sämtliche Arztunterlagen wurden mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.06.2008 ausgewertet. Danach liege eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung nicht vor und der GdB betrage weiterhin 70. Der Sachverhalt sei durch das Gutachten des Dr. K. ausreichend geklärt und eine Verschlimmerung sei durch die Arztunterlagen nicht belegt. Unverändert sei von Aggravation auszugehen. Zwischen dem angegebenen Sehvermögen und den objektiven Befunden bestehe unverändert eine Diskrepanz. Der Umfang der tatsächlich bestehenden Sehminderung sei daher unverändert nicht bekannt. Die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen in nennenswertem Umfang sei zumutbar.
Mit Bescheid vom 13.06.2008 lehnte das LRA den Antrag der Klägerin vom 24.07.2007 auf Neufeststellung des GdB und Feststellung von gesundheitlichen Merkmalen ab. Die Voraussetzungen für eine höhere Bewertung des GdB lägen bei der Klägerin nicht vor. Die geltend machten Merkzeichen B und RF hätten nicht festgestellt werden können, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Bei der Klägerin lägen folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: Schädigungsfolgen, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Nacken-Arm-Schmerzen, Polyarthrose, funktionelle Kreislaufstörungen, eingepflanzte Kunstlinse beidseits. Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen, Kniearthrose, Bauchspeicheldrüsenleiden würden keine Funktionsbeeinträchtigung bzw. keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 verursachen. Blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von 60 allein wegen der Sehbehinderung könnten das Merkzeichen RF erhalten. Die Prüfung der Angelegenheit der Klägerin habe ergeben, dass ihre Sehbehinderung keinen GdB von wenigstens 60 bedinge. Auch im Übrigen seien die Voraussetzungen zur Feststellung des Merkzeichens RF nicht erfüllt.
Gegen den Bescheid vom 13.06.2008 erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.10.2008 zurückgewiesen wurde.
Dagegen erhob die Klägerin am 10.11.2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG, S 1 SB 3235/08) mit dem Begehren, den GdB mit höher als 70 sowie die Nachteilsausgleiche B und RF festzustellen.
Das SG hörte Dr. von S. als sachverständigen Zeugen (Auskunft vom 14.04.2009).
Im Erörterungstermin vom 21.01.2010 kamen die Beteiligten im Rahmen eines Vergleichs überein, das vorliegende Schwerbehindertenverfahren zunächst ruhen zu lassen. Mit Beschluss vom 21.01.2010 ordnete das SG das Ruhen des Verfahrens an.
Mit Schreiben vom 07.01.2011 rief die Klägerin das Verfahren wieder an, das unter dem Aktenzeichen S 1 SB 121/11 fortgesetzt wurde.
Der Beklagte trat der Klage entgegen und legt die die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 11.04.2011 vor, die unter Hinweis auf das im Verfahren wegen Schädigungsfolgen nach dem BVG eingeholte Gutachten von Professor Dr. St. vom 21.09.2010 auf einen bei Prüfung der Hirnnerven intakt getesteten Visus Bezug nahm.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.08.2011 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung, die die Zuerkennung eines höheren GdB als 70 rechtfertigen könnte, sei nicht festzustellen. Bei der Klägerin liege auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten vor, die die Zuerkennung eines GdB von 50 rechtfertige. Für Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzen, Nacken-Arm-Schmerzen, Polyarthrose habe der Beklagte zu Recht einen Teil-GdB von 30 angenommen. Dies werde auch durch das orthopädische Gutachten, das Dr. K. im Vorverfahren (S 6 SB 2006/04) erstattet habe, bestätigt. Auch Dr. K. habe hierfür einen Teil-GdB von 30 zugrundegelegt. Wesentliche Änderungen, die die Zuerkennung eines höheren GdB rechtfertigen könnten, seien seither nicht eingetreten. Soweit Dr. B. für eine unvollständige Halsmarkschädigung einen Teil-GdB von 50 annehme, sei darauf hinzuweisen, dass für eine derartige Halsmarkschädigung keine Anhaltspunkte vorlägen. Eine derartige Halsmarkschädigung sei auch auf neurologischem Fachgebiet festzustellen. Im nervenärztlich-psychosomatischen Gutachten von Prof. Dr. St. vom 21.09.2010 sei eine derartige Schädigung nicht festgestellt worden. Dieser habe lediglich eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Für die funktionellen Kreislaufstörungen sei ein Teil-GdB von 10 angemessen, ebenso könne ein Teil-GdB von 10 für die eingepflanzte Kunstlinse berücksichtigt werden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens B lägen nicht vor. Eine wesentliche Sehbehinderung sei bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung sei bei schwerbehinderten Menschen, bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen B, GL oder H vorlägen, gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln in Folge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen seien. Eine wesentliche Sehbehinderung, die hierfür Voraussetzung wäre, sei jedoch bei der Klägerin nicht nachgewiesen. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens RF seien nicht gegeben. Weder ein Gesamt-GdB von 80 liege vor noch ein Einzel-GdB von 60 für die Sehbehinderung, weshalb schon diese Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich nicht erfüllt seien.
Gegen den - dem Bevollmächtigten der Klägerin am 01.09.2011 zugestellten - Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.09.2011 Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. August 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2008 und den Bescheid vom 27. Oktober 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, einen höheren Grad der Behinderung als 70 ab 24.07.2007 sowie die Nachteilsausgleiche "B" (Notwendigkeit einer Begleitperson) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit Ansprüche über Ihr Vergleichsangebot vom 25.06.2012 hinaus geltend gemacht werden sowie die Klage gegen den Bescheid des Landratsamts B. vom 27.10.2011 abzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren weiter und hat verschiedene Arztberichte, insbesondere auf augenfachärztlichem Gebiet, vorgelegt.
Der Beklagte hat den Bescheid des Landratsamts B. vom 27.10.2011 vorgelegt, mit dem der weitere Antrag der Klägerin vom 13.09.2011 auf Feststellung des Merkzeichens "B" abgelehnt worden ist und der gemäß § 96 i.V.m. § 153 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
Der Senat hat die die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört. Der Augenarzt Dr. He. hat am 13.03.2012 mitgeteilt, rechts und links könne die Klägerin lediglich Handbewegungen wahrnehmen. Es liege eine Makuladegeneration vor und mit einer Verbesserung sei nicht zu rechnen, eine Verschlechterung sei möglich. Dr. M. - Facharzt für Orthopädie - hat am 19.03.2012 seine Diagnosen und die bei der Klägerin festgestellten Funktionseinschränkungen mitgeteilt. Danach liegen bei der Klägerin schmerzhafte Funktionseinschränkungen aller drei Wirbelsäulenabschnitte mit rezidivierenden Nervenwurzelreizerscheinungen bei schweren degenerativen Veränderungen aller Wirbelsäulenabschnitte, eine statische Fehlhaltung der Wirbelsäule bei teilfixierter Kyphoskoliose, Hüftgelenksarthrose und Bursitis trochanterica beidseits sowie eine chronische Achillodymie links vor. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. von S. hat mit Schreiben vom 23.04.2012 Zweifel hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Blindheit geäußert; eine seiner Mitarbeiterinnen habe die Klägerin am Lenkrad ihres PKWs gesehen.
Nach Auswertung der erhobenen Befunde hat der Beklagte am 25.06.2012 folgendes Vergleichsangebot unterbreitet: Der Grad der Behinderung (GdB) beträgt 90 ab April 2010. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit für erledigt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Zur Begründung verweist der Beklagte auf die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 21.06.2012. Aufgrund des Befundberichtes vom 12.04.2010 von Dr. Br. sowie des histologischen Befundberichtes vom 20.03.2010 könne für eine Hauterkrankung in Heilungsbewährung ein Teil-GdB von 50 anerkannt werden, und zwar ab April 2010 für einen Zeitraum von fünf Jahren. Ansonsten ergäben sich aus den jetzt vorgelegten und zum Teil bereits aktenkundigen Unterlagen keine Gesichtspunkte für ein weiteres Abweichen von der bisherigen Beurteilung. Dies gelte insbesondere auch für die subjektiv angegebene Visusminderung. Ausgehend von der bisherigen GdB-Bewertung ergebe sich somit folgende Gesamtbeurteilung: Persönlichkeitsstörung, funktionelle Organbeschwerden (Teil-GdB 50), Hauterkrankung in Heilungsbewährung (Teil-GdB 50 ab 04/10), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Nacken-Armschmerzen, Polyarthrose (Teil-GdB 20), funktionelle Kreislaufstörungen (Teil-GdB 10), eingepflanzte Kunstlinse beidseits (Teil-GdB 10), was zu einem Gesamt-GdB von 90 ab April 2010 führe.
Die Klägerin hat das Vergleichsangebot mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 05.07.2012 abgelehnt. Sie begehre nach wie vor einen GdB von 100 und die Merkzeichen RF und B. Die Voraussetzungen hierfür lägen bereits seit langem vor.
Der Berichterstatter hat mit den Beteiligten am 09.11.2012 den Sachverhalt erörtert. Er hat in diesem Termin dargelegt, dass das genaue Ausmaß der Sehminderung bei der Klägerin relevant nicht nur für die Höhe des GdB sei, sondern auch für die geltend gemachten Nachteilsausgleiche RF und B. B komme in Betracht, wenn Hilfen zum Ausgleich von Orientierungsstörungen (z.B. Sehbehinderung) erforderlich seien. RF komme für blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem GdB von 60 allein wegen der Sehbehinderung in Betracht. Nach dem gegenwärtigen Stand komme RF nach § 6 Abs.1 Nr. 7a des 8.Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 08. bis 15.10.2004 i.d.F. des Baden-Württembergischen Gesetzes vom 17.03.2005 nicht in Betracht, da der GdB auf augenfachärztlichem Gebiet mit lediglich 10 festgestellt worden sei. Der Berichterstatter hat in diesem Termin des Weiteren darauf hingewiesen, dass er zur Abklärung des Ausmaßes der Sehbehinderung der Klägerin die Einholung eines augenärztlichen Gutachtens für erforderlich halte. Die von der Klägerin eingereichte Bescheinigung ihres behandelnden Augenarztes Dr. He. vom 13.03.2012 reiche zur Erforschung des augenärztlichen Sachverhalts nicht aus, da sich das Ausmaß der mitarbeitsabhängigen Komponente hieraus nicht entnehmen lasse. Erforderlich sei vielmehr eine elektrophysiologische Untersuchung, die anhand von Hirnstrommessungen den Seheindruck des Auges messen könne, wobei es sich mithin um eine Visusmessung handele, die nicht von den Angaben des Probanden abhängig sei. Anschließend hat der Berichterstatter den Bevollmächtigten der Klägerin gebeten, mit seiner Mandantin abzuklären, ob sie mit der Einholung eines derartigen Gutachtens (z.B. von der Universitätsklinik F. ) einverstanden sei. Hierzu hat der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass die Klägerin mit einer solchen augenärztlichen Untersuchung zur Erstellung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens von Amts wegen einverstanden sei. Mit Schreiben vom 12.12.2012 hat die Klägerin mitgeteilt, sie habe sich von ihrem behandelnden Augenarzt Dr. He. am 23.11.2012 an Prof. Dr. R. vom Universitätsklinikum F. - Augenklinik - zu einer Untersuchung überweisen lassen. Sobald ihr dieses Gutachten vorliege, werde sie es dem Gericht vorlegen.
Auf Nachfrage des Berichterstatters hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 28.01.2013 die Stellungnahme der Klägerin vom 19.01.2013 vorgelegt. Darin teilt die Klägerin mit, Prof. Dr. R. lasse ausrichten, dass er gesetzlich mit Auftrag eines Gerichtes über die Klägerin ein Gutachten erstellen werde.
Der Senat hat zunächst einen Befundbericht vom Universitätsklinikum F. (Bericht des Prof. Dr. A. - Sektionsleiter Retinologie -, vom 11.03.2013) eingeholt und anschließend Prof. Dr. R. - Geschäftsführender Direktor der Klinik Universitäts-Augenklinik F. - mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat den Gutachtensauftrag zurückgegeben mit Schriftsatz vom 17.06.2013 und hierzu ausgeführt, die Klägerin habe sich im Januar 2013 bereits einmalig in ihrer Klinik vorgestellt. Anlässlich dieser Untersuchung habe sie objektive Methoden zur Feststellung des Sehvermögens vehement abgelehnt. Zudem habe sie sowohl Mitarbeiter der Klinik beschimpft als auch die Kompetenz der Klinik in Zweifel gezogen. Sollte sich an dieser Einstellung von Frau J. nichts geändert haben, halte er eine Begutachtung durch die Universitäts- Augenklinik F. nicht für sinnvoll. Hierzu ist das Gedächtnisprotokoll zur Untersuchung der Klägerin vom 11.01.2013 mitübersandt worden.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 21.06.2013 ist der Bevollmächtigte der Klägerin gebeten worden, mit der Klägerin abzuklären, ob sie bereit sei, sich den vom gerichtlichen Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Untersuchungsmethoden - insbesondere der Anwendung objektiver Methoden zur Feststellung des Sehvermögens - zu unterziehen oder ob sie dazu nicht bereit sei. In letzterem Falle sei beabsichtigt, den Gutachtensauftrag wieder zurückzunehmen und über den Rechtsstreit nach der derzeitigen Aktenlage zu entscheiden, wobei der Senat das Verhalten der Klägerin in die Beweiswürdigung miteinstellen werde.
Mit Schriftsatz vom 03.07.2013 hat der Bevollmächtigte der Klägerin die Antwort der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 30.06.2013 vorgelegt. Zu der gestellten Frage hat die Klägerin erklärt, sie sei einverstanden damit, eine unbefangene Universitätsklinik H. , nämlich Prof. Dr. Ro. , zu beauftragen. Die Assistenzärztin der Augenklinik F. sei befangen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 05.07.2013 hat der Berichterstatter den Beteiligten mitgeteilt, der Schriftsatz der Klägerin vom 30.06.2013 gebe keinen Anlass, einen anderen Gutachter - wie von der Klägerin beantragt - zu beauftragen. Er gehe aufgrund des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.06.2013 davon aus, dass die Klägerin die im gerichtlichen Schreiben vom 21.06.2013 gestellte Frage verneint habe. Der Rechtsstreit sei zur Entscheidung durch den Senat vorgemerkt.
In der mündlichen Verhandlung am 20.09.2013 hat der Beklagte das Vergleichsangebot vom 25.06.2012 als Teilanerkenntnis erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Konstanz und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin verhandeln und entscheiden, da die Klägerin in der ordnungsgemäßen Ladung zum Verhandlungstermin hierauf hingewiesen worden ist.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und zum Teil begründet. Gegenüber dem letzten maßgeblichen Bescheid ist ab 01. April 2010 eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten, weshalb die Klägerin Anspruch auf Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) von 90 ab 01. April 2010 hat, wie dies der Beklagte der Klägerin mit Schriftsatz vom 25.06.2012 auch angeboten hat; im Übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet. Ein Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB - auch zu einem früheren Zeitpunkt - und die Nachteilsausgleiche "B" und "RF" steht der Klägerin nicht zu, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der gemäß §§ 153, 96 SGG zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordene Bescheid vom 27.10.2011, mit dem die Feststellung des Merkzeichens B erneut abgelehnt worden ist und über den der Senat auf Klage zu entscheiden hatte, ist ebenfalls rechtmäßig, weshalb die insoweit unbegründete Klage abzuweisen war.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX). Die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen und am 01.01.2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX), so dass ab 01.01.2009 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (Anlage zu § 2 VersMedV - VG -) anstelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2008" (AHP) heranzuziehen sind. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 mwN). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, aaO, RdNr 30).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung bei der Klägerin für die Zeit bis 31. März 2010 nicht eingetreten. Erst durch die Hauterkrankung (Teil-GdB 50 ab 1. April 2010), die dem SG bis zur Entscheidung durch den Gerichtsbescheid am 26.08.2011 nicht dargelegt worden ist, ist eine Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten. Bis 31.03.2010 ist der GdB zu Recht mit 70 vom SG bewertet worden und zutreffend hat das SG auch die Voraussetzungen der Nachteilsausgleiche "B" und "RF" verneint. Der Senat gelangt nach eigener Überprüfung zu demselben Ergebnis - für die Zeit bis zum 31.03.2010 - und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren und für den Zeitraum ab 1. April 2010 bleibt auszuführen:
Bei der Klägerin liegen ab 01.04.2010 folgende Funktionsbeeinträchtigungen vor: Persönlichkeitsstörung, funktionelle Organbeschwerden (Teil-GdB 50), Hauterkrankung in Heilungsbewährung (Teil-GdB 50 ab 01. April 2010), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Kopfschmerzsyndrom, Nacken-Arm-Schmerzen, Polyarthrose (Teil-GdB 20), funktionelle Kreislaufstörungen (Teil-GdB 10), eingepflanzte Kunstlinse beidseits (Teil-GdB 10).
Der Beklagte war entsprechend seinem in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2013 - von der nicht erschienenen Klägerin nicht angenommenen - Teilanerkenntnis zu verurteilen, bei der Klägerin den GdB von 90 ab 01.04.2010 festzustellen.
Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 90 für die Zeit ab 1. April 2010 besteht nicht. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Funktionsbeeinträchtigungen "Persönlichkeitsstörung, funktionelle Organbeschwerden" (Teil-GdB 50) und "Hauterkrankung in Heilungsbewährung" (Teil-GdB 50) stark überschneiden, weshalb eine Erhöhung des Gesamt-GdB von 70 auf 90 ausreichend und angemessen ist. Soweit die Klägerin die Feststellung eines GdB von 100 begehrt, ist die Berufung daher unbegründet.
Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, ihre Sehfähigkeit sei in so starkem Maße herabgesetzt, dass sie sich für blind halte und deshalb ihr auch das Merkzeichen "B" zustehe, sieht der Senat diese Einschränkung der Sehfähigkeit nicht als nachgewiesen an. Zwar hat die Klägerin verschiedene Atteste ihres behandelnden Augenarztes Dr. He. vorgelegt, in denen ausgeführt ist, die Klägerin könne rechts und links lediglich noch Handbewegungen wahrnehmen, ob dies tatsächlich zutrifft, ist jedoch nicht geklärt. Denn die Aussage des Augenarztes Dr. He. beruht ausschließlich auf den Angaben der Klägerin und ist nicht durch objektive Untersuchungsmethoden verifiziert worden. Zweifel an diesem augenärztlichen Befund ergeben sich aus der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. von S. vom 23.04.2012, der mitgeteilt hat, die Klägerin habe sich immer zielsicher in seiner Praxis bewegt, was nicht zu der ihm bekannten augenärztlichen Beurteilung einer "schwersten Sehstörung" passe. Ebenso habe seine Mitarbeiterin die Klägerin als Fahrerin des eigenen Pkws zweimal beobachtet, zuletzt direkt im Anschluss an den Praxisbesuch am 24.04.2012. Auch bei der Begutachtung durch Professor Dr. St. im September 2010 ist ein intakter Visus bei der Prüfung von Hirnnerven erhoben worden. Damit übereinstimmend hatte die Universität-Augenklinik F. in ihrem Schreiben an den Senat vom 17.06.2013 dargelegt, dass sich die Klägerin bei ihrer letzten Vorstellung am 11.01.2013 zielsicher und Hindernissen ausweichend in der ihr fremden Umgebung bewegt habe. Aufgrund dessen hat der Senat in einem frühen Erörterungstermin die Klägerin darauf hingewiesen, dass er zur Abklärung des Ausmaßes der Sehbehinderung die Einholung eines augenärztlichen Gutachtens für erforderlich halte und dass bei diesem Gutachten auch objektive Untersuchungsmethoden wie eine elektrophysiologische Untersuchung, die anhand von Hirnstrommessungen den Seheindruck des Auges messen könne, notwendig seien. Zu diesem Zweck ist mit dem Einverständnis der Klägerin der Gutachtensauftrag an Prof. Dr. R. vom Universitätsklinikum F. ergangen mit der Auflage, das Visus-VEP bei der Klägerin durchzuführen. Zu dieser Untersuchung ist es jedoch nicht gekommen, da die Klägerin ihre ursprüngliche Zustimmung wieder zurückgenommen hat. Der Senat kann aufgrund dessen nicht feststellen, ob bei der Klägerin auf augenfachärztlichem Gebiet eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten ist. Da die Klägerin hierfür beweispflichtig ist, hat sie die aus der Weigerung, sich durch Prof. Dr. R. vom Universitätsklinikum F. untersuchen zu lassen, ergebenden Nachteile zu tragen.
Soweit die Klägerin nach Stellung des Gutachtensauftrages an Prof. Dr. R. ihre Zustimmung zur Untersuchung mit insbesondere objektivierten Untersuchungsmethoden wie dem Visus-VEP zurückgezogen und nunmehr beantragt hat, einen anderen Gutachter, nämlich Prof. Dr. Ro. von der Universitätsklinik H. zu beauftragen, lehnt der Senat diesen Antrag der Klägerin ab. Denn allein schon die vom Senat für erforderlich gehaltenen objektiven Zusatzuntersuchungsmethoden - wie das Visus-VEP - stehen nach Kenntnis des Senats Herrn Prof. Dr. Ro. von der Universitätsklinik H. nicht im gleichen Umfang zur Verfügung wie Prof. Dr. R. vom Universitätsklinikum F ... Außerdem hat die Klägerin keine Gründe vorgetragen, wonach eine Begutachtung durch Professor Dr. R. unzumutbar wäre. Denn zum einen ist nicht die von der Klägerin benannte und für befangen gehaltene Assistenzärztin zum Sachverständigen bestimmt worden – gegebenenfalls hätte dem durch Auflage an den Sachverständigen Rechnung getragen werden können, die Assistenzärztin nicht zur Unterstützung bei der Begutachtung heranzuziehen –, zum anderen ist das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin wenig glaubhaft. Die Klinik F. hat mitgeteilt, dass die Klägerin sich der weiteren Untersuchung durch Visus-VEP verweigert habe unter Beschimpfung des Klinikpersonals. Dieses Verhalten korrespondiert mit dem Prozessverhalten der Klägerin, die auf Fragen des Gerichts zu den Beobachtungen des Arztes Dr. von S. , die eine Blindheit ausschließen würden, zunächst nicht und zuletzt nur ausweichend geantwortet hat. Auch im Rahmen des Verwaltungsverfahrens hatte die Klägerin die von der Universitätsaugenklinik F. zur Objektivierung der geklagten Sehstörung erforderlich gehaltene Untersuchung im April 2008 nicht wahrgenommen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin anderweitig einer entsprechende Untersuchung unterzogen hätte. Darüber hinaus kann ein Beteiligter nicht die Befangenheit eines unerwünschten Sachverständigen dadurch herbeiführen, dass er diesen beleidigt oder beschimpft. Vorliegend wäre bei der bekannten Persönlichkeitsstörung der Klägern, die mit einem GdB 50 bewertet ist, außerdem die notwendige Professionalität des Arztes, der häufig als Sachverständiger herangezogen wird, zu unterstellen, so dass auch dann keine Beeinträchtigung der Objektivität zu erwarten wäre. Letztlich hat auch die Klinik - entgegen der Auffassung der Klägern - ihre Begutachtung nicht wegen Befangenheit der Klinik abgelehnt, sondern lediglich ihre Zurückhaltung als Voraussetzung einer sinnvollen Untersuchung angemahnt.
Die Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleiches "B" liegen nicht vor.
Für die unentgeltliche Beförderung einer Begleitperson ist die Berechtigung für eine ständige Begleitung zu beurteilen. Eine Berechtigung für eine ständige Begleitung ist bei schwerbehinderten Menschen, bei denen die Voraussetzungen für die Merkzeichen B, GL oder H vorliegen, gegeben, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln in Folge ihrer Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dementsprechend ist zu beachten, ob sie bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel regelmäßig auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind oder ob Hilfe zum Ausgleich von Orientierungsstörung (z.B. bei Sehbehinderung, geistiger Behinderung) erforderlich sind (VG Abschnitt D 2 b).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht nachgewiesen. Auf augenärztlichem Gebiet liegt bei der Klägerin ein Teil-GdB von 10 vor, der für die eingepflanzte Kunstlinse beidseits festgestellt worden ist. Das Ausmaß der von der Klägerin angegebenen Sehstörung ist nicht nachgewiesen.
Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches "RF" sind nicht gegeben. Das Merkzeichen RF wird bei geltend gemachter Sehbehinderung Behinderten zuerkannt, die blind oder nicht nur vorübergehend erheblich sehbehindert sind, mit einem GdB von wenigstens 60 allein für die Sehbehinderung. Diese Voraussetzung liegt bei der Klägerin nicht vor, da für die Sehbehinderung ein GdB von 10 anerkannt ist.
Nach alledem konnte die Berufung insoweit und die Klage der Klägerin keinen Erfolg haben und sie waren mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurück zu weisen bzw. abzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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