Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 25 KR 1869/00
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8/14 KR 75/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. Februar 2004 sowie die Bescheide der Beklagten vom 5. November 1997, 13. November 1998 und 22. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 sowie der Bescheid vom 16. November 2000 aufgehoben.
Die Beklagte hat der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt oder selbstständig tätig war.
Die Klägerin war von 1993 bis 1998 Inhaberin des Einzelunternehmens "D. Küchen-Design" in C-Stadt. Der am 8. März 1954 geborene Beigeladene zu 1) war als Grundschullehrer mit einer Arbeitszeit von 75 % einer Vollzeittätigkeit versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beigeladenen zu 2) krankenversichert. Aufgrund eines zwischen ihm und der Klägerin am 3. Mai 1993 geschlossenen Vertrages war er bis Mai 1998 als Verkäufer und Berater für die Klägerin tätig. Ausweislich von § 1 des Vertrages stand er der Klägerin als freier Mitarbeiter für den Verkauf von Einbauküchen, die Kundenberatung, das Ausmaß der Küchen und die Überwachung der Montage sowie die Küchen- und Materialbestellung zur Verfügung. Nach § 2 des Vertrages konnte dieser mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende des Quartals gekündigt werden. § 3 bestimmte, dass der Beigeladene zu 1) bei der Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben keinen Weisungen der Firma unterlag und auch selbst keine Weisungsbefugnis gegenüber den Angestellten hatte. In der Gestaltung seiner Arbeitszeit war er frei. Die Haftung und Garantie für die von ihm übernommenen und durchgeführten Arbeiten übernahm der Beigeladene zu 1). Für seine Tätigkeit wurde ihm eine monatliche Grundpauschale von 1.500,00 DM als Kostenersatz sowie eine Jahresprovision von 3 % des Umsatzes der vom Beigeladenen zu 1) vermittelten Küchen zugesagt. Laut § 5 des Vertrages ersetzt die Firma dem freien Mitarbeiter die Aufwendungen, die zur Arbeitsdurchführung erforderlich sind. Für die Geltungsdauer des Vertrages hatte der Beigeladene zu 1) jeden Wettbewerb zu unterlassen. Die Klägerin entrichtete keine Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge. Der Beigeladene zu 1) rechnete seine Dienste monatlich pauschal ab und stellte halbjährlich beziehungsweise jährlich seine Provisionen in Rechnung. Durchschnittlich habe seine Arbeitszeit - so der Beigeladene zu 1) - circa zwei Stunden pro Tag betragen.
Aufgrund einer Betriebsprüfung am 1. Juli 1997, die den Prüfzeitraum vom 1. Mai 1993 bis 31. Dezember 1995 umfasste, stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Rentenversicherung der Angestellten fest und forderte durch Bescheid vom 22. Dezember 1999, der die Bescheide vom 5. November 1997 und 13. November 1998 abänderte, Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 22.650,72 DM nach. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2000 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe im Prüfzeitraum nur einen Arbeitnehmer beschäftigt, dessen Aufgabe größtenteils darin bestanden habe, die bestellten Küchen auszuliefern. Der Beigeladene zu 1) sei demnach nicht nur der alleinige Küchenverkäufer gewesen, sondern habe laut Vertrag die gesamten Betriebsabläufe wie Küchen- und Materialbestellung, Ausmaß der Küchen und die Überwachung der Montage zu organisieren und durchzuführen gehabt. Von ihm sei fast der gesamte Umsatz erzielt worden. Der Hinweis der Klägerin, dass neben ihrem Ehemann auch Aushilfsbeschäftigte und weitere Personen für die Firma tätig gewesen sein sollten, habe sich im Widerspruchsverfahren nicht bestätigen lassen. Eine erneute Prüfung der Finanzbuchhaltungsunterlagen habe ergeben, dass im gesamten Prüfzeitraum weder ein wesentlicher Auslagenersatz an den Ehegatten, noch entsprechende Löhne an Aushilfen gezahlt worden seien. Frau E. habe nur ab und zu Postsendungen, die an die Klägerin adressiert waren, entgegengenommen. Auch der Inhaber und die Verkäuferin des benannten Raumausstattergeschäftes hätten keine Ausstellungsflächen sondern lediglich ein Schaufenster zur Verfügung gestellt. Interessierten Kunden seien die Anwesenheitszeiten des Beigeladenen zu 1) mitgeteilt worden. Der Inhaber des Raumausstattergeschäftes habe gelegentlich Waren, die für das Küchenstudio bestimmt waren, entgegengenommen. Es ergäbe sich ihr somit das Bild, dass der Beigeladene zu 1) in die Betriebsabläufe der Firma integriert gewesen sei. Weitere Merkmale einer abhängigen Beschäftigung seien insbesondere die auf Dauer angelegte Tätigkeit nur für einen Auftraggeber ohne Einsatz von eigenen finanziellen Mitteln und die Zahlung von gleich bleibenden Bezügen. Damit sei die Tätigkeit ohne jegliches unternehmerisches und finanzielles Risiko ausgeübt worden. Insgesamt hätte die Prüfung aller zur Verfügung stehenden Unterlagen und Auskünfte ergeben, dass die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung beim Beigeladenen zu 1) eindeutig überwogen hätten.
Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid richtet sich die am 23. März 2000 beim Sozialgericht in Gotha erhobene Klage, die das Sozialgericht durch Beschluss vom 17. April 2000 an das örtlich zuständige Sozialgericht Frankfurt am Main verwiesen hat. Durch Bescheid vom 16. November 2000 hat die Landesversicherungsanstalt Hessen aufgrund einer Betriebsprüfung über den Prüfzeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. August 1998 ebenfalls die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) festgestellt und Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von weiteren 10.450,96 DM nachgefordert.
Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat die Klage nach informatorischer Befragung der Klägerin sowie des Beigeladenen zu 1) durch Urteil vom 2. Februar 2004 abgewiesen. Zur Begründung führt das Gericht u.a. aus, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei fremdbestimmt gewesen, da sie in der von der Klägerin vorgegebenen betrieblichen Ordnung aufgegangen und er in die Organisation der Firma eingegliedert gewesen sei. Der Verkauf der Küchen, mit Ausnahme von Produkten der Firma F., sei im Namen und auf Rechnung der Firma "D. Küchen-Design" erfolgt. Die Kunden hätten einen schriftlichen Auftrag erteilt, wozu ein Vordruck verwandt worden sei, auf dem die Firma "D. Küchen-Design" als Auftragnehmerin genannt gewesen sei. Auch hätten die Kunden die Rechnung von dort erhalten. Lediglich in einem Umfang von 4 bis 5 % seiner Verkaufstätigkeit habe er Küchen der Firma F. in eigenem Namen und auf eigene Rechnung verkauft. Für andere Firmen sei er nicht tätig gewesen. Die Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die Organisation der Kammer der Klägerin und seine organisatorische Weisungsgebundenheit folge aus dem vertraglich festgelegten Aufgabengebiet. Danach sei er für den gesamten Verkauf von Einbauküchen, die Kundenbetreuung, das Ausmaß der Küchen und die Überwachung der Montage sowie für die Küchen- und Materialbestellung zuständig gewesen. Die Klägerin selbst sei lediglich ein- bis zweimal pro Woche in dem Küchenstudio anwesend gewesen und habe überwiegend die Büroarbeiten erledigt. Nach den Feststellungen der Beklagten habe sich für eine Tätigkeit von Aushilfsbeschäftigten kein Hinweis ergeben. Schließlich habe der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko getragen. Er sei weder finanziell an der Firma "D. Küchen-Design" noch an deren Gewinn oder Verlust beteiligt. Eigene finanzielle oder sonstige Betriebsmittel habe er nicht eingesetzt. Auch aus der Art seiner Entlohnung könne ein wirtschaftliches Risiko nicht hergeleitet werden. Er habe nämlich ein monatlich gleich bleibendes Gehalt entsprechend der vertraglichen Vereinbarung sowie eine zusätzliche Umsatzprovision erhalten.
Gegen das der Klägerin am 31. März 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. April 2004 beim Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, die Vertragsparteien seien sich einig gewesen, dass der Beigeladene zu 1) als freier Mitarbeiter beschäftigt werden sollte. Das Antragsformular sei von der IHK beziehungsweise Handwerkskammer mehr oder weniger "blind" übernommen worden, sodass man nicht am Wortlaut des Vertrages haften, sondern im Wesentlichen nur auf die tatsächliche Handhabung der Vertragsparteien abstellen dürfe. Sie habe drei Aushilfen beschäftigt, die gleichfalls Kunden betreut hätten. Der Beigeladene zu 1) sei nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen, da der Betriebssitz eigentlich in A-Stadt gewesen sei. Die Eröffnung des Betriebssitzes in C-Stadt sei im Hinblick auf einen Großauftrag und die Hoffnung von Folgeaufträgen gegründet worden. Die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) ohne jegliche Zeitvorgabe arbeiten durfte bedeutet zugleich, dass er nach freiem Belieben Aufträge annehmen oder ablehnen konnte. Er habe seine Tätigkeit auch nicht nur in den Geschäftsräumen der Klägerin sondern von seinem im Rahmen des eigenen Gewerbes unterhaltenen Arbeitszimmer ausgeübt. Die erstinstanzliche Einschätzung, dass der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko getragen habe, sei ebenfalls unzutreffend, da er im Rahmen seines Gewerbes ein Arbeitszimmer unterhalte und für die zu absolvierenden Fahrten einen Pkw angeschafft habe.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. Februar 2004 sowie die Bescheide der Beklagten vom 5. November 1997, 13. November 1998 und 22. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 sowie den Bescheid vom 16. November 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, der vom Beigeladenen zu 1) erzielte Umsatz habe im Jahr 1993 150.000,00 DM, im Jahr 1994 401.000,00 DM und im Jahr 1995 410.000,00 DM betragen. Dies seien für das Jahr 1993 59,2 %, für das Jahr 1994 89,1 % und für das Jahr 1995 81,3 % des jeweiligen Gesamtumsatzes. Auch durch diese Vergleichszahlen werde belegt, dass der Beigeladene zu 1) sehr wohl hauptsächlich damit betraut gewesen sei, Küchen für das Unternehmen der Klägerin zu verkaufen. Der Beigeladene zu 1) habe Aufträge annehmen und sich in die Betriebsabläufe integrieren müssen, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten zu können. Die freie Gestaltung der Arbeitszeit spreche nicht gegen eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Er habe mehr oder weniger kontinuierlich die Organisation der Betriebsabläufe der Klägerin übernommen. Ob er neben dem Verkauf von Küchen für die Klägerin auch im eigenen Namen Küchen vertrieben habe, sei bislang nicht bewiesen. Der Erwerb eines Kraftfahrzeuges von einer bestimmten Größe sei kein Indiz dafür, dass der Beigeladene zu 1) ein Unternehmerrisiko getragen habe.
In einem Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 26. Juni 2005 wurden die Klägerin sowie der Beigeladene zu 1) informatorisch zum Sachverhalt befragt. Wegen des Ergebnisses der Befragung wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Beigeladene zu 2) hat sich schriftsätzlich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen; weiterhin wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach Lage der Akten entscheiden, da das Einverständnis der Beteiligten vorliegt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§ 151 Abs. 1 und §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz SGG -).
Streitgegenstand des anhängigen Rechtsstreites sind die Bescheide der Beklagten vom 5. November 1997, 13. November 1998 und 22. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2000 sowie der Bescheid vom 16. November 2000. Letztgenannter Bescheid ist nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Rechtsstreites geworden.
Die Berufung der Klägerin hatte auch in der Sache Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht durch Urteil vom 2. Februar 2004 abgewiesen. Die Bescheide vom 5. November 1997, 13. November 1998 und 20. Dezember 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 sowie der Bescheid vom 16. November 2000 sind rechtswidrig. Die Klägerin wird hierdurch in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte hat zu Unrecht die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) für den Prüfzeitraum vom 1. Mai 1993 bis 31. Dezember 1995 und vom 1. Januar 1996 bis 31. August 1998 festgestellt sowie eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 22.650,72 DM und 10.450,96 DM festgestellt.
Nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch Arbeitsförderung (SGB III) i.V.m. § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) ist die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt Voraussetzung für die Annahme von Versicherungs- bzw. Beitragspflicht. Dabei wird Beschäftigung als nichtselbstständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, definiert. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Für die Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung einerseits und einer selbstständigen Tätigkeit andererseits kommt es darauf an, ob die Beschäftigung in ihrer gesamten Durchführung vom Weisungsberechtigten, insbesondere auch durch Einzelordnungen, bestimmt werden kann. Dies gilt auch für Beschäftigte, die aufgrund einer ihrem Inhalt nach frei gestalteten Tätigkeit funktionsgerecht dienend, am Arbeitsplatz des Beschäftigten teilnehmen und damit auch ohne Weisungsgebundenheit in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Der Status von Beschäftigten richtet sich danach, wie die Vertragsbeziehungen nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen sind. Letztlich entscheidend ist die tatsächliche Durchführung und nicht die Bezeichnung. Die Rechtsprechung hebt dabei auch insbesondere auf folgende Gesichtspunkte ab: Persönliche Abhängigkeit, Eingliederung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation, Umfang der Weisungsgebundenheit im Einzelfalle, Verteilung der Arbeitszeit und ähnliches (vgl. BSG, Urteile vom 27. März 1980, 12 RK 26/79, SozR 2200, § 165 Nr. 65 und vom 12. Februar 2004, B 12 KR 26/02 R, Die Beiträge, Beilage 2004, S. 154 ff.; BAG, Urteil vom 13. November 1991, 7 AZR 31/91, BAGE 69, 62 ff.). Demgegenüber gelten als selbstständig solche Tätigkeiten, bei denen zwar die Ziele der Tätigkeit durch Regeln oder Normen, die Grenzen der Handlungsfreiheit aber mehr in generell-abstrakter Weise umschrieben vorgegeben sein können, jedoch die Art und Weise, wie diese Ziele erreicht werden, der Entscheidung des Tätigen überlassen bleibt (BSG a.a.O.). Letztlich entscheidend ist immer das Gesamtbild, insbesondere bezüglich der Weisungsunterworfenheit und der Betriebseingliederung.
Die Beklagte und ihm folgend das Sozialgericht sind davon ausgegangen, dass persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin auf Grund von formalen Kriterien sowie einigen Indizien, wie zum Beispiel dem fehlenden Unternehmerrisiko, vorliegend anzunehmen sind. Der Senat kann dieser Bewertung im Ergebnis nicht folgen und kommt zu der Beurteilung, dass die Gesamtbewertung dazu führt, eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) anzunehmen. Der Senat stützt seine Beurteilung hierbei insbesondere auf das Ergebnis der informatorischen Befragung der Klägerin sowie des Beigeladenen zu 1). Der Senat hat keine Zweifel den Angaben zu folgen, denn sie waren schlüssig und widerspruchsfrei. Der Senat stützt seine Überzeugung hierbei nicht auf den persönlichen Eindruck der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) in dem Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 27. Juni 2005, sondern auf die sich aus der Niederschrift ergebenden objektiven Angaben der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) (vgl. BSG, Beschluss vom 24. Februar 2004, Az.: B 2 U 316/03 B, SozR 4-1500, § 117 Nr. 1 und Beschluss vom 7. September 2004, Az.: B 2 U 2/04 R, juris RegNr. 26760).
Ausgangspunkt der Qualifizierung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als selbstständige Tätigkeit ist deren Beginn. Nicht etwa die Klägerin suchte ein neues Betätigungsfeld in Thüringen; die Initiative ging vielmehr auf den Beigeladenen zu 1) zurück. Dieser ist als Lehrer tätig. Seine Arbeitszeit wurde im Jahr 1993 reduziert, sodass sich für ihn die Notwendigkeit ergab, da er ein Eigenheim abzuzahlen hatte, eine Hinzuverdienstmöglichkeit zu suchen. Aus einem zufälligen Kontakt über einen Dritten entstand der Kontakt zur Klägerin, die einen größeren Vertrag in Thüringen abzuwickeln hatte. Dies war Ausgangspunkt der vertraglichen Beziehung zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1). Zwar haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen Vertrag abgeschlossen, der seinem wesentlichen Inhalt nach typisch ist für einen Arbeitsvertrag bei persönlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber. Dieser Vertrag wurde von den Beteiligten zur Überzeugung des Senats in wesentlichen Teilen nicht gelebt. Das in § 5 des Vertrages geregelte Wettbewerbsverbot hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt eingefordert. Vielmehr hat der Beigeladene zu 1) neben dem Verkauf von Küchen der Klägerin aus dem mittleren und gehobenen Preissegment auch Küchen der Marke F. aus dem unteren Preissegment verkauft. Ebenso hat der Beigeladene zu 1) nicht immer die nach § 4 des Vertrages jeden Monat zu zahlende Grundpauschale von 1.500,00 DM der Klägerin in Rechnung gestellt. In Zeiten, in denen die Auftragssituation – insbesondere zum Ende der vertraglichen Beziehung - dies nicht zuließ, hat er auf eine Rechnungsstellung verzichtet. Hieraus ergibt sich für den Senat, dass der Beigeladene zu 1) durchaus ein Unternehmerrisiko getragen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, ist ein Unternehmerrisiko nicht nur in einem für gewerbliche Unternehmer kennzeichnenden Einsatz finanzieller Mittel zur Erzielung eines im Zeitpunkt dieses Einsatzes ungewissen Unternehmensgewinns kennzeichnend; vielmehr wird ein Unternehmerrisiko auch dann getragen, wenn der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Arbeitskraft mit der Gefahr auch eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Mittel also ungewiss ist (BSG, Urteil vom 24. September 1981, Az.: 12 RK 43/79, SozR 2200, § 165 Nr. 63). So ist die Sachlage hier. Der Erfolg beziehungsweise Misserfolg der Betriebstätte in C-Stadt hing ausschließlich an dem persönlichen Einsatz des Beigeladenen zu 1). Ohne ihn hätte die Klägerin keine derartige Unternehmung begonnen. Nach Rückgang der Umsatzzahlen wurde die Zusammenarbeit folgerichtig beendet. Gleichwohl ist der Beigeladene zu 1) nach wie vor in geringem Umfang als selbstständiger Verkäufer von Küchen tätig. Dieses Indiz gewinnt für den Senat ein derartiges Gewicht, das andere Kriterien, die für eine persönliche Abhängigkeit der Beschäftigung sprechen, hiergegen zurücktreten müssen, sodass bei Gesamtbetrachtung der Verhältnisse das Gepräge einer selbstständigen Beschäftigung bei weitem überwiegt.
Ein weiteres Kriterium spricht nach Meinung des Senates eindeutig für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1): Nicht die Klägerin gab die Öffnungszeiten der Verkaufsräume vor; vielmehr waren diese an die Bedürfnisse und das Zeitkontingent des Beigeladenen zu 1) als Lehrer geknüpft. Somit war der Beigeladene zu 1) nicht in eine fremde Arbeitsorganisation, nämlich die der Klägerin, eingegliedert, sondern er gab in diesem wesentlichen Punkt der Öffnungszeiten des Verkaufs die Arbeitsorganisation vor. Die Klägerin richtete die Öffnungszeiten damit nicht – wie für Unternehmer üblich – an die betriebswirtschaftliche Kalkulation und den Kundeninteressen aus, sondern an das Zeitbudget des Beigeladenen zu 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beklagte hat der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt oder selbstständig tätig war.
Die Klägerin war von 1993 bis 1998 Inhaberin des Einzelunternehmens "D. Küchen-Design" in C-Stadt. Der am 8. März 1954 geborene Beigeladene zu 1) war als Grundschullehrer mit einer Arbeitszeit von 75 % einer Vollzeittätigkeit versicherungspflichtig beschäftigt und bei der Beigeladenen zu 2) krankenversichert. Aufgrund eines zwischen ihm und der Klägerin am 3. Mai 1993 geschlossenen Vertrages war er bis Mai 1998 als Verkäufer und Berater für die Klägerin tätig. Ausweislich von § 1 des Vertrages stand er der Klägerin als freier Mitarbeiter für den Verkauf von Einbauküchen, die Kundenberatung, das Ausmaß der Küchen und die Überwachung der Montage sowie die Küchen- und Materialbestellung zur Verfügung. Nach § 2 des Vertrages konnte dieser mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende des Quartals gekündigt werden. § 3 bestimmte, dass der Beigeladene zu 1) bei der Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben keinen Weisungen der Firma unterlag und auch selbst keine Weisungsbefugnis gegenüber den Angestellten hatte. In der Gestaltung seiner Arbeitszeit war er frei. Die Haftung und Garantie für die von ihm übernommenen und durchgeführten Arbeiten übernahm der Beigeladene zu 1). Für seine Tätigkeit wurde ihm eine monatliche Grundpauschale von 1.500,00 DM als Kostenersatz sowie eine Jahresprovision von 3 % des Umsatzes der vom Beigeladenen zu 1) vermittelten Küchen zugesagt. Laut § 5 des Vertrages ersetzt die Firma dem freien Mitarbeiter die Aufwendungen, die zur Arbeitsdurchführung erforderlich sind. Für die Geltungsdauer des Vertrages hatte der Beigeladene zu 1) jeden Wettbewerb zu unterlassen. Die Klägerin entrichtete keine Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge. Der Beigeladene zu 1) rechnete seine Dienste monatlich pauschal ab und stellte halbjährlich beziehungsweise jährlich seine Provisionen in Rechnung. Durchschnittlich habe seine Arbeitszeit - so der Beigeladene zu 1) - circa zwei Stunden pro Tag betragen.
Aufgrund einer Betriebsprüfung am 1. Juli 1997, die den Prüfzeitraum vom 1. Mai 1993 bis 31. Dezember 1995 umfasste, stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Rentenversicherung der Angestellten fest und forderte durch Bescheid vom 22. Dezember 1999, der die Bescheide vom 5. November 1997 und 13. November 1998 abänderte, Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 22.650,72 DM nach. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2000 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe im Prüfzeitraum nur einen Arbeitnehmer beschäftigt, dessen Aufgabe größtenteils darin bestanden habe, die bestellten Küchen auszuliefern. Der Beigeladene zu 1) sei demnach nicht nur der alleinige Küchenverkäufer gewesen, sondern habe laut Vertrag die gesamten Betriebsabläufe wie Küchen- und Materialbestellung, Ausmaß der Küchen und die Überwachung der Montage zu organisieren und durchzuführen gehabt. Von ihm sei fast der gesamte Umsatz erzielt worden. Der Hinweis der Klägerin, dass neben ihrem Ehemann auch Aushilfsbeschäftigte und weitere Personen für die Firma tätig gewesen sein sollten, habe sich im Widerspruchsverfahren nicht bestätigen lassen. Eine erneute Prüfung der Finanzbuchhaltungsunterlagen habe ergeben, dass im gesamten Prüfzeitraum weder ein wesentlicher Auslagenersatz an den Ehegatten, noch entsprechende Löhne an Aushilfen gezahlt worden seien. Frau E. habe nur ab und zu Postsendungen, die an die Klägerin adressiert waren, entgegengenommen. Auch der Inhaber und die Verkäuferin des benannten Raumausstattergeschäftes hätten keine Ausstellungsflächen sondern lediglich ein Schaufenster zur Verfügung gestellt. Interessierten Kunden seien die Anwesenheitszeiten des Beigeladenen zu 1) mitgeteilt worden. Der Inhaber des Raumausstattergeschäftes habe gelegentlich Waren, die für das Küchenstudio bestimmt waren, entgegengenommen. Es ergäbe sich ihr somit das Bild, dass der Beigeladene zu 1) in die Betriebsabläufe der Firma integriert gewesen sei. Weitere Merkmale einer abhängigen Beschäftigung seien insbesondere die auf Dauer angelegte Tätigkeit nur für einen Auftraggeber ohne Einsatz von eigenen finanziellen Mitteln und die Zahlung von gleich bleibenden Bezügen. Damit sei die Tätigkeit ohne jegliches unternehmerisches und finanzielles Risiko ausgeübt worden. Insgesamt hätte die Prüfung aller zur Verfügung stehenden Unterlagen und Auskünfte ergeben, dass die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung beim Beigeladenen zu 1) eindeutig überwogen hätten.
Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid richtet sich die am 23. März 2000 beim Sozialgericht in Gotha erhobene Klage, die das Sozialgericht durch Beschluss vom 17. April 2000 an das örtlich zuständige Sozialgericht Frankfurt am Main verwiesen hat. Durch Bescheid vom 16. November 2000 hat die Landesversicherungsanstalt Hessen aufgrund einer Betriebsprüfung über den Prüfzeitraum vom 1. Januar 1996 bis 31. August 1998 ebenfalls die Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) festgestellt und Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von weiteren 10.450,96 DM nachgefordert.
Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat die Klage nach informatorischer Befragung der Klägerin sowie des Beigeladenen zu 1) durch Urteil vom 2. Februar 2004 abgewiesen. Zur Begründung führt das Gericht u.a. aus, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei fremdbestimmt gewesen, da sie in der von der Klägerin vorgegebenen betrieblichen Ordnung aufgegangen und er in die Organisation der Firma eingegliedert gewesen sei. Der Verkauf der Küchen, mit Ausnahme von Produkten der Firma F., sei im Namen und auf Rechnung der Firma "D. Küchen-Design" erfolgt. Die Kunden hätten einen schriftlichen Auftrag erteilt, wozu ein Vordruck verwandt worden sei, auf dem die Firma "D. Küchen-Design" als Auftragnehmerin genannt gewesen sei. Auch hätten die Kunden die Rechnung von dort erhalten. Lediglich in einem Umfang von 4 bis 5 % seiner Verkaufstätigkeit habe er Küchen der Firma F. in eigenem Namen und auf eigene Rechnung verkauft. Für andere Firmen sei er nicht tätig gewesen. Die Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die Organisation der Kammer der Klägerin und seine organisatorische Weisungsgebundenheit folge aus dem vertraglich festgelegten Aufgabengebiet. Danach sei er für den gesamten Verkauf von Einbauküchen, die Kundenbetreuung, das Ausmaß der Küchen und die Überwachung der Montage sowie für die Küchen- und Materialbestellung zuständig gewesen. Die Klägerin selbst sei lediglich ein- bis zweimal pro Woche in dem Küchenstudio anwesend gewesen und habe überwiegend die Büroarbeiten erledigt. Nach den Feststellungen der Beklagten habe sich für eine Tätigkeit von Aushilfsbeschäftigten kein Hinweis ergeben. Schließlich habe der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko getragen. Er sei weder finanziell an der Firma "D. Küchen-Design" noch an deren Gewinn oder Verlust beteiligt. Eigene finanzielle oder sonstige Betriebsmittel habe er nicht eingesetzt. Auch aus der Art seiner Entlohnung könne ein wirtschaftliches Risiko nicht hergeleitet werden. Er habe nämlich ein monatlich gleich bleibendes Gehalt entsprechend der vertraglichen Vereinbarung sowie eine zusätzliche Umsatzprovision erhalten.
Gegen das der Klägerin am 31. März 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 28. April 2004 beim Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, die Vertragsparteien seien sich einig gewesen, dass der Beigeladene zu 1) als freier Mitarbeiter beschäftigt werden sollte. Das Antragsformular sei von der IHK beziehungsweise Handwerkskammer mehr oder weniger "blind" übernommen worden, sodass man nicht am Wortlaut des Vertrages haften, sondern im Wesentlichen nur auf die tatsächliche Handhabung der Vertragsparteien abstellen dürfe. Sie habe drei Aushilfen beschäftigt, die gleichfalls Kunden betreut hätten. Der Beigeladene zu 1) sei nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen, da der Betriebssitz eigentlich in A-Stadt gewesen sei. Die Eröffnung des Betriebssitzes in C-Stadt sei im Hinblick auf einen Großauftrag und die Hoffnung von Folgeaufträgen gegründet worden. Die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1) ohne jegliche Zeitvorgabe arbeiten durfte bedeutet zugleich, dass er nach freiem Belieben Aufträge annehmen oder ablehnen konnte. Er habe seine Tätigkeit auch nicht nur in den Geschäftsräumen der Klägerin sondern von seinem im Rahmen des eigenen Gewerbes unterhaltenen Arbeitszimmer ausgeübt. Die erstinstanzliche Einschätzung, dass der Beigeladene zu 1) kein Unternehmerrisiko getragen habe, sei ebenfalls unzutreffend, da er im Rahmen seines Gewerbes ein Arbeitszimmer unterhalte und für die zu absolvierenden Fahrten einen Pkw angeschafft habe.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. Februar 2004 sowie die Bescheide der Beklagten vom 5. November 1997, 13. November 1998 und 22. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 sowie den Bescheid vom 16. November 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, der vom Beigeladenen zu 1) erzielte Umsatz habe im Jahr 1993 150.000,00 DM, im Jahr 1994 401.000,00 DM und im Jahr 1995 410.000,00 DM betragen. Dies seien für das Jahr 1993 59,2 %, für das Jahr 1994 89,1 % und für das Jahr 1995 81,3 % des jeweiligen Gesamtumsatzes. Auch durch diese Vergleichszahlen werde belegt, dass der Beigeladene zu 1) sehr wohl hauptsächlich damit betraut gewesen sei, Küchen für das Unternehmen der Klägerin zu verkaufen. Der Beigeladene zu 1) habe Aufträge annehmen und sich in die Betriebsabläufe integrieren müssen, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten zu können. Die freie Gestaltung der Arbeitszeit spreche nicht gegen eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Er habe mehr oder weniger kontinuierlich die Organisation der Betriebsabläufe der Klägerin übernommen. Ob er neben dem Verkauf von Küchen für die Klägerin auch im eigenen Namen Küchen vertrieben habe, sei bislang nicht bewiesen. Der Erwerb eines Kraftfahrzeuges von einer bestimmten Größe sei kein Indiz dafür, dass der Beigeladene zu 1) ein Unternehmerrisiko getragen habe.
In einem Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 26. Juni 2005 wurden die Klägerin sowie der Beigeladene zu 1) informatorisch zum Sachverhalt befragt. Wegen des Ergebnisses der Befragung wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Beigeladene zu 2) hat sich schriftsätzlich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach Lage der Akten einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen; weiterhin wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach Lage der Akten entscheiden, da das Einverständnis der Beteiligten vorliegt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§ 151 Abs. 1 und §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz SGG -).
Streitgegenstand des anhängigen Rechtsstreites sind die Bescheide der Beklagten vom 5. November 1997, 13. November 1998 und 22. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2000 sowie der Bescheid vom 16. November 2000. Letztgenannter Bescheid ist nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Rechtsstreites geworden.
Die Berufung der Klägerin hatte auch in der Sache Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht durch Urteil vom 2. Februar 2004 abgewiesen. Die Bescheide vom 5. November 1997, 13. November 1998 und 20. Dezember 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 sowie der Bescheid vom 16. November 2000 sind rechtswidrig. Die Klägerin wird hierdurch in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte hat zu Unrecht die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) für den Prüfzeitraum vom 1. Mai 1993 bis 31. Dezember 1995 und vom 1. Januar 1996 bis 31. August 1998 festgestellt sowie eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 22.650,72 DM und 10.450,96 DM festgestellt.
Nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI), 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch Arbeitsförderung (SGB III) i.V.m. § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) ist die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt Voraussetzung für die Annahme von Versicherungs- bzw. Beitragspflicht. Dabei wird Beschäftigung als nichtselbstständige Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, definiert. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Für die Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung einerseits und einer selbstständigen Tätigkeit andererseits kommt es darauf an, ob die Beschäftigung in ihrer gesamten Durchführung vom Weisungsberechtigten, insbesondere auch durch Einzelordnungen, bestimmt werden kann. Dies gilt auch für Beschäftigte, die aufgrund einer ihrem Inhalt nach frei gestalteten Tätigkeit funktionsgerecht dienend, am Arbeitsplatz des Beschäftigten teilnehmen und damit auch ohne Weisungsgebundenheit in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Der Status von Beschäftigten richtet sich danach, wie die Vertragsbeziehungen nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen sind. Letztlich entscheidend ist die tatsächliche Durchführung und nicht die Bezeichnung. Die Rechtsprechung hebt dabei auch insbesondere auf folgende Gesichtspunkte ab: Persönliche Abhängigkeit, Eingliederung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation, Umfang der Weisungsgebundenheit im Einzelfalle, Verteilung der Arbeitszeit und ähnliches (vgl. BSG, Urteile vom 27. März 1980, 12 RK 26/79, SozR 2200, § 165 Nr. 65 und vom 12. Februar 2004, B 12 KR 26/02 R, Die Beiträge, Beilage 2004, S. 154 ff.; BAG, Urteil vom 13. November 1991, 7 AZR 31/91, BAGE 69, 62 ff.). Demgegenüber gelten als selbstständig solche Tätigkeiten, bei denen zwar die Ziele der Tätigkeit durch Regeln oder Normen, die Grenzen der Handlungsfreiheit aber mehr in generell-abstrakter Weise umschrieben vorgegeben sein können, jedoch die Art und Weise, wie diese Ziele erreicht werden, der Entscheidung des Tätigen überlassen bleibt (BSG a.a.O.). Letztlich entscheidend ist immer das Gesamtbild, insbesondere bezüglich der Weisungsunterworfenheit und der Betriebseingliederung.
Die Beklagte und ihm folgend das Sozialgericht sind davon ausgegangen, dass persönliche Abhängigkeit des Beigeladenen zu 1) von der Klägerin auf Grund von formalen Kriterien sowie einigen Indizien, wie zum Beispiel dem fehlenden Unternehmerrisiko, vorliegend anzunehmen sind. Der Senat kann dieser Bewertung im Ergebnis nicht folgen und kommt zu der Beurteilung, dass die Gesamtbewertung dazu führt, eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) anzunehmen. Der Senat stützt seine Beurteilung hierbei insbesondere auf das Ergebnis der informatorischen Befragung der Klägerin sowie des Beigeladenen zu 1). Der Senat hat keine Zweifel den Angaben zu folgen, denn sie waren schlüssig und widerspruchsfrei. Der Senat stützt seine Überzeugung hierbei nicht auf den persönlichen Eindruck der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) in dem Termin zur Erörterung des Sachverhaltes am 27. Juni 2005, sondern auf die sich aus der Niederschrift ergebenden objektiven Angaben der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) (vgl. BSG, Beschluss vom 24. Februar 2004, Az.: B 2 U 316/03 B, SozR 4-1500, § 117 Nr. 1 und Beschluss vom 7. September 2004, Az.: B 2 U 2/04 R, juris RegNr. 26760).
Ausgangspunkt der Qualifizierung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als selbstständige Tätigkeit ist deren Beginn. Nicht etwa die Klägerin suchte ein neues Betätigungsfeld in Thüringen; die Initiative ging vielmehr auf den Beigeladenen zu 1) zurück. Dieser ist als Lehrer tätig. Seine Arbeitszeit wurde im Jahr 1993 reduziert, sodass sich für ihn die Notwendigkeit ergab, da er ein Eigenheim abzuzahlen hatte, eine Hinzuverdienstmöglichkeit zu suchen. Aus einem zufälligen Kontakt über einen Dritten entstand der Kontakt zur Klägerin, die einen größeren Vertrag in Thüringen abzuwickeln hatte. Dies war Ausgangspunkt der vertraglichen Beziehung zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1). Zwar haben die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen Vertrag abgeschlossen, der seinem wesentlichen Inhalt nach typisch ist für einen Arbeitsvertrag bei persönlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber. Dieser Vertrag wurde von den Beteiligten zur Überzeugung des Senats in wesentlichen Teilen nicht gelebt. Das in § 5 des Vertrages geregelte Wettbewerbsverbot hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt eingefordert. Vielmehr hat der Beigeladene zu 1) neben dem Verkauf von Küchen der Klägerin aus dem mittleren und gehobenen Preissegment auch Küchen der Marke F. aus dem unteren Preissegment verkauft. Ebenso hat der Beigeladene zu 1) nicht immer die nach § 4 des Vertrages jeden Monat zu zahlende Grundpauschale von 1.500,00 DM der Klägerin in Rechnung gestellt. In Zeiten, in denen die Auftragssituation – insbesondere zum Ende der vertraglichen Beziehung - dies nicht zuließ, hat er auf eine Rechnungsstellung verzichtet. Hieraus ergibt sich für den Senat, dass der Beigeladene zu 1) durchaus ein Unternehmerrisiko getragen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, ist ein Unternehmerrisiko nicht nur in einem für gewerbliche Unternehmer kennzeichnenden Einsatz finanzieller Mittel zur Erzielung eines im Zeitpunkt dieses Einsatzes ungewissen Unternehmensgewinns kennzeichnend; vielmehr wird ein Unternehmerrisiko auch dann getragen, wenn der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Arbeitskraft mit der Gefahr auch eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der persönlichen Mittel also ungewiss ist (BSG, Urteil vom 24. September 1981, Az.: 12 RK 43/79, SozR 2200, § 165 Nr. 63). So ist die Sachlage hier. Der Erfolg beziehungsweise Misserfolg der Betriebstätte in C-Stadt hing ausschließlich an dem persönlichen Einsatz des Beigeladenen zu 1). Ohne ihn hätte die Klägerin keine derartige Unternehmung begonnen. Nach Rückgang der Umsatzzahlen wurde die Zusammenarbeit folgerichtig beendet. Gleichwohl ist der Beigeladene zu 1) nach wie vor in geringem Umfang als selbstständiger Verkäufer von Küchen tätig. Dieses Indiz gewinnt für den Senat ein derartiges Gewicht, das andere Kriterien, die für eine persönliche Abhängigkeit der Beschäftigung sprechen, hiergegen zurücktreten müssen, sodass bei Gesamtbetrachtung der Verhältnisse das Gepräge einer selbstständigen Beschäftigung bei weitem überwiegt.
Ein weiteres Kriterium spricht nach Meinung des Senates eindeutig für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1): Nicht die Klägerin gab die Öffnungszeiten der Verkaufsräume vor; vielmehr waren diese an die Bedürfnisse und das Zeitkontingent des Beigeladenen zu 1) als Lehrer geknüpft. Somit war der Beigeladene zu 1) nicht in eine fremde Arbeitsorganisation, nämlich die der Klägerin, eingegliedert, sondern er gab in diesem wesentlichen Punkt der Öffnungszeiten des Verkaufs die Arbeitsorganisation vor. Die Klägerin richtete die Öffnungszeiten damit nicht – wie für Unternehmer üblich – an die betriebswirtschaftliche Kalkulation und den Kundeninteressen aus, sondern an das Zeitbudget des Beigeladenen zu 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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