L 13 R 2152/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 470/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2152/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 3. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1960 geborene Klägerin erlernte nach ihren Angaben keinen Beruf. Von August 1978 bis Juni 2009 war die Klägerin bei der Herstellung von Verkehrsschildern beschäftigt. Nach Beendigung der Beschäftigung ist die Klägerin arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.

Am 23. Juli 2009 beantragte die Klägerin die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog daraufhin den Entlassungsbericht des Klinikums K. über die stationäre psychiatrische Behandlung vom 18. Mai bis 15. Juli 2009 bei (Diagnosen: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leicht, Dysthymie, kombinierte Persönlichkeitsstörung; Nebendiagnosen: Spinale Enge in Höhe C4/5 und C5/6 mit Cervicobrachialgien rechts, Zustand nach Entfernung eines Riesenzelltumors D4 rechts 1/2009). Die psychischen Kräfte der Klägerin seien "weitgehend aufgebraucht", von einer weitgehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit müsse ausgegangen werden, sodass die Notwendigkeit einer Verrentung bestehe. Die Beklagte veranlasste daraufhin das nervenärztliche Gutachten des Dr. Br. vom 5. Oktober 2009. Als Diagnosen wurden eine chronische Zervicobrachialgie rechts, ein latentes Carpaltunnelsyndrom beidseits, eine Hypästhesie des ulnarseitigen Ringfingers links nach OP 01/2009, eine Anpassungsstörung mit Affektlabilität, Kränkung, inhaltsabhängiger Verstimmung im Zusammenhang mit Problemen/Konflikten im psychosozialem/biographischen Hintergrund bei gleichzeitig persönlichkeitsbedingt begrenzten Ressourcen, eine vorbestehend vielschichtige Persönlichkeitsakzentuierung mit aggressionsgehemmten, selbstunsicheren, nachhaltigen, dysthymen und dependenten Zügen gestellt. Die Klägerin sei in der Lage, leichte bis in Spitzen mittelschwere Tätigkeiten weiterhin vollschichtig zu verrichten. Ausgeschlossen seien Tätigkeiten mit Nacht- und Wechselschicht sowie Tätigkeiten mit überdurchschnittlich fordernden und sozialen Interaktionen, außerdem Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der Chirurg Dr. Wa. das Gutachten vom 9. Oktober 2009. Er diagnostizierte eine ausgeprägte Bandscheibenprotrusion im Segment C4 bis C6 mit rezidivierenden rechtsbetonten Cervicobrachialgien, jedoch ohne neurologische Defizite, ein hypotrophes Muskuloskelettal-Syndrom der LWS mit deutlichen Bewegungsminderungen, ein Zustand nach Exstirpation eines benignen Fingertumors des vierten Fingers rechts mit Digitalnervenläsion sowie ein depressives Angstsyndrom. Dr. Wa. hat weiter ausgeführt, aus Sicht seines Fachgebiets sei die Klägerin in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Arbeiten mit wechselnder Körperposition, noch eine Einsatzfähigkeit von sechs Stunden und mehr zu bewältigen.

Mit Bescheid vom 3. November 2009 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag der Klägerin ab, weil die Klägerin weder voll, noch teilweise erwerbsgemindert sei. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und legte u.a. das Gutachten der Agentur für Arbeit R. vom 14. August 2009 vor, in dem dort unter Bezugnahme auf den Entlassungsbericht der Klinik K. eine Leistungsfähigkeit der Klägerin von unter drei Stunden täglich ausgegangen wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Am 10. Februar 2010 hat die Klägerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei bereits durch ihre organischen Erkrankungen erheblich beeinträchtigt, die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung insbesondere ihre psychische Beeinträchtigung verkannt. Sie sei nicht in der Lage, leichte körperliche Arbeiten von sechs Stunden und mehr auszuüben.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin befragt. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. Schu. hat unter dem 5. Mai 2010 ausgeführt, die Klägerin an zwei Tagen im März 2008 behandelt zu haben, sie sei von ihr als schwer depressiv erlebt worden und habe sie am 18. März 2008 in den GB stationär eingewiesen, danach habe sie keinen Kontakt mit der Klägerin gehabt. Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. He. hat in ihrer Auskunft vom 11. Mai 2010 angegeben, sie habe die Klägerin im Jahr 2004 wegen Schmerzen und Lähmungserscheinungen am rechten Arm und im Jahr 2007 wegen einem depressiven Syndrom und Wahrnehmungsstörungen behandelt. Der Orthopäde Dr. Hec. hat ausgeführt, die Klägerin befinde sich seit September 2009 in ambulanter Behandlung. Er habe in den letzten fünf Jahren ein Cervicobrachialsyndrom rechts und ein Ganglion des linken vierten Fingers festgestellt. Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden pro Tag auszuüben. Die Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. I. hat in ihrer Auskunft vom 23. Juni 2010 berichtet, sie habe die Klägerin von Oktober 2002 bis Juni 2004 behandelt, weitere Angaben könne sie nicht machen. Der Arzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. Gl. hat unter dem 20. Oktober 2010 angegeben, dass die Klägerin im Jahre 2007 und 2008 dort in ambulanter Behandlung gewesen sei. Im Jahr 2007 sei eine Hörverschlechterung (Ohrschmalztropf entfernt) festgestellt worden. Im Jahre 2008 hätten Drehschwindelbeschwerden (gutartiger Lagerungsschwindel) bestanden. Danach habe die Klägerin eine subjektive Abnahme der Schwindelbeschwerden angegeben.

Das SG hat daraufhin die Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie Dr. Wil. veranlasst. In seinem Gutachten vom 18. Januar 2011 hat dieser eine Dysthymie und kombinierte Persönlichkeitsakzentuierung diagnostiziert. Die Klägerin sei in der Lage, in einer Fünftagewoche täglich sechs Stunden zu arbeiten. Daraufhin hat das SG den behandelnden Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Wo. des Fachkrankenhauses für Psychiatrie GB befragt. Dieser hat in seiner Auskunft vom 1. April 2011 u.a. dargelegt, die Klägerin sei dort seit März 2008 in ambulanter Behandlung, zuletzt habe sie sich dort im Jahre 2011 vorgestellt. In den letzten fünf Jahren habe es immer wieder schwere depressive Krisen gegeben, die Klägerin sei nie symptomfrei gewesen. Durchgehend habe sie eine depressive Symptomatik gezeigt, aufgrund derer sie arbeitsunfähig zu beurteilen sei. Durchgängig habe sie eine eingeschränkte Stresstoleranz gezeigt. Eine immer wieder erlangte Besserung sei durch belastende Lebensereignisse "zunichte gemacht" worden. Eine Arbeitsbelastung über drei Stunden werde in den nächsten Jahren nicht zumutbar sein.

Auf Antrag der Klägerin nach§ 109 SGG hat das SG die Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ba. veranlasst. In seinem Gutachten vom 20. Oktober 2011 hat der Sachverständige eine zum Untersuchungszeitpunkt gegebene Depression, im Schweregrad aufgrund der Inkonsistenzen nicht eindeutig graduierbar, allenfalls als leicht bis mittelschwer vor dem Hintergrund der Besonderheiten der Persönlichkeit mit Neigung zur Dependenz, Somatisierung bei eingeschränkten Problembewältigungsstrategien festgestellt. Die Klägerin sei in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten für sechs Stunden und mehr zu verrichten.

Mit Urteil vom 3. Mai 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es ausgeführt, die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht gegeben. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mindestens sechs Stunden ausüben zu können. Hierbei hat sich das SG auf die Sachverständigengutachten der Dres. Wil. und Ba. sowie Dres. Br. und Wa. sowie auf die sachverständigen Zeugenaussagen der Dres. Hec. und Mü. gestützt. Nicht gefolgt ist es der Leistungseinschätzung des Psychiaters Wo ...

Gegen das der Klägerin am 8. Mai 2012 zugestellte Urteil hat diese am 23. Mai 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung der Berufung wird u.a. ausgeführt, entgegen der Würdigung des SG sei die Klägerin nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das SG habe verkannt, dass sie seit März 2008 regelmäßig in ambulanter psychiatrischer Behandlung im Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie GB stehe. Der Arzt Wo. habe insbesondere in seinem Arztbericht vom 1. April 2011 ausgeführt, dass sie in ihrem Antrieb gemindert sei, auch die Stresstoleranz sei durchgehend eingeschränkt. Dieser behandelnde Arzt (Wo.) habe eine Arbeitsbelastung über drei Stunden pro Tag als nicht zumutbar angesehen. Das SG habe sich mit dieser Ansicht nicht auseinandergesetzt. Hierzu hat sie die Bescheinigung des Arztes Wo., Klinik GB, vom 17. September 2012 vorgelegt, in der u.a. ausgeführt wird, dass die Klägerin in unterschiedlichen Bereichen (Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Planungsfähigkeit, mentale Flexibilität) stark bis unter durchschnittliche Werte erzielt habe. Dieses Ergebnis deute darauf hin, dass für die Zukunft, sowohl hinsichtlich der Symptomatik als auch hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit, eine eher schlechte Prognose zu stellen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 3. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Januar 2010 zu verurteilen, ihr ab 1. Juli 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung (auch bei Berufsunfähigkeit) zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Chefarztes der Klinik für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik I des Psychiatrischen Zentrums N., Dr. Schw ... In seinem Gutachten vom 7. Mai 2013 hat der Sachverständige eine dysthyme Störung, eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert, eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit ängstlich-vermeidenden und abhängig-asthenen Zügen diagnostiziert. Auf neurologischem Gebiet ergaben sich keine klinischen Auffälligkeiten. Die Klägerin sei in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuführen unter Berücksichtigung, dass die Tätigkeiten nicht mit erhöhter Stressbelastung, ohne besondere Anforderungen an die sozialen Kompetenzen und nicht mit Heben und Tragen von Lasten über fünf kg verbunden sind.

Die Klägerin hat daraufhin noch die Bescheinigung des Arztes Wo., Klinik GB, vom 11. Juli 2013 vorgelegt, in der dieser eine aktuell deutlich depressive Symptomatik feststellt.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält.

Die Berufung ist nicht begründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der hier statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 23. Juli 2009 ablehnende Bescheid vom 3. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Januar 2010. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei ihm Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).

Das SG hat eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Klägerin zutreffend den Sachverständigengutachten des Dr. Wil. und des Dr. Ba. entnommen. Ebenso hat es im Wege des Urkundenbeweises auf das Gutachten des Dr. Br. Bezug genommen. Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten des Dr. Schw. hat diese Leistungsbeurteilung bestätigt. In erster Linie leistungseinschränkend sind die Erkrankungen der Klägerin auf nervenärztlichem Gebiet. Die Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet (ausgeprägte Bandscheibenprotrusion im Segment C4 bis C6 mit rezidivierenden rechtsbetonten Cervicobrachialgien, ohne neurologische Defizite, hypertrophes Muskuloskelettal-Syndrom der LWS mit deutlichen Bewegungsminderungen, Zustand nach Exzirpation eines gutartigen Fingertumors des vierten Fingers) wurden von dem Gutachter Dr. Wa. und dem behandelnden Orthopäden Dr. Hec. in ihren Auswirkungen derart bewertet, dass hier eine zeitliche Leistungseinschränkung sich nicht ableiten lässt. Als qualitative Leistungseinschränkungen ergeben sich daraus, dass Arbeiten mit Anheben, Tragen und Halten von Gewichten nur bis fünf kg, sitzende und gehende Tätigkeiten zu bevorzugen sind; stehende Tätigkeiten sollten vermieden werden ebenso wie Überkopfarbeiten, gebückte Haltungen und Arbeiten in Hockstellung. Auch das Besteigen von Gerüsten, Leitern und Arbeiten auf schwierigem, unebenem Untergrund sind nicht mehr zulässig.

Auch auf nervenärztlichem Fachgebiet sind die Auswirkungen der Erkrankungen nicht derart, dass daraus eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen folgt. Auf nervenärztlichem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer dysthymen Störung, an einer rezidivierenden depressiven Störung, die gegenwärtig remittiert ist und an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit ängstlich vermeidenden und abhängig-asthenischen Zügen. Dr. Schw. hat hier überzeugend dargelegt, dass diese Gesundheitsstörungen zu einer Minderung der Stressbelastbarkeit führen. Daher können Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung etwa durch erhöhten Zeitdruck oder durch unphysiologische psychovegetative Belastung (z.B. Nachtarbeit) durch die Klägerin nicht mehr erbracht werden. Auch Stressbelastungen durch erhöhte Verantwortung für Personen und Sachwerte oder durch andauernd abverlangte hohe Aufmerksamkeitsleistung, z.B. Steuerung komplexer Prozesse oder Kontrollaufgaben mit der Notwendigkeit sofortigen Eingreifens, sind ausgeschlossen. Eine stressbezogene Überforderung der Klägerin würde das Risiko der Auslösung gravierender depressiven Störungen anheben. Die sozialen Kompetenzen werden vom Sachverständigen als persönlichkeits- und depressionsbedingt gemindert angesehen. Berufliche Tätigkeiten in unmittelbarem Kundenkontakt sind, so der Sachverständige, vor diesem Hintergrund zu vermeiden. Unter Berücksichtigung der genannten orthopädischen Erkrankungen hält der Sachverständige Dr. Schw. daher die Klägerin für in der Lage, Tätigkeiten ohne erhöhte Stressbelastung, ohne besondere Anforderungen an die sozialen Kompetenzen mit einem Heben, Tragen oder Heben von Lasten bis maximal fünf kg zu verrichten. Eine zeitliche Leistungseinschränkung bei Beachtung der genannten qualitativen Kriterien ist hingegen nicht gegeben. Hinweise auf erhebliche Einschränkungen der Motivations- oder Antriebsfunktionen sowie eine erhöhte Ermüdbarkeit hat der Sachverständige nicht feststellen können. Diese Leistungsbeurteilung steht in Übereinstimmung des Gutachtens des Arztes des Vertrauens der Klägerin Dr. Ba. vom 20. Oktober 2011 sowie des Dr. Wil. vom 18. Januar 2011. Die Auffassung des Facharztes Wo., Klinik GB, ist nicht überzeugend. Er hat in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. Schw. sowie der Sachverständigen Dr. Wil. und Dr. Ba. ebenso eine Dysthymia sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung festgestellt. Ebenso hat der Arzt Wo. in Übereinstimmung mit Dr. Schw. eine rezidivierende depressive Störung festgestellt, diese jedoch in seiner letzten Stellungnahme vom 17. September 2012 in der dortigen Ausprägung als gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome eingeordnet. Unter Berücksichtigung der Feststellungen des Dr. Schw. kann jedoch die von dem Arzt Wo. dargelegte weitgehende qualitative und quantitative Leistungseinschränkung nicht nachvollzogen werden. Sie begründet sich insbesondere nicht aus den von ihm selbst erhobenen Diagnosen, die im Wesentlichen mit denen des Dr. Schw. übereinstimmen. Dr. Schw. hat in seinem Sachverständigengutachten erhebliche Verdeutlichungstendenzen in Bezug auf neurologische, anamnestische und affektive Symptome dargelegt. Eine kritische Würdigung der Beschwerdeangaben der Klägerin findet sich in den Stellungnahmen des Arztes Wo. aber nicht, weshalb die von ihm angegebene Leistungseinschränkung für den Senat unter Berücksichtigung der Ausführungen des Dr. Schw. nicht nachvollziehbar ist. Anlässlich des von Dr. Schw. durchgeführten Beschwerdevalidierungsverfahrens WMT hat die Klägerin extrem niedrige Leistungen bei der Prüfung des verbalen Gedächtnisses erzielt. Diese erzielten Leistungen haben jedoch unter dem Leistungsniveau gelegen, welches die Klägerin durch rein zufälliges Antwortverhalten, also ohne jegliche mentale Anstrengungsleistung überhaupt hätte erzielen können. Zusammenfassend - unter Zugrundelegung aller Testverfahren - hat der Sachverständige Dr. Schw. dargelegt, dass sich hier eine ganze Reihe von Befunden ergeben haben, die für eine nicht unerhebliche negative Antworttendenz und instruktionswidrige Anstrengungsminderleistung spricht. Unter Berücksichtigung sämtlicher Angaben der Klägerin konnte auch eine schwere depressive Erkrankung jedoch nicht festgestellt werden. Unter Berücksichtigung der bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen und in deren Zusammenschau ist der Senat somit zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, zumindest leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den dort üblichen Bedingungen sechs Stunden an fünf Tagen in der Woche zu verrichten.

Damit liegen die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, einer teilweisen Erwerbsminderung sowie einer teilweisen Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht vor. Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt und hat zuletzt in ihrem versicherungspflichtig ausgeübten Beruf (Beschriftung von Verkehrsschildern) lediglich angelernte Tätigkeiten verrichtet. Somit ist die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen. Aus den genannten qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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