L 13 AS 3046/13 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 2317/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3046/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Kläger wenden sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn (SG), mit welchem dieses gegen sie jeweils ein Ordnungsgeld in Höhe von 100,- EUR verhängt hat.

Die Kläger Ziff. 1 und 2, die weitere Verfahren vor dem SG betrieben haben, haben am 16. Juli 2012 wegen eines Bescheids vom 25. April 2012 sowie von Bescheiden vom 26. April 2012 (die auf eine Untätigkeitsklage der Kläger vom 11. April 2012 [Az. S 9 AS 1255/12] ergangen sind) mit welchen der Beklagte gegen sie ergangene Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 11. Oktober 2011 aufgehoben und sich zur Kostenerstattung bereit erklärt hat, sowie des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2012 Klage beim SG erhoben.

Mit Terminbestimmung vom 13. Dezember 2012 hat das SG den Kläger Ziff. 1 und die Klägerin Ziff. 2 unter Anordnung ihres persönliches Erscheinens zu einem Erörterungstermin auf den 21. Februar 2013, 10.30 Uhr geladen.

Das SG hat am 17. Dezember 2012 Termin zur Erörterung des Sachverhalts auf 21. Februar 2013, 10.30 Uhr bestimmt (für den Kläger Ziffer 1 unter Verlegung des zunächst auf 31. Januar 2013 bestimmten Termins) und das persönliche Erscheinen der Kläger Ziff. 1 und 2 angeordnet. Die Ladung ist der Klägerin Ziff. 2 am 18. Dezember 2012 mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden. Der Kläger Ziff. 1 hat die Ladung ebenfalls erhalten, wie es sich u.a. aus dem Aktenvermerk vom 07. Februar 2013 und dem Schreiben des Klägers Ziff. 1 vom 29. April 2013 ergibt.

Am 07. Februar 2013 hat der Kläger Ziff. 1 auf der Geschäftsstelle des SG vorgesprochen und nach dem Aktenvermerk vom selben Tag ein Gespräch mit der Kammervorsitzenden geführt, das diese dann nach etwa 45 Minuten beendet hat. Am 18. Februar 2013 hat der Kläger Ziff. 1 mit der Kammervorsitzenden gemäß dem Aktenvermerk vom selben Tag ca. 50 Minuten telefoniert. Nach dem anschließenden Hinweis der Kammervorsitzenden vom 18. Februar 2013, es verbleibe bei dem Erörterungstermin am 21. Februar 2013, wenn die Klage nicht für erledigt erklärt bzw. zurückgenommen werde und zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes müsse Verhandlungsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachgewiesen werden, hat der Kläger Ziff. 1 bei einer weiteren persönlichen Vorsprache auf der Geschäftsstelle der Kammer am 20. Februar 2013 um 14.30 Uhr ein Schreiben vom 20. Februar 2013 vorgelegt, mit welchem er geltend gemacht hat, er werde den Termin am 21. Februar 2013 zur Sachverhaltserörterung wegen seiner "schweren Erkrankung persönlich nicht realisieren können". Ferner hat er eine Vollmacht der Klägerin Ziff. 2 vom 19. Februar 2013 vorgelegt und erklärt, er werde einfach ärztliches Attest über seine Verhandlungsunfähigkeit vom 20. Februar 2013 spätestens am 22. Februar 2013 vorlegen. Gemäß dem Aktenvermerk der Geschäftsstellenmitarbeiterin, Angestellte S., vom 20. Februar 2013 hat der Kläger bei Übergabe seiner Schreiben erklärt, er könne diese nicht im Erörterungstermin am folgenden Tag abgeben, da er zum Arzt gehen müsse und nicht kommen könne. Einen kranken oder erschöpften Eindruck hat der Kläger Ziff. 1 gemäß dem Aktenvermerk nicht gemacht.

Am 21. Februar 2013 ist eine fachärztliche Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie, Verhaltenstherapie, H. vom 21. Februar 2013 um 10.10 Uhr per Fax eingegangen, in welcher ausgeführt war, auf Grund der aktuellen Symptomatik bestehe beim Kläger Ziff. 1, der sich nach längerer Pause am 20. Februar 2013 vorgestellt habe, derzeit keine ausreichende psychische Belastbarkeit für den anstehenden Gerichtstermin. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die fachärztliche Bescheinigung verwiesen.

Die Kläger sind zum Termin am 21. Februar 2013 bei Aufruf um 10:45 Uhr nicht erschienen.

Wie es sich aus einem weiteren Aktenvermerk vom 21. Februar 2013, ca. 11:30 Uhr, und einem Schreiben des Beklagten vom selben Tag ergibt, haben der Kläger Ziff. 1 und die Klägerin Ziff. 2 am Terminstag in der Zeit zwischen 10.00 Uhr und 11.00 Uhr beim Beklagten vorgesprochen und dort einen vereinbarten Termin wahrgenommen, der ohne weiteres hätte verlegt werden können. Der Kläger Ziff. 1 habe den Termin beim SG gegenüber dem Arbeitsvermittler nicht erwähnt. Dieser habe im Gespräch auch keine offensichtlichen gesundheitlichen Einschränkungen beim Kläger Ziff. 1 erkennen können, der "in bekannter Manier das Gespräch dominiert" habe.

Das SG hat den Kläger Ziff. 1 mit Verfügung vom 26. März 2013 darauf hingewiesen, dass - nachdem dieser in der Lage gewesen sei, am 21. Februar 2013 beim Arbeitsvermittler vorzusprechen - eine Entschuldigung für das Fernbleiben, insbesondere auch der Klägerin Ziff. 2, nicht vorliege und die Verhängung eines Ordnungsgeldes beabsichtigt sei, sowie Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Der Kläger Ziff. 1 hat hierauf vorgetragen, das Gespräch beim Beklagten habe nur 30 Minuten gedauert und sei ihm möglich gewesen; bei einem Gerichtstermin wäre er überfordert gewesen.

Mit Ordnungsgeldbeschluss vom 13. Juni 2013 hat das SG gegen die Kläger jeweils ein Ordnungsgeld in Höhe von 100,- EUR festgesetzt. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes seien erfüllt. Die Kläger hätten ihr Ausbleiben im Termin zur Erörterung des Sachverhalts, bei dem ihr persönliches Erscheinen angeordnet gewesen sei, nicht genügend entschuldigt. Dem vorgelegten Attest könne das Gericht keinen Glauben schenken. Es habe zwar keinen Zweifel, dass der Kläger Ziff. 1 unter Leukämie und Parkinson sowie noch anderen Krankheiten leide, dennoch sei er am 21. Februar 2013 deswegen nicht verhandlungsunfähig gewesen. Dies zeige sich deutlich an seinem Auftreten dem Gericht gegenüber sowie daran, dass er zur Terminszeit einen Termin beim Arbeitsvermittler habe wahrnehmen können. Auch solche Termine seien psychisch belastend. Zudem hätte der Gerichtstermin nicht länger als das Kurzgespräch gedauert, da Streitgegenstand eine bereits erledigte Untätigkeitsklage gewesen sei. Im Rahmen des eingeräumten Erschließungs- und Auswahlermessens sei die Verhängung eines Ordnungsgeldes von jeweils 100,- EUR gegenüber den Klägern Ziff. 1 und 2 angemessen.

Gegen den ihnen jeweils am 18. Juni 2013 zugestellten Beschluss haben die Kläger, nun anwaltlich vertreten, am 15. Juli 2013 Beschwerde eingelegt und vortragen lassen, der Kläger Ziff. 1 sei seit Sommer 2011 an Morbus Parkinson erkrankt. Auf Grund der dadurch bedingten Symptome habe er sich zunehmend nicht mehr in der Lage gesehen, den Schriftverkehr mit dem SG zu führen und die Klagen zu begründen und vor allem an einem Gerichtstermin teilzunehmen. Anfang 2013 seien auch stark erhöhte Leukozyten festgestellt worden, was zur Verstärkung der neuro-psychiatrischen Symptome der Parkinsonerkrankung und zu vermehrten Depressionen, Angststörungen und dem Gefühl, allem hilflos ausgeliefert zu sein, geführt habe. Aus Sicht des Klägers Ziff. 1 sei dieser deshalb nicht in der Lage gewesen, den Gerichtstermin wahrzunehmen. Durch diesen habe er sich völlig überfordert gefühlt und sei er schlicht in Panik geraten, weshalb er den Psychiater H. aufgesucht und um Erstellung eines entsprechenden Attestes gebeten habe. Bei dem Meldetermin beim Beklagten sei er der Meinung gewesen, er wisse, was dort auf ihn zukomme. Dies sei bei dem Gerichtstermin nicht der Fall gewesen. Die Klägerin Ziff. 2 habe sämtlichen Schriftverkehr dem Kläger Ziff. 1 überlassen. Zwar hätte sie an dem Gerichtstermin teilnehmen können, gleichwohl hätte sie zur Sachverhaltsaufklärung wahrscheinlich so gut wie nichts beitragen können. Es werde ein weiteres Attest gegen Ende Juli erwartet. Die Klage haben die Kläger am 26. Juli 2012 die Klage zurückgenommen und im Parallelverfahren S 9 AS 1255/12, in welchem ebenfalls für den 21. Februar 2013 Termin zur Erörterung des Sachverhalts bestimmt war, schriftsätzlich u.a. vorgetragen, im (dortigen) Termin sei es jawohl zentral darum gegangen, ob die Kläger das Anerkenntnis annehmen und der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt werden könne. Die Kläger, so ihre Bevollmächtigte, hätten dies offensichtlich nicht verstanden, andernfalls wären sie sicherlich zu dem Gerichtstermin gegangen.

Die Kläger beantragen,

den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Juni 2013 aufzuheben.

Die Beklagte hat sich nicht geäußert.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten beider Instanzen, auch der Akten des Parallelverfahrens S 9 AS 1255/12, Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 172 SGG zulässige Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die Festsetzung der Ordnungsgelder - § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO), § 380 ZPO, § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch (EGStGB) - dargelegt und rechtsfehlerfrei ausgeführt, dass die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 ohne hinreichende Entschuldigung dem Termin am 21. Februar 2013 ferngeblieben sind, sowie ermessensfehlerfrei ein Ordnungsgeld in Höhe von jeweils 100,- EUR festgesetzt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens auch im Beschwerdeverfahren uneingeschränkt an und weist die Beschwerde aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Ergänzend ist anzumerken, dass die Kläger mit der Terminbestimmung der Kammervorsitzenden vom 17. Dezember 2012 mit Anordnung des persönlichen Erscheinens ordnungsgemäß geladen waren. Ihre Ladung mit Anordnung des persönlichen Erscheinens wurde der Klägerin Ziff. 2 mit Postzustellungsurkunde am 18. Dezember 2012 zugestellt. Auch der Kläger hat die Ladung (und die damit verbundene Verlegung des ursprünglich auf 31. Januar 2013 anberaumten Termins) mit Anordnung seines persönlichen Erscheinens rechtzeitig erhalten, wie es sich u.a. aus dem Aktenvermerk vom 07. Februar 2013 und seinem Schreiben vom 29. April 2013 ergibt.

Bei der Klägerin Ziff. 2 fehlt es bereits an der Darlegung eines Grundes, der ihr Nichterscheinen entschuldigen könnte, denn sie war aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert, den Termin wahrzunehmen. Dass sie dann den Kläger Ziffer 1 am 19. Februar 2013 mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hat, der nach seinem Vorbringen zur Terminwahrnehmung nicht in der Lage gewesen sein soll, stellt keinen ihr Fernbleiben entschuldigenden Grund dar.

Auch der Kläger Ziff. 1 hat keinen sein Fernbleiben entschuldigenden Grund glaubhaft zu machen vermocht. Insbesondere genügt hierfür das vorgelegte Attest vom 21. Februar 2013 nicht, da es in eklatantem Widerspruch zu dem dokumentierten Auftreten (und der ersichtlichen Fähigkeit zur Verfolgung seiner Interessen) des Klägers Ziff. 1 (u.a. Vorsprache am 7. Februar 2013 beim SG, Telefonat vom 18. Februar 2013 mit der Kammervorsitzenden, Vorsprache beim SG am 20. Februar 2013, Wahrnehmung des Termins beim Beklagten am Termintag) steht. Dieser war, wie sich aus den Aktenvermerken ergibt, zum einen in der Lage, bei mehreren Vorsprachen seine Interessen darzulegen und zu vertreten und hat sich auch in der Lage gesehen, zur Terminstunde ein längeres Gespräch bei seinem Berater beim Beklagten zu führen. Die offenbar auf Wunsch des Klägers Ziff. 1 von dem Psychiater H., den der Kläger nach längerer Pause und nachdem er erkennen musste, dass es bei dem Termin verbleiben würde, aufgesucht hat, erstellte fachärztliche Bescheinigung vom 21. Februar 2013 beruht im Wesentlichen auf der Wiedergabe der vom Kläger Ziffer 1 behaupteten Befindlichkeiten ohne dass sie erkennbar kritisch hinterfragt worden wären, und überzeugt angesichts der o. g. Umstande nicht.

Im Übrigen hat die Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 25. Juli 2013 im Parallelverfahren S 9 AS 1255/12 auch vorgetragen, die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 wären sicherlich zu dem Gerichtstermin gegangen, wenn sie verstanden hätten, dass es in diesem darum gegangen sei, ob sie das Anerkenntnis annehmen und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Auch dies zeigt, dass gesundheitliche Einschränkungen der Wahrnehmung des Termins nicht entgegengestanden haben.

Aus den vorstehenden Gründen weist der Senat die Beschwerde zurück. Hierauf und auf analoger Anwendung des § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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