L 9 U 2902/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 4100/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 2902/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner Hauterkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).

Der 1957 geborene Kläger war ausweislich seiner im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben (Erklärung vom 05.11.2005, Bl. 21 Verwaltungsakte der Beklagten - VA) im Jahr 1973 zunächst als Mechaniker beschäftigt, dann von 1973 bis 1974 in einer Schreinerei. Hieran schloss sich von 1974 bis 1976 eine Beschäftigung als Bauarbeiter bei einer Fertighausfirma an. Der Kläger war zuletzt vom 07.04.1976 bis zum 30.06.2009 (vgl. insoweit die Angabe des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz v. 29.09.2009, Bl. 56 SG-Akte) bei der Firma E., vormals Firma K. in U., als Hilfskraft beschäftigt. Ausweislich des Berichts des Präventionsdienstes (PD) der Beklagten vom 13.03.2006 (Bl. 51 VA) führte er von 1982 bis 1992 selbst Spritzlackierarbeiten in be- und entlüfteten Lackierkabinen durch. Von 1992 bis Oktober 2003 besserte er überwiegend Fehlstellen an Fahrzeugen mittels Pinsel aus, wusch angelieferte Rohkarossen, klebte nicht zu lackierende Teile am Fahrzeug mit Papier und Klebeband ab und entfernte dieses Papier nach der Lackierung wieder. Es handelte sich um Arbeiten, welche auch in ergonomisch ungünstigen Körperhaltungen auszuüben und mit dem Hantieren von Papierrollen mit einem Gewicht von bis zu 10 kg verbunden waren. Nachdem der Kläger diese Arbeiten aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr durchführen konnte, wurde er im Oktober 2003 versetzt (PD-Bericht vom 13.03.2006, Bl. 51 ff. VA, ebenfalls Klagebegründung vom 29.09.2009, Bl. 49 SG-Akte) und arbeitete fortan bis zum 04.12.2005 im zweiwöchigen Wechsel in der Nahtabdichtung und der Waschbox (vgl. E-Mail des Betriebsarztes Dr. F. v. 07.09.2005, Bl. 60 SG-Akte, PD-Bericht a.a.O.). In der Waschbox hatte der Kläger die Rohkarossen manuell mittels einer Hochdruckreiniger-Lanze mit Wasser, dem in geringer Menge ein wässriger Reiniger zugesetzt war, abzusprühen. In der Nahtabdichtung hatte der Kläger alle Schweißnähte am Fahrzeug mit Nahtabdichtungsmasse einzustreichen (Vorarbeiten vor der Grundierung). Der Auftrag erfolgte drucklos mittels Lanzen. Zur Verwendung kam hierfür die hochviskose Nahtabdichtungsmasse Körapur 220 der Firma Kömmerling, ein Polyoxadiazol mit Weichmachern in Methanol. Im Bereich der Dachfugenabdichtung kam eine Zweikomponenten-Abdichtmasse auf Polyurethanbasis mit einem isocyanathaltigen Härter zur Anwendung, zum Abdichten der Radkästen wurde das Produkt Terostat MS 9300 der Firma Teroson verwendet, welches ein 2.2.6.6-Tetramethylpiperidinderivat enthielt. In der Nahtabdichtung standen dem Kläger ein Einweg-Lackieranzug und Baumwollhandschuhe mit Nitril-Teilbeschichtung zur Verfügung, ebenfalls Hautmittel, welche von ihm auch benutzt wurden (PD-Bericht vom 13.03.2006, a.a.O.). Wegen anhaltenden Hautproblemen während der Tätigkeit in der Nahtabdichtung wurde der Kläger am 05.12.2005 in das Ersatzteillager versetzt. Dort hatte er keinen Kontakt zu Ölen, Fetten oder Chemikalien. Er hatte in der Packerei kleinere Ersatzteile in Kartons zu verpacken. Dort war er bis zu einer längeren Erkrankung nur wenige Tage tätig. Im Bericht vom 16.03.2006 führte der PD München der Beklagten aus, ein Einsatz in der Packerei sei wegen Wirbelsäulenbeschwerden nicht möglich, ein Arbeitsversuch an der sog. Auslaufbahn, wo die fertigen Pakete etikettiert würden, sei wegen mangelnder Deutschkenntnisse gescheitert. Ausweislich der Angaben im PD-Bericht vom 16.03.2006 war der Kläger seit dem 09.12.2005 erkrankt; ausweislich des in der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten über den Arbeitsunfall des Klägers vom 27.09.2007 (Az. 200702205347) enthaltenen Vorerkrankungsverzeichnisses der D. seit dem 15.12.2005. Es bestand in der Folgezeit Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.03.2006, dann wieder durchgehend vom 11.04.2006 bis zum 08.08.2007. Seit dem 11.06.2007 (vgl. Schreiben des Klägerbevollmächtigten v. 08.06.2007, Bl. 75 VA) führte der Kläger eine stufenweise Wiedereingliederung durch, und zwar im Bereich der Nahtabdichtung. Im Bericht vom 09.07.2007 (Bl. 82 VA) über den Besuch am Arbeitsplatz des Klägers vom 05.07.2007 führte die Mitarbeiterin des PD M., H., aus, der Kläger führe u.a. aufgrund anderer gesundheitlicher Probleme nur Abdichtarbeiten im unteren Bereich des Fahrzeugs durch, welche in ergonomisch günstiger Körperhaltung ohne Überkopfarbeiten erfolgen könnten. Es bestehe nur noch Kontakt zur Abdichtungsmasse Körapur 220. Die Abdichtung der Radkästen und Dachfugen werde von Kollegen übernommen. Der Kläger habe über seiner Arbeitshose eine Einweg-Lackiererhose und Baumwollhandschuhe getragen, die er täglich wechsele. Er nutze teilweise die in Spendern im Arbeitsbereich angebotenen Hautschutz- und Pflegecremes. Der Kläger arbeitete vom 08.08.2007 bis zum 27.09.2007 vollschichtig. Am 27.07.2007 erlitt er einen Arbeitsunfall, als er um 20.45 Uhr beim Heraussteigen aus einem Omnibusgerippe, in welchem er Abdichtarbeiten verrichtete, nach hinten stürzte und mit dem Kopf anschlug (Unfallanzeige der Firma E. GmbH vom 16.10.2007). Er befand sich dann vom 27.09.2007 bis 12.10.2007 in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum U., und - bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit - vom 22.10.2007 bis 24.11.2007 zur neurologischen Rehabilitationsbehandlung in der Fachklinik I. (Bericht vom 28.11.2007, Bl. 62 der Verwaltungsakte zum Arbeitsunfall vom 27.09.2007). Auch nach deren Beendigung bestand beim Kläger Arbeitsunfähigkeit fort (vgl. Bericht des Besuchsdienstes vom 10.01.2008, Bl. 108 f. der Verwaltungsakte zum Arbeitsunfall vom 27.09.2007, ebendort auch Bericht des Universitätsklinikums U. vom 06.02.2008, Bl. 118). Der Versuch einer stufenweisen Wiedereingliederung scheiterte am 15.05.2008 (Schreiben der Firma E. vom 15.05.2008, Bl. 62 SG-Akte). Zu einer erneuten Arbeitsaufnahme kam es danach nicht mehr. Der Kläger gab gegenüber Prof. Dr. von A. im Rahmen einer Begutachtung im SG-Verfahren (S 10 U 3254/08) wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.09.2007 an, dass ihm gekündigt worden sei, nachdem er nach dem Unfall nicht mehr habe arbeiten können (Gutachten vom 30.10.2009, Bl. 43 ff. SG-Akte).

Am 22.04.2004 gelangte ein Bericht der behandelnden Hautärztin Dr. W. zur Akte der Beklagten. Der Kläger habe sich hiernach am 13.04.2004 erstmals bei ihr vorgestellt und berichtet, dass erstmals im Oktober 2003 an Armen und Beinen eine Hauterkrankung aufgetreten sei. Eine ärztliche Behandlung sei deswegen nicht erfolgt; zudem habe wegen der Erkrankung keine Arbeitsunfähigkeit bestanden und bestehe nicht. Eine Epikutantestung auf vom Kläger mitgebrachte Substanzen (Silicon, Reinigungsmittel, Sika Handclean, Spritzbare Nahtabdichtung, Körapop ZK Kleber) ergab keine allergische Reaktion. Als Befund beschrieb sie: Flächige schuppende Erytheme i.S.v. Streureaktionen an Händen und Unterarmen beidseits. Diagnostisch äußerte sie den Verdacht auf ein allergisches Kontaktekzem, verschrieb eine Glukokortikoisteroidcreme, und empfahl die Verwendung pflegender Externa und von Schutzhandschuhen. Ein Anhalt für eine beruflich bedingte Hauterkrankung bestehe wegen deutlicher Verschlechterung des Hautbefundes während der Arbeitszeiten und Verbesserung in arbeitsfreier Zeit.

Mit weiterem Hautarztbericht über eine Untersuchung vom 04.07.2005 teilte Dr. W. mit, der Kläger habe angegeben, die Hauterkrankung sei zum ersten Mal vor einem Jahr aufgetreten, und zwar am ganzen Körper. Epikutantestungen auf Konservierungsmittel, Schutzkleidung, Standard Gummi, Desinfektionsmittel, Lack/Plastik seien jeweils negativ gewesen, eine Pricktestung (Aeroallergene/Nahrungsmittel) sei ebenfalls negativ ausgefallen. Sie beschrieb den am 25.04.2005 erhobenen Befund mit "an den Armen und Beinen des Klägers ausgeprägte schuppende Erytheme".

Hierauf leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren zum Vorliegen einer Berufskrankheit nach Ziff. 5101 der Anlage 1 zur BKV ein.

Unter dem 10.08.2005 berichtete der Betriebsarzt Dr. F., der Kläger habe ihn erstmals am 22.01.2004 wegen juckender Rötungen beider Unterarme und Unterschenkel aufgesucht, welche im November 2003 eingesetzt hätten, nachdem er im Oktober 2003 an einen anderen Arbeitsplatz (Nahtabdichtung) versetzt worden sei. In den vor dem Praxisbesuch liegenden Weihnachtsferien seien die Beschwerden vollkommen abgeklungen. Der Kläger sei daraufhin an einen Hautarzt überwiesen worden. Aus der Allergietestung der Praxis Dr. W. gehe hervor, dass trotz einer Testung auch von Arbeitsstoffen kein spezifisches Allergen als Auslöser identifiziert hätte werden können. Wegen zusätzlicher Erkrankungen des Klägers habe es dann Verzögerungen bei der Diagnostik gegeben. Er habe den Kläger dann am 12.04.2005 erneut gesehen, wieder mit den beschriebenen juckenden Rötungen an beiden Unterarmen, Unterschenkeln und den Ohrmuscheln. Da er keinen Hautarztbefund habe beibringen können, sei eine neuerliche Einbestellung auf den 10.5.2005 und auf den 21.06.2005 erfolgt, wo jeweils ebenfalls keine Hautarztbefunde vorgelegt worden seien. Allerdings habe der Kläger berichtet, dass er nach jetzt vier Wochen Urlaub völlig beschwerdefrei gewesen sei. Dies habe auch die Inspektion der vormals betroffenen Hautstellen bestätigt. Am 07.09.2005 habe der Kläger dann den Hautarztbefund beigebracht, in welchem kein spezifisches Allergen für die wieder auftretende Hauterkrankung identifiziert worden sei. Der Kläger habe ihm berichtet, in der Waschbox, wo er im zweiwöchigen Wechsel mit der Nahtabdichtung eingesetzt sei, keinerlei Probleme zu haben. Sofort bei Arbeitsaufnahme in der Nahtabdichtung würden diese auftreten. Er habe bei den Vorgesetzten des Klägers wegen Verdachts auf eine arbeitsbedingte Hauterkrankung einen Arbeitsplatzwechsel empfohlen. Der Kläger sei ihm jetzt zur arbeitsmedizinischen Beurteilung im Hinblick darauf vorgestellt worden. Neben der schweren und wiederholten Rückfälligkeit erfolge nun auch die Aufgabe der Tätigkeit als Lackierer.

Der Kläger selbst gab am 05.11.2005 an, Hautveränderungen zu haben, seitdem er in der Abteilung Abdichtung arbeite, vorher nicht. Die Beklagte zog von der D. ein Vorerkrankungsverzeichnis bei. Hieraus und aus dem in der der Verwaltungsakte zum Arbeitsunfall vom 27.09.2007 enthaltenen weiteren Vorerkrankungsverzeichnis (dort Bl. 39 ff.) geht hervor, dass der Kläger nach seiner Versetzung im Oktober 2003 vom am 28.11.2003 wegen essentieller Hypertonie arbeitsunfähig erkrankt gewesen ist, vom 04.02.2004 bis 05.03.2004 wegen "Sonst. Spondylose", vom 18.05.2004 bis 28.05.2004 wegen eines akuten Myokardinfarktes, vom 16.06.2004 bis 15.07.2004 wegen orthopädischer Erkrankungen, vom 02.03.2005 bis 11.03.2005 wegen einer Grippe, vom 21.11.2005 bis 26.11.2005 wegen chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, vom 16.01.2006 bis 19.03.2006 wegen einer depressiven Episode, vom 11.04.2006 bis 08.08.2007 wegen multipler Diagnosen (u.a. rezidivierende depressive Störung, mittelgradige Episode), welche sämtlich nicht dem hautärztlichen Fachgebiet zuzuordnen sind, und ab dem 27.09.2007 wegen einer Schädeldachfraktur.

Der behandelnde Hausarzt Dr. E. gab am 09.03.2006 an, der Kläger habe ihn erstmals im November 2003 wegen schuppender, juckender Erytheme der Haut aufgesucht. Es hätten an den Unterarmen und Unterschenkeln beidseits schuppende Ekzemherde bestanden, weshalb er in 2004 und 2005 über Wochen hinweg Arbeitsunfähigkeit bescheinigt habe. Diagnostiziert habe er ein allergisches Kontaktekzem durch chemische Produkte.

Auf Nachfrage gab der Kläger mit einem am 06.04.2006 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben (Bl. 59 VA) an, er sei seit drei Monaten hauterscheinungsfrei. Die Hauterscheinungen beschrieb er als im Nacken-, Ellenbogen- und Wadenbereich liegende flüssigkeitsbildende Risse, welche sich vergrößerten und zugleich zu Juckreiz geführt hätten.

Mit Bericht vom 15.05.2006 (Bl. 61 VA) teilte Dr. W. mit, der Kläger habe sich zuletzt am 12.05.2005 vorgestellt. Auf Frage, in welchen Zeiträumen wegen der Hauterkrankung Behandlungsbedürftigkeit bestanden habe, gab sie an: "Ab dem 26.01.2004, 25.04.2005, 12.05.2005." Die Frage, ob der Kläger zwischenzeitlich wegen der Hauterkrankung arbeitsunfähig gewesen sei, verneinte sie.

Mit Hautarztbericht vom 11.04.2007 über eine Untersuchung des Klägers vom 10.04.2007 teilte die Hautärztin Dr. W. mit, der Hautbefund sei nicht zufriedenstellend. Der Kläger sei seit ca. einem Jahr krankgeschrieben aufgrund von Depressionen. Sie beschrieb Rötungen der Oberarme und Unterarme streckseitig sowie der Unterschenkel beidseits, ferner Juckreiz an den Beinen. Sie stellte die Diagnose eines kumulativ-subtoxischen Handekzems und äußerte den Verdacht auf allergische Kontaktdermatitis durch sonstige chemische Produkte. Eine Behandlung erfolge durch Lokaltherapie (Optiderm Creme und eine Triamcinolonacetonid enthaltende Creme). Eine Aufgabe der derzeit ausgeübten Tätigkeit erscheine nicht erforderlich.

Mit Hautarztbericht vom 09.05.2007 über eine Untersuchung des Klägers vom 08.05.2007 teilte Dr. W. mit, es bestünden nur noch diskrete Ekzeme an den Unterschenkeln und Händen. Der aktuelle Hautbefund sei gut. Der Kläger sei seit 2006 krankgeschrieben. Eine Behandlung erfolge weiterhin mit Lokaltherapie.

In einer vom Kläger selbst vorgelegten Ärztlichen Bescheinigung zur Vorlage bei der Krankenkasse vom 12.06.2007 (Bl. 77 VA) führte die Hautärztin Dr. W. aus, seit Dezember 2003 hätten sich schuppende Erytheme an den Unterarmen und Beinen des Klägers gezeigt, welche rezidivierend aufträten und sich während der Arbeitszeit verschlechtert hätten. Unter Lokalbehandlung mit steroidhaltigen Externa und harnstoffhaltigen Pflegeprodukten habe sich eine Besserung, jedoch keine vollständige Abheilung der Hautveränderungen gezeigt.

Mit weiterem Hautarztbericht vom 08.06.2007 (Bl. 79 VA) teilte Dr. Wimmerhoff den Befund einer Schuppung und Rötung links gluteal und am linken Handrücken mit. Es werde weiterhin lokaltherapeutisch behandelt. Der Kläger beginne ab der 24. Kalenderwoche wieder zu arbeiten. Eine Aufgabe der derzeit ausgeübten Tätigkeit erscheine nicht erforderlich.

Ausweislich des Berichts des PD v. 09.07.2007 (Bl. 82 VA) habe sich nach Angaben des Klägers der Hautzustand seit Aufnahme der Tätigkeit im Betrieb verschlechtert; am 05.07.2007 sei die Haut des Klägers im Bereich des rechten Unterschenkels stark ausgetrocknet gewesen; im Bereich der Hände und Arme seien kleinere ausgetrocknete Areale sichtbar gewesen.

Mit weiterem hautärztlichem Bericht vom 12.07.2007 (Bl. 86 VA), erstattet aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 10.07.2007, führte Dr. W. aus, der aktuelle Hautbefund sei nicht zufriedenstellend. Sie beschrieb eine Schuppung und Rötung links gluteal, am linken Handrücken und Unterarm (dort unscharf begrenzt, wenig schuppende Erytheme). Es werde weiterhin lokaltherapeutisch behandelt. Eine Aufgabe der derzeit ausgeübten Tätigkeit erscheine nicht erforderlich.

Ausweislich des Verlaufskontrollberichts des PD vom 06.08.2007 aufgrund eines Besuchs vom 02.08.2007 habe ein unveränderter Hautzustand bestanden. Die Hände seien beschwerdefrei, es bestünden stark ausgetrocknete Flecken am Unterschenkel, ferner eine Hautrötung im Bereich beider Unterarme (Arbeitszeit derzeit sechs Stunden pro Tag).

Mit hautärztlichem Bericht vom 03.09.2007 (Bl. 90 VA), erstattet aufgrund einer Untersuchung des Klägers vom 06.08.2007, führte Dr. W. aus, der aktuelle Hautbefund sei nicht zufriedenstellend. Beschrieben wurden numuläre Ekzemherde gluteal, ferner eine Schuppung und Ekzemherde an den Unterarmen und Händen (Finger- und Handrücken).

Im Verlaufskontrollbericht des PD vom 13.09.2007 aufgrund eines Besuchs vom 12.09.2007 wurde angegeben, Unterschenkel und Hände des Klägers seien beschwerdefrei. Im Bereich der Unterarme bestünden zwei bis drei aufgekratzte Partien; der Kläger habe über beginnenden Juckreiz im Bereich der Unterarme geklagt.

Im Verlaufskontrollbericht des PD vom 26.09.2007 aufgrund eines Besuchs vom vorangegangenen Tag wurden Hautveränderungen im Bereich beider Unterarme und am Hals (trockene Haut) beschrieben. Darüber hinaus bestehe an beiden Unterschenkeln je ein geröteter Fleck. Nach Angaben des Klägers bestehe verstärkter Juckreiz. In einem Gespräch in Anwesenheit des Betriebsarztes habe der Kläger die Einschätzung geäußert, die Tätigkeit im Bereich der Nahtabdichtung auch aufgrund der anderen gesundheitlichen Einschränkungen auf Dauer nicht durchführen zu können. Die Betreuung durch den PD werde beendet, da mit Hautmitteln keine Besserung der Beschwerden erreicht werden könne.

Mit Formulargutachten vom 25.02.2008 (Bl. 101 ff. VA) kam der leitende Oberarzt der Klinik für Dermatologie und Allergologie des Universitätsklinikums U., PD Dr. W., zu der Schlussfolgerung, es bestehe ein Anhalt für eine beruflich bedingte Erkrankung, da es in der arbeitsfreien Zeit zu einer deutlichen Besserung, sowie während der Arbeit zu einer deutlichen Verschlechterung der Ekzeme gekommen sei. Die Hauterscheinungen träten an Handrücken, Unterarmen und Beinen auf. Im Januar 2004 seien sie zum ersten Mal aufgetreten. Zwei Rezidive wurden bejaht; unter "Datum" findet sich der Eintrag: "Nicht genau vom Patient benennbar." (Bl. 103 VA). Unter dem Gliederungspunkt "Schwere der Hauterkrankung" kreuzte PD Dr. W. von mehreren Alternativen "HE geht über Kontaktorgan hinaus" und "Rezidivfreudigkeit" an. Anamnestisch handele es sich am ehesten um ein hämatogen-streuendes Kontaktekzem, jedoch habe in den durchgeführten Epikutantestungen keine Typ-IV-Sensibilisierung nachgewiesen werden können. Zusätzlich bestehe eine irritativ-toxische Komponente.

Dem vermochte sich der Beratungsarzt der Beklagten, Dr. S., nicht anzuschließen und führte in seiner Stellungnahme vom 27.03.2008 (Bl. 116 f. VA) aus, seine U. Kollegen gingen von der Tatsache aus, dass der Kläger in arbeitsfreien Zeiten beschwerdefrei gewesen sei, was nachweislich - insbesondere zwischen dem 11.04.2006 und dem 08.08.2007 - nicht der Fall gewesen sei. In diesem Zeitraum seien Hauterscheinungen dokumentiert worden, so dass auch nach mehr als einjähriger Arbeitsunfähigkeit die Hauterscheinungen fortbestanden hätten. Da die Verdachtsdiagnose allergisches Kontaktekzem vor allem auf der Annahme der Beschwerdefreiheit in arbeitsfreien Zeiten beruhe, könne er sich der Annahme eines hämatogen streuenden Kontaktekzems nicht anschließen. Tätigkeitsrelevante Sensibilisierungen hätten in allen bislang durchgeführten Testungen nicht nachgewiesen werden können. Dagegen sei nachvollziehbar auf Basis der Erlanger Atopiekriterien eine wahrscheinlich atopische Hautdiathese festgestellt worden, welche im Vordergrund stehe. Eine wesentliche Verschlimmerung durch berufliche Einflüsse sei nicht ausreichend belegt.

Mit gewerbeärztlicher Stellungnahme vom 15.05.2008 (Bl. 118 VA) kam die Gewerbeärztin Dr. H. zu dem Ergebnis, zwar sei die Erkrankung berufsbedingt, werde jedoch nicht zur Anerkennung vorgeschlagen, da der Kläger die schädigende Tätigkeit bisher nicht aufgegeben habe. Der Kläger leide seit mehreren Jahren an Hauterscheinungen, die nicht nur an den Händen, sondern auch an übrigen Körperstellen aufträten. Der Verlauf der Erkrankung sei zeitlich arbeitsabhängig. Es gebe durchaus Zeiten, in denen der Versicherte hauterscheinungsfrei sei (siehe Seite 59: Seit drei Monaten hauterscheinungsfrei). Der Kläger werde auch innerhalb des Betriebes immer wieder an Arbeitsstellen versetzt, an denen die Hauterscheinungen deutlich besser seien. Da er aber die schädigende Tätigkeit insgesamt noch nicht aufgegeben habe, werde eine BK nach Ziffer 5101 nicht zur Anerkennung vorgeschlagen. Dr. H. schlug vor, den Kläger an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen.

Mit Bescheid vom 10.06.2008 (Bl. 120 VA) lehnte die Beklagte die Anerkennung der beim Kläger bestehenden Hautveränderungen als Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Berufskrankheiten-Liste sowie die Gewährung von Leistungen aufgrund dessen einschließlich Leistungen oder Maßnahmen, die geeignet sind, dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegenzuwirken, ab. Es liege eine Hauterkrankung mit wechselhaften Verlauf vor, welche nicht wesentlich durch die berufliche Tätigkeit des Klägers verursacht sei. Dies zeige sich neben einer fehlenden Sensibilisierung gegenüber Berufsstoffen daran, dass es beim Kläger auch in Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, in welchen kein Kontakt zu den Berufsstoffen bestanden habe, zu Hautveränderungen gekommen sei. Die im Verlauf der Untersuchung im Universitätsklinikum U. festgestellte atopische Hautdiathese bedeute, dass die Haut des Klägers auf jegliche Hautbelastung schneller reagiere, da eine anlagebedingte Minderbelastbarkeit gegeben sei. Damit besteht grundsätzlich auch während der beruflichen Tätigkeit die Möglichkeit, dass Hautausschläge aufträten. Bei konsequenter Anwendung geeigneter hautprophylaktischer Mittel und einer regelmäßigen Pflege der Haut sei jedoch nicht damit zu rechnen, dass bei einer weiteren Ausübung der Tätigkeit eine Berufskrankheit entstehe.

Mit Widerspruch vom 20.06.2008 verwies der Kläger auf die Aussage des Betriebsarztes, wonach es sich um eine schwere Erkrankung handele, die zu einer wiederholten Rückfälligkeit führe. Die behandelnden Hautärzte hätten bestätigt, dass bei Wiederaufnahme der Arbeit erneut Hautveränderungen aufgetreten seien. Nach längerer Zeit der Arbeitsunfähigkeit hätten sie am 09.05.2007 einen "derzeit guten aktuellen Hautbefund" festgestellt (Besserung während der arbeitsfreien Zeit). Nach Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit sprächen die Hautarztberichte vom 12.07.2007 und 03.09.2007 von einem nicht zufriedenstellenden Hautbefund. Die Berichte der Hautärzte, das Universitätsklinikum Ulm und das Regierungspräsidium hätten bestätigt, dass die Krankheit berufsbedingt sei. Entscheidend sei, dass sich gegen Ende der Arbeitsunfähigkeit eine Besserung des Hautbefundes eingestellt habe, sich jedoch einen Monat nach Wiederaufnahme der Tätigkeit dieselben Hautleiden wieder eingestellt hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2008 (Bl. 133 VA) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, dass aufgrund des wechselhaften Krankheitsverlaufes, der anlagebedingten Hautüberempfindlichkeit auf Reize aller Art (atopische Hautdiathese), des Fehlens eines Nachweises einer Sensibilisierung gegenüber Berufsstoffen und des Umstandes, dass die Hauterscheinungen trotz langer Arbeitsplatzabwesenheit nicht vollständig abgeheilt seien, nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, dass die Hauterkrankung des Klägers durch berufliche Einflüsse verursacht oder richtunggebend verschlimmert worden sei. Die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs sei aber grundsätzlich nicht ausreichend für die Anerkennung einer Berufskrankheit bzw. die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Gegen den am 06.11.2008 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 21.11.2008 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Beim Kläger seien allein während seiner Arbeitstätigkeit im Bereich Nahtabdichtung Hautveränderungen aufgetreten, während sich der Hautzustand in arbeitsfreien Phasen und während der Tätigkeit in der Waschbox wieder gebessert habe. Die Berichte der Hautärzte seien durchweg von einer beruflich verursachten Hauterkrankung ausgegangen. Entscheidend sei jedoch, dass sich gegen Ende der Arbeitsunfähigkeit eine Besserung der Haut eingestellt habe, bereits einen Monat nach Wiederaufnahme der Tätigkeit dieselben Hautleiden aber wieder eingestellt hätten. Im Übrigen sei nach mehrjähriger Exposition gegenüber gesundheitsgefährdenden Stoffen auch die Rekonvaleszenzdauer länger.

Die Beklagte hat auf die Begründung ihres Widerspruchsbescheides und den Inhalt ihrer Akten verwiesen.

Das SG hat bei dem Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Phlebologie und Allergologie Prof. Dr. P. ein am 12.08.2009 erstattetes hautfachärztliches Gutachten eingeholt. Er beschrieb eine Iktusreaktion am rechten Oberarm, Ekzematide am Knöchel der linken Hand, am dorsalen Oberschenkel sowie am linken Innenknöchel. Ferner beschrieb er eine Hyperlinearität der Handflächen, welche sich an den Füßen nicht finde. Darüber hinaus zeige sich eine Insuffizienz der Vena saphena magna links mit einer mäßiggradigen Stauungsdermatitis des linken Unterschenkels. Im Pricktest hätte sich insgesamt ein völlig unauffälliger Befund gezeigt. Der spezifische IgE habe unauffällige Befunde gezeigt. In der Epicutan-Testreihe hätte sich auf sämtliche untersuchten Testsubstanzen keine verwertbare positive Reaktion gezeigt. Er kam zu der Schlussfolgerung, aktuell seien spezifische Hauterkrankungen, namentlich Ekzematide der Hände und Unterarme definitiv nicht vorhanden. Es zeige sich lediglich ein leichtes Ekzem an den Fingerknöchel und an beiden Außenflächen der Sprunggelenke. Die Ekzematide der Unterschenkel seien im Sinne einer Stauungsdermatitis bei Varikosis zu interpretieren und definitiv nicht mit der beruflichen Tätigkeit assoziiert. Nachdem sich bei den durchgeführten allergologischen Testungen keinerlei Sensibilisierungen feststellen lassen hätten, könne nicht von einer allergischen Berufskrankheit im Sinne eines allergischen Kontaktekzems auf einen Berufsstoff ausgegangen werden. Hinsichtlich der Frage einer atopischen Dermatitis seien die Angaben in den Gutachten sowie die Befragung des Klägers sehr unterschiedlich und widersprüchlich. Nachdem nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass auch während der arbeitsfreien Zeit Hauterscheinungen aufgetreten seien, welche aktuell auch nach vier Jahren, in denen der Kläger bereits in Rente sei, nach wie vor persistierten bzw. immer wieder aufträten und es sich zumindest bei einem Teil dieser Veränderungen definitiv nicht um beruflich bedingte Hautveränderungen handele, könne ein hinreichender Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit mit Wahrscheinlichkeit nicht hergestellt werden. Ein Zwang zur Unterlassung von Tätigkeiten habe auf der Basis der von ihm erhobenen Befunde nicht bestanden. Eine Berufskrankheit Nr. 5101 bestehe nicht. Abschließend empfahl der Gutachter eine internistische Begutachtung zum Ausschluss einer beruflich erworbenen Lebererkrankung.

Hiergegen hat der Kläger unter anderem eingewandt, er sei noch bis 2008 in dem Betrieb beschäftigt gewesen. Demgegenüber gehe der Gutachter von der irrigen Annahme aus, dass der Kläger bereits seit 2005 berentet sei.

Hierzu hat Prof. Dr. P. mit Stellungnahme vom 23.11.2009 ausgeführt, er habe die Aussage, dass sich der Kläger seit vier Jahren in Frührente befinde, welche sich aus der Eigenanamnese und Fremdanamnese des Sohnes ergeben hätte, nicht weiter überprüft. Er hat seine Schlussfolgerungen im Ergebnis bestätigt gesehen. Offenbar sei es nicht einmal unter beruflicher Exposition zu entsprechenden spezifischen Hautveränderungen im Sinne einer Kontaktallergie gekommen. Hierdurch erhärte sich die getroffene Feststellung, dass die beschriebenen Hautveränderungen keinen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit aufwiesen.

Mit Urteil vom 17.05.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und sich maßgeblich auf das Gutachten des Professor Prof. Dr. P. gestützt. Für die Anerkennung einer Berufskrankheit sei der Umstand, dass der Kläger unter einer empfindlichen Haut zu leiden scheine, nicht ausreichend. Gegen eine berufliche Verursachung der Hauterkrankung des Klägers sprächen, dass allergologische Testungen auf Berufsstoffe negativ verlaufen seien, während der langen Zeit der Arbeitsunfähigkeit des Klägers ebenfalls Hautveränderungen festzustellen gewesen seien und es auch nicht zu einer zeitnahen Abheilung gekommen sei, nachdem der Kläger nicht mehr am Arbeitsplatz tätig gewesen sei, ferner die Hautveränderungen an Körperstellen aufgetreten seien, an denen kein direkter Kontakt mit beruflichen Stoffen bestanden habe.

Gegen das ihm am 09.06.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.06.2010 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die am 11.04.2007 beginnende Verlaufskontrolle nach ca. einem Jahr Arbeitsunfähigkeit habe ergeben, dass die Hautirritationen, die während der Arbeitsunfähigkeit abgeklungen seien, mit Aufnahme der Tätigkeit wieder aufgetreten seien. Dies hätten die Verlaufskontrollen der Beklagten bestätigt. Vom Universitätsklinikum U. sei die Hauterkrankung als schwer definiert worden, nachdem sie über das Kontaktorgan hinausgehe und eine Rezidivfreudigkeit vorliege. Dort seien ein kumulatives-irritatives toxikologisches Kontaktekzem und ein chronisch-allergisches Kontaktekzem diagnostiziert worden; ein atopisches endogenes Ekzem sei ausgeschlossen worden, ebenso eine außerberufliche Hauterkrankung. Dr. S. sei bei seiner Stellungnahme irrig davon ausgegangen, dass der Kläger zwischen dem 11.04.2006 und dem 08.08.2007 durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei. Dabei sei der Kläger seit dem 11.06.2007 wieder an seinem alten Arbeitsplatz eingesetzt gewesen. Dies und die danach durchgeführten Verlaufskontrollen habe Dr. S. offensichtlich nicht berücksichtigt. Demgegenüber lasse die gewerbeärztliche Stellungnahme keinen Zweifel an dem Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankung und beruflicher Tätigkeit aufkommen. Der Gutachter Prof. Dr. P. sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger seit vier Jahren berentet sei. Nicht nachvollziehbar sei die Aussage in der ergänzenden Stellungnahme, dass es keinen Unterschied mache, dass der Kläger während der Zeit der Hauterkrankungen gearbeitet habe oder berentet gewesen sei. Es sei fraglich, ob vom SG eingeschätzt werden könne, wie schnell es zu einer Abheilung von Hautveränderungen kommen müsse, wenn der Kläger nicht mehr am Arbeitsplatz tätig sei, um dies als Indiz gegen einen Ursachenzusammenhang zu werten. Aufgrund der langen Einwirkungszeit der gesundheitsgefährdenden Stoffe des Klägers bedürfe es zur Abheilung eines längeren Zeitraums. Das SG habe zudem gefordert, dass die Hautveränderungen nur an Körperstellen auftreten dürften, an denen ein direkter Kontakt mit beruflichen Stoffen bestehe. Dies aber führe dazu, dass bei Ausbreitung einer schweren Hauterkrankung über den ganzen Körper ein Ursachenzusammenhang zu verneinen sei, was offensichtlich nicht haltbar sei. Das Gutachten des Prof. Dr. P. sei weder schlüssig noch überzeugend, sondern widersprüchlich und nicht verwertbar. Das Gericht hätte ein weiteres Gutachten einholen müssen. Eine Atopie, also eine Überempfindlichkeit der Haut, sei im Gutachten des Universitätsklinikums Ulm ausgeschlossen worden, ebenso wie eine außerberufliche Hauterkrankung. Daher sei unklar, weshalb das SG angenommen habe, dass der Kläger eine empfindliche Haut habe. Entgegen der Auffassung des SG lägen auch zahlreiche Anhaltspunkte für einen Unterlassungszwang vor. Dies folge etwa aus dem Bericht des Dr. F. vom 28.10.2005 und der Stellungnahme der Gewerbeärztin.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Mai 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Juni 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2008 aufzuheben und festzustellen, dass bei ihm eine Berufskrankheit Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt und festzustellen, dass bei ihm hierdurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer eingetreten ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die verweist auf den Inhalt ihrer Akten, den Vortrag erster Instanz und die Entscheidungsgründe des Urteils des SG. Nachdem der Kläger weiterhin seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei, ohne hierbei unter spezifischen Hautveränderungen zu leiden, könne eindeutig nicht von einer beruflich bedingten Hauterkrankung ausgegangen werden. Insgesamt sei der Krankheitsverlauf für eine beruflich bedingte Hauterkrankung völlig untypisch. Ein kausaler Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit lasse sich nicht herleiten.

Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 19.06.2013, der Kläger mit Schreiben vom 08.08.2013, mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die SG-Akte und die Senatsakte sowie die ebenfalls beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten zum Arbeitsunfall des Klägers vom 27.09.2007, die SG-Akte S 10 U 3254/08 und die Berufungsakte L 9 U 3022/10 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und statthafte (§ 143 SGG) Berufung ist als Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1, 3 SGG, gerichtet auf Anerkennung der Hauterkrankung des Klägers als Berufskrankheit Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung, zulässig. Soweit der Kläger darüber hinaus noch beantragt hat, festzustellen, dass hierdurch eine MdE auf Dauer eingetreten ist, legt der Senat dieses Vorbringen dahingehend aus, dass diesem Antragsteil keine eigenständige Bedeutung zukommt (vgl. dazu Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28.04.2004 - B 2 U 21/03 R -, juris, Rn. 24, vgl. auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 55 Rn. 13b). Nur ergänzend ist daher auszuführen, dass anderenfalls die Berufung bereits deshalb unzulässig wäre, weil das SG angesichts des sachdienlichen und klar gefassten Antrages, welchen der Kläger durch seinen Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung am 17.05.2010 gestellt hat, über ein derartiges Begehren nicht entschieden hat. Für eine derartige Feststellung wäre im Übrigen auch kein Feststellungsinteresse ersichtlich, nachdem eine auf die Gewährung von Verletztengeld gerichtete Leistungsklage Vorrang hätte.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des SG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Hauterkrankung als Berufskrankheit Nr. 5101 Anl. 1 der BKV.

Rechtsgrundlage im vorliegenden Fall sind die Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), denn die vorliegend streitbefangene Hauterkrankung hat sich erstmals gegen Jahresende 2003 bemerkbar gemacht; seine Tätigkeit als Produktionshelfer bei der Firma E. GmbH hat der Kläger nach eigenen Angaben (Klagebegründung vom 29.09.2009, Bl. 48 [56] SG-Akte) zum 30.06.2009 aufgegeben. Ein potentieller Versicherungs- wie auch Leistungsfall liegt damit zeitlich nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 (Art 36 des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes, § 212 SGB VII), weshalb dessen Vorschriften Anwendung finden.

Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die Versicherte bei einer der in den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind, wobei sie auch bestimmen kann, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können. Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber mit Erlass der Anl. 1 zur BKV, die eine Liste der Berufskrankheiten enthält, Gebrauch gemacht.

Unter Berücksichtigung dessen ergeben sich bei einer in der Anl. 1 zur BKV aufgeführten Erkrankung (Listen-BK) in der Regel folgende tatbestandliche Voraussetzungen, die ggf. bei einzelnen Listen-BK einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale versicherte Tätigkeit, Verrichtung, Einwirkungen und Krankheit müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für den nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhang genügt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht jedoch die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges (vgl. BSG, Urteile vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, und vom 27.06.2006, B 2 U 20/04 R, in SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 m.w.N.). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernstliche Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O.).

Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: • beim Kläger muss eine Hauterkrankung vorliegen • diese muss schwer oder wiederholt rückfällig sein • sie muss durch Einwirkungen entstanden sein, denen der Kläger infolge seiner versicherten Tätigkeit ausgesetzt war • sie muss zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Zunächst ist festzustellen, dass beim Kläger eine Hauterkrankung vorliegt, und zwar Knöchelekzeme an Hand- und Sprunggelenken und ein Stauungsekzem der Unterschenkel linksbetont bei Insuffizienz der Vena saphena magna, insbesondere links, wie von Prof. Dr. P. in dessen Gutachten vom 12.08.2009 diagnostiziert. Bei der von diesem ebenfalls festgestellten Transaminasenerhöhung und Bilirubinerhöhung handelt es sich auch unter Zugrundelegung des weiten Begriffs der Hauterkrankung, wie ihn das BSG definiert hat (vgl. Urteil vom 28.04.2004 - B 2 U 21/03 R -, juris, Rn. 15 f.) nicht um eine Hauterkrankung. Es handelt sich dabei nicht um eine Erkrankung "im Bereich der Haut", sondern um eine Leberstörung.

Die festgestellte Hauterkrankung ist, wovon der Senat gestützt auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten des PD Dr. W. ausgeht, auch schwer. Die "Schwere" der Erkrankung ist nach dem klinischen Bild, dem Beschwerdebild, der Ausdehnung, dem Verlauf und der Dauer der Krankheit sowie der Ausprägung der beruflich verursachten Allergie zu beurteilen (vgl. Mehrtens/Brandenburg, Kommentar zur Berufskrankheiten-Verordnung, M 5101 S. 21 ff.). Anhaltspunkte für eine schwere klinische Symptomatik sind beispielsweise Bläschenschübe, Rötung, Erosionen, Superinfektionen, tiefe Rhagaden, Licheninfikationen, Juckreiz und Brennen, die Ausbildung der Hauterscheinungen über das Kontaktorgan hinaus und der Verlauf der Erkrankung im Hinblick auf Heilungstendenz und Rezidivneigung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 872 ff.). In der Rechtsprechung (vgl. BSGE 38, 19 ff.) wird eine berufliche Hauterkrankung auch dann als schwer betrachtet, wenn sie zwar in medizinisch nicht schwerer Erscheinungsform verlaufen ist, doch längere Zeit ununterbrochen bestanden hat und behandlungsbedürftig war. Dabei wird im Regelfall eine Dauer von mindestens sechs Monaten zu Grunde gelegt. Der Faktor Zeit darf aber nicht starr angewendet werden. Abhängig vom klinischen Erscheinungsbild ist bei leichten Hauterscheinungen ein längerer Zeitraum angemessen, bei mehr zu "Schwere" neigenden ein kürzerer. Der objektive Zwang zur Aufgabe der Beschäftigung allein genügt nicht zur Begründung der Schwere der Hauterkrankung (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1974 - 8/7 RU 9/72 - BSGE 38, 17 ff.).

Aufgrund der Mitbetroffenheit der Arme liegt eine Ausdehnung des Ekzems über das Kontaktorgan (vorliegend die Hände) hinaus vor. Zwar hat der Senat gewisse Zweifel an der Validität der Einschätzung von PD Dr. W., soweit dieser Rezidivfreudigkeit bejaht und sich dabei auf vage undatierte Angaben des Klägers bezogen hat, allerdings ist Erscheinungsfreiheit mit anschließendem Auftreten der Hauterscheinungen für drei konkret zu benennende Zeiträume zumindest konkret behauptet: So hat Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 28.10.2005 (Bl. 17 f. VA) gegenüber der Beklagten von Beschwerdefreiheit am Ende des Weihnachtsurlaubs 2003/2004 berichtet, allerdings nicht aufgrund eigener Feststellungen, sondern ausschließlich aufgrund der Angaben des Klägers; selbst hat er am 22.01.2004 juckende Rötungen an Unterarmen und Unterschenkeln festgestellt. Allein die Angabe völliger Beschwerdefreiheit nach vier Wochen Urlaub im Juni 2005 hat er selbst verifiziert ("Inspektion der vormals betroffenen Hautstellen"). Schließlich hat der Kläger mit am 06.04.2006 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben behauptet, dass seit drei Monaten (also seit ca. Anfang Januar 2006 bis Anfang April 2006) Hauterscheinungsfreiheit bestanden hat; allerdings fehlt es auch insoweit an einem ärztlichen Befund. Für die Beurteilung der Hauterscheinungen als "schwer" spricht zusätzlich, dass sich seit April 2004 bis zur letzten gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. P. im Juni 2009 - bis auf die genannten beschwerdefreien Zeiträume - behandlungsbedürftige Hauterscheinungen haben nachweisen lassen, welche auch mehrfach als juckend und schuppend beschrieben worden sind.

Allerdings ist die Hauterkrankung des Klägers nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beruflich verursacht. Wesentliche Kriterien bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs sind die Art und Intensität der beruflichen Einwirkungen, die Relevanz berufsspezifischer Sensibilisierungen für das Erkrankungsgeschehen, der Schwerpunkt der Lokalisation der Hauterscheinungen, der Erkrankungsverlauf vor, während und nach Beendigung der gefährdenden Tätigkeiten bzw. in belastungsfreien Intervallen und die Art und Intensität konkurrierender Einwirkungen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 871).

Obwohl Prof. Dr. P. in seinem Gutachten vom 12.08.2009 zunächst zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der Kläger bereits seit vier Jahren berentet ist, sind die Erwägungen, auf welche er seine Kausalitätsbeurteilung gestützt hat, für den Senat im Wesentlichen nachvollziehbar. So sind die bei der Untersuchung vom Juni 2009 als dermatologischer Hauptbefund im Vordergrund stehenden Ekzematide an den Unterschenkeln wesentlich verursacht durch eine Stauungsdermatitis bei Varikosis. Sie haben in mäßiggradiger Ausprägung noch im Juni 2009 bestanden, obwohl der Kläger seit dem 27.09.2007 bis auf einen missglückten Wiedereingliederungsversuch im Mai 2008 seine berufliche Tätigkeit im Bereich der Nahtabdichtung nicht mehr verrichtet hat.

Gegen eine Entstehung der von Dr. W. beschriebenen juckenden Rötungen bzw. Ekzemherde an Handrücken und Unterarmen aus wesentlich beruflicher Ursache spricht zunächst, worauf Prof. Dr. P. und Dr. S., dessen Stellungnahme vom 27.03.2008 der Senat im Urkundsbeweis verwertet hat, zu Recht hingewiesen haben, dass trotz umfangreicher Tests, welche Dr. W. im Februar 2004 und Mai 2005 (im Februar 2004 auch mit mitgebrachten Berufssubstanzen wie Nahtabdichtung und Kleber), Dr. I. im Auftrag von PD Dr. W. im Januar 2008 und Prof. Dr. P. im Juni 2009 durchgeführt haben, eine Sensibilisierung gegenüber Substanzen, mit denen der Kläger beruflich Umgang hatte, nicht nachgewiesen werden konnte.

Gegen eine wesentlich beruflich verursachte Entstehung oder Verschlimmerung spricht darüber hinaus der Krankheitsverlauf, soweit er zweifelsfrei nachweisbar ist. Nicht durch ärztliche Befunde belegt sind demgegenüber die vom Kläger und Dr. F. behaupteten Schwankungen im Zwei-Wochen-Rhythmus während der abwechselnden Tätigkeit in der Nahtabdichtung und Waschbox. Zwar hat der Kläger stets behauptet, dass sich die Hauterscheinungen verschlechtert hätten, wenn er in der Nahtabdichtung beschäftigt war, und während der Beschäftigung in der Waschbox eine Besserung des Hautbefundes eintrat. Ein ärztlicher Befundbericht, welcher diesen schwankenden Verlauf im Zwei-Wochen-Rhythmus durch nachvollziehbare Befundbeschreibungen belegt, existiert jedoch nicht. Dr. F. hat sich in seinem E-Mail vom 07.09.2005 und seiner Stellungnahme vom 28.10.2005 insoweit wesentlich auf Angaben des Klägers gestützt, ohne diese - mit Ausnahme der für den 21.06.2005 berichteten Abheilung der vorher betroffenen Stellen - überprüft zu haben. Dasselbe gilt für die von Dr. W. im Bericht vom April 2004 und der ärztlichen Bescheinigung vom 12.06.2007 geäußerte Einschätzung, dass sich der Hautbefund während der Arbeitszeit verschlechtert und während arbeitsfreier Zeiten verbessert habe. Von Dr. W. existiert kein einziger Befundbericht, in welchem über völlige Erscheinungsfreiheit berichtet worden ist. So hat sie in ihrer ärztlichen Bescheinigung vom 12.06.2007 auch ausdrücklich ausgeführt, dass unter Lokalbehandlung zwar eine Besserung eingetreten ist, jedoch keine vollständige Abheilung der Hautveränderungen. Einzig für den 21.06.2005 hat Dr. F. als Arzt über Erscheinungsfreiheit berichtet und ausgeführt, dass die vormals betroffenen Hautstellen inspiziert hat.

Ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses hat der Kläger vom 19.03.2006 bis zum 11.04.2006 wieder gearbeitet. Dennoch hat der Kläger mit einem Schreiben, welches die Beklagte am 23.03.2006 angefordert hat und am 06.04.2006 bei ihr eingegangen ist, behauptet, seit drei Monaten hauterscheinungsfrei zu sein. Auch dies wertet der Senat als Indiz gegen eine berufliche Verursachung.

Schließlich ist der Kläger, was für den Senat besonders schwer wiegt, in der Folgezeit ab dem 11.04.2006 bis zum 10.06.2007 keiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen, sondern aufgrund nicht dem hautärztlichen Fachgebiet zuzurechnender anderer Diagnosen arbeitsunfähig krank gewesen. Gleichwohl hat Dr. W. den Hautbefund des Klägers in ihrem Bericht vom 11.04.2007 als "nicht zufriedenstellend" mit Rötungen nicht nur der Unterschenkel, sondern auch der Ober- und Unterarme beschrieben. In Gesamtschau mit der Erklärung des Klägers vom April 2006 und unter Mitberücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger sich nach dem 12.05.2005, was aus dem Schreiben von Dr. W. vom 14.06.2006 (Bl. 62 VA) folgt, nicht mehr bei seiner Hautärztin vorgestellt hat, ergibt sich, dass sich der Hautbefund entweder nach Abfassen des am 06.04.2006 bei der Beklagten eingegangenen Schreibens bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit ab dem 11.04.2006 wesentlich verschlechtert hat und dann während der langen Phase der Arbeitsunfähigkeit in der von Dr. W. unter dem 11.04.2007 beschriebenen Weise persistiert hat oder sich der Hautbefund sogar während der Phase der Arbeitsunfähigkeit verschlechtert hat. Der objektivierbare Verlauf der Erkrankung entfaltet mithin wesentliche Indizwirkung gegen eine berufliche Verursachung der Hauterscheinungen, worauf bereits Dr. S. in seiner am 27.03.2008 erstatteten Stellungnahme zu Recht hingewiesen hat. Die Behauptung des Klägers, wonach es während der arbeitsfreien Zeit stets zu einer wesentlichen Besserung des Hautbefundes bis hin zum Abheilen gekommen ist, sieht der Senat als widerlegt an. Deshalb vermag sich der Senat auch den Schlussfolgerungen von PD Dr. W., der als wesentlich für seinen "Anhalt für eine beruflich bedingte Erkrankung" gerade den Umstand benannt hat, dass während der arbeitsfreien Zeit eine deutliche Besserung eingetreten sei, während sich die Ekzeme während der Arbeit deutlich verschlechtert hätten, letztlich nicht anzuschließen. Dasselbe gilt für die Einschätzung der Gewerbeärztin Dr. H., die in ihrer Stellungnahme vom 15.05.2008 ebenfalls einen zeitlich arbeitsabhängigen Verlauf angenommen hat.

Der Umstand, dass die Hauterscheinungen sich infolge der von Dr. W. im April 2007 rezeptierten lokalen Behandlung zunächst während fortbestehender Arbeitsunfähigkeit positiv beeinflussen lassen haben, vermag demgegenüber keine Indizwirkung für eine berufliche Verursachung zu entfalten. Üblicherweise hat die (Wieder-)Aufnahme einer fachärztlichen Behandlung einer Erkrankung in den allermeisten Fällen eine Besserung zur Folge. Zwar vermag der Umstand, dass nach Wiederaufnahme der Berufstätigkeit ab dem 11.06.2007 im Wege der stufenweisen Wiedereingliederung eine Verschlechterung des Hautbefundes beschrieben worden ist, als Indiz für eine berufliche Verursachung zu dienen. Allerdings wertet der Senat den Umstand, dass auch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. P. im Juni 2009 noch - wenn auch nur diskrete - Hauterscheinungen an den Fingerknöcheln und den Außenknöcheln der Sprunggelenke vorhanden gewesen sind, und damit etwa 1 ¾ Jahre nach dem Arbeitsunfall vom 27.09.2007, in dessen Folge der Kläger die angeschuldigte Tätigkeit bis auf den missglückten Arbeitsversuch im Mai 2008 nicht mehr ausgeübt hat, als weiteres Indiz gegen eine wesentliche berufliche Verursachung, auch wenn dieses nicht so schwer wiegt, wie von Prof. Dr. P. zunächst unter Zugrundelegung der - unzutreffenden - Annahme einer Aufgabe der beruflichen Tätigkeit schon 2005 angenommen.

Da nach Gesamtwürdigung aller Umstände des vorliegenden Falles die Hauterscheinungen des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die berufliche Tätigkeit in der Nahtabdichtung wesentlich verursacht worden sind, bedarf es keiner Ausführungen mehr zum sog. objektiven Unterlassungszwang.

Nach alledem war die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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