S 34 KR 191/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
34
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 34 KR 191/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 542/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der Kosten einer von ihr in der Zeit vom 14.01.2008 bis 03.02.2008 selbst beschafften stationäre Maßnahme einer Anschlussrehabilitation.

Die 1929 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. In der Zeit vom 02.01.2008 bis 14.01.2008 befand sich die Klägerin in stationärer Krankenhausbehandlung des Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in C P. Es wurde operativ ein Herzklappenersatz durchgeführt. Diese Klinik beantragte bei der Beklagten am 09.01.2008 für die Klägerin die Gewährung einer medizinischen Rehabilitation gemäß § 40 V. Buch Sozialgesetz – SGB-V – in der H-N1-Klinik in C P. Als vorläufiger Aufnahmetermin wäre der 14.01.2008 vereinbart worden. Die im Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen beschäftigte Diplom-Sozialpädagogin W teilte der Beklagte ergänzend mit, dass die Klägerin auf die H-N1-Klinik fixiert und nicht bereit wäre, in eine andere Klinik zu gehen, eher würde sie die Kosten selbst tragen. Es wurde angefragt, ob es die Möglichkeit einer Teilkostenübernahme geben würde. Unter dem 09.01.2004 teilte die Beklagte daraufhin dem Herz- und Diabeteszentrum C P-Sozialdienst mit, dass sie nur noch bestimmte Kliniken belegen würde. Dies wären im Fall der Klägerin die N2-Klinik in C P und das Gesundheitszentrum in M-C X. Aus den Antragsunterlagen würden sich keine medizinischen Gründe ergeben, die zwingend gegen eine Belegung dieser genannten Kliniken sprechen würden. Sollten dennoch medizinische Gründe vorlegen, die lediglich eine Verlegung in die H-Klinik erlauben würden, so würde um Übersendung entsprechender begründender Unterlagen gebeten. Diese würden dann dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung MDK – vorgelegt. Rehabilitationsleistungen würden nach dem Sachleistungsprinzip gewährt. Diese gesetzliche Vorgabe würde jedoch eine anteilige Kostenbeteiligung von gesetzlich Krankenversicherten nicht zulassen. Der Sachverhalt sollte mit der Klägerin besprochen werden und es wurde um Mitteilung gebeten, für welche der Kliniken die Klägerin sich entscheiden würde. Die Klägerin begab sich sodann am 14.01.2008 in die H-N1-Klinik, ohne die Beklagte zuvor hierüber zu unterrichten. Nachdem die Beklagte über die Aufnahme der Klägerin informiert worden war, teilte sie der Klägerin mit Bescheid vom 14.01.2008 mit, dass eine Beteiligung an den Kosten der stationären Anschlussrehabilitation in der H-N1-Klinik nicht möglich wäre, da die Beklagte über präferierte Rehabilitationseinrichtungen verfügen würde und die Klägerin insoweit informiert worden wäre. Die H-N1-Klinik stellte der Klägerin für die Gewährung der stationären Rehabilitationsleistung im Zeitraum vom 14.01.2008 bis 02.02.2008 pro Tag 115,76 Euro, mithin insgesamt 2.215,20 Euro in Rechnung. Dieser Betrag war von der Klägerin bereits als Vorschuss geleistet worden. Die Klägerin legte am 23.04.2008 gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 14.01.2008 Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass es sich bei der H-N1-Klinik um eine zertifizierte Klinik handeln würde, mit der ein Versorgungsvertrag gemäß § 111 SGB V abgeschlossen worden wäre. Sie bat um Erstattung der ihr entstandenen Kosten in Höhe von 2.315,20 Euro. Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.2008 zurück. Auf den Inhalt dieses Bescheides wird Bezug genommen. Die Klägerin hat am 10.07.2008 Klage erhoben. Die Klägerin ist der Meinung, dass die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 09.01.2008 generell die Übernahme der Kosten der Behandlung in der H-N1-Klinik abgelehnt hätte. Dies deshalb, weil zwingende medizinische Gründe gegen eine Belegung der von der Beklagten genannten Kliniken offensichtlich nicht vorgelegen hätten. Sie hätte auch nach der Ablehnung der Kostenübernahme die Behandlung dort dennoch fortgesetzt, weil sie unbedingt diese Klinik hätte haben wollen. Die Klägerin ist weiterhin der Meinung, dass ihr ein Sachleistungsanspruch auf Durchführung der Anschlussrehabilitationsmaßnahme in der H-N1-Klinik zugestanden hätte, da ihr § 40 Abs. 2 V. Buch Sozialgesetzbuch – SGB V – ein Wahlrecht eingeräumt hätte, welche Einrichtung sie hätte aufsuchen können. Die Beklagte hätte insofern lediglich die Mehrkosten zu tragen, die durch die Wahl einer anderen als der empfohlenen Einrichtung entstanden wären. Sie wäre insofern von der Beklagten nicht auf die Regelung des § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB V hingewiesen worden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 14.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2008 zu verurteilen, an sie 2.315,20 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, dass ein Kostenerstattungsanspruch nicht besteht, weil die Klägerin ihre Entscheidung hinsichtlich einer Kostenbeteiligung nicht abgewartet hätte und insofern die Voraussetzungen für eine Selbstbeschaffung nach § 13 SGB V nicht erfüllt sind. Die Beklagte ist weiterhin der Meinung, dass der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten gemäß § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB V zusteht, da die H-N1-Klinik einen Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V abgeschlossen hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetzes – SGG – durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Klage ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 14.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2008 konnte nicht aufgehoben werden, weil er die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Zu Recht geht die Beklagte davon aus, dass der Klägerin der von ihr geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zusteht.

Der Klägerin steht ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bzw. § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nicht zu. § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V regelt: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu tragen, soweit die Leistung notwendig war." Dabei entspricht § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX § 13 Abs. 3 SGB V, sodass insoweit die von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zu den Voraussetzungen einer Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V anzuwenden sind (vgl. Hessisches Landessozialgericht Urteil vom 28.08.2008 – L 1 KR 2/05 – veröffentlicht in Juris; Hauck/Noftz, SGB IX, K § 15 Rz. 13 f.). Vorliegend kann dahin gestellt bleiben, ob die der Klägerin entstandenen Kosten tatsächlich durch eine Leistungsablehnung der Beklagten entstanden sind. Insofern ergibt sich aus dem von der Diplom-Pädagogin W vom Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 09.01.2008, dass die Klägerin auf die H-N1-Klinik fixiert und nicht bereit wäre, in eine andere Klinik zu gehen und dass sie erst die Kosten selbst tragen würde. Weiterhin hat die Klägerin in diesem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 13.09.2008 eingeräumt, dass sie auch die Behandlung nach dem ablehnenden Bescheid vom 14.01.2008 fortgesetzt hätte, weil sie unbedingt in die von ihr gewählte Klinik wollte. Voraussetzung für eine Kostenerstattung nach einer Selbstbeschaffung ist jedoch der Ursachenzusammenhang der Ablehnung der Leistung und der Selbstbeschaffung. Insbesondere darf der Versicherte sich nicht – unabhängig davon, wie eine Entscheidung der Krankenkasse ausfällt – von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 20). In diesem Zusammenhang hält es die Kammer für fraglich, ob die Beklagte bereits mit ihrem an das Herz- und Diabeteszentrum gerichteten Schreiben vom 09.01.2008 die Gewährung der von der Klägerin in H-N1-Klinik im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V ablehnte. Eine Ablehnung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V kann nur durch Erteilung eines entsprechend ablehnenden Verwaltungsaktes gemäß § 31 SGB X erfolgen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Behörde eine Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalles trifft, insofern eine potentielle verbindliche Rechtsfolge setzt und dadurch ein Recht verbindlich feststellt oder die Feststellung eines Rechts ablehnt. Eine Regelung legt nicht vor bei vorbereitenden Handlungen, wie z. B. der Anhörung der Betroffenen nach § 24 SGB X unter Mitteilung einer beabsichtigten Maßnahme (vgl. von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 31 RdNrn. 24, 27). Mit ihrem Schreiben vom 09.01.2008 wies die Beklagte darauf hin, dass sich aus den Antragsunterlagen keine medizinischen Gründe ergäben, die zwingend gegen eine Belegung in einer der von ihr benannten Klinik sprechen würden. Insofern wurde um Übersendung entsprechender begründender medizinischer Unterlagen zur Vorlage beim MDK gebeten. Da die Beklagte das Vorliegen dieser medizinischen Gründe nicht ausschließen konnte, konnte auch die Klägerin aus ihrer Sicht nicht von einer bereits endgültigen Ablehnung der Übernahme von Kosten oder einer Kostenbeteiligung ausgehen. Auch kann dahingestellt bleiben, ob die streitige durchgeführte Leistung unaufschiebbar im Sinne der 1. Alternative von § 13 Abs. 2 Satz SGB V war, da die Beklagte die Klägerin bereits darauf hingewiesen hatte, dass sie die stationäre Rehabilitation in zwei von ihr vorgeschlagenen Kliniken hätte antreten können.

Der Klägerin sind in Höhe der Klageforderung bereits keine erstattungsfähigen Kosten entstanden. Die Klägerin war keiner rechtswirksamen Vergütungsforderung der H-N1-Klinik ausgesetzt, weil sie die streitigen Kosten zunächst ohne Erteilung einer Rechnung als Vorschuss leistete und es an der unter dem 15.02.2008 ausgestellten Rechnung an einer Abrechnung gefehlt hat, die eine solche Forderung auszulösen vermochte. Gemäß § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für Ärzte – GOÄ – bestimmen sich die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte nach dieser Verordnung, soweit durch Bundesgesetz nicht etwas anderes bestimmt ist. Gemäß § 12 Abs. 1 GOÄ wird die Vergütung fällig, wenn dem Zahlungspflichtige eine dieser Verordnung entsprechenden Rechnung erteilt worden ist. Die von der H-N1-Klinik vorgelegte Rechnung vom 15.02.2008 entspricht nicht § 12 Abs. 2 GOÄ. Sie bezeichnet nicht im Einzelnen die im Gebührenverzeichnis für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen mit der entsprechenden Gebührennummer und enthält weder eine Bewertung nach § 5 GOÄ noch eine Analogbewertung nach § 6 Abs. 2 GOÄ. Sie enthält auch keine Position zum Ersatz von Auslagen, sondern legt dem Rechnungsbetrag einen klinikinternen Abteilungspflegesatz von täglich 115,76 Euro zu Grunde. Es ist aber gerade unzulässig, an Stelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung zu stellen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 17; BSG SozR 4-2500 § 116 Nr. 1; BGH NJW 2006, 1879 ff.). Dabei hat es für die Entstehung eines Kostenerstattungsanspruchs keine Bedeutung, ob die Leistung tatsächlich erbracht oder eine nicht korrekt ausgestellte Rechnung auch bezahlt wurde. Insbesondere ist eine Abrechnung mit Pauschalentgelten auch nicht nach dem Gesetz über die Entgelte für Voll- und teilstationäre Krankhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz – KHEntgG -) zulässig. Denn bei der streitigen stationären Rehabilitation handelte es sich nicht um eine stationäre Krankenhausbehandlung. Gemäß § 2 KHEntgG sind nach diesem Gesetz abrechenbar nur Krankenhausleistungen (vgl. auch §§ 17, 28 Krankenhausfinanzierungsgesetz – KHG -). Das SGB V stellt insoweit auch die Krankenhausbehandlung gemäß § 39 SGB V der stationären Rehabilitation gemäß § 40 Abs. 2 SGB V gegenüber und unterscheidet insoweit auch zwischen Krankenhäusern gemäß § 107 Abs. 1 SGB V und Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen im Sinne von § 107 Abs. 2 SGB V. Eine Maßnahme wie die vorliegende medizinische Rehabilitation kann insoweit nur in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, nicht aber in einem Krankenhaus erbracht werden (vgl. Kasseler/Kommentar/Brandts, § 39 SGB V, RdNr. 66). Im Übrigen wären bei einem Pauschalpreis die Vergütung ärztlicher Leistungen auch nicht von der Vergütung nicht ärztlicher Leistungen abzugrenzen, sodass es auch bei erbrachten nicht ärztlichen Leistungen an einer nachvollziehbaren Rechnungslegung mangelt.

Nach alledem hat es für die Entscheidung der Kammer keine Bedeutung, ob der Klägerin grundsätzlich gegenüber der Beklagten ein Sachleistungsanspruch auf Durchführung der streitigen Rehabilitation in der H-N1-Klinik zugestanden hätte und ob die Beklagte die Klägerin entsprechend ihrer Rechtsauffassung über die Möglichkeit der Durchführung der Maßnahme in der von ihr gewählten Klinik nicht ausreichend informiert hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

&8195;
Rechtskraft
Aus
Saved