Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 2507/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4258/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.07.2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der am 01.04.1959 geborene Kläger durchlief eine Ausbildung zum Automateneinrichter vom 02.09.1974 bis zum 15.06.1977 und übte bei der F. GmbH & Co. KG ab dem 06.06.1979 eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Zerspannungsmechaniker (Fachrichtung Automatendrehtechnik) aus. Seit dem 23.08.2004 ist der Kläger arbeitsunfähig. Vom 22.09. bis zum 04.10.2004 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der chirurgischen Abteilung der H. Klinik M ... Damals erfolgte die Implantation einer zementfreien Hüfttotalendoprothese links. Direkt im Anschluss daran befand sich der Kläger bis zum 24.10.2004 in einer Rehabilitationsklinik in B. B ... Aus dem Heilverfahren wurde er zwar als arbeitsunfähig entlassen, die Klinik ging im Entlassungsbericht vom 25.10.2004 allerdings davon aus, dass der Kläger 12 Wochen nach der Operation wieder in seinem bisherigen Beruf arbeiten kann. Der Kläger bezog zunächst Krankengeld (Krg) und anschließend Arbeitslosengeld. Seit dem 01.03.2007 bezieht er Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II.
Am 29.01.2008 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung des Klägers bei der Sozialmedizinerin Dr. P. mit einer ambulanten Untersuchung am 07.03.2008. Dr. P. bescheinigte ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und hielt den Kläger noch für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Dr. P. diagnostizierte ein rezidivierendes Lumbalsyndrom mit pseudoradikulären Ausstrahlungen bei nachgewiesenen beginnenden Spondylarthrosen mit bisher guter Funktion der LWS und fehlenden neurologischen Reiz- oder Ausfallerscheinungen im Bereich der unteren Extremitäten, ein gutes Ergebnis einer Hüftendoprothesenimplantation links im September 2004 wegen Hüftkopfnekrose, eine Alkoholkrankheit sowie Adipositas.
Die Beklagte gewährte dem Kläger nach Einholung einer Arbeitgeberauskunft (vgl Blatt 65 - 69 der Verwaltungsakte) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mit Bescheid vom 01.07.2008, beginnend ab dem 01.02.2008. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht. Der Kläger legte gegen die Ablehnung der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung am 23.07.2008 Widerspruch ein.
Die Beklagte zog einen Entlassungsbericht über eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der B. Klinik B. K. vom 11.12.2008 bis zum 01.01.2009 bei (vgl Blatt 75 - 83 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte).
Die Beklagte veranlasste des Weiteren eine Begutachtung des Klägers beim Orthopäden Dr. W ... In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 05.02.2009 erstellten Gutachten diagnostizierte Dr. W. einen Zustand nach Implantation einer Hüftendoprothese links bei Zustand nach posttraumatischer Coxarthrose, einen Zustand nach operativer Versorgung einer Spinalkanalstenose mit Dekompression bei L3/L4 und L4/L5 im November 2008 sowie eine massive Adipositas und hielt den Kläger für noch in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009 zurück.
Der Kläger hat am 18.05.2009 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Arzt für Neurologie Dr. W. hat am 29.04.2010 mitgeteilt, dass er zum aktuellen Gesundheitszustand keine Auskunft erteilen könne, da er den Kläger letztmalig im Jahr 2008 behandelt habe. Der Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapie Dr. S. hat mit Schreiben vom 25.05.2010 ausgeführt, dass die vorliegenden Befunde die Verrichtung einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausschlössen.
Das SG hat den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. N. mit der Erstellung eines Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 10.08.2010 erstellten Gutachten hat Dr. N. ein chronisches Lumbalsyndrom mit Wurzelreizung L5 rechts bei Zustand nach operativer Dekompression bei Spinalkanalstenose L3/L4 und L4/L5, einen Zustand nach Hüft-TEP links bei Coxarthrose links und stattgehabter traumatischer Hüftluxation links sowie rezidivierende Gonalgien rechts diagnostiziert. Unter der Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen seien dem Kläger noch Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar.
Das SG hat den Facharzt für Neurologie Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 04.02.2011 erstellten Gutachten hat Dr. W. ausgeführt, dass eine Gangstörung im Sinne einer Claudicatio bei Verdacht auf Claudicatio spinalis, ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom mit Wurzelreizsyndrom L5 rechts, ein Zustand nach operativer Dekompression einer Spinalkanalstenose L3/4 und L4/5, eine Adipositas per magna mit intraspinaler extraduraler Lipomatose lumbal, ein Zustand nach Hüftendoprothese links bei Coxarthrose, ein Zustand nach traumatischer Hüftluxation links, rezidivierende Gonalgien rechts, eine arterielle Hypertonie, eine Hyperurikämie sowie eine COPD bestünden. Unter der Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen sei eine Tätigkeit von drei bis weniger als sechs Stunden täglich möglich.
Das SG hat mit Urteil vom 12.07.2011 die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei teilweiser Erwerbsminderung und verschlossenem Teilzeitarbeitsmarkt aufgrund eines Leistungsfalles am 04.02.2011 auf Zeit vom 01.09.2011 bis zum 31.08.2014 zu gewähren. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach der Einschätzung des Gutachters Dr. W. das Leistungsvermögen des Klägers auch zeitlich auf drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich reduziert sei. Der Gutachter habe überzeugend die Notwendigkeit von Erholungspausen in kurzen Abständen, die selbst bei alltäglichen Bewegungsabläufen wie dem Laufen kurzer Strecken aufträten, sowie deutliche Einschränkungen des Klägers bei alltäglichen Verrichtungen geschildert. Nicht zu folgen sei allerdings der Einschätzung von Dr. W., dass auch die Wegefähigkeit aufgehoben sei. Eine volle Erwerbsminderung liege somit nicht vor. Die teilweise Erwerbsminderung, bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, sei jedoch nicht bereits bei Rentenantragstellung im Januar 2008 eingetreten. Keiner der vor dem Zeitpunkt der Begutachtung bei Dr. W. am 04.02.2001 mit dem Fall des Klägers befassten Ärzte habe die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des Klägers als derart gravierend eingeschätzt, dass eine zeitliche Reduzierung des Leistungsvermögens eingetreten wäre. Es sei somit zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen, so dass auch das bisher vollschichtige Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in zeitlicher Hinsicht abgesunken sei. Die Rente sei auf drei Jahre zu befristen gewesen, da dies gesetzlich vorgeschrieben und auch zu hoffen sei, dass sich der Gesundheitszustand durch weitere operative Eingriffe sowie durch eine Gewichtsabnahme bessere.
Die Beklagte hat gegen das am 08.09.2011 zugestellte Urteil am 30.09.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass das SG in seinem Urteil sich einseitig auf das Gutachten von Dr. W. gestützt habe, jedoch eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sei. Wesentliche Funktionseinschränkungen seien durch Dr. W. nicht festgestellt worden. Er habe auch selbst angegeben, dass seine klinischen Befunde nicht grundsätzlich von den Befunden der Voruntersuchungen abwichen. Die von Dr. W. behauptete quantitative Leistungseinschränkung lasse sich weder aus seinem Gutachten herleiten noch sei sie nachvollziehbar begründet. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers sei somit nicht ersichtlich. Auch seien Ablehnungsbescheide keine Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, so dass ein Ablehnungsbescheid von dem Gericht nicht aufgehoben bzw abgeändert werden müsse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.07.2011 abzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden sei.
Mit Beschluss vom 28.10.2011 hat der Senatsvorsitzende die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.07.2011 bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz nach § 199 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgesetzt.
Der Senat hat Prof. Dr. S. von Amts wegen mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 05.06.2012 unter Einbeziehung eines psychologischen Zusatzgutachtens erstellten Gutachtens hat Prof. Dr. S. belastungsabhängige, in die Beine ausstrahlende nach operativer Erweiterung der Bewegungssegmente L3/4 ohne neurologische Ausfallerscheinungen oder Reizzeichen auftretende Rückenschmerzen sowie ein metabolisches Syndrom mit Adipositas zweiten Grades, einen Bluthochdruck, eine Harnstoffwechselstörung und einen Fehlgebrauch von Alkohol mit Leberwertveränderung diagnostiziert. Der Kläger könne noch leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich verrichten.
Der Senat hat den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 05.12.2012 erstellten Gutachten kommt Dr. K. zum Ergebnis, dass dem Kläger nur noch leichte Tätigkeiten im zeitlichen Rahmen von unter drei Stunden arbeitstäglich zumutbar seien. Dr. K. hat einen Zustand nach Implantation einer zementfreien Hüfttotalendoprothese links in anatomisch korrekter Position und zufriedenstellender, nur geringgradiger Funktionseinschränkung im Vergleich zur rechten Seite, eine initiale Coxarthrose rechts ohne Funktionsbeeinträchtigung des Hüftgelenkes ohne Schmerzangaben, eine initiale Kniegelenksarthrose rechts mit Betonung auf der Innenseite des Kniegelenkes und die Kniescheibenrückfläche ohne relevante Funktionsbeeinträchtigung, einen Zustand nach Dekompressionsoperation einer Spinalkanalstenose L3/4 und L4/5 im Jahr 2008 mit zunehmenden, mittlerweile schweren Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule und Progredienz der degenerativen Veränderung in der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, viermal Wegstrecken von 500 Meter innerhalb 20 Minuten zurückzulegen sowie zweimal zu Hauptverkehrszeiten mit Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs zu fahren.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, und in der Sache begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung liegen nicht vor. Der Bescheid der Beklagten vom 01.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch leichte bis teilweise mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord- oder Fließbandarbeit sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit nicht voll erwerbsgemindert.
Der Kläger leidet nach den Feststellungen des Senats an in die Beine ausstrahlenden, belastungsabhängigen Rückenschmerzen nach operativer Erweiterung der Bewegungssegmente L3/4 und L 4/5 ohne neurologische Ausfallerscheinungen oder Reizzeichen sowie an einem metabolischen Syndrom mit einer Adipositas zweiten Grades, einem Bluthochdruck, einer Harnstoffwechselstörung und einem Fehlgebrauch von Alkohol mit Leberveränderungen. Die degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule haben jedoch nach Überzeugung des Senats noch nicht zu einer Erwerbsminderung des Klägers geführt. Der Senat schließt dies aus den Feststellungen und Befunden des Gutachters Prof. Dr. S ... Bei der Begutachtung durch Dr. S. konnte keine wesentliche Beeinträchtigung der Funktion der Wirbelsäule außer durch die Auswirkungen infolge des deutlichen Übergewichts erhoben werden. Die Wegefähigkeit war nicht durch eine Claudicatiosymptomatik, sondern vielmehr durch das Übergewicht und den hiermit verbundenen Trainingsmangel mit Atemnot beeinträchtigt, jedoch nicht in erwerbsmindernder Relevanz aufgehoben. Der Kläger war noch in der Lage, Treppen zu gehen und auch die erforderliche Gehstrecke mit kurzen Pausen zurückzulegen. Auch war es dem Kläger möglich, während der Begutachtung still zu sitzen, ohne schmerzbedingte Ausgleichsbewegung vornehmen zu müssen. Dies spricht nicht für eine schwerwiegende chronische Schmerzsymptomatik. Es lag ein normales Gangbild vor. Eine engmaschige orthopädische Behandlung infolge der Wirbelsäulenschmerzen findet nicht statt. Des Weiteren haben die Schmerzen auch nicht zu einer Beeinträchtigung der Lebensführung geführt. Diesbezüglich verweist der Senat auf die im psychologischen Zusatzgutachten erhobenen Befunde. Eine Veränderung des Befundes seit der Operation im Jahr 2008 ist nach Überzeugung des Senates nicht eingetreten.
Der Senat vermag auch insofern nicht der Auffassung des im erstinstanzlichen Verfahren beauftragten Gutachters Dr. W. in seinem Gutachten vom 04.02.2011 zu folgen. Die von Dr. W. erhobenen Befunde und Funktionsstörungen sind für eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens nicht ausreichend. So konnte auch Dr. W. in seinem neurologischen Gutachten keine schwerwiegenden Bewegungseinschränkungen oder neurologische Ausfallerscheinungen feststellen. Allein der Verdacht auf eine Claudicatiosymptomatik stellt noch keine gesicherte Diagnose dar und vermag daher eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht zu begründen. Diesbezüglich hat auch Prof. Dr. S. durch selbst unternommene Gehversuche mit dem Kläger festgestellt, dass die berichtete Einschränkung der Wegestrecke vielmehr auf mangelndem Training und Atemnot infolge der erheblichen Adipositas beruht. Im Gutachten von Dr. W. werden weder Paresen noch Bewegungsstörungen im neurologischen Befund berichtet. Auch ein paravertebraler Hartspann oder ein ausgeprägter Wirbelsäulenschmerz werden nicht wiedergegeben. Insofern ist die Festsetzung einer zeitlichen Leistungseinschränkung nicht nachvollziehbar. Der Senat geht vielmehr entsprechend des zuvor erstellen Gutachtens von Dr. N. vom 10.08.2010 sowie der Verwaltungsgutachten von Dr. P. vom 07.03.2008 und Dr. W. vom 05.02.2009 davon aus, dass wesentliche Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, welche auch eine zeitliche Leistungseinschränkung zur Folge hätten, nicht gegeben sind.
Insofern vermag der Senat auch nicht dem orthopädischen Gutachten von Dr. K. zu folgen. Die von Dr. K. als Begründung für die Erwerbsminderung angeführten Zusammenhänge zwischen der zunehmenden Funktionseinschränkung und Progredienz der degenerativen Veränderungen und der chronischen Schmerzerkrankung überzeugen nach dem mitgeteilten Tagesablauf und der bisherigen Behandlungsfrequenz nicht. So wurde bislang infolge von starken Schmerzen weder eine Schmerztherapie noch eine Intensivierung der Schmerzmedikation ärztlicherseits für notwendig gehalten. Im Übrigen hat Prof. Dr. S. in seinem Gutachten schlüssig dargelegt, dass die durch die Wirbelsäulenerkrankung hervorgerufenen Schmerzen noch keine Beeinträchtigung im Alltagsleben und in der Sozialintegration des Klägers zur Folge hatten. Allein radiologisch dokumentierte Verschlechterungen reichen noch nicht für die Annahme einer Erwerbsminderung aus, wenn sich diese nicht im klinischen Bild in Form von konkreten Funktionsbeeinträchtigungen bestätigen lassen. Die von Dr. K. mitgeteilten Befunde sind jedoch nicht ausreichend, um tatsächlich eine schwerwiegende Funktionsstörung der Wirbelsäule anzunehmen. Bei der Untersuchung durch Dr. K. konnten bis auf eine Missempfindung im L5-Dermatom keine schwerwiegenden motorischen Defizite oder neurologischen Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Überzeugende Befunde für eine Einschränkung des Leistungsvermögens auch für leichte Tätigkeiten werden nicht mitgeteilt. Die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Hüfte bei Zustand nach Hüft-TEP hat nach allen Gutachtern lediglich zu einer endgradigen Einschränkung geführt. Auch im Bereich der Kniegelenke konnte in keinem Gutachten eine wesentliche Funktionseinschränkung erhoben werden. Das Gutachten von Dr. K. bedingt somit nach Überzeugung des Senats keine anderslautende Bewertung des Sachverhalts.
Durch die vom SG durchgeführte Beweiserhebung ist die Leistungseinschätzung des behandelnden Arztes Dr. S. wiederlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach st Rspr des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens idR keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Die häufig auch an die behandelnden Ärzte gerichtete Frage nach der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten dient in erster Linie dazu, dem Gericht die Entscheidung über weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu erleichtern. Ist selbst nach Meinung der behandelnden Ärzte eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen, kann häufig auf die (nochmalige) Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden. Die Ansicht von Dr. S., wonach die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen die Verrichtung einer leichten Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden ausschließen, ist durch die fachspezifische Begutachtungen durch Dr. N. und Prof. Dr. S. widerlegt.
Der Senat konnte sich somit davon überzeugen, dass die von Dr. N. und Prof. Dr. S. genannten Gesundheitsstörungen vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen und Einschätzungen der Gutachten von Dr. N. und Prof. Dr. S. an. Der Kläger ist mithin in der Lage, unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeine Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.
Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers - leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten mindestens 6-stündig - muss dem Kläger eine konkrete Tätigkeit, die er noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.
Der Kläger kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sog qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird. Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken, regelmäßigem Treppensteigen sowie mit dem Erklimmen von Leitern und Gerüsten (Gutachten Dr. N.) sind bereits nicht mehr als leicht zu bezeichnen. Der Ausschluss von Arbeiten in Nässe und Kälte, beides ganz allgemein der Gesundheit abträglich, versperrt den Zugang zu typischen Arbeitsplätzen für leichte körperliche Arbeiten nicht in nennenswerter Weise. Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den Gutachten von Dr. N. und Prof. Dr. S. sowie von Dr. P. und Dr. W. hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht
Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, zumindest leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit dem 29.01.2008 und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. N. und Prof. Dr. S. in Verbindung mit den Verwaltungsgutachten von Dr. P. und Dr. W. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der am 01.04.1959 geborene Kläger durchlief eine Ausbildung zum Automateneinrichter vom 02.09.1974 bis zum 15.06.1977 und übte bei der F. GmbH & Co. KG ab dem 06.06.1979 eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Zerspannungsmechaniker (Fachrichtung Automatendrehtechnik) aus. Seit dem 23.08.2004 ist der Kläger arbeitsunfähig. Vom 22.09. bis zum 04.10.2004 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der chirurgischen Abteilung der H. Klinik M ... Damals erfolgte die Implantation einer zementfreien Hüfttotalendoprothese links. Direkt im Anschluss daran befand sich der Kläger bis zum 24.10.2004 in einer Rehabilitationsklinik in B. B ... Aus dem Heilverfahren wurde er zwar als arbeitsunfähig entlassen, die Klinik ging im Entlassungsbericht vom 25.10.2004 allerdings davon aus, dass der Kläger 12 Wochen nach der Operation wieder in seinem bisherigen Beruf arbeiten kann. Der Kläger bezog zunächst Krankengeld (Krg) und anschließend Arbeitslosengeld. Seit dem 01.03.2007 bezieht er Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II.
Am 29.01.2008 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung des Klägers bei der Sozialmedizinerin Dr. P. mit einer ambulanten Untersuchung am 07.03.2008. Dr. P. bescheinigte ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und hielt den Kläger noch für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Dr. P. diagnostizierte ein rezidivierendes Lumbalsyndrom mit pseudoradikulären Ausstrahlungen bei nachgewiesenen beginnenden Spondylarthrosen mit bisher guter Funktion der LWS und fehlenden neurologischen Reiz- oder Ausfallerscheinungen im Bereich der unteren Extremitäten, ein gutes Ergebnis einer Hüftendoprothesenimplantation links im September 2004 wegen Hüftkopfnekrose, eine Alkoholkrankheit sowie Adipositas.
Die Beklagte gewährte dem Kläger nach Einholung einer Arbeitgeberauskunft (vgl Blatt 65 - 69 der Verwaltungsakte) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit mit Bescheid vom 01.07.2008, beginnend ab dem 01.02.2008. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe nicht. Der Kläger legte gegen die Ablehnung der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung am 23.07.2008 Widerspruch ein.
Die Beklagte zog einen Entlassungsbericht über eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der B. Klinik B. K. vom 11.12.2008 bis zum 01.01.2009 bei (vgl Blatt 75 - 83 des medizinischen Teils der Verwaltungsakte).
Die Beklagte veranlasste des Weiteren eine Begutachtung des Klägers beim Orthopäden Dr. W ... In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 05.02.2009 erstellten Gutachten diagnostizierte Dr. W. einen Zustand nach Implantation einer Hüftendoprothese links bei Zustand nach posttraumatischer Coxarthrose, einen Zustand nach operativer Versorgung einer Spinalkanalstenose mit Dekompression bei L3/L4 und L4/L5 im November 2008 sowie eine massive Adipositas und hielt den Kläger für noch in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009 zurück.
Der Kläger hat am 18.05.2009 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Der Arzt für Neurologie Dr. W. hat am 29.04.2010 mitgeteilt, dass er zum aktuellen Gesundheitszustand keine Auskunft erteilen könne, da er den Kläger letztmalig im Jahr 2008 behandelt habe. Der Arzt für Allgemeinmedizin und Psychotherapie Dr. S. hat mit Schreiben vom 25.05.2010 ausgeführt, dass die vorliegenden Befunde die Verrichtung einer leichten Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausschlössen.
Das SG hat den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. N. mit der Erstellung eines Gutachtens von Amts wegen beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 10.08.2010 erstellten Gutachten hat Dr. N. ein chronisches Lumbalsyndrom mit Wurzelreizung L5 rechts bei Zustand nach operativer Dekompression bei Spinalkanalstenose L3/L4 und L4/L5, einen Zustand nach Hüft-TEP links bei Coxarthrose links und stattgehabter traumatischer Hüftluxation links sowie rezidivierende Gonalgien rechts diagnostiziert. Unter der Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen seien dem Kläger noch Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zumutbar.
Das SG hat den Facharzt für Neurologie Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 04.02.2011 erstellten Gutachten hat Dr. W. ausgeführt, dass eine Gangstörung im Sinne einer Claudicatio bei Verdacht auf Claudicatio spinalis, ein chronisches lumbales Schmerzsyndrom mit Wurzelreizsyndrom L5 rechts, ein Zustand nach operativer Dekompression einer Spinalkanalstenose L3/4 und L4/5, eine Adipositas per magna mit intraspinaler extraduraler Lipomatose lumbal, ein Zustand nach Hüftendoprothese links bei Coxarthrose, ein Zustand nach traumatischer Hüftluxation links, rezidivierende Gonalgien rechts, eine arterielle Hypertonie, eine Hyperurikämie sowie eine COPD bestünden. Unter der Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen sei eine Tätigkeit von drei bis weniger als sechs Stunden täglich möglich.
Das SG hat mit Urteil vom 12.07.2011 die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei teilweiser Erwerbsminderung und verschlossenem Teilzeitarbeitsmarkt aufgrund eines Leistungsfalles am 04.02.2011 auf Zeit vom 01.09.2011 bis zum 31.08.2014 zu gewähren. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach der Einschätzung des Gutachters Dr. W. das Leistungsvermögen des Klägers auch zeitlich auf drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich reduziert sei. Der Gutachter habe überzeugend die Notwendigkeit von Erholungspausen in kurzen Abständen, die selbst bei alltäglichen Bewegungsabläufen wie dem Laufen kurzer Strecken aufträten, sowie deutliche Einschränkungen des Klägers bei alltäglichen Verrichtungen geschildert. Nicht zu folgen sei allerdings der Einschätzung von Dr. W., dass auch die Wegefähigkeit aufgehoben sei. Eine volle Erwerbsminderung liege somit nicht vor. Die teilweise Erwerbsminderung, bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, sei jedoch nicht bereits bei Rentenantragstellung im Januar 2008 eingetreten. Keiner der vor dem Zeitpunkt der Begutachtung bei Dr. W. am 04.02.2001 mit dem Fall des Klägers befassten Ärzte habe die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des Klägers als derart gravierend eingeschätzt, dass eine zeitliche Reduzierung des Leistungsvermögens eingetreten wäre. Es sei somit zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen, so dass auch das bisher vollschichtige Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in zeitlicher Hinsicht abgesunken sei. Die Rente sei auf drei Jahre zu befristen gewesen, da dies gesetzlich vorgeschrieben und auch zu hoffen sei, dass sich der Gesundheitszustand durch weitere operative Eingriffe sowie durch eine Gewichtsabnahme bessere.
Die Beklagte hat gegen das am 08.09.2011 zugestellte Urteil am 30.09.2011 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass das SG in seinem Urteil sich einseitig auf das Gutachten von Dr. W. gestützt habe, jedoch eine rentenrelevante Leistungsminderung nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sei. Wesentliche Funktionseinschränkungen seien durch Dr. W. nicht festgestellt worden. Er habe auch selbst angegeben, dass seine klinischen Befunde nicht grundsätzlich von den Befunden der Voruntersuchungen abwichen. Die von Dr. W. behauptete quantitative Leistungseinschränkung lasse sich weder aus seinem Gutachten herleiten noch sei sie nachvollziehbar begründet. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers sei somit nicht ersichtlich. Auch seien Ablehnungsbescheide keine Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, so dass ein Ablehnungsbescheid von dem Gericht nicht aufgehoben bzw abgeändert werden müsse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.07.2011 abzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass das angefochtene Urteil nicht zu beanstanden sei.
Mit Beschluss vom 28.10.2011 hat der Senatsvorsitzende die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.07.2011 bis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Berufungsinstanz nach § 199 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgesetzt.
Der Senat hat Prof. Dr. S. von Amts wegen mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 05.06.2012 unter Einbeziehung eines psychologischen Zusatzgutachtens erstellten Gutachtens hat Prof. Dr. S. belastungsabhängige, in die Beine ausstrahlende nach operativer Erweiterung der Bewegungssegmente L3/4 ohne neurologische Ausfallerscheinungen oder Reizzeichen auftretende Rückenschmerzen sowie ein metabolisches Syndrom mit Adipositas zweiten Grades, einen Bluthochdruck, eine Harnstoffwechselstörung und einen Fehlgebrauch von Alkohol mit Leberwertveränderung diagnostiziert. Der Kläger könne noch leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich verrichten.
Der Senat hat den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. K. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens nach § 109 SGG beauftragt. In seinem aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 05.12.2012 erstellten Gutachten kommt Dr. K. zum Ergebnis, dass dem Kläger nur noch leichte Tätigkeiten im zeitlichen Rahmen von unter drei Stunden arbeitstäglich zumutbar seien. Dr. K. hat einen Zustand nach Implantation einer zementfreien Hüfttotalendoprothese links in anatomisch korrekter Position und zufriedenstellender, nur geringgradiger Funktionseinschränkung im Vergleich zur rechten Seite, eine initiale Coxarthrose rechts ohne Funktionsbeeinträchtigung des Hüftgelenkes ohne Schmerzangaben, eine initiale Kniegelenksarthrose rechts mit Betonung auf der Innenseite des Kniegelenkes und die Kniescheibenrückfläche ohne relevante Funktionsbeeinträchtigung, einen Zustand nach Dekompressionsoperation einer Spinalkanalstenose L3/4 und L4/5 im Jahr 2008 mit zunehmenden, mittlerweile schweren Funktionseinschränkungen im Bereich der Wirbelsäule und Progredienz der degenerativen Veränderung in der Lendenwirbelsäule diagnostiziert. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, viermal Wegstrecken von 500 Meter innerhalb 20 Minuten zurückzulegen sowie zweimal zu Hauptverkehrszeiten mit Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs zu fahren.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, und in der Sache begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung liegen nicht vor. Der Bescheid der Beklagten vom 01.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der vom SG und vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme sowie unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch leichte bis teilweise mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord- oder Fließbandarbeit sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche verrichten kann. Der Kläger ist damit nicht voll erwerbsgemindert.
Der Kläger leidet nach den Feststellungen des Senats an in die Beine ausstrahlenden, belastungsabhängigen Rückenschmerzen nach operativer Erweiterung der Bewegungssegmente L3/4 und L 4/5 ohne neurologische Ausfallerscheinungen oder Reizzeichen sowie an einem metabolischen Syndrom mit einer Adipositas zweiten Grades, einem Bluthochdruck, einer Harnstoffwechselstörung und einem Fehlgebrauch von Alkohol mit Leberveränderungen. Die degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule haben jedoch nach Überzeugung des Senats noch nicht zu einer Erwerbsminderung des Klägers geführt. Der Senat schließt dies aus den Feststellungen und Befunden des Gutachters Prof. Dr. S ... Bei der Begutachtung durch Dr. S. konnte keine wesentliche Beeinträchtigung der Funktion der Wirbelsäule außer durch die Auswirkungen infolge des deutlichen Übergewichts erhoben werden. Die Wegefähigkeit war nicht durch eine Claudicatiosymptomatik, sondern vielmehr durch das Übergewicht und den hiermit verbundenen Trainingsmangel mit Atemnot beeinträchtigt, jedoch nicht in erwerbsmindernder Relevanz aufgehoben. Der Kläger war noch in der Lage, Treppen zu gehen und auch die erforderliche Gehstrecke mit kurzen Pausen zurückzulegen. Auch war es dem Kläger möglich, während der Begutachtung still zu sitzen, ohne schmerzbedingte Ausgleichsbewegung vornehmen zu müssen. Dies spricht nicht für eine schwerwiegende chronische Schmerzsymptomatik. Es lag ein normales Gangbild vor. Eine engmaschige orthopädische Behandlung infolge der Wirbelsäulenschmerzen findet nicht statt. Des Weiteren haben die Schmerzen auch nicht zu einer Beeinträchtigung der Lebensführung geführt. Diesbezüglich verweist der Senat auf die im psychologischen Zusatzgutachten erhobenen Befunde. Eine Veränderung des Befundes seit der Operation im Jahr 2008 ist nach Überzeugung des Senates nicht eingetreten.
Der Senat vermag auch insofern nicht der Auffassung des im erstinstanzlichen Verfahren beauftragten Gutachters Dr. W. in seinem Gutachten vom 04.02.2011 zu folgen. Die von Dr. W. erhobenen Befunde und Funktionsstörungen sind für eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens nicht ausreichend. So konnte auch Dr. W. in seinem neurologischen Gutachten keine schwerwiegenden Bewegungseinschränkungen oder neurologische Ausfallerscheinungen feststellen. Allein der Verdacht auf eine Claudicatiosymptomatik stellt noch keine gesicherte Diagnose dar und vermag daher eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht zu begründen. Diesbezüglich hat auch Prof. Dr. S. durch selbst unternommene Gehversuche mit dem Kläger festgestellt, dass die berichtete Einschränkung der Wegestrecke vielmehr auf mangelndem Training und Atemnot infolge der erheblichen Adipositas beruht. Im Gutachten von Dr. W. werden weder Paresen noch Bewegungsstörungen im neurologischen Befund berichtet. Auch ein paravertebraler Hartspann oder ein ausgeprägter Wirbelsäulenschmerz werden nicht wiedergegeben. Insofern ist die Festsetzung einer zeitlichen Leistungseinschränkung nicht nachvollziehbar. Der Senat geht vielmehr entsprechend des zuvor erstellen Gutachtens von Dr. N. vom 10.08.2010 sowie der Verwaltungsgutachten von Dr. P. vom 07.03.2008 und Dr. W. vom 05.02.2009 davon aus, dass wesentliche Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, welche auch eine zeitliche Leistungseinschränkung zur Folge hätten, nicht gegeben sind.
Insofern vermag der Senat auch nicht dem orthopädischen Gutachten von Dr. K. zu folgen. Die von Dr. K. als Begründung für die Erwerbsminderung angeführten Zusammenhänge zwischen der zunehmenden Funktionseinschränkung und Progredienz der degenerativen Veränderungen und der chronischen Schmerzerkrankung überzeugen nach dem mitgeteilten Tagesablauf und der bisherigen Behandlungsfrequenz nicht. So wurde bislang infolge von starken Schmerzen weder eine Schmerztherapie noch eine Intensivierung der Schmerzmedikation ärztlicherseits für notwendig gehalten. Im Übrigen hat Prof. Dr. S. in seinem Gutachten schlüssig dargelegt, dass die durch die Wirbelsäulenerkrankung hervorgerufenen Schmerzen noch keine Beeinträchtigung im Alltagsleben und in der Sozialintegration des Klägers zur Folge hatten. Allein radiologisch dokumentierte Verschlechterungen reichen noch nicht für die Annahme einer Erwerbsminderung aus, wenn sich diese nicht im klinischen Bild in Form von konkreten Funktionsbeeinträchtigungen bestätigen lassen. Die von Dr. K. mitgeteilten Befunde sind jedoch nicht ausreichend, um tatsächlich eine schwerwiegende Funktionsstörung der Wirbelsäule anzunehmen. Bei der Untersuchung durch Dr. K. konnten bis auf eine Missempfindung im L5-Dermatom keine schwerwiegenden motorischen Defizite oder neurologischen Ausfallerscheinungen festgestellt werden. Überzeugende Befunde für eine Einschränkung des Leistungsvermögens auch für leichte Tätigkeiten werden nicht mitgeteilt. Die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Hüfte bei Zustand nach Hüft-TEP hat nach allen Gutachtern lediglich zu einer endgradigen Einschränkung geführt. Auch im Bereich der Kniegelenke konnte in keinem Gutachten eine wesentliche Funktionseinschränkung erhoben werden. Das Gutachten von Dr. K. bedingt somit nach Überzeugung des Senats keine anderslautende Bewertung des Sachverhalts.
Durch die vom SG durchgeführte Beweiserhebung ist die Leistungseinschätzung des behandelnden Arztes Dr. S. wiederlegt. Der Beurteilung der beruflichen Leistungsfähigkeit eines Versicherten durch gerichtliche Sachverständige kommt nach st Rspr des Senats (vgl Urteil vom 17.01.2012, L 11 R 4953/10) grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als der Einschätzung der behandelnden Ärzte. Bei der Untersuchung von Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten spielt die Frage nach der Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens idR keine Rolle. Dagegen ist es die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen. Die häufig auch an die behandelnden Ärzte gerichtete Frage nach der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten dient in erster Linie dazu, dem Gericht die Entscheidung über weitere Beweiserhebungen von Amts wegen zu erleichtern. Ist selbst nach Meinung der behandelnden Ärzte eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen, kann häufig auf die (nochmalige) Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet werden. Die Ansicht von Dr. S., wonach die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen die Verrichtung einer leichten Tätigkeit im Umfang von sechs Stunden ausschließen, ist durch die fachspezifische Begutachtungen durch Dr. N. und Prof. Dr. S. widerlegt.
Der Senat konnte sich somit davon überzeugen, dass die von Dr. N. und Prof. Dr. S. genannten Gesundheitsstörungen vorliegen. Diese Gesundheitsstörungen führen aber nicht zu einem in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen und Einschätzungen der Gutachten von Dr. N. und Prof. Dr. S. an. Der Kläger ist mithin in der Lage, unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeine Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen pro Woche auszuüben.
Bei der noch vorhandenen Leistungsfähigkeit des Klägers - leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten mindestens 6-stündig - muss dem Kläger eine konkrete Tätigkeit, die er noch verrichten kann, nicht benannt werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Versicherte mit seinem Leistungsvermögen noch auszuüben vermag, wird von der Rechtsprechung des BSG jedenfalls in den Fällen für erforderlich gehalten, in denen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG Großer Senat (GS) BSGE 80, 24 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8). Für die Prüfung, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, gibt es keinen konkreten Beurteilungsmaßstab. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Daher ist eine genaue Untersuchung erforderlich, welche Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen durch die beim Versicherten vorliegenden Gesundheitsstörungen im Einzelnen ausgeschlossen sind (BSG Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 55/96 - und vom 30. Oktober 1997 - 13 RJ 49/97). Die Pflicht zur konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit hängt von der Anzahl, Art und Schwere der bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen ab. Je mehr diese geeignet erscheinen, gerade auch typische Arbeitsplätze für körperlich leichte Tätigkeiten zu versperren, umso eingehender und konkreter muss dargelegt werden, welche Tätigkeiten der Versicherte noch verrichten kann.
Der Kläger kann zwar nach den Feststellungen der gerichtlichen Sachverständigen bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen. Diese sog qualitativen Einschränkungen gehen aber nicht über das hinaus, was bereits mit der Begrenzung des Leistungsvermögens auf nur noch leichte Arbeiten erfasst wird. Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, mit häufigem Bücken, regelmäßigem Treppensteigen sowie mit dem Erklimmen von Leitern und Gerüsten (Gutachten Dr. N.) sind bereits nicht mehr als leicht zu bezeichnen. Der Ausschluss von Arbeiten in Nässe und Kälte, beides ganz allgemein der Gesundheit abträglich, versperrt den Zugang zu typischen Arbeitsplätzen für leichte körperliche Arbeiten nicht in nennenswerter Weise. Die beim Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen, die sämtlich nicht ungewöhnlich sind, lassen keine ernstlichen Zweifel daran aufkommen, dass dieser noch wettbewerbsfähig in einem Betrieb einsetzbar ist. Aus den bestehenden Einschränkungen ergeben sich damit weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl BSG 11.03.1999, B 13 RJ 71/97 R, juris) dar. Der Kläger ist auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen sowie öffentliche Verkehrsmittel zu Hauptverkehrszeiten zweimal am Tag zu benutzen. Dies geht aus den Gutachten von Dr. N. und Prof. Dr. S. sowie von Dr. P. und Dr. W. hervor. Die dort erhobenen Befunde haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit erbracht
Der Kläger ist damit nach Überzeugung des Senats noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit und unter Beachtung der dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen, zumindest leichte bis zeitweilig mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden an fünf Tagen pro Woche zu verrichten. Dieses Leistungsvermögen besteht nach Überzeugung des Senats seit dem 29.01.2008 und seither durchgehend. Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI); er hat damit keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten und Arztauskünfte bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats. Die vorliegenden Gutachten von Dr. N. und Prof. Dr. S. in Verbindung mit den Verwaltungsgutachten von Dr. P. und Dr. W. haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbare inhaltliche Widersprüche und geben keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren daher von Amts wegen nicht mehr notwendig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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