L 11 R 367/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1392/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 367/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14.12.2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2012 abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere 190,40 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren trägt die Beklagte 20 vH.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Aufwendungen der Klägerin für die Hinzuziehung ihres Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren streitig.

Mit Bescheid vom 18.07.2011 berechnete die Beklagte die Altersrente für schwerbehinderte Menschen der Klägerin im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens neu. Für die Zeit ab 01.09.2011 wurde ein Betrag von monatlich 1.253,08 EUR festgesetzt. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 22.07.2011 Widerspruch ein und machte geltend, die ausgeworfene Nachzahlung für den Zeitraum 01.12.2010 bis 31.08.2011 sei lächerlich gering in Anbetracht der Tatsache, dass für den Zeitraum 01.04.1964 bis 30.11.1967 die Höchstbeiträge gezahlt worden seien. Ein kurzer Blick auf die Rentenberechnung offenbare, dass die Beklagte die tatsächlichen Beiträge zur Berechnung der Rente genommen habe, statt die freiwilligen Beiträge vom Beitragswert in Entgelte umzurechnen, bevor man sie dem Durchschnittsentgelt gegenüberstelle. Die Beklagte half dem Widerspruch mit Bescheid vom 23.08.2011 in vollem Umfang ab. Der monatliche Zahlbetrag der Rente belief sich nunmehr ab 01.09.2011 auf 1.364,98 EUR.

Mit Kostennote vom 29.08.2011 forderte der Bevollmächtigte der Klägerin die Erstattung von Kosten in Höhe von 1.288,18 EUR für das Widerspruchsverfahren. Hierbei setzte er eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr von 520 EUR, eine Geschäftsgebühr von 520 EUR, die Auslagenpauschale von 20 EUR, eine Dokumentenpauschale für Ablichtungen von 22,50 EUR sowie 19% Umsatzsteuer hieraus, somit 205,68 EUR, zusammen also 1.288,18 EUR an.

Mit Bescheid vom 08.09.2011 erklärte die Beklagte die Übernahme der notwendigen Aufwendungen der Klägerin für das Widerspruchsverfahren dem Grunde nach und erklärte die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für notwendig. Mit Bescheid vom 15.09.2011 setzte sie sodann die zu erstattenden Kosten für die Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren auf 309,40 EUR fest (Geschäftsgebühr 240 EUR, Auslagenpauschale 20 EUR, Umsatzsteuer 49,40 EUR). Die geltend gemachte Geschäftsgebühr entspreche nicht der Billigkeit und sei daher nicht verbindlich. Eine Gebühr von mehr als 240 EUR könne nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Hier handele es sich um ein durchschnittliches Verfahren. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, da sich das Verfahren nicht durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt habe. Die Vorlage einer Widerspruchsbegründung sei insoweit nicht ausreichend. Der Dokumentenpauschale für Ablichtungen könne nicht entsprochen werden, da der Bevollmächtigte keine Akteneinsicht gehabt habe.

Mit ihrem Widerspruch vom 24.10.2011 machte die Klägerin geltend, die Angelegenheit sei von überdurchschnittlicher Bedeutung, da die Beklagte die durchgeführte Nachzahlung aufgrund freiwilliger Beiträge wegen Heiratserstattung fehlerhaft ausgeführt habe und dies lebenslange Wirkung habe. Es habe sich um einen Betrag von rund 147 EUR monatlich gehandelt, somit eine Rentenerhöhung von rund 12%, was wohl nicht unerheblich sei. Das Ganze habe Kenntnisse in der Rentenberechnung vorausgesetzt. Spezialisiertes Fachwissen dürfe nicht kostenmindernd berücksichtigt werden, sondern die höhere Qualifikation führe zu einer höheren Vergütung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es gälten die Rahmengebühren nach Nr 2400 Vergütungsverzeichnis Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) von 40 EUR bis 520 EUR, Mittelgebühr 280 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240 EUR (Schwellengebühr) könne nur verlangt werden, wenn sich die Tätigkeit umfangreich oder schwierig dargestellt habe. Eine Tätigkeit über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinaus habe der Bevollmächtigte nicht entfaltet. Bezüglich der Bedeutung der Angelegenheit gehe es um die Neufeststellung einer bereits gezahlten Rente, so dass schon aus diesem Grund die Höchstgebühr nicht gerechtfertigt sei. Angemessen sei hier eine Gebühr von 240 EUR. Eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV iVm Nr 1002 VV sei nicht angefallen, denn diese setze eine besondere, gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit des Anwalts voraus. Die Auslagenpauschale nach Nr 7000 VV komme weiterhin nicht in Betracht, da der Bevollmächtigte weder Akteneinsicht gehabt habe, noch Kopien zu den Akten gereicht habe.

Hiergegen richtet sich die am 19.10.2012 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage, welche die Klägerin nicht begründet hat.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.12.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 22.12.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 22.01.2013 eingelegte Berufung der Klägerin, die sie in der Sache nicht begründet hat.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14.12.2012 sowie den Bescheid der Beklagte vom 15.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.02.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere Kosten für das Widerspruchsverfahren betreffend den Bescheid vom 18.07.2010 in Höhe von 978,78 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf den angefochtenen Bescheid, den das SG zutreffend als rechtmäßig erachtet habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat nur teilweise Erfolg.

Der Senat kann in der vorliegenden Besetzung entscheiden. Den Befangenheitsantrag der Klägerin vom 13.06.2013 gegen die Berichterstatterin RinLSG V. hat der Senat mit Beschluss vom 17.07.2013 und den weiteren Befangenheitsantrag vom 31.07.2013 gegen den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht K. sowie RinLSG V. mit Beschluss vom 12.08.2013 zurückgewiesen. Der Senat kann auch unter Mitwirkung von RinSG H. entscheiden. Diese ist - aufgrund ihrer Beteiligung am Beschluss vom 17.07.2013 - von der Klägerin zwar ebenfalls mit Schreiben vom 31.07.2013 als befangen abgelehnt worden, insoweit liegt jedoch ein offener Missbrauch vor, so dass eine Entscheidung über das Befangenheitsgesuch durch gesonderten Beschluss nicht erforderlich ist.

Nach § 60 SGG iVm § 45 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob der betroffene Beteiligte von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger objektiver Betrachtung Anlass hat, die Voreingenommenheit des oder der abgelehnten Richter zu befürchten (vgl Gehrlein in Münchener Kommentar, ZPO, 4. Aufl, § 42 RdNr 2 mwN). Nach § 60 SGG iVm § 45 Abs 1 ZPO entscheidet das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Es ist allerdings anerkannt, dass abweichend vom Wortlaut des § 45 Abs 1 ZPO der Spruchkörper ausnahmsweise in alter Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über unzulässige Ablehnungsgesuche in bestimmten Fallgruppen entscheiden kann. Hierzu zählt etwa die Wiederholung einer Richterablehnung ohne neue Gesichtspunkte sowie die pauschale Ablehnung eines gesamten Spruchkörpers (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 60 RdNr 10d mwN).

So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 31.07.2013 pauschal alle Senatsmitglieder abgelehnt, die an dem Beschluss vom 17.07.2013 beteiligt waren. Substantiierte Tatsachen wurden nicht vorgetragen, die eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnten, vielmehr hat sich die Klägerin allein gegen die Richtigkeit des Beschlusses vom 17.07.2013 gewandt. Bei offenbarem Missbrauch - wie hier - ist eine Entscheidung durch gesonderten Beschluss nicht nötig (BSG 29.03.2007, B 9a SB 18/06 B, SozR 4-1500 § 60 Nr 4). Es ist daher unschädlich, dass der Senat im Beschluss vom 12.08.2013 nicht über das Befangenheitsgesuch gegen RinSG H. entschieden hat.

Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig. Sie ist auch nicht dem Grunde nach gemäß § 144 Abs 4 SGG ausgeschlossen. Danach ist die Berufung ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) handelt es sich aber, wenn – wie vorliegend – in der Hauptsache über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens (vgl §§ 78 ff SGG) gestritten wird, nicht um Kosten des Verfahrens im Sinne dieser Ausschlussregelung (BSG 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R, BSGE 104, 30 = SozR 4-1935 § 14 Nr 2; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 144 RdNr 49 mwN).

Gegenstand des Verfahrens ist allein die mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 15.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2012 getroffene Entscheidung der Beklagten, in welcher Höhe der Betrag der zu erstattenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren festzusetzen ist (§ 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Die hierfür erforderliche Kostengrundentscheidung ist bereits durch den Bescheid vom 08.09.2011 erfolgt, mit dem die Beklagte auch die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für notwendig erklärt hat (§ 63 Abs 1 Satz 1, Abs 2, Abs 3 Satz 2 SGB X). Zutreffend wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs 1 und 4, 56 SGG) dagegen, dass die Beklagte die Erstattung der über den festgesetzten Betrag von 309,40 EUR hinausgehenden Kosten abgelehnt hat. Die damit zulässigerweise angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, soweit ein Betrag von weniger als 499,80 EUR zur Kostenerstattung festgesetzt worden ist. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für die Kosten des isolierten Widerspruchsverfahrens in Höhe von 499,80 EUR, so dass die Beklagte angesichts der bereits erfolgten Erstattung in Höhe von 309,40 EUR zur Zahlung weiterer 190,40 EUR zu verurteilen war. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet und daher zurückzuweisen.

Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat gemäß § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Gemäß § 63 Abs 2 SGB X sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest (§ 63 Abs 3 Satz 1 Halbs 1 SGG). Gebühren und Auslagen iSv § 63 Abs 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren; Aufwendungen der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind grundsätzlich auch die Gebühren und Auslagen, die ein Rechtsanwalt oder sonstiger Bevollmächtigter seinem Mandanten, hier der Klägerin, in Rechnung stellt (BSG 01.07.2009, aaO).

Gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 RVG bemisst sich die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwälte nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Nach § 4 Abs 1 Satz 1 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) gilt das RVG auch für die Vergütung von Rentenberatern, wie dem Bevollmächtigten der Klägerin. Gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 RVG bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach dem VV RVG. In sozialrechtlichen Verfahren entstehen auch außerhalb des gerichtlichen Verfahrens Betragsrahmengebühren, sofern das Gerichtskostengesetz keine Anwendung findet (§ 3 Abs 2 , Abs 1 Satz 1 RVG). Das war hier der Fall, da es sich bei der Klägerin um eine gemäß § 183 Abs 1 Satz 1 SGG kostenprivilegierte Versicherte handelt. Bei Rahmengebühren bestimmt der Bevollmächtigte die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs 1 Sätze 1 und 3 RVG).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Beklagte nicht verpflichtet, die vom Bevollmächtigten bestimmte Geschäftsgebühr in Höhe der Höchstgebühr zu ersetzen, ebenso hat sie die geforderte Erledigungsgebühr und Dokumentenpauschale zu Recht nicht erstattet. Die Klägerin hat jedoch Anspruch auf Erstattung einer Geschäftsgebühr in Höhe von 400 EUR und nicht nur in Höhe der Schwellengebühr von 240 EUR.

Die Geschäftsgebühr entsteht insbesondere für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Gemäß Nr 2400 VV RVG umfasst die Geschäftsgebühr einen Betragsrahmen von 40 EUR bis 520 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sog Schwellengebühr). Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Bevollmächtigte nach § 14 Abs 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Darüber hinaus ist nach § 14 Abs 1 Satz 3 RVG bei Verfahren, die sich – wie hier – nicht nach dem Gegenstandswert richten, das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Bei der Bemessung der zutreffenden Gebührenhöhe ist einem ersten Schritt grundsätzlich von der Mittelgebühr auszugehen. Sind jedoch der Umfang und/oder die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit nicht überdurchschnittlich, wird die an sich zutreffende Mittelgebühr in Höhe des Betrages der Schwellengebühr gekappt. Dies führt zu einer Gebührenhöhe von 240 EUR, wenn beispielsweise jedes der vier in § 14 Abs 1 Satz 1 RVG genannten Bemessungskriterien durchschnittlich ist (vgl zu allem BSG 01.07.2009, aaO).

Die konkreten Umstände des vorliegenden Falles lassen eine Festsetzung der Betragsrahmengebühr durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf 520 EUR nicht zu, denn dazu müssten Umfang und Schwierigkeit sowie Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin weit überdurchschnittlich sein. Hier war jedoch der Aufwand für den Bevollmächtigten der Klägerin deutlich unterdurchschnittlich, denn er war mit dem Fall bereits im vorangegangenen Widerspruchsverfahren befasst, so dass keinerlei Erfordernis zur Einarbeitung mehr bestand. Mit der Forderung der Höchstgebühr hat er daher eine unbillige Entscheidung getroffen, die für die Beklagte nach § 14 Abs 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich ist. Schwierigkeit und Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin waren indes als hoch zu bewerten. Ein besonderes Haftungsrisiko des Bevollmächtigten ist dagegen nicht erkennbar. Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheint daher eine hohe Geschäftsgebühr von 400 EUR angemessen.

Eine Erledigungsgebühr ist nicht angefallen. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 2 VV RVG kommt es für das Entstehen einer Erledigungsgebühr auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an. Die Regelungssystematik, der Sinn und Zweck der Regelung sowie ihre Entstehungsgeschichte erfordern eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird (BSG 14.02.2013, B 14 AS 62/12 R, juris mwN). An einer über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehenden besonderen Tätigkeit des Bevollmächtigten der Klägerin im Sinne einer qualifizierten Mitwirkung, die ursächlich für die (unstreitige) Erledigung des Vorverfahrens durch Abhilfebescheid gewesen ist, fehlt es hier. Er hat den Widerspruch lediglich begründet, aber keine qualifizierten "erledigungsgerichteten" Leistungen erbracht, die über das Maß dessen hinausgehen, was schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird. Es reicht nicht aus, dass sein Sachvortrag den Fehler im angefochtenen Bescheid deutlich macht und damit möglicherweise kausal zur Abhilfeentscheidung der Beklagten beigetragen hat (BSG 14.02.2013, aaO).

Die geforderte Dokumentenpauschale nach Nr 7000 VV RVG für 45 Ablichtungen ist ebenfalls nicht zu erstatten. Der Bevollmächtigte der Klägerin hatte im streitigen Verfahren keine Akteneinsicht, er hat auch keine Ablichtungen im Widerspruchsverfahren vorgelegt. Irgendwelche Erläuterungen, in welchem Zusammenhang die geltend gemachten Ablichtungen erfolgt sein sollen, sind ebenso wenig erfolgt. Damit ist nicht erkennbar, dass ein Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren besteht.

Die Umsatzsteuer ist nach einer Summe von 420 EUR (Geschäftsgebühr 400 EUR, Pauschale für Entgelte für Post- und Kommunikationsdienstleistungen 20 EUR (Nr 7002 VV RVG)) mit 79,80 EUR zu berechnen, so dass sich ein Erstattungsbetrag in Höhe von 499,80 EUR ergibt. Abzüglich der bereits erstatteten Kosten in Höhe von 309,40 EUR war die Beklagte daher zur Zahlung von 199,40 EUR zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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